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KL Rott B2 Rotter Grundbuch von 1654 |
Gartten
Ain Gartten beim Zieglofen zwischen Magdalena Tallerin gartten daran oben Hansen Schreiners; Hansen Zaglmanns seel Erben stossen. Mit ainem Orth auf Jacoben Stöckhers Burger und Huefschmieds Gartten und mit dem andern orth auf georgen mayrs Prunnmaisters Zieglewiese stosst, hat 16 Pifang und 3 Trimer
Wißmath
Nhil (=keine)
1660 taucht Hans Kieninger noch ein letztes Mal mit der Pacht für die Fleischbank auf und 6 Jahre später verstirbt Hans Kieninger, Mitglied des Äußern Rats; im Jahr drauf folgt ihm seine Frau Maria.
Johann Georg Kieninger, genannt Hans, manchmal Georg
Schon vorher hatte er sein Anwesen auf den Sohn - schon wieder ein Hans (Georg)- Kieninger übergeben welcher in den Jahreslisten von 1670 und 1672 als der Besitzer eingetragen ist und der im Oktober 1668 Maria Schwarz aus Zettling geheiratet hatte.
Fasst man all Daten zusammen, die wir von einem "Hans Kieninger" haben, immer auch Bürger des Rats und Metzger genannt, so scheint es einen Generationswechsel im Jahre 1647 gegeben zu haben, weil bei den Spitalrechnungen in denselben Jahr von Hans Kieningers Erben die Rede ist, und bei der übernächsten Übergabe und der darauffolgenden Schuldverschreibung ebenfalls rückblickend diese Jahreszahl genannt wird.
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Spitalrechnung von 1671 |
"Hanns Khieninger Bürger des Rats und Metzger alhir seel. Erben haben50 fl, die sye lauth der Verschreibung de dato 22. Jenner ao: 1647 auf ihrer Behausung und deren Zuegehörig Gründten verschrieben, ietz Georg Khieninger auch Burger und Metzger alhir, und sein Hausfrau mit beschechner weiblicher Freyheit, verhelt sich der Zins zue Lichtmessen."
Einschub:
die im Text angesprochenen "Weiblichen Freiheiten" betreffen das Heiratsgut der Ehefrau, die ihr normalerweise persönlich geschrieben waren und allen anderen Schulden vorausgingen. Mit Ausnahme, dass sie ausdrücklich auf diese "Freiheit" verzichtet. Nun steht der Geldgeber an erster Stelle und ihre Ansprüche werden erst befriedigt, wenn die Schulden beim Spital bezahlt sind.
Einschub Ende
So, nun können wir endlich den Familienverband der Kieninger verlassen, denn am 29.1.1676 werden die Schulden in Höhe von 50 Gulden auf den Schwager Wolf Georg Österreicher, einem Riemer und Kötztinger Bürger.
Wolf Georg Österreicher und Anna Maria
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StA Kötzting Spitalrechnung von 1680 |
Wolf Georg Essterreicher Burger und Riemer alhir und Maria sein Eheweib, haben von ihrem Schwager und Brudern Georgen Khieninger in Erkauffung dessen Behausung 50 fl ybernommen, de sye inhalt Schuldtverschreibung de dato 29. Jenner anno 1676 mit weiblichen Verzicht, darauf versichert, gebenzu Lichtmessen zünss 2 fl 30 kr
Bereits 12 Jahre vorher, am 13.11.1662, hatte Wolfgang Österreicher, Sohn des Lederers Ander Österreicher und dessen Frau Eva, Maria Khieninger, Tochter des Hans und das Maria, geheiratet.
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Pfarrmatrikel Kötzting Band 1 Heiratseintrag Wolf Österreicher mit Maria Khieninger 1668 |
Die Lederersfamilie Österreicher hatte den Überfall der Schweden offensichtlich relativ unbeschadet, zumindest was das leibliche Wohl anging, überlebt.
Im Status animarum (1636-1656) ist ein stattlicher Familienbogen angegeben. Ich vermute mal, dass die Schweden bei ihrem Angriff - der ja von Nordwesten aus Richtung Gehstorf erfolgte - nicht unbedingt auch gleich über den Fluss hinüber geritten sind, wo die Bewohner möglicherweise auf die Katastrophe auf der Marktseite rechtzeitig haben reagieren können.
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Pfarrmatrikal Kötzting Band 1: Status Animarum Familie Österreicher mit einem Knecht, einer Magd und fünf Kindern |
Die eheliche Verbindung ist insofern interessant, als die beiden Väter sich nach einem erbitterten Streit vor dem Landrichter verantworten mussten.
Kurz gesagt hatte Hans Kieninger den Lederer Andre Österreicher des Ehebruchs beschuldigt und musste kräftig für diese Beleidigung blechen.
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StA Landshut Pfleggerichtsrechnung von 1651 |
Hans Khieninger burger und mezger zu Közting hat Andreen Össterreicher auch burger und Lederer alda im Zohrn unguetlich eines ehepruchs bezügen. Weillen ers aber auf widerspröchen des Össterreichers nit beweisen khünden, und er Össterreicher ain scharpfes Handwerch, von welchem ainer , einer schlechten Ursach wegen, entsözt werden khann, als ist Khieninger gestrafft umb
2 fl 17 kr 1 H
Einschub
Der Lederer Österreicher war in einer "scharfen Zunft", in einer Zunft also, die strenge moralische Ansprüche an ihre Mitglieder stellte. Ein nachgewiesener Ehebruch hätte zu einem Ausschluss führen können. daher wurde diese unbewiesene Beleidigung besonders streng mit 2 Pfund Regensburger Pfennigen bestraft.
Einschub Ende
Im Jahre 1677 finden wir Wolf Österreicher als Kläger gegen den damaligen Sagmüller Paulus Hofmann, der ihm, während der Riemer an mit der Kornansaat in seinen Gruber Gründen beschäftigt gewesen war, "die Söckh mit dem Sambkorn, mit einer Schrodthackhen zerhaut" hatte.
Einschub
Dieser Paulus Hofmann ist mit seinem Wunsch nach der Erweiterung seiner Sagmühle am Gruberbach der Auslöser eines Mühlennaubaus, die im Prinzip später einmal die jetzige Brauerei Lindner werden sollte.
Einschub Ende
Schon zwei Jahre nach der Übernahme verstirbt die junge Riemerin und 1 1/2 Jahre darauf wiederverheiratet sich der Witwer. Er nimmt Anna Nürnberger, ebenfalls eine Witwe, aus Zeltendorf zu seiner 2. Ehefrau.
Vorher aber, es lagen ja Jahre zwischen der Verheiratung und der Übernahme des Hauses am Marktplatz, finden wir Wolf Österreicher in den Spitalrechnungen über eine Schuldenaufnahme von 20 Gulden für das Haus "ufm Pichel". Wir wissen derzeit noch nicht, wo diese Ortsangabe zu verorten ist, ich VERMUTE ihn aber im Bereich hinter dem alten Rathaus, einer Ansammlung von Häusern. Hier ist das Wort "Haus" nicht im Sinne eines Hausgebäudes sondern im rechtlichen Sinne, als Gegensatz zu einem Marktlehen gemeint.
Offensichtlich war auch der Sohn nicht ganz im Frieden mit seinem Schwager, denn im Rechnungsbuch des Marktes ist ein Strafe von "1/2 Tag im Stock" für den Metzger Georg Kieninger im Jahre 1681 erwähnt, weil er "seinem Schwacher Hans Georg Esterreicher, Riemer, vor sein Haus geloffen und den ainen Schelmben iniuriert" hat.
Auch Wolf Georg Österreicher scheint ein Heißsporn gewesen sein, der Markt Kötzting versucht sein Mütchen zu kühlen und steckt ihn - 1683 - ebenfalls für 1/2 Tag in den Stock vor der Kirchenburg, weil er "mit dem Degen auf die Gossen geloffen". Im selben Jahre durfte er sich auch das marktische Gefängnis einen tag lang von innen ansehen, weil er "den Kirchenpropst Hans Pachmayer wegen angefordertem Khyrchenzynss ainen Schoergen geschmaeht, weswegen selbiger ainen 1/2 Tag Gefenknuss abgebisst."
Einschub:
Hierzu muss man wissen,
dass der Scherge oder Amtmann ein unehrenhafter Beruf war und es deshalb eine
Beleidigung für den Kirchenpropst darstellte, ihn einen solchen zu nennen.
Einschub Ende
Dank der lückenlosen Überlieferung und der genauesten Dokumentation der Kötztinger Spitalrechnungen können wir den nächsten Besitzübergang datieren.
Wolf Georg Österreicher verkauft sein Marktlehen an den Gerichtsprokurator Paul Franz Keser und dessen Frau Dorothea.
Paul Franz Keser und Dorothea
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StA Kötzting Spitalrechnung von 1690 |
Paul Franz Kheser churfürstlicher Gerichtsprokurator und burger alhir und Dorothea dessen Ehewürthin haben in Erklhauffung der besitzenden burgersbehausung die iennige 80 Gulden anlechensweis aufgenommen, welche durch Wolf Georg Essterreichern Riemern in zwo Posten heimbbezahlt worden, zu welchem Endte und genuegsamen Versicherung dann haben sye Eheleuth den 24. 7bris Anno 1685 ersagt ihr dermahlen inhabent und von dem angezogenen Essterreicher kheufflich an sich gebrachte Marktlehensbehausung hierumben gebürent ......
Paul Keser hatte als das Österreicher das Haus abgekauft, dieser hatte seine Schulden beim Spital zurückbezahlt, und Keser hatte dieses Kapital dann sofort erneut aufgenommen.
Um das Amt eines Gerichtsprokurators zu erhalten, musste man sich nicht nur bewerben, sondern auch Geld bzw, einen Bürgen mitbringen. Manchmal konnte man diesen Weg abkürzen, wenn man eine Witwe fand, die mit dem entsprechenden Posten ihres verstorbenen Mannes winken konnte.
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Unterschrift des Paul Franz Keser churfürstlichen Preuambstgegen und Marktschreiber zu Kötzting |
Am 7. März 1681 jedenfalls heiratete der Mitterfelser Schreiber und Sohn des Stadttürmers Mathias Keser aus Vilshofen, Paul Franz Keser, die Witwe Dorothea des Kötztinger Gerichtsprokurators Mathias Koller.
2 Kinder bekam das Paar, dann verstarb seine Frau im Januar 1687 und der Witwer - nach nur einem halben Jahr Trauerzeit - blieb in seinem Berufsfremd. Diesmal heiratete er Maria Rosina Wachter, die Tochter des zweiten Kötztinger Prokurators mit der er dann weitere 9 Kinder zeugte.
Als churfürstlicher Beamter war Keser nur einem schlichten Inwohner gleichzusetzen, hatte also keinerlei Rechte im Markte Kötzting. Dies änderte sich erst, als er, nach dem Erwerb eines Hauses, sich im Jahre 1684 um 9 Gulden das Kötztinger Bürgerrecht sichern konnte.
1686, nach der Umschreibung sämtlicher Schulden bei der Kirche und beim Spital, taucht er sogar als "Bürger und Schützenmeister" in den Marktrechnungen auf.
1692 wurde ihm, als dem Kötztinger Schützenmeister, vom Landgericht der "Schützenvortl" übergeben. Die ist eine staatliche Beihilfe für die Schützen, um deren finanziellen Aufwand abzufedern.
Für die Anstellung als Kötztinger Breugegenschreiber beim Brauhaus, musste er 300 Gulden als Amtsbürgschaft beim Pfleggericht leiste. Vier Bürger der Kötztinger "Oberschicht" - vom Kammerer bis zum Bierbrauer - stellten sich zusätzlich als Bürgen zur Verfügung.
Anschließend wurde seine Anstellung sowohl vom Rentmeister in Straubing als auch von der Regierung in München bestätigt. HStA München Hofkammerakten Fasz 75-235)
Keser macht Geldgeschäfte mit Wolf Heinrich Nothafft, Graf zu Wernberg und Herr zu Runding.
Im Nothaftsarchiv des Hauptstaatsarchives in München findet sich ein Briefwechsel über ein Geldgeschäft, dass mich zuerst verwunderte, weil die Herren auf Runding als notorisch geldklamm gegolten haben, aber man kann sich täuschen.
Kesers Schwager, Joseph (vermutlich) Wachter hatte ihm 1500 Gulden zur Verfügung gestellt, die dieser auf 2 Jahre verwahren solle und Keser hatte die Summe dem Grafen Nothafft geliehen.
Nun benötigte Wachter das Geld - er arbeitete in München - um sich einen Bauernhof zu kaufen. (wie vill andre Maines gleichens) und forderte das Geld, mit Münchener Datum vom 5.9.1699, vom "vilgeliebten Herrn Schwager" wieder zurück.
Am 14. September bereits schrieb Paul Keser an den Grafen Heinrich Nothafft in Straubing, weil dieser damals gleichzeitig auch Vizedomb in der Regierungin Straubing gewesen war, kündigte das Darlehen und bat um kurzfristige Auszahlung der 1500 Gulden samt Zinsen um seinem Schwager den Bauernhofskauf zu ermöglichen.
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Briefkuvert mit der korrekten und standesgemäßen Anrede Paul Kesers an den Herrn Grafen Nothafft in Straubing Nothafft Lit 436 |
Doch oh Wunder, und Mitte Dezember konnte Keser in einem mit blumigen Worten über Weihnachtsferien, Neujahrs Grüßen und Wünschen für Gottes reichen Segen beginnenden Brief den Eingang des Geldes in Briefform und mit einer opulent gestalteten Quittungsurkunde bestätigen.
Er bittet seine Excellenz um Entschuldigung für sein verspätetes Schreiben, aber er habe erst nach Straubing senden müssen, um ein Pergament für die Urkunde zu bekommen.
Hier der Kopf der Quittungsurkunde von Paul Franz Keser:
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Nothafft Lit 436
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In den auch für Kötzting unruhigen und teuren Zeiten des spanischen Erfolgekriegs (1701-1714) finden wir den Marktschreiber Keser, als er 1707 "zur Quartiers Praestationsabrechnung uf Straubing zum Kriegscomissariat dem 8.Juni abreisen und damit 5 Teg vertragen miessen"
Im Jahr 1709 bestätigte Abt Aemilianus vom Kloster Rott, dass der "Edl und Veste Herr Paul Franz Keser Churfürstlicher Preyambts Gegen und Markhtschreiber, dann Closter Rottisccher Probstey und Lechenverwalter zu Kötzting auch Hofmarchsverwalter in Grafenwiesen" im Jahre 1708 eine korrekte Rechnungslegung abgeliefert hatte. Betrachtet man die Anrede und die Titel, ist das ganz bemerkenswerter gesellschaftlicher Aufstieg für einen Stadttürmerssohn aus Vilshofen.
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Hauptstaatsarchiv München\Rep 92 Verz 8 Fasc 67 Nr. 200 Probstei Kötzting 1600 ff |
I)m Jahre 1718 muss sich der "Bürger" Franz Keser, der offensichtlich als Marktlehner auch sein Tafernrecht ausübte vor dem Pfleggericht wegen einer Beleidigung in Schriftform gegen den Braumeister Johann Jauckher verteidigen.
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StA Landshut Pfleggerichtsrechnung von 1718 |
Hans Georg Schwarz Cammerer und Franz Keser Burger beede alhir zu Közting haben sich fräventlich understandten, den alhiesigen Preumaister Johann Jauckher, vermitls aines ihme inn das churfürstliche Preuhaus geschickhten Briefs, ainen redo (mit verlaub) Schelmben zuverschmächen.
