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Montag, 28. Oktober 2019

Douzelage - ein Blitzbesuch in unserer Partnerstadt Meersen

Schon seit vielen Jahren habe ich einen eigenen, privaten, Blog für meine Familienforschung. Als ich dann mir später dann sicher war, dass ich auch für einen öffentlichen - diesen - Blog ausreichend Material finden würde, war es natürlich eine Frage, wie er heißen und für welche Inhalte er grundsätzlich zur Verfügung stehen sollte.

Mit dem (n) am Ende des Titels Kötztinger Geschichte(n) habe ich mir von Anfang an die Möglichkeit gelassen, nicht nur über Kötztinger Geschichte sondern eben auch über Geschichten aus, über und mit  Kötzting zu schreiben, egal ob es Neuigkeiten aus dem Stadtarchiv sind, Veranstaltungshinweise oder eben, wie in diesem Falle, ein privater Besuch in unserer Partnerstadt

Meersen in den Niederlanden

der Anfang einer "Rundreise" zu unseren Partnerstädten ist damit gemacht

Ausgangspunkt unserer Reise war eine Einladung zu einer Hochzeit im Aachen-Niederländisch-Belgischen Länderdreieck. Damit wir die Hochzeitsfeier, angesichts der langen Anfahrtstrecke, auch genießen konnten, planten wir halt noch einen zusätzlichen Tag ein und erst bei der Streckenplanung ist mir aufgefallen, wie nahe Meersen am Ort der Trauung lag. Damit war die Entscheidung über die Freizeitbeschäftigung für den eingeplanten "freien" Tag aber auch schon gefallen >>>>> wir besuchen unsere Partnerstadt in (im muss mich immer kontrollieren, um nicht "Holland" zu schreiben) den Niederlanden.
Meine Nachfrage bei Isolde Emberger - Kötztings Kontaktperson im Rathaus für Fragen der Douzelage - ob ich mich in Meersen als Kötztinger Besuch anmelden solle, war schnell entschieden. Isolde stellte einen Emailkontakt mit Harry Crombag her und schon wenige Tage drauf schrieben wir uns und freuten uns auf ein Treffen in einem Cafe auf dem Marktplatz von Meersen.
Die Anfahrt war stressfrei, weil wir uns genügend Zeit gelassen hatten und den Dauerstau um Würzburg weiträumig, sehr weiträumig, umfahren hatten. Wir sind linksrheinisch die Strecke hoch, -kurz hatten wir noch überlegt am Deutschen Eck Pause zu machen- und nach überraschenden nur fünf Stunden reiner Fahrzeit waren wir in Altembrouk eingetrudelt, einem kleinen, nur sehr schwer zu findenden, feudalen Gutshof in Belgien, praktisch direkt auf der niederländischen Grenze gelegen.
Bevor dann am nächsten Tag schön langsam der Rest der Familie eintrudelte, hatten wir diesen zur freien Verfügung und fuhren zu unserem "Date" nach Meersen.



























In einem ruhigen Straßencafé direkt am Marktplatz hatten wir uns verabredet und wie vereinbart kamen dann Harry Crombag und Karel Majoor (als ehemaliger Bürgermeister einer der Gründungsmitglieder der Douzelage, ein überzeugender Europäer und ein sehr unterhaltsamer Gesprächspartner)

links Harry Crombag, rechts Karel Majoor




Die Eigenschaft "lustig" verbietet sich hier, aber wir haben tatsächlich sehr viel gelacht bei unserem Zusammentreffen.
Ich habe den Eindruck, dass wir uns vom ersten Moment an sofort ausgezeichnet verstanden, uns in einem Mix aus Deutsch und Englisch unterhielten und so verbrachten wir eine kurzweilige Zeit im kühlen Schatten der Bäume im Straßencafé´.
Später stieß dann noch Herman Langeveld per Rad zu uns. Dieses Detail ist wichtig, weil Herman der Initiator der "Via Douzelage" ist, einer Initiative, die den Zweck hat, die einzelnen Partnerstädte mit dem Rad abzufahren bzw. durch Radtouren zu verbinden.  





