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Freitag, 24. September 2021

Der 30jährige Krieg im Landgericht Kötzting im Jahre 1621

Das Jahr 1621
 
Wieder zuerst die "großen Kriegsereignisse"

Durch den Sieg der Liga in Böhmen setzten dort sofort Wiens Rachemaßnahmen an den abtrünnigen Adeligen ein. Viele wurden nach einer Gerichtsverhandlung hingerichtet, noch viel mehr wurden enteignet und deren Güter dem kaiserlichen Besitz zugeschlagen.  Der Winterkönig Friedrich von der Pfalz musste über Schlesien Böhmen fluchtartig verlassen. Im Frühjahr 1621 kam es dann zum lange erwarteten Eroberungszug gegen die Oberpfalz.
Am 22. Januar 1621 wurde gegen den flüchtigen König Friedrich die Reichsacht verhängt, und somit musste Maximilian auch wieder ins Feld, um die Acht auch in seinem Lande zu vollstrecken. Am 8. September war er mit seinem Heer in Straubing und forderte von dort die Chamer - und auch andere Städte in der Oberpfalz- auf, jegliche Unterstützung für Friedrich aufzugeben, aber diese weigerten sich, und nun ging es ganz schnell, über den Kalvarienberg zog Maximilian vor die Stadt Cham und am 14. September bereits begann er mit einem Bombardement (Schuegraf). Die Hoffnung der Chamer, der Graf von Mansfeld mit seinen Truppen, machte sich aus dem Staub, und somit ergaben sich die Chamer am 25. September 1621 nach 10tägigem Bombardement. Die sofort danach einsetzenden Maßnahmen der Gegenreformation brachten sehr große Umbrüche für die ganze  Oberpfalz, die bereits wenige Tage danach vollständig erobert worden war und seit dem 15.1.1625 wieder Teil des Fürstentums (ab 1628 Kurfürstentums) Bayern wurde und dies seither auch geblieben ist.
Nach der Eroberung der Oberpfalz und der Stationierung von bayerischen Soldaten - unter dem Kommando des Kötztinger Pflegers Mathias Rosenhammer - berichtete dieser am 21. Oktober 1621 nach München über die Situation in den Pflegsämtern Roding und Waldmünchen:

 
HaStA München KÄA 2241 von 1620-1621

Gehorsamer Pfleger zu Közting
den 21. 8bris 621

Durchleichtigster Fürst
Genedigister Herr

Eur Frl Drtl sein mein Underthenigister gehorsambister Dienst, nach leiblichisten und aißeristen Vermögen ungespardtes Vleiß yederzeit zuvorag(?)

Genedigister Fürst und Herr, nachdem meine anvertraute Compagnie zue Waltmünchen und Rodting in Quardiren, mit denselben die Orth Grenz, und Päß, auch anderes nach Notturft zuversechen, hab ich in meinem dortsein zwar kheine sonderliche Ungelegenheiten auf den Grenizen vernommen, allein das etliche halßsterige verruechte Pehamb, auch thails Pfelzer Ihre hizige Röden, und Hofnung, uf den vermainten Khönig, nicht underlassen. 

Weilen man aber auf ihr Thuen und Lassen guete Achtung, auch ir Discurs mit discraetion verwiesen, hat man sich auch nicht sonderlichs zue befahren. Es haben sich auch die Calfinischen Predicanten Zue Rotting und Waltmünchen understanden, nach vollendter Predtig för den Groß Khönig in Pritanien, for Khönig Friederich in Pehamb, for den Gottliebeten Fürsten Christian von Anhalt, derselben .... und gemahl und Erben, Daß Sy sich erlangen aus der Beträngnuß enthebt uf des Wenzl gebeten.
Welliche ich gleichfals doch for mich selbst mit Bescheidenheit abgestelte mit underthenigister Hoffnung darbei uf angedrote Clag nicht unraths gethan zehaben. Nichtsweniger weil sich bey des Chur Frl. Embter
(Was in Niederbayern die Pfleggerichte waren, waren in der Oberpfalz die Pflegsämter)  als Rodting und Waldtmünchen in Abwaißen der Pfleger durch Ihre Ambtsverwaldter in deme allerley Ungelegenhaiten eraignen, da sye den Armen Underthannen under einander nit gebürendten Schuz halten, sonder vermelten, heten der orthen nicht zuebleiben mießen nach andern gelegenhaiten söllen (?). Da ich doch dadem angedeit selben ihre Ambter, maßen zuvor beschehen, verzichten. Zum Fahl aber einer oder der ander sich von seinem Ambt begeben wurdt waß sich hierinnen gegen Innen zuverhalten.
Nachdem sich zu Waltmünchen etliche Pehamb von Taus mit ihren Giettern und Persohnen die saidt allen Anfankh dißes greßen bese Leith gewesen, befundten, was sich mit ihnen zuverhalten. Es haben auch die Burger zur Waltmünchen und Rodting ihre oberwöhren, noch allerdings beyhaus, auch biß dato nichts an sye begehrt, sondern sich bisher in ainigkheit mit ihnen vertragen ? etwas forzuenemmen, werden Eur Frl Drl;: Gdist ordinieren lassen. 
Zue Waltminchen werden die Soldaten mit den Quartieren zimblich hardt gehalten, in bedacht derorth von den Mansfeldtischen einloß, werdten khrankhen Soldaten, fast halbe haißer mit der ungarischen Khrankheit inficiert, dahin kheine Knecht gelegt, und so wies möglich selbiger Siechen zuentgehen. Es biten auch ermelte Waltmünchner, umb Eröffnung des Paß in Pehamb yber den Waldt, mit allerlei Fuerwerch zu negotieren, welches Ihnen außer erwarteten Ordinanz nichts bewilliget. Wellches Ir Eur Frl: Dtl weillen sunst nichts wichtiges forgefalen interim underthenigist berichten, darbei mich höchst gedacht Eur Frtl: Dchlt: zu beharrlichsten Genaden underthenigist ergebenst  Waltmünchen den 21. 8bris 1621

