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Freitag, 31. März 2023

Michael Heigl Teil 11 beim Jahreswechsel 1852-1853

 

Michael Heigl

 Dezember 1852 


Zuerst jedoch ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:
Hier der link auf die bisher veröffentlichten Teile zum Thema Räuber Heigl.

Wie ist die Situation: Nach all den Verbrechen, die im LG Kötzting im November 1852 passiert waren, auch wenn nicht alle dem Michael Heigl zugerechnet werden konnten, riss der Regierung endgültig der Geduldsfaden und zog die Zügel an mehreren Fronten an.
Der Gendarmerieleutnant Fürst kam für einige Zeit zur Inspektion.
Wirtshäuser wurden geschlossen bzw. ihnen die Schließung angedroht, Personen wurden reihenweise verhaftet bzw. unter Polizeiaufsicht gestellt, laufende Patrouillen und Streifgänge wurden angeordnet - ungeachtet der strengen Winterszeit  und bei Tag- und Nachtzeit durchgeführt - und nicht zuletzt die Mannschaften verstärkt und die Aufgriffsbelohnung verdoppelt. All dies blieb jedoch zunächst ohne sichtbaren Erfolg, bis auf die Tatsache, dass Heigls Kompagnon, Michael Raimer, hatte gefasst werden können.
Gleichzeitig kommen nun zwei neue Personen ins Spiel, die eine Schlüsselrolle haben werden, die beiden Brigadiers Sommer und Suffa, der eine mit einer tragischen und der andere mit einer eher heroischen Rolle.
Screenshot aus dem Räuber-Heigl-Film von 1973, die Gendarmen bei einer Hausdurchsuchung


Auf der Karte des Landgerichts Kötzting von 1822 - es ist das Exemplar, das den Original-Heigl-Akten beilag und das Carl von Paur benutzte, um seine Terrain-Schwierigkeiten zu erläutern, indem der die im Plan bereits vorhandenen Waldflächen mit Bleistiftschraffuren weit in die Täler hinein verlängerte - kann man die beiden nächsten Tatorte erkennen. Beide liegen im Landgericht Viechtach, bzw. in dem Teil des Zellertals, das als strittig zwischen den beiden Landgerichten im Historischen Atlas von Bayern eingezeichnet war. Der erste Tatort liegt in Pirka, der zweite dann in Weidenhof.

StA Landshut Rep. 168-1 Nr. 63944-III 

Die Kötztinger Gendarmen sind Anfang Dezember hektisch damit beschäftigt, Michael Heigls Basis an Unterstützern und Hehlern einzuschränken.
7.12.1852: Franz Buchberger aus Atzlern wurde verhaftet, verurteilt und für 4 Monate ins Arbeitshaus gesteckt.
Der Grafenwiesener Wirt Georg Wieser, dessen Wirtshaus, wie  im vorigen Teil der Heigldokumentation bereits beschrieben, im November auf amtliche Anordnung geschlossen worden war, versuchte sein Glück als Pächter der Metzgerei des Wirtes von Hohenwarth, jedoch ohne sein Gewerbe anzumelden. Als Reaktion der Behörde wird sein Pachtvertrag sofort annulliert und Wieser angewiesen, sogleich nach Grafenwiesen zurückzukehren. 
Eine angeordnete Streife am 8.12.1852 der Kötztinger Gendarmerie und aller Rechtspraktikanten unter Leitung des Herrn Assessors Yberle, die den ganzen Tag angedauert hatte, erbrachte als einziges Resultat die Verhaftung des Anton Prantl, Inwohnerssohn von Atzlern,  der der Verbindung mit Heigl verdächtigt wurde.
Am 10.12.1852  wurde der Stiefsohn des obigen Grafenwiesener Wirtes, Joseph Zachmann, verhaftet und anschließend für 4 Monate ins Arbeitshaus abtransportiert.
Und dann kam der verhängnisvolle 12. Dezember, mit dem folgenreichen Zusammentreffen von Gendarmerie und Michael Heigl in Pirka.


Der Zusammenstoß in Pirka

An diesem Tage gehen der Brigadier Sommer und der Viechtacher Gendarm Baierl um 11.00 Uhr mittags auf Patrouille und beim Söldner Johann Zitzelsberger werden sie gleich fündig. Sie entdecken eine Spieldose, die aus einem vorherigen Raub stammte. (siehe Bericht über den Raub in der Irlmühle, Gericht Mitterfels, im letzten Beitrag der Heigl-Dokumentation)


Ganz kurz und knapp - später wird der ( stellvertretende) Brigadier Suffa den Vorgang wesentlich ausführlicher schildern - heißt es im Rapport, dass "Brigadier Sommer und Gendarm Baierl in den obigen Boden des J. Zitzelsperger gehen wollten" und "so filen(!) sogleich drey Schuß nacheinander, wo zwey Schuß dem Brigadier Sommer, einer in der rechten Hand, und einer in den Unterleibe und Oberschenkel getroffen haben, wozu Sommer befunden verwundet wurde.
Nach Aussage des Söldners Johann Zitzelsperger welcher verhaftet ist, der Michl Heigl Gerichts Kötzting mit noch zwey Consorten gewesen seyn, die drey Individuen haben sich nach der That geflüchtet und bis jetzt noch nicht habhaft gemacht werden können.
...
Unterschrieben:  "Wegen schwerer Erkrankung des Brigadier Sommer
Johann Mayer Gendarm"

Nun überschlagen sich zunächst die Ereignisse, dies um so mehr, als ja zur der Zeit, als dieser Zusammenstoß Sommers mit Heigl gemeldet wird, der Gendarmerie-Leutnant Fürst schon seit einer Woche die Leitung in Kötzting übernommen hatte. 
Es hat den Anschein, dass bisher die Akten, die ich einsehen konnte, sich mit denjnigen decken, die auch Dr. Sommerfeldt für seinen umfangreichen Heiglbeitrag benutzen konnte.
Die Akten des "Königlichen Corps Commando" aus dem Staatsarchiv in München waren ihm offensichtlich unbekannt, denn der obige Zusammenstoß wird von ihm nur so kurz behandelt, wie er in den Gerichtsakten vorkommt.
Leutnant Fürst jedoch beauftragt den stellvertretenden Brigadier Suffa, einen wöchentlichen Rapport über den Gesundheitszustand des verletzten Brigadiers Stefan Sommer zu erstellen, zu welchem Zweck Suffa zuerst das Geschehen genauestens repetiert, um auch die Art der Wunden erklären zu können.
StA München Gend-KK_316 Andreas Suffa intermistischer Brigadekommandant

Suffa bringt nun in seiner Schilderung des Vorganges  - unterm Datum des 23.12.1852 -  den Überfall in der Irlmühle und die Durchsuchung des Söldners Zitzelsberger in einen Zusammenhang:

"In der Nacht vom 9ten auf den 10ten des Monats wurde zum Schaden der Müllerseheleute Joseph und Katharina Fendl von der Irlmühle königlichen Landgerichts Mitterfels ein Raub verübt, wobei ein 2 fl 24 xr Stück, mit dem Gezeuche(?) der Stadt Augsburg und der Jahreszahl 1626 geraubt worden ist. Dieses Stück Geld brachte der Häusler Johann Zitzelsberger von Pirka LG Viechtach kurz nach obigem Raube zu dem hiesigen Zeugmacher Tobias Seiderer und zahlte damit Zeugwaren aus.
Brigadier Sommer brachte dieses in Erfahrung, verfugte sich hierauf am, 12ten dieses Monats zwischen 12 und 1 Uhr nachmittags, als er mit Gendarm Joseph Baierl, der ohne dieß in der nämlichen Richtung auf Streifpatrouillen abging, nach Pirka und in die Behausung des Häuslers Johann Zitzelsberger. Dort angelangt, zog vorerst Sommer Erkundigung ein, ob niemand Fremder hier sei?
Was durch Zitzelsberger und dessen Eheweib in Abrede gestellt wurde, und immer behaupteten, es sei kein Fremder Mensch im Hause, schien aber das fragliche Ehepaar hierbei verlegen zu sein.
Dieses veranlasste den Brigadier sich mit seinem Gendarmen in die dunkle Nebenkammer des Wohnzimmers zu verfügen, wo ihnen ein kleines Hündchen entgegenkam, welches Zitzelsberger als ein ihm vor 8 Tagen zugelaufenes bezeichnete. In diesem Moment erblickte Gendarm Baierl auf dem Fensterbrett dieser Kammer eine Spieldose, welche eben bei obigen Raub mit Abhanden gekommen ist. Nun kündigte Brigadier Sommer dem Zitzelsberger die Arretierung an, da er sich nicht glaubwürdig ausweisen vermochte, wie er zu obiger Dose gekommen sei."

Jetzt kommt Sommers entscheidender Fehler, der ihm auch nachträglich zum Vorwurf gemacht worden ist.

Zugleich vernahm Gendarm Baierl festen Schritts auf dem Boden ober ihrer gehen. Von der Kammer auf den Boden führt die Kommikation eine schmale Stiege und ist am Ende derselben im Boden, eine sogenannt Falltür, angebracht; Sommer, nun voraus, Baierl hinter ihm, jeder mit gespanntem Hahn, auf die Stiege um auf den Boden gehen zu wollen. 
Kaum hatte Brigadier Sommer die Stiege betreten, als ihm von oben herab schon ein derber Säbelhieb entgegenkam, welcher jedoch fehl schlug. Nun folgten in dieser Richtung auf die Gendarmen herab drei Gewehrschüsse in Blitzesschnelle aufeinander. Zu diesem Behufe war die fragliche Falltür zur Hälfte geöffnet. Der erste Schuss ging Brigadier Sommer durch die rechte Hand, der zweite traf ihn zwey Schrött im Unterkeib fünf derselben im linken Oberschenkel, der dritte desselben war auf den Gendarm Baierl gerichtet, welcher ihm aber ungetroffen vom Kopfe vorüber ging.
In diesem Momente stürzte Brigadier Sommer, den ihn begleitenden Gendarmen in die Arme zurück und verlangte die heiligen Sterbesakramente. Baierl hatte nun zwei Gewehre und einen dem Anschein nach sterbenden Brigadier in Händen.
Detail aus der historischen Karte von Bayernatlas.de, die beiden alten Hausnummern 3 und 11 

"Vor Allem dem Rufe seines Brigadiers folgend, brachte er denselben mit Mühe in die Wohnung des Bauers Joseph Amberger zu Pirka, wohin 700-800 Schritte waren.
Dort angelangt übergab Baierl seinen Brigadier dem genannten Bauern zur vorläufigen Bewirthung und eilte zum kgl Landgerichtsarzt Dr. Pregler und zum kgl. Landgericht Viechtach. Zugleich wurde auch ein Seelsorger requiriert
"


Detail aus der Luftbildarstellung  von Bayernatlas.de, die beiden alten Hausnummern 3 und 11 



Der Herr Kooperator Fischer von Viechtach war der erste, der den Brigadier in seiner misslichen Lage getroffen hat. Gleich nach diesem kam der genannte LGarzt an Ort und Stelle an, welcher Folgendes getroffen haben will: „ Brigadier Sommer lag bei dem Bauern Joseph Amberger nach seiner Verwundung auf einer Bank auf welcher bereits ein Bett zurecht gerichtet war in halb sitzender, halb liegender Stellung mit Montur, die verwundete Hand in einer großen mit kaltem Wasser gefüllten Schüssel, leichenblass, außerordentlich matt und erschöpft, aber bei Bewusstsein.
Nach Abnahme seiner Montursstücke wurde er zeitweilen von Ohnmacht befallen, der Puls war außerordentlich klein und schwach, die Blutung aus der Hand, Bauch und Schenkelwunden war seh bedeutend.
Kurz, sein damaliger Zustand war sehr bedenklich“

Der Häusler Zitzelsberger stand bisher in gutem Rufe, dass er ein Mitglied der Heiglschen Bande ist, war gar nicht bekannt, dieses war auch die Ursache, dass Sommer nicht wußte, mit wem er es zu tun hatte.
Das Landgericht Viechtach, welches nun sogleich im Hause des genannten Zitzelsberger Visitation vornahm, fand dort mehrere Effekten, Kleidungsstücke, wovon ein Hemd blutig war, Munition, ein Gewehr, welches wahrscheinlich bei dem genannten Raub zur Ihrlmühle mit geraubt worden ist, verschiedene Lebensmittel, ein Bett und Asenik.

Nun wurde zur Verhaftung des Häuslers Zitzelsberger geschritten, welcher anfangs alles leugnete, später aber erklärte, dass er aus Furcht vor dem Heigl nicht eingestanden habe, Michl Heigl von Beckendorf sei schon bereits 8 Tage in seinem Hause gewesen, obige Effekten und alles, was gefunden wurde, sei Eigentum des Heigl und er, Zitzelsberger, sei Geschwisterkind zum Heigl.

Dieser Häusler Zitzelsberger vom LG Kötzting kommend, machte sich erst vor kurzem zu Pirka ansässig, dieses war auch die Ursache, dass man ihn zu Viechtach nicht näher kannte.

Brigadier Sommer befindet sich dermalen im kgl Gendarmerie Lokal unter gerichtsärztlicher Behandlung, ist äußerst matt und erschöpft, wenigstens 14 Tage vergehen noch, bis er transportabel wird. Sein Leben wird durch diese erhaltene Verletzung nicht verkürzt sein, zum kgl Gendarmeriedienste wird er aber durchaus nicht mehr fähig sein. Da seine rechte Hand einer gefährlichen Behandlung unterliegt und wahrscheinlich ganz unbrauchbar werden wird.

Hier sind nun ganz besondere Details zum Vorschein gekommen.
Zitzelsberger Johann war also ein Geschwisterkind zu Michael Heigl. Zur Erinnerung - siehe der Heigl Beitrag Teil 2 -: Heigls Eltern hatten 1803 geheiratet und Heigls Mutter war eine geborene Zitzelsberger:
Heigl Josef, der Sohn des Beckendorfer Inwohners Wolfgang Heigl und der Anna, einer geborenen Egner aus Wettzell, heiratet am 8.2.1803 in Kötzting Anna Zisslsberger, die Tochter des Häuslers Georg und der Anna Maria geb. Dreger aus Grafenwiesen.
Die Trauzeugen waren der Schneider Adam Vest und der Häusler Josef Hasensteiner, beide aus Reitenstein
(Pfarrmatrikel Kötzting 408/84)


Ein Abgleich mit dem Urkataster zeigt uns Johann Zitzelsberger auf dem Haus - hier genannt als dem Restkomplex des ehemaligen halben Haimerl- oder Grotzhofes -  mit der Nummer 3 in Pirka.

StA Landshut Grundsteuerkataster von Blossersberg Nr. 10686 Urkataster von 1840


Auch der Staatsanwalt führt diesen Angriff auf die Beamten in seiner Liste als seine Nummer 43 auf und bemerkt am Rande, dass für diese Tat laut dem damaligen Strafgesetzbuch eine Zuchthausstrafe von  13-16 Jahren und anschließend von 4-8 Jahren Arbeitshaus vorgesehen sei.


Unterleutnant Clemens Fürst entscheidet, dass Andreas Suffa zur Brigade Viechtach abkommandiert wird und rügt im Nachhinein in mehreren Punkten das Verhalten des Brigadiers Sommer.
"aus dem Bericht des Hauptmanns Fürst geht hervor, dass Heigl und Consorten sich bereits 8 Tage in Pirka sich aufgehalten hatten ohne, dass die Gendarmerie Kenntnis davon hatten.
Dies bedeutet entweder, dass dieser Ort zu lange unbeobachtet geblieben war und /oder der Ortsvorsteher, dem die Anwesenheit unmöglich unbekannt geblieben sein kann, unzuverlässig sein muss, was die Gendarmerie doch auch wissen müsste.

An den Rand des Gendarmerieparrots notiert er : "…es geht ferner daraus hervor, dass Brigadier Sommer und Gend. Baierl obgleich sie vor der Haussuchung bei dem Zitzelsberger von ihm die Information erhielten, es sei kein Fremde im Hause, von der Unwahrheit dieser Aussage überzeugt sein mussten, da sie feste Fußtritte über sich warnahmen, und ohne die Verlogenheit des Zitzelsbergers und seines Weibes nicht entsinnen.
Zitzelsberger musste ihnen durch das Auffinden der entwendeten Spieldose schon als sicherheitsgefährlich erscheinen und es von daher bei der Beschaffenheit der Lokalität höchst unvorsichtig, ohne weiters in den oberen Teil des Hauses zu dringen, was auch die sehr bedauerliche Verwundung des Brigadier Sommer zur Folge hatte.
Es ist dies nun schon das zweite Mal, dass Heigl der Gendarmerie aus Mangel an Umsicht und Vorsicht entwischen und das Komp. Komdo wird ebenso weiters nicht verkennen, dass Sorgfältigkeit jener Inspektion dringend notwendig ist, und dass vorzüglich auf Intelligenz der dort verwandten Mannschaft zu sehen ist.

