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Dienstag, 25. August 2020

Eine Kötztinger Marktrechnung als Beispiel für eine Jahreschronik Teil I

Unter den Unterlagen, die im Moment aus dem Panzerschrank ausgelagert und wieder ins Stadtarchiv Bad Kötzting eingegliedert werden, befindet sich auch eine umfangreiche Rechnung des Marktes Kötzting aus dem Jahre 1782. 

Umfangreich bedeutet hier vor allem, dass in diesen Zeiten solche Rechnungen eher einem "Erlebnisaufsatz" glichen als einer buchhalterisch, nüchternen Auflistung von Einnahmen und Ausgaben. Natürlich sind auch damals die Geldströme in Einnahmen und Ausgaben getrennt aufgeführt und diese selber wiederum in die unterschiedlichsten Kategorien eingeteilt, aber die Einzelposten sind mit einem mehr oder weniger ausführlichen Kommentartext versehen, die es möglich machen einen detaillierten Blick auf die Bedingungen im Markt Kötzting des Jahres 1782 zu werfen. 

Rechnung des Gemeinen Markts
Közting
Welche Georg Anton
Schweitzer Amtskammerer ab=
gelegt für das Jahre
1782 

Rechnung des Gemeinen Markts Közting, welche der von der Bürgerschaft durch eine freye Wahl ex ao: 1780 elegiert und von einem churfürstlich loblichen Pfleg- und Landgericht Közting, alt gewohnlichermassen verpflicht und dermall im Amt stehende Kammerer Georg Anton Schweitzer samt seinen Mit- oder Nebenkammerer Wolfgang Samuel Luckner über alle Einnahmen und Ausgaben einer sammentlichen Gemeinde vom Neuen Jahr, bis Ende Dezembris 1782 gepflogen und abgelegt hat, wie hernach mit nehers zuvernehmen 1782

Hinweis: Kötzting wählte (in freier Wahl) seine Ratsmitglieder, die anschließend von der Regierung bestätigt werden mussten.

Hinweis zur Währungsumrechnung:
Es ist sehr schwierig bis unmöglich die damalige Währung 1:1 auf heutige Verhältnisse zu übertragen. Von Herrn Ludwig Baumann habe ich eine Rechnung übernommen, die zumindest ein Gefühl für die Höhe damaliger Zahlungen-Steuern-Löhnen geben könnte und zwar den Vergleich mit dem Bierpreis.
Also: Eine Maß Bier kostete damals 3 Kreuzer. Ein Gulden hatte 60 Kreuzer. Für einen Gulden bekam man somit 20 Maß Bier und je nach Bezugsquelle ergibt sich somit ein Wert eines Guldens in der Bierwährung von 100-150 Euro.
Legt man einen durchschnittlichen Tageslohn eines Arbeiters zugrunde, so kommt man auf eher noch höhere Beträge, nur war eben die Arbeitsleistung damals eher sehr schlecht bezahlt, was die Umrechnung verzerrt.
Lassen wir den Umrechnungsfaktor mit der Biermethode einfach an der unteren Grenze und nehmen den Gulden mit ca. 100 Euro an.



Marktsteuern

Die erste Einnahmerubrik waren die "Marktsteuern", darunter war die Hauptsteuer vergleichbar mit einer heutigen Grundsteuer, dann eine Herdstättenanlage, ein Pflasterzoll, eine Tanzsteuer und eine Müllerabgabe. 

Hinweis: Bei der Herdstättenanlage liegt das Prinzip zugrunde, dass erst eine Feuerstätte ein Objekt zu einem bewohnbaren Haus machte.

externe Untertanen


Einnahm an Stüft und Gülten von denn gemeinen Markts Untertannen zu Hofern, Kammern und Ottenzell.
Vermög zu gegen ligenden Stüft- und Saalbüchels, machen dise
10 Gulden 47 Kreuzer

Hinweis: Der Markt Kötzting verwaltete nicht nur selbstständig seine Bewohner sondern war  zusätzlich  auch noch Grundherr über einige Bauernhöfe in diesen drei Dörfern, was er mit einem eigenen Salbuch belegen konnte. 
Im Historischen Atlas von Bayern, Ausgabe Landgericht Kötzting, finden sich die entsprechenden Belege:



Zinseszinseinnahmen aus München

Schon im Jahre 1620(!) hatte Kötzting eine "Zwangsanleihe" über 1000 Gulden zu zeichnen gehabt, welche aber andererseits München verpflichtete, 5 Prozent Zinsen auf diese Summe zu berappen. Viele Jahrzehnte lang bestand diese Einnahmerubrik schlichtweg nur aus einem Wort: "NIHIL", also nichts. München konnte bzw. wollte nichts bezahlen. Später folgte die Zentralregierung dann in kleinen Schritten der Zahlungsaufforderung und erkannte zumindest ihre Zahlungspflicht an. Im 1782er Rechnungsbuch wird ein Zinsrückstand seit 1769 in Höhe von 540 Gulden aufgelistet, für welche München nun 4 (!) Prozent Zinseszins zu bezahlen bereit war und Kötzting quittiert den Eingang von 40 Gulden aus München.
Auch für zwei ganz besondere, dem Markt gehörenden Bauernhöfe, dem Gruberhof und dem Watzhof  forderte München eine Abgabe - und versprach Zinszahlungen - hier allerdings war München noch nicht bereit, Zahlungen zu leisten, deshalb der Zusatz: "NIHIL", also nichts.



Zinseinnahmen von den Bürgern

Ähnlich wie die Pfarrkirchen der Umgebung, das Spital Kötzting oder die frommen Bruderschaften, verlieh auch der Markt Kapital gegen einen festgesetzten Zinssatz von 5 Prozent.
Der Sattler Sebastian Frins (heutzutage Metzstraße 7) hatte 1756 mit der Übernahme seines Hauses von dessen Vater Balthasar auch dessen Hypothek übernommen und zahlte von 20 Gulden Schuld seinen Einen Gulden an Zins an die Marktkasse.
Weitere Schuldner beim Markt: der Schneidermeister Joseph Obermajer hatte ebenfalls 1756 sein Haus von seiner Mutter übernommen. (alte Hausnummer 117 im Pfeffergraben, heutzutage Pfeffergraben 6a)
Dann Michael Härtl, der Junge, ein Leineweber.  (alte Hausnummer 107 heutzutage im Hotel zur Post ausgegangen) hatte das Saliteranwesen seiner Schwiegereltern übernommen, was den Anlieger Samuel Luckner sicherlich freute, dem das Saliteranwesen an seiner Gebäuderückseite schon immer ein Dorn im Auge gewesen war wegen der Brandgefahr.. 
Der Mauerer Anton Perzl auf dem Simmetschen Haus (Brandstraße 6) und dann Adam Dirnberger, Bürger und Küfner, damals noch nicht auf dem später "Dirnbergerhaus" genannten Anwesen, sondern in der heutigen Müllerstraße 1 zuhause, beide haben Geld bei der Marktkasse aufgenommen.
der Vollständigkeit halber führ ich noch die weiteren Schuldner auf:
Georg Jobst, Häusler und Leineweber (Pfeffergraben)
Mathias Kagermaier, Bürger und Küfner (Marktstraße 13)
Franz Härtl, Marktlehner und Leineweber (Schirnstraße 12)
Elisabeth Scholl, Witwe und Marktlehnerin (Marktstraße 25)
Insgesamt hatte Kötzting 1092 Gulden


Bürgerrechtsgelder

Wer in Kötzting als Bürger aufgenommen werden wollte - was nur mit dem gleichzeitigen Erwerb eines Anwesens möglich war,  musste sich das Bürgerrecht zuerst erkaufen, was je nach Anwesensgröße (Marktlehen - Sölde -Haus) in unterschiedlicher Höhe zu entrichten war.
1782 waren dies der Churfürstliche Gerichts- und Marktprocurator Franz Xaver Müller, der das Anwesen am Marktplatz von seinem Schwiegervater erwarb - Siehe Häuserchronik Hausnummer 8 - und dafür 20 Gulden bezahlen musste. 
Georg Kronfelder zahlte nur 10 Gulden, sein "Häusl" ist eingegangen und liegt hinter der heutigen Schattenaustraße 5.   
Der Viechtacher Bürgersohn Josef Schreiner zahlt 20 Gulden und erwirbt das Marktlehen, das wir heute als das Kaufhaus Gartner kennen (eigentlich eine Sölde) 


verpachtete Grundstücke und "Mieteinnahmen"

 Im Besitz des Marktes befand sich ein kleines Haus, welches nach dem Marktbrand von 1867 nicht mehr errichtet worden war, ein Haus, das sogar einen Eigennamen besaß: die Wuhn.
Zur Wuhn gehörten auch einige Grundstücke, welche die Marktgemeinde verpachtete. Bei manchen  dieser Grundstücke sind Flurnamen und Ortsangaben mit protokolliert, die sie besonders interessant machen oder aber andere Kleinigkeiten.
Das Wuhnackerl zum Beispiel wurde auf dessen Antrag hin an den Kötztinger Ochsenhüter kostenlos vergeben
Ein weiterer Acker der Wuhn lag im Galgenfeld - heutzutage die Verlängerung der Hagerstraße.
Der Gruberhof (Strohhof - Gärtnerei in Grub) ist in einer weiteren Verpachtung als Ortsangabe aufgeführt.

Anders als heutzutage hatten die Kötztinger Bäcker nicht jeder einen Laden, sondern die Backware musste im märktischen Brothaus verkauft werden, wofür die Kötztinger Bäcker, im 1782 waren dies:
Michael Lärnbecher
Andre Dreger
Bernhard Auzinger (Marktstraße 30)
Franz Seiderer
Max Auzinger und Veith Haselsteiner (spätere Bäckerei Grassl)
für die Benutzung der Brotstände Gebühr von 1 Gulden pro Bäcker und Jahr zu bezahlen hatten. 

Hinweis:
Anders als bei den Metzgern, die im Fleischhaus in der Metzstraße schlachten UND verkaufen mussten, buken die Bäcker zu Hause, stellten aber ihre Ware im Brothaus gemeinsam zum Verkauf aus. 
Das Kötztinger Brothaus befand sich zu der Zeit im Rathaus. In späteren Zeiten wechselte es in das Mesneranwesen in der Herrenstraße. Für den Verkauf selber war dann der Brothüter zuständig, in diesem Jahr der Schneider(!) Joseph Obermeier 




Neben dem Brothaus befand sich im Rathaus auch noch ein Kramladen, welcher vermietet wurde. Anton Schneiders Witwe musste als "Miete" für den "Gemeinen Markts Kramladen auf das 1782te Jahr" stolze 24 Gulden bezahlen. 

