
Ich habe nun vor - angeschoben durch die vielfältigen Möglichkeiten, die das Medium des Internetblogs bietet - in lockerer Folge ein Haus nach dem anderen hier vorzustellen. Um zu verhindern, dass die einzelnen Häuser im allgemeinen Kötztinger Geschichte(n) Blog verschwinden werde ich die Häuserchronik in einem eigenen Blog zusammenfassen und den jeweils einzelnen Beitrag beim Neuerscheinen im alten Blog verlinken. Zum zweiten wird der neue Blog ein etwas anderes, mehr tabellarisches, Erscheinungsbild haben um die einzelnen Häuser leichter finden zu können:
Aber zuerst einmal:
Die Struktur Kötztings nach
der Aufteilung der Urhöfe:
Da die schriftlichen Quellen über Kötzting in den
verschiedenen Archiven in der Mehrzahl mit der Neuzeit einsetzen, kann man
leicht den Eindruck erhalten, die Struktur und Verteilung der Anwesen wäre über
all die Zeit die gleiche gewesen. Es gibt aber einige Hinweise, die in manchen
Fällen auf eine andere Häuserverteilung vermuten lassen. Vorab muss aber zum
besseren Verständnis die Struktur der Kötztinger Einwohner beschrieben werden.
Abgeleitet vom Besitz an Grund und Boden und damit abgestuft in den Rechten und
Pflichten finden sich in Kötzting
·
Marktlehner
·
Söldner
·
Häusler
·
Inwohner
Schon im niederbayrischen Herzogsurbar[1]
(kurz nach 1301) ist Kötzting als Markt bezeichnet und aufgeführt mit 36 Lehen
und 10 Sölden. In den Vorläuferbänden der Urbarien (1231 und 1237) ist noch von
keinem Marktrecht die Rede, so dass, laut Piendl[2],
von der Marktrechtsverleihung um 1255, nach der ersten Landesteilung,
ausgegangen werden kann. Wenn Kötzting 1255 bereits groß genug und würdig war,
ein Markt zu werden, dann kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass die
Aufteilung der Urhöfe in die verschiedenen Anwesen schon lange zurück lag und
Kötzting bereits eine zentrale Funktion für die Umgebung eingenommen hat. Dies
gilt umso mehr, als ja bereits 1179 den Kötztingern eine Kirche[3]
beglaubigt wird. Die historische Entwicklung und Ausbreitung des Ortes lässt
sich nun anhand vieler schriftlicher
Quellen belegen. Diese Quellen lassen auch Rückschlüsse und Vermutungen auf die
Lage der vier Urhöfe zu.
Im Marktrechtsprivileg Kaiser Ludwig des Bayern vom
11. November 1344 heißt es unter anderem: Von
erst wan der Markt getheilt ist von dreu Höfen zu 36 Burglehen und in 12 Sölden,
wollen wür, wer der Lehen eines mer oder minder inn hat, der soll arbeiten all
die Arbeit, die den Markt angehört mit Fludern, Fleischwerken, mit Pachen, mit
Schenken, mit Gastung und mit anderer Arbeit und Handwerken. [4]
Aus dieser
Anfangszeit stammt also die Aufteilung in 36 Marktlehen, 10 (an anderer Stelle
12) Sölden und 20 Teile. Dass diese sogenannten
"Teile" in Wirklichkeit die späteren Leerhäuser darstellen,
kann später belegt werden.
Was war nun das Besondere an diesen
unterschiedlichen Anwesen ?
Die Marktlehner waren gewissermaßen die Oberschicht
in Kötzting. Ausgestattet mit allen Rechten, die das Marktprivileg erlaubte,
einschließlich des uneingeschränkten Brau- und Schankrechtes. Das heißt in
Kötzting hatten Besitzer von 36 Marktlehen und nur diese die Erlaubnis im Kommunbräuhaus brauen
zu lassen, ein Wirtshaus zu betreiben und sie nutzen dies auch weidlich. Die
Söldner hatten dieses Braurecht nur eingeschränkt, das heißt, sie durften nur
festgelegte Mengen brauen (1 Sud pro Jahr) und dieses Bier auch nicht ausschenken.
Die (Leer)Häusler hatten weder Brau- noch Schankrecht, und nur wenn einer
dieser Bewohner eine Handwerksgerechtigkeit besaß, so durfte er seinen Beruf in
diesem Haus ausüben. Noch schlechter gestellt waren die Inwohner, die am besten
als Mieter zu verstehen sind. Zu diesen Inwohnern waren auch die Alteigentümer nach der Übergabe zu rechnen.