Der Leutnant Clemens Fürst in Kötzting

Zuerst ein kleiner Sprung zurück um eine Woche. Seit dem 8. Dezember 1852 befindet sich der "Unterleutnant Clemens Fürst" in Kötzting und beschreibt von nun an Seiten über Seiten von Berichten über seine Aktivitäten und Anweisungen für die hier stationierten Mannschaften.
Zuerst jedoch würdigt er die Maßnahmen, die Carl von Paur bereits durchgeführt hatte, die Verhaftungen und die Wirtshausschließungen.
"Diese Maßregeln und sind ganz geeignet, dem Heigl wenigstens jeden Zufluss allmählich ab zu schneiden. Wären diese Maßregeln früher ins Leben getreten und mit der nunmehrigen Energie durchgeführt wurden, so würde die habhaft Wertung des Heigls gewiss längst ermöglicht sein. Am 11. Dezember mittags 1:00 Uhr ging der erste Streifzug unter der Führung des Unterzeichneten über Beckendorf durch die Kaitersberger Waldung, durchstreifte die Rosenau, Hohenwarth, Gotzendorf, Bergpretzel und Schönbuchen, wo selbst auf der dortigen Anhöhen versteckt bis zur Tagesanbruch gelauert wurde, und kehrte sodann am 12. Dezember früh 7 1/4 Uhr nach Kötzting zurück.
Die erste von Lt Fürst angeordnete und von ihm selbst angeleitete Patrouille im Dezember 1852


Schon zwei Stunden nach dem fatalen Zusammentreffen Sommers mit Heigl war Leutnant Fürst durch einen Boten aus Viechtach informiert worden und traf noch am selben Abend in Viechtach ein, wo er sogleich eine Streife vor Ort anordnete und durch einen Boten nach Kötzting dort veranlasste, dass noch am selben Abend um 23.00 Uhr sich eine eigene Streife speziell Reitenstein, Reitenberg und die Wasenmeisterei vornahm. Als diese Streife um 6.00 Uhr morgens wieder einrückte, hatte sie zumindest den Inwohnerssohn Johann Baptist Zitzelsberger von Haus schnappen können, den sie als Heigls Mitwisser verhafteten.
Am nächsten Tag wieder zurück in Kötzting veranlasste er gleich noch für den Abend desselben Tages einen weiteren Streifzug über Beckendorf, Sperlhammer, Grafenwiesen, Watzhof, Schönbuchen, Gotzendorf und Kaltenbrunn.
Zeitgleich wurde von Cham aus eine Streife über Thenried, Rimbach, Schafhof, Offersdorf, Unterzettling, Oberzettling, Lichtenegg, Riebenzig und Hundzell und eine dritte von Furth in Verbindung mit Eschlkam aus, über Stachesried, Unterhaselbach, Neukirchen, Atzlern, Rittsteig, Kolmstein, Jägerhaus, Hall und Leonholz angeordnet.
Auch die Lamer Gendarmerie musste ausrücken. Ihr Gebiet erstreckte sich von Lam über Englshütt, Ottenzell, Haibühl, Auhof, Kummersmühle und Großmühle.
Arnbruck hatte den Bereich übers Eck, Schönberg, Ottmannszell, Trailling und Arrach abzudecken und die Viechtacher kamen über Pirka, Wettzell, Rogenmühle, Grub, Kammern, Arndorf, Reitenstein, Reitenberg, Vorder- und Hinterhudlach und Ober- und Unterschlsaign in den Kötztinger Raum herein.
Alle diese Streifen trafen am Morgen des des 14. Dezembers früh um 8 Uhr in Hohenwarth zusammen, wo sie sich wieder trennten und beim heimwärts gehen noch all die Orte und Waldungen visitierten, die sie beim ersten Teil der Streife nicht durchsucht hatten, so dass alle erst um Mitternacht auf ihren Heimatstationen eintrafen.
Nur die Viechtacher fanden bei ihrer Durchsuchungsaktion ein "mit Blut beflecktes Hemd, das Eigenthum des Heigl sein sollte."
Sofort am nächsten Tag führte der Gendarmerieleutnant Fürst erneut seine Kötztinger Mannschaft, verstärkt durch das Forstpersonal, in die Kaitersberger Wälder. Am selben Tag, wir sind immer noch am 15.12.1852, ging unter seiner Führung abends eine weitere Streife los, diesmal in Richtung Blaibach bis hinaus nach Zandt, wo sie mit dem Chamer Streifzug zusammentrafen und erst am 16.12.zur Mittagszeit wieder zuhause waren. Wenigstens den Chamern gelang ein Aufgriff; der wegen Straßenraubs gesuchte Josef Simeth ging ihnen ins Netz.
Auch die Mannschaften der anderen 4 Stationen waren erneut in den ihnen zugewiesenen Ortschaften und Wäldern unterwegs.
Und weiter gings: Am 16. Abends mussten erneut die Kötztinger die bekannten Wege von Beckendorf bis Gotzendorf durchsuchen, bis sie am 17. erschöpft um 2 Uhr Nachmittags wieder in Kötzting eintrafen. Sie hatten " mehrere bisher noch unbekannte Schlupfwinkel des Heigl gefunden und nahmen zu Arndorf mehrere gestohlene Gegenstände ab"
Auf dem Boden der harten Realität im Landgericht Kötzting aufgeschlagen, schrieb Fürst fast resignierend: " Die Kräfte sind aufgezehrt und trotz dieser übergroßen Anstrengung kein günstiges Resultat erzielt."
Seinen eigenen Leuten und dem Landgerichts- und Forstpersonal stellte Fürst jedoch ein sehr gutes Zeugnis aus; vor allem lobte er die letzten beiden, da diese ja "bei Tag seinen übrigen Obligenheiten nachzukommen hatten."
Auch war er gezwungen gewesen, "Landwehr zu requirieren, die sich diesem Dienst bereitwillig unterzog" und kommt am Ende zu eben denselben Schlüssen, die auch bereits vorher als Gründe für das Versagen herangeführt worden waren, das Gelände und noch viel mehr die Bevölkerung des Landgerichts Kötzting.

Die Ursachen für das bisherige Misslingen:

Wahrlich dies ist eine Aufgabe der trotz der Aufopferung alle zur Zeit zu Gebote stehenden Kräfte fast unübersteigbare Hindernisse im Wege stehen, die bei dem höchst ungünstigen Terrainverhältnissen in Verbindung mit der fast unglaublichen Schlechtigkeit der Bevölkerung noch keine Aussicht auf ein baldiges günstiges Resultat gewähren.

Über Tal und Hügel, von Fall zu Fall führt der Weg an die meisten Schlupfwinkel des oft genannten Heigl deren Bewohner, durch die nahe Waldung gedeckt, den Verbrecher mit offenen Armen empfangen.
Die Verstocktheit und Schlechtigkeit der Bevölkerung hat schon so tiefe Wurzeln geschlagen, dass selbst Kinder, wenn sie den Verstand erlangen zu Schlechtigkeit mit bestimmt werden, und selbe als würdige Abkömmlinge ihrer Ahnen hartnäckig leugnen, und so eingeschult sind, dass sie auf keine Weise zu irgendeiner Mitteilung zu bringen sind. Wenn auch einen oder dem anderen Gewissensskrupel kommen, so werden sie teils aus Furcht niedergehalten, teils aber hilft man sich durch eine Wallfahrt Heiligenblut bei Neukirchen, dort erlangt man durch Ablass gemeine Vergebung der Sünde und der Seele, wenn auch noch so schwarz, wird sie im dortigen Brunnen (Heiligenblut) wieder weiß gemacht, so der Volksglaube.

Wenn man Gerüchten Glauben schenken darf, so findet Heigl selbst in frommem Hallen ein sicheres Asyl; er liefert Wild und so ein Böckchen ist dem Herrn Pfarrer ein willkommener Bissen.
Nur dadurch, dass die Gegend beständig beunruhigt ist durch Streifen, visitieren etc. und dadurch, dass die Ablieferung der mit Heigl in Verbindung stehenden Individuen in Arbeitsanstalten, wenn auch nur wegen Dienstlosigkeit, fortgesetzt wird, werden diesem Verbrecher allmählich alle Mittel abgesehen und die Einwohner werden sich wohl hüten, ihn zur beherbergen, da sie keinen Augenblick mehr der Haussuchung sicher sind und sie bei geringsten Verdacht eingezogen würden.
Hiervon dürfte aber gar keine Ausnahme gemacht werden, sondern alles müsste den getroffenen Maßregeln unterworfen werden, denn bei der jüngsten Streife hat man Schlupfwinkel in Besitzungen entdeckt, von deren Besitzen man sich so etwas nicht versehen hätte.

Er schlägt vor eine halbe Kompagnie Soldaten hier zu stationieren und diese Drohung der militärischen Exekution auch wahr werden zu lassen, weil sonst die Ortsvorsteher diese schon oft angedrohte aber nie vollzogene Maßnahme als Schwäche der Behörden auslegen würden.
gez. Fürst Lieutenant.
 

Hauptmann Frays, der Vorgesetzte Fürsts, nimmt den Bericht entgegen und reicht den Inhalt - seine eigenen Formulierungen benutzend - an das Innenministerium weiter, nicht ohne auf Kostenersatz zu drängen für den 11 tägigen Sondereinsatz des Leutnants Fürst, der mit fast 50 Gulden zu Buche schlägt.  


Hauptmann Frays in Kötzting 



Am 21. Dezember schreibt Hauptmann Frays seinen Bericht fürs Ministerium noch aus Landshut und  am 23. Dezember 1852 trifft er bereits selber in Kötzting ein, und lässt sich, ähnlich wie zwei Wochen vorher der Leutnant Fürst, zunächst einmal über alles berichten.
Am Heiligabend 1852 formuliert er das Ergebnis seiner Beratungen und kommt eigentlich auch zu keinem anderen Ergebnis, wie seine Vorgänger und meinte: "Heigl ist zu schlau und vorsichtig um auf solche Art sich zu überliefern. Es ist hier die größte Verschwiegenheit und Vorsicht nötig um zum Ziel zu gelangen; derselbe muss vor allem wieder sicher gemacht werden, es muss ihm die Furcht vor Entdeckung wieder verlassen.  In jüngster Zeit wurde der Heigl in verschiedenen Richtungen gesehen, die einen wollen ihn im Landgericht Regen wieder andere im Landgericht Mitterfels und Viechtach gesehen haben. Nirgends hatte er eine bleibende Stätte, er fliegt von Ort zu Ort wie ein gejagtes Wild, ohne irgendwo einen längeren Aufenthalt zu nehmen..

Für den Abend des 24.12. lässt Hauptmann Frays drei Suchtrupps aus Kötzting, Lam und Arnbruck losmarschieren, zu deren gemeinsamen Treffpunkt er dann selber hinzustoßen möchte.
An Weihnachten 1852, um 2.00 Nachmittags, kam er dann von diesem Zusammentreffen zurück und berichtete, dass in Hohenwarth jedes einzelne Haus und sogar das Schloss des Herrn Schrank durchsucht worden war....... Ergebnis: Nirgends eine Spur vorhanden.

Weiter berichtet er, dass den Gendarmen immer mehr und immer öfter falsche Spuren gelegt würden.
"Diese anhaltenden Streifen, welche die Kräfte der Mannschaft nur aufreiben, aber bisher ohne Resultat waren, scheinen überhaupt hier nicht mehr auszureichen. Durchsucht man auch alle verdächtigen Häuser und Winkel, so ist Heigl gewiss bei einem in gutem Rufe stehenden Bauern zugekehrt, nicht selten wurde er bei einer angenommenen Streife in entgegengesetzter Richtung gesehen, obwohl vorher sichere Nachrichten seinen Aufenthalt in der einmal eingeschlagenen Streifrichtung bezeichnet hatten. Überall hat er Zuträger und Freunde; selbst Kinder geben auf Befragen falsche und befangene Antworten und werden bei derartigem Ausforschen durch das Gebärdenspiel der Älteren beherrscht. Während der in der vorhergehenden Woche vorgenommenen allgemeinen Streife, gleich nach dem Vorfall in Pirka, soll Heigl in Kleinaign als Rosenkranzhändler und in Warzenried und Hinterbuchberg, als Bettler gekleidet, gesehen worden sein. So irrt derselbe von Ort zu Ort, stets durch Waldungen, zeigt sich nur selten auf Straßen und auf kurze Zeit in Häusern"

Nachdem die Streifpatrouillen nichts gebracht hätten, schlüge er nun folgende Maßnahmen vor:

"Es sind nämlich sowohl im Patrouillenbezirk Kötzting wie Lam zum großen Teil jene Wege und Richtungen bekannt, wo Heigl sehr häufig gesehen worden sein soll, doch natürlich zu ganz verschiedenen Zeiten, gewöhnlich aber abends oder in aller frühe. Diese Punkte nun fortgesetzt zu bewachen, dürfte das einfache Spähen und Vigilieren von 2 Mann hinreichend erscheinen. Es werde nun jeden Abend und früh morgen 2 Patrouillen, jede zu 2 Mann nach verschiedenen Richtungen, an einen gewissen Ort im Wald geführt, wo Heigl sehr oft zu den herum liegenden Einzelhöfen herüberwechselt. Diese Punkte werden bewacht und nicht viel verändert. Die Patrouille hat sich wenig zu bewegen, sondern nur zu lauschen und zu spähen, wie auf dem Anstand gegen ein Wild. Jede Bewegung würde dem herannahenden Verbrecher die Nähe von Menschen verraten und zu Vorsicht mahnen. Diese Maßnahme wird natürlich ohne alle Unterbrechung tag täglich fortgesetzt, bis neue Anzeichen, weitere Streifen veranlassen.

Er wirbt um Zustimmung zur Verstärkung der Stationen und dass dies Männer auch Zivilkleidung tragen dürften. Auch das Laden der Gewehre mit Schrot solle erlaubt werden und empfiehlt sich mit seiner Unterschrift..

Unterschrift  Frays Hauptm.



Am Rande des Berichts von Hauptmann Frays, der ebenso wie Leutnant Fürst mit leeren Händen wieder nach Landshut zurückkehren musste - ich möchte nicht wissen, wie die beiden im warmen Büro in Landshut sich über die Bevölkerung im Kötztinger Raum ausgetauscht haben, wenn sie schon in ihren Berichten kein Blatt vor dem Mund genommen hatten - schrieb das Generalkommando die Notiz für seine Antwort:
"Auf den von Hauptmann von Frays erstellten Bericht:
Die gewünschte Beorderung von 7 Gendarmen zur Verstärkung der Brigaden in Kötzting und Viechtach wird bei der Regierung vorgelegt und wohl genehmigt.
Der Wunsch, dass die Mannschaft sich „nunmehr grobem Schrot und nicht einer Kugel bedienen solle, wird genehmigt, aber dies ist nur mit Vorsicht zu gebrauchen, sodass nun wenigstens ein Mann einer Patrouille mit Kugel geladen haben solle, um auch auf große Entfernung wirken zu können.
Lauerposten sind genehmigt.
Es scheint, dass Heigl vorzüglich den obern Teil des Thales des Weißen Regens zum Aufenthalt nimmt, wo ihm die gegen dem Ossa und Lohberger Glashütten-Wald, gegen Bayrisch Eisenstein, den Arber und den Lamer Wald gelegenen Glashütten und forstliche Einzelhöfe sowie den Waldungen und vielen Schluchten sichere Schlupfwinkel bieten können.
Wenn die gefundenen Notizen nichts anderes an die Hand geben, so wird besonders diese Gegend im Auge zu behalten sein.
"

Neben dem Bericht für seine Vorgesetzten verfasste Hauptmann Frays auch Regeln für zukünftige Spähstationen. 
Eindeutig sprach er den vor Ort agierenden Bridagiers Suffa und Schmidt sein Vertrauen aus, legte folgende Verhaltensregeln für die Spähposten fest und auch, auf welche Art Visitationen in Häusern zukünftig vorgenommen werden sollten, um ein ähnliches Fiasko wie in Pirka zu vermeiden..


"Jeden Abend sobald es anfängt zu dämmern wird eine Patrouille von 2 Mann und zwar von den Stationen Kötzting, Viechtach, Lamm, Arnbruck in folgender Weise aufgestellt.
2 Mann von Kötzting stehen in der Richtung zwischen Abdecker und Grafenwiesen
2 Mann von Viechtach zwischen Stockmühle und Wettzell
2 Mann der Station Arnbruck zwischen Stanzen und Eck
2 Mann von Lam zwischen Eschlsaign und Hinterhudlach

Diese Posten werden mitten im Walde, auf dem Fußwegen wo möglich an einem Platze, wo sich mehrere Fußwege kreuzen, aufgestellt und bleiben stehen bis 10 Uhr abends.
Dem andern Tages früh 2 Uhr begibt sich eine andere Patrouille auf denselben Platz und lauert gleichfalls wieder bis zur 7. Oder 8. Stunde des Morgens. In dieser Weise werden jeden Abend und Morgen die Posten ohne irgend eine Unterbrechung aufgestellt und die beiden Brigadierskommandanten werden sich öfters gleichfalls in Begleitung eines Gendarmen von dem richtigen Vollzug dieser Anordnung Überzeugung verschaffen. Zu bemerken habe ich jedoch noch, dass diese Patrouillen nie denselben Weg einschlagen, sondern immer nach verschiedenen Richtungen auf diese Posten abgehen, damit alles Aufsehen vermieden bleibt.

Wird diese Maßregel ununterbrochen fortgesetzt, so kann Heigl nicht entgehen, und wird sicher einmal während seinen Wanderungen durch die Wälder auf einen der aufgestellten Lauschposten stossen. Ich brauche hierbei nicht zu erwähnen, dass diese Schleichpatrouille mit der größten Vorsicht zu Werk gehen hat, der Hahn des Gewehrs bleibt fortwährend gespannt und das Zündhütchen aufgesetzt. Jedes Bewegen und Sprechen ist zu vermeiden. Von drei zu drei Tagen, wenn nicht a0ßerorendtliche Mitteilungen früher eine Streife nötig machen, wird von den 4 oben bezeichneten Stationen nach den Waldungen hin und durch dieselben gestreift und alle auf dem Wege liegenden Einödhöfe und Ortschaften durchsucht.

Ich habe mich selbst überzeugen müssen und der beklagenswerte Vorfall mit dem Brigadier Sommer hat mir einen neuen Beleg hierzu geliefert, dass bei diesen Hausdurchsuchungen mit großer Gleichgültigkeit, wenigstens nicht mit gehöriger Vorsicht zu Werke gegangen wird.
Jedesmal ist der Häusler des durchsucht werdenden Hauses vorauszuschicken und unmittelbar demselben folgt ein Gendarm in Begleitung eines Fanghundes, mit gespanntem Hahn, jeden Augenblick bereit, von seiner Waffe Gebrauch machen zu können.

 
Ganz am Ende des Jahres, am 28.12.1852, greift  Carl von Paur noch ein paar unerledigte Vorgänge auf.
1. Für den im Kötztinger Gefängnis immer noch einsitzenden Michael Raimer möchte er eine bessere - sprich sicherere - Fronfeste finden und korrespondiert mit benachbarten Landgerichten. in Kötzting 

2. Über die Theresa Pritzl von Gotzendorf: .... so wurden alle ergriffenen Verfolgungsmaßregeln auch auf diese Person derselben in der umfassendsten Weise ausgedehnt, wie eine hohe Kreisstelle aus dem Berichte des zur Organisierung der Streifen dahier längere Zeit anwesenden Gendarmerieleutnants Fürst von Deggendorf mittlerweile gnädigst entnommen haben wird. Ihrer speziell in den bisherigen Berichten zu erwähnen, hielt man nicht für nötig, da sie bisher für minder gefährlich gehalten wurde, und sie erst bei der jüngsten stattgefundenen Verletzung des Brigadier Sommer von Viechtach ihre Verwegenheit und hohe Gefährlichkeit an den Tag gelegt hat
.
Hintergrund dieser Verschärfung ist, dass sich mittlerweile herausgestellt hatte, dass Therese Pritzl bei dem Zusammenstoß in Pirka offensichtlich mit vor Ort gewesen war.