eigenhändige Unterschrift des Matthias Rosenhammer Hauptmann und Pfleger zu Közting.

Es ist ein Brief einer Besatzungsmacht über das Verhalten der Bürger der besetzten Ämter Roding und Waldmünchen.
1. Rosenhammers Kompagnie ist auf Waldmünchen und Roding ins Quartier eingezogen, was vor allem in Waldmünchen Probleme bereitete, da die zurückgelassenen Mansfeldischen - kranken - Soldaten, den halben Ort mit der "ungarischen Infektionskrankheit" infiziert hatten.
2. In den Städten schlossen immer noch die clavinistischen Prediger ihre Predigten mit Hilfeaufrufen an den König von Großbritannien, den Winterkönig Friedrich und an den Fürsten Christian von Anhalt.
3. Die Bürger waren offensichtlich noch nicht entwaffnet worden, sie hatten ihre "Oberwöhren" noch bei sich zuhause.
4. Die Waldmünchner baten um die Öffnung der Pässe hinein ins Böhmische und
5. manche der pfälzischen Behörden (Ämter) waren offensichtlich verwaist.

Rosenhammer berichtete und bat um genauere Anweisungen.(Ordinanz)


Chronologischer Ablauf der Kötztinger Ereignisse des Jahres 1621


(KA)=Kastenamtsrechnung 
Mathias Rosenhammer Pfleger

(PG)= Pfleggerichtsrechnung Hans Heinrich Stöckl Landrichter


In diesem Jahr sind die Rechnungseinträge nur selten mit einem Datum versehen, so dass die Einträge, anders als im Vorjahr, nicht immer einem Zeitpfeil folgen, sondern eher thematisch gruppiert sind.

Noch ein Überbleibsel des Kriegszuges von 1620, das aber erst 1621 geahndet worden ist:
Hans Aineder, Wolf Mittermayr, Jakob Zehntbauer, Christoph Sigershofer und Michael Winter, all aus Teispacher (Bei Dingolfing) Gericht, haben muettwillen. als sy vergangenen Summer mit ihren Fuhren aus Behamb widerumb nach Haus entlassen worden, am Heraußfahren, den Edl und Vesten Sebastian Yettinger zu Rizenriedt, hansen Niernberger alda und Michael Wündter Maurer am Clainaign ohne Ursach mit Straichen tractiert und muetwilliger Weiß innen in das angebauthe Khornfeldt mit ihren geschier gefahren, sindt ires frevels halber yeder per 36 Kreuzer abgestrat worden. (KA)
Da waren wohl ein paar Niederbayern, die zum Kriegstross gehört hatten, etwas zu übermütig bei der Fahrt nach Hause....

Fluchen ist ein Vergehen, das mit saftigen Strafen belegt wird, wie nebenstehender Auszug aus dem Strafregister des Jahres 1621 zeigt. Die Rubrik heißt Gotteslästerung- Wolf Lärnbecher (Müller) zu Gmünd, hat auf offentlicher Gassen Gott gelestert ist abgestrafft worden per 1 Gulden 12 Kreuzer, mal so eben ungefähr 200 Euros heutzutage. (PG)


