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Posts mit dem Label Stöger Wolfgang Kriegsverbrechen Wettzell Kriegsende werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
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Donnerstag, 17. Februar 2022

Ein Bild und seine Geschichte ..... der Mordfall Stöger

Im Frühjahr 1960 wurde in den Kötztinger Zeitungen zum ersten Mal in großem Stil das Kriegsende beschrieben und aufbereitet und dabei kamen auch die Kriegsverbrechen der SS in den letzten Kriegstagen zu Tage.
An der Straße von Kötzting nach Hohenwarth, in der Totenbacherlkurve, stand bis Anfang der 60er Jahre ein hölzernes Marterl. Dieses Denkmal wurde an dieser Stelle für den Wettzeller Schmied Wolfgang Stöger errichtet, weil seine Mörder ihn hier verscharrt hatten. Getötet wurde er bereits auf Höhe des Bahnhofs Zellertal.
 


Der Wettzeller Priester, Herr Geistlicher Rat Alexius Schwab, hat diese letzten Tag im April und Anfang Mai 1945 aufgeschrieben.

Dass er die schwarzen US-amerikanischen Soldaten mit dem damals durchaus normalen "N"-Wort bezeichnete, bereitete mir zuerst ein Zusammenzucken und nach einem Schmunzeln dann die Erkenntnis, das wir schon ganz schön weit fortgeschritten sind in unserer "Umerziehung" weg von belasteten Wörtern und Begriffen, auch wenn der Missbrauch dieses Wortes in einem anderen Land und Kontext stattgefunden hat.


Am Georgitag (23, April) heißt es plötzlich: die Amerikaner sind schon in Kotzting!
Allgemeine Aufregung!
Straßensperren hatten errichtet werden sollen, um die amerikanischen Auto schon in Kötzting aufzuhalten.
Die Wettzeller tun nichts, da zu fürchten war, dass die Amerikaner unser
Dorf zusammenschießen. Die Weißenregener hatten im Wald auf der Straße Kötzting- Wettzell unterhalb der Grenztafel (etwa 300 Meter unterhalb der Straßenkurve von Gstockat und
ist die Gemeindegrenze von Wettzell und Weißenregen) eine solche Sperre errichtet. Die Wettzeller, darunter der Schmied Josef Stöger, haben sie in der Nacht wieder entfernt. An der Schulhausmauer war das Hackenkreuz gemalt, auch dieses kratzte der Schmied herunter, da mit nicht etwa das Schulhaus von den Amerikanern zusammengeschossen wird. Hitlerbilder lind Parteifahnen wurden trotz des Sträubens des Stützpunktleiters Andreas Fischl aus dem- Parteizimmer entfernt und verbrannt. Da kam am 24. April „SS", das heißt Leute von der Sturmtruppe Hitlers, verhafteten unseren kerndeutschen Schmied Josef Stöger und lieferten ihn ins Kötztinger Gefängnis ein. Am anderen Morgen holen die SS unseren Schmied aus dem Gefängnis, fahren ihn in einem Auto fort und erschießen ihn in der Nahe des Zellertaler Bahnhofes.

Ungeheurere Erbitterung in Wettzell!

Am Schinderbuckl erschienen die SS mit einem Maschinengewehr und drohen Wettzell anzuzünden. Ein SS Offizier droht dem Gendarm gegenüber, 50 Bewohner Wettzells als Geiseln fortzuführen lassen, den ein so verschworenes Nest habe er noch nicht gefunden, nach den Wirt Georg Graf und einigen anderen Männern fanden sie , ohne sie zu finden.
Dem Liebl Lorenz (Gstockat) nehmen die SS eine Sau aus dem Stall und schlachten sie.
Die Leiche des Schmied Josef Stöger war an der Straße im Wald bei Schönbuchen verschart und erst am 18.August gefunden.

Am Freitag den 27. April kommen die Amerikaner mit ihren Autos kleinen und großen Wägen. Wir hissten die weißen Fahnen. Sofort dringen die Amerikaner in die Häuser ein mit Gewehr im Anschlag und fragen: Pistolen hier? Sie durchsuchten die Häuser nach Waffen und Verstecke deutscher Soldaten und lassen sich Eier geben. Viele Familien müssen ihr Haus verlassen und im Stadel oder sonst wo Unterkunft suchen, denn ihre Häuser werden von den Amerikanern beschlagnahmt, die Wohnung der Gendarmerie, das Wirtshaus, das Haus der Familie Schedlbauer, Fischl, Maria, Perlinger Adalbert, Perlinger Alois, Graf Johann, Liebl Anton, Rosenhammer Michael, Pongratz in Sackenried. Es ist Krieg und folge dessen müssen auch Einschränkungen hingenommen werden. Wir sind froh und danken Gott dass die Amerikaner gekommen sind und uns von den inneren Feinden befreiten.

Nach Sackenried kamen die Amerikaner mit Autos über Hafenberg herauf. Ein Auto fuhr von der Zellertalerstraße herüber nach Erlau und herauf zum Schindabuckl; die SS Waren schon ausgerissen.