3. Desgleichen befinden sich 4 der Verbindung mit Heigl teils überwiesener, teils dringend verdächtiger Individuen da hier in Detention und werden noch geschlossener Instruktion der Akten nach Kloster Ebrach abgesendet vorbehaltlich der Detentionsdauer durch eine hohe Regierung. Das Kloster Ebrach beherbergt auch das Arbeitshaus.

4. Weiter sah man sich veranlasst zu kräftigen Organisierung der Streifen und nachdrucksamen Verstärkung des zur Disposition stehenden Vigilanzpersonals einen dringenden Aufruf zur freiwilligen Teilnahme an diesen Streifen an 9 der beteiligten Gemeinden zu erlassen, zu diesem Behufe die 9 Gemeindevorsteher vor Amt geladen, sie über den Zweck dieser Maßregel zu belehren und sie zur energischen Durchführung der selben aufzufordern.
Wie man sich solch eine Vorladung der Gemeindevorsteher vorzustellen hat, wurde im Film sehr schön dargestellt, es ist eine der schönsten Szenen im Heigl-Film von 1973

Szene aus dem Heigl-Film, als die Ortsvorsteher vorgeladen und instruiert wurden.
v.l. Baumann Hans (Fendl), Stoiber Karl (Roschberger), Bachl Hans (Bgm von Rimbach), Gmeinwieser Franz, Hierstetter Alois - "Meindl Alis" -  aus Walting. Vielen möglicherweise auch als Pfingstreiter in Erinnerung, der die Zügel seines Pferdes an seiner "Eisenhand" befestigt hatte, sein Pferd in Steinbühl auch nicht verließ, sondern die ganze Zeit auf seinem Pferd vor der Nikolauskirche in Steinbühl sitzenblieb. Bauer Karl 

Es blieb nicht ohne Resultat. Von der Gemeindeverwaltung Hohenwarth haben bereits sämtliche aktiven Gemeindemitglieder, 42 an der Zahl, den Sinn für Legalität durch ihr freiwilliges Erbieten zum Streifen durch Unterschrift erklärt, während in der Gemeinde Grafenwiesen 11 ledige Burschen unlängst auf den Michael Heigl aus eigenem Antrieb eine Nacht lauerten. Aus diesem, wie wohl einzeln stehenden, Ereignisse geht hervor, dass die traurige Popularität des Michael Heigl durch schlaues Benehmen und verschiedene künstliche Mittel erworben, beim Landvolk die Wurzeln verliert, sowie die für ihn vorhandenen Sympathien durch die Tag und Nacht fortgesetzten Hausvisitationen, endlich in entscheidender Abneigung gegen ihn übergehen werden.

"Ist aber dieses einmal der Fall, so wird seine Habhaftwerdung wesentlich erleichtert werden, umso mehr, als die wirklich lobenswerte und aufopfernde Tätigkeit des hiesigen Gendarmerie und Forstpersonals sowie des Kaminkehrers Diermayer dahin, der bei jeder Gelegenheit sich an den Streifen beteiligt, und den Heigl bei einer solchen Streife früher schon zwei Schüsse beigebracht hat, nichts Mehr zu wünschen übrig lässt.

Dem hohen Befehle gemäß ist man auch schleunigst mit den böhmischen Bezirkshauptmannschaften und den umliegenden Polizeibehörden unter Mitteilung des Signalements des Michael Heigl ins Benehmen getreten. Seine Individualität ist gegenwärtig umso mehr ausgezeichnet, als nach glaubwürdigen Depositionen mehrerer Zeugen, Heigl eine von der Stirne bis zum Munde sich herabziehende kaum vernarbte Wunde trägt, die er Zweifels ohne bei dem Raub in Irlmühle erhielt – da eine Person dort verwundet wurde, und er sich im Besitz von Gegenständen befand, deren Identität mit den dort Geraubten bereits hergestellt is
t.

Am selben Tag noch bringt Frays einen weiteren schlauen Plan zur Ausführung - er möchte halt nichts unversucht lassen:
Der Unterzeichnete (Hauptmann Frays) benötigte ferner noch einen sehr schlauen, entschlossenen Gendarm, welcher in dieser Gegend gänzlich unbekannt ist und berief den erst vor kurzem nach Eichendorf kommandierten Gendarm Lutz nach Kötzting da dieser Mann in jeder Hinsicht verwendbar und zu der für ihn bestimmten Aufgabe tüchtig erscheint. Derselbe ist nämlich angewiesen, als Jäger gekleidet, die Waldungen zu durchstreifen, die von Heigl öfters besuchten Orte, wovon Hohenwarth der Mittelpunkt ist, zu überwachen, hier Spähe zu halten, ohne Aufsehen oder Verdacht zu erregen und so vielleicht einen ständigen Aufenthalt des Heigl auszumitteln. Diesem ganz verlässlichen Gendarm musste jedoch auch die Erlaubnis erteilt werden, nicht im Gendarmerie Lokal zu übernachten, überhaupt jeden öffentlichen Verkehr mit der Gendarmerie Mannschaft zu vermeiden. Für dessen Unterkunft ist vom Posthalter Schrank zu Kötzting, Besitzer des Schlosses von Hohenwarth, welcher ein sehr braver und gutgesinnter Mann ist, geeignete Vorsorge getroffen.
Gendarm Lutz wird in der Eigenschaft als Holzaufseher und Jäger in Hohenwarth erscheinen und dadurch keinen Verdacht erregen.
Nur durch solch außerordentliche Mittel ist ein Gelingen möglich und Gendarm Lutz scheint dem Unterzeichneten nach allen bisher genommenen Erfahrungen der Mann zu sein, diese Aufgabe zu lösen, da er schon vielfache Beweise an unerschrockenem Mute und seltener Schlauheit gegeben hat. Derselbe wird vom Unterzeichneten mit den genauesten Instruktionen versehen werden.
Die Verstärkungsmannschaften sind eingetroffen.


Nach Silvester lieferte Brigadier Suffa seinen ersten Bericht über den Zustand des verletzten Stefan Sommer ab:
"Der Schuss, welcher dem Brigadier Sommer in Unterleib und im linken Schenkl verwundete, ist bis auf drei Schrottlöcher geheilt. Diese drei Löcher, welch noch offen sind, werden auch bald geheilt sein.
Die Wunde in der rechten Hand wird täglich schöner, jedoch ist selbe noch bedeutend und ist Sommer wegen dieser Wunde noch nicht transportabel. Schmerzen hat er noch ungemein viel und muss ihm durch die Warterin das Essen eingegeben werden"

Hier noch einmal ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:
Hier der link auf die bisher veröffentlichten Teile zum Thema Räuber Heigl.


Wird fortgesetzt

Freitag, 24. März 2023

Kötztinger Häuserchronik - beim Krämer Metzger

  Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


alte Hausnummer 54

beim  Metzger

Akh Repro 123 um 1900. Gesichert vor 1904, da der im Bild links abgebildete Marktbrunnen im 
Zuge des Baus der Druckwasserleitung abgerissen wurde, um einen "sanften" Druck auf die
Kötztinger Hausbesitzer auszuüben, sich an diese Wasserleitung anschließen zu lassen.

Detail aus der Uraufnahme von 1830 aus Bayernatlas.de


Catharina Diemer



Die Liste der gesicherten Hausbesitzer beginnt mit einer Frau, Catharina Diemer, die in einer ersten Bürgerliste auftaucht, die kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg im Jahre 1645 erstellt worden war.
StA Landshut Regierung Straubing A 535 


Dort finden sich in der Liste - wobei sogar die reale Nachbarschaft ziemlich korrekt in der Liste abgebildet ist ... unter Berücksichtigung von einigen Brandlücken.
"Schleglische Behausung
Georg Pfeffer
Georg Dorsch
Catharina Dienerin"

Mit diesem ersten Beleg ist es nun möglich nachzuforschen, ob Catharina Diemer auch noch in anderen Archivalien zu finden ist.

Als im Jahre 1636 der damalige Kötztinger Pfarrer eine "Seelenbeschreibung" seiner Schäfchen zusammenstellte, ist die Witwe Catharina Diener mit ihren Kindern eine der Basisfamilien für den Neuaufbau Kötztings.

PfA Kötzting Band 1
Catharina Dienerin vid: (vidua = Witwe)
Michel Hersch fam:(famulus = Knecht) Marg:(aretha) Inf: (Infans = Kind)
f: (filia= Tochter) Ammellia 7 Jahr

Einschub:
Das Name "Diemer"/"Diener" kommt in Kötzting nur zu dieser Zeit vor, weshalb ich es für sehr wahrscheinlich halte, dass der im Jahre 1606 erwähnte Wolf Diemer vermutlich zu diesem Familienverband gehört. Auf jeden Fall wurde er als Bürger und Hausbesitzer bezeichnet. Er könnte Catharinas Schwiegervater gewesen sein; um ihr Mann gewesen zu sein, scheint er bereits zu alt zu sein.

PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1606

"Wolfen Diemer Burgers ist verlichen darummen er sein im Markht habende Behausung zu einem underpfandt verschrieben. Zins Zeit Georgj  30 Gulden"
Einschub Ende

Aus dem Jahre 1650 haben wir dann den nächsten Nachweis für die Witwe Catharina, in den Kötztinger Spitalrechnungen, die leider so verblasst sind, dass sie sich in einem fast nicht mehr lesbaren Zustand  befinden..
StA Kötzting Spitalrechnung von 1650

"Von Catharina Diemerin alhir ab den lauth der Verschreibung auf Irem Heußl am Pichel ligent, und verschrieben 20 fl Hauptsumma, den Zinß zu Bartholomey empfangen 1 fl".

Am 11. April 1651 verkaufte Katharina Diemer ihr Haus an den Kötztinger Schuster Gabriel Prantl.

Prantl Gabriel und Katharina


Das neue Käuferpaar veräußerte vorher ihr "Behausung vor der Pruckhen" an Wolfgang Urmann um 130 Gulden und erwirbt danach das Haus der Witwe Diemer.
StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1651
 

"Khauf
Catharina Diemer burger alhir zu Khötzting, neben erbettner Anweisung und beistand Blasien Diemers in der Lamb verkauffen die Behausung am Püchel, zwischen georgen Torschen Satlers und Wolfen Pachmayr Webers Heüsern ligent, nichts allein in Herberg auf ein halbs Jahr außgenommen, dem erbaren Gabrieln Prändl burgern und Schuhmachern alhir, Catharina seiner ehelichen Hausfrauen, per 152 fl 30 xr rechte Kaufsumma, ain Reichstaller und redo 2 Paar Schuech leykauf...."

Auch hier haben wir erneut ein Beispiel, wie die Verkaufsbriefe in den Zeiten vor der Einführung von  Plan- oder Hausnummern uns helfen können, ein einzelnes Objekt zu lokalisieren.
Das Haus legt "am Püchel", was der damalige Name war für das ganze Ensemble zwischen Meidinger und der Metzgerei Ritzenberger - nun Privathaus Sperl -,  und zwischen dem Sattler Dorsch (Hausnummer 53, Aschenbrenner) und dem Weber Wolf Pachmayr, was gleichzeitig bereits wieder eine Einstiegshilfe darstellt für die Chronik den nächsten Hauses.

Beim Verkauf seines Hauses am heutigen Spitalbereich vor der Oberbergerbrücke erhält Gabriel Präntl sofort 70 Gulden, den Rest der Kaufsumme dann in weiteren Zahlungsfristen. Genau diese Zahlungsbedingungen geht er auch bei seinem eigenen Kauf ein. Auch die 20 Gulden an Grundschuld beim Kötztinger Spital hat er zu übernehmen. Der Wiesmüller (Wißing) Georg Lärnbecher macht den Bürgen für Gabriel Prantl.

Schon vor dem Einkauf des Schusters Gabriel "Präntl" herein in den Markt im Jahre 1651 lässt er sich in den Akten belegen.
Im Jahre 1638 steht er vor dem Landrichter und sieht sich einer beachtliche Geldstrafe in Höhe von fast 3 1/2 Gulden gegenüber, die er durch eine öffentlichen Demütigung an der pfleggerichtischen Schandsäule ausgleichen kann. Das Vergehen: Beleidigung des Kötztinger Amtskammerers.


StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1638

"Cammerer und Rathe des Marckht Khözting haben Gabrieln Prändl burgern und Schuechmachern alda, umb willen er in bezechter Weiß dem Ambtscammerer mit gefassten  Zorn in das Hauß  geloffen, demselben neben gar groben Gottslestern, zwar spöttlich zuegerödt und niemallen kheinen Gehorsamb laisten welle, den churfrtl Rath und Herrn Rentmaister p. in die Straff vorgeschrieben, weillen er sich aber entschuldiget, daß er ihme vollbezechter Weiß beschechen und khein Iniurij voryber gangen, auch sonsten eines guetten Berueffs und ain Handwerchs, ist er zu Ght remittirt: und wegen der Gottslesterung an die Schandsäll schlagen zelassen bevolchen: alda er hernach abgestrafft worden, in Ansehung seiner Unvermögenheit per 3 Pfund Pfennige thuett 3 fl 25 1/2 xr."

Einschub
Vergehen des Fluchens (=Gotteslästerung) wurden vom Landrichter in Vertretung des Rentmeisters behandelt und verurteilt. Strafen aus dieser Kategorie waren Einnahmen des Rentmeisters, die dieser bei seinen Umritten dann auch abkassieren konnte. In diesem falle jedoch ging der Rentmeister leer aus, da der Täter kein Geld hatte und statt dessen lieber die Schandsäule wählte....
Die Schandsäule des Pfleggerichtes war außen an der Kirchenburg, vor der Zugbrücke angebracht, damit die Kirchgänger den Delinquenten dann auch ja sehen mussten und die Demütigung besonders erfolgreich war.
Einschub Ende
Gabriel Pantl ist Kraft der "ausgangnen churfrtl Mandaten .2. Stund an der Schandsaull zur STraff geschlagen worden. Aber an Gelt     Nihil"  (=nichts)

Am 1. Mai des Folgejahres - die Zahlungsfristen stehen an -, leihen sich die beiden 60 Gulden vom Wiesmüller Georg Lärnbecher, der ja bereits beim Hauskauf als Bürge für die beiden gerade gestanden hatte. Interessant ist hier der gesetzlich vorgeschriebene (männliche) Vertreter der Ehefrau, der Eschlkamer Bürger und Lederer Wolf Raith, was unter Umständen einen Hinweis geben kann, woher Katharina Präntl abstammte. Als Sicherheit für sein geliehenes Geld lässt sich Lärnbecher als der "erste gewehrer und zaller" eintragen, dass er also bei allen möglichen folgenden Schulden an erster Stelle der Sicherheiten stünde.

Mit demselben Datum quittiert Katharina Diener, dass Gabriel Prändl ihr den Kaufschilling "völlig entricht und bezalt" habe.

Zwei Jahre später bereits, am 5.5.1653 steht Gabriel Prändl in den Kötztinger Sterbematrikeln und die Grundschuld beim Spital wird nun auf seine Witwe überschrieben. 
StA Kötzting Spitalrechnung 1653

 "Von der Catharina Dienerin, anietzten Maria(?) Gabrieln Prändls gewesten burgern und Schuechmachern alhir seel hinderlassnen Wittib, ab dem Lauth der verschreibung auf dem Heußl am Püchl ligent und verschriebnen 20 fl Hauptsumma, dem Zünß zu Bartholomei empfangen 1 fl"
Derselbe Text erscheint auch in den Rechnungsbüchern von 1656 und  1657.
Dieser Text mit den drei Eckdaten der Schuldensumme von 20 Gulden, dem beliehenen Objekt, dem Haus auf dem Pichel, und dem Zinstermin, Bartholomaeus, stellen nun den Anker dar, um die nächsten Besitzerwechsel belegen zu können. Andere Nachweise gibt es leider nicht, da die Briefprotokolle erst mit dem Beginn des 18. Jahrhunderts einsetzen.

Hans Poll und Eva


In der Spitalrechnung von 1659 und 1660 findet sich die nächsten Einträge mit diesen "Eckdaten", als der Mauerer Hans Poll seine Zinsen von 1 Gulden jährlich für die Schuldsumme von 20 Gulden für sein erkauftes "Haus am Püchl" bezahlen muss, wieder  "auf Bartholomaee".
StA Kötzting Spitalrechnung von 1660
"Hanns Poll Maurer und Burger alhir auf sein Haus am Püchl verschriben 20 fl: den Zins auf Bartholomae empfangen 1 fl"

Im Zeitraum nach dem Dreißigjährigen Krieg lassen sich drei Linien der Poll-Familie nachweisen.

PfA Kötzting Matrikel Band 1 Status animarum 
Poll Hans, ein Schreiner, mit seiner Frau Caecilia

PfA Kötzting Matrikel Band 1 Status animarum 
Poll Hans, ein Bäcker, mit seiner Frau Magdalena

PfA Kötzting Matrikel Band 1 Status animarum 
Poll Hans  mit vier Kindern: Affra, Barbara, Hans und noch einmal Hans
Die ersten beiden Einträge stammen aus dem Jahre 1636 und in dem letzten Eintrag stammt der obere Teil (Petter Milbauer) ebenfalls von 1636. Der nachfolgende Zusatz mit Hans Pohl wurde jedoch erst in den Jahren 1657-1659 nachträglich ergänzt.
Aus dem Jahre 1674 kennen wir einen Hochzeitseintrag, der uns ein Stück weitere Sicherheit dafür gibt, dass es sich beim dritten Eintrag um unsere gesuchte Familie Poll handelt.
Nicht alle oben angegebenen Kinder lassen sich auch in den Taufmatrikeln wiederfinden, was aber in dieser turbulenten Zeit des Dreißigjährigen Krieges nicht außergewöhnlich ist. 
Die Tochter Affra wurde 1638 geboren - also wurde der obige Eintrag 1657 ergänzt, - ihre Taufpatin eine Affra Fischer, Ehefrau des Färbers Christoph Fischer
Einschub
Die deutlich unterschiedlichen Handschriften im Eintrag zusammen  mit den Altersangaben der Kinder  ermöglichte es  die Einträge genauer zeitlich einzuordnen.  
Einschub Ende
Im Jahre 1648 lässt sich der erste "Hans" und 1652 dann der zweite Sohn "Hans" Poll in den Geburtsmatrikeln nachweisen; in beiden Fällen heißt der Taufpate Hans Decker und stammt aus Fessmannsdorf. Bei den letzten beiden Geburten ist auch der Vorname der Mutter angegeben, sie hieß Eva.
Schaut man sich nun den obigen Eintrag noch einmal an, so heißt die Tochter des Besitzers von 1636 Eva Milbauer. Ob es sich dabei um die Ehefrau des Hans Poll handeln könnte, ist jedoch eine reine Spekulation.
Ein weitere Beleg für diese Poll-Familie kommt dann aus dem Heiratseintrag eines der obigen "Hans Poll", der in einer wunderschön ausgearbeiteten Form im Matrikelbuch Kötztings vorliegt.

