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Samstag, 6. Juni 2020

Das Stadtarchiv Bad Kötzting als Unterhaltungsbeilage Luftaufnahmen 4-8

Wir haben im Stadtarchiv eine ganze Reihe an unglaublich guten und detailreichen Luftaufnahmen, bei denen es schade ist, sie für das Internet in der Qualität vermindern zu müssen.
Fangen wir mal mit einem ganz besonderen Bestand an:
Frau Renate Serwuschok hatte PRIVAT in die Geldtasche gegriffen und die Bild- und Verwertungsrechte an einem Paket von 147 Bildern in 12x12 Großnegativen gekauft.

In den einzelnen  Bildern steckt soviel an Kötztinger Geschichte, dass ich wieder einmal solch ein einzelnes Bild im Detail analysieren möchte: heute das eines der Neubaugebiete Kötztings in den 50er Jahren:

Die Pfingstreiterstraße


Wahrend sich die Bebauung der Pfingstreiterstraße heutzutage fast bis zum Ersten Evangelium" hinaus entwickelt hat, war in den 50er Jahren mit dem Sägewerk der Firma Gschaider Schluss.
Den Anfang machte an der Einmündung des Gruber Baches der Sagmüller Höcherl, eine der ältesten nachgewiesenen Anwesen Kötztings.

Die Sägemühle in vollem Betrieb, deutlich sichtbar auch die drei sich anschließenden Anwesen.


Von Herrn Franz haben wir  die folgenden Aufnahmen des Baumgartner und Ludwig Anwesens erhalten:

Eigentlich eine Postkartenidylle am Regenfluss



Hier kann man sogar einzelne Personen unterscheiden





Als nächstes folgte dann die Kötztinger Konservenfabrik, ein Riesenkomplex mit eigenem kleinen Bahnanschluss. 

Die Konservenfabrik, von der wir durch Herrn Siegfried Ehemann sehr viele Bilder und Filme im Archiv haben, wird sicherlich einmal ein eigenes Thema eines Blogs sein.


Beim Blick in die Gegenrichtung erkennt man sehr gut das Gebäude des ehemaligen Dregerkellers, nun die Anlage der Kreiswerke und eine Bebauung des "Schusterbergls"



Am anderen Ende der Pfingstreiterstraße lag dann das Sägewerk Gschaider, entstanden aus einer ehemaligen Zündholzfabrik. Sehr schön zu sehen - hier mit (1) markiert - die Ausleitung des Werkskanals für die Sagmühle


Eines der kleinen Gebäude am linken Bildrand fungierte auch als Standesamt für die Dorfgemeinde Arndorf





Montag, 29. Juli 2019

Zellertal - Bahnhof - Industrie - und Wohnen

Die Lokalbahn Lam Kötzting AG

ihre Gründung und ihre Folgen

Zuerst einmal ein link auf  Wikipedia,   für die nackten Fakten.

Nun zum eigentlichen Thema, dem Bahnhof in Zellertal und wie dessen Inbetriebnahme seine Umgebung außerhalb des Marktes Kötzting veränderte.

Ohne vorher GENAU zu wissen, wie der "rote Faden" bei einer "historischen Einkehr" sein würde, machte ich zuerst einmal, wie immer, eine allgemeinen Stoffsammlung. Dann stellt sich eben heraus, was ich denn über das Thema der jeweiligen "Einkehr" so alles in den einzelnen, mittlerweile sehr umfangreichen, Sammlungen - im Archiv in der Stadt Bad Kötzting, im Staatsarchiv Landshut und in meinen privaten Unterlagen - denn so finden könnte. Inzwischen verfügen wir auch über ziemlich umfangreiche Digitalisate historischer Zeitungslokalausgaben und so konnte ich dann, nachdem ich zuerst skeptisch war, ob der Bereich "Zellertal" einen ganzen Vortragsabend tragen könnte, wirklich aus dem Vollen schöpfen.
Jedenfalls bin ich bei der allgemeinen Stoffsammlung über Zellertal auch auf einen tollen Bericht über die Gründung der Lokalbahn Lam - Kötzting gestoßen und dieser Bericht ist so lebhaft, gespickt mit Bekanntem, aber auch mit völlig überraschend Unbekanntem, dass ich diesen Bericht hier im Original einstellen und mit eine paar Zusätzen erweitern möchte.
Im III. Reich untergliederte die NSDAP das Deutsche Reich in unterschiedliche Gaue. Der Landkreis Kötzting gehörte zusammen mit vielen Nachbarkreisen (und ab 1938 z.B. auch mit den nahen tschechischen Grenzorten wie z.B. Neuern)  zum Gau Bayreuth. Dieser Gau verlegte auch eine eigene Zeitung, die "Bayerische Ostmark", und im Juli 1935 gab es eine Sonderausgabe für den Kreis Cham- Kötzting, in welcher der Eisenbahndirektor Hans Hiepe die Geschichte der Lokalbahn Lam-Kötzting veröffentlichte.
Diesen Bericht zitierte übrigens im Juli 1963 die Kötztinger Zeitung und heuer im Band 3/2018 auch das Vierteljahresheft des bayerischen Waldvereins "Der Bayerwald". Hier nun der Originalbericht Hans Hiepes aus der "Bayerischen Ostmark":