Der Spaß kostete die beiden 1 1/2 Pfund Regensburger Pfennige, (umgerechnet so in etwa 300-400 Euro)
Einschub
Es ist sicherlich schwierig bis unmöglich, die damalige Währung in Gulden, Kreuzer und Heller in eine heutige Währung zu übertragen. Herr Ludwig Baumann hat dazu einen Näherungswert erarbeiten, in dem er die damaligen Bierpreise mit den heutigen verglichen hatte.
Die Rechnung sieht so aus: 1 Maß Bier kostete 3 Kreuzer - 1 Gulden hatte 60 Kreuzer - man bekam für einen Gulden 20 Maß Bier. Nun je nachdem welchen Literpreis im Gasthaus man berücksichtigt, kommt man auf einen Betrag zwischen 7 und 10 Euro pro Liter, was dann einen Umrechnungsbetrag von 150-200 Euros pro Gulden. Eine Umrechnung eines Handwerkertageslohns von 20-25 Kreuzer, also weniger als einen halben Gulden, würde eine ähnliche Größenordnung ergeben.
Aber wie gesagt, richtig vergleichen lässt sich dies nicht.
Einschub Ende
Der vorherige Eintrag beweist, dass der Herr Marktschreiber auch Teil der Kommunbrauer gewesen war und aus dem Jahr 1721 kommt der Nachweis auch seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit. In der Marktrechnung dieses Jahres steht er mit einer Stiftzahlung für das Wuhnäckerl und der Wiese vom Ernsthof.
Der Ankauf des Marktlehens erfolgte noch in einer Zeit, aus der wir keine Briefprotokolle haben, seine Weitergabe allerdings können wir bereits detailliert in diesen nachvollziehen.
Nun denkt Paul Keser an seine Nachfolge und bittet er um die amtliche Zustimmung. Der Rentmeister in Straubing bestätigt, nach einer erfolgten gutachterlichen Beurteilung von der Hofkammer in München, dass Keser seit 21 Jahren als Brauhausgegenschreiber mit dem Lohn von 35 Gulden und Fünf Viertel Bier angestellt sei. Dieser bat nun darum den Dienst an den Münchener "Stadtoberrichteramtsschreiber Johann Baptist Schreyer" unter der Bedingung zu übertragen, dass dieser seine älteste Tochter "wirklich ehelichen" würde. Auch würde er darum bitten, dass Schreyer dann auch den Posten des Marktschreibers erhalten könne, denn von nur einen dieser Posten alleine könne "ein Beamter ohnedem nit bestehen."
Die Hofkammer bestätigt beide Wünsche und gibt entsprechende Weisung an den rentmeistre zu Straubing. München den 12.8.1726
Am 25.4.1727 verkaufte er das Marktlehen an den Schwiegersohn und neuen "Preuamts Gegen- und Marktschreiber Johann Baptist Schreyer" um 1600 Gulden.
Johann Baptist Schreyer und Maria Anna
Im Februar bereits hatte der aus Seeling in der Oberpfalz stammende "Hammerherrssohn" Johann Schreyer Maria Anna Keser geheiratet und nun konnte er auch das große Haus am Marktplatzeck in Besitz nehmen.
Der Besitz umfasste an Grundstücken: "neben denen aigenthümlichen Stücken als dem Akcher im Kroitt vorneher an den pachmayerischen und neben ihro Gnaden Herrn Pfleger von Mayer Leithenacker stosent , dann den sognannten Gehstorfer agger gleich an der farth und Herrn Mayers Aufschlögers ackher ligent und das sogenannte Egglgartten neben ainem im Tambach gelegenen äckherl gegen Zeltendorf item die sogenannte Hauserwisen warinnen ein öder Weyr mit 2 kleinen Äggerln und die Wässerung von dem Hauserbach darau geführt würdt
Franz Keser behält sich "die Wohnung in dem kleinen und bereits eingerichteten Stibl, vorhandenes Zünn, Kupfer , Messiggeschirr , Gewöhr Mahlerey Reittsattl sambt dergleichen zaumb , Sessl und Registraturkassten "
Schulden hat das Anwesen nur sehr wenige, gerade mal "50 fl zum Gotteshaus" und "80 fl zum Spital"
Die Grundstücke sind gegenüber der Beschreibung von 1654 mehr geworden. Die Besitzer haben also Grundstücke hinzukaufen können.
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Hsta Landshuter Abgabe KL Rott B4 1727-1736 Im selben Jahr gings auch schon los mit dem Steuerzahlen, hier die Pfenniggilt an das Kloster Rott |
Anders als sein Schwiegervater hatte JB Schreyer mit der Landwirtschafts nicht so viel im Sinn, bzw. keine zeit dazu, jedenfalls findet sich im Jahre 1732 ein Pachtvertrag, in dem er dem Kötztinger Fludermann Johann Adam Greill mehrere Grundstücke auf die Dauer von 6 Jahren verstiftet.
Im einzelnen beinhaltet der Pachtvertrag folgende Grundstücke:
"Den an vertten mit Gersten angebauten grossen Gehestorffer ackher, das mit Sommer Waizen angesehte Claine Äckherl alda , sogenannten mit Korn bestandtenen Schuelmaisteracker , nitweniger den zur Wuhn gehörigen und in der Brach ligenten Ackher neben dem ingleichen in der Brach liegenten Strohhofäckherl, soforth den mit Korn angebauthen Dämpfbachackher nitweniger Ruebackher , dessen mit Waizen angepauthen Grüberackher , sambt dem mit Korn besambten Neubichel beim Ernsthof neben denen unterhalb des Zieglstadtl mit Klee angebauthe 2 Äckherl welches in erst das obere alhers anvertten , das unter aber vor 2 Jahren angebauth worden."
In dieser Auflistung befinden sich einige historische Flutbezeichnungen, die noch nicht "entschlüsselt" sind. Strohhof und Ernsthof beziehen sich auf den bekannten Hof in Grub. Der Rübacker, der Neubichl und der Schulmeisteracker aber sind noch nicht identifiziert.
Zusammen mit "2 Consorten" pachtete JP Schreyer den Gruberbach vom markt an, für eine Pachtsumme von 1 1/2 Gulden, zum Bedauern des marktes, der ausdrücklich vermerkt, dass kein höheres Gebot zu erzielen gewesen war.
Wie sein Schwiegervater im Spanischen, so hatte er im Österreichischen Erbfolgekrieg seine Lasten zu schultern. Im Jahre 1743 machte gegenüber dem Markt er 10 Gulden an Quartier- bzw. Portionsgelder geltend, um "einen Herrn Wachtmeister zugleich Regimentsadjutanten dann dessen Knecht 10 Täg in Essen und Trünckhen underhalten".
Auch wenn er den Aufwand beim Markt geltend machen konnte, so blieb dem Markt dennoch nichts anderes über, als sich die auferlegten Kontributionszahlungen - gleichmäßig verteilt - von seinen Bürgern wieder zurückzuholen.
Im selben Jahr erhält er 54 Kreuzer dafür, "so nach Kambmünster zum Herrn Gerichtsschreiber wegen des Fürst Lobkowitzischen Citation hat raissen müssen"
Die feindlichen Truppen verlangten Portionsgelder, gestaffelt nach dem jeweiligen Dienstrang.
Wollte oder konnte man nicht gleich zahlen, dann kamen die "Requirierer", die Geldeintreiber" ins Haus und verursachten absichtlich Ärger, Kosten und erzeugten Druck.
Erneut im Jahre 1743 hatte er ungebetenen Besuch von solchen Geldeintreibern im Hause und stellte anschließend seinen Aufwand dem Markt in Rechnung: "die von Herrn Obrist Mandelli mir wegen seiner ausstendigen Portionsgeltern eingelegte Requirer haben am ersten Tag und Nacht in Essen und Trunckh consumiert den andern Tag und Nacht ist an Fleisch Brodt und Prandtwein, aufgangen 19 Gulden 30 Kreuzer.
Der Marktschreiber war wirklich in keiner guten Position, auch noch 1743 wurde er sogar 1/2 Tag arretiert und "durfte" dabei seine Nahrung selber bezahlen: "Als ich by Herrn Hauptmann Diepold vom Battail. Regt. in Arrest gesessen habe in Trunckh bezahlen müssen"
Im Jahr drauf, 1744, gehts in der Form weiter: "von Seithen des Markts hath vor die zu Playbach campierte königlich Trouppen ein angeschirrtes Pferd zu Vorspann beschafft werden müssen , also hatten Rhate und Ausschuss den Marktschreiber hierzu ein Pferd ad 30 fl sambt dem geschier aberhandelt bey dieser Handelschaft nun ist verzöhrt worden"
Die in Blaibach stationierten Truppen benötigten also ein Pferd un der Markt Kötzting hatte ein solches zu liefern und so "überredete" der Magistrat den marktschreiber, sein eigenes Pferd für 30 Gulden abzugeben. Bei diesen Verhandlungsgesprächen verbrauchten die Teilnehmer fast 3 Gulden an Speis und Trank.
Diese, oben angesprochene, Verhandlung wurde auch im Kötztinger Verhörsprotokoll von 1744 als "Conclusium" festgehalten, einer der zwei dicken Verhörsprotokolle, die es im Stadtarchiv gibt.
Hier der Wortlaut der Vereinbarung:
Conclusium
Nachdeme von dem königlich Hunger (vermutlich Ungarisch) und Böhamisch lobl. Graf Dollonisch alhir bequartierten Tragoner Regiments Staab, und Granadier Compagnia, wegen darzue brauchenten Vorspann vill Verordnung der3gestalten entstanden, daß man dessentwillen die Burger nit allein mit scharffer Execution tractirt sondern auch ihnen die Pferd mit Gewalt hinweggenommen hat, als ist mit Herrn Johann Baptist Schreyer Marckhtschreibern, dann Herrn Johann Paul Mackh des Raths und Samuel Luckner Pierpreuen alda, die Sach zu Abscheidung dr allegireten Anordtnung dahin abgemacht und beschlossen worden, daß ieder 1 zusammen also 3 Pferdt sambt ain zuegerichten Wagen dermassen in der bereitschaft halten miessen, daß solche Pferdt auf iemalliges Verlangen in namen des Marktses an den Wagen gespannt und hergenommen werden kennen, wargegen aber solang diser mit 3 Pferden bespannte Wagen gebraucht und aus sein würdt, soll vor iedes Ross teglich 1 fl dan Wagen 20 Kreuzer und iedem brauchenten Knecht ebenfalls 20 Kreuzer ohne einzige Exception bezahlt werden. Im Fall und wider alles verhoffen, wan dre angeregte Wagen mit denen 3 Pferten im verlusst gehen und nit mehr zeruckh kommen wurde, iedes Ross dem gemachten Anschlag gemess ad 35 fl der hergerichte Wagen hingegen Per 17 fl bonifiziert und guetgemascht werden solle. ....
Wie oben eingangs zu ersehen, kamen der Wagen und die Pferde natürlich nicht mehr zurück und die drei "Bereitsteller" erhielten ihren Verlust aus der Marktkasse ausbezahlt.
Mit den "Blaibacher" Soldaten hatte Schreyer weiter seine liebe Mühe, so bringt er in "Ichform" in die Marktrechnung ein: "Wie ich zu Playbach durch die aldorth campierte Dragoner wegen Beschaffung Fleisch in Arrest genommen worden , hate die Wacht verzöhrt."
Im Januar 1751 erwirbt JP Schreyer von der bürgerlichen Insassin Catharina Finkh "den vom Vater ererbten Hauser Weiheragger oberhalb der Dampfbachbrücke zum Markt hin" um 70 Gulden
Am 5. Februar 1751 schickte der Kötztinger Magistrat eine Petition an die Hofkammer in München, um eine Nachfolgeregelung für JP Schreyer zu erreichen. (Für den Markt war es immer besser, wenn es eine Familieninterne Regelung gibt, denn dann ist für den Rest der Familie idR gesorgt und diese Familienmitglieder fallen nicht der Kommune zur Last.
Der Magistrat möchte also den Sohn Benno Schreyer in die Fußstapfen seines Vaters treten lassen, weil
1. Schreyer bereits in der Familiennachfolge gestanden sei, auch wenn er zugegebenermaßen nicht blutsverwandt zum Vorgänger Wachter gewesen war.
2. Schreyer dem Markt treue Dienst geleistet hatte.
3. Dass die "zuekommende Wittib und deren zu obig jungen MArktschreiber noch habenten 2 Kindern, worunter ein Knab, der ganz krumpp uf die Welt kommen, bey erfolgentem Todtfahl des alten Markhtschreibers Unterhalten werdten" müsste.
Einschub:
Der Markt war zumindest grundehrlich in seiner Begründung.
Einschub Ende
Der Markt bittet also die Hofkammer um die Bestätigung und das Convent des Klosters Rott dem jungen Kötztinger Marktschreiber auch den Propsteidienst zu übertragen.
Ein Jahr später, am 16.2.1752 verstirbt der Kötztinger Marktschreiber Johann Baptist Schreyer, seine Witwe Maria Anna überlebte ihn um 14 Jahre. Sie folgt ihm im Jahre 1766 nach.
Der Sohn, der junge Marktschreiber genannt, ist also seinem Vater im Berufe nachgefolgt, heiratet am 27.12.1752 Walburga, die Witwe des "tonsoris castrensis" Johann Jakob Gerstl, also die Tochter eines Feldschers.
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Pfarrmatrikal Kötzting Band 14 Seite 146 vom 27.12.1752 Benno Schreyer heiratet Walburga Gerstl |
Wir wissen, dass spätestens ab dem Jahre 1765 der Kötztinger Marktschreiber - in diesem Falle eben Benno Schreyer - seine Wohnung im umgebauten Rathaus in der Marktschreiberwohnung nehmen musste. Der Kammerer Luckner hatte diese Wohnung zusammen mit einem einigermaßen Marktarchiv beim Umbau miteingeplant und der Umzugszwang war auch Bestandteil einer Besoldungserhöhung.
Benno Schreyer wurden jährlich 17 Gulden an Erhöhung zugestanden: "sonderbar ist deme auf underthäniges suppliciern in Ansechung der schlechten Diensterträgnuss und geringer besoldung auf 6 Jahr eine addition von jährlichen 17 fl von gemainer Marktskammer verwilligt worden mit der condition iedoch das derselbe dargegen schuldig und gehalten sein solle die Rathauswohnung alsobald
zubeziehen und die Registratur in guette Ordnung einzurichten"
Es geht aus den Akten nicht hervor, wo er in der Zeit nach dem Absterben seines Vaters, bzw, bereits seit dem Zeitpunkt seines Amtsantritts gewohnt hatte.
Das marktlehen jedenfalls geht nicht in seine Hände sondern die Mutter, nun ja Witwe, übergibt das Marktlehen am 5.12.1757 um 1327 Gulden an die Tochter, welche später den Further Stadtschreiber Johann Kaufmann heiraten wird und .
Johann Kaufmann und Maria Anna
Im Kaufvertrag sind neben dem Marktlehen und den fest zum Haus gehörenden Grundstücken auch die "Aigen Stücke" aufgeführt:
Der Agger im Groith an des Egidius Fischers und Herrn Pflegskommissars Gründ
Den sogenannten Gehstorfer Agger gleich an der Fahrt und an Ferdinand Mayrs Agger
Das in dem Dampfbach gelegene Äggerl gegen Zeltendorf und an Qualbert Löckhers Grund stossend
Die sogenannte Hauser Wiese worin die Wässerung von dem Hausinger Pach mit dem Cammerer Luckner gemeinschaftlich zu nehmen und an den sobetitelen Luckhnerischen Golthauffen
Den Stahlen Acker an dem Hausinger Weg
Den sogenannten Hofküffneragger an des Mickhl Schneiders Grund stossend
Schulden herein:
Zum Spital 80 fl, dann 50 fl an Elisabeth Gämerin von Zeltendorf, 15 fl an Theresia Altermann, 15 fl an die Gogeislin zu Grafenwiesen, 15 fl dem allhiesigen Schulmeister Daller, 7 fl dem Messner an Funeralkosten und schließlich 23 fl dem Luckner um Hopfen und andere Abrechnungen.