Im Juli kommt wieder zu einem großen Mordprozess. In Kürze: Hans Ferrer aus Offersdorf und sein Schwiegervater Mathias Amberger aus Kötzting haben hier im Wirtshaus getrunken und sind beim Heimgehen mit vier Grafenwiesener Hofmarksuntertanen in Streit gekommen. Eigentlich ist nichts Ernstes passiert, Ferrer geht zurück ins Wirthaus aber als er dann später endgültig heimgehen wollte, haben ihn die vier Grafenwiesener abgepasst - auf "Kötztinger Territoria, das Taubenfeldt genannt"-  und dort "ziemlicherweis ermörttet dass er über die 15 tötliche wunden an Ime gehabt".
Georg Rossauer war sofort geflüchtet, die anderen drei aber, Kaspar Niedermayer, Hans Schießl und Abraham Haffentaller konnten verhaftet werden.  Nun geht´s los mit den Berichten nach Straubing und den Befragungen der Gefangenen, die nun zusätzlich aussagten, es seien auch zwei Soldaten bei der Tat mitbeteiligt gewesen, weshalb dann auch noch an den Obristen von Gaisberg in Böhmen geschrieben werden musste.  Die Soldaten wurden ausfindig gemacht und deren Aussage ebenfalls nach Straubing gesandt. Jetzt wird´s unangenehm, denn die Gefangenen werden "peinlich angegriffen", um zu erfahren, warum sie den Kötztinger Metzger denn umgebracht hätten, was wiederum einen neuen Bericht ergibt.
Urteil: 
Schießl wird für ein Jahr aus dem Fürstentum ausgewiesen.
Haffentaller wird 3 Jahre nacheinander rentmeisterisch fürgeschrieben (?)
Niedermayer wird mit einem Verweis entlassen
Selbst das Auffinden des Mordopfers wird beschrieben in den Rechnungsbüchern:

Ainzige Ausgaben

Als den 5. July der entleibte Hans Ferrer von Offenstorf aufm Taubenfeldt gefunden worden, hab ich alsbalden Abtshalber meinen undergebenen Ambtman sambt dem Pader alhir Thomn Mausser hinaus geschickt und des entleibten empfangne Schäden besichtigen lassen, ermelter Pader beschaugelt geben 36 xr"


Mit dem in diesem Gerichtsprozess genannten Obrist von Gaisberg, bzw. mit dessen Soldate(ska)n haben die Kötztinger auch so ihre Erfahrungen gemacht, wie sich aus den Details der Schlossreparaturen erkennen lässt:
Rentkastenamt Straubing R 2488 von 1621:

Ausgab auf Gebey
Schloß Khözting




Nachdeme der Zehentstadl vorm Frl. Schloß mit Thor und seitten prettern von den heuffig durchreisenden, ybernacht alda verbliebenen Reittern und Fueßvolkh sonderlich von den Artoleria fuhren bey der Nacht alles hinweg gerissen, Traid und Stro heraus genommen, mit den Pröttern Hitten gmacht, sein ermelte Thor, und Städl widerumb zuegericht, und dem Zimmerman verraicht worden....


Dem Hafner von dem Offen in der Wachtstuben, so die Gaißbergerische Soldaten eingeworffen, widerumben zumachen geben....

Adamen Windter, Zimmermeister zu Khözting, daß er in dem Wachthauß vorm Schloß [heutzutage die Commerzbank] zwey neue Thier, so die Soldaten verprendt gehabt..... (KA)

Dazu passt gut, dass unter der Rubrik "Ainzige Ausgaben" in diesem Jahr ähnliche Ausgaben aufgeführt sind: :
Nachdeme diß ganze Jar fast immerdar Volkh uhnd Fendl [also Soldaten] zu Khözting und bay dem Schloß gelegen, ist an Kherzen auf allerlay wachten, bevorab in der Wachtstuben vorm Schloß sindemahlen die Poste und andere Raisen so starl gangen: verpraucht worden 3 Gulden 30 Kreuzer .... eine respektable Summe für Kerzen. (KA)
Dann hab ich Pfleger (Mathias Rosenhammer)  fast das ganze Jar, der Wacht Holz bezahlt und Hackherlohn geben. 7 Gulden 45 Kreuzer

Eine andere Rechnungsrubrik heißt: "Ausgab auf Straiffen"

"Demnach heyriges Jars die Strassen etlich mal haben brüchten und underschiedliche Straiffen vorgenommen muessen werden. also hab ich uf underschiedliche Teg, dann ich nit alzeit zue Mittag haimb khumen khinden zue Miltach, Tenrieth und Haidt in allem verzert 14 fl 19 xr"


Am 10. Juli bekommt der Pfleger Nachricht, dass Soldaten, die in Cham im Quartier gelegen waren, dem Herrn von Gleissenthal auf Zandt "einen Pauern alsda abgeprenndt haben sollen." (PG)

Die nächsten Übergriffe werden von der Landstraße bei Arnschwang berichtet.(PG)



"Dieweilen von den Soldaten, so zue Arnschwang quarttiert gewesen auf der Landtstrass etliche Persohnen am herausraissen und hineinziehen plindert worden, hab ich der Frl: regierung solche Plinderung uneingestelt underthenig berichtet...."