 Während es bei der Premiere von Meersen nach Niederanven 2016 in Luxemburg wegen der gut ausgebauten Fahrradwege der Benelux-Staaten und der ebenen Geländeform dort oben noch nach Plan ging, war es mit der geplanten Fahrt von Judenburg nach Köszeg in Ungarn schon schwieriger bis eigentlich undurchführbar. Hermans neuer Plan - ich hoffe ich berichte diesen nun korrekt - wird nun sein, bei der Anreise zu einer bestimmten Partnerstadt das Fahrrad einfach Huckepack mitzunehmen und vor Ort, mit ortskundiger Führung, sich die Partnerstadt buchstäblich zu "erradeln" und zu erkunden. Ich könnte mir sehr gut - vor Allem da ich nun seit diesem Jahr mit einem E-bike ausgerüstet bin - vorstellen bei dieser Aktion mitzufahren ABER es sieht so aus als würden die Initiatoren sich ausgerechnet den Pfingstzeitraum als Radltermin aussuchen :-(.  Aber mal sehen. Auf jeden Fall wäre es schön, wenn sich auch aus unserer Stadt Teilnehmer finden würden und dann eben in einer gemischten Gruppe nicht nur den Zielort sondern auch die Teilnehmer aus anderen Partnerstädten kennen und schätzen zu lernen.

Doch zurück zu unserem Treffen...
Herman stieg wieder aufs Radl, er musste weiter, und Karel schlüpfte nun in die Rolle eines Stadtführer und auf kürzestem Weg gings hinüber über den Marktplatz und hinein in die wunderschöne und sehr große Basilika.
die Basilika von Meersen



Ich musste mir zuerst von Karel den Begriff einer Basilika erklären lassen. Sicherheitshalber, um nichts Falsches zu berichten verweise ich hier einfach auf den Wikipediaeintrag, weil dieser Name sowohl auf einen Bischofssitz verweisen kann aber auch nur auf eine besondere Bauweise verweisen könnte. Hier, in diesem Falle, wurde dieser Titel erst im Jahre 1938 verliehen.
historischer Einschub:
Meersen und Kötzting,was könnte uns verbinden?
Ganz einfach: der Vertrag von Meersen!
Im Jahre 870, unser Gebiet im Bayerischen Wald war noch für Jahrhunderte unbewohnter Urwald, wurde in Meersen bereits Weltgeschichte geschrieben. Das Reich Karls des Großen war bereits von seinen Enkeln im Jahre 847 in drei Teile aufgeteilt worden und nun wurde im Jahre 870 das mittlere der drei Teilreiche (Lothringen)  auf das West- und Ostfränkische Reich aufgeteilt. Aus dem Einen erwuchs das spätere Frankreich aus dem Anderen eben wir in Deutschland. Meersen war im übrigen nach dieser Aufteilung Teil es Ostfränkischen Raums und damit zusammen mit dem Bayerischen Wald in "einem" Herrschaftsbereich. 

 Einschub Ende
Altarraum mit wunderschönen Glasfenstern



Detail der Kanzel













Kreuzigungsgruppe in der Kirchenkuppel













warmes Licht durch die Fensterdurchbrüche






tolles Schnitzwerk














Spuren von vielen, vielen Berührungen

























 Karel führte uns auch hinter den Hochaltar, wo sich mittig ein Bildnis fand, das von Kirchenbesuchern berührt werden sollte - diese Vieltausendfachen Berührungen haben natürlich ihre Spuren hinterlassen.....ich habe allerdings mittlerer weile vergessen auf welche Belohnung diese Berührungen hinauslaufen sollten.























 

Noch ein Detail ist mir entfallen: links und rechts im Eingangsbereich zum Chorbereich befinden sich zwei "Objekte", einmal ein zeltähnlicher Baldachin in Rot/Weiß und zum anderen auf einem langen Stab/Stange eine wappenähnliche - ich kann mich auch täuschen - Darstellung mit einem zentralen Kelch. Karel erwähnte zwar, dass dies die Insignien wären, welche mit dem Status der Basilika zu tun hätten, aber das waren wohl zu viele Einzelheiten auf einmal für mein Gedächtnis.
Mittlerweile habe ich die Lösung erfahren, Danke Nik und Wikipedia:
Zu den äußeren Insignien einer "Basilica minor" gehörten das "conopaeum", auch "padiglione" oder"ombrellino" genannt, ein zeltartiger, rotgelb gestreifter Schirm aus Seide, und das "tintinabulum", ein Glöckchen an einem Holzgestell mit dem Wappen der Kirche. Conopaeum und Tintinabulum wurden bei Prozessionen mitgeführt (Anm: daher die Stangen!) . Üblich war es auch, das päpstliche Wappen über dem Eingang zur Kirche anzubringen". 
 