Für sich selbst bestimmte die Witwe Schreyer: "in dem im heruntern Hausflöz verhandenen Nebenstibl die freye unvertriebte Herberge"
Auf die Entfernung war der Besitz in Kötzting für die in Furth im Wald lebende Stadtschreiberin Maria Anna Kaufmann wohl zu aufwändig zu organisieren.
Am 28.4.1761 war dann bereits wieder Schluß, die Further Stadtschreiberin verkaufte ihr Marktlehen, zwischen Paul Haselsteiner und dem Sattler Sebastian Frins entlegen, an den Kötztinger Bürgerssohn Johann Georg Auzinger. um 1900 Gulden.
Mitverkauft wurden von den freieigenen Grundstücken nur der Acker im groith undd er Gehstorfer Acker. An Möbeln sind aufgeführt: "2 Disch 2 Süzstühl , 2 Zöchtafeln , 1 Eiserner Höllhafen und 1 blöcherne Röhren, 4 gross und 6 kleine Birvässer"
Ihrer Mutter solle nach wie vor "in der heruntern Stuben die Herberge" genießen können
Im Jahre 1763 beteiligte sich der "Beck" Auzinger aus Kötzting an einem Hochzeitsschießen in Blaibach und gewann wohl den Hauptpreis.
In einem Briefwechsel zwischen dem Rundinger Verwalter Demmerl und seinem Herrn Cajetan Nothafft berichtete der Verwalter dieses nette Detail:
In dess Ambtmann Fränzl seine Hochzeit habe die Gadan Nännerl von Eur Gnaden geschickt, weil der Gämmerl für seine Person selbst ein Hochzeit Gast gewesen, statt meiner aber ist meine Köchin erschienen. Die Hochzeit ist aus 36 Persohnen bestanden, welche allerdings guett abgeloffen. Tag hierauf wurde ein Schisset gegeben, bei welchem der Beck von Kötzting Auzinger mit Namen das beste gewonnen.
Johann Georg Auzinger und Magdalena
Schon im August, also 4 Monate nach dem Kauf quittierte Johann Kaufmann den Erhalt von 500 Gulden und im Juni des Folgejahres erneute 426 Gulden.
Am 6. Oktober 1764 heiratete dann Johann Georg Auzinger, Sohn des Waffenschmieds Auzinger, Magdalena Pielmeier, die Witwe des Kötztinger Braumeisters.
500 Gulden bringt seine Ehefrau als Heiratsgut mit ein, gleichzeitig muss das Paar aber 530 Gulden den beiden Kindern, die die Witwe ebenfalls mit in die Ehe mitbringt, durch eine Schuldverschreibung als deren väterliches Erbe garantieren.
Am 16.4.1766 macht die Witwe Schreyer vor den Prokuratoren ihr Testament und darin wird festgehalten, sie hätte "sich in der Ausnahmbswohnung bei guter Vernunft befunden."
Sie stiftet 50 Gulden dem Spital, vermacht ihr Ober- und Unterbett den beiden Töchtern des Marktschreibers und möchte im untern Friedhof begraben werden. Am 23.5., gut ein Monat nach Testamentserrichtung, verstirbt die Witwe Maria Anna Schreyer.
Der Vollständigkeit halber sei hier noch angemerkt, dass ihr Sohn Benno, auch nicht recht viel länger lebte, sein Tod wird mit dem 29.7.1767 festgestellt, seine Witwe dann ein halbes Jahr später. Dieses allerdings lebte und wirkte mittlerweile seit 2-3 Jahren schon in der Marktschreiberwohnung im Rathaus. Die Erbverteilung für die beiden überlebenden Töchter erbrachte einen Überschuss nach Aufrechnung der Schulden herein und hinaus von fast 1900 Gulden und bbeide Mädchen wurden von Kötztinger Familien gegen Bezahlung von jährlich knapp 24 Gulden aufgenommen.
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Die Alte Frau Marktschreiberin hatte wohl einen guten Austrag im Hause Georg Auzingers gehabt, der allerdings wohl ein etwas aufbrausendes Gemüt hatte, denn er taucht bei einigen Auseinandersetzungen als Beklagter auf.
1766 hatte er auf dem Bleichanger "die Anna Pfeilschifterin dergestalten mit Schlägen zuegericht", dass daraufhin er lange Zeit den Bader bezahlen musste.
Mit seinem direkten Hausnachbar - uU auch durch den gemeinsamen Hof in teilen verbunden wie heutzutage - rückte er zusammen, als er sich "unterstanden des Paul Haselsteiners Knecht im redo ì
Tungetausfahren mit Schlägen zu überfallen"
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Landshuter Abgabe KL Rott B5 1777-1800 Georg Auzinger oben drüber: Max Auzinger sein Bruder auf der Hausnummer 16, später Joseph Plötz |
Im November 1776 verstarb die Wirtin Magdalena Auzinger und im Herbst drauf heiratete der Witwer erneut. Mit seiner Frau Getrude, einer Forstinspektorstochter aus Englmannsberg bekam das Paar dann 8 Kinder.
Seit dem April 1772 befand sich Georg Auzinger in einer finanziellen Ausnahmesituation. Zusammen mit 16 anderen Kötztinger Bürgern hatten sie zusammen mit der Regierung in Straubing einen regelrechten Coup gelandet. Dies konnte nur geschehen, weil die Abwesenheit des damals übermächtigen
Kammerers Luckner - er war "in Geschäften" auswärts - ausgenutzt wurde.
Als Luckner zurückgekommen war.
Hintergrund ist, dass der Reitensteiner Hofmarksherr Bartholomaeus von Gehring per Testament den Markt Kötzting als seinen Alleinerben eingesetzt hatte. Gleichzeitig hatte er aber Legate in sein Testament hineingeschrieben, die den Wert der Hofmark bei weitem überschritten. Luckner wollte dieses. für den Markt, schlechte Geschäft nicht annehmen und spielte auf Zeit. Genau dieses "auf Zeit spielen" wollte oder konnte die Regierung in Straubing als die entscheidende behörde nicht mehr mitspielen, weil die (adeligen) Empfänger der Legate dort Druck machten.
Nun gut, ein wenig Hinterzimmerberatung, ein wenig Verhandlung im Dunklen und der Rentamtsschreiber der Regierung ( in der Hierarchie der Regierung in Straubing so in etwa die Nummer 3, nach dem Vizdomb und dem Rentmeister) kündigte seinen Besuch in Kötzting an, verpflichtete die Bürger von Kötzting zur Versammlung zu erscheinen, ließ diese sich in Listen von Interessenten und Nichtinteressierten eintragen und verteilte die Grundstücke der Hofmark Reitenstein dann an die 16 interessierten Anteilseigner. Diese bezahlten für die
Aufteilung der Reitensteiner Gründe zur Hälfte mit eigenem Geld (Schulden wobei die Frauen auf ihre weiblichen Freiheiten verzichten mussten) und auf Kosten eines großen Kredits bei der Alten Kapelle in Regensburg, abzahlbar vom Markt Kötzting (!)
Dann aber kam Samuel Luckner zurück und ein 25 Jahre langer Prozesskrieg begann, den Luckner aus Zorn und weil er im Vergleich mit seinen Kontrahenten mir nie versiegenden Geldmitteln ausgestattet war ( er rechnet sein Vermögen anlässlich eines Prozesses mit seinem Schwiegersohn auf knapp 64000 Gulden hoch) immer wieder auf neue anstachelte und so verhindern konnte, dass die Käufer aus ihren Anteilen auch nur den geringsten Nutzen ziehen konnten. Im Gegenteil, sie wurden mit immer weiteren Zins- und Prozesszahlungen immer näher an den Ruin getrieben.
Da auch die Frauen ihr Heiratsgut und damit ihre finanzielle Absicherung mit in den Kauf eingebracht hatten, waren diese besonders aufgebracht und schritten dann, für
Luckner überraschend und schmerzhaft, zur Tat.
Luckner selbst beschreibt das, was ihm im Jahre 1783 passierte:
vier von diesen burgersweibern stellten sich mir vorwärts zum gesicht, die 5te aber Gertrude Auzingerin mit Namen hunder mir seitwerts und da ich eher alles als dieß vermutheen wollte, viel sie mich auf einam unversehens an. Sie war auch so vermessen und keck, daß sie mich wacker mit der Faust
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HStA München GL Fasc 1823 |
das linke Aug ins angesicht zuschlug: auch so, weil mir dieser Auftritt wider alle Erwartung war, 4 ofder 5 derley Handstreiche angebracht, ohne daß ich ihre rechte Hand mit meiner linken langen konnte: wo mir indessen die Euphrosina Lieblin auf dem Rücken kam und allda mich angrief, die obgedachte Auzingerin 2 bis 4 mal weiters auf mich ins angesicht schlug und sammetliche weiber mit all erdenklichen Schmähungen auf mich losstürmten und mich solang beschüngelten, bis ed endlich meiner Ehewirthin, die in das Mittel trat, dahin brachte, daß diese 5 Weiber fortgegangen sind.
Luckners Frau berichtete dann noch bei der Zeugenbefrageung, dass die Frauen, nachdem sie wieder auf die Straße vor dem Gschwandhof abgedrängt waren, noch weiters ausriefen:"Du Spitzbub , willst und den Reithenstein noch gar abstehlen, auf dem Kirchweg werden wir den noch erschlagen"
In dem Prozess den Luckner danach angestrengt hatte wegen Verletzung des Körpers und seiner Ehre, stellte sich dann heraus, dass die Ehemänner der 5 "Bürgersweiber" allesamt "zufällig und von nichts wissend" auf der Kirchenmauer gesessen hatten.
Den Prozess hatte Luckner übrigens verloren. Die Frauen hatten sich zur Tarnung Zugang verschafft mit der Ausrede, sie wollten Steuern bezahlen - damals ging man mit einem Büchlein und dem Geld ins Rathaus und der Kammerer unterschrieb die Einzahlung - und das Gericht monierte, wie er denn dazu käme, in seinen Privatzimmern Amtsgeschäfte vorzunehmen und lehnte daher eine Verurteilung ab.
Aus demselben Jahr, in dem Luckner so verprügelt worden ist, kennen wir solch ein "Einschreibbüchel" aus im Staatsarchiv Landshut: sogar mit seiner Unterschrift
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links die Unterschriften der unterschiedlichen Kammerer: 1782 Schweitzer - 1783 Luckner - 1784 Kollmayr 1785 dann wieder Luckner StA Landshut mit der Signatur: Amtsgericht Kötzting 6845 |
Im Juni 1796 verstarb der Wirt Georg Auzinger. Noch 1794, mit 69 Jahren, hatte er sich an einer Versteigerung der Vermietung der Marktschneidmühle (heutzutage die Brauerei Lindner) beteiligt, die auf drei Jahre ausgelegt war. Er bekam den Zuschlag zwar nicht, dies zeigt aber wieviel er sich geschäftlich noch zugetraut hätte.
Seine Witwe übergab 1796 das Marktlehen, zwischen dem Weißbäcker Josef Plötz und dem Jakob Frins gelegen, an den erst 17 jährigen Sohn Michael mit dem Zusatz: "sollte der Übernehmer nicht richtig hausen, so könne die Mutter das Anwesen ohne Rückfrage auch einem anderen Kind geben."
Diese Geschwister aber sind noch viel zu jung:
Maria Anna 14 Jahre
Johann Georg 10 Jahre
Joseph 9 Jahre und
Peter 6 Jahre
Die Summe, für die der junge Michael Auzinger geradestehen muss, ist beeindruckend: 4300 Gulden.
Die übergebende Witwe Gertrud heiratete einfach hinüber quer über die Straße, beim heutigen Rablwirtshaus hatte Liebl Michael auch bereits übergeben und war im Witwerstand.
Die Witwe Gertraud Auzinger, nun verheiratete Liebl, lebte noch lange und starb erst hochbetagt mit 88 Jahren im Jahre 1832.
Einschub:
Eine unerwünschte Schwangerschaft und ihre Folgen:
Barbara Wührin ledige Inwohnerstochter von Raittenstein ließ sich zu verschienenen Johanni von Nikolaus Baumann ledigen Dienstknecht bey der Georg Auzingerischen Gastgeberswitwe zu Kötzting ohne iemands conivenz (=Duldsamkeit) schwängeren , welches bey ihr das erste Verbrechen ist.
>>>>>> 2 Wallfahrten nach Weißenregen und Schönbuchen mit der Auflage dort zu "beichten und zu legitimieren"
Einschub Ende
Auzinger Michael und Theresa
Es hat den Anschein, als ob der junge Herr Auzinger "richtig" gehaust hätte, denn die Mutter macht die "bedingte" Übergabe nicht rückgängig.
Nach der Übergabe des Marktlehens an den Sohn werden auch separat die einzelnen Anteile an den Reitensteiner Gründen ( der Schwarzwald, der Birkenbergteil, 3 Felder und ein Wiesenteil) übertragen. Luckner ist seit 2 Jahren verstorben und es ist bereits etwas Ruhe eingekehrt im Verhältnis der Steitparteien.
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Detail aus der Uraufnahme Blatt von Schonbuchen vom Vermessungsamt Cham hier deutlich zu sehen die 17 (16+1 1 Anteilseigner hatte für 2 Anteile optiert) Anteile an den Birkenbergen und an den Schwarzhölzern. |
Mit den "Schwarzwäldern" am Kaitersberg war es aber wohl nicht sehr weit her, die Wälder wurden viel zu stark und alles andere als nachhaltig genutzt.
Ein eher realistischeres Bild unserer Bergwälder sieht man auf einem Bild vom Kaitersberg, das ich vor vielen Jahren von Frau Anna Schötz in Kötzting erhalten habe, steinige, dürre Abhänge mit spärlichem Bewuchs.
5 Jahre später, möglicherweise musste man damals auch volljährig werden, heiratete Auzinger Michael Therese Dreger aus Kötzting und gründete eine Familie. Therese brachte 2000 Gulden als Heiratsgut ein und er teilt mit ihr das Marktlehen.
.Wie viele andere Kötztinger Bürger war auch Michael Auzinger mit dabei, als im Jahre 1803 die Grundstücke des aufgelösten Priorats versteigert werden musste.
Er sicherte sich um 204 Gulden den kleinen Leithenacker mit 2 1/2 Tagwerk, den großen Kroitacker mit 3 1/4 Tagwerk um 421 Gulden und den Hammergarten mit 2 1/8 Tagwerk um 159 Gulden.
Nun entstehen in Bayern die ersten Kataster und im Jahre 1811 können wir lesen:
Michael Auzinger, besitzt ein gemauertes Haus, einen Stall, und eine Fassschupfe und einen Stadel. Der Wert des Gesamtanwesens wird mit 1839 Gulden, der des Hauses alleine mit 1220 Gulden angegeben.
1810 erwirbt er die "Wiese am Goldhaufen" um 168 Gulden vom Markt. Diese Lagebezeichnung ist bis heute noch nicht entschlüsselt, ich verorte diesen Goldhaufen im Bereich des Dampfbaches in Richtung Haus.
Im Jahre 1810 kommt es zu einem Bieterrennen um den stillgelegten Ziegelofen, das Schlaghaus und en Trocknungsstadel aus dem Michael Auzinger mit angebotenen 54 Gulden als Sieger hervorgeht.
Es fehlt nur noch die Bestätigung durch die "Kommunal Kuratel Behörde des Regenkreises" und so bittet Michael Auzinger um eine schnelle Bearbeitung.