Im Erdgeschoß befand sich seit der Zeit nach dem 30jährigen Krieg eine "Schlosserwerkstatt"  - die ist den Kötztingern praktischerweise bei einer Insolvenz in den Schoß gefallen und die Wuhn war damals frei  - und eine Wohnung. Für das Erdgeschoss mit Wohnung und Werkstatt bezahlte der Nagelschmied Anton Fischer 8 Gulden und für die Wohnung im ersten Stock musste der Inwohner Johann Mossmüller 6 Gulden im Jahr aufbringen. Die Wuhn, vor allem mit seinen Bewohnern im ersten Stock, war damals sehr, sehr schlecht beleumundet und vor allem die Mossmüllertöchter machten den Kötztinger Magistratsräten einigen Verdruss, sag ich mal.....




Der Stroh- oder Gruberhof war im 16. Jahrhundert mitsamt seinen umfangreichen Grundstücken dem Kloster Rott abgekauft worden - für Kötzting übrigens ein sehr gutes, für Rott ein miserables Geschäft und dessen Grundstücke dann gleichmäßig auf die Kötztinger besitzenden Bürger verteilt worden. Das zweistöckige Gebäude blieb im Besitz des Marktes und wurde an zwei Parteien vermietet.   
Hier der Eintrag für die Wuhn-Behausung

Samuel Luckner zum Gschwandhof  (Luckner hatte zu diesem Zeitpunkt bereits sein Hauptanwesen, das heutige Hotel zur Post, an seinen Schwiegersohn übergeben und hatte sich nur noch den Gschwandhof behalten, weshalb er überhaupt noch Bürger und vor allem Kammerer bleiben konnte. Ohne Grundbesitz wäre dies nicht möglich gewesen.) ab dem Goldhaufen Wisfleck.
Dieses "Goldhaufen" genannte Flurstück habe ich noch nicht lokalisieren können, aber es müssen ja auch noch für spätere Forschergenerationen Aufgaben überbleiben

Für das Rechts des "Salzausmesselns", als das Abmessen von Salz im Brothaus bezahlte der Brothüter Joseph Obermeier 2 Gulden, für das Recht des Melbelns, als des Mehlverkaufes war eine Jahresgebühr von 1.30 zu entrichten. Der Melbler war damals der Häusler Georg Graßl.

Die Ziegelhäusl erbrachte in diesem Jahr aus ungenannten Umständen keine Miete

Die Fleischbank in der Metzstraße war für die Kötztinger Metzger Schlachthaus und Verkaufsladen zugleich. 1782 waren dies
Kaspar König (Marktstraße 36)
Wolfgang Weihrauch (Gasthaus Pfeffer)
Joseph Zeiller (Schirnstraße 5)
Jakob Räbl  
Stephan Dimpfl (Metzstraße 11)
welche zusammen 15 Gulden bezahlen mussten. Diese Stift wurde immer per Vertrag auf 3 Jahre abgeschlossen.

Als nächstes "Objekt" im Besitz des Marktes kam in der Liste der Watzlhof bei Grafenwiesen, ein großer Bauernhof, der im 19. Jahrhundert verkauft werden musste. Aus dem einzelnen Bauernhof entstand dann in kurzer Zeit die Ortschaft Watzlhof.


Weiter geht's mit dem Gruber- und dem Dampfbach: ungeachtet aller Bemühungen hatte sich für 1782 kein Pächter für diese beiden Fischgewässer gefunden, weshalb die Marktkasse leer ausging. 

Die an die Bürger verteilten Grundstücke des oben vermieteten Gruber- oder Strohhofes bekamen diese natürlich nicht kostenlos. Im Jahre 1735 wurde darüber ein genaues Register aufgestellt, das die Grundstücksgröße und die Leistung berücksichtigte. Diese verteilten Flächen erbrachten der Marktkasse stolze 41 Gulden.

Nun kommt ein seltsamer Eintrag:

Der Wasseranschluss des Pfarrhofes auf "(V)ersuchen und Widerruf" momentan kostenlos(!)

Der Pater Prior und gleichzeitig Pfarrherr von Kötzting wird zwar bis auf Widerruf von den Kosten für seinen Wasseranschluss hinein in den Pfarrhof (heutzutage das Kötztinger Rathaus) befreit, wird aber grundsätzlich dafür herangezogen.
Einschub: Dieser Wasseranschluss war bereits Teil eines jahrelangen erbitterten Streits zwischen dem damaligen Kammerer Luckner und dem Kötztinger Pfarrer Mack gewesen. Ein Vergleich mit Don Camillo und Peppone ist hier durchaus angebracht, wobei in Kötzting, anders als im Film,  eher der Peppone gewann. 
Was dabei für mich unerklärlich ist, ist die Tatsache, dass die Quellschüttungen für das Kötztinger Wasser durchwegs auf Kloster Rottischem Grund und Boden im Bereich von Gradis sich befanden und der Pfarrer sein Recht auf einen Wasserbezug nur durch Streit und Prozesse erreichen konnte. Hätte er auf seinem  (Kloster Rottischen) Grund die Quellenzuflüsse gestoppt oder behindert, hätte der Markt vermutlich sehr schnell nachgeben müssen.....


Die nächste Unterabteilung ist eine Art von Pacht auf Grundstücke
Der Markt Kötzting unterschied eindeutig zwischen Anwesen (Marktlehen, Sölden und Häusern) aus der Anfangszeit (oder zumindest aus Zeiten von denen es keine schriftlichen Unterlagen mehr gibt) und solchen Bauherren, die nachweislich beim Magistrat um ein "Plätzl für einen Hausbau" nachgefragt hatten. Diese Hausbesitzer bezahlten neben ihrer regulären Gebühr zusätzlich auch noch eine jährliche Abgabe für den vom Markt zur Verfügung gestellten Platz. Dies ist vor allem für die Häuserchronik von Interesse, weil diese Häuschen in späteren Verkaufsprotokollen plötzlich wie aus dem Nichts auftauchen.
Die Kötztinger "Neubaugebiete" lagen damals zumeist im Bereich der heutigen Holzapfelstraße und im Bereich außerhalb des Chamauer Tores
Hier einige Beispiele:

Barbara Fischer auf dem Grasmayerischen Haus Martin Hafner, Schuhmacher und der Fluderknecht Johannes Fischer. Sie alle bezahlen für ein vom Markt "verwilligtes Bläzl
Dasselbe Bild bei dem Strumpfstricker Mathias Mack. Der Kötztinger Hafner Görnhuber in der Metzstraße bezahlt für den Bauplatz für sein Haus und für den Brennofen.
Die "Erbpacht" für die Bauplätze betrug durchgehend 33 Kreuzer, mit ungefähr 50 Euro eine erträgliche Summe. 
Es geht weiter mit dem Schlosser Leonhard Haas (heute noch erkennbar)

Der Kammerer Anton Schweitzer bezahlt für eine Wiese , die Hütwöhr genannt, unterhalb der Herrenweiher auch nur 34 Kreuzer.

Die Hütwöhr ist die Wiese innerhalb der Regenschleife gleich hinter dem alten Kötztinger Freibad und die Herrenweiher befinden sich auf dem Grafenwiesener Kirchenweg kurz vor Fessmannsdorf auf der Kötztinger Seite des Regens. Wenn man am neuen Friedhof vorbei nach Grafenwiesen fährt, kommt rechts die Abzweigung zur Rieselhöhe. Nach dieser Abzweigung fällt der Hang hinunter zum Herrenweiher. 


Weitere Bauplätze gingen an den Fluderer Paul Rietmeier, an Joseph Härtl der ältere, an Joseph Härtl der jüngere für einen Stadelbau auf der Kollstadt.
Der Sagstiffter - der Pächter der Herrensäge, heutzutage die Brauerei Lindner - Christoph Kollmeier benötigte eine Fläche auf dem "untern Wörth" für die Lagerung der Sagbäume, weshalb man diese Fläche 1782 nicht verpachten konnte.

Das sogenannte Kamplmacherhaus entsteht:

Auch das heutige Kamplmacherhaus ist eines der jüngeren Häuser s.o. in Kötzting, hat aber eine komplizierte Vorgeschichte. Nach der Errichtung zweier neuer Häuser ("negst dem obern Gärtner" = unterer Teil der Holzapfelstraße) wurde ein zusätzlicher Antrag abgelehnt und ein anderer Bauplatz gefordert und gefunden:
114 und 115 die neuen Häuser "negst dem obern Gärtner" Ausschnitt aus der Uraufnahme von 1832 aus
Kötzting 1085-1985




hat man....sohin hierzu hart unter dem churfürstlichen Schloßgraben unweith des ehemaligen Lucknerischen und nunmehrige Poschingerischen Stigl auf der gegenüber ligenten Seuften, das erforderliche Bläzl ausgezeiget.

Auch hier gibt es eine interessante Ortsbeschreibung: "das Lucknersche oder Poschinger Stigl". 10 Jahre vorher gab es einen strittigen Ortstermin über eine Erneuerung der Kötztinger Brückensituation, die zu einem Streitfall vor der Regierung in Straubing führte. Für die Straubinger Richter wurde deshalb ein Situationsplan gezeichnet, der diesen Gangsteig längs der Poschingerwiese und einer Mauer aufführt.
StA Landshut Rentkastenamt Straubing A 97 
 Das, was heutzutage DIE Hauptzufahrtsstraße nach Kötzting darstellt, war damals offensichtlich nur ein Gangsteig entlang einer Mauer, die die Poschingwiese sicherte bzw. abgrenzte.

Weiter heißt es: Diese Verwilligung ist sonach von berührten Finken (er war der ursprüngliche Antragsteller) an Adamen Hummel, burgerlichen maurermeistern alhir cediert: sofort von dem Hummel erdeudtes Häusl aufgebaut= hierüber das gewöhnliche Ankonftsbrief teste Protocols vom 6. 9bris 1781 wohl merklich doch ohne alle Befugnis erlanget und nach dessen Inhalt dann der hochgnedigsten Verwilliguns  resolution die Gult heude zum ersten Mall entrichtet worden mit 33 Kreuzer

Somit besteht das Kamplmacherhaus seit 1781

Die nächste Rubrik ist der Pflasterzoll, diese "hoheitliche Aufgabe" wird normalerweise einer Privatperson meistbietend versteigert  und der Pflasterzolleinnehmer kann sehen, wie er sich übers Jahr dann refinanziert mit den durchfahrenden Fuhren.