Auch an dieser Kirche nagt der Zahn der Zeit. Um Schäden für Besucher durch möglicherweise herabfallende Mörtelbrocken zu verhindern, ist im Kirchenschiff ein großes Netz aufgespannt.
der historische Taufstein














Detail der Kirchentüre


































Mit der Aufnahme der schönen Türbeschläge auf feuerrotem Hintergrund befinden wir uns wieder auf dem Marktplatz und gehen in Richtung auf das Meersener Rathaus zu, einem modernen Bau, der aber eine Verbindung mit einem historischen Baukörper hat. An der fensterlosen Nordfront  befinden sich vier Darstellungen aus der Geschichte Meersens.


Dreht man sich an dieser Stelle dann um, sieht man mitten auf dem Marktplatz einen.....
ich denke mal ..... "Maibaum". Nimmt man die bayerischen Vorstellungen eines solchen zum Maßstab, dann müssen die Meersener noch ein wenig üben. Aber unsere, Kötztinger, Krücken am Marktplatz, welche wir bis hinein in die 70er Jahre haben anschauen mussten, waren auch nicht gerade vorzeigbar. Möglicherweise hat diese vertrocknete "Stange" aber einen anderen traditionellen Hintergrund. Meine Rückfrage dahingehend blieb aber unbeantwortet. Es gab im Sommer in Meersen ein Treffen von Trachtengruppen - auch die Kötztinger und Susizer waren dabei. Möglicherweise haben diese Trachtler den Baum frisch aufgestellt und nun steht er dort und niemand traut sich die Fichtenleiche umzulegen.
  
 Nach diesem Anblick verabschieden wir uns herzlich von Karel und nun übernimmt Harry die Führung. Wir gehen rund herum ums Rathaus und dann hinein in den Stadtpark.
Natürlich geht diese Wanderung nicht ohne Vergleiche..... dieser Park ist kleiner als unserer, viel kleiner, aber er hat etwas, das unser Kurpark erst in vielen Jahrzehnten haben wird: uralte, riesige Parkbäume. Für mich als GALAbauer war es natürlich ein Vergnügen diese Baumriesen in einer wunderschönen Parklandschaft zu bewundern.





ein Pavillon unter schattigen Bäumen




große, mächtige Platanen

alte Gemäuer als Gestaltungselement


 Der Rundgang führt uns wieder zurück zum Marktplatz, wo ich es mir nicht verkneifen konnte noch einmal aus der Nähe den "Maibaum" genauer anzusehen.
Gleich anschließend lud uns Harry zu sich nach Hause ein um uns sein Haus zu zeigen, welches gleich neben dem Markplatz in einer Reihe von schmalen Bürgerhäusern sich befindet.













Er erzählte uns, dass er sein vorheriges, sehr großes, Anwesen auf dem Lande aufgegeben hatte und nun, ganz zentral, im Stadtinneren in einem hellen, lichtdurchfluteten Haus mit kleinem Garten wohnte. Viele großformatige Bilder seiner Frau Marie Therese, einer Künstlerin, die bereits auf einer der Kötztinger Kunstausstellungen sich vorgestellt hatte,  konnten wir an den Wänden bewundern. 

























Ein Hingucker ganz zentral im Wohnzimmer war auch ein portugiesischer Schrank, mehrere Hundert Jahre alt und offensichtlich ohne jede maschinelle Hilfe gezimmert und geschreinert.




 Nun verließen wir den engeren Bereich rund um Marktplatz - Rathaus und Stadtpark und schlenderten noch ein wenig in den Verkaufsstraßen und drum herum.


hier ein pfiffiges Detail, wie man freistehende Hauswände,
die durch den Abriss eines Hauses entstehen, auf besondere
Weise gestalten kann.

hier die neurenovierte jüdische Synagoge

Und dann kam doch das Ende unseres Besuches, wir trennten uns mit der sicheren Empfindung außerordentlich herzlich und selbstverständlich aufgenommen worden zu sein. Natürlich würde wir uns freuen, sie bei uns in Kötzting einmal wiederzusehen, oder noch besser, zusammen mit Anderen in einer anderen Partnerstadt in der Zukunft mal ein Wochenende zu verbringen, zu feiern oder einfach mal so....



Ortsende
Schön wars, unterhaltsam, ja streckenweise lustig, sehr herzlich und entspannend und so fuhren wir in diesem Länderdreieck/Viereck kreuz und quer über Grenzen hinweg, die durch nichts markiert und erkennbar waren, -  dem Navi wars auch egal - zurück nach Belgien .
Der Rest der Familie war nun eingetroffen und dann durften wir noch eine tolle Hochzeit genießen auf dem Landgut/hotel Altembroek in Belgien.


Hochzeitstafel unter alten schattigen Bäumen