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Generalkommissariat des 1. Regenkreises A 423 |
... Da nun nach sicheren vernehmen heuer noch mit Erbauung der Eisenfronfest in Közting angefangen werden solle, bey dieser gelegenheit ich viele taschen und Zieglsteine verschleiffen (=Verkaufen= könte..... Erst 1812 bekommt er dann die Bestätigung, dass er den Ziegelofen als sein "bodenzinsliches" Eigenthum betrachten dürfe.
Einschub:
Überraschende nette Zufallsfunde von der großen Auzinger-Verwandtschaft:
Im Jahre 1826 erhält Aliuis Auzinger 14 Gulden für die Planierung des Platzes an der Blaibacher Straße (heute die Bahnhofstraße) wohin die "Nepomukstatur" gestellt wurde.
Und Auzinger Paul - kurzzeitiger Besitzer auf dem Nachbaranwesen Hausnummer 18 - bekam 1827 , als der Minister von Armansperg in Kötzting zu Besuch weilte, 48 Kreuzer für sein "Schießen und Pöllern bey Ankunft des Ministers"
Einschub Ende
Rötzer Georg und Anna
Am 18. Februar 1728 heiratete der, gerade aus dem Militärdienst entlassene Neukirchener Bäckerssohn Georg Rötzer Michael Auzingers Tochter, Anna, und übernahm dann auch das Anwesen und brachte auch gleich wieder die Gastwirtschaft und die Ziegelei in Schwung.
Im Jahre 1829 bewirbt er sich erfolgreich darum, das Grundstück des Ziegelweihers zu erwerben.
Anfrage an das Gremium der Gemeindebevollmächtigten, damals eine Art von 2. Kammer, die immer befragt werden mussten über den Antrag des Georg Rötzer:
b) des Georg Rötzer Bürgers und Ziegelofeninhabers, um Bewilligung, daß er den Ziegelweihergrund einebenen, in Cultur legen und als Eigenthum besitzen und nutzen dürfe....
Im Jahre 1841 reicht er einen Bauplan ein, um einen Neuen Ziegelofen mit Trocknungsstadel zu bauen. Dies macht Sinn, weil er ja vorhatte unter seinem Anwesen den großen Sommerkeller zu erbauen, dieses Kellergewölbe ist vollständig aus Zoegelmauerwerk errichtet.
Doch zuerst einmal der Ziegelofen:
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StA Kötzting AA VI/82 |
Zum besseren Verständnis, hier meine eigene Legende:
A: ist der Zugang von der Wurmhöhe/Hafnersteig.
B: ist das damalige Wohnhaus des Hastreiters, heutzutage Dr. Ellmann
C: ist die Ziegelgasse, (daher auch der Name)
E: ist der wohl mittlerweile aufgefüllte Ziegelweiher mit dem neuen Bauvorhaben in der Mitte.
F: auf diesem Grundstück steht heutzutage das Anwesen Siegfrid Kolbecks
Einschub
G: dies sind die handschriftlichen Notizen meiner Mutter, Frau Inge Pongratz, auf der Kopie des Planes, die sie für mich von allen ihren besonderen Funden im Stadtarchiv gemacht hatte. Ohne ihre Mithilfe und jahrzehntelange sorgfältige Dokumentenbearbeitung hätte ich diese Häuserchronik noch lange nicht beginnen können. Bei der Bearbeitung dieser Chronik und bei der Arbeit im Stadtarchiv am Schreibtisch, der ja lange Zeit auch der ihrige gewesen war, komme ich täglich mehrmals über Spuren ihrer Archivarbeit.
Einschub Ende
Die moderne Wissenschaft und die medizinischen Fortschritte erreichen auch Kötzting und das Rötzersche Gasthaus wird dafür bezahlt, einen Raum für die Impfungen zu heizen und zur Verfügung zustellen. 4 Gulden bezahlt der Markt ihm 1835 dafür.
Offensichtlich baut Georg Rötzer ein florierendes Gasthaus auf und benötigt dringend bessere Lagermöglichkeiten. Aus diesem Grunde beauftragt er den Kötztinger Marktbaumeister Hummel (für diesen Posten wurde das heutige Kamplmacherhaus von Samuel Luckner errichtet) nicht nur den Plan für den Ziegelstadel sondern auch die Ausführung eines neuen großen Sommerkellers zu erledigen.
Im Jahre 2016 interessierte sich die Mittelbayerische Zeitung unter der Rubrik "Geheime Orte" für Kötztings Unterwelt und zusammen mit dem Reporter Daniel Haslsteiner und dem Kamerateam sind wir in meine Kelleranlage abgestiegen.
Im Rahmen einer Führung bei einer historischen Nacht begleitete mich unser Fotograf aus der Nachbarschaft, Herr Erich Stauber, und konnte mit seienr Profiausrüstung endlich einmal den Keller ablichten, dass der Raum auch erkennbar wird. Mit meiner Ausrüstung kamen immer nur schwache Ergebnisse zustande.
Hier also die Bilder von Erich Stauber: (ich habe sie wegen des Blogs sogar verkleinern und damit qualitativ sogar verschlechtern müssen)
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Bild 1 |
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Bild 2 |
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Bild 3 |
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Bild 4 |
Im Jahre 1992 erforschte und vermaß der Dipl. Berg. Ing. Walter Schneider aus Zwiesel, in Kötzting im Kuraufenthalt, die Kötztinger Keller und so verdanken wir ihm eine äußerst wertvolle Plansammlung von Kötztings Unterwelt.
Im folgenden Plan meiner Kelleranlage, habe ich die Standpunkte des Fotografen eingezeichnet, um ein wenig Orientierung zu bieten.
Der oberste Keller, mit der Bildbezeichnung 4, mit einer Länge von 17 und einer Breite von 4,20 Metern, ist derjenige, den Georg und Anna Rötzer im Jahre 1842 erbauen haben lassen. Zu diesem Zweck haben sie natürlich ihren Ziegelei gut brauchen können, noch dazu weil sie ja viel weitergehende Pläne hatten, doch dazu später.
Einschub
Der Keller diente bis in die jüngste Vergangenheit als Partykeller der Familie, so ca. um 2008 sollte die letzte stattgefunden haben. Vermutlich muss erst wieder die nächste Generation heranwachsen, bis sich jemand wieder die Mühe macht, dort unten eine Feier anzurichten.
Einschub
In diesem Keller feierte ich in den 70er Jahren immer am Vorabend des Wandertags vom ersten Mai, um von dort aus, nach mit Freunden durchgefeierter Nacht, dann auch noch zusammen mit diesen den 20 km Marsch - mit den damals für Männer gerade hochmodernen Plateauschuhsohlen - durchzustehen. Wenn man jung ist kann man das noch.
Zu dieser Party im April 1975, stieß dann der frisch gewählte Pfingstbräutigam Wolfgang Ludwig mit seiner Truppe hinzu und ich ließ mich dazu überreden, dort unten meine Burschenprobe für die Aufnahme zum Burschenverein zu machen. Wenige Wochen später stellte sich dann heraus, dass diese ungültig gewesen war und ich durfte an der Pfingstkneipe 1975 diese wiederholen.
Einschub Ende
Auf dem obigen Bild 3 erkennt man links an der Wand eine Marmortafel.
Hier die Frontalaufnahme. Man erkennt gut den qualitativen Unterschied der eingesetzten Fotoapparate.
Vor der Bauphase hatte Georg Rötzer offensichtlich eine Vereinbarung mit seinem Oberlieger Münsterer getroffen, um dessen Sommerkeller nutzen zu dürfen. Offensichtlich waren dabei auch Zahlungen vereinbart worden, weil Münsterer nun Georg Rötzer vor den Magistrat brachte.
Am 11. April 1844: belangt Johann Münsterer Bäckermeister (Hausnummer 18) den brauenden Bürger Georg Rötzer (Hausnummer 19) beim Vermittlungsamte deshalb weil ihm der Letztere für Überlassung des Sommerkellers zur Lagerung des Sommerbieres aus zwei Jahren den Pachtschilling haftet. Nachdem sich aber Georg Rötzer zu keiner Zahlung herbeilassen will, konnte kein Vergleich erzielt werden.
1842 wird angeordnet den Pferdebedarf sicherzustellen im Falle einer Mobilmachung. Es wird eine Liste aller Pferde erstellt, die für die leichte und schwere Kavallerie geeignet wären und auch das Alter der Pferde relevant.
Viele Pferde gelten als nicht tauglich und als zu jung, sie sollten mindesten 4 1/2 Jahre alt sein.
Gerade mal 4 Pferde Kötztings wurden als geeignet gefunden, davon ein jeweils leichtes von Georg Rötzer und Ignaz Schrank.
Bei der Einführung der Geschworenengerichte in Bayern werden jährlich neue Listen aufgestellt und auf der Hauptliste findet sich auch Georg Rötzer.
Nun, anch der Einführung der Impfung (vermutlich die Pockenimpfung) an Menschen ging es mit der Seuchenkontrolle weiter, nun war es die Überwachung der Hundetollwut, in die Rotzer miteinbezogen worden war. Verpflichtende jährliche "Hundevistitationen" wurden durchgeführt und auch Hundemarken eingeführt. Im Akt AA IX/ 75 im Stadtarchiv steh, dass 126 blecherne "Zeichen" bestellt wurden. Jedes Jahr war Visitation, und genaue Verzeichnisse der Hunde und Besitzer wurden geführt. Der Wasenmeister (Abdecker Schillinger von Waidt), Gemeindediener und ein Mitglied des Magistrats gehen von Haus zu Haus. Ab 1855 müssen die Hunde im Gasthaus Rötzer vorgeführt werden und von Viechtach stößt der Tierarzt Schardtner hinzu. .
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Paursche Chronik: Auch das Gasthaus des bräuenden Bürgers Georg Rötzer - dessen Gattin allgemein "Frau Bas" genannt, eine gemüthliche biedere Bürgersfrau war, wurde gerne besucht. |
Carl von Paur benennt zwei Gasthäuser, in denen in Kötzting eine besonders innige Verbindung von Einwohnerschaft und Beamtentum herrschte, das Rötzersche und das Schrancksche Wirthaus. Aus dem Jahre 1843 kennen wir den Versuch einer Vergleichsverhandlung. Mit dabei ein Schrank junior und das Rötzersche Wirtshaus."AA VIII/12
Georg Costa bürgerlicher appr. Chirurg und Geburtshelfer sowie Scribent bei dem hiesigen königlichen Landgericht, tritt bei dem diesseitigen Vermittlungsamte gegen den Bierbrauerssohn Georg Schrank zu Kötzting deshalb klagbar auf, weil dieser Letztere im Gasthause des bräuenden Bürgers Georg Rötzer am 9. dies Monats Abend in Anwesenheit nehmerer Gäste die Behauptung aufgestellt habe, dass er, Georg Costa nur gegen Honorierung von Seite der Parteien seine Amtsgeschäfte bei dem k Landgericht dahier verrichte, und dass er Schrank ihm auch einen Kronentaler gebe, wenn er einen mit Josef Dachs Bauer von Weißenregen abgeschlossenen Kaufvertrag sogleich auf ihn verbriefe. Diese
Behauptung der Bestechlichkeit oder unerlaubter Geschenkannahme könne er Kläger sich durchaus nicht gefallen lassen und stellt die Klage dahin, dass der Beklagte sofort die ausgestossenen Behauptungen zurücknehme, sofort Abbitte leiste, sowie alle entstandenen Kosten bestreite. Georg Schrank bräuender Bürgerssohn von Kötzting der an ihn ergangenen mündlichen Vorladung zufolge persönlich erschienen, erinnert auf vorstehende Klage:
Ich will nicht widersprechen, dass ich die von dem Kläger angegebene Behauptung resp gemachte Zusicherung eines Geschenkes von einem Kronentaler gegen Georg Costa gemacht habe, muss jedoch den ersteren Klagepunkt in Abrede stellen, dagegen habe ich auch die andere Behauptung nicht injurierend gegen Georg Costa gemeint sondern solche nur im Spasse ausgestossen. Nachdem unter diesen Verhältnissen eine gütliche Beilegung der Sache nicht erfolgen konnte, so leitet Kläger eine Ausfertigung des Klagsattestes zur Verfolgung seiner Rechte auf dem civilen Rechtswege."
Im Jahre 1847 stellt Rötzer Georg einen Antrag auf "Conzessionierung als Bäcker und Tafernwirt". Johann Münsterer, der Nachbar, ist versteigert worden und, Rötzer hat Anwesen für 4419 Gulden zugeschlagen bekommen. Das Anwesen wurde mit dem daraufliegenden realen Bäckergewerbe, Communbraurecht und Tafernwirtschaft gerichtlich "adjudiciert". Nun wird auch von Seiten des Magistrats die Genehmigung erteilt.
Da in Kötzting auf allen Marktlehen seit Jahrhunderten das reale Tafern- und Braurecht lag, brachte der Erwerb des Nachbaranwesens für Georg Rötzer und seine Frau in dieser Hinsicht keinen zusätzlichen Vorteil. Also trennten sie sich - auf 30 Jahre festgelegt - von diesem Recht welches auf dem Münsterschen Anwesen lag und verkauften dieses - mit einer Rückkaufoption - an den Kötztinger Kupferschmied Joseph Ertl für 400 Gulden. Diese Rückkaufoption war wichtig, eil es den Wert des Nachbaranwesens im Falle eines Verkaufes eindeutig beeinflussen konnte. Ein Marktlehen hatte einen höheren Wert als ein Haus ohne diese Rechte.
Derselbe Kupferschmied hatte bereits 2 Jahre vorher versucht, sich ein Braurecht zu sichern und zwar vom Wagner Stauber (Hausnummer 16). Dabei hatte er jedoch übersehen, dass das Stauberanwesen nur eine Sölde war, und diese daher nur ein eingeschränktes Brau- und gar kein Tafernrecht beinhaltete. Zwei Jahre später hatte er nun Erfolg. Besonders interessant ist hier, dass der "Kesselverwalter", welcher Ertl damals den Zutritt zum Brauhaus verweigert hatte ausgerechnet Rötzer hießs.
Schon ein Jahr später wollte Rötzer die nächste Schraubenumdrehung ansetzen: er stellte den Antrag aus der Kommunbrauerei auszutreten und bat um die Erlaubnis, ein eigenes Brauhaus errichten zu dürfen.
Seine Brauereiplanung war bereits so weit fortgeschritten, dass er einen Bauantrag stellen konnte.
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StA Landshut Rep 164-8 Nr. 963 |
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Das ist der Teil der Hausfrotn, die durch das Brauereivorhaben umgebaut worden wäre. |
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Hier der Schnitt durch die geplante Brauerei, mittig ist die Hofeinfahrt zu sehen und links der oberste Teil der 2(3) stöckigen Kelleranlage, |
Im Lageplan des Bauantrages sieht man, dass Georg Rötzer die beiden Marktlehen 18 und 19 zusammengezogen hat zu einer einzigen Einheit.
Einschub
Aus dem Jahre 1863 finden wir einen Antrag um Wasseranschluss am "Rötzerschen Brunnen" durch den Nachbarn Ignaz Decker, dessen Begründung uns die damaligen Probleme zeigt: Decker möchte eine Wasserleitung zu seinem Anwesen vom Rötzerbrunnen legen lassen, weil es am Brunnen immer "Streit der Knechte und Mägde um Wasser für das Vieh zur Futterzeit" gäbe. Deckers Antrag wurde aber abgelehnt.