Ursprünglich - seit 1666 - betrug der Pflasterzoll .."von einem geladenen Karn ain Heller und von ainem Wagen ainen schwarzen pfennig". Nun aber hat der Kurfürst Maximilian Joseph bei der Bestätigung der alten Marktfreiheiten "die neuen Privilegien erteilt, dass zur Herstellung und kunftiger Unterhaltung des all zu ruinösen Marktpflasters, Weg  und Strässen im bürgerlichen gezirk: von ied an ainem beladenen Wagen sich befündeten Pferd 1 1/2 Kreuzer und für ain lähres derley 2 Pfennig konftig und fortan erhollet werden derfe...."
ABER: ...weill die meiste Fuhrleith nicht mehr anher sondern vast für beständig auf deren neuen Hochstrass Hin; und herfahren .... haben sie die Pflasterzollgebühr nicht mehr versteigern können sondern dieses dem Marktdiener zum Festpreis von 3 Gulden 30 Kreuzer jährlich überlassen. 
Die Auswirkungen der modernen Zeiten also.

Einnahmen aus Gerichtswändel:

Der Kötztinger Magistrat unter dem Vorsitz des Kammerers (=Bürgermeister) war auch eine Gerichtsschranne, auf der Recht gesprochen wurde und bei den im oberen Kapitel des Pflasterzolls angesprochenen neuen Privilegien wurden auch die Straftaten genau definiert, welche der Markt selbstständig aburteilen durfte.
Leider verweist der Eintrag auf entsprechende Seiten des Ratsprotokolls, welches nicht mehr existiert,
Folgende Vergehen durfte der Markt selbst regeln:
Beleidigungen
Raufen und Schlagen, ohne alle Waffen mit der bloßen Hand.
Das Boldern (Poltern) auf der Gassen oder in Häusern, ohne Waffen zu entblößen
das leichtfertige Verhalten bei Bürgern und in bürgerlichen Diensten stehende Ehehalten, auch die causa mixtis, also die Leichtfertigkeiten zwischen Bürgern und deren Ehehalten..
Auch die Causa mixtis
Neun abgeurteilte Vergehen erbrachten eine Strafsumme von 7 Gulden 34 Kreuzer und 2 Heller
Lediglich drei mal wurde wegen "Leichtfertigkeit" verhandelte; aber diese wenigen Fälle erbrachten eine Strafzahlung von 16 Gulden. 


Einnahmen von der Neuerbaut Gemainen Markts Herren Saag

Ähnlich wie das Kamplmacherhaus gehört auch der jetzige Lindnerbräu zu den eher jüngeren Anwesen in Kötzting. 1756 nach Erlaubnis durch die Regierung in Straubing wurde eine neue Schneidsagmühle errichtet und diese erhielt den Namen: Herrensäge. Eine Sagmühle also im Besitz der Kötztinger Ratsherren. Samuel Luckners schreibt selber, dass dies eine der Hauptsäulen war, um die marode Kötztinger Marktkasse wiederum aufzufüllen, was ihm laut eigener Rechnung auch gelang.
1782 war die Herrensäge an den Kötztinger Marktlehner und Lederer (und Kompagnon Luckners) verstiftet.
136 Gulden jährlich erbrachte allein die Stift der Mühle und weitere 11 Gulden hatte der Stifter zu begleichen für die Schwartlinge, die ihm geblieben waren. 

Einnahm aus dem Fallrecht

Diese Einnahmen aus dem Fallrecht - der Marktmühlenfall war die "Zollstelle", dienten dem Erhalt der Brücken und Stege. Von jedem "passierenden fach brödern, wovon jedes etwan in 30ig Stuck brödern bestehen mag" kassierte der Marktdiener, der die Aufsicht übertragen bekommen hatte, 6 Kreuzer. 
Dieses Gefälle machte die stolze Summe von 286 Gulden aus, was bedeutet, da ein Gulden 60 Kreuzer hatte, dass es im Jahr 1782 2860 Fuhren über den Marktmüllerfall hinunter gegeben hatte.
Da war was geboten auf dem Weißen Regen in Kötzting im Frühjahr.

An dieser Stelle steht ein interessanter Zusatz:
Wenn einzelne Posten geringer ausfallen als erwartet, wurde -siehe der Pflasterzoll wegen der ausbleibenden Fuhrleute - hier waren es glatte 99 Gulden weniger als im letzten Jahr wurde die Differenz ausdrücklich am Rande vermerkt. 
Auch eine Erklärung wurde geliefert: es war weniger, weil das Fluderwerch wegen der von denen Schwaben nacher Straubing erhaltenen Freyen Lieferungen abgenommen.
Offensichtlich hat die Regierung den "Schwaben" erlaubt, ein größeres Kontingent an Holz steuerfrei bis nach Straubing liefern zu lassen. 

Gemeine und Sondereinnahmen: 

Kerzen: Zu der auf Furth im Hl Floriani wegen Abwendung aller Feuersgefahr verlobte Körzen, hat man ersambelt   4 Gulden 31 Kreuzer
Kaminkehrer: Dominikus Marty Kaminkehrer aus Cham zahlt an den Markt im Jahr 6 Kreuzer 4 Heller.
Siegelgelder: die Gebühren für alle Beurkundungen von Seiten des Magistrats 45 Gulden 8 Kreuzer
Dienstschmalz: vom Strohhof in Grub für jedes Pfund Schmalz 2 Kreuzer, insgesamt 20 Kreuzer.

Auch hier gibt es eine Besonderheit: (Hintergrund 1778 war das Straubinger Landl- und damit auch der Markt Kötzting - für eine gewisse Zeit Teil der Österreichischen K+K Monarchie im Zuge der Auseinandersetzungen mit der bayerischen Erfolgeauseinandersetzung) 
Dies zum besseren Verständnis des folgenden Textes:
Wegen denen in anno 1778 für die kay(serlich) königl(ichen) Trouppen gestellt und dato noch nicht ruckzahlten 6 Fuhren, erwürdet es dermall wegen gemangelter Zeit an schriftlicher Beitreibung, weillen auf die mündliche Anmanhnungen nichts erfolget und dahero ist zu entwerffen: --.--.-- (also Nichts)

Schutzgeld: Michael Lothal Brunnengraber hat in Ansehung, selber widerumb auf ein Jahr geduldet worden Schutzgeld erlegt: 8 Kreuzer 4 Heller. Und Anton Grässl, gewester Häusler alhir und nunmalliger Müller in der Falkensteinischen herrschaft, erlegt eben zu Erhaltung seines Bürgerrechts das gewöhnliche Schutzgeld für 2 Jahre mit 17 Kreuzer 1 Heller.


Reitenstein

Mit dem Tode von Bartholomaeus von Görring, Herr auf Reitenstein, wurde der Markt Kötzting nach langem Hin- und Her auch Grundherr der Hofmark Reitenstein, was natürlich neben Ausgaben (kommen im 2. Teil) auch Einnahmen verursachte.
Einige dieser Steuern waren reine Durchlaufposten, die nach Straubing abgeführt werden mussten und dann in voller Höhe im Ausgabenteil wieder auftauchen und aus der Marktkasse verschwinden.
Aber Giltzahlungen und Scharwerksabgaben der Reitensteiner, die früher die von Gehring erhielten, wanderten nun in den Marktsäckel. Ganze 96 Gulden, keine geringe Summe machten die Jahreszahlungen in die Kötztinger Kasse aus, mit dabei waren aber auch die Zahlungen der 17 Kötztinger Hofgebäukäufer. 
Auch Beurkundungen der Reitensteiner Untertanen wurden in einer separaten Protokollreihe und folgend einer extra Rechnungsführung ausgewiesen. Mehr als 20 Gulden betrugen diese Siegelgebühren der Reitensteiner. (Zum Vergleich, der sehr viel größere Markt Kötzting erreichte in dieser Rubrik nur knapp 46 Gulden.) 

Summe aller Einnahmen des Marktes Kötzting:


4269 Gulden, (also irgendwo in der Gegend von einer halben Million Euro) war die Summe der Einnahmen im Jahre 1782, rund 828 weniger als im Vorjahr.

Ende des Einnahmenteils. 

Mittwoch, 19. August 2020

Das Stadtarchiv Bad Kötzting als Coronaunterhaltungsbeilage 4-11 Luftaufnahmen

 Wir haben im Stadtarchiv eine ganze Reihe an unglaublich guten und detailreichen Luftaufnahmen, bei denen es schade ist, sie für das Internet in der Qualität vermindern zu müssen.

Fangen wir mal mit einem ganz besonderen Bestand an:
Frau Renate Serwuschok hatte PRIVAT in die Geldtasche gegriffen und die Bild- und Verwertungsrechte an einem Paket von 147 Bildern in 12x12 Großnegativen gekauft.

In den einzelnen  Bildern steckt soviel an Kötztinger Geschichte, dass ich einmal solch ein einzelnes Bild im Detail analysieren möchte:




Heute geht es um die direkte Umgebung der Stadt
Hier haben wir die Konservenfabrik Kötzting in der Pfingstreiterstraße, damals eines der
industrielle Aushängeschilder Kötzting. Im Hintergrund die Fa. Biller und Hobrack mit
Werkstatt und Tankstelle. Deutlich erkennbar auch der ausgedünnte Bewuchs am Einstiegshang des Ludwigsbergs


Hier die Konservenfabrik in einer anderen Ansicht: am Regen noch die Wörth erkennbar, die den Hammerkanal speiste, der festgestampfte Weg von der Konservenfabrik zum Spitalplatz und noch keine Bebauung in den Wiesen.



Die Anfänge des Neubaugebietes Zellertal








Das Lehmabbaugebiet der Ziegelfabrik Weixel

Bevor es die Regentalkreuzung gab, war am Fuße des Ludwigsberges ein Schrotthandelsplatz und 
ein Bretterlager der Lindnersäge

Die Hammermühle





























Mittwoch, 12. August 2020

Neuzugänge im Stadtarchiv Bad Kötzting

 

Neues - altes -  Material für unser Stadtarchiv

 

Im Zuge das anstehen Baumaßnahmen im Rathaus werden nun weitere Archivalien in unser Stadtarchiv überführt.
Diesmal sind es ganz besondere Stücke. So besonders, dass sie die letzten Jahrzehnte mit dem Vermerk: "Liegen im Panzerschrank des Bürgermeisters" dort versperrt waren. 

Viele dieser Urkunden und Schriften haben für Kötzting eine ganz besondere Bedeutung und waren zuletzt bei der großen Ausstellung 900 Jahre Kötzting im Jahre 1985 für die Öffentlichkeit sichtbar.
Zum Beispiel die verschiedenen Freiheitsbriefe, die der Markt Kötzting immer wieder vom Herrscherhaus in München ausgestellt bekommen hatte, so etwas wie die Geschäftsgrundlage des Marktes und seine Monopolstellung für den nahen Umkreis.