Am 9. August kommt aus Straubing der Befehl, heimlich den Aufenthaltsort eines Georg Haberl, Mitglied des "Fendls" des Hauptmanns Altershammer und Doppelsöldners aus Deggendorf, wegen "seiner übel beschaffenen begangenen Verbrechen" in Erfahrung zu bringen.
Mittlerweile aber war Altershammer mit seinen Mannen in Böhmen, weshalb die nächste Anfrage am 29. August sich an einen höheren Rang richtet.  Nun wurde direkt beim"Obristen von Gaisperg" um die Auslieferung nachgefragt. Für diese Benachrichtigung musste der Kötztinger Pfleger einen eigenen Boten nach "Rosenhaupen in Behamb" schicken und dem sogar mehr bezahlen als üblich, weil " wegen grosser Unsicherheit niemandts gehen wöllen". 
Im September wurde wurde Georg Haberl dann ans Kötztinger Landgericht ausgeliefert, dort eingekertkert und mehrfach befragt. Er musste sich wohl in einem sehr schlechten Gesundheitszustand befunden haben, weil der Richter wissen wollte, wie er sich zu verhalten habe.
Die Antwort aus Straubing war eindeutig - offensichtlich war bereits das Urteil - er wäre Gott und den rechten bevolchen worden [ eine Umschreibung für sein Todesurteil] - gefallen und Kötzting solle ihn unter starker Bewachung an Deggendorf überstellen.


Mittlerweile war es November geworden und der Winter war da.
"Weill diser Häberl all Zerrissen, khein redo guets hemet, Hosen, Strimpf und Schuech gehabt, allwo schwach und in der Khelten nit wol forth zebringen gewesen, hab ich ime 4 Eln Tuech zue einem Hemet erkhaufft die Elln per 15 xr
Darvon zumachen geben 9 xr
Item ein paar Hosen erkhaufft  45 xr
Dann 1 Eln wulles Thuech zue einem par Strimpf 45 xr
Darvon zumachen geben 4 xr
Für ain redo par Schuech  36 xr
Und weilen er in ehrendeter Verhafftung fasst alleweil khranckh gewesen, nicht weder essen noch Trinckhen wöllen, hat ime der Ambtman zue Zeiten ein Seidl Wein vermög der Zetl No 7 erkhaufft tuet 1 fl 18 xr"

Abschließend heißt es, sei er "Wohlverwath und mit 12(!) Glaidtsleithen biß" an die Grenze des Pfleggerichts Deggendorf transportiert worden,  PG



Am 23. August wird der Kötztinger Pfleger von seinem Kollegen in Neukirchen informiert, dass dieser "ein Soldaten Weib sambt drey dirnen, elche keine Paßzetl gehebt ufgehalten worden. Aus Straubing bekommt er dann drei Tage später den Auftrag, nach Neukirchen zu reisen und die "Persohnen zu examinieren".  (PGals aber eine "Rechtsvorschrift" gewesen war: die Bauern mussten ihre "Hunde prügeln"Wolf Preu zum Heyhoff ist wegen seines schedlichen Hundtes, umb daß er solchen nit priglet, noch angelegt und solcher die leith angefallen abgestrafft worden mit 36 Kreuzer.
Seine "Hunde zu prügeln" bedeutete aber nicht "verprügeln", sondern ihnen einen Prügel an den Hals zu binden, um sie daran zu hindern zu wildern bzw. hier, Menschen anzufallen. (KA)

Auch Hafenberg ist in dem Rechnungsbuch erwähnt, mit einer Strafe:
Wegen Ungehorsam wurde die gesamte Gemeinde Hafenberg gestraft: deren Mitglieder hatten sich geweigert, die angeordneten Scharwerkfahrten für die zurückströmenden Soldaten durchzuführen. (KA)
 Aber auch die eigenen Soldaten schritten zur Plünderung bzw. Konfiszierung:
Herrn Licentiaten Conrad Schötzen Frstl Durchlcht in bayern Procuratorij fiscii wegen 34 confiszierten Oxen zu Plachendorf Thoman Paur et cons: betr: vermög der Zetl bezahlt (KA)

Wie man an den letzten Einträgen sieht, war ab dem Spätsommer der Markt Kötzting damit beschäftigt, die Schäden, welche die Stationierung und Durchreise der bayerischen Soldaten angerichtet hatten, zu reparieren und einzelnen Übergriffen von Soldaten aus dem Pfälzischen Bereich nachzugehen.

Für Kötzting kehrte jetzt zuerst einmal wieder Friede ein, ganz anders in der nahen Oberpfalz, wo die einsetzende Rekatholisierung einen Gutteil der Bevölkerung vertrieb, nämlich den Teil, der nicht gewillt war, seine Lutherische bzw. Calvinistische Religion zu wechseln wie ein Hemd. Diese bekamen eine Frist zum Glaubenswechsel und  mussten bei Nichtbefolgung schlichtweg ihr Eigentum zurücklassen und das Land verlassen. Für Kötzting waren die "Böhmischen Unruhen" 1621 beendet, für Cham wohl erst um 1628. Erst 1633 kam dann der Krieg wieder in unsere Gegend, dann aber mit einer Wucht, die Kötzting fast komplett auslöschen sollte.

Freitag, 22. Januar 2021

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 13 Der Rosenhammerschreiner

 Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.

Schreinerei Rosenhammer - alte Hausnummer 13


Ausschnitt aus der historischen Karte von Bayernatlas.de
Situation um 1830

Albrecht Knaupp und Luzia


Die ersten nachgewiesenen Besitzer auf dem Haus sind das Küferehepaar Albrecht und seine Frau Lucia. In den Kötztinger Geburtsmatrikeln sind die beiden mit insgesamt 6 Kindern eingetragen, von denen das erste im Jahre 1658 geboren ist. 
 