Einschub Ende
Im Jahre 1863 erhielt Rötzer einen Brief vom Magistrat, weil der Nachbar Osl sich dort beschwert hatte. Die Angelegenheit ist für mich so kurios, dass ich sie hier - auch wenn die Urasche vom haus mit der Nummer 18 ausging, noch einmal erwähne:
Beim Kötztinger Bürgermeister Kollmeier und Marktschreiber Grasenauer
erschien am 5.2.1863 Johann Mühlbauer und trägt vor: AA XIII/24
Georg Rötzer (Hausnummern 18+19, wobei es sich hier um das Haus mit der
heutigen Hausnummer Marktstraße 30 handelt) bürger von hier hat den
Forstgehilfen Sai(?) in logie und dieser öffnet täglich das hintere Fenster so
daß seine Hunde auf dem Dache meines Wohnhauses in der Art herumlaufen, daß die
Legschindeln herunter lesten(?)
Mir regnet es daher ein, ich habe einen Schaden im Hause und fortwährend
Reparaturen am Dache.
Ich bitte den Hauseigenthümer Gg Rötzer hievon zu verständigen und
denselben zu beauftragen diesen Unfug abzustellen, ausser dessen dieser Gegenstand weiter verfolgt werden müsste.
Der Magistrat verfügte daraufhin:
Ist der Hauseigenthümer Georg Rötzer zu beauftragen die Fenster gehörig zu
vergittern oder diesen Unfug auf andere Weise abzustellen, ausser dessen Anzeig
bei gericht erstellt wird oder eine Ungehorsamsstraf verfigt werden müßte.
Wie munter es im Rötzerschen Gasthause von Zeit zu Zeit zuging, kennen wir aus einem Polizeibericht vom 18.Mai 1865.
In der Nacht vom 15. auf 16.ten d.M. dauerte das Lärmen der zechenden Burschen bei Georg Rötzer bis Morgens 1 Uhr ohne daß sich ein Polizeiorgan sehen ließ und würde vermuthlich noch länger gewährt haben, wenn man nicht von Distriktspolizeiwachen abgestellt hätte, was die Wirthin Rötzer als eine Beeinträchtigung in ihrem Gewerbe aufzufassen schien. Man erfuhr, daß der Magistratsdiener um 11 Uhr abschaffte (=Sperrstunde ausrief), aber später nicht wieder erschien. Ein solches verhalten gibt zwar das Ansehen, als hätte man seine Schuldigkeit gethan, läßt aber den Weithen und Nachtschwärmern recht freie Hand.
Einschub:
Im selben Akt, in dem sich das Bezirksamt Kötzting über die Burschen beim Rötzer beschwert, findet sich eine von Carl von Paur an den Markt geschriebene Beschwerde, die zeigt, dass viele Kötztinger Bürger ihren "Unrath" - wir wollen jetzt gar nicht sooo genau wissen, welchen er meinte - einfach auf die Straße kippten.
Man vernahm, daß in der Nähe des Communbrauhauses dahier zu Nachzeiten öfter Schüße fallen, zu manchen Zeiten soll von verschiedenen Personen an vielen orten selbst weit über Mitternaqcht hinaus gezecht werden; Morast findet sich in Massen auf den Straßen, und alteingewurzelten Unfuges gemäß wird noch aus manchen Häusern Unflath auf die Gassen geschüttet, obwohl gerade jetzt zur Aufrechterhaltung der Gesundheit überall größte Reinlichkeit herschen soll......
Einschub Ende
1867 Der Marktbrand:
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StA Landshut Rep 164-8 Nr. 1570 Der Brand in Kötzting |
Eine Woche vor dem Pfingstfest kam es im Markt Kötzting wieder einmal zu einer Brandkatastrophe. Georg Rötzer, dessen Anwesen auf der Straßenseite stand, die nicht direkt betroffen war, hatte nur indirekt unter den Folgen zu leiden.
In der amtlichen Schadensaufstellung steht unter der Hausnummer 19:
Georg Rötzer br. Bürger und Ökonom.
das zweistöckige Wohnhaus an der Marktstraße von Stein erbaut und mit Legschindeln bedeckt. 2. die angebaute Ökonomiegebäude, theils von Stein, theils von Holt erbaut und mit Legschindeln bedeckt.
Befund
1. Auch dieses Gebäude hat an dem Legschindeldache durch die Löschversuche gelitten, welche umgedeckt und theilweise mit neuen Schindeln versehen werden muß.
2. Die letzeren haben nicht gelitten
Natürlich findet sich Georg Rötzers Name auch in den Listen, die "zweckgebundenen" Wallfahrten nach Arnbruck, Schönbuchen und Furth im Wald. Auch dem heiligen Sebastian wird eine Messe gelesen, er soll vor epidemischen Krankheiten schützen. Ob dies in direktem Zusammenhang mit den von Carl von Paur - im Einschub oben - angesprochenen besonderen momentanen Gesundheitsgefahren steht, kann ich nur vermuten.
Der Sedanstag:
Am 30.08.1876 soll der Sedanstag feierlich begangen werden
und auch dafür ist der Rötzersaal gut genug. In dem Akt heißt es um 1/2 9 Uhr Aufstellung vor dem Rötzerhause , hinach
Kirchgang und
Gottesdienst. Abends
7 Uhr musikalische Unterhaltung im Rötzersaale.
Schon im Jahre 1872 war Frau Anna Rötzer - die von Carl von Paur als "Frau Bas" betitelte gute Seele des Hauses - im Alter von fast 67 Jahren verstorben und das Zeitalter des überaus aktiven Gastwirts und Brauers Georg Rötzers neigte sich ebenfalls dem Ende zu.
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Die Unterschrift Georg Rötzers |
Rötzer Georg und Babette
Am 28.1.1880 verstarb im Alter von 75 Jahren der Witwer und Ausnahmsbrauer Georg Rötzer. 7 Jahre vorher - nach dem Tode seiner Frau - kam der Kötztinger Notar Emmeram Widmann ins "Rötzersche Gasthaus" (=Hanr 19) um dort im ersten Stock das Testament Georg Rötzers aufzusetzen.
In diesem Vertrag übergibt Georg Rötzer seine Kötztinger Anwesen an den Sohn Georg Rötzer, der zwei Jahre später Babette Schreiner heiraten wird.
In dem Vertrag wird auch geregelt, wo Georg Rötzer seine alten Tage verbringen wird.
... Zur Wohnung und Benützunge erhält der Vater auf seine Lebenszeit in unentgeldlicher Weise das Zimmer gegen die Veitskirche im ersten Stocke über eine Stiege mit daran stoßendem Alkofen (= Schlafkammerl), dann die Küche hirbei und die beiden Zimmerl oberhalb genannter Räumlichkeiten, auch ein Zimmer neben erwähnter Küche, darf der Vater Gegenstände aufbewahren....und sind jetzt sogleich von demselben (=Sohn= an den fenstern des Wohnzimmers und des Alkofens Winterfenster anzubringen, auch darf der Vater den Keller im Münstererhaus mitbenutzen.
... nach dem Tode des Vaters sollten die ledigen Töchter die linke Erdgeschosswohnung erhalten, in dem Umfange wie es im Moment die Familie Guglhör bewohne.
Angesichts all der Lasten, Grundschulden und Verpflichtungen ist es nicht verwunderlich, dass, kaum dass Georg Rötzer verstorben war (1880), man die Sparkasse als Besitzerin im Grundbuch findet.
Ab 1873 waren es noch der Sohn Rötzer Georg und seine Frau Babette Schreiner
Von da an gings zuerst munter weiter, ein Besitzer folgte dem nächsten, die beiden Nachbarhäuser 18 und 19 gingen für längere Zeit nun wieder getrennte Wege.
Von Rötzer Georg, als er noch nicht verheiratet gewesen war, hat sich noch eine Kleinigkeit erhalten. In den Feuerwehrakten von 1870 (AA XIII/51) gab es eine "Beschwerde über Rötzer Georg jun. Es ging um die Rückgabe von Feuerwehrgurten. Auf Nachfrage reagierte er mit Beschimpfungen und Grobheiten. Weiter hieß es zu diesem Vorgang : "Rötzer Georg junior sei ortsbekannt für Grobheiten und sei patriotisch erzogen." Was nun das eine mit dem anderen zu tun hat, entzieht sich meiner Vorstellungskraft.
Karl Xaver und Johanna
Wie oben angemerkt ersteigerte die Kötztinger Sparkasse das kombinierte Anwesen 18 und 19 und teilte dieses auf. Bei dieser Aufteilung "scheint" es dann auch zu dem neuen Zuschnitt der beiden Grundstücke gekommen zu sein, den wir heutzutage kennen. Bis zur Vereinigung der beiden Häuser durch Georg Rötzer waren die Grundstücke annähernd gleich groß und verliefen, wie in Kötzting üblich, in der Breite der Häuservorderfront gerade nach hinten.
Noch im Jahre 1881 gibt die Sparkasse das Haus Nummer 19 an Weber Josef und Theresia aus Oberfaustern weiter um 27900 Mark. Nach Abtrennung (=Verkauf) mehrerer Grundstücke wechselte das nun verkleinerte Anwesen dann im Jahre 1896 um 20200 Mark den Besitzer, nämlich Xaver und Johanna Karl aus Blaibach.
Xaver Karl stellte im Juni 1896 einen Antrag auf eine Gastwirtschaftskonzession und aus diesem Vorgang erfahren wir einiges vom Haus und dessen Zustand. Mittlerweile ist zwar immer noch das Tafern- und Braurecht die Grundlage aber zusätzlich ist das Bezirksamt eingeschaltet darüber zu entscheiden, ob der Wirt die persönliche Eignung hat und ob und das Gebäude den bautechnisch und feuerpolizeilichen Vorschriften entspricht. (Bezirksamt-Landratsamt Kötzting Rep 164-8 Nr. 4754)
Der Bautechniker kommt zum Schluss: "daß die fragliche Wirtschaftslokalitäten den Anforderungen entsprechen dürften da die Einrichtung und Ausstattung so beschaffen sind, daß dieselben keinen Anlaß zu einer Erinnerung geben. Genügende Räumlichkeiten zur Fremdenbeherbergung und in entsprechende Ausstattung sind vorhanden, dagegen sind Lokale für Tanzmusik größere Versammlungen oder öffentliche Lustbarkeiten nicht vorhanden, da der seitherige Tanzsaal zum nebenliegenten Wohnhaus wegverkauft ist. Genügende und gehörig abgesonderte Wohnräume für den Gesuchsteller sind vorhanden.
Stallung für fremde Pferde oder Großvieh zum Einstellen ist ebenfalls vorhanden
Die bedeutet, dass der damals bekannte "Rötzersaal" sich im Nebenhaus befunden hatte, bzw. Georg Rötzer seine kombiniertes Anwesen als Gesamtheit ausnutzte.
Die feuerpolizeiliche Beschau ergab dann folgenden Befund: ".... daß in baupolizeilicher Beziehung Bedenken nicht vorhanden sein dürften, da die Stallungen eingewölbt und das Mauerwerk keine Mängel zeigt. Die auf den Stallungen vorhandenen Getreide und Fruchtspeicher geben in baupolizeilicher Beziehung zu einer Erinnerung keinen Anlaß, dagegen sich die Dachungen, Wandungen, Stiegen, Gallerien und Gänge sämtlich aus Holz und vom feuerpolizeilichen Standpunkt aus immerhin als bedenklich zu bezeichnen, da jedoch das ganze Häuserviertel dorten feuergefährlich bezeichnet werden muß und diese zum Karlschen Anwesen gehörige nicht feuersichere Gebäudetheile zum Ökonomie-Betrieb nicht aber zum Wirtschaftsbetrieb verwendet werden so dürfte von einer feuersicheren Herstellung Umgang(?) genommen werden."
Der Bezirkstechniker Bauer hatte eine leicht prophetische Gabe, doch dazu später.
Bei der Beurteilung seiner persönlichen Eignung kam nur eine Hafstrafe von einem Tag wegen groben Unfugs zutage.
Die Nachbarswitwe und Vorbesitzerin Babette Rötzer unterschrieb, dass sie auf ihre Konzessionsrechte verzichten würde.
Auf einem Bauplan des neuen Besitzerpaares Johanna und Xaver Karl - aus Blaibach- ist bei einem Bauplan zu erkennen, dass bereits 1896 der größte Teil des Innenhofes dem Haus mit der Nummer 19 zugeordnet worden war. Für mich weiter noch interessant, dass auf dem Hause 18 noch Frau Babette Rötzer als Besitzerin erwähnt war, diese war in den Grundbüchern aber bereits nicht mehr als solche erwähnt., hatte aber vermutlich das Wohnrecht auf Lebenszeit in der Wohnung, die ihrem Schwiegervater verschrieben war.
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Lageplan der Bauplanmappe über den Anbau des Xaver Karl. Hausnummer 18 noch als Wohnhaus der Barbette Rötzer bezeichnet. Der Kreis markiert den Bereich des Neubaues Der zweite Pfeil zeigt uU einen Schuppenanbau des Georg Rötzer an der Vorderfront. Im Stadtarchiv findet sich ein Bauantrag (aus dem Jahre 1839) für einen solchen, der allerdings abgelehnt worden ist. Aber ein Bisschen was geht und ging offensichtlich immer. |
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Das wäre der Anblick des Nebengebäudes, angelehnt an die Mauer zum Osl |
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Weil ein Teil des Gebäudes auf Grund der Barbara Rötzer zu stehen käme (oder gekommen ist) ist immer der linke Teil des Neubaus für diese reserviert. Ein Wohnzimmer und eine heizbare Kammer sollen wohl für für ein Hinterhofambiente sorgen. |
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EIne massive Erdgeschossbebauung mit Tonengewölben |
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Lagermöglichkeiten im ersten Stock für beide Nachbarn |
Vermutlich ist es nicht einmal in Ansätzen zu diesem Neubau gekommen, denn noch im selben Jahr kaufen Kermer Alois und Theres aus Flamried das Haus. Der Kaufpreis lag bei 22250 Mark.
Kermer Alois und Kreszenz
Auch er musste sich den neuen Gegebenheiten stellen und beantragte seine Gastwirtschaftskonzession.
Am Befund er gebäulichkeiten hatte sich nicht geändert, nur seine persönliche Eignung ist hier etwas interessanter. Sein Auszug aus dem Strafregister ist bemerkenswert. (Bezirksamt-Landratsamt Kötzting Rep 164-8 Nr. 4754)
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Zählt man alle Strafen zusammen, dann verbrachte er fast 3 Jahre hinter schwedischen Gardinen wegen Körpervderletzung, Berufsbeleidigung, Unfug, Sachbeschädigung und Betrug. |
All dies war wohl für die Ausübung als Wirt für den Magistrat nicht relevant und so erteilte dieser dem Wirth Alois Kermer am 9.10.1897 die Gastwirtschaftskonzession.
Der letzte große Marktbrand in Kötzting
Aus der Festschrift der FFW Kötzting zu deren 100jährigem Bestehen kennen wir einen Bericht des Brandes vom April 1899, der auf einem Artikel des Kötztinger Anzeigers beruht. Diese Zeitung wurde im Jahre 1899 gegründet, leider sind nur die Bände ab dem Jahre 1900 in München überliefert.:
"Am 15.April brach in den Ökonomiegebäuden des Alois Kermer
(Oberer Markt) Feuer aus, welches sich so rasch verbreitete, dass trotz der
sofortigen Hilfe von 18 Feuerwehrender ganze zusammenhängende Gebäudeblock und
die daneben liegenden Gebäude einem Flammenmeer glichen. Abgebrannt sind 7
vollständige Anwesen mit 27 Gebäuden, außerdem noch sieben Stallungen und
Städel. Durch den Brand und die Löscharbeiten sind im ganzen 23 Anwesensbesitzer mit 52 Gebäuden
geschädigt worden, auch zahlreiche Inwohnersleute verloren ihre ganze Habe. Der
Gesamtschaden beträgt ca. 400.000 Mark, welcher Summe nur eine
Brandversicherung von 75.000 gegenübersteht. Leider ist auch der Verlust von 2
Menschenleben zu beklagen. Unmittelbar an der Ausbruchsstelle befand sich, in
die Ökonomiegebäude eingebaut und durch einen hölzernen Gang mit dem
Hauptgebäude verbunden, die Schlafkammer der Bäckergehilfen Andreas Holzapfel,18 Jahre alt von hier
und Lorenz Rottenfusser,15 Jahre alt, von Hebertshausen. Diese
wurden durch den Rauch betäubt und verbrannten. Erst am andern Tag gegen 5 Uhr
konnten an der fraglichen Stelle Nachforschungen angestellt werden, da der
Platz mit glühenden Steinen und brennenden
Holzteilen überschüttet war. Nach dreistündiger harter Arbeit gelang es
, die gänzlich verkohlten Leichen auszugraben.