PfA Kötzting Matrikel Band 2
MATRIMONIA
AB ANNO MDCLXXIV
Januarj

den 29. des in Ecclesia Parochiali Khezting seint copuliert wordten Hans Poll Hansen Pollen gewesten Burgers und Maurers alhi seel: Eva seiner hinderlassenen Hausfrau ehelicher Sohn zu Khezting, und Dorothea Schindlerin Hansen Schindlers burgers zu Khezting Elisabetha seiner Ehefrauen eheliche Tochter....
Coram Testibus Dno Andreä Billich et Michael Strigl Ludimagister
P: Thoman Stüfler
Pfarrer

Hans Poll war also Mauerer, er war verheiratet mit einer Eva und er ist vor dem Jahre 1674 verstorben.
In den ersten Dokumenten, die sich nach der Brandkatastrophe 1633 erhalten haben, finden sich drei Familien Hans-Poll, die zeitgleich in Kötzting lebten und arbeiteten, ein Schreiner, ein Bäcker und eben unser Mauerer.
Vom Schreiner Hans Poll wissen wir, dass er in dem kleinen Eckhaus im unteren Markt gelebt hatte, aus dem in späteren Jahrhunderten die beiden Anwesen Schuhhaus Liebl und Dullinger durch Teilung entstanden waren. (Hausnummern 102 und 103)
Es steht zu vermuten, dass zumindest der Schreiner und der Mauerer Hans Poll eng verwandt waren, denn als der Schreiner Hans Poll im Jahre 1652 verstarb, verpachtete seine Witwe Brigitta Poll ihr Haus "am Kirchweg neben Wolf Kirchmeiers Haus beim Padbrunnen liegend" an den Mauerer Hans Poll und dessen Ehefrau Eva für drei Jahre um 6 Gulden 20 Kreuzer..
In einer sich direkt im Briefprotokollband anschließenden Schuldverschreibung verschreibt die Witwe Poll das Haus am Kirchweg an Cäcilia und Anna, zwei Töchter des verstorbenen Schreiners Martin Poll.
Die Genealogie der Familie Poll sieht für mich in Teilen ( den Bäcker kann ich noch nicht zuordnen) so aus

Martin Poll Schreiner

Hans Poll, Schreiner, und  Brigitta   Hans Poll, Mauerer, und Eva
                                                               Hans Poll, Mauerer, und Dorothea
  
Wie eingangs bereits erwähnt, scheint Hans Poll das Haus am Pichel - und um dieses geht es ja  zunächst - kurz vor dem Jahre 1660 gekauft, es aber dann bereits im Jahre 1665 weiterverkauft zu haben, weil er in diesem Jahr das vorher nur gepachtete Haus am Kirchweg- vermutlich sein Elternhaus - erwerben konnte. Beide "Deals" lassen sich über die Umschreibungen der Grundschulden belegen.
Spitalrechnung von 1664: Hans Poll bezahlt seine Schuldzinsen noch vom haus am Pichel

Spitalrechnung 1665: "Hansen Pohl Maurer, iezt Wolf Georg Esterreicher burger und Riemer alhir, hat auf seinem erkhaufften Haus am Pichel ......."

Hans Poll der Schreiner, nun ja verstorben, hatte seine Grundschuld, ebenfalls 20 Gulden, bei der Pfarrkirche Kötzting, eingetragen und hier wird nun auch der zweite Besitzwechsel protokolliert.
Kirchenrechnung von 1665

"Hannsen Poll gewesten Burgers und Schreiners alhir seel Erben, aniezt Hans Poll Maurer hat 20 fl ybernommen, hierumben die Behausung bei dem Padtbrunnen, dabei sein Hausfrau sich der weiblichen Gerechtigkeiten verzigen, verschriben, haben den Zins zu Weihnachten bezalt."
Über den Mauerer Hans Poll stehen viele kleine Handwerkerleistungen in den Rechnungsbüchern, da diese aber allesamt erst in der Zeit erbracht wurden, als er sich auf dem neuen Haus eingekauft hatte, werden diese "Lebenszeichen" des Mauerers auch erst dort behandelt.

Wolf Georg Österreicher und Kieninger Maria


Von Wolf Georg Österreicher, einem Sohn des Rotlederers Andreas Östereicher (alte Hausnummer 68) wissen wir ebenfalls nur sehr wenig. Im Jahre 1665 hatte er offensichtlich das kleine Haus gekauft und drei Jahre später heiratete er Maria, die Tochter des Hans Khieninger, auf dessen großes Marktlehen (alte Hausnummer 19 - ehemalige Bäckerei Pongratz) er dann im Jahre 1675 wechselte. 
PfA Kötzting Pfarrmatrikel Band 1 Heiratseintrag 
Wolf Österreicher mit Maria Khieninger 1668


"Wolf Georg Essterreicher Burger und Riemer alhir und Maria sein Eheweib, haben von ihrem Schwager und Brudern Georgen Khieninger in Erkauffung dessen Behausung 50 fl ybernommen, de sye inhalt Schuldtverschreibung de dato 29. Jenner anno 1676 mit weiblichen Verzicht, darauf versichert, geben zu Lichtmessen zünss   2 fl 30 kr"
 Wolf Georg Österreicher war also vermutlich kurz nach seiner Heirat vom kleinen Haus am Pichel hinauf an den Kötztinger Marktplatz gezogen und hatte das Haus verkauft.
In der 1676er Spitalrechnung jedenfalls heißt es noch: " Hannß Pohl Maurer iezt Wolf Georg Esterreicher Riemer alhie; und Maria sein Hausfrauen .....". 1677 erfolgt dann der Verkauf des Hauses und der Wechsel in der Grundschuld.

Steidl Andreas und Maria Heinz


Auch beim nächsten Besitzerwechsel sind wir - wie oben bereits erklärt - auf die fortlaufenden  Schuldumschreibungen angewiesen.
Im Spitalrechnungsbuch von 1678 findet sich folgender Eintrag.
StA Kötzting Spitalrechnung von 1678

"Ander Steidl burger alhir, und Maria sein Eheweib, haben in erkhauffung Wolf Georgen Esterreicher Riemers alda Heusl am Pichel 20 fl an sich gebracht, hierumben Sye dann mit weiblicher Verzicht inhalt der Aufrichtung datiert den 10.xbris anno 1677 angezognes Heusl verschriben, geben zu Bartholomei zins 1 fl"
Unter dem Datum des 25.4.1663 - also bereits 13 Jahre vorher - findet sich dann die Hochzeit der beiden. 
PfA Kötzting Band 1 Seite 211
Hochzeitseintrag des Andreas Steidl - Sohn des Philipp Steidl und dessen Frau Barbara aus Hohenwarth - mit der Kötztinger Bürgerstochter Maria Heinz - Tochter des Wolf Heinz und dessen Frau Margaretha.

Während die beiden Vorbesitzer eigentlich nur durch die jeweilige Schuldverschreibung und den Hochzeitseintrag "aktenkundig" geworden waren, lassen sich von Andreas Steidl nun endlich auch einige "Lebenszeichen" in den Akten finden.
Im Jahre 1680 wurde er dabei ertappt - und auch bestraft -, dass er unberechtigterweise Fleisch verkauft hatte.
StA Kötzting Marktrechnung von 1680

"Unberechtigtes Fleischwerchen  1/2 Pfund
Ander Steidl Burger alhir, welcher nur ein Heisl besizt hat sich understanden etliche redo Schwein zu schlachten und das Fleisch pfundweis zuverkauffen, weillen er aber solches nit berechtigt, hat derselbe inhalt Raths Protokolls folio 30 per 1/2 Pfund Pfennige zur Straff erlegen müessen  34 xr 2 H:"
Im selben Jahr steht er mit einer Handwerksleistung im Rechnungsbuch

dem Glasser Andreen Steidl von Außbesserung der Fensster in den Rath: und ermelten Prechhaus dem 10. Marty geutt gethann 18 xr". Weitere 15 Kreuzer erhielt er für die Fensterreparaturen im Brothaus.
Im  Jahr drauf erhält er für "2 neugemachte Fenster sambt Glasscheiben" in der Wuhn, 2 Gulden 30 Kreuzer
Die Metzgerstrafe aus dem Vorjahr war ihm offensichtlich nicht Abschreckung genug, erneut wurde er im Jahre 1681 beim Schwarzschlachten und Fleischverkauf erwischt.
Marktrechnung von 1681
"Unberechtigtes Mezgen oder Fleischwerchen
Den Andreen Steidl hat man vor ainem Jahr schon umb 1/2  Pfennige ounctirt, Umb willen er sich unberechtigter Weis understanden, als ein Heißler zu schlachten, und das Fleisch zuverkhauffen, weillen er sich dan dessen an heur abermals angemasst
":>>>>> die Strafe wird verdoppelt: 1 Pfund Pfennige, das waren damals 1 Gulden 8 Kreuzer 4 Heller. In heutiger Währung sollte man ungefähr von 200-250 Euro ausgehen können, was ihn sein vergehen im Wiederholungsfalle nun kostete.
Auch in den Folgejahren taucht er in den Marktrechnungen mit Glaserleistungen auf und im Jahre 1683 wird er sogar als "Bürger und Schützenmeister" bezeichnet. 
Der Ausgabeposten, unter dem er so bezeichnet wurde, ist der sogenannte "Schützenvortl", eine Zuwendung von Seiten des Staates an die Schützenvereine als Anerkennung für deren Anstrengungen auf den Schießplätzen.
Marktrechnung von 1683

"N: 60 Andreen Steidl, und Andreen Dupsen Burgern und Schizenmaistern alhir, den gewohnlichen Schizen Vortl Inhalt Scheins guettgemacht, als 3 fl 30 xr
Widerumben seint ermelten Schizen, vermög ieztgedachten Scheins 2 1/2 Ell Tuech zuegestöhlt: und darfür Adamen Schwölmber bezalt worden.
"
Im Jahr drauf - 1684 - findet er sich erneut vor dem Magistrat als Beschuldigter; diesmal gehts um eine Beleidigungsklage.

"Schwölbmer Diebs=Injuri
Andre Steidl Burger und Glaser alhier, hat mit Wolfen Frizen Burger und Leineweber alda
einen Zankhandel veriebt, und denselben öffters ainen Schölben und dieb iniurirt, wie das Raths protokholl fol 17 solches mit mehrerem weiset, zuverdienten Straff dann hat man demselben 1 Pfund Pfennige dictirt, ist 1 fl 8 kr 4 H:"
Im Jahre 1685 kam es in Kötzting offensichtlich wieder einmal zu einer Einquartierung von Militär und dem Herrn Obristwachtmeister Graf von Gabelion war es in seinem Quartier offensichtlich zu kalt und zugig.
Marktrechnung 1685
"In der Quartiersbehausung , alwo Herr Obristwachtmeister Graf von Gabelion einlogirt worden, hat man den Kachelofen ausbessern lassen; und dem Hafner neben hergebnen 7 neuen Khächeln, vor seinen Verdienst bezallen miessen 21 xr
Ingleichen Vermög der Zötl dem Glaser Andreen Steidl von Zuerichtung und Ausbesserung der Fenster. 50 xr"
Im Jahre 1686 erwischte es AS erneut bei einem "Zankhandel", was ihn ein weiteres halbes Pfund an Pfennigen kostete. 
"Georg Raab und Ander Steidl haben einen Zankhandel veriebt und rdo Hundsfott und Schoelbm bschandtung und geloffen zu sein ,vorgeben so aber man ihre veribte Ungebir bekhannt gewest ist der Steidl per 1/2 Pfund punctiert , der Rab aber Armuth willen ainen halben tag in das Gefaengnuss condemniert worden"

7 Kinder des Paares sind in den Kötztinger Matrikeln verzeichnet.
Am 2.10.1687 verstirbt die Bürgerin und Glaserin Maria Steidl und überraschend schnell  - noch im selben Monat, am 31.10.1687 - heiratet der Witwer Andreas Steidl eine weitere Hohenwartherin, Margaretha, die Tochter des Johann Härtl. Nur einen Tag später, am 1.11.1687, heiratet auch dessen Sohn, Benedikt Wolfgang Härtl. Er nimmt sich die Lamer Bürgerstochter Magdalena Glaser zur Frau.

Andreas Steidl und Margaretha Härtl



Eine lange Zeit im Ehestand ist Andreas Steidl nicht mehr vergönnt gewesen, bereits im März des Folgejahres verstirbt er, und schon am 10. Juni 1688 heiratet seine Witwe den Kötztinger Webersohn Balthasar Wurmb.

Balthasar Wurmb und Margaretha Steidl


Am 13.8.1688 wurde dann bereits auch die Grundschuld übertragen. Balthasar Wurmb, nun ein  Leineweber genannt, wird der neue Besitzer und muss "in Erkauffung des Ander Steidlischen Heisls aufm Pichel" die Hypothek auf sich umschreiben lassen.


Spitalrechnung von 1689
Umschreibeeintrag des Andreas Steidl auf Balthasar Wurmb 

Mit Datum des 12.8.1694 erscheinen Balthasar Wurmb und seine Frau Margaretha auf dem Haus seines Bruders gleich unterhalb des Kötztinger Amtshauses. (Denkscherz). Aber bereits zwei Jahre vorher war der Besitz offensichtlich auf eine neue Familie übergegangen.
Die schon so oft be- und genutzte Grundschuld über 20 Gulden scheidet ab diesem Zeitpunkt als Beleg aus, da die Schuldsumme ca. ab dem Jahre 1690 nun auf das Haus unterhalb des Amtshauses - auch für Balthasar Wurmb - eingetragen ist.  

Auch hier hilft uns nun eine Kombination aus Schuldverschreibungen und echten Kaufverträgen weiter.
Im Jahre 1705 verkauft die Witwe Barbara Lärnbecher das "blosse Bürgerhäusl ufm sogenannten Pichl" an den Tochtermann Ander Kopp und seine Frau Magdalena..

Barbara Lärnbecher


Mit dieser Basisinfo ist es nun möglich, weiter zurück zu blicken, hinein in die "briefprotokollose Zeit" von vor 1700.
In den Kötztinger Kirchenrechnungen findet sich folgender Eintrag:

"Barbara weyl: Hans Georgen Lärnbechers seel hinderbliebne Wittib, hat nit allein in erkhauffung ihres burgers Heusl am Pichel 20 fl ybernoben, sondern auch noch hierzue 10fl entlehnet, also mithin sye zesamben 30 fl Capital zuthuen schuldig, mithin Lauth aufgericht 2 underschidlicher Schuldtbekhantnus des dato 12. aug: 1694 et 26. July 1698 auf bemelt ihrem Burgers Heusl annemblich versichert, warvon sich dann H: Georgi et Jacobi Zinß verfahlen 1 fl 30 xr"
Barbara Lärnbecher hatte also offensichtlich - bereits im Witwenstand -  zunächst 20 Gulden bei der Kirche aufgenommen und damit die Grundschuld bei Spital getilgt und später weitere 10 Gulden hinzugenommen. Aus den Vertragsdaten geht hervor, dass sie wohl das Haus im August 1694 gekauft hatte.
Sie hatte also als Witwe sich das kleine Haus leisten können, in dem sie zusammen mit ihrer Tochter gelebt hatte und das sie nun an das neue Paar übergab, mit der Maßgabe, dass sie die freie Herberge und ein zusätzliches Kämmerl behalten dürfe.

Andreas Kopp und Magdalena Lärnbecher


Der Kaufpreis betrug nur noch 60 Gulden und 30 Gulden davon steckten in der Grundschuld, die die Käufer entweder zurückzahlen oder aber neu verbriefen lassen sollten. Die restlichen 30 Gulden sollten die Käufer der Mutter und Schwiegermutter in regelmäßigen Teilsummen zukommen lassen.
Fünf Gulden war die damalige Gebühr für das Kötztinger Bürgerrecht für einen Häusler.
StA Kötzting Marktrechnung von 1705 Bürgeraufnahmen 

"Andree Kopp alhir nitweniger zum Bürgersrecht lauth Rhats Prothocoll fol 69 entricht   5 fl - xr"

Die Umschreibung der Grundschuld erfolgt dann zeitnah im Jahre 1707.
Die Mutter bzw. Schwiegermutter, Frau Barbara Lärnbecher, verstirbt am 1.10.1715, davor hat sie noch viele Enkelkinder ankommen sehen. Insgesamt 8 Kinder wird das Ehepaar bekommen, sieben davon noch zu Lebzeiten der Mutter. 
Das Kloster Rott treibt eine besondere Abgabe, namens Kirchentracht, ein und protokolliert diese in Tabellenform von 1727 bis 1736 über 10 Jahre hinweg.
Bayr. HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4

 In den Jahren von 1739 bis 1747 findet sich Andreas Kopp in den Kötztinger Marktrechnungen mit der Standardabgabe von 1 Gulden 30 xr  als Jahresgebühr für das Melbeln, also für das Mehl abmessen und verkaufen.
Am 14.3.1744 stirbt die Bürgerin Magdalena Kopp und 6 Jahre später, am 9.6.1750 verkauft der Bürger und Witwer Andreas Kopp das Haus - erneut um 60 Gulden - an seinen Schwiegersohn Max Dattler und dessen Frau Anna Maria. Andreas Kopp war zu diesem Zeitpunkt zu schwach, um selbst den Vertrag zu unterzeichnen, sondern schickte als seinen Bevollmächtigten den Riemer Sigmundt Reinhold von gegenüber. Die Schuldensumme von 30 Gulden bei der Pfarrkirche Kötzting hat sich nicht verändert. Sollte der Übergeber von seiner Krankheit wieder "reconvalescieren", so sollten die Käufer ihm die Restsumme nach und nach zukommen lassen.
Sollte er jedoch "mit Tod abgehen". dann sollten das Paar 10 Gulden dem Bruder und Schwager, Andreas Kopp, "Feldwäbl unter dem Kyserl: Haractischen Infanterie Regt: dermahlen zu Linz im Quartier" zu übergeben schuldig sein. Mit dem Rest sollten dann seine Beerdigungskosten beglichen werden.
Anscheinend hatte sich Andreas Kopp von seinem gesundheitlichen Tiefpunkt wieder einigermaßen erholt, denn sein Tod - hier ist erstmals sein Beruf genannt: er war operarius, also ein Taglöhner -  ist erst für den 31.12.1753 in den Matrikeln protokolliert.
Der Hausverkauf fand im Jahre 1750 statt. Das Käuferpaar hatte jedoch bereits am 17.9.1738 geheiratet,

Maximilian Dattler und Kopp Anna Maria


PfA Kötzting Matrikel Band 14 Seite 93
"Am 15. desselben (Monats) schlossen den Bund der Ehe der ehrenwerte Jüngling Maximilian Dadler, ehelicher Sohn des bereits verstorbenen Johann Georg Dadler von Erbesdobl, Bürgers von Berg und dessen noch lebenden Ehefrau Anna Maria mit der Anna Maria Kopp, der ehelichen Tochter des Bürgers und Taglöhners Andreas Kopp und seiner Frau Magdalena, die beide noch am Leben waren.
Die Trauzeugen waren Andreas Kopp, der Vater der Braut und Johann Löchl, der Kötztinger Bürger und Schneider. Pater Bonifaz hat die Trauung vollzogen."
Im selben Jahr - 1738 - wird der "geweste Reitter und dermaliger Fluderknecht" Max Dattler mit dem Betrag von 5 1/2 Gulden im Register der Neubürger aufgeführt.
StA Kötzting Marktrechnung von 1738 Max Dattlers Bürgeraufnahme.