Aufstieg und Fall der Lamer Glashüttenmagnaten aus eigener Schuld UND den Umständen geschuldet

 Der Artikel ist in  - bei Vergrößerung - einer ausreichend guten Auflösung, um die Geschichte im Original nachlesen zu können. Es ist schon interessant zu lesen, welche Wirkung die Gründer sich von der Eisenbahn errechneten und welche Wirkung die Bahn dann tatsächlich entfaltete und ihre Gründer, ja man muss es so sagen, wirtschaftlich als Einzelunternehmer ruinierte.
Staatsarchiv Landshut Rep 162-8 Schachtel 22 Bahnhof Zellertal 1888























Nachdem der Kötztinger Bürgermeister Kollmaier - der Mann mit dem Zitat von Himmel und Hölle im Zeitungsartikel am Anfang - nicht abgabewillig gewesen war, musste, ohne Gleisanbindung, die erste Lokomotive der Lokalbahn Lam-Kötzting mit Ochsen über den Regenfluss gezogen werden.

Eine kleine Lokomotive auf Reisen ...... Bild aus der Sammlung Vogl, Kötzting eine Szene, die mich irgendwie an "Jim Knopf und Lukas den Lokomotivführer" erinnert, welche ja auch mit ihrer EMMA über Land auf Reisen gegangen waren.....


Bild des Bahnhofes Watzlsteg mit den stolzen Zugbegleitern und dem Triebwagen aus dem Jahre 1938, ich denke, dass ich mit diesem Exemplar noch in den 60ern nach Cham in die Schule gefahren bin. Aufnahme aus dem Fundus der ehemaligen Kreisfilmbildstelle des Altlandkreises Kötzting und damit mit großer Wahrscheinlichkeit vom Kötztinger Hauptlehrer Josef Bock


Der Bahnhof in Grafenwiesen: Bleistiftzeichnung von Herrn Mathias Heilmeier sen. aus dem Jahre 1899
Staatsarchiv Landshut Rep 162-8 Schachtel 22 Bahnhof Zellertal 1888











 Interessant an der Lageplansituation ist, dass es die heutzutage selbstverständliche Straßenverbindung von der "Schullererkreuzung" bis zum "Pfingstreiterkreisverkehr" noch nicht gegeben hat, die Verbindung war nur über die heutzutage auch existierende Lehmgasse möglich.
















Der Bahnhof Zellertal in den 60er Jahren (Kreisfilmbildstelle LK Kötzting von J. Bock)


Holzverladung, das Ziel des Eisenbahnbaus





Holzlagerplätze rund um Kötzting
gelegen an dem triftfähigen Weißen Regen (Archiv Stadt Bad Kötzting)
Die in dem Zeitungsartikel angesprochenen Holzlieferungen waren VOR dem Eisenbahnbau in den gebotenen Mengen nur auf dem Wasserwege möglich, und zu diesem Zwecke waren rund um Kötzting an mehreren Uferplätzen Holzlagerplätze vorgesehen. Nun mit der Eisenbahn war die Lage am Fluss nicht mehr wichtig, sondern es war entscheidend, am Schienenstrang zu liegen, und daher siedelten sich rund um den Bahnhof Zellertal die unterschiedlichsten Holzhändler an, auch Auswärtige, die dann Kötztinger für sich arbeiten ließen.





















Beispiel für einen überregionalen Holzhändler, der im Bereich Zellertal sein Holzlager hatte, hier in einem Schriftwechsel mit den Gebrüdern Amberger von der Marktmühle. Briefkopf aus der Sammlung Amberger Herbert.
Im Bereich um den Zellertaler Bahnhof existierten bereits vorher (Zündholzfabrik und späteres Sägewerk Gschaider) oder später (Konservenfabrik) Industriebetriebe, die von dem Gleisanschluss profitierten.
Hier im Anschluss eine bunte Mischung an Bildern, Plänen, Zeitungsartikeln aus dem ganzen Bereich rings herum um den Bahnhof Zellertal:
Geschäftsstempel der Firma M.J.Gschaider
Hier das Areal der Fa. Gschaider, rechts neben dem modernen Zweckbau
(Kreisfilmbildstelle LK Kötzting von J. Bock)





Bauplan für den Einbau eines Dampfkessel in die Zündholzfabrik Gschaider (Baupläne Staatsarchiv Landshut)
Sprengung des Kamins der Fa. Gschaider Ende der 30er Jahre, Bild vermutlich Josef Bock, der Stadnpunkt des Photographen war ungefähr dort, wo heutzutage die Tankstelle Wanninger liegt.