Dann natürlich die beiden ältesten Kötztinger Marktrechnungen von 1670 und 1671, die damals, heute sind wir bereits weiter in die Vergangenheit vorgedrungen, die ältesten Nachweise für unseren Pfingstritt enthielten. 

Dann zwei dicke Stapel mit einer Unmenge an Druckschriften - Briefen - Eingaben - Aufrufen, mit dem Deckelvermerk: NSDAP, aus den Jahren 1933-1939. Material also, das unsere Marktoberen nach 1945 lieber unter Verschluss halten wollten, auch wenn darin zumeist nur der normale Geschäftsgang einer Marktgemeinde festgehalten ist.

Ein besonderes Schmuckstück ist - und das ist tatsächlich eine Besonderheit und für uns einzigartig - ein Buch der Kötztinger Schuhmachermeisterzunft ca. 1684-1763.
Die Schuhmachermeister des ganzen heutigen Landkreises Kötzting - damals Landgericht Kötzting - waren bei der Lade in Kötzting gezünftet und, was immer es zu protokollieren gab,
Meisteraufnahmen,
Meisterprüfungen,
Lehrbriefe,
Freistellungen,

wurde in einem dicken Protokoll festgehalten. Dieses Protokollbuch, normalerweise nicht unbedingt eine Archivalie für ein kommunales Archiv, hat im Titel die Jahreszahl 1684. Beginnt aber zumeist erst im 18. Jahrhundert und wurde wohl aus einzelnen fliegenden Blättern gebunden, weil die Jahreszahl alles andere als aufsteigend ist.

Hier ein paar Beispiele:


Hanndtwerchs Büech 
Eines Ersamen Handtwerchs der Schuech
macher in dem churfürstlichen Panmarkt akhie
zu Khözting Anno 1684


Einschreibung der Maister 
in dem churfürstlichen Panmarckht Köhözting betreffend
Aufdingung und Freistellung

heund dato dem 28. decemb: ao: 1759 thuet Anresa Knodt von Grafenwiesen seine eheleiblichen 3 Söhn nammens Hans Georg, Joseph und Hans Michael vot offentlicher Ladt aufingen und wider ledig sprechen. Die Mutter Anna Maria. So geschehen im Beysein des ehrenvesten Herrn Comisseri Johann Georg Treger des Innern Rats dan die 4 Geschworen Maister Hans Michael Mayr, Andre Zistler, Hans Straubinger, Martin Hofmann und das sambliche Handwerch


Maisterwerdtung

Heund dato dem 27. May ao: 1733 thueth sich bey ainem ersamen handwerch alhir zu Közting Sebastian Fridl von Playbach vor offentlicher Ladt von ainem Ladtmaister Einzünfftig machen mit pactierten Einkauffgelt im beysein des Ehrenvösten Herrn Handwechs Comissari Andreas Paus des Rats dann der vier Geschworenen Ladt- und Pixenmaister als Johann Georg prey, Anton Cramer, Johann Rabb, Johann Michael Mayr und das Sambentliche Handtwerch.
Dem Markht auf ein gueter Stundt nit beschechen


Aufdingung und Freisprechung eines Maister Sohn

Heundt Dato den 24. May ao: 1756 thuet Hans Georg Pachmayr alhir seinen eheleiblichen Sohn Hans Michael Pachmayr und Katharina dessen Mutter vor offentlicher Ladt audingen und wider freysprechen im beysein ........






Aufdingung eines Lehrjungen


Heundt Dato als den 6. Juli ao: 1727 hat Hans Kapfenburger Schuhmacher von Raidtenstein ainen Lehrjungen nammens Georg Silberpauer, weyl. Caspar Silberpauer gewesten Pauerns zu Arndorf und Barbara dessen Eheweibs seel. eheleiblichen Sohn von Arndorf vor offentlicher Ladt in beysein des Herrn Handwerchscomissari Johann Schöllinger des rats und den........uf drei jahr lang Handwerchsgebrauchs nach ordentlich aufdingen lassen

11 Gulden Lehrgeld bezahlen die Vormünder des Lehrlings an den Meister, 7 Gulden sogleich, die restlichen 4 Gulden innerhalb der folgenden 2 Jahre, die auch als Bürgen den Vorgang bezeugen.. 










Mittwoch, 5. August 2020

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 9 - Der Voglhof

Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.
Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.

Hier der gezeichnete - Gemalte Entwurf der Gebäudefront für den Schneidermeister Christian Bauer, genannt Christianschneider,der damit bis heute den Hausnamen dieses Anwesens bestimmt.
Dass dieses Haus identisch mit dem Voglhiof ist, war uns in der Heimatforschung bis Ende der 90er Jahre unbekannt.




Repro AKH Nr. 1504 zeigt wohl eine Feldmesse am Freialtar bei der St. Veitskirche. Im Hintergrund ist das niedrige, nur einstöckige, Haus des Christianschneiders zu sehen. Rechts im Vordergrund sieht man noch die Holtabdeckung des damaligen Marktbrunnens (eingeweiht 1904) und das Haus an der Ecke (Fleischmann) sieht sehr neuerbaut aus (Marktbrand 1899) zwischen diesen beiden Jahren sollte die Feldmesse mit den Militärangehörigen stattgefunden haben.
Zu dieser Zeit gab es häufig Manöver in unserer Gegend.
Doch zurück zum Anfang und zum Voglhof.
Der Ausdruck "Voglhof" war in den Kötztinger Archivunterlagen durchaus geläufig doch, ähnlich wie bei der Wuhn und dem Rossmarkt, war die Lage unbekannt.
Dies änderte sich erst mit der systematischen Erarbeitung der Inhalte der Kötztinger Briefprotokolle im Staatsarchiv Landshut Mitte der 1990er Jahreund so konnten manche historische Flurnamen und Lagebezeichnungen identifiziert werden.
Eines davon ist das, auf dem obigen Bild so unscheinbar daherkommende, niedirge haus in der Schattenaustraße:

Der Voglhof

Anfangs des 19. Jahrhunderts forderte eine Regierungskommission in München die einzelnen Landgerichte Bayerns auf, Daten für einen topographischen Atlas zu sammeln und in München einzuliefern. (LGäO A 609 von 1830) In dem Antwortschreiben
StA Landshut LGäO A 609 
heißt es: ..... indem früher der Ort blos aus drey Einzelhöfen bestand - unter dem Namen Gschwandhof, Voglhof und Eggelshof, wovon der erstere und letztere gegenwärtig noch bei seinem ursprünglichen Namen genannt werden.....

Dieser gilt als einer der vier Kötztinger Urhöfe.
Auszug aus der Uraufnahme Kötztings von 1831 aus "Kötzting 1085-1985"





Die ganz frühen Rotter Untertanenlisten lassen eine eindeutige Zuordnung der Besitzer zu einem bestimmten Anwesen nicht zu, aber manche Namen bekamen einen Zusatz, der diese Zuordnung doch ermöglicht und das ist auch hier der Fall.
Die Reihenfolge in den Listen folgte der Reihenfolge, wie die Häuser in Wirklichkeit nebeneinander standen. Wir wissen, dass bei der heutigen Gaststätte Januel (alte Hausnummer 10) früher einmal ein Markttor gewesen war, das sogenannte Schmudertor.

Leonhard Vogl



Die Bürgerliste 1610 beginnt beim Pachmayr (heute Amberger Hof) und führt weiter bist zu einem Eintrag:
HaStA München KL Rott 113 von 1610

Das bedeutet, dass beim Anwesen, das dem Schmudereranwesen benachbart war (oberhalb) der Besitzer 1610 Leonhard Vogl hieß. Solche, ich nenns mal "Ankerhinweise" in den Listen helfen manchmal solche Details zu entschlüsseln. Dies ist der erste gesicherte Besitzer des Hauses in der heutigen Schattenau.







Georg  und Leonhard Vogl


1. In der Kötztinger Kirchenrechnung 1638 nimmt Georg Vogl 140 Gulden auf und verschreibt dafür seine Behausung "negst dem Schmudertor".
2. In einer Stiftrechnung des Klosters Rott von 1638 ist die Reihenfolge
Georg Roßmann - (Veitskirche) - Leonhard Vogl - Wolff Sterrs Witwe.(=Januel)
3. Als zusätzlicher Beweis kann das sogenannte Status Animarum der Pfarrei Kötzting dienen, wörtlich eine Seelenbeschreibung, eine Liste der überlebenden Kötztinger nach der "Stunde Null" vom November 1633
Dort heißt es:
Band 1 der Kötztinger Pfarrmatrikel: Status Animarum


Geörg Vogl et Leonhart Vogl zwen frat(res).
Georg und Leonhard Vogl, zwei Brüder
Bei ihnen lebte noch ein Knecht Adam und eine Magd Katharina.
Ander Preidter mit seinem 13 jährigen Sohn Jakob lebte wohl auch noch in dem Anwesen, vermutlich als Tagelöhner.

Berücksichtigt  man die drei Besitznachweise und den Regelfall, dass eine Schuldverschreibung zumeist beim Besitzwechsel protokolliert wurde, so steht zu vermuten, dass die beiden Anwesen bis ca. 1638 in einer Hand gewesen waren, und zwar in der von Leonhard Vogl, vermutlich dem Vater des Leonhard, der dann 1655 als Besitzer der Nummer 8 aufgeführt ist. 1638 dann bekam wohl Georg Vogl, der Bruder,  das Anwesen Nummer 9
Allerdings sollte man berücksichtigen, dass 1633 Kötzting komplett - zumindest was den Bereich der Marktstraße anbetraf - in Schutt und Asche gelegt war wurde und sich die Besitzverhältnisse teilweise neu sortierten mussten.

Ausschnitt aus der Uraufnahme Kötztings vom Jahre 1832 aus: "Kötzting 1085-1985"


Der im Plan "GRÜN" eingezeichnete Bereich des Anwesens, war in späteren Jahren in Besitz verschiedenster Kötztinger Bürger, dies könnte auch früher so gewesen sein, weil - und erneut muss auf die Besonderheit früherer Zeiten verwiesen werden, die ihre Besitztümer durch die Benennung der linken und rechten Nachbarn definierten - in einer Grundbeschreibung für das Kloster Rott aus dem Jahre 1655 es beim östlichen Nachbarn (heutzutage die Gastwirtschaft Leboid) heißt, dieser läge zwischen dem Kasten des Georg Vogl und dem Schmudtertor.



Hauptstaatsarchiv München Landshuter Abgabe 1982 Kloster Rott B2



Sein oben (westlich) anliegender Nachbar (Leonhard Vogl, vermutlich sein Bruder) beschreibt seine Lage als "zwischen Georgen Vogls Behausung und St: Veiths Capellen" liegend.