Ein Dienstmädchen, welches im oberen Stocke schlief und vom Rauche bereits betäubt war, wurde von dem Steigerzugführer und Sekondleutnant der Reserve Karl Lindner von hier unter
Beihilfe der Steiger Franz Xaver Aigner, Schreinermeister von hier, und
Heinrich Pongratz, Schreinermeistersohn von hier, unter eigener großer
Lebensgefahr aus den Flammen geholt.
Die Entstehung des Brandes ist noch unbekannt, doch wird Brandstiftung vermutet.
Der Steigerzugführer Karl Lindner wurde für seinen Einsatz
mit der Bayerischen Lebensrettungsmedaille ausgezeichnet."
Interesant ist, welche Aspekte der Brandnacht der Chamer Zeitung aufgefallen ist. Deren EIndrücke sind nicht sehr schmeichelhaft für die damalige Kötztinger Feuerwehr.
"Cham, 17. April. 1899
In nicht geringen
Schrecken wurden am Samstag Nacht gegen 11 Uhr die Bewohner unserer Stadt
versetzt als sie durch Feuersignale des Türmers und der Feuerwehr aus dem
Schlafe geweckt wurden. Glücklicher Weise war durch eine am Himmel weithin
sichtbare Brandröte sogleich bemerkbar, dass der signalisierte Brand auswärts
sei und bald darauf lief auch schon von dem benachbarten Markte Kötzting ein
Telegramm ein, welches besagte, dass der halbe Markt in Flamen stehe und Hilfe
dringend erbeten wird. Auf verlangen wurde eine Lokomotive mit einigen Wägen
hier hergeschickt welche um ½ 1 eintraf und schon einige Minuten später dampfte
ein Extrazug von hier ab, der mit über 30 Feuerwehrmännern und ebensoviel
Zivilpersonen besetzt und mit zwei Feuerspritzen beladen war. Bei Ankunft
desselben bot sich ein trauriges Bild, ein ganzes Häuserviertel mit
Hintergebäuden, Stallungen und Scheunen war von dem Feuer ergriffen und zum
großen teil schon eingeäschert. Das Feuer war Nachts 10 ¼ Uhr in den
Hintergebäuden des Gastwirts Rötzer ( jetzt Bäckerei Pongratz) am oberen Markt
ausgebrochen und breitete sich nach der Kirche zu, sowie der Straße entlang
nach rechts aus, so dass das Feuerherd ein vollständiges Viereck bildete, Im
Ganzen sind 9 Wohnhäuser mit Hintergebäuden und 11 Scheunen ein Raub der
Flammen geworden. Leider sind auch zwei Menschenleben zu beklagen; ein bei dem
Bäckermeister Krämer in Arbeit stehender 14jähr. Lehrling und ein 19jähr.
Bäckergeselle, der an diesem Tage dem Bäckermeister aushalf, welche beide im
Hinterhause schliefen, sind im Rauche erstickt; deren Leichen wurden erst im
Laufe des gestrigen Tages aufgefunden, dieselben waren ganz verkohlt. Die
Kinder des Bäckers sowie das Kindermädchen, letzteres nur mit dem Hemd
bekleidet, konnten nur mit knapper Not gerettet werden. Auf der Rötzerschen
Gastwirtschaft sind am Samstag
Nachmittag junge Eheleute aus Teisnach als Pächter aufgezogen und in derselben
nacht ist deren ganzes Mobiliar nebst 500 M Bargeld verbrannt. Getreide, Futtervorräte, Holz,
Kohlen u.s.w. sind vernichtet, Mobiliar wurde vielfach gerettet; ein Pferd kam
ebenfalls in den Flammen um. An der großen Verbreitung des Feuers war
hauptsächlich Wassermangel schuld, denn die in der Nähe befindlichen Brunnen
waren bald leer und eine Strecke weit her aus dem Regenflusse das Wasser
herbeizuschaffen oder an den dort aufgestellten Löschmaschinen zu pumpen, dazu
waren die jungen Leute zu faul, dieselben steckten lieber beide Hände in die
Hosentaschen und standen als müßige Gaffer umher. Mehrere Spritzen sah man
verlassen in den Straßen und am Regenflusse stehen. Mit wahrer Bravour haben
nach ihrer Ankunft die Chamer Feuerwehr und Zivilpersonen gearbeitet und nur
ihren vereinten Anstrengungen mit Hilfe der Feuerwehr Arrach war es zu danken,
dass mehrere Stunden zwei Schlauchleitungen mit Wasser gespeist wurden. Noch im
Laufe des ganzen gestrigen Tages züngelten die Flammen aus dem Schutthaufen
hervor. Über die Entstehungsursache des Feuers ist Näheres nicht bekannt."
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Alle Häuser in diesem zusammenhängenden Gebäudekomplex fielen den Flammen zum Opfer. |
Am 17. April gab der Schreinermeister Franz Xaver Aigner zu Protokoll:
"Bei dem am 15. des Monats in Kötzting stattgehabten Brande erfuhr ich nach langen Fragen von der erstlich zugezogenen Wirtschaftspächtersfrau, daß ihre Magd noch im Hause sei und vermutlich schlafe. Das haus stand bereits lichterloh in Flammen, die Stiege konnte nicht mehr begangen werden. Sofort verständigte ich die umstehenden Feuerwehrleute hiervon, worauf Karl Lindner, Führer des Steigerzuges, Heinrich Pongratz Steiger und ich uns sofort an die Rettung machten.
Karl Lindner stieg durch das Fenster ein, durchschritt den von Rauch erfüllten Raum und holte das Dienstmädchen heraus.
Da das Mädchen in tiefen Betäubungsschlafe lag, wäre dasselbe ohne Zweifel erstickt und verbrannt, wenn Lindner dasselbe nicht geholt hätte. Die Rettung des Mädchens war für Linder mit sehr großer Lebensgefahr verbunden, da das Haus total einem Flammenmeer glich und vom Dachstuhle und der Decke fortwährend große Steine herabfielen, überdies der Einsturz des Gebäudes zu befürchten stand.
Auch das herabbringen mit der Leiter war mit Gefahren verbunden, weil fortwährend Teile der brennenden hölzernen dachrinnen, steine und dergleichen herabfielen. gez. Aigner"
Karl Lindern selber brachte den Brandverlauf genauer zu Protokoll:
Als er zum Brandplatz ka, stand der Stadel des Kermerschen Anwesens schon in Flammen. tags zuvor war der Pächter mit Frau, Kind und einer Magd erst eingezogen gewesen.
Nachdem er seine Männer instruiert hatte, hatte das Feuer bereits auf das Hauptanwesen übergegriffen.
Er fand den Pächter auf dem Marktplatze jammernd vor und plötzlich schrie er dann " daß noch im oberen Eckzimmer im 2. Stocke seine Magd sei und schliefe"
Eine Leiter anzulegen erwies sich als sehr schwierig, weil auf der einen Seite die Stromleitungen und auf der anderen Kastanienbäume im Wege waren.
Durch diese Zeitverzögerung hatte der Brand bereits auf den gesamten Dachstuhl übergegriffen.
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Unterschrift Karl Lindner unter sein Protokoll |
"Letzerer selbst war fast dem Einsturz nahe; die hölzerne Dachrinne hing bereits herab; das hölzerne Gesims fiel in Stücken herunter, Oben angelangt zwängte ich mich mit dem Oberkörper, auf der letzten Sprosse der Leiter stehend, durch das schmale Fenster und bemerkte, dass in dem im hintersten Ecke des Zimmer stehenden Bette jemand lag und schlief. Dieselbe scheint schon etwas betäubt gewesen zu sein, da sie im Anfange die Situation gar nicht begriff. Ich musste ihr widerholt zurufen, sie solle heraus kommen, sie müsse sonst verbrennen, bis sie meinem Rufe Folge leistete, aus dem bette sprang und sich zum Fenster begab. Ich zog sie dann durch das Fenster heraus auf die Leiter, umfasste sie und trug sie hinab. Einige Minuten darauf stürzte die Decke des Zimemrs ein..." . Gez. Karl Lindner StA Landshut Rep 164-8 Nr. 7 von 1899
Von der Regierung von Niederbayern KdI erhielt der Magistrat Kötzting dann eine Rettungsmedaille für Karl Lindner zugesandt:
Nun gings an den Wiederaufbau und ähnlich wie beim, allerdings noch viel, viel größeren, Marktbrand von 1867 wurden nun Brandmauern eingezogen und der Straßenverlauf angepasst. Die heutige Brandstraße entstand.
Alois Kermer noch im selben Jahr an den Wiederaufbau und erhielt im Oktober durch den Kötztinger Bezirksbautechniker Heilmeier eine Baueinstellung, weil die Ausführung keinerlei ausreichende Statische Bewehrung beinhaltete.
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Hier die von Heilmeier verlangten statischen Verbesserungen |
Die beiden Nachbarn Stoiber von Weißenregen aus der 18 und Alois Kermer aus der 19 vereinbarten auch eine Aufteilung der gemeinsam genutzten Nebengebäude. Und Stoiber erlaubte Kermer eine Wasserleitung vom Marktbrunnen durch seinen Keller graben zu lassen während Kermer wiederum Stoiber eine Möglichkeit gibt das Abfallwasser von Dach und Hof in seinen Kanal einleiten zu lassen.
Ein Zusammenschluss, wie er auch heute noch funktioniert.
In den Neubauplänen wird diese Zusammenarbeit der beiden Nachbarn sehr deutlich werden.
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Der Neubau von der Metzstraße aus gesehen, bei der Anzahl der Fenster nutzte der Zeichner seine künstlerische Freiheit. Durch das eingekreiste Fenster, damals wohl noch schmäler, hat der Steigerführer Karl Lindner über eine Anlegleiter die Magd gerettet. |
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Hier die Marktstraßenseite. |
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Hier der Erdgeschossplan bereits mit einem vorgesehenen Backofen UND einem Gastzimmer im Hof gabs dann das Waschhaus mit Toilettenanlage |
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Im ersten Stock war ein Saal vorgesehen. Dieser Saal wurde später, als dann mit den Stemmers wirklich eine Bäckerei im Hause sich etablierte, eine Wand eingezogen, für das sogenannte "Warme Zimmer" genau über dem Backofen, doch davon später. |
In dem "Gang" bezeichneten Zugang zu den anderen Zimmern im ersten Stock, hatte ich mein Jugendzimmer. Es war zwar schmal und lang, aber nicht so schmal wie hier im Plan. Da ich mich erinnere, dass die Wand zu dem hier "Wohnzimmer" bezeichneten Raum aus Holzbrettern bestand, wurde diese wohl einmal verschoben, um aus dem "Gang" ein bewohnbares Zimmer machen zu können. Die Bewohner im ersten Stock hatten einen offenen Zugang über einen Balkon zum, gemeinsam mit dem Nebenhaus genutzten, Toilettenanbau inkl. integriertem Waschhaus.
Auch die Nebengebäude mussten erneut aufgebaut werden.
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Es gibt zwar von diesem Gebäude kein Bild, mit Ausnahme der Luftaufnahme mehr, aber dies ist auch der Zustand, an den ich mit in meiner Kindheit erinnere.
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Luftaufnahme ca. von 1956, im Hof deutlich zu erkennen: mein Sandkasten |
Im Jahre 1908 kam die "Honigwiese" zum Anwesen hinzu, eine Wiese mit mehr als 1,5 ha, gekauft von Mühlbauer Kreszenz auf der Hausnummer 25, also der ehemaligen Bäckerei Graßl. Auf diesem Grundstück errichtete mein Vater, nachdem er Teile davon für einen Erweiterungsbau der Firma Aschenbrenner und weitere Teile an die Straßenbauverwaltung zur Verbreiterung der Westumgehung abgegeben hatte, im Jahre 1972 seinen Pferdestall, doch auch davon später.
Drexl Johann Baptist und Katharina
Im Jahre 1911 kaufte resp. tauschte das Ehepaar Drexl das Anwesen mit einem vom Notar verbrieften Wert von 53000 Mark, es war ja nun ein respektabler Neubau an promineter Stelle.
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kahl und noch ohne jeden Bewuchs, der Drexlsche Gasthof. |
Der Vorbesitzer Alois Kermer, vermutlich durch den Brand und den Neubau gar nicht mehr richtig finanziell auf die Füße gekommen schreibt im September 1912 aus Hemau an den Kötztinger Magistrat:"Geehrter Herr Bürgermeister
Indem ich in einer sehr großen Verlegenheit bin wie Ihnen bekannt sei, daß wir kein Vermögen vorläufig besitzen, so würde ich sie ersuchen, daß Armenrecht zu suchen in einer sehr wichtigen Streitsache in Straubing. Herr Rechtsanwalt von Straubing schrieb mir einen Brief, daß ich mich zu Ihnen wenden soll, daß ich einen Anwalt mit dem Armenrecht erhalte. Ich ersuche Sie Herr Wensauer niemanden es zu sagen nur die Bedürftigen es kennen Sie sich denken wie hart es mir ist. Ich besitze kein vermögen vorläufig mehr. Ich ersuche es sobald wie möglich da die Verhandlung schon am 15 September sei. Freundlichen Gruß Alois und Kreszenz Kermer"
Antwort: Die Armenpflege Kötzting ist nicht mehr zuständig, da sie in Kötzting kein Heimatrecht mehr haben. Bitte wenden Sie sich an den Armenpflegschaftsrat in hemau.
Im November 1912 eröffnet das AG Kötzting ein gemeinsames Zwangsversteigerungsverfahren über die Besitztümer der Familien Drexl Johann Und Katharina und Kermer Alois und Kreszenz und ordnet die Zwangsvollstreckung an.
Am Ende dieser Verhandlungen steht ein Bieterverfahren, an dessen Ende als Meistbietender der Bauer Michael Krieger von Auhof mit 39650 Mark als Sieger hervorgeht.
Über Krieger Michael finden wir nicht in den Akten. Erst seine Nachfolger und Schwiegersohn, der sogenannte "Stemmer Beck" ist erneut eine bekannte Persönlichkeit. Im Jahre 1916 - Grundbucheintragung - kommt er auf das Haus.
Stemmer Josef und Maria
In den Akten über das Heimatrecht steht über Josef Stemmer, dass der Bäckermeister das Haus bereits am 29.5.1914 erworben hat. Drei Tage vorher hatte der aus Burgheim stammende Josef Stemmer seine Frau Maria Krieger aus Auhof bei Lam geheiratet. Da hatte ein "Schmuser" wohl für eine "Frau mit Bäckerei" einen dazu passenden Bäckermeister - überregional - gesucht und gefunden.
Im Kötztinger Anzeiger annoncierte im Jahre 1918 der Bürstenbinder Hastreiter.
Nachdem Hastreiter betont, dass er gegenüber "Decker" zu finden ist, bin ich mir sicher, dass er in der kleinen Werkstatt am Gebäudeeck gearbeitet (und gewohnt) hatte; dort wo mein Großvater später seine Garage gebaut hatte und jetzt ein Friseursalon sich befindet. Decker ist heutzutage das Kaufhaus Frey. Im Jahre 1920 zeigte die Hebamme Limmer ihren neuen Wohnsicht ebenfalls im Kötztinger Anzeiger an.