Kötztinger Geburtsmatrikel Band 1 Seite 554
Eodem (am selben Tag, hier der 22.8.1658) ist dem Alberto Gnab und Lucie seiner Hausfrau Kueffners damal zu Khözting ein Kind namens Elisabeth taufft worden. Gvatter Er. Elisabeth Rothoferin (eigentlich Rothauer) Gerichtsschreib. alhir
Wir sind noch fast 50 Jahre vom Beginn der Kötztinger Briefprotokolle entfernt, die dann mit einer "genauen" Lagebeschreibung bei einem Hausverkauf die Lokalisierung beweisbar machen.
Was mich hier dennoch sicher auf dieses Ehepaar als Besitzer greifen lässt sind die genealogischen Zusammenhänge UND beruflichen Überschneidungen.
 
Am 26.3.1683 verstirbt Albrecht Knaupp und am 19.7.1683 heiratet Johann Dirnberger dessen Tochter Elisabeth, siehe Taufeintrag weiter oben.
Pfarrarchiv Kötzting Heiratsmatrikel Band 2 Seite 163
Heiratseintrag Johann Dirnberger aus Neukirchen und Elisabeth Knaupp aus Kötzting. Albrecht Knaupp wird hier als verstorben eingetragen (>>> p.m.), seine Frau Lucia lebt noch.


Dirnberger Hans und Elisabeth


Nun arbeiten das junge Ehepaar als Küfner in dem Haus am Ortsrand von Kötzting.
1688 taucht er in einer "Einkommensliste des Kötztinger Pfarrers wegen der Kirchentracht" auf. 2 Kreuzer sind für Hans Dürrnberger aufgeführt. 
HaSta München GL Fasc. 1829-62
 Als ersten Beleg in den Kötztinger Akten kann eine Strafe vor dem Kötztinger Magistrat angesehen werden. 1693 zahlt er 1/2 Pfund Regensburger Pfennige Strafe für eine Beschimpfung. 
Im selben Rechnungsbuch wir er mit einer "Schuldverschreibung" aufgeführt, für eine Hypothek, die er auf sein Haus aufgenommen hat: Er erhält somit ienige 14 fl laut Briefsprotokoll sub dato 25. Oct., 1693 crafft dessen er solche mit Verzicht seines Eheweibs freyheit und verschreibung seines Heusls zugeniegen versichert, vorgelichen worden , welche Mueller zu Grueb wie hiervor fol 15 zesehen hat, der prederfahrt und legung derselben entricht, sodann hirher widerumben per ausgab gebracht worden mit 14 fl. 
Dieser Schachtelsatz, denke ich, muss zuerst einmal erläutert werden.
1. Dirnberger Hans und seine Frau erhalten einen Kredit von 14 Gulden vom Markt Kötzting.
2. Um das Geld zu erhalten steht auch seine Frau mit ihrem auf dem Haus liegenden Heiratsgut gerade (= Verzicht auf die weiblichen Freiheiten, ihr Heiratsgut ist also als zweitrangig eingestuft)
3. Das Haus reicht dem Markt als Sicherheit aus. 
4. Das Kapital von 14 Gulden war vorher im Jahr bereits dem Müller in Grub für eine Fluderaktion mit Brettern kurzfristig geliehen worden und wurde von diesem bereits wieder zurückgezahlt. 
2 Jahre später findet er sich als Handwerker in den Kötztinger Rechnungsbüchern: von appindtung der praunen Pierwaenndl Kiebl und Podingen im Preuhaus, weitern ihme Duernberger Khueffner von Arbeithung der Preugschirr  3 fl 36 kr.
Auch im Jahr drauf, nun als Hofküffner bezeichnet, kann er ansehnliche Leistungen verrechnen. 
1697, bei der turnusmäßigen Grundgiltzahlung, finden wir eine erste Lagebeschreibung für deren Haus. Sie zahlen 47 Kreuzer "fuer das Heisl beim sogenannten Raabenaeckherl".
Schaut man sich den Kartenausschnitt ganz oben an, so sieht man, dass das Haus an zwei Grundstücke für die Hausnummer 12 angrenzt, zu diesem Zeitpunkt seit 3 Generationen in Besitz der Familie Raab, der Ecklshof
Das Küfferehepaar kann mit regelmäßigen Einnahmen vom Markt im Bräuhaus rechnen und offensichtlich laufen die Geschäfte, weil sie, und das ist für ein "Häuslerehepaar" eher selten, als Grundstückskäufer auftreten und dies von anderen Marktlehnern nicht unterbunden wurde. 
Grundsätzlich war mit einem "Haus" eben KEIN Grundbesitz verbunden UND, die Kötztinger Marktlehner hatten nicht nur ein uneingeschränktes Vorkaufsrecht, sie konnten sogar rechtskräftig abgeschlossene Verträge nachträglich rückgängig machen lassen. 
1709 erwirbt Hans Dirnberger aus der Erbmasse des hoch verschuldet verstorbenen Lorenz Vogl (alte Hausnummer 37 in der heutigen Schirnstraße) "das Vogläckerl und Wisfleckerl neben des Käufers Wiese und des Parellers Wiesfleckl in denen Krauttgärtten ligend"
In den Folgejahren taucht er in einem Mix aus kleinen Straf-, Zins- und Giltzahlungen in den Kötztinger Rechnungsbüchern auf.
Im Mai 1727 geht es dann Schlag auf Schlag.
Am 10.5.1727 verstirbt der "Bürger und Vietor" Johann Dirnberger und am 29.5., also nur gut 2 Wochen später, verkauft der Sohn Hans Georg, selbst Küfer und Erbe des Anwesens, das "das Häusl so mit Scharr und Tach umbfangen"  an seine Schwester Katharina und deren Mann Melchior Kämmerl, der als Bräuhausküfner aufgeführt ist. Mitverkauft werden auch die vom Vater erworbenen neuen Grundstücke: "ain Äckherl im Zandhofgründten ligent, ain Krauttgärtl neben dem  Fünckhischen grünten und ain Wissfleckl zwischen des Hans Georg  Parellers und Hans Adam Greullens Wisen
Der Kaufpreis beträgt 200 Gulden. 


