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Samstag, 25. Februar 2023

Kötztinger Untergrund

Ein überraschender Fund inmitten des Marktes.

Wieder einmal gibt es hier eine schöne Bildfolge aus dem Bestand der Zeitungsredaktion der Kötztinger Umschau, der Dank des Einsatzes von Frau Serwuschok vom Verlag nach Kötzting zurückgeschickt und von ihr gesammelt, später dann dem Arbeitskreis Heimatforschung übereignet wurde und nun im Stadtarchiv Kötzting verwahrt ist.

Da wir zusätzlich auch eine fast vollständige Sammlung von Zeitungsausgaben aus den Nachkriegsjahren in unserem Bestand haben, können viele der Bilder dann auch einzelnen Zeitungsartikeln zugeordnet werden.
Die Chefin selber, Frau Renate Serwuschok, eilte an den Ort des Fundes und fotografierte den Bauarbeiter, als der Bagger überraschender weise ins Leere gegriffen hatte., denn  an dieser Stelle hatte keiner mit einem Keller gerechnet.
Dieses besondere Foto als Suchbild herzunehmen erschien mir dann doch als etwas unfair. Wo also lag dieser Keller, mit dem niemand gerechnet hatte?

Hinterher weiß man natürlich immer alles besser, denn es ist mehr als nur verständlich, dass an dem Fundort sich ein Keller hat befinden müssen.

Repro 3431 Hausansicht nach 1904 (Kötzting hatte erst zu dieser Zeit eine Stromleitung bekommen

Dieses Haus am Marktplatzeck mit gleich zwei Hausnamen, Schwarzanderl und Gams, wurde Anfang der 70er Jahre abgerissen und an dessen Stelle ein modernes Wohn- und Geschäftshaus errichtet.

Am Gebäudeeck kann man übrigens am Wirtshausausleger die "Gams" erkennen, die dem Haus auch seinen Namen gegeben hat. Der ältere Name "Schwarzanderl" kommt von einem früheren Besitzer namens "Andreas Schwarz", was mit sich brachte, das der letzte Besitzer Wolfgang Kolbeck, Gams, für viele auch der "Schwarzanderl Gang" gewesen war und der Stadel hinter dem alten Feuerwehrhaus - nun ein Parkplatz - war für uns Obermarktler der Schwarzanderlstadel.


Auf dem obigen Bild kann man besser als auf der historischen Hausaufnahme die Verlängerung der Metzstraße weiter zur rückwärtigen Gehringstraße erkennen.
Blickt man auf den Lageplan des Liquidationsprotokolls von 1831, so kann man leicht sehen, dass es nicht nur diese Straße noch nicht gegeben hat, sondern, dass an dieser Stelle ein Anwesen gestanden hatte. Ein Anwesen, das genauso wie die benachbarten Marktlehen längsgestreckt durchging bis weit über die heutige Gehringstraße hinaus.






Was war geschehen?
Nicht einmal 1 Woche vor dem Pfingstritt 1867 war in einem Rückgebäude des heutigen Gasthauses Dreger ein Brand ausgebrochen, der sich in beide Richtungen entwickelte und hinauf bis zur damaligen Friedhofkapelle und hinunter bis zur heutigen Kreuzung Marktstraße/Bahnhofstraße alle Anwesen in Schutt und Asche gelegt hatte. 
Um solche verheerenden Auswirkungen zukünftig zu verhindern, wurde die Anlage der Kötztinger Straßen abgeändert und im Marktstraßenverlauf zwei Brandschneisen angelegt, die heutigen Schirn- und Metztstraße zwischen der Marktstraße und der Gehringstraße, die danach zunächst erst bis zum heutigen "Kerscherbeck" und dann nach 1900 auch bis hinauf zum Torplatz verlängert wurde.

Hier kann man die beiden neu angelegten "Brandschneisen" in der Kötztinger Häuserreihe sehr gut erkennen.

Wie alle anderen Kötztinger Marktlehner hatte auch der Besitzer des Hauses mit der alten Hausnummer 136 das Kötztinger Brau- und Schankrecht 

Grundbuchauszug für das Haus mit der alten Hausnummer 136

Hausnummer 136 "Beym Graßl, Anton Graßl"
Das Haus mit realer Bäckergerechtigkeit, dann ein Marktlehen, bestehend in dem Marktlehen und Kommunbraurecht.

Das Haus wird beschrieben mit: Wohnhaus, Backofen mit Keller, Küche, Stallungen und Stadl, alles aneinander, Hofraum, dann über dem Gassl eine Holzschupfe.

Im Mieterkataster von 1842 finden sich dann sogar drei Kelleranlagen.



Zwei Keller befanden sich unter dem vorderen Hauptgebäude und ein weiterer weiter hinten im Bereich des Backofens.




In den alten Dokumenten kann man für dieses Haus eine uralte Tradition sowohl als Bäckerei als auch als Gaststätte belegen und als solche mussten in dem Haus die Bierfässer des im Kommunbrauhaus gebrauten Biers selber eingelagert werden, wozu unter all den alten Kötztinger Gasthäusern umfangreiche - sogenannte - Sommerkeller existierten, in die im Winter auf dem Regenfluss Eisblöcke geschnitten wurden und über die Lüftungsöffnungen der Keller hinuntergeschüttet wurden, zur Kühlung der zu leicht verderblichen Ware.
Und genau auf diesen Keller, angeblich sogar mit einer Verbindung zum Nachbarhaus stieß der Bagger und so kamen nach mehr als 100 Jahren wieder alte Mauern für kurze Zeit ans Tageslicht.

Foto Traurig: das Anwesen Kolbeck in der Metzstraße


Kötztinger Umschau vom 3.7.1974