Interessant ist die Reihung in den verschiedenen Rechnungsbänden, die uns einen Hinweis geben, wie sich die Verhältnisse möglicherweise geändert haben.
1610
Pachmayr- Hans Vogl- (Veitskirche) - Leonhard Vogl - Christoph Simmel - (Schmuderertor)
1638
Pachmayr - Roßmann - (Veitskirche) - Leonhard Vogl - Wolff Sterrs Witwe 
1655
Pachmayr -Rossmann- Veitskirche-Leonhard Vogl - Georg Vogl - Magdalena Stehr - (Schmuderertor)
1670
Pachmayr - Peringer - Veitskirche - Leonhard Vogl - Leonhard Stehr
1672:
Pachmayr - Peringer - Veitskirche - Leonhard Vogl - Leonhard Stehr

Es hat den Anschein, als ob Leonhard Vogl im Zeitraum nach 1655 aber vor 1670 beide Anwesen (wieder?) vereinte, aber ob die Trennung nur temporär war, da beide Brüder den Schwedensturm überlebt hatten, oder ob es schon vorher zwei Anwesen gewesen waren und die Vereinigung dann nur zeitweilig war, lässt sich nicht mehr feststellen.
Aus dieser Zwischenperiode finden sich einige Einträge (1651 und 1660) für Georg Vogl, der mit seinen Marktsteuern und Zahlungen im Rückstand gewesen war. Er hinterlegt sein Anwesen für einen Schuldschein von der Pfarrei und seine Wiese - genannt die Hirmerin. oberhalb des Kommunbrauhauses, aber innerhalb der Marktbefestigung - gegen einen Schuldschein vom Spital in Kötzting. 

Georg Vogl

Kirchenrechnung Pfarrei Kötzting von 1655: Schuldverschreibung Georg Vogl über 140 Gulden. Er versichert mit seinem Haus und den Gründen



Der genaue Besitzübergang/Besitzvereinigung ist zwar aus den Akten nicht ersichtlich, aber endgültig  klar werden die Besitzverhältnisse ab dem Jahre 1683, als der Kötztinger Bürger Jakob Passauer den Voglhof, nach dem Tode des Georg Vogl erwirbt und auch die Schulden des Georg Vogl beim Markt Kötzting begleicht.
Pfarrmatrikel Kötzting Band 2 vom 11.3.1683
Martius
Den 11. H(er)r Geörg Vogl deß Rhats begraben worden.

In einer Kötztinger Marktrechnung von 1683 wird genau aufgelistet, wie er die Schulden des Georg Vogl begleicht: Georg Vogl des Rats Wittiber ist auf an allerhandt Herrrn Forderungen 18 fl schuldig gewest , welche er auf ainen aigenen Acker wie die Registerrechnung weiset und die Zeltendorfer 
Leithen genannt wuerdet genugamb versichert gehabt und obwohllen zwar Herr Jacob Passauer des inneren Rats Cammerer , wegen an sich erkhaufften Voglhofs , solche schuldt wie hernach Fo 9 
zuersechen mit Schluss der Zinszeit haimbzahlt als ist doch an Interesse damallen noch eingangen 59 kr
Jakob Passauer hatte also nicht nur die Steuerschulden, sondern auch die fehlenden Zinszahlungen beglichen.

Jakob Passauer



Es hat so den Anschein, als ob der Lederer und Kammerer Jakob Passauer den Voglhof, diesen Eigennamen führte mittlerweile das Anwesen schon mal als Mitgift für seine Tochter Katharina  gekauft hatte. 
1688 zahlte Jakob Passauer 8 Kreuzer Kirchentracht und Gartenpfennig vom Voglhof. (HStA München GL Fasc 1829/62/6)
1691 jedenfalls übergab er das Anwesen an seinen Schwiegersohn Melchior Wagner, der dann auch in einigen Schuldverschreibungen genannt wurde. 


für seinen Schwiegersohn Melchior Wagner
Heiratsmatrikel Kötzting Bd 2 vom 11.6.1691
Melchior Wagner aus Glon, Sohn des Andreas und der Ottilie heiratete Katharina, Tochter des Kötztinger Ratsherren Jakob Passauer. Die Trauzeugen waren ein anderer Ratsherr, Johann Parella und der Bürger und Kramhändler Johann Greymuth

Melchior Wagner und Katharina

1693 tauchen die beiden mit einer ersten Schuldverschreibung bei der Kapelle in Grafenwiesen  in den Dokumenten auf und 1695 leihen sich die beiden 50 Gulden beim Spital Kötzting in den Dokumenten.
Im Jahre 1700 taucht er noch mit einer Feuerstrafe - er hatte also seinen Kamin nicht sauber reinigen lassen bzw. selber sauber gehalten - in den Marktrechnungen auf. Das Ganze war dem Ehepaar wohl keine Warnung, denn 1705 bricht im Kamin des Voglhofes sogar Feuer aus, was der Ehefrau angekreidet wird und zu einer saftigen Strafe von 1 Pfund Regensburger Pfennigen führt.
Nun aber wird es eng für beide, sie sind zahlungsunfähig, und es kommt am 5.6.1705 zum Zwangsverkauf.
Zwischen den Zeilen des Kaufvertrags macht es den Eindruck, als wäre Melchior Wagner geisteskrank, genauer es heißt: ....weillen Wagner seiner nitmehr mechtig seie, weshalb die Behausung zum Schaden der Ehefrau und der Kinder immer weiter  "in Abgang" kommen. 
Auch hätten sie keinerlei "Quartiers- und andere Bürden" mehr aufbringen können, was natürlich zu lasten der Mitbürger gegangen war, daher kam es, obrigkeitlich angeordnet und mit Einverständnis der Ehefrau zum Zwangsverkauf des Voglhofes.
Der Besitz blieb allerdings in der Familie. Die tugendsame Jungfrau Maria Passauer, derzeit sich bey Ihro hochwürdigen Excellenz Herrn Herrn Thomas Passauer, hochfürstlichen Sekretario und geistlichen Rhat zu Freysing p. sich aufhaltend erwirbt unter Beistandsleistung ihres vetters Mathias Georg Passauer den Voglhof um 800 Gulden. Wobei sie eine ganze Reihe an Grundschulden und ausstehenden Zinszahlungen übernehmen muss. 250 fl zusammen mit 47 fl an verfallenem  Zins geht an das Spital, 169 Gulden an Herrn Thomas Passauer, 35 fl dann dem Marktmüller und 26 Gulden stehen noch an  Kontributionsgeldern aus. (Wir befinden uns im Spanischen Erbfolgekrieg)
Mitverkauft werden die Honigwiese, der Leithenacker und der Acker gegen Gehsdorf.


Passauer Maria

Bei ihr, die im Jahre 1705 noch bei Ihrem Bruder in Freising wohnte, heißt es beim Weiterverkauf, dass sie in Saalfelden wohnhaft sei. Sie verkauft den Voglhof nun weiter an den kaiserlichen (sic!) Gerichtsprokurator Johann Balthasar Engl um 750 Gulden.


Johann Balthasar Engl

Kaiserlich ist der Prokurator beim Kötztinger Pfleggericht deshalb, weil Bayern noch von den Österreichern besetzt ist. Daher sind die Beamten nicht kurfürstlich sondern kaiserlich.
Am 21. Oktober 1706 jedenfalls heißt der Neubesitzer Johann Engl, muss aber noch die 26 Gulden Restschuld des Melchior Wagner begleichen. Diese Schuld resultiert aus der "Prandtenburgerischen Quartiersbelegung". Es waren offensichtlich Brandenburgische Truppen in Kötzting im Quartier gelegen und üblicherweise wurden solche Lasten von der Marktkasse vorgeschossen und anschließend gleichmäßig auf die Haushalte verteilt. Dies sind die "Quartiers-und andere Bürden", die oben angesprochen waren.
Es folgen die in diesen Fällen üblichen Schuldverschreibungen. Üblich, weil solche Grundschulden  einfach auf den neuen Besitzer überschrieben wurden. Diese wurden so gut wie nie getilgt, sondern es wurden einfach fortwährend die Zinsen bedient. In diesem Falle waren es 200 Gulden bei der Kirche Kötzting und 50 Gulden beim Spital, für die das Paar den Voglhof hinterlegte. 


Einschub Wagner:
Es scheint sehr schwierig gewesen zu sein mit Melchior Wagner in den Folgejahren. 1708 heißt es in den Kötztinger Marktrechnungen über ihn:
Melchior Wagner wurde also im Rathaus des Marktes - dort hatte der Magistrat eine eigene Arrestzelle - schlichtweg eingesperrt. 
Die Restsumme von 175 Gulden würde er noch um 25 Gulden auf einen glatten Wert von 200 Gulden erhöhen. Da aber der Käufer Engl bereits 50 Gulden der Restsumme für den Lebensunterhalt von Melchior Wagner aufgebracht hatte, musste sich der Markt Kötzting mit der schlussendlichen Aufnahmegebühr von 150 Gulden "Einkauffsgeld" begnügen.
Pfarrmatrikel Kötzting Bd 3 Seite 546 
Melchior lebte noch lange Jahre im Spital und verstarb am 27.3.1716
Seine Frau Katharina, überlebte ihn um vier Jahre, sie starb am 23.12.1720, in ihrem Sterbeeintrag steht der Vermerk: "aus dem Spital"
Einschub Wagner Ende


Johann Balthasar Engl übt seinen Beruf als kaiserlicher Bräu- und Gegenschreiber im Jahre 1710 im Pfleggericht Linden (=Landgericht Viechtach und Linden) aus und verstiftet daher sein Anwesen in Kötzting auf drei Jahre an den Kötztinger Bürger und Küfner Hans Dirnberger. In dem Stiftsvertrag werden auch die Grundstücke genannt, die noch beim Voglhof verblieben waren:
ein Wiesfleckl, die "oedten genannt uf der Au"
ein Urtlacker gegen Gehstorf
ein Acker gegen Reitenstein.
Dieser Stiftskontrakt wird wohl mehrmals verlängert worden sein, da im Jahre 1721, als der Voglhof um 1050 Gulden verkauft wurde, die Verkäuferin als Magdalena Engl, Witwe des Gerichts- und Bräugegenschreibers in Linden angegeben war.
Die neuen Besitzer sind 

Druckmüller Johann Georg

und seine Frau Agatha. Druckmüller Johann Georg ist zu diesem Zeitpunkt Pelkovischer Richter in der Hofmark Lichtenegg. Im selben Jahr erwirbt Druckmüller das Kötztinger Bürgerrecht und wird in den Kötztinger Rechnungsbüchern als :"ehemaliger Richter zu Blaibach" bezeichnet.
Bei der Schuldverschreibung einer Grundschuld, die er zusammen mit seiner Frau Agathe bei der Kirche Kötzting Aufnimmt, erscheint er als Hofmarksverwalter zu Hohenwarth. Er übernimmt dabei die Grundschuld, die bereits Balthasar Engl auf sich geladen hatte.
Am 16. Juli 1740 macht Johann Georg Druckmüller, Richter in Schwarzenberg und Hohenwarth, sein Testament und als er am 28. Juli 1740 dann verstirbt, übergeben seine seine Erben den Voglhof am  9.12.1741 an seinen Sohn