Kämmerl Melchior und Maria Katharina



Kötztinger Pfarrmatrikel Band 14 Seite 40
Heiratseintrag Kämmerl Johann Dirnberger Maria Katharina


Der Kaufpreis für ein "Häusl" ist mit 200 Gulden für diese Zeit anspruchsvoll. Vielleicht um sich quer zu finanzieren, verkauft Melchior Kämmerl den "Zandhofacker" an den Schwarzfärber Paulus Mack um 28 Gulden. 
Nur gut 10 Jahre war das Paar verheiratet, am 11.3.1738 verstirbt der Küfer Melchior Kämmerl. 
Ab dem Jahr 1740 möchte die Witwe den Besitzübergang regeln und so verkauft Katharina Kämmerl, die Witwe des "gewesten Hofküffners und bürgerlichen Häuslers Melchior Kämmerl", Anfang November 1840 nun ein weiteres der von ihrem Vater erworbenen Grundstücke, diesmal die erste Wiese und zwei Wochen später dann die nächste.  
 Dem "Vetter" Josef Dirnberger, ebenfalls ein Küfner von Beruf, verkauft sie dann das Haus um 120 Gulden und nimmt sich die freie Herberge aus. 
Bei dem zweiten dieser Wiesenverkäufe kommt es - nach einem Vierteljahr - zu einem Einspruch, ein Onkel der Kämmerlwitwe (geborene Dirnberger), namens Hans Georg Dirnberger, macht seine Ansprüche geltend und kann diese auch belegen, daher wird der Verkauf rückgängig gemacht.
Offensichtlich hat sich dadurch auch der Hausverkauf erledigt, denn in den Folgejahren wird Katharina Kämmerl weiterhin als Besitzerin angeführt, zahlt die Gilten und die Schuldzinsen.
am 3. Januar 1752 verkauft sie dann  - endgültig - das "zunegst dem Ecklshof gelegene Häusl" an den bisherigen Insassen Wilhelm Fink und dessen Frau Katharina um 110 Gulden. Die lebenslange Herberge lässt sich die Witwe auch hier im Vertrag zusichern.  




Fink Wilhelm und Katharina


Schon am 5. Januar 1747 hatte Wilhelm Fink seine Frau geheiratet, blieb aber in seinem Status ein "Insasse" innerhalb des Marktes, erst mit dem Erwerb eines Hauses wurde er zu einem "Voll"bürger Kötztings.
Er war nur ein kurzes Jahr lang der Hausbesitzer, aber in diesem Jahr bereits wurde Wilhelm Fink noch zu einer saftigen Strafe verdonnert weil er "den ohne Vorwissen dessen Rhatts in die herberg eingenommenen fremden Urmachergesöllen aus dem haus thuen und nit 
mehr gedulten solle."  Fink ist dem aber nicht nachgekommen, daher die hohe Strafe von  2 Pfund Regensburger Pfennigen. Auch die 14 Gulden, die bereits seit den Zeiten des Hans Dirnberger als Grundschuld auf dem Haus liegen, hat er mit übernommen und protokolliert. 
1752 also kaufte das Ehepaar Fink das Haus aber fast genau ein Jahr später, im Januar 1753 darf der Gradiser Zimmerknecht Hans Georg Engl das Kötztinger Bürgerrecht kaufen, "weil er das Haus des Wilhelm Fink gekauft hat".  