 Auch diese Besitzergeneration übernimmt die bekannte Grundschuld von 30 Gulden von der Pfarrkirche Kötzting.
Im Jahre 1752 nehmen die beiden zusätzlich 20 Gulden auf,  diesmal beim Spital Kötzting. Ein Kapital, das kurz zuvor Hans Gulder zurückbezahlt hatte und daher erneut zur Verleihung zur Verfügung stand.
Auch Max Dattler verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Melbeln, und bezahlt dafür eine Jahresgebühr von 1 1/2 Gulden an die Marktkasse.
Der Kötztinger Kammerer und der Magistrat waren auch - bis 1802 - ein Gerichtsstand und so finden wir auch Max Dattler.
StA Kötzting Marktrechnung von 1756
"Max Dadler burger und Leinweber alhier, und Hanns Georg Härtl auch Burger und Leinweber alda haben sich in einem Worttwechsel und gemainsammen Geräuff verfallen....."


"wobey Dattler aggressor gewesen, zusein selbsten eingestandten, sich aber alle beede dahin verglichen, da Sye, das ainer dem andern zuegefiegte Layd in gänzliche vergessenheit sezen, sohin datler in dennen Gerichts Cösten 2 und Härtl 1/3tel bezallen wolle, welcher Vergleich mitls obrigkeitlichen ratification zwar begnemmiget, iedoch von dem Datler ist qua aggressor unter Verweis und Auftrag, sich konfftig fridtferttig zuhalten, 2 Schilling Pfennig pro poena eingehaischt worden, macht 17 xr 1 H:"
Im Jahre 1757 standen in Kötzting wieder einmal größere Baumaßnahmen an, vor allem der Zustand der Straßen und Flußübergänge war bedauernswert. Die Methode der Wahl war damals nasse Stellen einfach zuzuschütten und so wurden viele Bürger zu Hand- und Spanndiensten verpflichtet, auch Max Dattler.


"Vom 17te May bis 14te Juny anno diss ist Bernhard Stuffler, Mathias Sturmb, Simon und Andreen Peringer, dann Stephan Rieder, Max Dadler, und Joseph Präntl umb selbe underschidliche Beschitt, in Specie aber aus dem Regenfluß unter der Saag zu Beschittung der neu angelegten Strassen yber den Regen und Grueberbach ausgefahren, ab 25 1/2tl Täg des Tags 15 xr /:weill solches aine schwere arbeith im Wasser, in allem also gelohnt worden, inhalt Scheins 6 fl 25 xr."
Wir haben also Max Dattler als ehemaligen Soldaten, als Fluderknecht, Taglöhner für Spanndienste und als Leineweber kennengelernt.
Im Jahre 1757 wird er als Jungmeister im Handwerk der Leineweber bezeichnet.
Der Magistrat behandelt einen Handwerkerstreit der Leinweber, was außergewöhnlich ist, da Handwerkssachen ausdrücklich zu den Verfahren gehören, die dem Landrichter vorbehalten sind, was das LG Kötzting in vielen Verfahren gegen den Magistrat bereits vor Jahrzehnten durchgesetzt hatte.
Die drei Jungmeister des Leinweberhandwerks, Sebastian Mühlbauer, Johann Georg Jobst und Max Dattler, hatten öffentlich behauptet, dass die Meisteraufnahme eines Wolfgang Waldherr vom dafür zuständigen Handwerkskommissar und Mitglied im Äußern Rat Heinrich Straubinger nicht den Regeln einer Meisteraufnahme ins Handwerk entsprochen hätte, da sie nicht um ihre Zustimmung gebeten worden wären. Als sie nun vor Gericht mit ihren eigenen Aussagen konfrontiert wurden, zogen sie diese zurück und bestätigten Heinrich Straubinger, dass er den Handwerksbrief für Wolfgang Waldherr doch nach den Gesetzesregeln ausgefertigt habe. Straubingers Handwerksehre wurde wieder hergestellt; die drei Jungmeister aber für ".1. Tag lang in Burgerlichen Arrest geschafft."
Drei Jahre später, 1760, steht er wieder vor dem Kötztinger Amtskammerer als Richter - Johann Georg Hosbach und Wolfgang Samuel Luckner wechselten sich damals im Halbjahresrythmus als Amtskammerer ab- diesmal aber als Kläger.

"Wolfgang Härtl burger und Leinweeber derohrten hat Marx Tadler auch burger und Leineweeber alda nit allein eine Ohrfeugen versezet: sondern noch anzue ain hergeloffenen Limmel, und calfactor verschmechet; Als ist Härtl obeschon Tadler in crafft des zwischen ihnen getroffenen Vergleichs für die empfangene Ohrfeugen, pro satisfactione nichts anverlanget, mit Verweis, und der aus obrigkeitlichen ....Vollmacht zu nichts declarierenten Injurien iedemnach pr 1/2 Pfund Pfennigen punctiert  

3 Jahre später, 1763, heißt es erneut Max Dattler gegen Franz Härtl, diesmal aber umgekehrt.
Max Dattler hatte zusammen mit vier weiteren Leinewebermeistern zunächst nur einen Wortwechsel mit Franz Härtl und seinem Gesellen angefangen. Dieses artete danach in gegenseitige Beschimpfungen aus, wobei Härtl mehrmals als ein "Pfuscher" betitelt wurde und das Ganze danach in ein "allgemeines Geräuf" ausartete.
Insgesamt 5 Pfund Pfennige mussten die 5 Meister bezahlen, die Gerichtskosten übernehmen und zusätzlich dem Gesellen des Franz Härtl das "zerrissene Gewanth" bezahlen.
1764 musste Max Dattler dann sogar für 1/2 Stunde in den Stock, weil er drei seiner Leineweberkollegen als "Kauderer" bezeichnet hatte.
Der Magistrat hatte so seine liebe Mühe mit den Kötztinger Leinewebern, und als die vier Jungmeister wieder einmal sich mit den "alten" Meistern angelegt hatten, auf dessen Anklageschreiben trotz mehrmaliger  Aufforderung - vor allem Max Dattler - partout nicht antworten wollten, wurde dieser wegen "ungehorsamb, respectlos, und insolent aufzuführen"  noch einmal dazu verurteilt, "1 Stundt im Stock zusizen"
Am 9. Mai 1772 verkaufen Max Dattler und seine Frau Anna Maria ihr am "9.6.1750 gekauftes Haus zwischen Josef Müller und Josef Adam Dirnbergerischen Häusern entlegen" um 130 Gulden an den Sohn Johannes Dattler.

Johannes Dattler und Katharina Bergbauer 


Am 6. März 1775 heiratete Johann Dattler Katharina Bergbauer, eine Bauerstochter aus Mayrhof bei Prackenbach. Zwischen 1775 und 1785 bekamen die beiden 5 Kinder, bevor am 3.8.1785 die junge Webersgattin im Alter von 33 Jahren verstarb, nur sechs Wochen nach ihrer letzten Geburt.
Gleich nach dem Jahreswechsel heiratete der junge Witwer erneut, diesmal Katharina, die Tochter des Weberskollegen Wolfgang Waldherr. Seine erste Frau brachte 100 Gulden mit in die Ehe, die nächste dann noch einmal 30 Gulden an Heiratsgut mit.
Bei dieser zweiten Eheschließung - es waren ja Kinder aus der ersten Ehe vorhanden - musste diesen natürlich deren mütterliches Erbe gesichert werden und in dem dazu notwendigen Vertrag sind die Kinder aufgeführt: Andreas 10 Jahre, Anna Maria 6 Jahre und Theresia 4 Jahre. 
In der Kirchentrachtliste des Klosters Rott von 1777 bis 1800 findet sich auch der Leineweber Johann Dattler, auch wenn bei ihm keine Abgaben verzeichnet sind.
HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B 5: "Johann Datler Leinweber"


Als es 14 Jahre später - 1800 - zum nächsten Besitzerwechsel kommt, werden erneut die Geschwister aufgeführt. Johannes Dattler, der Vater, war bereits im Jahre 1792 im Alter verstorben.

Sterr Mathias und Dattler Anna Maria


Zunächst muss der Zeug- und Leinweber Mathias Sterr seine Aufnahmegebühren als Kötztinger Bürger bezahlen, die mittlerweile um einen Exerziergulden und eine Bürgertax erweitert wurden, nun auf insgesamt 12 Gulden. 
Die beim Tode des Vaters - 1792 - vorgenommene Inventur belief sich auf eine Aktiva-Summe von gut 407 Gulden. Da die Kinder damals alle noch minderjährig gewesen waren, beschloss der Kötztinger Magistrat, in Abstimmung mit den bestallten Vormündern, "dass man die Wittib bis nun wo sich eine Tochter erster Ehe zur Übernahme meldete, auf dem Anwesen forthausen" lassen wolle.
Zwischenzeitlich verstarb aber auch noch ein Kind aus der zweiten Ehe und nun musste das Gericht zunächst die Verhältnisse neu aufdröseln.
Drei Kinder aus der ersten Ehe lebten noch, nämlich
Andre, nun 24 Jahre alt und seit 7 Jahren abwesend,
Anna Maria, 22 Jahre alt in Weißenregen und
Theresia 18 Jahre alt in Wien in Diensten.
Aus der zweiten Ehe:
Johann Dattler 14 und
Michael Dattler 13 Jahre alt.

Die Vormünder sowohl für den landesabwesenden Sohn und die minderjährigen Kinder und die Witwe, zusammen mit ihrem Beistand, stimmten nun folgender Regel zu:
Der Tochter erster Ehe, Anna Maria, wird das Haus mit der darauf ruhenden Zeug- und Leinewebersgerechtigkeit  zum Preis von 450 Gulden überlassen.
Diese Kaufsumme teilt sich auf in 
20 Gulden Grundschuld bei der St. Sebastianibruderschaft mit ausständigen Zinsen von 7 fl 36 xr
2 Gulden Beerdigungskosten für den verstorbenen Vater
8 fl 54 xr Kosten für die Vornahme der Inventur
100 fl festgelegtes mütterliches Erbe für die Kinder erster Ehe
20 Gulden für den Andreas
Somit bleiben gut 291 Gulden an väterlichem Erbe übrig, die sich auf die fünf Kinder und die Witwe in sechs gleichen Anteilen aufteilen ließen. 
Noch drei Jahre müssten die Erben das Geld auf dem Hause zinslos liegen lassen, danach würde der Zinssatz 3 Prozent betragen. Der Witwe verbliebe laut Vertrag die lebenslange Herberge in der "heruntern Stube sambt dem Flez".12 Jahre verbrachte Katharina Dattler noch in der Herberge bei ihrer Stieftochter, bevor sie am 29.10.1812 im Alter von 57 Jahren verstarb.
Durch den kurz nach der Übergabe geschlossenen Heiratsvertrag widerlegte die Braut ihrem Hochzeiter, dem Gruber Inwohnerssohn Mathias Sterr, ihr Haus gegen dessen Mitgift von 270 Gulden. 
Gleich zu Beginn des 19. Jahrhundert änderte sich viel für die Bürger, so wurden zum Beispiel Gewerbelisten erstellt.
Anhand dieser Liste kann man erkennen, wie unglaublich viele  Leineweber es damals in Kötzting gegeben hatte.
StA Kötzting AA V/14

Im Jahre 1802 erstellte der Markt eine eigene Tabelle über seine Einnahmen von den sogenannten Gruber Gründen. Im letzen Drittel des 17, Jahrhunderts konnte der Markt den Strohhof in Grub vom Kloster Rott - und Adam Türrigl - ankaufen und dessen Gründe danach gleichmäßig an alle seine Bürger verteilen, auch an seine Häusler.

StA Kötzting AA IV-1

Wir befinden uns noch vor der Erstellung des Urkatasters, deswegen ist die Nummerierung des Hauses eher eine zufällige. "Mathias Sterr Gruber Gült vom Krautgarten 8xr 2 dn .... für sich"
Im Jahre 1811 wurde in ganz Bayern der Häuser- und Rustikalsteuerkataster angelegt - noch immer stimmen die Hausnummern nicht mit der späteren Zählweise überein, weil damals die Immobilien in kirchlichem bzw. kommunalem Besitz einfach übersprungen worden waren.


StA Landshut Rentamt Kötzting B 27
XLVI (Hausnummer 44, in Wirklichkeit aber, wie mit Bleistift nachträglich ergänzt, Hausnummer 54)
Mathias Sterr das gezimmerte Haus  >>>> dieses Haus war also zu Anfang des 19. Jahrhunderts noch vollkommen aus Holz erbaut.
Nutzantheil an den noch unvertheilten Gemeindegründen
Gemeindeantheil am Galgenberg qo 1803 zu Acker und Wiese cultiviert
Von dem vertheilten Strohhof bei Grub: 1 Ackerl: >>
Giltbar zum k: Rentamt Kötzting,
Getreidezehent: 1/3 zum Rentamt  2/3 Poschinger zu Frauenau.

Die nächste genaue Besitzbeschreibung erfolgt dann mit der Anlage des Urkatasters im Jahre 1840/41 und diese Beschreibung führt zu einem großen Rätsel.

Stefan Dimpfl und Franck Franziska




Zu Beginn des Nachweises kennen wir Mathias Sterr als Besitzer, nachweislich mindestens bis 1811
Im Urkataster 1840 ist dann ein erster Hausname - beim Metzger - dokumentiert und als Besitzer ein Stephan Dimpfl. 
Nun wird es kompliziert
Zunächst jedoch erst die Besitzbeschreibung im Urkataster von 1840
:
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5038

"Hausnummer 54 in Kötzting beim Metzger Stephan Dimpfel

Das Haus mit realer Metzgergerechtigkeit
Gebäude:
Wohnhaus, Stall und Fleischbank und Schupferl, dann Hofraum"

Im Kommentar zu diesem Besitz heißt es dann:


"Laut Brief vom 26. Juny 1830 durch Tausch des früheren Hauses Nro 13 von Johann Riemer(?) ohne Aufgabe und Lasten übernommen, im gleichen Aufschlage zu 400 fl erworben."


Dies bedeutet, dass zwischen Stephan Dimpfl und Mathias Sterr zumindest noch eine weitere Person Besitzer dieses Hauses gewesen war, nämlich ein Johann - im Umschreibeheft steht Josef -  Reimer.
Eine Kontrolle mit der Chronik des Hauses Nr. 13  und beim Umschreibeheft bestätigt sowohl einen Vorbesitzer Stefan Dimpfl auf der 13 als auch den späteren Tausch /Stefan Dimpfl/Josef Reimer mit seinem und unserem gesuchten Haus auf der 54. 
Hier das Umschreibeheft des Rentamtes, das diesen Tausch einzeln auflistet, und damit- mit Ausnahme der falschen Namensschreibweise - auch bestätigt..
StA Landshut Rentamt Kötzting B 25

"Den 11. Juni 1830 hat Stephan Dimpfl Bürger in Kötzting seine ludeigne Bürgersbehausung daselbst an Josef Riemer Bürger zu Kötzting um dessen Bürgersbehausung ohne Aufgabe vertauscht."

Da aber zusätzlich kein direkter Übergang von Sterr auf Reimer zu finden ist, sollte/müsste da noch ein weiterer Besitzer dazwischen liegen. Eine genauere Suche im Umschreibeheft  und den Kötztinger Kirchenmatrikeln bringt dann zumindest einen ersten Hinweis und danach die Lösung.

Zunächst wird das "Dadler Häusl" am 26.6.1820, nach dem Absterben des Mathias Sterr durch Erbschaft auf eine  Therese Sterr übergeben, es ist also eine Verwandte.
StA Landshut Rentamt Kötzting B 28 Umschreibeheft Mathias Sterr an Therese Sterr


Dann heißt es am 12.10.1827, dass ein Mathias Götz seine Bürgersbehausung an Josef Reimer, einen ledigen Häuslerssohn aus Reitenstein um 478 Gulden verkauft hat.
StA Landshut Rentamt Kötzting B 28 Umschreibeheft Mathias Götz an Josef Reimer

Jetzt galt es herauszufinden, wie hier - und warum - zwischen 1820 und 1827 ein Mathias Götz in die Besitzerfolge hineinpasste.
In den Kötztinger "Staatsbürger=Verpflichtungs=Protokollen" (AA II/18) steht mit Datum des 9.10.1822 kurz und knapp: " Götz Mathias ehelicht Hartl Therese Weberin und Weberanwesensbesitzerin von Kö  und erhält das bürgerl Häusl nebst Webergerechtigkeit. Bürgerrecht.