Mein Vater sprach, wenn ich ihn nach seiner Kindheit befragte von "da oit Limmerin", an die er sich noch erinnern konnte.
Aus dem Jahre 1919 kennen wir einen Unfall eines Bäckerlehrings beim Stemmerbäck.
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Kötztinger Anzeiger vom März 1919 |
Bei dem Lehrling Albert Hastreiter KÖNNTE es sich um einen Sohn des Besenbinders Hastreiter gehandelt haben.
Im März 1922 beklagte das Ehepaar den Tod ihres jüngsten Kindes.
In den Kriegsjahren wurden viele Handwerksbetriebe stillgelegt und öffneten danach peu a peu wieder, meist nach erfolgtem Umbau.
1924 jedenfalls zeigte der Bäckermeister Josef Stemmer an, dass er eine moderne Dampfbäckerei (wieder) in Betrieb setzte
Auch Frau Paula Dittrich schrieb in ihrem Heimatbuch über die "Stemmerbeckin"
Schon im Dezember 1924 hatte die Rodinger Bäckerei ihre Fühler nach Kötzting ausgestreckt und eine Verkaufsstelle gefunden.
Den "Ludwig Plötz" im oberen Markt habe ich noch nicht lokalisieren können. Er war jedenfalls kein Besitzer irgend eines Hauses in Kötzting sondern nur ein Mieter oder Pächter und damit bei den schnell wechselnden Situationen nach dem Ersten Weltkrieg nur schwer zu fassen.
Im Jahr drauf jedenfalls war es dann soweit mein Großvater, ein Bäckermeister aus Roding und zwischenzeitlich Wirt in Neukirchen Balbini, kaufte die Bäckerei und zog mit Frau und zunächst drei Kindern nach Kötzting.
Pongratz Heinrichs Blick nach Kötzting war nicht außergewöhnlich, er selber war in Thenried geboren und sein Bruder Anton Bäckermeister in Grafenwiesen. Gressl Heiner und Gressl Done waren die Hausnamen beider, da sie beide vom Gresslhof in Thenried abstammten. Der Bruder Clemens war - der Familiengeschichte nach - bei der Auswanderung nach den USA gestorben, weshalb Heinrich einen seiner vielen Söhne Clemens nannte.
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Anzeige der Geschäftseröffnung für den 1.12.1925 |
Einschub: Was ist eine Dampfbäckerei?
So wie heutzutage auch in Dorfbacköfen oder auf Bauernhöfen wurde früher auch in den Bäckereien gearbeitet. Das bedeutet zuerst wurde im Backraum ein Feuer entfacht und solange geschürt, bis die notwendige Speicherhitze des Ofens erreicht war. Anschließend wurde die Glut und Asche aus dem Ofen ehrausgekehrt und sofort das Backgut "eingeschossen" und er Ofen verschlossen um die Hitze so lange wie möglich halten zu können. Der "Schiesser", also der Mann am Ofen war in der Backstube der Kommandogeber. Nach einer gewissen Weile, je nach Backgut und vor allem wenn der Ofen noch sehr heiß (=scharf) war, musste umgeschossen werden. das heißt die Laibe an den heißesten Stellen kamen umgedreht an kühlere und umgekehrt.
Dieser Vorgang musste, von vorne mit dem Feuer machen beginnend, immer wiederholt werden, wenn man kontinuierlich weiterbacken wollte. Natürlich konnte man den sich langsam abkühlenden Ofen nach dem Brot ausbacken auch möglicherweise noch für Semmeln nutzen, wenn er ausreichend gegen Abkühlung isoliert war.
Die Erfindung der Dampfbäckerei nun trennte die Backherde von der Feuerung. Nun konnte eine Ladung nach der anderen in den Herden ausgebacken werden, ohne die Asche am Backgutboden, ohne Zeitverzögerung und mit einer viel genaueren Temperatursteuerung.
Die Wärmeübertragung konnte natürlich nur durch Wasserdampf in außerordentlich dicken und damit druckdichten Eisenrohren erfolgen.
Einschub Ende
Im diesem Falle des eigenen Hauses bietet es sich an, die Familienzusammenhänge nicht nur für weit zurückliegende Besitzer, sondern auch bis näher an die Gegenwart heran, darzustellen. Dies ist eine Art der Präsentation, die ich aus Datenschutzgründen bei anderen Familien vermeide.
Hier kann ich nun durch meine eigenen genealogischen Vorarbeiten aus dem Vollen schöpfen.
Mein Großvater, benannt nach seinem jüngsten Onkel, war der Sohn des Rodinger Bäckermeisters Heinrich Pongratz. Dieser hatte nicht nur eine große Bäckerei in Roding erbaut, sondern viele seiner Kinder zu Bäckereien in der näheren und weiteren Entfernung verholfen.
13 Kinder hatte Heinrich Pongratz, die beiden Ältesten fielen im ersten Weltkrieg, so dass mein Großvater dann plötzlich der älteste der Kinder war und laut Aussagen seiner jüngsten Schwester auch der energischste.
Bäckereien in Straubing (der Onkel Otto, in Schwandorf (Tant`Anne heiratete Herrn Schuierer >>> der Kötztinger Berufsschullehrer und ehemalige Kötztinger Stadtrat Wolfgang Schuierer ist eines ihrer zwei Söhne), Regenstauf (Tant´ Mare heiratete Herrn Diederichs), die Stammbäckerei in Roding (Tant´ Hansl heiratete Herrn Fichtelscherer) und nun dann Kötzting.
Mit dem Hausnamen "Gresslheiner" von Thenried aus gestartet und nach einem äußerst erfolgreichen Handwerkerleben, wurde er selber zum Namensgeber seines altehrwürdigen Hauses, das heutzutage als "Heinrich`n Bäck" ein Schmuckstück in Rodings Altstadt darstellt.
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Heinrich´n Bäck im Jahre 2003 |
Aber auch im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts war das Haus ein Higucker:
Dieses Haus hatte eine obere und eine untere Backstube und beschäftigte eine ansehnliche Anzahl an Bäckern und Lehrlingen.
Einschub
Ich bin in der glücklichen Lage, bereits Mitte der 80er Jahre mit der jüngsten Schwester meines Großvaters, die mit über 100 Jahren später Rodings älteste Gürgerin gewesen war, studnenlange Tonbandinterviews geführt zu haben: Tant´Hansl, Frau Johanna Fichtelscherer, war bis ins hohe Alter eine begeisternde Erzählerin und häufige Besucherin beim Bruder in Kötzting, wo sie auch ihren Führerschein gemacht hatte.
Wenn sie von ihrer eigenen Großmutter erzählte, dann habe ich einen Blick bis Mitte des 19ten Jahrhunderts. Sie flocht viele wörtliche Aussprüche in ihre Geschichten, weshalb ich sie manchmal gerne nachlese, auch weil sie so voll von Details stecken.
Über meinen Großvater als Schüler erzählte sie: "da Clemens, dei Großvater, der wia in de graoß Schui ganga is, also 6. 7. Schuljahr do hot der Lehrer Raub, der hot an grossn Garten dabei ghabt beim Schulhaus, der hot gsagt:"Clemens weij gej hoam, hoj mar a Kerwe
Mist ", a so a Kerwe hot er gmoint. Is da Clemens hoam ganga, hot de zwoa Keij eigspannt, hot a Fuhr Mist afglegt, hot eams affegforn, damit er net so lang in da Schui hot bleim braucha. Der Clemens hot einen Schönschreiblkurs mitgmacht unterm Krieg, daß er gscheid hoamschreim hot kenna."
Einschub Ende
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Heinrich Pongratz in der Backstube mit einem seiner Enkel (Diedrich aus Regenstauf) |
Clemens, geboren im Jahre 1890, absolvierte eine Bäckerlehre und bald daran anschließend seine Militärdienstzeit mit 1 Jahr und 11 Monaten.
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Auszug seiner Militärstammrolle für Clemens "Ponkratz", dem ledigen Bäcker aus Roding |
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Clemens Pongratz im Militärlazarett |
Vom 22.10.1910-30.9.1911 war er beim Infanterie Leibregiment und anschließend vom 1.10.1911-21.9.1912 bei der Militär-Bäcker-Abteilung des 1. Train Bataillons
Von seinem "Wehrdienst" haben wir ein Bild der Bäckerei und den Krug, den er sich nach seinem Ausscheiden aus dem Leibregiment gönnte.
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Erinnerung an die Militärbäckerei 1911-1912 |
Diesen Krug mit dem Spruch: "Es lebe hoch das Regiment, daß sich mit Stolz die Garde nennt" am oberen Rand und mit einem zinnernen Schmuckdeckel versehen ist eines wenigen Dinge, die bei uns an die Militärzeit meines Großvaters erinnern.
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Metallrahmen mit seinem Brustbild als "Erinnerung an seine Wehrdienstzeit" |
Einschub
Als ich das Bild des Kruges machen wollte und mir einen passenden Platz suchte, fiel mein Blick auf unseren großen alten Küchenschrank, den ich vor Jahrzehnten habe abschleifen lassen und der bei, uns auch aufgrund seiner schier unendlichen Lagermöglichkeit, in Ehren gehalten wird. Auf diesem Schrank, an genau der Ecke auf die ich den Krug gestellt hatte, stand laut Berichten meiner Tanten der offene Bierkrug meines Großvaters - von dem auch meine Tanten gerne tranken, bis es meinem Großvater dann doch auffiel.
Damals wurde das Bier noch offen vom Rabl oder Osl geholt.
Tant`Hansl, von der schon die rede war und die ich noch einige Male als Zeitzeugin benötige, sprach die Wahrheit ganz deutlich aus: Dei Großvatta und da Ottl, de heitnd no net so frej sterm braucha jeder hot a G'sundheit g'habt wira Baam, aber jeder hot alt zuvuj drunga 15-16 halbe warn der Regel vom Clemens.
Mein Vater schilderte die Situation so, das Interwies führten wir damals in Sinzing, am Esszimmertisch, genau vor dem Küchentisch. ( F=meine Frage - V= mein Vater M= meine Mutter)
F: Es habst enk ja damois no as Bier im
Grou vom Wirtshaus g'hoit?
V: Am Eck vo deim
Küchenschrank do, do mou a sowieso no wo a Rand drin sa, do. An dem Eck is dauernd da Massgrou
gstandn.
M: Im Linoleum is a sehne Rand drin gwen
F: Sei Maß?
V: Ja Ja sei Maß----owa do hot a jeda amoi
a weng g'nippt, d'Annerl hot a so gern g'schnappselt und do hot da Opa
awei, im eitzigen Kinderzimmer, des war s Schlafzimmer vom Opa; hintem Vorhang
hotdara Flaschn stej g'hot mit Weihwossa und a Flaschn Schnaps und
d'Annerl is awei gern vobeiganga af a Goschn voi und do hot er ihr amoi a
Wossa einedo...
M: Also die Annerl hot gerne....
V: a weng g'schnappselt
V: Ja owa freijas host koi Flaschl
greagt,do bist aft d'Schenk ganga umme,ne, do hot ar an Learboum
ummeg'schickt, ne,und der hot eam a Mass Bier g'hoit und de is awei do g'stanna
am Eck.
Auch die oben angesprochen "Annerl", meine Tante Aja hat von den Wirtshausbesuchen des Vaters berichtet:
F: Und da Opa is jeden Tog ganga?
A:Zum Dämmerschoppen zum Frühschoppen zum
Dämmerschoppen zum Frühschoppen und am
Sonntag wenn er in'd Kirch ganga is .. dawei is er zum Frühschoppen ganga. Und zwar war do no de Wirtschaft Röhrl
also do wou iatz da Haushofer is (Zur
Klosterschmiede) und de alte Postwirtin,
wenn unser Vater hoamganga is
oder heimgehen wollte, dann is Sie mit ihm raufgegangen bis halbert am Marktplatz,
daß er in koa Wirtshaus mehr einkemma hot kinna.Weils gwußt hot,
wenn er vo ihr aussageijt, daß er
ins nächste eingeijt.
Einschub Ende
Gleich mit Kriegsbeginn wurde er am 2.5.1914 als Reservist einberufen. Beförderungen zum Unteroffizier und im Februar 1918 dann zum Sergeanten. Eingesetzt war er in Lothringen, an der Somne, vor Nancy, im Artois, bei Armentieres und in französische Flandern.
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weiterer Auszug aus seiner Militärstammrolle von "Ancestry.com" |
Am 2.7.1918 wurde er mit Brustfellentzündung zuerst nach Lille und später dann in ein Heimatlazarett überführt. Man sieht, was man alles finden kann, selbst nach über 100 Jahren.
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Clemens Pongratz und Anna Meillinger |
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Elternhaus der Anna Meillinger aus Roding. Das Bild stammt vom bekanntn Rodinger Maler Diss und hing in meiner ganzen Kindehit im Wohn/Ess/Arbeitszimmer meiner Eltern. |
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Anna Meillinger an der Zither |
Schon im nächsten Jahr heiratete er eine junge Rodingerin, Anna Meillinger, und im Jahr drauf brachte die junge Mutter Zwillinge zur Welt. Heinrich und Annerl. Über Heinrich, habe ich vor zwei Jahren einen längeren Bericht geschrieben über einen Kötztinger, der gerne Pfingstbräutigam geworden wäre. Heinrich ist im Oktober 1944 im 2. Weltkrieg gefallen.Anna Meillinger war eine musikalisch gebildete Frau.
Interview mit Tante Aja (=)Annerl): ... und
unser Vater, des war ein guter
Vater, aber ganga is er grod gnua und wenn er dann hoamkemma is, d'Mamma hot fest Klavier g'spuilt und
mir hamma g'sunga mir drei. Mir hamma na
gsunga, daß d'Leit draußt san steijblim sna, wenns uns ghört ham. Da Wolf zum
Beispiel von der Krankenkasse hot des
oft erzejt, wenn er vobeiganga is und mir hamma so gsunga, des hot erm
a so gvoin, dass er stehbliem is.
Das junge Paar hatte zuerst ein Wirtshaus in Neukirchen Balbini auf Schulden gekauft, zusammen mit einem großen Stück Wald. Von dieser Wirtschaft habe ich nur ein Bild kurz vor dem Abriss, nur die Bierkrüge mit dem Emblem KP haben sich erhalten.
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Gasthausruine in Neukirchen Balbini |
Heinerl, der erste Sohn, noch in Neukirchen geboren, war der Liebling seines Großvaters und auch mehr und öfter in der warmen Bäckerei in Roding bei seinem Opa zu finden, als in der unwirtlichen Wirtsstube in Neukirchen Balbini.
Tant`Hansl hat mir auch berichtet weshalb: "Do konn ma ned afdrahn!. Im Wirtshaus gab´s eben noch kein elektrisches Licht. Tante Hansl berichtete auch, dass das junge Ehepaar nachts vor lauter Schulden nicht mehr schlafen konnte. "Dann is´s d´Währung kumma (1923, die Hyperinflation) do sands übernacht schuldenfrei g´wesen, nand hamms nimma schloffa kinna weil´s er´s a net einepaßt hot in Kopf, weil´ses gor net kapiert hamm"
Diese "Schuldenfreiheit" durch die inflationsbedingte Wertsteigerung des Hauses und des Waldes hat es meinen Großeltern erst ermöglicht, den Sprung nach Kötzting zu wagen.