Am unteren Ende dieser abgestuften Rechtsskala
standen die Knechte, Mägde und Kinder.
Außerhalb dieser Ordnung, aber mit ihren Rechten am
ehesten mit den Inwohnern zu vergleichen, waren dann noch die Bewohner, die man
heute als Beamte und Angestellte bezeichnen würde, also zum Beispiel die
Angestellten des Pfleggerichts, der Messner, die Klosterherren (ab 1636), um
nur einige zu nennen.
Die Marktlehner und Söldner konnten auch
Grundstücksverkäufe an Inwohner und Häusler verhindern oder einen bereits
erfolgten Verkauf nachträglich zu ihren Gunsten rückgängig machen, sie hatten
ein Einstandsrecht und übten dieses auch regelmäßig aus.. Sogar die Viehhaltung
war bei den Häuslern stark eingeschränkt, teilweise ausdrücklich verboten. Dies
hatte seinen Grund vor allem in den sehr stark begrenzten Weideflächen, die den
Kötztingern zu Verfügung standen. Das Alleinehüten der eigenen Tiere war unter
strenger Strafe gestellt und wurde auch regelmäßig bestraft.
Nachdem die persönliche wirtschaftliche Stellung
auch den Sitz im Magistrat und in den Ausschüssen beeinflusste, waren die Marktlehner dort sehr stark überrepräsentiert.
Wo lagen nun die Marktlehen, Sölden und Häuser?
Wie
aus Plan (1) und zu ersehen ist sind
die Marktlehen insbesondere im oberen Markt versammelt. Davon abweichend war
auch noch der sogenannte Gschwandhof (heute TCM-Klinik Hnr 91) ein Marktlehen.
Zwei weitere Marktlehen (Hnr 71 und 72) lagen vor der Oberberger Brücke auf dem
Spitalplatz. Die Hammermühle (Hnr 89) und das Eckhaus an der Herrenstraße, das
heute das Kaufhaus Gartner beherbergt
(Hnr 96), waren auch noch Sölden. Es gibt einen Hinweis, dass das
Mesnerhaus einmal ein Marktlehen gewesen ist (Hnr 97). Auch die Metzgerei
Ritzenberger, beim "Weiß auf der Höhe" (Hnr 48), wird als Marktlehen
ausgewiesen. Es bleibt aber das grundsätzliche Bild, dass der obere Markt vor
allem aus Marktlehen gebildet wurde, und der Bereich unterhalb des alten
Rathauses hauptsächlich aus Leerhäusern bestand.(Plan (2))
Die Salbücher des Klosters Rott beginnen Anfang des
15. Jahrhunderts und führen in einer festen Reihenfolge, die von Band zu Band
beibehalten wurde, die Besitzer der Marktlehen und Sölden auf. In manchen
Bänden an diese Marktlehen anschließend, in anderen eingefügt in die Liste,
folgen die sogenannten Teile, später (Leer)Häuser genannt.
Im Marktprivileg Kaiser Ludwigs des Bayern vom
11.11.1344[5]
heißt es weiter dazu:
So ist ein Hof
getheilt in 20 Theil in dem Markt, und derselben Theill einen oder mer soll
kein Man nit haben, er habe dan ein Burglehen.
Max
Piendl vermutet, dass diese Teile aus einem Hof in Grub entstanden sein könnten[6].
In späteren Jahren wurde tatsächlich der sogenannte Gruberhof vom Magistrat
aufgekauft, das Hofgebäude vermietet und die Grundstücke anteilig auf die
Grundbesitzer des Marktes verteilt, ohne dass diese Grundstücke fest an Häuser
gebunden wurden. Diese Gruberhofanteile wurden bei jedem Hausverkauf in
Kötzting in den Beurkundungen einzeln aufgeführt. Wie sich an anderer Stelle
erweisen wird, sind es die, bis zum 15.
Jahrhundert "Teile" genannten Anwesen, die in späteren Listen als
"Häuser" aufgeführt werden und sie liegen inmitten Kötztings. Aus
diesem Grund, und weil der Schriftwechsel, der zur Aufteilung des Gruberhofes
geführt hat, teilweise noch vorliegt, kann diese Möglichkeit ausgeschlossen
werden, dass der vierte Urhof in Grub gelegen ist.