Nun gehts weiter im Pfarrarchiv und dort findet sich ein Hochzeitseintrag - mit Datum vom 9.9.1822 - eines Mathias Götz aus Traubenbach mit der Kötztinger Therese Härtl, einer Tochter des Joseph Härtl und einer Sterr Christina. Hier haben wir also eine erste Verbindung mit einer Familie Stehr/Sterr

Nun hinein in das Geburtsregister und dort wird am 25.1.1800 die illegitime Geburt einer Theresa Hartl dokumentiert, deren Mutter Christina Stehr, eine Tochter eines Nikolaus Stehr aus Grub, gewesen war.
1. Auch Mathias Sterrs Vater war Nikolaus Sterr aus Grub.
2. Um 1800 erhielten uneheliche Kinder zumeist noch den Familiennamen der Mutter, wenige Jahre später wurden sie nach dem Vater - so bekannt - benannt, und durchaus auch nachträglich umbenannt.
Also: Therese Sterr/Hartl, das Kind von Christina Sterr war die Nichte des Mathias Sterr und, da die Ehe von Mathias Sterr und Anna Maria Dattler kinderlos geblieben war, vermutlich einfach die nächste erbberechtigte Angehörige.

QED
... eine schwere Geburt....

Wir haben also in einer sehr kurzen Zeitspanne folgende Hausbesitzer:

Mathias Sterr und Anna Maria Dattler
Therese Hartl >>>>> Mathias Götz
Mathias Götz >>>>> Josef Reimer
Josef Reimer >>>>> Stefan Dimpfl

Was hier im Ergebnis dann so folgerichtig ist, hatte seinen Anfang im Randkommentar des Urkatasters von 1841, wo der erste Hinweis auf diese Häuser=Rochade auftauchte.

Nun aber weiter mit Stefan Dimpfl

Noch als Besitzer des Hauses Nummer 13 hatte Stefan Dimpfl sich erfolgreich darum beworben, dem Ehepaar Fleischmann das reale Metzgerrecht abkaufen zu dürfen. Im Jahre 1828 genehmigte der Magistrat diesen Verkauf um 835 Gulden.
StA Kötzting AA X 67
Am 8. Mai stimmte der Magistrat der Übertragung der Metzgerkonzession von Fleischmann auf Dimpfl zu, da Dimpfl bereits seine persönliche Befähigung nachgewiesen habe und er dieses Recht bereits vorher "pachtweise" ausgeübt hatte.
Seine "persönliche Befähigung" wies Stefan Dimpfl durch das folgende Zeugnis nach.
Zeugnis des Stefan Dimpfl

Mit diesem Zeugnis erfahren wie auch etwas vom Aussehen des jungen Metzgers,
"Zeugniß

dem Stephan Dimpfl burgerlicher Anwesensbesitzer zu Kötzting
alt 43 Jahre
großer Statur
Schwarze Haare
solche Augenbrauen
graue Augen
langes Gesicht
wird hiermit bezeugt, daß er heute als Metzger geprüft, und von den Vorstehern des hiesigen Metzger=Handwerkes zur selbstständigen Ausübung des Metzgerhandwerkes vollkommen tüchtig befunden wurde.
Actzum am 25ten April
königliche Prüfungs Kommission
Georg Deschermeir
Georg Dirscherl
Moosmüller k. Landgerichtsaktuar
als Commissair
Mayr
Contrasigniert 
dem 25. April 1829 
Königliches Landgericht Kötzting "

Einen der allerersten Baupläne Kötztings, die sich erhalten haben, steckt in einem Bauantrag Stefan Dimpfls, als dieser 1830 - also sofort, nachdem er das Haus durch Tausch erwerben konnte - den Antrag auf Erhöhung seines Hauses stellte.




StA Kötzting AA XI 98

"Plan!
Für Stephan Dimpfel Metzer in Koetzting, wo er seinen Dachboden um 4 `(=Fuß) zuerhöhen gesind währe
Aufgemomen  in Monat Dez 1830
Obermaier Zimmermeister

Der Zimmermeister Obermaier wohnte gleich um die Ecke und war anscheinend besser bei seinem Holzwerkzeug als bei der deutschen Rechtschreibung zuhause.....


Mit diesem Plan haben wir auch eine sehr seltene Nutzbeschreibung der einzelnen Stockwerke aus dieser frühen Zeit.
Im Akt heißt es weiter, in Stichpunkten, die meine Mutter - die Archivpflegerin Kötztings bis 2011 - vor vielen Jahren bei der Bearbeitung dieser Akten so zusammengefasst hatte: "Erhöhung des Dachbodens:  Anlieger Korher Michel und Müller Johann, beide Häußler, Sekret will er auf seine Düngestätte gegenüber errichten. Massiver Protest d Anlieger. Zimmermeister und Maurermeier stellen fest, dass ihnen Licht in den Zimmern genommen wird. Sekretbau ist dort verboten, würde auf dem offenen Marktplatz zu stehen kommen. 1831 dann aber doch Genehmigung".
Bereits im Jahre 1820 - nach dem Erwerb des ersten Hauses in Kötzting - hatte sich Stefan Dimpfl verheiratet.
Am 30.11.1820 heiratete Stefan Dimpfl, Sohn des Stefan und der Robl Anna Maria, Franziska Frank, eine Näherin aus Kötzting.
In den Briefprotokollen Kötztings findet sich dann auch noch ein Heiratsvertrag.
StA Landshut LGäO Kötzting Briefprotokolle 1820-1821
Heiratsvertrag zwischen Stefan Dimpfl und Franziska Franck.

Im Eintrag der Pfarrmatrikel heißt es bei der Braut etwas kryptisch:

Franzsika Frank
Näherin
- Kötzting und bei den Eltern:
"Frank, Pflegers Sohn dahier und Barbara Weiß"
Das macht natürlich neugierig und mit Datum des 19.5.1787 findet sich eine interessante - uneheliche - Geburt in den Kötztinger Matrikeln.
PfA Kötzting Matrikal Band 5 Seite 74

Eodem die ab iod. Ministro baptizata est Francisca praenobilis D. Francisci Xaverij de Franck, soluti h.l. ut asserit Mater Barbara Weißen, viduata incola hujate; levante pudica Barbara Voglin, soluta h.c.

Am selben Tag wurde durch den obigen Geistlichen getauft : Franziska (Tochter) des sehr edlen Franz Xaver von Franckhen, ledig von Kötzting, wie die Mutter, Barbara Weiß, eine diesortige verwitwete Inwohnerin, aussagte. Die Taufpatin war das ledige Mädchen Anna Barbara Vogl von hier.

Einschub
Im "Ferchl", dem Standardwerk über bayerische Behörden und Beamte, gibt es einen längeren Eintrag für den Pflegskommissar von Franckhen.
Es war damals bereits üblich, die Pflegerstellen an höhere Persönlichkeiten zu vergeben, die selber, da sie wohl kein gesteigertes Interesse daran hatten, so weit hinaus aufs Land zu ziehen, den Posten dann wiederum an sogenannte Pflegskommissare  vergeben, die dann die Kärrnerarbeit vor Ort zu machen hatten.
Der Kötztinger Pflegskommissar

Auszug aus "Georg Ferchl, Bayerische Behörden und beamte 1550-1804"

Einschub Ende


Franz Xaver, der Sohn, ist auch in der obigen Beschreibung der Berufslaufbahn seines Vaters bereits erwähnt. Die Franziska Franck, Näherin und nun die Ehefrau des Kötztinger Jungmetzgers Stefan Dimpfl, war also der uneheliche Sproß der Landadelsfamilie von Franckh.
Vier Kinder wird das junge Paar bis 1827 bekommen, aber bereits am 4.4.1814 hatte der junge Metzgersohn Stefan Dimpfl mit Katharina Habermeier aus Zandt ein uneheliches Kind gezeugt, Josef Dimpfl, der der spätere Betriebsnachfolger werden sollte. Alles aber noch zunächst auf dem Hause Nummer 13, bzw. noch vorher. Der Wechsel auf "unser" Haus erfolgt ja erst durch den Häusertausch im Jahre 1830.


Aus dem Jahre 1836 im Januar haben wir im Stadtarchiv das Protokoll einer Vergleichsverhandlung, mit Franziska Dimpfl.
StA AA VIII-12

Auf Klagen der Elisabeth Frauenhoferm verwittibten Jägerin von Unterzettling gegen die Bürgerin Franziska Dimpfl von hier, wegen Ersatz aus einem Silberhandel, wird der Vergleich dahin getroffen, daß die Klägerin einen Gundel büßt, und der Beklagten, bis solcher bezahlt wird, einsweilen das blosse Miederleibl in Vorsatz überlässt.
Zur Bestättigung der Angleichung unterschreiben sich:
X Handzeichen der Franziska Dimpfl
Elisabeth Fraundorfer
Fast zeitgleich mit der Erstellung des Urkatasters wurde auch eine Mieterfassion erstellt und in dieser ist der Zustand des Hauses besser beschrieben, als im Urkataster.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5045 
"Stephan Dimpfl Metzger /:Hauseigenthümer:/
Unter der Erde:  1 Keller
I. Stock  1 Wohnzimmer und Schaafstallung
II. Stock 1 Wohnzimmer und Backofen, dann Hausboden unterm Dach

1 Fleischbank mit Holzlege
Kötzting den 22ten Jänner 1842 
Hz: X des Stephan Dimpfl"

Josef Dimpfl und Magdalena Hofbauer


Stefan Dimpfl stirbt im hohen Alter von 79 Jahren am 18.7.1859; seine Frau, die "Ausnahmsmetzgerin" Franziska Dimpfl sogar erst mit 85 Jahren am 4.3.1867. 
Ungewöhnlich für den Urkataster, steht beim Eintrag des Vaters - Stefan Dimpfl - nicht nur, wie dieser das Anwesen erworben hatte, sondern auch, dass der Sohn Josef im Jahre 1849 das Haus übernommen hatte, ein Eintrag, der eigentlich nur in den Umschreibeheften zu finden sein sollte.
"Nach Anmeldeprotokoll Nr. 104 und Brief vom 28ten Juni 1849 Lit. A-B vom Vater Stephan Dimpfl um die Summe von 1100 fl übernommen."
Im Jahre 1849 gings dann Schlag auf Schlag.
21.4.1849: Josef Dimpfl erhält das Kötztinger Bürgerrecht  - 15 Gulden.
Am 15.6. erhielt er vom Magistrat dann auch die notwendige Heiratserlaubnis. Im drauffolgenden Monat, am 10.7.1849, heiratete Josef Dimpfl die Müllerstochter Magdalena Hofbauer aus Fessmannsdorf.
Noch im Winter 1849, also vor seiner Standesveränderung, war er vor dem Magistrat im Rahmen eines Vergleichsversuches gestanden. Im Protokoll der Verhandlung heißt es kurz und knapp:
"1. Februar 1849: Franz Futscher b Riemermeister dahier belangt den Metzgerssohn Josef Dimpfl v da wegen Entschädigung per 60 fl hervorgerufen durch eine dem Kläger im Gasthaus des b Bürgers 
Johann Hofbauer zugefügte Beschädigung infolge derer Franz Futscher längere Zeit krank darnieder gelegen sei. Der Beklagte Josef Dimpfl widerspricht das Klagsvorbringen und erklärt, dass er aus diesem Grunde auch jede Entschädigungsleistung im Voraus ablehnen müsse. Keine Einigung. "

Als es im Jahre 1859 darum ging, (Militär) Quartierslisten zu erstellen, wurden die Kötztinger Bürger in Steuerklassen eingeteilt, eingruppiert, je nach Steueraufkommen. 
Der Metzger Josef Dimpfl stand in einer der "mittleren" Gruppen, die mit ihrer jährlichen Steuer unter 6 Gulden geblieben waren.

StA Kötzting AA I-46 


In einem Register des Marktes Kötzting, in dem quartalsweise die Bauanfragen ausgelistet sind, steht Josef Dimpfl im Jahre 1866 mit einer Umbaumaßnahme.
Hausnummer 54
Josef Dimpfl Metzger in Kötzting
Das Schlachthaus im Innern vergrössert und etwas erhöht,
Eine Grundfläche nicht überbaut
28.Sept. 1866

Im renovierten ersten Kataster von 1860 steht unter der Hausnummer 54:

StA Landshut Grundsteuerkataster 5047

"Das Haus mit realer Metzgergerechtigkeit
Wohnhaus, Stall, Fleischbank und Schupferl, dann Hofraum
"
Zwischen 1850 und 1864 bekam das Paar insgesamt 9 Kinder.

Unter dem Datum des 3. Februars 1896 wird als die Nachfolgerin - durch Erbschaft -  dann Dimpfl Magdalena eingetragen.


Georg Krämer und Elisabeth Bangert

Noch im selben Jahr, am 9.12.1896 heißt der neue Besitzer dann Georg Krämer. Bei ihm heißt es, er habe das Anwesen durch Kauf erworben.
Georg Krämer nutzte scheinbar wohl nur die günstige Gelegenheit, das Haus zu erwerben, denn eigentlich ging es sehr schnell auf seinen Sohn, den Metzger Philipp Krämer über.
Krämer Georg war wohl Jahre zuvor mit seiner Frau, seinen sechs Buben und einem Mädchen von Marktbreit her nach Kötzting gekommen und im November 1895 wurde schon groß eine Dreifach-Hochzeit gefeiert.

Julius Krämer, ein Bäcker, heiratete am 11.11. die Steinbruchbesitzerstochter Krezenz Schneider aus Mühlheim.
Philipp Krämer, der Metzger, heiratete Karolina Hausherr, eine Musikerstochter aus Kreuttlingen/Württemberg  am 26.11. und Georg Krämer, der dritte im Bund, suchte sich seine Braut in der Kötztinger Umgebung, die Beckendorfer Söldnerstochter Barbara Steidl, wurde seine Ehefrau, nur einen Tag nach der Hochzeit seines Bruders, am 27.11.1895.
Im November 
1897 heiratete dann auch noch die Tochter Babette. Ihr Gatte wurde der Bauführer aus Bühlertann in Tirol, Ziegelmeier Jakob.
AKH Repro 1645:
 Familie Krämer etwa 1905  In der Mitte Vater Georg Krämer geb. etwa 1840,v.li. die Söhne Andreas geb. 16.4.1882 Pfingstbräutigam 1905, Julius geb. 14.2.1871 Bäcker, Philipp geb. 7.6.1867 Metzger, Georg geb. 22.2.1869, Karl 17.8.1875, Konrad 18.10.1879 (Ostmarkonkel), auf dem Foto fehlen die Tochter Babette und die Mutter Elisabeth.
Georgs Frau. Elisabeth Krämer, die auf dem Bild fehlte, lebte viele Jahre in Kötzting und starb hochbetagt erst im Jahre 1927.

KA von 1927

Philipp Krämer und Karolina Hausherr


Repro 1641 Geschäftskarte Krämer
Auf der Rückseite: Rechnung über 60 Würste 100 M.  3.März 1917. Beleg N°  1   Müllerstraße 3

2 Kinder bekamen die Metzgerseheleute: Georg Krämer am 19.6.1896 und Elisabeth am 11.3.1899.
AKH Repro 1641 Georg Krämer auf dem Rad, verschickt als Postkarte.  Verschickt am 2.6.1913 von Frankfurt/Main nach Kötzting Text: Liebe Eltern! Hier sende ich Euch ein Bild von mir. Da fahr ich gerade in die Stadt auf Kundschaft. Brief folgt. 

 AKH Repro 1643: Waldfest Ludwigsberg  30. Juni 1906  Würstlverkauf Philipp und Karolina Krämer oder Julius und Karolina Krämer, 2 Männer Mit Hut Schierlitz von Thenried und Dietzl Amtsgericht,   Verschickt als Postkarte (Ansichtskarte )  von Kötzting nach Coblenz an Herrn Josef Barth Palast Park Hotel Coblenz.    Foto Gläser

Auch das folgende Medaillon mit der Hausansicht hat sich noch erhalten.

AKH Repro 1646: Familie Krämer  v.li. Karolina, Sohn Georg, Tochter Elisabeth (verh. Barth) Pfingstbraut 1918, Philipp Krämer, Metzgermeister geb. 1867 gest. 1927,

Auch vom Metzgerhandwerk  haben sich Bilder erhalten:

AKH Repro 1648: Holzapfelstraße 12, v. li. Aigner aus Riedersfurt, Krämer Philipp, Feichtner (Fleischbeschauer), Sauerer Josef ( da Lederdorner), ?, Karoline Krämer, Elisabeth Krämer (Barth)


Im Zusammenhang mit der thermischen Sanierung des Kötztinger Rathauses wurde auch auf dem Speicher gründlich gestöbert und aufgeräumt und dort fand sich ein großes Bild - des Turnvereins Kötzting -, in das in Form einer Collage  Personengruppen aufgeklebt wurden, welche teilweise vor vielen Jahrzehnten auch nachträglich beschriftet worden waren. Viele, längst verschwundene Gestalten aus Kötztings Geschichte haben so nachträglich noch eine Zuordnung erfahren und wir können uns noch von der einen oder anderen Person ein Bild machen, auch wenn diese manchmal sehr verblasst sind.

Der Dachbodenfund eines Bildes vom Turnverein Kötzting, der Rahmen sollte von der
Kötztinger Schnitzschule stammen.

Philipp Krämer, Detail aus obigem Bild.




AKH Repro 3691 Philipp Krämer mit seiner Frau 
AKH Repro 1667 um 1920



AKH Repro 1138 links das Haus Philipp Krämers
Aus dem Jahre 1905 kennen wir einen Bauakt über einen Stadel gegenüber dem Kommunbräuhaus. leider nur in einer unscharfen Aufnahme erhalten geblieben. Es war wohl ein Versuch, einen überirdischen Kühlraum - mit Eis gekühlt - zu errichten.
StA Landshut 162-8 Nr. 3399 Unscharf, aber zur Lokalisierung des Bauplatzes
gerade noch ausreichend
Hier der Bauplan, der Bau war für Kötzting sicherlich eine technische Neuheit, ein Kühlhaus.

Zentral im Inneren des Gebäudes: ein Eisbehälter mit vorgelagertem Kühlraum


Auf einer Zeichnung aus dem Jahre 1947 hat sich links am Rande noch der Barthstadel - früher Krämerstadel - erhalten.
Zeichnung Meier, Wettzell 
links der Barthstadel - Mitte das Kommunbrauhaus - rechts die Kegelbahn des Kollmaierkellers




Georg Krämer, der Erstgeborene, wurde ein Opfer des Ersten Weltkriegs.

Auszug aus seiner Militärstammrolle aus dem Kriegsarchiv in Ingolstadt, via ancestry.com
Georg wurde mit gerade mal 19 Jahren als Rekrut eingezogen und am 27.10.1915 auf S.M. König Ludwig III. vereidigt.
Er war 1.70 m groß - von kräftiger Gestalt, mit ovalem Kinn, gewöhnlicher Nase und kleinem Mund.
Seine Haar waren schwarz und von einem Bart hatte er erst "einen Anflug"
Als sein besonderes Kennzeichen wurde ein "Sprachfehler" vermerkt.