Die Amerikaner fahren mit Autos auch nach Poppenzell hinauf, nach Buchberg und Höllenstein, Sie vermuten auf dem Kaitersberg SS mit Geschützen und Maschinengewehren und stellen darum ihre Geschütze bereit, um in der Nacht den Kaitersberg unter Feuer zu nehmen. Auch 2 Flugzeuge die den Kaitersberg schön langsam abflogen.
Um die Geschütze zu sichten, haben sich beim Hochkeuz (gemeint ist der Acker gleich oberhalb der Straße, Anwesen Josef Fischer Kfz. Werkstatt) droben niedergelassen. Da aber in den Nächten der Kaitersberg sich in Nebel hüllte, war die Schießerei nicht arg.

Trotzdem dürften es diese Einheiten gewesen sein, die auch die - alte - Kötztinger Hütte unter Beschuss nahmen, so dass diese dann abbrannte.


Nach Abends 7 Uhr und morgens 7 Uhr darf die Bevölkerung nicht auf die Straße. Darum müssen auch die Gottesdienste entsprechend verlegt werden. Diese Amerikaner haben keinen hellen Teint wie die Europäer, sie sind reich mit Nahrungsmittel versorgt, auch mit Bier. Gegen Kinder sind sie gut Und teilen ihnen gerne Schokolade; Kecks und Zucker aus,

 Als sich einige Knaben durch spielen mit einer Handgranate schwer verletzt hatten, fährt sie ein amerikanisches Auto sogleich nach Kötzting ins Krankenhaus. Am Sonntag halt ein amerikanischer Priester, ein Jesuit, nach unserem Hauptgottesdienst auch für seine katholischen Soldaten einen Feldgottesdienst Es sind etwa 40 Mann, die zu 60% kommunizieren. 

Am 01 Mai Nachmittags packen die Amerikaner auf einmal wieder zusammen, Sie holten Leitungsdrähte ein und brechen die Zelte ab und in etwa einer Stundesind sie fertig und verlassen uns wieder.

 Am 2. Mai liegt 12 cm. Tiefer Schnee.

Am 03 Mai kommen wieder Quartiermacher wieder müssen am nächsten Tag mehrere Familien ihre Häuser räumen, Wagner Pongraiz, Gendarmerie, Wirt Graf, Schmied Stöger, Messner Menacher und Stöger Sackenried, doch kommen zunächst keine Soldaten hierher nur nach Sackenried und auch diese werden am 04. Mai wieder abberufen und unzählige amerikanische Geschütze und Munitionswagen fahren auf der Strecke Kötzting Viechtach wahrscheinlich nach Passau Linz? Ebenso am 05 Mai, am 04 Mai werden Bekanntmachungen angeschlagen, unter anderem bis auf weiteres die Leute nur morgens von 8 bis 10 Uhr und Nachmittags von 4 bis 6 Uhr die Häuser nicht verlassen dürfen. Das macht auch eine andere Gottesdienstordnung nötig. S

Sonntag den 06. Mai hält ein englischer Militärpfarrer für seine Soldaten Gottesdienst ca. 80 bis 90 Mann. Auffallend ist, dass sie alle bei der heiligen Messe knien; nur zur Predigt sitzen sie.

11. Mai, heute sind ungefähr 100 Nxxxxsoldaten hierher gekommen. Zwischen Schulhaus, das sie auch besetzten, in Trum schlagen sie auf der Wiese etwa 40 kleine Dachzelte auf, vorn und hinten offen, und 4 große geschlossene Rundzelte. Ihre Autos stehen hinter der Trumer Kapelle auf der Wiese. Diese N.... lesen amerikanische Zeitungen, sind auch anständig und freundlich zu den Kindern. Wenn sie Eier holen, geben sie dafür Schokolade. Wer hätte sich träumen lassen, dass einmal in Wettzell ein N***** hiesige Kinder fotografiert und ein Wettzeller Wickelkind auf den Arm nimmt.

 Am 14. Mai 19145 kommen 57 Buben der Berliner -Jahn-Schule mit 2 Studienräten an, die aus dem Sudetenland unter Zurücklassung ihres Gepäcks flüchten mussten. Es sind zum Teil zur Zeit wenigstens 350 Fremde hier, 250 Deutsche und 100 N*****.

20. Mai am Pfingstsonntag brechen die N***** ihre Lager ab, um sich bei Viechtach niederzulassen; dafür kommen wieder einige weiße Amerikaner hierher.



Auch in Mathilde Baumanns Neukirchener Heimatbuch kommt der Fall Stöger vor, weil offensichtlich in Neukirchen b.hl. Blut das Todesurteil gegen Wolfgang Stöger gefällt worden war.


Ähnliches berichtete auch KB Krämer - in seiner letzten Dokumentation vor seinem plötzlichen Tod.
KÖZ von 1972





In etwa zum selben Zeitpunkt, als der Wettzeller Schmied ermordet wurde, töteten drei Soldaten auch den Landwirt Josef Frisch aus Schmelz und aus ähnlichen Beweggründen.
So turbulent die letzten Kriegstage im Bereich der zusammenbrechenden Front auch gewesen waren, schaffte es der Kriminalwachtmeister Hirtreiter in beiden Fällen, die an der Tat Beteiligten ausfindig zu machen und vor Gericht zu stellen.