 

 

Biller und Hobrack

 
Fa. Biller und Hobrack Mitte der 60er Jahre: (Kreisfilmbildstelle LK Kötzting von J. Bock)

 
Kötztinger Umschau von 1957 Anlieferung von VW Käfer






Eine andere ebenfalls überregional bekannte Firma war die Kötztinger Konservenfabrik

Luftbildaufnahme Arbeitskreis Heimatforschung vermutlich war Josef Bock der Photograph in den 60ern


 Hier ein paar Bilder aus dem Produktionsbereich der Konservenfabrik:


Erntezeit in der Konservenfabrik Bilder Arbeitskreis Heimatforschung































Hochsaison in der Konservenfabrik - Ausschnitt eines Filmes von Siegfried Ehemann - einer der Photo- und Filmpioniere Kötztings. Es steht zu vermuten, dass er viel Wissen und Unterstützung von dem Kötztinger Hauptlehrer Josef Bock erhalten hat, weil er auch Teile von dessen Filmaufnahmen vom Pfingstritt in seine Filme hineinschneiden durfte.




Aktendeckel des Konzessionsgesuches
des Holzhändlers Paul Dattler
Sta Landshut Reg v NB Nr. 3548
 Und dann ist da natürlich auch noch das Wirtshaus, die Bahnhofsrestauration, nun Stefans Café.
Bereits um die Jahrhundertwende versuchte der Holzhändler Dattler eine Konzession zum Betrieb einer Gaststätte zu erhalten mit dem Argument, dass die Fuhrleute, die täglich das Holz anlieferten, eine solche Anlaufstelle benötigten. 
Sta Landshut Reg v NB Nr. 3548
Auf einem Bildausschnitt des Einrittes Pfingsten 1941 sieht
man im Hintergrund gut die großen Stapel an Brettern
Im Bereich des Bahnhofes Zellertal
(Kreisfilmbildstelle LK Kötzting von J. Bock)

...die Interessen einer sehr eng begrenzten Anzahl von Personen
erschöpfen noch nicht das allgemeine Bedürfnis. Den Interessen der
Fuhrwerksbesitzer ist übrigens vorerst dadurch genügt, daß in der
Nähe des Zellerthalbahnhofes und zwar nur einen halben Kilometer
davon entfernt, eine Gastwirtschaft sich befindet.......
.
Sta Landshut Reg v NB Nr. 3548

 Es kam sofort zu Einsprüchen der benachbarten Gasthäuser, hier der Dregerkeller und am Spitalplatz das Wirtshaus des Christoph Kollmaier, genau des "Kollmaier", der ja eh´ die Bahnlinie verhindern wollte. Auch in diesem Plan ist schön zu sehen, dass es damals die jetzige Umgehungs-bzw. Verbindungsstraße zwischen der Schullererkreuzung und dem Pfingstreiterkreisverkehr noch nicht gab. Dreger argumentierte, dass die vielen Fuhrmänner, die täglich das Holz zu den Lagerplätzen beim Bahnhof Zellertal anlieferten, den WEITEN Weg zu den anderen Wirtshäusern scheuen würden und ein Recht hätten,  sich in kurzer Entfernung in einem Gasthaus erholen zu können. Ein Urteil nach der Augenscheinnahme schmetterte Dattlers Ansinnen ab, die Gutachter kamen zum Schluss, dass die anderen Gasthäuser denn dann doch nicht zu weit entfernt lägen.
Wenige Jahre später aber erhielt der Holzhändler Dattler die Konzession, ein Wirtshaus zu eröffnen, trotz der Bedenken der etablierten Wirte.
Bildausschnitt aus den 40er Jahren, Holztransport mit der Eisenbahn auf Höhe der Hammermühle
(Kreisfilmbildstelle LK Kötzting von J. Bock)

Am Ende noch einen Antrag des Stammtisches beim DATTLER um Sperrzeitverkürzung. Ein Antrag an die Stadtverwaltung, die dort vom damaligen Bürgermeister auch dem Stadtrat vorgelegt worden ist und anschließend auch beantwortet wurde:
Archiv Stadt Bad Kötzting


hier der Antrag mit der Unterschrift der Stammtischler

Hier die offizielle Antwort darauf aus dem Jahre 1997