In seinen weiteren Dokumenten wir noch vermerkt, dass er seit dem 3.8.1916 "in den Kämpfen bei Verdun vermißt" sei. Dieser Vermerk wird später durchgestrichen und durch die Aussage:" Gefallen am 3.8.16" ersetzt. Dieses geschah nach einer " Aussage des aus franz. Gefangenschaft zurückgekehrten Inf. Anton Meier"
Die bedeutete, dass die Familie zuhause vom August 1916 bis zum November 1920 darauf hoffte, dass der vermisste Sohn möglicherwiese noch leben könnte, und erst im November 1920 die traurige Gewissheit erhielt.
Nun war also die Tochter Elisabeth die einzige Erbin und diese heiratete am 6.2.1922 den Kötztinger kommunalen Beamten Josef Barth, einem Sohn der Häuslerstochter Margaretha Barth aus Kötzting.
Philipp Krämer, der Vater und Schwiegervater, verstarb überraschend am 8.12.1927 in Straubing im Krankenhaus.
KA vom 8.12.1927

Wie sehr dieser Tod die Kötztinger berührte, macht die umfangreiche Berichterstattung mit seiner Würdigung und seinem Begräbnis deutlich.  


Am Ende dieses Besitznachweises für Philipp Krämer, noch ein abschließendes Bilod, das wir von Frau Mieleitner-Vogl erhalten haben und uns eine tolle Situation am Ludwigsturm schildert. Ein Volksfest mit drei Metzgern. Der Mittlere mit der weißen Schürze ist unser Philipp Krämer
Foto Mieleitner - 1905 o. 1906


Barth Josef und Krämer Elisabeth



Mit Josef Barth kommt nun ein ganz besonderer Mann in dieses Haus. Wenn man Julius Kirschner mit Fug und Recht als den eigentlichen Mister FC-Kötzting bezeichnen könnte, so sehen wir ein ähnliches engagiertes, ja fast fanatisches Eintreten für die Belange der Kötztinger Feuerwehr in der Lebensleistung des Josef Barth.

Josef Barth wurde am 9.3.1892 als lediges Kind der Margaretha Barth geboren, welche später den Braumeister Josef Mühlbauer geheiratet hatte.
In seiner Kriegsstammrolle wurde in Josef Barths Personalbogen als Beruf "Kellner" eingetragen.
Ancestry.com Kriegsstammrollen 

Laut seinen Eintragungen war er bereits 1912 als Rekrut eingezogen worden und sofort mit Kriegsbeginn im August 1914 bis hin zum Kriegsende 1918 lassen sich seine Einsätze verfolgen, wobei er im Wesentlichen an der Westfront eingesetzt war.

Einsatzorte für Josef Barth geb. 9.3.1892 in Kötzting


 
Sammlung Barth: Josef Barth als Chevauleger, also bei der "Leichten Reiterei"

Sammlung Barth: Josef Barth als Chevauleger 



Josef Barth war also erst wieder als junger Mann zurück in Kötzting und konnte dann die junge Metzgertochter Elisabeth Krämer heiraten.

Sammlung Barth: Hochzeitsbild Elisabeth Krämer und Josef Barth


Mit dieser Einheirat und dem immer noch aktiven Schwiegervater als Metzger im Hintergrund konnte er eine Ausbildung zum Metzger bis hin zum Metzgermeister absolvieren.

Meisterbrief für das Metzgerhandwerk für Josef Barth und ausgestellt von der Handwerkskammer in Passau


Wie einleitend bereits kurz angerissen, brachte Josef Barth seine Energie, seine Fertigkeiten und seine Vorstellungen in vielen Bereichen, Vereinen und Verbänden ein, wie später zu sehen sein wird.
Um ihm einigermaßen gerecht zu werden, habe ich den Teilbeitrag über ihn in einzelne Bereiche aufgeteilt.
Es geht los mit seiner Kernfamilie, die möglicherweise unter seinen unermüdlichen - außerhäusigen - Einsätzen eher hat leiden müssen.


Josef Barth und seine Familie

Josef Barth und der Kötztinger Hauptlehrer Josef Bock waren - neben den Studiofotografen - die Einzigen, von denen wir eine Vielzahl von Negativrollen - und damit Fotos - überliefert bekommen haben. 
So haben wir auch Porträtaufnahmen von ihm und seiner Familie. 
Elisabeth Barth, geb. Krämer Foto Josef Barth
Josef Barth, Selbstporträt








und die Kinder:

Foto Josef Barth: Barth Georg
Foto Josef Barth: Karolina - Linerl -  Barth





Josef Barth der Handwerksmeister

Gestartet als Kellner - wie er seinen Beruf bei seiner Einberufung in seiner Kriegsstammrolle angegeben hatte -, konnte er sich - vermutlich gleichzeitig mit seiner Einheirat in den Metzgerbetrieb seines Schwiegervaters -  durch eine Ausbildung zum Metzgergesellen und danach weiter zum Metzgermeister in seinem Handwerk profilieren.  
Nicht nur, dass er Mitte der Dreißiger Jahre der "Coach" einer Metzgerfußballmannschaft bei einer Faschingsveranstaltung gewesen war - kommt später noch -, sondern auch bei einem Handwerkerumzug konnte man ihn bereits in der ersten Reihe seiner Meisterkollegen finden.
DIA-Repro 1660 Handwerkerumzug vermutlich 1935; Mitte erste Reihe: Josef Barth 

Repro 1664, noch hoch in den 70ern stehend, konnte man Josef Barth noch im
Laden finden
Hier auch zusammen mit seiner Tochter, Linerl Barth.
Repro 1665 Linerl und ihr Vater Josef Barth


Von einem Metzgergesellen, Herrn Herholz, der im Zusammenhang mit dem Kriegsende - aus Ostpreußen vertrieben - in Kötzting gelandet war, haben wir nicht nur eine Bilderserie, die wir später beim Sohn, Georg Barth, gut brauchen können, und auch sein Handwerksbuch mit Einträgen unter anderem auch bei Josef Barth.
Sammlung Herholz, das Wanderbuch des Metzgergesellen Herholz

Offensichtlich war Herr Herholz der Familie Barth auch nach seinem Wegzug im Jahre 1954 innig verbunden geblieben, denn aus seiner Sammlung stammen einige persönliche Bilder über das Kötztinger Pfingstgeschehen.
Nun weiter zu Josef Barth und seinem Werdegang:

In den Dreißiger Jahren avancierte er dann sogar zum Kreishandwerkermeister. Als solcher musste er auch die Herabnahme der Kirchenglocken im Bezirk veranlassen und überwachen. Er hatte dann versucht - lt Pfarrer Josef Dietl -, diese Glockenabgabe so lange als irgend möglich hinauszuzögern und, als dies nicht mehr länger möglich gewesen war, zusammen mit dem Hauptlehrer Bock, die Kötztinger Glocken nach der Herabnahme auch fotografiert und so dokumentiert.

Josef Barth, der Fotograf

Viele Negativrollen haben wir von Josef Barths Enkeln bekommen und diese danach in die Sammlung des Kötztinger Stadtarchives übernehmen können, die uns zumeist die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg näher bringen, und von denen bereits einige in diesem Blog verwendet wurden, wie die beeindruckenden Bilder von den Resten der 11. PD auf der Wiese oberhalb des Lindner-Bräus.
Hier ein paar besonders gelungene Beispiele :
Ein teilausgeschlachteter Panzer der 11. PD auf der Wiese oberhalb dem Lindnerbräu. Ich frage mich schon, wie die es geschafft haben, aus dem Kanonenrohr eine Blume zu machen....... Bild Josef Barth sen.

Blick vom Lindnersteg flussaufwärts, mit Hammerwehr, ein Anblick v.a. der Hintergrund, den es nicht mehr gibt.
Bild Josef Barth sen.

Textilhaus Schödlbauer 1949, Foto Josef Barth

Nicht nur die NEW YORKer Stahlarbeiter sind schwindelfrei, auch die Kötztinger Zimmerer.
Dachstuhl beim Neubau des Krankenhauses 1949 - im Hintergrund Landratsamt(nun Rathaus) und Amtsgerichtsgebäude
Bild Josef Barth sen.

FC Kötzting Fußballerausflug Bild Josef Barth sen.
vordere Reihe von links: Barth Josef sen., X, Wensauer, Kunstmann, Ludwig Wolfgang sen, Oexler Franz, Held Josef, X, Rauscher Georg, Rösch Hans, X, Barth Schorsch
hintere Reihe von links: X, X, Imhoff,X Röhrl Karl, Graßl Albert, Dattler Buberl
Wenn jemand uns bei den Lücken (X) helfen kann, nur her mit den Namen

Auch mit Farbdias hat Josef Barth bereits Erfahrungen in den dreißiger Jahren gesammelt, hier ein paar wenige Beispiele.
Teil des Fronleichnahmszuges

Pfingstreiter vor dem "Wieser Girgl". vorne links Obermaier Karl, der Mesner Karl und neben
ihm Zitzlsberger aus Grub, der Grubmüller,

Eine tolle Landschaftsaufnahme des Kaitersberges - dieses DIA und das nächste, obwohl in der Sammlung von Josef Barth abgelegt, verorte ich aber eher bei Josef Bock als dem Fotografen

Blick auf Steinbühl, von der Zellertalseite aus. Kommentar, siehe oben.



Josef Barth,  der Mann für viele Aufgaben:

Die Feuerwehr, der FC-Kötzting und viele andere Vereine und Verbände

Fangen wir an mit seinem Engagement bei den Fußballern:

Bereits im Jahre 1923 wurde Josef Barth in den Vorstand des zwei Jahre zuvor gegründeten Fußballvereins (später der 1. FC Kötzting)  gewählt  und 1925 in diesem Amt auch bestätigt.  Im Jahre 1926 traten beide Vorstände - Kirschner und Barth - zurück und gleich danach begann eine Zeit des Niedergangs des Fußballvereins, von der vollständigen Einstellung des Spielbetriebs bis hin zur Auflösung der Fußballabteilung. Zu Jahresbeginn 1930 beschlossen alle am Kötztinger Fußballsport Interessierten, ihre Streitigkeiten zurück zu stellen, und unter der Leitung von Julius Kirschner begann dann ganz schnell der endgültige Aufstieg des Kötztinger Fußballsports mit einem eigenem Platz und einem Regelbetrieb.
Als nach der Machtergreifung der NSDAP Ende Januar 1933 die Situation für jüdische Mitbürger binnen Wochen untragbar geworden war, trat Julius Kirschner von allen Ämtern zurück und Josef Barth wurde der erste Vorstand des FC- Kötzting und blieb dies bis zum Jahre 1935. 
Genaueres im Blogbeitrag über 100 Jahre 1. FC Kötzting
Ende Februar 1933 - also noch unter der Ägide Julius Kirschners - kam es im Stadion "am Roten Steg" zu einem Faschingsmatch zwischen Handwerkermannschaften. Spielleiter der Kötztinger Metzger war Josef Barth.
Hier die Metzger: Barth Josef sen,  steht hier ganz links in Metzgermontur
Bild aus einem Photoalbum von Barth Josef senior

 
Josef Barth, der Feuerwehrmann


Seine Anfänge bei der Feuerwehr beschrieb er selber mit folgenden Worten: 
StA Landshut Spruchkammer Kötzting Nr. 139

Seit dem Jahre 1919 war also Josef Barth bereits Mitglied er Kötztinger Feuerwehr, und als am 3.1.1930 der langjährige Kötztinger Feuerwehrkommandant Julius Krämer aus gesundheitlichen Gründen zurück trat, wurde Josef Barth noch im selben Jahr sein  Nachfolger.
Im Jahre 1933 war er dann sowohl Vorstand des FC- Kötzting und als auch 2. Vorstand und Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Kötzting. In dieser Doppelfunktion lud er beide Vereine zu seiner Namenstagsfeier, der "Josefifeier", ins Hotel zur Post.
Aus der Chronik der FFW Kötzting

 
Repro 1024: Foto Pleier Josef Barth untere Reihe 2.v.r.




Jahre später - vermutlich 1935 - , seit dem Mai 1933 wurde alljährlich eine Feuerwehrschau veranstaltet,  lud die Kötztinger Feuerwehr zu einer großen Leistungsschau auf den Jahnplatz und die beiden Fotografen Barth und Bock waren mit den Apparaten dabei.
Nachdem Josef Barth auf vielen Bildern selber abgebildet ist und Josef Bock damals bereits Bilderserien für die Kötztinger Kreisfilmbildstelle sammelte, bin ich mir ziemlich sicher, dass die Bilder von Josef Bock stammten, auch wenn diese mit der Sammlung Josef Barths an das Stadtarchiv gegangen waren. (Wir kannten diese Diaserie aber bereits aus der Sammlung Bock.)
Die Bilderserie ist so umfangreich, dass sie es wert ist, einmal zu einem eigenen Beitrag verarbeitet zu werden. Hier nur einige Beispiele im Zusammenhang mit Josef Barth, der damals wohl das Kommando des "Brandangriffs" geführt hatte.
Foto Josef Bock: Der Kötztinger Feuerwehrkommandant Josef Barth bei einer Übung auf dem Jahnplatz

Foto Josef Bock: Der Kötztinger Feuerwehrkommandant Josef Barth bei einer Übung auf dem Jahnplatz


Foto Josef Bock: Der Stolz der Kötztinger Feuerwehr


Foto Josef Bock: Die beteiligten Feuerwehren


Legion sind die Berichte in der Kötztinger Feuerwehrchronik mit Ausschnitten aus den Tageszeitungen, in denen Josef Barth mit seiner Tatkraft hervorgehoben wird, die er nicht nur für die Kötztinger Wehr einsetzt, sondern als "Bezirksoberbrandmeister" sich auch bei den Nachbarwehren energisch für deren Fortkommen einsetzt.
Nach dem Krieg findet sich Josef Barth als "Kreisbrandinspektor" in der Kötztinger Chronik wieder.
In welche einer unglaublichen Fülle an Vereinen Josef Barth tätig gewesen - in vielen Fällen auch in leitender Funktion - wird deutlich, wenn man die Zeitungsberichte zu einem seiner runden Geburtstage genauer durchliest.


Josef Barth beim Schützenverein.


Im selben Jahr wie bei der Feuerwehr - 1919-  trat Josef Barth auch dem Kötztinger Schützenverein bei und wurde "durch Handschlag verpflichtet". In dieser Sportart war er so erfolgreich, dass er in den beiden Jahren 1929 und 1930 sogar der Kötztinger Schützenkönig gewesen war.
Auch hier fast gleichlaufend wie bei der Feuerwehr, avancierte Josef Barth hinein in die überregionalen Gremien und erscheint in der Schützenchronik im Jahre 1951 als "kommissarischer Bezirksschützenmeister", in welcher Funktion er die einzelnen Schützenmeister des Landkreises Kötzting zur Gründungsversammlung eines Bezirksschützenverbandes in den Kötztinger Gasthof Karl Dreger einlud. Das Ergebnis war eine erfolgreiche Gründung und Josef Barth war nun der erste Bezirksschützenmeister und nicht mehr nur "kommissarisch".

Ebenfalls 1951 wurde das erste "Pfingstschießen" organisiert und in diesem Zusammenhang fand auch ein Schützenzug durch den Markt Kötzting statt. Für deren Teilnehmer stiftete Josef Barth  eine "Festzugsteilnehmerscheibe", die dann beim anschließenden Wettschießen von Frau Paula Volkholz, Watzlsteg, der späteren Kötztinger Landrätin, gewonnen wurde.

Auszug aus der Chronik des Kötztinger Schützenvereins.
 

Anlässlich seines 65. Geburtstages kam auch der "Bezirksschützenmeister Semmler aus Osterhofen, um dem  - mittlerweile - Gauschützenmeister Josef Barth seine Glückwünsche auszusprechen, und dabei entstand ein schönes Foto zusammen mit seinem Sohn Georg Barth.
Auszug aus der Chronik des Kötztinger Schützenvereins.
Zentral in der Mitte: vl. Sepp Semmler - Georg Barth - Josef Barth
ganz links Haymo Richter

Am 5.1.1962 wurde er dann sogar zum "Ehrenschützenmeister" ernannt; wenig später wurde er auch "Gau=Ehrenschützenmeister"..


Anlässlich seines 65. Geburtstages kamen dann die Gratulanten aus vielen Vereinen, so dass sich dabei auch eher ein Gesamtbild seiner Leistungen und Aktivitäten ermessen lässt.

 

Er war also beteiligt beim Aufbau der Einwohnerwehr nach dem Ersten Weltkrieg, war 34 lange Jahre im Gemeinde- und später Stadtrat aktiv,  davon alleine 30 Jahre als Schulreferent für die Kötztinger Volksschulen zuständig. Drei ganze Wahlperioden lang war er Kötztings 2. Bürgermeister gewesen. Er war in der Vorstandschaft des Turnvereins tätig und die Kötztinger Feuerwehr, die ihn besonders ehrte, ist oben bereits erwähnt. Es folgen aber danach noch der Schützenverein, der ihn zu seinem Ehrenmitglied ernannt hatte, der 1. FC Kötzting und der Männerchor des MGOV...... da blieb nicht mehr viel Zeit für ein Privatleben....
Wie viel ihm dabei alleine sein Engagement bei der Feuerwehr an zeit abverlangte, zeigt ein kleines Beispiel aus dem Archiv.
Ein Zeuge bei seiner Spruchkammerverhandlung berichtete, als es darum ging, in welch hohem Maße sich Josef Barth für die Belange der Feuerwehr eingesetzt hatte: ... Er hat persönliche finanzielle Opfer gebracht, um die Ausrüstung der Feuerwehr im Kreis auf den bisherigen Stand zu bringen und hat dabei seine freie Zeit in einem Maße für die Inspektionen und Bewachungsreisen eingesetzt, das, wie der Zeuge Maierholzer bestätigte, zu Schwierigkeiten mit seiner Frau kam, weil er, wie diese sich ausdrückte, alle Sonntag von früh bis spät den auswärtigen Feuerwehren nachlief."
Sammlung Bögel, im Hintergrund schön zu sehen die Hausfront zur Seitengasse


Wie glücklich auch immer Frau Barth mit ihrem überall engagierten Mann auch gewesen war, im Jahre 
1972 feierten die beiden ihr Ehejubiläum und viele kamen, um zu gratulieren.
Foto Alois Dachs: v.l. Frau Linerl Barth, Enkel Georg, Frau Elisabeth Barth, Josef Barth

Foto Alois Dachs: Goldene Hochzeit - 6.2.1922 - 6.2.1972 - 
Der Ehrenkreisbrandinspektor - Ehrenkommandant der FFW Kötzting und Ehrenschützenmeister Josef Barth und seine Frau Elisabeth 

Im selben Jahr konnte er seinen nächsten runden Geburtstag feiern und wieder kamen viele, viele Vertreter von Vereinen und Verbänden zum Gratulieren.