1925 also verkaufte mein Opa das Neukirchener Wirtshaus und übernahm von den Eheleuten Stemmer die Bäckerei am Marktplatz in Kötzting, (Jahre später auch noch das daneben liegende Gebäude des Sattlers Rebstöck). In Kötzting konnte er teilweise auch auf den bereits von seinem Vater, von Roding bis in unseren Bereich herein, aufgebauten Wiederverkaufs-Kundenkreis zählen. Hier wurde nun auch 1927 mein Vater Clemens (der zweite) geboren. Soviel zur Einordnung der Familie Pongratz.
Die beiden Mädels wurden aufs Gymnasium und Internat nach Landshut geschickt während Heinrich als Betriebsnachfolger aufgebaut wurde. Da mein Vater, der Bubi, sich für alles interessierte, was sich rührte und im Zweifelsfall auch Federn hatte, war vorgesehen, dass mein Großvater sich um einen Bauernhof für ihn schauen würde und hatte dafür auch bereits Kapital angesammelt. So wie ich die handwerklichen Fähigkeiten meines Vaters in Erinnerung habe, wäre das ein lustiger Bauernhof geworden...... |
Hier das Bild der Bäckerei, kurz nach der Neueröffnung und mit den neugepflanzten Kastanien. Im Brandbericht von 1899 war ja die Rede davon, dass die Lebensrettung der Magd erschwert war durch den nahe beim Hause stehenden Kastanienbaum. Dieser ist wohl dem Brand oder dem Neubau zum Opfer gefallen, denn bei der Postkarte des Wirtshauses Drexl um 1910, ist nicht einmal ein Rest eines Baumes zu erkennen. Nun also die Neuanpflanzung mit Kastanienbäumen am Marktplatz. Zwei von diesen Exemplaren stehen ja heute noch. Auf dem Bild meinte mein Vater oben am Fenster "de oit Limmerin", also die Hebamme wieder zuerkennen. |
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Wenige Jahre später, die Kastanien gedeihen und die Linde mickerts so vor sich hin, mein Großvater bei seiner neu erbauten Garage und die Gänse kommen heim vom Bleichanger. |
Einschub
Auch wenn ich die Geschichte bereits bei der Chronik des Nachbarhauses erwähnt habe, hier muss ich sie noch einmal anbringen, weil ich diese erst erzählt bekommen habe, als ich meinem Vater, bei einem Interviewtermin genau dieses Bild vorgelegt hatte:
F:Und habt´s es zu derer Zeit ausschließlich
Sei g´hot?
V:Naa,
nur während am Krej hamma a Sau
hergfeijdat,und Hehna und Gens, de hamma wega de
Federn blos ghot.
F:Und wo habts dann de aussedriem?
V:De
hamma fias Hoftor ausselassn und dann hanns am Reng oweganga und aft Nacht wida hoam.
F:Über d'Wuamheij hint oder weij?
V:Meistens üwa d'Wurmheij.
F:Und de han na von alloi ganga?
V:Ja aber manhmal hot mas a holn miassn, vor
allem wenns broude worn san .Na ham Ganserer, weil mir hamma ajweil drei Gansinnen g'kot und oan Ganserer. ...
Weiter berichtete er, dass eine der Gansinnen und unser Hund - der Russl - um die Gunst meienr Oma eiferten und sich in der Küche dann schon mal bekriegten.
Einschub Ende
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Betti, später verheiratete Schödlbauer Heinrich, gefallen Annerl genannt Aja, verheiratete Weißenberger und Clemens, mein Vater |
Das junge Paar wirtschaftete erfolgreich, Es wurde eine neue Backstube errichtet, der Ofen erneuert, die Garage eingebaut und in einem Hinterhofgebäude, später als Mehllager und heutzutage als Lagerraum für den Horsetownclub genutzt, arbeitete Herr Röhrl (Fahrschule Schmidt) als Automechaniker. Gewohnt hatte die Familie damals beim Pfeffer (Achtler) in der Schirnstraße.
Frau Anna Weissenberger erinnert sich anlässlich meiner Frage zu Weihnachtsgeschenken für die Kinder:
.... an Dampf
hots damals gem, für d'Buama, a so a Dreschmaschin dazua, und dann später hat ihm dann mal der Herr Rearl ein schönes Auto g'macht. Weil
der Rearl hot früher sei Werkstatt bei
uns im Hof hint g'habt, do wo's
Mehllager war. Und do hot uns der immer
schöne Sachen g'macht. Der war ja a halberter Künstler.
F: Der hot bei uns sei Autowerkstatt g'habt?
A:Jahrelang-- und do war amol a ganzer
strenger Winter.
F:A drum hamma mir a Gruamm in der Garasch?
A: nei da nicht, do wo's Meijlager is. Do hot er seine
Werkstatt g'habt.Und im Hof hint do hot
er seine Auto gerichtet.Und do war amal a ganz a strenger Winter, 29 war ja a a so strenger Winter und do hat er uns eine
Schneeburg gebaut und einen Hirsch aus
Schnee, wunderbar, Ja und dann no...
Inge: War der net a so Kunstschlosser?
A: Ja und so Lampenschirme und einen so einen
Lüster hat er uns aa amol g'macht. Und
g'wohnt hams beim Pfeffer über dem Durchgang da, da hams
g'wohnt, einfachst. D'Mamma hot
er na jeden Tog s'Essen obegschickt, also
nicht das fertige Essen sondern was sie zum Kochen gebraucht ham....
Diese Geschichte erinnert mich an ein Bild, das ich bei der
Häuserchronik beim Traurig Sattler gefunden und benutzt hatte. Ein Detail der Schilderung von "Tante Aja" - das war sie für die ganze Großverwandtschaft - passt so genau, dass ich dieses Bild hier noch einmal bringe. In der Rückschau, das Interview fand 1990 statt, ist eine Verwechslung eines strengen Winters von 1929 auf 1931 leicht möglich. Aber der Hirsch passt einfach zu gut der Erzählung, dass ich die Bildunterschrift des Arbeitskreises zumindest einschränken möchte.
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DIARepro 2348 Schnee/Eisfiguren vor dem Anwesen Traurig, lt Bildbeschreibung erstellt von August Philipp Henneberger im Winter 1931. |
Ich habe solche Tonbandinterviews mit vielen meiner Verwandten geführt und bin heute noch überrascht, welche Fülle an Details in den Gesprächen festgehalten werden konnte. Natürlich sind solche autobiografischen Erinnerungen manchmal mit Vorsicht zu genießen und vieles ist auch nicht zur Veröffentlichung geeignet, jedoch ist es ein wertvolles Zeitdokument, weil ja auch die Stimmen festgehalten sind. Der Dialektunterschied von der Rodinger Tant`Hansl und meinem Vater ist schon bemerkenswert.
Die Bäckerei florierte und mein Großvater konnte sich einen großen Kundenkreis an Wiederverkäufern aufbauen. Lebensmittelgeschäfte, Wirtshäuser und "Brotweiber", Frauen also, denen er Brot und vor allem Semmeln lieferte, die dieses dann in der "Kirm" austrugen und sich so mühsam ihren Lebensunterhalt verdienten.
Bei manchen Bauern wurde auch "getauscht". Es lieferte Brot, welches aufgeschrieben wurde und die Bauern wiederum dann Mehl, welches allerdings häufig nur als "Staubmehl", also zum Einstauben benutzt werden konnte.
Seine Liefertoureneinteilung hat später dann mein Vater unverändert übernommen. Der Bereich der in einzelnen Lieferfahrten angefahren wurde ging (natürlich einschließlich der Orte, die auf der jeweiligen "Rundschleife" lagen - zum einen bis Miltach, dann bis hinaus nach Kollburg hinter Viechtach und Prackenbach, dann die Rimbacher Tour beginnend in Grafenwiesen und endend bei der "Moama Linerl" in Haus, in die Zell bis Kieslau und hinauf bis nach Arrach. Weissenregen und Reckendorf wurden dann separat angefahren.
Das sehr persönliche Verhältnis des Bäckers zu seinen Kunden kommt auch in den Interviews zutage:
Befragung Anna Weissenberger:
Frage.... aber immer blos Brot bacha
worn?
Hauptsächlich Semmeln, Brot war weniger.So de zammgsetzten Semmeln. Oh, hamma Kundschaften ghabt, da Treiner in da Doana draussen (?), der hot 2000 Semmeln griagt. Und de hamm des
Semmeln hauptsächlich braucht fürs Knedlbrot. De Bauern ham ja damols net so
vuij Fleisch ghabt, sondern hauptsächlich Knödeln. Mei und dann hammara
Kundschaft ghabt, d'Adelheid, no de habts ja ihr a no ghabt. D'Adelheit, nach Viechtach is gforn, do hamma allaweil s'Brot higforn zum Greiner und
d`Adelheid is mit an so am gloan Fuhrwerkl komma und hots dann obgholt
ihrane Brotkörbel.I woas net weijvuj dass affebrocht hot. Und na hot ihr da
Pappa ajweij a Brotzeit ghaft. Und zwar an Aufschnitt, weij da Greiner hot a Wirtshaus g´habt und a
Metzgerei und do hot er ihr a Brotzeit g´kaft und a Bier
und dann hots gsagt, do bin i oamoi dabei gwen: "Woast" hots
gsagt" des mache allerwei a so, de bravern Breckl is i iatz a so und de andern bringe
meim Mo hoam. Sie war allerweil a grosse kräftige Frau mit ana so ana
Grettlfrisur, a sauberne Frau, und der Mann war a ganz a gloana. Also i hobs
gern gmigt d'Adelheid. Amoi is kemma,
do war d`Mamma scho gstorm, z'Pfingsten,
und na hots gsagt: "Des hob i scho gseng, guat is do net im Haus mit vier Manna "
Auch beim meiner Frage nach den Spielzeugen, führt die Antwort schnell wieder weiter zu einem mitmenschlichen Verantwortungsgefühl, das meine Großeltern zu ihren Kunden entwickelt hatten. Die im Text genannte "Bettl" ist die vor Jahren verstorbene Seniorchefin des Schuhauses Schödlbauer.
Ja mir ham an Kauflon g´habt, den hot uns a der Rearl (Röhrl, heute Fahrschule Schmidt) g'macht, einen wunderbaren großen Kaufladen, den hot d'Bärbel (Tochter der Bettl) dann, den hamm sogar no da Bettl ihrane Kinder g'habt, des war a großer Kauflon mit einem großen Schaufenster und a Tier eine und dahinter war
no a gloans Büro mit am Telefon und allem.Und dann hamma a Puppmkich
griagt, also i hab a Puppmkich ghabt mit Schlafzimmer und d'Bettl a Buppmkich
mit Wohnzimmer., ganz sche, und a schene Puppm, mir ham schene grosse Puppm g´habt. D'Mamma hot alles hergschenkt,
de Brotweiwa warn damals so arm,
de ham alle a herdt Kinder ghabt, iatz wenn mas na mir nimma meng ham, hots
d'Mama alles hergschenkt. Ne, zum Beispiel nach Rimbach zu dene Irrlbeck, de ham eine Stum voi Kinder ghabt do hots alles,
unsere Schlittschuastiefe und alles hots er gem. I woas no wia i meine Stiefel: "Ja wo han den meine
Schlittschuastiefel?" "Ja de san, de hobe hergem." Und de Kinder
ham se gfreit, des songs heit no wenns
zu meiner Schwester in Lon owe kemma, na gfrein se se heit no und vozeijn was sie alles griegt ham. Vo da "Beckin". Und mir ham
schene Sachen ghabt, nicht so wir heit des Plastikglump.
Manche Kunden, die zu weit entfernt lagen, wurden per Bahnspedition beliefert. Große ovale Weidenflechtkörbe, die gut 400 Semmeln fassen konnten, wurden mit Leinen verschlossen und vernäht und zum Kötztinger Bahnhof gebracht.
Einschub
Ich kann mich noch gut an diese Weidenkörbe erinnern, die im Laufe der 60er jahre dann durch stapelbare Metalldrahtkörbe ersetzt wurden. Die Weidenkörbe waren eigentlich immer verschlissen und wurden von den Bäckern, in meiner Kindheit war es der "Ade" aus Hundszell mit einer großen, sehr großen, gebogenen Nadel und Spagat repariert. Mit derselben nadel wurden dann vonj Zeit zu Zeit auch die, auf nutzbare Größe zerteilten, Zeitungspapierseiten aufgefädelt und als Toilettenpapierstapel in die "Burschentoilette" gehängt.
Überhaupt die Burschen. Einige der Bäcker wohnten bei uns im Haus, im Burschenzimmer über dem Teil der Backstube, die vom Backofen weit entfernt und damit bewohnbar war. Der oben angesprochene Ade (=Adolf) war für solche Ausbesserungsarbeiten eingeteilt und von mir immer beneidet, weil er die für mich unerschwinglichen kleinen "Tarzan-" und Tiborhefte" besaß.
Die Bäcker wurden von meiner Oma und später von meiner Mutter täglich verköstigt, weshalb es bei uns dann immer schon ein "Kindsdeandl" gab, weil ja auch den Bäckerladen zu bewerkstelligen galt.
Einschub Ende
Das Geschäft florierte - ich kenne seine Steuererklärung von 1939 und bin äußerst beeindruckt - . Sein Betriebsgewinn war vier mal so hoch wie die gesamten Personalausgaben, was sicherlich auch daran lag, dass die Löhne sehr niedrig waren, aber nur so konnte er sich nacheinander das daneben liegende Marktlehen vom Rebstöck, die großen Waldungen im Gruber Holz vom "Kaminger Wirt" und vor Thenried und einige Grundstücke auf der Platte leisten.
Die Honigwiese und der Garten in der Schattenau hatten ja schon immer zum Haus gehört.
Aus derselben Zeit stammt auch eine Aufnahme der "Obermarktler" Kinder, die Familie Pongratz war also nach wenigen Jahren in der Mitte der Kötztinger Gesellschaft angekommen und der Russl war natürlich immer dabei.
Die Fraktion umfaßte neben ihm und dem (=zukünftigen Schwager) Bürgermeister Hans Schödlbauer auch die Markträte Januel und Wilhelm Oexler.
Nachdem Hans Schödlbauer bereits im März/April aus dem Amt verdrängt und Anfang Mai dann Benno Hoiss an seine Stelle gesetzt wurde, drehten die Nazis im Kampf um die Alleinherrschaft in Bayern die Schraube gegen die letzte verbliebene parlamentarische Opposition, die BVP. (Die SPD und KPD waren bereits Monate vorher verboten bzw. unterdrückt worden.)
Ende Juni kam dann aus München der Befehl, die obersten Amtsträger der BVP festzusetzen, Auf dem Wege von München über den Gau wurde dieser Befehl dann auf sämtliche Amtsträger ausgeweitet und die Verhaftungswelle rollte:
Mein Großvater war offensichtlich nicht nur empört über die Art und Weise der Verhaftung sondern auch, weil (der spätere 2. Bürgermeister) Alfons Liebl und andere Mitglieder der NSDAP die ganze Aktion vom gegenüberliegenden Dach aus fotografisch festgehalten hatten. Nachdem sich mein Großvater seinen Ärger darüber öffentlich ausgesprochen hatte, ließ Alfons Liebl eine Gegendarstellung in die Zeitung setzen, die wiederum Clemens Pongratz nicht so stehen lassen wollte.
Die Folge dieser Aktion war eine - heutzutage würde man sagen "gefakte" - freiwillige Rücktrittserklärung der drei Gemeinderäte Pongratz, Oexler und Januel.
Die Kötztinger NSDAP lies einfach die auf ihrer Parteiliste bei der letzen Kommunalwahl nicht zum Zuge gekommenen Listenkandidaten nachrücken und der reine NSDAP Gemeinderat war perfekt. Aufgrund des Führerprinzips bestimmte der 1. Bürgermeister den Bankier Alfons Liebl als seinen Stellvertreter.
Das Tuch zwischen meinem Opa und der NSDAP war zerschnitten.