Engl Hans Georg


148 Gulden muss Hans Georg Engl für das Haus - negst dem Ecklshof - bezahlen. Auch er versucht sich wohl ein Bisschen was dazuzuverdienen und nimmt - unerlaubt - Mieter in seinem Haus auf. Mieterinnen, genauer gesagt. Eine Stunde muss er in den Stock, wegen "Ungehorsam und Weibsbilder in die Herberge"
Es wiederholen sich die altbekannten Protokolle über die Grundschuld,  14 Gulden beim Markt und  nun auch noch 20 weitere bei der Kötztinger Pfarrkirche. 
Pfarrmatrikel Kötzting Band 14 Seite 130 
Johann Georg Sohn der verstorbenen Bauerseheleute Ullrich und Maria Engl aus Gradis heiratet Rosina Kauer, eine Wirtstochter aus Kammern am 27.11.1748.  

 
Am 1. Oktober 1778 übergaben die Zimmererseheleute Hans Georg und Rosina Engl das am 23.1.1753 gekaufte Haus negst dem Ecklshof sambt dem dabei vorhandenen Gartl und 20 Gulden Schulden bei der Kirche" um 200 Gulden an den Sohn Johann Georg.

Engl Johann Georg


Am selben Tag schließt der Sohn einen Heiratsvertrag um 150 Gulden mit der Bodenmaiser Häuslerstochter Magdalena Esterl und versichert diese Summe mit seinem neu erworbenen Haus. 
nach der Übernahme der Altschulden, nehmen die neuen Besitzer nun auch beim Spital Gelder auf. 
Es geht Schlag auf Schlag mit dem Haus. Schon 12 Jahre später wird schon wieder verkauft, diesmal um 350 Gulden an Benedikt Bauer und dessen Frau Barbara aus Reckendorf. Das Kaufdatum war der 16.10.1790.


Bauer Benedikt und Barbara


Bauer Benedikt bezahlt seine Bürgeraufnahmtaxen und den Exerziergulden, insgesamt 13 Gulden bleibt aber ebenfalls nicht lange auf dem Haus, welches offensichtlich zu einem kleinen Spekulationsobjekt verkommen ist.
Am 13.9.1791 findet sich bereits ein neuer Käufer, der bereit ist 500 Gulden für das "Haus unfern des Ecklshof" zu bezahlen. 

Der Stiftwirt

Anton Zagmann und Margaretha

aus Schorndorf ist der neue Besitzer, offensichtlich weil Bauer Benedikt die Zahlungsfristen nicht bedienen kann. Wieder erhält der Markt mit Bürgeraufnahmtax, Bürgerrecht und Exerziergulden 13 Gulden. Zagmann Anton und seine Frau Margaretha gehen in die Vollen und leihen sich von der Kirche 200 Gulden, für welche sie ihre Bürgersbehausung beleihen. 
4 Kinder hat das Paar - Zagmann Anton ist mit dem Beruf als Metzger angegeben und seine Frau Margaretha ist eine geborene Prandl aus Lederdorn- 
Am 14.9.1804 stirbt der Metzger Anton Zachmann an der Windsucht. Seine Witwe Margaretha gibt das Haus "zunegst dem Ecklshof entlegen" ihrem Sohn Georg am 7.8.1807. 



Zachmann Georg

Der Fleischhacker Zachmann Georg muss seiner Mutter 1800 Gulden zahlen. 150 davon leiht er sich vom Kötztinger Schuhmacher Joseph Liebl. 
Im Kötztinger Gewerbekataster von 1809 ist Zagmann Georg als Metzger eingetragen.
Im Häuser- und Rustikalsteuer-Kataster von 1811 heißt es Georg Zaglmann mit einem gezimmerten Haus und Stallerl im Wert von 330 Gulden. Woher der Unterschied in der Katasterbewertung zum tatsächlich zu bezahlenden Kaufpreis begründet ist, ist mir unerklärlich. 
Wie bei vielen anderen Kötztinger Anwesen ist auch bei diesem  das 19. Jahrhundert geprägt von einer Vielzahl von Käufern, Verkäufern, Pleitiers und Spekulateuren. 1816  heißt es zum Beispiel dass "Zagmann Franz, Fleischhacker  zu Kötzting, das Georg Zagmannsche Grundstück durch Gantkauf erhalten und damit das Bürgerrecht erhalten" hat. AA II/18
Zachmann Georg (Der Name der Metzgerdynastie wird abwechselnd Zagmann, Zaglmann und auch Zachmann geschrieben), stirbt als "Stiftwirt" im Alter von 60 Jahren an der Gelbsucht.  

In den Jahrzehnten zwischen dem Rustikalsteuer-Kataster von 1811 und dem Liquidationsprotokoll kam es mehrmals zu Besitzerwecheln.
Die Witwe Theres Zachmann (Zagmann) verkaufte das Haus mit der Metzgersgerechtigkeit am 18.2.1828 an den Kötztinger Metzger Stefan Dimpfl um 800 Gulden.
1830 vertauschte dieser dann sein Haus mit dem des Josef Riemer im unteren Markt. (alte Hausnummer 54). Am 28.11.1836 verkauft dieser wieder sein Haus an Wenzeslaus Weber. Dieser wird nun für die nächste Zeit zum Namensgeber . Mit dem Ausdruck "Beim Weber" ist das Haus im Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Kötzting von 1840 vorgetragen. Bis 1860 heißt der Besitzer nachweislich Wenzl Weber.
1861 dann  Seidl Andreas
1862 Reiniger Josepha
1870 Michael Hofmann, ein Schreiner,  wird durch Kauf der neue Besitzer und übergibt das haus im Jahre 1893 an seine Tochter Anna. 
Baupläne Rep 162-8 Sch. 21 Nr. 3168: Hier im Lageplan für den Umbau des Gastwirts Januel
ist auch das Wohnhaus des Hofmann (Michael) Schreiner bezeichnet.