Foto Serwuschok 11.3.1972
v.l. die Enkel Georg und Sepp, Josef Barth und seine Frau Elisabeth, Linerl Barth und das Ehepaar Rosemarie und Georg Barth.


Die Schar der Gratulanten, von Hans Auzinger links bis zu Dr. Stefan Dittrich ganz rechts.

Nach solch einem aktiven Leben für die Allgemeinheit war es nur folgerichtig, dass Josef Barth am 9. Februar 1975 das Bundesverdienstkreuz vom damaligen Chamer Landrat Ernst Girmindl überreicht bekam.
Foto Kühn: Die Überreichung des Bundesverdienstkreuzes am Bande durch Landrat Girmindl

Ende Juni 1975, am 26.6., verstarb der Metzgermeister Josef Barth.
Sterbebild des Herrn Josef Barth

Alleine 18 Vereine des Schützengaues beteiligten sich mit ihren Fahnenabordnungen an der Beerdigung Josef Barths.
 
Sammlung Barth: Eine beeindruckende Fahnenabordnung bei der Beerdigung Josef Barths



"Seine" Feuerwehrler trugen seinen Sarg. Foto: (kcc)




 
Josef Barths Frau, Elisabeth, geborene Krämer, war die Pfingstbraut des Jahres 1918. Da das Thema Pfingsten im Hause Barth eine große Rolle gespielt hatte, wird das Thema Pfingsten nun in jeder folgenden Generation eine Rolle in der Darstellung finden.

Elisabeth Barth, geborene Krämer als Pfingstbraut



Elisabeth Krämer war im letzten Kriegsjahr 1918 die Pfingstbraut von Franz Röhrl gewesen. Josef Kirschbauer und Hans Sperl fungierten als die beiden Brautführer.

Repro 730: Pfingsten 1918
Josef Kirschbauer - Elisabeth Krämer - Franz Röhrl - Hans Sperl

Im Jahre 1974 kam es zu einem ersten "Treffen der ehemaligen Pfingstbrautpaare" und von diesem Zusammentreffen gibt es einige Bilder.
DIA- 4754: v.l.  Heinz Kolbeck, Elisabeth Barth geb. Krämer, Anni Schmid, Franz Liebl, Evi Nieberl geb. Früchtl

Repro 4777:   X, Elisabeth Barth geb. Krämer, Paula Heilingbrunner geb. Schmidt, Anni Schmidt, Lina Liebl, Josef Zahorik

Elisabeth Barth, geborene Krämer, verstarb im Jahre 1982.

Georg Barth


Bevor der nächste Generations- bzw. Besitzwechsel - der von Josef Barth auf den Sohn Georg behandelt wird -, macht es Sinn, zunächst beim Thema Burschenverein und Pfingsten zu bleiben, da Georg Barth, der Sohn, Mitte der 50er Jahre zunächst eine aktive, später aber eine sehr führende Rolle beim Burschenverein gespielt hatte und 1956 dann sogar unser Pfingstbräutigam geworden war.

Zuerst war er im Jahre 1952 zusammen mit Karl Oexler Brautführer beim damaligen Pfingstbrautpaar Josef Schwarz und Isabella Heigl.

 
Photo Werner Kretschmer:Hier eine tolle Aufnahme in der Bewegung. Der Brautzug vom Elternhaus der Braut herein in die Marktstraße. v.l. Barth Schorsch - Isabella Heigl - Schwarz Sepp - Karl Oexler

 
Photo Werner Kretschmer: Das Trio nach der Kranzübergabe und der traditionellen Umkleideaktion im Hause Irlbeck: v.l. Karl Oexler - Schwarz Sepp - Georg Barth, nun in Frack, mit Degen und Zylinder.
  
Im Jahre 1953 - im Zusammenhang mit der Stadterhebungsfeier Kötztings - wurde ein erster historischer Umzug veranstaltet und im Rahmen dieses Umzugs war es der Burschenverein, der den Pfingstritt darzustellen hatte.
Foto Kretschmer: Georg Barth mit der Marktfahne, nicht am Pfingstmontag, sondern beim historischen Festzug am Pfingstsonntag 1953

Ebenfalls aus dem Jahre 1953 gibt es in der Burschenchronik eine Aufnahme von der Bewirtung beim Pfingstbräutigam Otto Gerstl.
Foto vermutlich Kretschmer. vorne links: Georg Barth

Im Januar 1954 wurde Georg Barth als 1. Vorsitzender des Burschenvereins gewählt, als der Nachfolger vom Costa Gust.
1954, Max Schrödel war der Pfingstbräutigam -, ritt Georg Barth bereits in der Spitzengruppe mit, um abwechseln auch die Marktfahne zu tragen. Der Pfingstritt 1954 war ein außergewöhnlich nasser Ritt gewesen.
Foto Schwarz

Foto Kretschmer: Beim Abholen der Braut trägt Georg bereits das Zeichen eines Vorstandsmitglieds.
Das Bild entstand in der Gehringstraße, vor dem Hause Kroher.

KU vom Januar 1954

Beim Burschenball im Januar 1955 führte Georg Barth die Polonaise zur Balleröffnung mit der Pfingstbraut des Vorjahres an, Frau Traudl Kroher.

Foto Kretschmer, Zweiter Führer der Polonaise war der Pfingstbräutigam selber, Max Schrödel, zusammen mit Irmgard Liebl.

1955 und auch 1956 wurde Georg Barth wiedergewählt.


KÖZ vom Januar 1955

Zwei Jahre unter der Vorstandschaft vom "Barth Schoosch" brachten dem Burschenverein neuen Schwung, viele neue Mitglieder und übers Jahr verteilt viele neue Aktivitäten. Hier ein paar schöne Beispiele:
Aus der Burschenchronik: Wanderung zur Knallhütte
links Mühlbauer Johan, Mitte Georg Barth, rechts Haymo Richter


Aus der Burschenchronik: 1955: Der Burschenverein in Heidelberg, vorne Mitte Georg Barth


Burschenverein beim Besuch der Schwester Blasiana.


Bereits im Jahre 1955 war Georg Barth einer der beiden Brautbegleiter für Hans (John) Mühlbauer.

Repro 688: Pfingsten 1955
v.l. Otto Irlbeck - Hans Mühlbauer - Georg Barth


Im Jahr drauf, 1956, nahm er selber das Amt des Pfingstbräutigams an und übergab seinen Vorstandsposten - zeitweise - an seinen 2. Vorstandkollegen Hans Schödlbauer.
Eintrag in Kötztings Goldenem Buch



Sammlung Herholz: Foto vermutlich Kretschmer
v.l. Hans (John) Mühlbauer - Marianne Greß - Georg Barth - Haymo Richter

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Sammlung Herholz: Foto vermutlich Kretschmer
v.l. Hans (John) Mühlbauer - Georg Barth - Haymo Richter in Steinbühll


Sammlung Herholz: Foto vermutlich Kretschmer
v.l. Hans (John) Mühlbauer - Marianne Greß - Georg Barth - Haymo Richter


Zum Abschluss noch eine interessante Aufnahme von der Bewirtung im Jahre 1956.
Im kleinen Gässchen, das hinter der Häuserzeile an der Holzapfelstraße zur alten Schule hinaufführt, wurden die Bänke für den Burschenverein in einer langen Reihe aufgestellt,
Sammlung Herholz: Foto vermutlich Kretschmer
vorne rechts Karl Höcherl

1956 fungierte Georg Barth dann bereits wieder als Vorsitzender des Burschenvereins und als ein Höhepunkt seiner Vorstandsarbeit beim Burschenverein dürfte sicherlich die Neuerrichtung des "2. Evangeliums" durch Mitglieder des BWVs auf der Bergkuppe bei Wölkersdorf gewesen sein.
Aus der Chronik des Burschenvereins: 2.v.l. Georg Barth

Aus der Chronik des Burschenvereins: Die Aufstellung des Fundamentsockels, rechts Georg Barth

Im Frühjahr vor seiner Hochzeit ehrte der Burschenverein seinen ausgeschiedenen langjährigen Vorstand mit einer überraschenden Namenstagsfeier, wobei ihm seine Vorstandskollegen einen goldenen Ring für seine vielen Verdienste überreichte.



Georg Barth und Rosemarie Zisler


Am 13.10.1960 heiratete der junge Metzgermeister Georg Barth seine Braut Rosemarie Zisler aus Kötzting.
Hochzeitsfoto vom 13.10.1960




Zwei Kinder bekam das Paar, Georg und Josef, und begann das Geschäft auszubauen und den Laden zu erneuern.
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Sammlung Barth: Die nächste Generation, Georg und Sepp Barth jun. beim Schlachthaus in der Holzapfelstraße

 
Sammlung Barth:  Sepp und Georg Barth am Wurstkessel



KÖZ August 1870


Sammlung Barth






DIA-Repro 1666

DIA-Repro 1662 Anzeige zur Geschäftseröffnung


DIA-Repro 1661 Georg Barth im Schlachthaus


Um die Beliebtheit Georg Barths zu dokumentieren,  eignen sich am besten die Bilder anlässlich seines 50. Geburtstages, am 14.7.1980.
5 Jahre zuvor war er die treibende Kraft bei der Gründung der Kötztinger Herolde gewesen, die dann 1976 ihren ersten Auftritt an Pfingsten bei der Zugleistungsprüfung hatten.
KUSW491: Die Pfingstakteure von 1956
v.l. Haymo Richter - Georg Barth - John Mühlbauer

KUSW502
Fröhliche Runde im Hause Barth
Im Hintergrund die Kötztinger Herolde, ganz links Georg Barth jun. 2. v.r. Sepp Barth
vordere Reihe v.l. Sepp Iglhaut, Betz Erich, Herr Adolf Mühlbauer (Kummersdorf), Georg Barth, Dr. Dieter Casaretto.
KUSW492 der immer zuverlässige Schankkellner Xaver Wellisch und
Frau Rosemarie Barth beim "Barth-Leberkäse" 


Ganz in der Nachfolge seines Vaters wurde auch Georg Barth Schützenkönig und erhielt seine Schützenscheibe von der Schützenliesl Marianne Neuderth überreicht.

Foto "kee":  Georg Barth, der Gauschützenkönig des Jahres 1974

Am 1.3.1984 schockierte die Nachricht vom Tode Georg Barths die Kötztinger, der mit gerade mal 54 Jahren gestorben war.



Wie groß die Anteilnahme seiner Mitbürger an seinem Tode war, beweist auch die Beteiligung an seiner Beerdigung.


Die Kötztinger Herolde


Die Idee der "Kötztinger Herolde" in den Farben des Kötztinger Wappens war nicht unbedingt neu gewesen. Bereits beim Kinderfestzug des Jahres 1926 gingen im Zug des "Biedermeierpfingstbrautpaares" auch der Schanderl und Herolde mit, zwei Figuren, die vlt Eugen Hubrich im Gedächtnis blieben, als er im Jahre 1949 sein Spiel von der "Pfingstrittehr" entwickelte.
Repro 1379: Kinderfestzug mit Herolden in der Gehringstraße 1926

Beim Einzug für das Pfingstfestspiel im Jahre 1952 wird bereits ein "Bild" dargestellt, das auch Jahrzehnte später beim großen historischen Festzug 1985 wiederholt wurde:
Kötztinger Herolde tragen das Goldene Buch Kötztings voran.

Foto Kretschmer: und neben den Herolden geht der "Schanderl"- 1952

Foto Kretschmer: diesmal geht der Schanderl hinter den Herolden


Auch beim Pfingstfestspiel selber sind die Herolde ein tragender Teil der Inszenierung.
Schwarz SW032 Pfingsten 1952 Pfingstfestspiel Biedermeier Tanz mit Herolden

 
Im Jahr der Kötztinger Stadterhebung spielte die Figur des Herolds gleich zweimal eine Rolle, zum einen im Pfingstfestspiel und zum anderen beim historischen Festzug.

Foto Kretschmer: KH Krämer als Herold, 1953 beim Pfingstfestspiel

Foto Kretschmer: KB Krämer als Schanderl, 1953 beim Pfingstfestspiel

Foto Kretschmer: Die Brüder Georg und Poidl Sperl als Herolde, mit dem Kötztinger Wappen und
nun auch mit den Fanfaren. 

Auch später noch, in den frühen 70ern, wurden die Kötztinger Herolde dann von "älteren" Herrschaften dargestellt, hier 1971 bei einer Nikolaus-Feier vor dem alten Rathaus. .
Foto Erwin Vogl aus dem Jahre 1972.
Traurig Hans und Ziegler Walter als Fanfarenbläser und Herolde

Georg Barth, der Ende der 50er Jahre die treibende Kraft gewesen war, um die Kötztinger Trommlergruppe, in Zusammenarbeit mit den Pfadfindern, um einen Fanfarenzug zu erweitern. Die Zusammenarbeit mit den Pfadfindern war alles andere als konfliktfrei, so dass sich diese später zurückzogen und damit der heutige Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Kötzting seinen Anfang nahm. Gleichzeitig war Georg Barth auch ein begeisterter Anhänger des Reitsports, der die Freude am Reiten auch seinen beiden Söhnen weitergeben konnte und so war die Kombination aus einer geschmückten Reitergruppe mit Fanfarenklang nicht weit hergeholt, die "Kötztinger Herolde waren geboren und begleiteten von nun ab viele Jahre Kötztinger Veranstaltungen, von Umzügen bis hin zu Einweihungen und Verabschiedungen.
Kötztinger Herolde auf ihrem Weg zur Nikolausfeier beim Alten Rathaus
v.l. Uli Wellisch, Susi Schwarz, Beatrix Karnbeck, Sepp Barth
Xaver Wellisch links als Begleitung

Bürgerfest 1990: Sepp Barth als Kötztinger Herold
Sammlung Barth: 1977 Georg Barth nun zusätzlich mit einer  Kesselpauke und sein Vater Georg Barth


 
1985 Beteiligung der Kötztinger Herolde beim Umzug in Furth im Wald.  

Sammlung Barth: v.l. Bea Karnbeck – Uli Wellisch – Joachim Roiger – Sepp Barth und Gründer und Leiter der Herolde Georg Barth sen, hinter ihm Xaver Wellisch.


Zum Abschluss noch die Bilder der Herold auf der Bühne anlässlich des Festaktes zur 900-Jahr-Feier
im Sommer 1985

 

Pfingsten im Hause Georg Barth:


Viele Pfingstrittbilder haben sich von Georg Barth erhalten, aus seiner Zeit als junges Mitglied des Burschenvereins und später dann auch als stolzer Vater gemeinsam mit seinen beiden Söhnen.
Selbst sein erster Pfingstritt wurde - dank der Fotografierleidenschaft seines Vaters - festgehalten.

Foto Josef Barth:  Pfingsten 1943 der mittlere der drei Ministranten auf diesem DIA ist Georg Barth bei seinem ersten Pfingstritt.


Sammlung Barth: Pfingsten 1969



Foto Alois Dachs:  Pfingsten 1980

Ganz in die Fußstapfen ihres Vaters bzw. Großvaters traten die beiden Söhne, Georg und Josef,  auch beim Burschenverein Kötzting.
Von 1981 bis 1984 war Georg Barth der erste Vorstand des Burschenvereins und sein Bruder sein Stellvertreter. Ab 1985 dann leitete Sepp Barth die Geschicke dieses Vereins, ähnlich erfolgreich, wie bereits sein Vater und in den ersten Jahren - bis 1988 - auch mit seinem Bruder Georg als seinem 2. Vorstand.
1985, im großen Festjahr "900 Jahre Kötztings" war Sepp Barth dann bereits Brautführer an der Seite  von Karl Heinz Krämer.

Der Pfingstbräutigam KH Krämer und seine beiden Brautführer: Gerhard Richter links und Sepp Barth rechts, die Pfingstbraut war damals Andrea Kuglmeier. Im Hintergrund Josef Aschenbrenner mit der Marktfahne.



Georg wurde dann im Jahre 1988 selber zum Pfingstbräutigam erwählt wurde.  Sepp fungierte zusammen mit Gerhard Richter als sein Brautführer. In dieser Zusammenstellung hatten die drei bereits jahrelang zuvor den Vorstand gestellt. Die Pfingstbraut war damals Claudia Casaretto. 


Foto Kretschmer: v.l. Sepp Barth - Claudia Casaretto - Georg Barth - Gerhard Richter


 
Foto Kretschmer: hier ausnahmsweise auch mal die "Blumenkinder, weil ich sie erkenne.
v.l. meine Tochter Susanne Pongratz, Stephanie Iglhaut, Wolfgang Ludwig und ganz rechts außen 
seine Schwester Julia Ludwig.






Hier nun zur Überleitung an die nächste Generation ein Bild der Hochzeit Georg Barths. Pfingsten 1989 hatte er ja noch viele Verpflichtungen einzuhalten als "alter" Pfingstbräutigam, aber gleich im Sommer gings dann vor den Traualtar.
Das Besondere am folgendem Bild ist, neben dem Brautpaar und den Spalier stehenden Kötztinger Feuerwehrlern, der Ministrant, der in der Kirchenpforte steht: es ist der jetzige Kötztinger Bürgermeister Markus Hofmann.
Foto Christa Rabl-Dachs: 14.7.1898 Heirat in der Kötztinger Pfarrkirche
Mit den Skifahrern, der Feuerwehr und dem Spielmannszug, die sich bei dieser Hochzeit zum Spalier-Stehen einfinden, sind drei Verbände/Vereine dabei, bei denen nicht nur der Vater Georg Barth, sondern  auch die beiden Söhne ihr Hobby und ihr Engagement gefunden haben. 

Und auch die nächstfolgende Generation der Familie Barth blieb unserem Pfingstbrauchtum treu.


An der Seite von Franz-Christian Zelzer bildete Christina Barth das Pfingstbrautpaar im Jahre 2011. 

Foto Eva Meimer: Christina Barth am Pfingstmontag 2011

Foto Eva Meimer: Christina Barth am Pfingstdienstag 2011

Foto Eva Meimer: v.l. Sebastian Breu - Christina Barth - Franz Christian Zelzer und Christoph Kuchler
 am Pfingstdienstag 2011