KU vom Januar 1969

Alfons Stöger, der Neffe des Mordopfers, stellte ein neues Erinnerungsschild für seinen Onkel Wolfgang Stöger vor. Die Situation wurde im April 2005 von Rupert Schlecht (MZ) fotografiert.

Foto Rupert Schlecht: Alfons Stöger mit dem alten und neuen Schild. April 2005

Foto Rupert Schlecht: Alfons Stöger mit dem alten und neuen Schild. April 2005



Zu diesem Fall "Stöger" gibt es noch weitere Aussagen, die auf persönlichen Erinnerungen beruhten
Frau Christa Rabl Dachs erzählte, dass bei ihr Zuhause folgende Version seiner Verhaftung erzählt wurde. Herr Stöger war ein naher Verwandter der Frau Rabl, der Mutter von Frau Rabl Dachs.
Wie vom Pfarrer von Wettzell oben bereits berichtet, war Wolfgang Stöger daran beteiligt, Wettzell zur Übergabe fertig zu machen und wurde daher von der SS- Wachmannschaft gesucht, die sich der Hilfe eines ortskundigen Gendarmen bediente. Stöger war mittlerweile ausgewichen - der Rede nach nach Sackenried - und wurde von dem Suchtrupp aufgespürt. Der Gendarm, der Stöger natürlich kannte, wollte ihm eine Möglichkeit geben zu entkommen, und stellte ihm die Frage, ob er der gesuchte Stöger sein, was dieser leider mit "ja" beantwortete und danach verhaftet wurde.

Von Frau Christa Rabl Dachs gibt es noch eine bessere Darstellung des alten "Marterls", auch wenn der Zahn der Zeit sehr an dem Bild genagt hat.

Foto Rabl-Dachs



Es gibt aber tatsächlich sogar Augenzeugen davon, wann und wo Wolfgang Stöger verschossen wurde.
Beim Anrücken der US-Armee - es waren bereits Bomben auf die Auwiese gefallen - entschied die Weißgerberfamilie Gerstl, die einen umfangreichen Grundbesitz auf der östlichen Seite von Kötzting hatte, für ihre Kinder einen Erdunterschlupf zu bauen.
Dieser befand sich weit hinter der heutigen Zellertalsiedlung an einer Stelle, als ansteigenden Wiesen und Felder sich bereits wieder abflachten. Dort wurde ein Unterschlupf gebaut, mit Brettern abgedeckt und diese wiederum mit Erde überfüllt.
In diesen Unterschlupf wurden die Gerstlkinder - ohne den Sohn Karl, den späteren Priester, der damals mit seinen 15 Jahren beim Vater blieb und diesem half, Panzersperren bei der Kommunbrauerei und bei der Kollmaierengstelle einzugraben - und eine Tante als Aufpasserin verfrachtet.
Von Zeit zu Zeit gingen die Mädchen, hier Traudl und Marile (die spätere Frau Dreger) nachschauen und wurden tatsächlich Augenzeugen des Vorgangs um die Erschießung.
Weiter nun ein Auszug aus einem Interview mit Frau Gerstl vom April 2024:

Weil I hon no g´seng, weijs an Dings vo Wettzell daschossn ham.
Do hamma mir Kinda om g´stanna am Berg (oben an der Geländekante beim neu gebauten Unterschlupf) woas I heit no, mir hamma als erst (die Ersten)  g´seng, weij d´Ami d´Geijstoafare Heij obag g´forn sand mit de Panzer. Weij ma mir do... is ja weit und broad nix gwen und mir hamma ja so hou om g ´wen, direkt auf dem Feld om do, und eitz kemmand d Ami. und d´Marile und I samma holt do gstanna und hamma g´schaut, ob vielleicht wieder ebs lous is, nand hots wieder g´hoissn: "Vasteckts eich blos, bleibts ned steij" und mir hamma do steij bliem und mir, Marile und I hamma g´seng, weij a Jeep mit - hamma ja scho g´wisst, dass d´SS do ist - weij a Jeep langsam do wou eitzat s´ Brei Lagerhaus steijt, do is lediglich vo uns a Stoll dog´wen, wousas Hei einedo ham, und links  is da Stodl wou heit no durt steijt, und do is - koa Auto is ja neamads g´forn, eitz hamma mir nur des g´seng, weij de mit dem Jeep daher kemmand und den hammands hint drom bunden, des war so scheij klar, des hamma mir gseng und dawei wird se der g´riert hom und genau do am Stodl vom Wierbindter is er erna owag´folln, der war do davo. Do hand de owa (herunter) und hammnd´n daschossn, I seg des heit no, weij´s na int heij zong hamm und hammand´n in Jeep eineg´worfa. Mir hammand aber net gwisst, dass des da Steger g´wen is, owa dann hot mas g´hert. , na hamms g´sagt, mir warma eitz do Zeugen, mir hamma des g´seng.
(Tonbandaufzeichnung des Interviews im Stadtarchiv Kötzting)