Wie
könnte man sich also das Bild des alten Kötztings nach der Aufteilung der
Urhöfe vorstellen. Im wesentlichen wird es die Bebauung zwischen dem oberen
Markt und der Kirchenburg gewesen sein, also nur die 36 Marktlehen, 12 Sölden
und 20 Häuser, auch wenn die Stückzahlen vielleicht geschwankt haben.. In einem
Brief[7],
gekennzeichnet als aus dem Jahre 1460,
in Wirklichkeit aber wohl erst nach 1470 geschrieben, bringen die
Kötztinger Bürger ihre Sorgen an, die durch den Bau des von Herzog Albrecht
geforderten Bollwerks entstanden waren. Sie schreiben unter anderem an das
Kloster Rott:
Auch bringen wir Euer Gnaden
an und dem wirdigen Convent, dass um den Kirchhof abgebrochen sind bey zwelf
Heuser, da wir Abganck haben, Wacht Steuer und Manschaft von des Gepeus wegen.
Das
heißt, dass von den 20 Häusern, die aus dem vierten Urhof entstanden waren, allein zwölf um den Kirchhof herum errichtet
waren. Nach deren Abriss dürften wohl die ersten gestreuten Ansiedlungen der
Leerhäuser in den Bereichen vorm oberen Tor, am Pfeffergraben und im Bereich
des Spitalplatzes entstanden sein. In Plan
(3) sind 12 Häuser im Bereich des äußeren Ringes der heutigen Kirchenburg
platziert, um zu verdeutlichen, dass der Platz für 12 Häuser auch wirklich
ausreichend war, ohne dass die genauen
Orte belegt werden.
Kötzting in der Neuzeit
Nach
diesem Einschnitt aus der Zeit um 1470, als diese Häuserzeile abgerissen worden war die Grundstruktur Kötztings angelegt und
blieb auch so all die Jahrhunderte hindurch bis zum großen Marktbrand 1867. Der
Bau dieses Bollwerks[8],
so beklagten sich die Kötztinger in demselben Schreiben, nahm einen Platz von 8
1/2 Lehen ein, welcher Flächenverlust für den Markt auch einen Einnahmeverlust
mit sich brachte.
Was
sich änderte, und auch dies nur langsam, waren die äußeren Randbereiche.
Sicherlich sind die Bewohner der abgerissenen Häuser an anderen, am Rande des
Ortes gelegenen, Stellen entschädigt worden. Dies lag schon im ureigensten
Interesse des Marktes, da ja mit jedem Bürger, auch Leerhäusler waren Bürger,
Einnahmen verbunden waren. Der Bereich vor dem oberen Tor und vor der
Oberbergerbrücke auf dem Spitalplatz scheinen die ersten "Neubaugebiete"
Kötztings gewesen zu sein, da wir von
einigen Häusern aus diesen Bereichen sogar die ungefähre Bauzeit kennen. In den Briefprotokollen
1655 und 1656 sind diese beiden Ortsteile (Spitalplatz und Torplatz, nach
heutigem Sprachgebrauch) bereits mit Häusern bebaut später sind dann die
"Neubauten" auf den
sogenannten Pfeffergraben konzentriert. Als Beispiel kann hier die Ausweisung
eines Bauplatzes neben der Wuhn für einen Neubau des Michael Juglreither dienen, der 1672 für
ein Grundstück zunegst der Wuhn für ein Heusl 66fl[9]
zahlte(Hnr 121). Dieser historische Bereich "Pfeffergraben" ist mit
der heutigen Strasse namens Pfeffergraben aber nicht deckungsgleich. Der untere
Bereich der heutigen Holzapfelstrasse wurde damals Pfeffergraben genannt.
Der Pfeffergraben der Gegenwart war
damals noch ohne Wohnbebauung.
Auch
die Bebauung im unteren Markt war
gänzlich anders strukturiert, als man es heute kennt. Plan (4) verdeutlicht dies.
Beim
Drunkenpolzhaus und dem Spital (Hnr 123 und 124) endete die Marktgasse und
drehte in die Herrengasse, hin zur Pfarrkirche. Im unteren Markt konnten die
Fuhrleute also anders als heute nicht gerade aus dem Markt hinausfahren; die
Fuhrwerke mussten an der Kirchenburg vorbei fahren. Dort, wo jetzt die
Marktstraße in gerader Linie bis zur Bahnhofstraße reicht, stand damals, aus
der jetzigen Sicht mitten in der Straße, auf der Höhe des Anwesens Schötz, die
Wuhn (Hnr 119) Die Wuhn war eine alte Brauerei, möglicherweise sogar die
älteste Brauerei Kötztings. Die Wuhn, früher sogar ein Marktlehen kam zu Anfang des 17. Jahrhunderts in den
Besitz des Marktes Kötzting[10],
welcher das Haus in zwei Hälften teilte und jede einzeln verstiftete Die Bewohner der Wuhn hatten zu dieser Zeit
den Status als Inwohner und damit nur eingeschränkte Rechte in der Gemeinschaft.