Druckmüller Johann Andreas

den Nothafftischen Pfleger in Runding um 1200 Gulden. 
Dieser Andreas Druckmüller war in dieser kriegerischen Zeit (österreichischer Erbfolgekrieg) eine tragische Figur und war in einem jahrelangen Streit mit seiner Herrin, der Gräfin Nothafft, verwickelt.
Da er aber den Voglhof nur zwei Wochen lang besaß und in Kötzting ein ganz anderes Anwesen bewohnte, wird seine tragische Geschichte dann bei diesem Marktlehen erzählt werden.
Schon wenige Tage, nachdem Andreas Druckmüller sein Erbe übertragen bekommen hatte, verkaufte er es weiter an den Kötztinger Bürger und Saliter

Parzinger Ullrich und Afra

leider gibt es in den überlieferten Briefprotokollen des Marktes Kötzting eine Lücke von 4 Jahren, die genau den Bereich des Österreichischen Erbfolgekrieges umfasst. Da es damals durchaus üblich gewesen war, relevante Aktenstücke und Protokolle nach Straubing zur Revision zu schicken, ist es möglich, dass diese Bände auf diesem Wege verschwunden sind. Auch war es in den diesen Kriegszeiten üblich, dass exorbitant hohe Kontributionsforderungen erhoben wurden, die in Kötzting, ebenso wie in vielen anderen bayerischen Orten, die Bürger zur Verzweiflung und auch in den privaten Konkurs getrieben haben.
Im Jahre 1744 jedenfalls taucht in den Marktrechnungen der frühere "churbayerische Corporal vom loblichen Graf Costaischen Courassierregiment" 


Riederer Andreas

auf, der 6 Gulden und 40 Kreuzer an die Marktkasse bezahlt als Stiftzahlung auf 3 Jahre für den Voglhof. Es hat somit den Eindruck, als wäre der Voglhof wegen ausstehenden Schulden beim Markt in dessen Besitz/Verwaltung/Obhut übergegangen.
Es geht so turbulent weiter. Aus dem Jahre 1745 kennen wir einen Auszug aus dem Kötztinger Ratsprotokoll in dem Hans Georg Pachmayr seine Mitpächterin Anna Maria Rieder vor dem Magistrat verklagt; beide hatten gemeinsam den Voglhof gepachtet und Hans Georg fühlte sich übervorteilt.



Loderer Barbara


ist die nächste Person, die den Voglhof pachten wollte. 75 Gulden sollten die nächsten drei Jahre an Stift kosten, sie musste aber 12 Gulden 30 Kreuzer schuldig bleiben, weil die Quartierskosten (Erbfolgekrieg) so hoch waren.
Erst 1749 kam Kötzting wieder in ruhigeres Fahrwasser, und durch einen in diesem Jahre abgeschlossenen Heiratsvertrag kennen wir das weitere Schicksal des Voglhofes. 
Pfarrmatrikel Kötzting Band 14 Seite 112 vom 20. April 1744
Johann Michael Loderer, Richter in Saulburg, ehelicher Sohn des Kötztinger Händlers und Bürgers Friedrich Loderer und seiner Frau Barbara (beide bereits verstorben) heiratet die ehrenwerte Jungfrau Anna Barbara, Tochter des Johann Adam Greil (+) und seiner Frau Elisabeth.
Die Trauzeugen waren der Kötztinger Bürger und Kramhändler Anton Schneider und der Kötztinger Bürger Mathias Sturm.
Im Heiratsvertrag von 1749 war Johann Michael Loderer nun bereits räumlich nähergerückt - er war Schönbrunnischer  Verwalter zu Miltach, Heitzelsperg und Kreülling - brachte  100 Gulden als Heiratsgut mit in die Ehe, die seine Ehefrau Barbara am 7.7.1749 mit dem Marktlehen versichert.


Loderer Johann Michael und Barbara


Im Jahre 1751 bewarb sich der Miltacher Verwalter Michael Loderer um den Dienst als Kloster Rottischer Propsteiverwalter, eine Anstellung, auf die sich auch der Kötztinger Marktschreiber Johann Baptist Schreyer beworben hatte und welcher auch den Magistrat Kötzting um Unterstützung für seine Bewerbung bat.
Der Magistrat springt für seinen Marktschreiber in die Bresche und versucht die prekäre familiäre Situation Schreyers in die Waagschale zu werfen, vergeblich, Loderer wird offensichtlich von Conventualen unterstützt und offensichtlich ist zum Zeitpunkt der Kötztinger Intervention die Entschediung bereits zugunsten Loderers gefallen, da dieser sich bereits öffentlich dieser Stelle "geriemet" hatte.
Gegen Ende des Österreichischen Erbfolgekrieg haben die allermeisten Kötztinger Hausbesitzer Schulden bei der Marktkasse, weil sie die exorbitant hohen Kontributionszahlungen bzw. Quartierabgaben nicht schultern konnten. 1749 ist Michael Loderer noch mit fast 10 Gulden beim Markt in der Kreide. (AA IV/1)

Johann Michael tritt in den Akten erst wieder 1754  auf, als er sich auf einen Grundstückstausch einlässt. Mit dem Kötztinger Schuhmacher Andreas Zissler tauscht er seinen Reitensteiner Acker gegen dessen Steinäckerl. 1756 dann lässt er sich als Bürge verpflichten, als die "Druckmüllerischen Eheleute" ihren Hof in Gehstorf an den Kötztinger Pflegskommissar Franz Xaver von Franckhen verkauft hatten (sprich: verkaufen mussten). Loderer bürgt für alle - bis dahin noch unbekannten -  Lasten, die möglicherweise in den folgenden 5 Jahren auftauchen könnten.
Johann Michael Loderer führt offensichtlich ein arbeitsames, aber auch geruhsames "Beamtenleben", er wird im Jahre 1782, als er den Hof um 2000 Gulden an seinen Sohn übergibt, als Landschaftsaufschläger und Probsteiverwalter angegeben. Gleichzeitig war er auch noch Kloster Rottischer Lehen- und Grafenwiesener Hofmarksverwalter, Kloster Rottischer Lehen- und Grafenwiesener Hofmarksrichter  Kloster Seligenthaler Hofmarksrichter zu Schwarzenberg und bürgerlicher Marktlehner. 

   

Loderer Johann Nepomuk und Therese


Am 10. August wird er der neue Besitzer des Voglhofes. Auch er tritt in die Fußstapfen seines Vaters, als Hofmarksrichter in Grafenwiesen.  
Pfarrmatrikel Kötzting Band 15 Seite 10 vom 29.10.1782
Johann Nepomuk Loderer heiratet Maria Theresa, Tochter des Kötztinger Bürgers und Färbers
Ullrich Anton Schöllinger und dessen Frau Maria Elisabeth. 

700 Gulden bringt die Braut als Heiratsgut mit, die er mit dem Voglhof versichert. Loderer Nepomuk war Klosterrichter in den schweren Jahren der Säkularisation und damit der Auflösung des Klostervermögens. 
In der Chronik Carl von Paurs, die chronologisch angelegt ist, findet sich auf Seite 120 vom 
25.1.1802:
Bei Auflösung der Klöster befanden sich folgende Religiosen des Benediktiner Klosters Rott in der Probstei zu Kötzting:
Placidus Danner 50 Jahre alt Pfarrvikar
Bonifazius Krepper 45 Jahre alt Prediger
Heinrich Resch 41 Jahre alt Kooperator für Steinbühl
Leonhard Zeitlmayer 38 Jahre alt Kooperator für Hohenwarth
Wolfgang Haimerl 60 Jahre alt Supernummerarius
Odilus Falk 64 Jahre alt ohne Amt
Pater Paul Kuchler 47 Alt ohne Amt
Klosterrichter Johann Nepomuk Loderer
Organist und Schullehrer Josef Schweikl


Unter dem Datum vom 2.2.1805 schreibt Carl von Paur:

Am 2. Jänner wurde bey der jährlichen Kammerer und Ratswahl gewählt:
Johann Nepomuk Loderer gewesener Propsteirichter, Bürger und Landschaftsunteraufschläger. als Kammerer
und
Andreas Dreger Nebenkammerer /: da dieser am 25. Jänner starb, blieb für dieses Jahr die Stelle unbesetzt :/
weiter schreibt Carl von Paur:
am 16. März wurde das Gerichtsphysikat dem Dr. Georg Raimer verliehen.
Der Reimer wurde also der neue Amtsarzt und noch 1 1/2 Jahre später ist er vergeblich auf der Suche nach einer passenden Wohngelegenheit und wendet sich an München, um beim Kammerer Loder Unterstützung zu erhalten bei seiner Suche:

(GL fasc Nr. 1822-43) 1806:   Dr. Raimer möchte sich einmieten, ist bereits seit 1 1/2 Jahren in Kötzting und wohnt seither in einem unheizbaren Zimmer. Nun möchte er heiraten und braucht eine andere Wohnung. Wenigstens 3 ordentliche Zimmer und eine Küche wäre vonnöten, aber solche sind in Kötzting selten. 
Der erste Stock im Gschwandhof wäre passend, wenn da nicht ein pensionierter Priester wohnen würde schreibt der Kammerer Johann Nepomuk Loderer.
München schreibt an den Magistrat - ohne an den Eigentumsverhältnissen etwas rühren zu wollen - , dass der Magistrat an den Besitzer des Gschwandhofes herantreten möge, um die Wohnung dem Arzt für seine Familie zu geben, die beiden einzelnen ledigen Priester können leichter eigene Wohnungen finden. Der Magistrat antwortet, dass seine Bemühungen erfolglos geblieben waren, da alle Seiten auf ihr Recht beharren würden und wünscht von München eine Entscheidung. 