Der Markt blieb bis zur Verwaltungsreform zu Beginn des 19. Jahrhunderts im
Besitz der Wuhn. Wie viele andere Gebäude und Grundstücke im Besitz des
Marktes so musste auch die Wuhn
versteigert werden. Andere Häuser, die damals versteigert wurden, heute würde
man von Privatisierung sprechen, waren z.B. die Fleischbank (Hnr 24) das
zentrale Schlacht und Verkaufshaus der Kötztinger Metzger und die Herrensäge (Hnr88)[11]
heute der Lindnerbräu
Somit
stehen im unteren Markt, herein bis in die Zeit vor dem großen Marktbrand, nur
die drei Häuser vom Greiner bis Schuhhaus Liebl (Hnr 102-105) Am 14. Februar
1804 wurde das Eckhauses geteilt, seit
daher also 4 Häuser an dieser Stelle.[12]
Die Wuhn (Hnr.119) und zurückgesetzt zum Pfeffergraben hin das Spital(Hnr. 123)
schlossen den Markt ab. Im heutigen Pfeffergraben selber stehen zu dieser
Zeit nur noch zwei sehr kleine Häuser
auf der hangabwärts zeigenden Seite. Den Abschluss der Gasse bildete der
Schlosser Haas und, freistehend, im Schlossgarten hatte der Schlossgärtner sein
Haus (Hnr116). Dieser Ablauf der Entwicklung, nämlich einerseits ein
unveränderter Ortskern und andererseits eine sehr allmähliche Ausweitung der Häuserbebauung
am Rande prägte das Bild Kötztings über Jahrhunderte.
Es
ist zu vermuten, dass solch ein Wachstum in vielen anderen Orten Bayerns in
dieser Zeit nach demselben Muster abgelaufen war. Nach einer Brandkatastrophe
oder kriegerischen Einwirkungen wurden die Anwesen an denselben Stellen wieder
aufgebaut und erhöhten sich nicht in der Zahl. In einigen wenigen Fällen wurden
Anwesen zertrümmert und so entstanden wohl die einzelnen Leerhäuser, die zwischen
einigen Marktlehen eingestreut sind.
Hinter
der Marktbefestigung, dem Graben und dem anschließendem Bollwerk, folgten Nutzflächen,
Schupfen und Gärten. Zwischen diesen und noch vor den Wirtschaftsgebäuden
verlief dann eine kleine Gasse. Auf Plan
(6) ist diese Bollburggasse skizzenartig eingezeichnet[13].
Diese
Gasse begann hinter der Drunkenpolzschmiede (Tabak Liebl Hnr 124 ) und verlief
bis zum Torplatz herauf. (jetzt Schmiede Kuglmeier).
[1] PIENDL, MAX : Kötzting in seiner
geschichtlichen Entwicklung, in : KÖTZTING 1085-1985 Herausgegeben von der
Stadt Kötzting anlässlich der 900-Jahr Feier S.28
[2] PIENDL, MAX : Das Landgericht Kötzting .
Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern Heft 5(1953) Seite 59
[3] Bayerisches Hauptstaatsarchiv München (im
folgenden BayHstA) KU Rott am Inn 8
[4] KÖTZTING 1085-1985 Herausgegeben
von der Stadt Kötzting anlässlich der 900-Jahr Feier S.29
[5] KÖTZTING 1085-1985 Herausgegeben von der Stadt
Kötzting anlässlich der 900-Jahr Feier S.29
[6] PIENDL, MAX : Kötzting in seiner
geschichtlichen Entwicklung, in : KÖTZTING 1085-1985 Herausgegeben von der
Stadt Kötzting anlässlich der 900-Jahr Feier S.28
[7] BayHstA KL Rott am Inn 80 S.46
[8] BAUMANN, LUDWIG und
PRANTL,GEORG Altkötzting, Chamer Tor und Marktbefestigung, in Beiträge zur
Geschichte im Landkreis Cham (im folgenden BGLC) Bd. 14 (1997) S. 59-74
[9] Stadtarchiv Kötzting (im
Folgenden StadtA Kötz) Marktrechnungen Band 1 S.3
[10] Staatsarchiv Landshut (im
Folgenden StA La) Rep 97e Nr 187
[11] PONGRATZ, CLEMENS Ansicht von Kötzting von 1653, in: BGLC Bd.15
1998 s. 25-29
[12] StA La Briefprotokolle Kötzting
Bd. 66 Seite 7
[13] BayHSstA GL Fasz. 1836/75
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