Das Problem mit dem Amtsarzt auf Wohnungssuche ließ sich vermutlich noch leicht lösen, ich denke mal, die beiden Priester wurden ausquartiert, aber das nächste Problem war für die Kötztinger und seinen Kammerer schon wesentlich ärgerlicher.
In einem beiläufigen Antwortschreiben der Regierung in München über eine unwichtige Besoldungsfrage eines Kötztinger Schneiders steht die Bombe:
Die Regierung BEFIELT, "daß die Beykirche St. Vitus heuer gesperrt und in der Folge mittels öffentlicher Versteigerung an den Meistgebenden veräußert werden solle." 
Hauptstaatsarchiv München GL_Fasc 1832-64-6
Unterschrift des Kötztinger 
Kammerers Johann Nepomuk Loderer
Nun war guter Rat teuer: 
Kötzting antwortete dem Kirchenadministrations rat in München:
So schuld gehorsamst wir noch jederzeit die gnädigste Befehle der vorgesetzt höchsten und hochen Stellen befolgten, so schwer wird es uns, im vorliegenden Falle die öffentliche Meinung der hiesigen Bürgerschaft zubestreitten und einen gnädigsten befehl zur schnellen Befolgung zu bringen......
....Die Beikirche St. Vitus stehet muthmasslich schon klönger als die dermalige Pfarkriche, sie soll ihre Entstehung der Tradition nach einer bürgerlichen Familie, die Reithen genannt, zuverdanken haben.....
.....dieses gezeichnete Locale
(die Lage von Veitskirche und Pfarrkirche) hat zur Folge, daß die obern Marktsbewohner, besonders alte, gebrechliche Menschen bey ieder schlechten Witterung vorzüglich Winterszeit, wo sich öfters viel Eis sammelt mit großer Beschwernüß nicht selten selbst mit Gefahr an Sonn= und Festtagen, die Pfarrkirche besuchen müssten..... 
.....sollte die Mutterkirche mit unter ein Raub der Flammen werden, so hätten die Marktbewohner bis zur Restaurierung derselben nicht einmal einen Platz, wo die gottesdienstlichen Handlungen verrichtet werden könnten.

Die Kirche in eine Wohnung zu verwandeln dürfte sehr aufwendig sein, was den Kaufpreis sicherlich drücken würde und eine Umwandlung in einen Stall oder Stallung sei  sicherlich nicht "tunlich", der Marktplatz wäre verunstaltet, weiter könnten die oberen Marktbewohner keine Turmuhr mehr sehen und hören(!),  um mittags und abends die Gebetszeichen zu vernemmen, welche von der Mutterkirche aus den obern Marktsbewohnern nicht iedesmahl hörbar ist.
Aus all diesen Gründen stellt der Magistrat den Antrag, die St. Veitskirche als Gotteshaus behalten zu dürfen
Wie man an der Situation heute ersehen kann, hatte die Eingabe Erfolg und die Versteigerung wurde abgesagt, auch wenn Jahre später auch eine Umwandlung in eine Schule im Gespräch war.

Ähnlich wie sein Vater, hatte auch Nepomuk mit Kriegsereignissen und deren finanziellen Lasten zu kämpfen. 1801, findet er sich in der Quartierliste des Graf Morassischen Feldbataillons.
Als Marktlehner mit einer Schankstätte ist er natürlich auch in der Liste der brauenden Bürger aufgeführt, 1809, bei der Erstellung eines ersten Kötztinger Gewerbekatasters ist er kurz und bündig als Wirt eingetragen.

Im Jahre 1811, bei der Anlage des Häuser- und Rustikalsteuer-Katasters wurde Johann Nepomuk Loderers Anwesen (gemauertes Haus, Stall, Stadel als Wirtshaus mit Marktlehen eingestuft)  auf 1041 und 800 Gulden, also  auf 1841 Gulden geschätzt. Er selber stirbt am 16.3.1816 im Alter von 67 Jahren an Brand. Seine Witwe überlebt ihn um 11 Jahre. Sie wird 1826 in der Liste der Kötztinger Inwohner aufgelistet, "die zwar keine Gemeindemitglieder sind, jedoch ihr Heimatrecht im Markte Kötzting begründet haben".  

Einschub:
Die Zeiten damals waren hart für unsere Kötztinger Vorfahren: In dem Augenblick, in dem ein besitzender Bürger sein Anwesen verkaufte, fiel er auf den Status eines reinen Inwohners zurück, war also kein wahlberechtigtes - weder passiv noch aktiv - Gemeindemitglied mehr und besaß nur noch das sogenannte Heimatrecht. 
Vorher allerdings musste sie eine außergewöhnliche Erbschaftangelegenheit regeln, die sie sogar in die überregionale Presse brachte:

Prager Zeitung von 1817

Hintergrund der ganzen Angelegenheit ist wohl eine Kautionssumme über 300 Gulden, verzinst mit 5 Prozent jährlich, die ihr Schwiegervater 1751 bei seinem Dienstantritt zu leisten hatte und über welche eine Urkunde ausgestellt worden war. Diese Kaution wurde später vom Vater auf den Sohn übertragen und ist offensichtlich nicht mehr auffindbar. Bevor diese Summe an die Witwe nun ausbezahlt werden kann, muss dieser Weg über die Öffentlichkeit gewählt werden, damit schlussendlich die Urkunde dann für "kraftlos" erklärt werden kann. 




Die weiteren Besitzübergänge sind nur indirekt zu belegen.
Im Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Kötzting vom 13.6.1840 ist der Besitzer Anton Schwarz und dort ist auch der Vorbesitzer genannt: Wolfgang Schreil. Daher hat es den Anschein  als hätte Wolfgang Schreil das Anwesen nach dem Tode des Herrn Loderers Anno 1816 erworben.

Wolfgang Schreil

1840 heißt es es dann, dass Wolfgang Schreil  das Wirtshaus mit Marktlehen -  mit dem Hausnamen "Loderer" -  am 21.1.1829 um 2600 Gulden an den Kötztinger Marktschreiber Anton Schwarz verkauft hatte.


Anton Schwarz

Schon 1819 wird Anton Schwarz als Marktschreiber angestellt. 1824 will er eine  Anstellung auf Lebenszeit durchsetzen, diesen Wunsch wird aber nicht entsprochen. Es fehlen  ihm die Gymnasialstudien. Am 19. März 1828 hatte er in Straubing, nach einem vom königlichen  Studienrektorat gefertigten Zeugnis, dass er hinlänglich befähigt sei, als nicht mehr als provisorischer Marktschreiber zu gelten. Am 3. Sept 1828 wurde er dann endlich als Marktschreiber auf Lebenszeit mit Rentenanspruch anerkannt. Mit dieser finanziellen Sicherheit im Hintergrund traut er sich nun den Kauf des Voglhofes zu.
1834 findet er sich in den Akten des Stadtarchives zuerst im Zusammenhang mit der Landwehr. (StA Bad Kötzting AA I/25). Das Landgericht schreibt vor, dass jeder Bürger, der sich ansässig machen wolle, sich vorher in anständiger Uniform und Zeugnis des Landwehr Kommandos über vollständige Armierung und Montur sich zu legitimieren habe. Der Kötztinger Marktschreiber Schwarz bittet um eine Arbeit beim Kommando als Kassier oder Chronist, er sei 47 Jahre alt und kränklich, daher für den Außendienst nicht mehr tauglich. 
Aus seiner Hand haben wir im Stadtarchiv eine Abschrift der Kötztinger Mühlenordnung. Diese basiert auf der alten Mühlbeschauordnung von 1692 und 1702. Die Kötztinger Mühlen wurden von einem Magistratsmitglied regelmäßig visitiert und Verstöße wurden in einer eigenen Strafrubrik protokolliert.

Der berühmte Kötztinger Kammerer Samuel Luckner  hatte zu seiner Amtszeit im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts befohlen, dass der Marktschreiber seine Wohnung im Rathaus zu nehmen habe und dort eine entsprechende Wohnung und das Marktarchiv anlegen lassen.
Anton Schwarz nun brach mit dieser Tradition wollte aber weiterhin über die Räumlichkeiten verfügen und untervermietete einfach seine ehemalige Dienstwohnung. (StA AA VIII/30) an den  Legitimationsscheinexpeditor Dietz. Dieser soll ausziehen, weil der Magistrat die Wohnung für ihre Zwecke benötigt. Schwarz wird nun diese Wohnung entzogen und Dietz braucht Ersatz für sein Büro in zentraler Lage. Das kgl Hauptzollamt befindet sich in Eschlkam. Dort steht man hinter Dietz, fordert ein angemessenes Büro zur Kontrolle der Reisenden und Handelsleute in der Hauptstraße und droht mit der Einführung einer Buch- und Siegelkontrolle. Am 7. Juli 1842, Marktschreiber Schwarz war am 8.6.1842 verstorben, wird die  Marktschreiberstelle neu besetzt und der neue Marktschreiber muss wieder die Wohnung im Rathaus beziehen. Dietz verbleiben genau 14 Tage um auszuziehen.

Pfarrmatrikel Kötzting Bd 21 Seite 177 Sterbeeintrag Schwarz Anton, Gerichtshalter und Marktschreiber in Kötzting, verheiratet, starb am 8.6.1842 im Alter von 55 Jahren, 2 Monaten und 8 Tagen an  Schleimschlag /apoplexia sarosa:/ /Schlaganfall) , es erhielt Behandlung von mehreren Ärzten  wurde er behandelt und am 10. Juni im alten Friedhof beerdigt.
Der alte Friedhof befand sich damals ringsherum um die Pfarrkirche. Unser jetziger "alter" Friedhof hieß damals noch der "Neue" Friedhof. 

Wenige Wochen vor seinem Tode, stellte Anton Schwarz ein Pensionsgesuch, das allerdings abgelehnt wurde.(AA VIII/32) und legte Zeugnisse von Dr. Müller aus Kötzting und Dr. Macker aus Cham vor und bat um ein Ruhegehalt von  9/10 seines Lohnes. Am 2. Juni 1842 wird der Antrag zurückgewiesen und am 8. Juni dann verstarb. Anton Schwarz und hinterließ 9 Kinder. Er hatte offensichtlich erheblichen Grundbesitz erworben. Die Witwe Therese Schwarz erbat Rente für sich und Alimentation für 4 unmündige Kinder. Nur 50 Gulden für die  Witwe und 30 Gulden für 3 Kinder werden jährlich zugestanden. Ein langer Brief der Witwe an den königlichen Hof München mit Darlegung ihrer Ansprüche liegt im Stadtarchiv aber auch der weiterführende Antrag der Marktschreiberswitwe wurde vom Magistrat abgelehnt.









Weiß Kaspar

der Braumeister Weiß Kaspar kaufte am 10.9.1841 das Wirtshaus mit Wohnhaus, Backofen, Stall und Stadel mit angebauter Holzschupfe, Hofraum und Wurzgärtl um 3200 Gulden. Von 1849-1856 taucht er in den unterschiedlichsten Wallfahrtssammlungslisten auf, für die nach Schönbuchen, nach Furth im Wald und die St. Sebastianibruderschaftsmesse. 1859 hat sich Kaspar Weiß auf drei Jahre verpflichtet, das Kötztinger Gailvieh zu halten. Allerdings beschweren sich die benachbarten Wiesenbesitzer rundherum, er lasse die Wiese in der Au verkommen, worauf Weiß den Vertrag kündigt und den Bäckermeister Anton Graßl vorschlägt, der auch übernehmen würde.  Dieses Angebot wird aber vom Magistrat angelehnt, der aber daraufhin die Tiere von einer Kommission begutachten lässt, welche eine vollkommene Verwahrlosung der Tiere feststellt. Die Aufgabe wurde anschließend auf den Kötztinger Schneider Joseph Müller übertragen.
 Am 12. Februar 1865 stirbt Kaspar Weiß im Alter von 74 Jahren an Marasmus (=Altersschwäche). Vorher hatte er sein Anwesen am 17.11.1862 an 

Dreger Franz

verkauft. Kaspar Weiss  kaufte 2 Wochen später nun ein anderes  Anwesen, die Hausnummer 26, heutzutage das frühere Wirtshaus Rabl in der Metzstraße. 
Dreger Franz,  der sich mit Uniform und Montur vorstellte, erwarb im selben Jahre das Kötztinger Bürgerrecht. 
Wir kennen wenig von Dreger Franz, was aber auch daher kommt, dass ab nun das Anwesen in einer kaum mehr nachvollziehbaren Geschwindigkeit die Besitzer wechselt, aufgeteilt, abgetrennt und weiterverkauft wird.

Weiderer Theres

Kauf am 9.6.1863 um 13000 Gulden

Weiderer Alois  und Maria

aus Lohberg tauscht um 12000 Gulden am 18.7.1864 und anschließend am 21.7.1864 erfolgt eine Gutsabtrennung im Werte von 9000 Gulden. Weiter geht's mit


Weiderer Paul und Franziska

die am 8.10.1870 das Haus um 6000 Gulden kaufen.

Aschenbrenner Josef

ersteigert  26.9.1870 um 4215 Gulden 

Stoiber Xaver

ersteigert am 16.7.1877 um 9390 Gulden
Von Stoiber Xaver kennen wir einen Bauplan, der uns das niedrige Gebäude auch im Schnitt aufzeigt, wie es in dem Bild von der Feldmesse vor der St. Veitskirche auch am Rande gut zu erkennen ist. 

Stoiber Xaver wollte 1881 einen Backofen in sein Haus einbauen
Bauplan vom 29.11.1881 

Hier sieht man auf dem Lageplan, dass nur noch die Gebäude beim Innenhof
beim Voglhof  verblieben waren. 


Schnitt durch das Haus, von der Straßenseite verbleibt nur die Sicht auf das Erdgeschoß. Nach einem sehr kleinen Kniestock beginnt bereits das flache, große Dach. 

Es geht munter weiter mit den Verkäufen: 

Amberger Josef 

ersteigert 9.4.1884 um 2865 Gulden, aber vorher wurden bereits viele Grundstücke abgetrennt, wie später auf dem Lageplan das Christian Bauer aus dem Jahre 1901 zu sehen ist. 
StALa Rep 162 verz 8 sch 22 Nr. 3345 Bauplan von 1901
Beim Vergleich der beiden Lagepläne von 1881 und 1901 erkennt man, dass das große Quergebäude am nördlichen Grundstücksrand 1881 noch zum Voglhof, 1901 aber bereits zum Amberger Hof gehörig, beschrieben wird. 

Robl Anton und Anna

Kauf am 26.5.1885 um 2640 Gulden. Robl Anton taucht in den Kötztinger Akten nur zwei Mal auf, erstens, als er sich im 1886 im Gewerberegister mit einer Gastwirtschaft an- und wieder abmeldet.
und zweitens, in der Liste der heimatberechtigten Bürger, wo er als Wirt und Bäcker mit einem Zugangsdatum vom 12.6.1885 steht, also 2 Wochen nach Kauf des Voglhofes. 

Höcherl Josef und Franziska

Kauf am 5.8.1886 um 2650 Gulden.
1892, als der Nachbar einen Neubau plant, ist das "Wohnhaus des Bäckers Höcherl" deutlich zu sehen.
Rep 162-8 Sch. 22 Nr. 3235 von 1891







Bauer Christian und Maria

Im Jahre 1895 kommt endlich wieder Ruhe in die turbulenten Kauf- und Verkaufsrunden. Bauer Christian aus Grafenwiesen - später der Namensgeber des Hauses als "Christianschneider" - legt 3850 Gulden hin und erwirbt den alten, kleinen Voglhof. Bereits 1899 plante er einen Neubau, reichte den Bauplan aber erst 1902 ein. Ein schmuckes Haus, welches im Bauplan  - am Kopf des Blogs bereits vorgestellt - schon eine Werbetafel enthält.

 Hier nun in lockerer Folge einige Aufnahmen des Christianschneider Hauses aus dem Fundus des Arbeitskreises Heimatforschung. Durch Frau Christa Rabl-Dachs und Frau Marianne Kretschmer wurden fast alle unsere alten Photos gesammelt und beschrieben.
DIA Repro 382 Christian Bauer, der "Bauernschneider" 

Dia Repro 383 Nun mit üppigem Blumenschmuck

DIA Repro 384

DIA Repro 1084
Soweit zum Haus, nun aber zurück zu Bauer Christian, einem Mann, der sich für Kötzting in vielen Vereinen verdient gemacht hatte.
DIA Repro 614 hier bei seiner Eheschließung mit Maria Weindl aus
Eismannsberg ca. um 1899







































Christian Schneider war mehr als 25 Jahre land der Vorstand des Bürgervereins Concordia, gegründet 1840. .

Kötztinger Zeitung Oktober 1933


Ihm zu Ehren lud der Verein zu einer Festversammlung und die Zeitung ehrte ihn mit einem längeren Artikel:

Kötztinger Zeitung Oktober 1933
Über die Versammlung selber berichtete die Kötztinger Zeitung am 10. Oktober 1933 en Detail und - die Machtergreifung der NSDAP ist erst 9 Monate vergangen - in manchen Details der Berichterstattung finden sich ganz deutliche Zeichen der Veränderung, ja Verrohung, in der Kötztinger (Deutschen)  (=Siehe Niggertänze)


Kötztinger Zeitung vom 10.10.1933
Nach der Kommunalwahl im Frühjahr 1933 hieß der Kötztinger Bürgermeister Hans Schödlbauer von der BVP.  Zusammen mit seinen Marktratskollegen im Juni 1933 von der SA verhaftet, wurden sie anschließend zum Rücktritt aufgefordert und somit war der Weg frei für einen Mehrheitsmarktrat der NSDAP mit deren Bürgermeistern Hoiss und Liebl.
Genaueres über diese Aktion hier unter diesem link: https://koetzting.blogspot.com/2013/11/uberraschungsfund-im-bauschutt-des.html
Ein Festzug in der Kötztinger Marktstraße um 1900, vorne der Mann mit Fahne und Schärpe
Christian Bauer von der Concordia
DIA Repro 1737

Christian Bauer war aber nicht nur bei der Concordia aktiv sondern auch noch beim Trachtenverein und bei der Kötztinger Feuerwehr.


1930er Jahre, mit Zitzelsberger Franz links in der Bahnhofstraße
.
DIA Repro 474 Christian Bauer rechts, mit dem Pfingstl

DIA Repro 2193 Tanzbühne des Trachtenvereins unter dem Maibaum auf dem Marktplatz
Trachtenverein Kötzting um 1940  am oberen Markt vor Marienbrunnen, noch keine Kastanien.Obere Reihe 3.v.l. Christian Bauer,rechts außen Conrad Krämer. Schrift auf Schild: Errichtet (vermutlich Maibaum) vom Volks-u.Geb.(irgs-) Trachtenverein "d'Waldlerbuam" Kötzting.

DIA Repro 1089 Feldmesse vor der St. Veitskirche mit dem kleinen "Voglhof" am oberen Bildrand.
Nach 1900 entstanden. 
DIA Repro 1284 eine Besonderheit und es zeigt NICHT den Pfingstritt.
Zu diesem Bild gibt es einiges zu sagen, jedoch zuerst den Hinweis auf Christian Bauer. Er ist der Mann rechts in der ersten Reitergruppe, auf dem Falben.
Nun, was ist hier zu sehen?
Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Bild von unserem Pfingstritt. Aber was soll dann die Kutsche, die man auf dem Bild - etwas weiter im Hintergrund - sehen kann.
Des Rätsels Lösung ist Maximilian Schmidt, genannt Waldschmidt, der in einem Roman den Brauch des Pfingstbräutigams und seine Pfingstbraut thematisiert.
Diese Romanhandlung wurde in den 30er Jahren verfilmt und im Film wird das Brautpaar in der Kutsche gefahren. Ich glaube mich erinnern zu können, dass es sogar ein Bild dieser Pfingstkutsche beim ersten Evangelium gibt und, wenn ich mit nicht ganz täusche, war damals der Darsteller des Pfingstbräutigam der Kötztinger Künstler August Philipp Henneberger.
Um das Jahr 1943 ist der "Christianschneider", Christian Bauer vedrstorben

Bauer Christian

1938 übernahm der Sohn, genannt Christl, das Anwesen Schattenaustraße 2.
Von ihm haben wir eine Aufnahme des Kötztinger Kegelvereins:
Dia-Repro_0451 untere Reihe 6. vonk links Christl Bauer
Repro 3617 Meisterbrief Christian Bauer (jun)



Bauer Maria

Hier noch kurz der nächste Besitzübergang: im Wege der Erbfolge tritt Frau Maria Bauer am  11.2.1950 die Besitznachfolge an.
Frau Maria Bauer war, meines Wissens, die einzige Teilnehmerin aus dieser so traditionsbewussten Familie, die Pfingsten engagiert war; Maria Bauer war die Pfingstbraut im Jahre 1920.

Dia-Repro_0732 Pfingstbrautpaar von 1920  Josef Hofmann Maria Bauer
mit den beiden Brautbegleitern Franz Mühlbauer  und Franz Liebl



Arbeitskreis Heimatforschung Serwuschok Luftaufnahmen Ausschnitt aus dem Bild: oberer Markt.
Der frühere große Voglhof ist nun nur noch ein kleines, rückwärtig eingeengtes Haus in der Schattenau.
Aufnahme ca 1956
Hier beende ich nun die Chronik des Voglhofes, der bis in die Gegenwart noch ein paar Mal den Besitzer wechselte.
Auch wenn ich nur indirekte Hinweise habe, so bin ich persönlich doch überzeugt, dass der ursprüngliche Voglhof - also einer der drei Kötztinger Urhöfe - zumindest auch das heutige Anwesen Traurig umfasst hat und somit der heutige Christianschneider nur eine kleinen Rest der alten Größe umfasst.