Am 27.7.1903 heiratet der Schreiner Joseph Rosenhammer aus Sackenried die Schreinerstochter Anna Hofmann, die Tochter des Michael und nun kehrt wieder Ruhe ein auf dem Anwesen.


Rosenhammer Joseph und Anna


Am 26. Februar werden beide dann gleichberechtigt Besitzer des Anwesens mit der Hausnummer 13 und noch im selben Jahr wird im Katasterband StA Landshut Kataster 8/23/11 der komplette Neubau protokolliert.
Die Schreinerei floriert offensichtlich, denn Josef Rosenhammer benötigt Platz und findet ihn hinter seinem Gebäude im Garten des Armenhauses. Diesen pachtet er für sein Bretterlager. (StA 912/105)



Arbeitskreis Heimatforschung Repro Nummer 2251 Haus Rosenhammer Schreinerei nach 1900 aus dem Nachlass Schreinerei Rosenhammer  


.
Arbeitskreis Heimatforschung : Haus Schreinerei Rosenhammer 6.12.1965 aus dem Nachlass der Schreinerei Rosenhammer  


Arbeitskreis Heimatforschung Repro Nr. 2261 Handwerkerumzug verm. 1935 Nachlass Schreinerei Rosenhammer  Wagen der Schreiner mit Spruchband, am Bahnhof, hinten Haus Winter, links Alois Rosenhammer 




Arbeitskreis Heimatforschung Repro Nr. 2262 Handwerkerumzug verm. 1935 Nachlass Schreinerei Rosenhammer.  Wagen der Schreiner mit großem Hobel, Herrenstraße 14 bei Gartner, rechts am Wagen Alois Rosenhammer     

Arbeitskreis Heimatforschung Repro Nr.14 Haus Rosenhammer mit Ehepaar Rosenhammer



Arbeitskreis Heimatforschung Repro Nr. 2242 Hochzeit Alois Rosenhammer- Fanny Graßl ca. 1936 aus dem Nachlass der Schreinerei Rosenhammer  mit Brautjungfer links Schwester der Braut, Kinder Liebl (Lebzelter) Zwillinge Irma und Hilde, Brautjungfer sitzend Maria Liebl (Lebzelter) verh. Piendl



Bild: Frau Christa Rabl-Dachs: Zustand 1996

Abbruch der Schreinerei und Umwandlung in einen Parkplatz im Jahre 2001


Ein Zufallsfund kurz vor der Veröffentlichung dieses Blogbeitrages bringt ein neues Rätsel. Der "Stöberlschmied", später gegenüber der Wiesmühle beheimatet, eröffnete offensichtlich 1921
seine neue Huf- und Wagenschmiede in der Schattenau.

Ein Interview von Frau Christa Rabl-Dachs brachte im Nachgang die Erklärung. Frau Breu (Stöberl-Schmied Bettl) erzählte dort von ihrem Vater, dass er im Hause Wurm in der Brandstraße seine Werkstatt gehabt hatte. Dieses Haus beherbergte bis vor wenigen Jahren die Stadtbücherei und ist keines der "ALTEN" Häuser in Kötzting. Es ist erst nach dem letzten Stadtbrand 1899, nach der Errichtung einer neuen Baulinie entstanden, ähnlich wie das Haus vom "Weber Luck" und das alte Feuerwehrhaus. Diese Anwesen sind zuerst einmal keine Objekte für die Häuserchronik.

 

Freitag, 20. März 2020

Der 30jährige Krieg im Landgericht Kötzting


Der Beitrag über den Dreißigjährigen Krieg in unserer Umgebung besteht aus vielen, sehr vielen kleinen und kleinsten Informationsschnipseln, die sich nur schwer bzw. gar nicht zu einer leicht lesbaren Geschichte gruppieren lassen. Ich sehe diesen Bericht als eine Dokumentation an, welche eben diese "Schnipsel" in Form eines Zeitpfeils aneinanderreiht.
Die wesentlichen Archivalien sind die Kastenamts- und Landgerichtsrechnungen von 1619 bis 1621 und die entsprechenden Berichte des Pflegers und Kastners von Kötzting nach München bzw. Straubing.
Im Laufe der Recherchen zu diesem Beitrag bin ich auf einen Artikel von Schuegraf gestoßen, der für den Historischen Verein der Oberpfalz geschrieben hat und dessen Titel auch für mich passt, also anlehnend an seinen Beitragstitel von 1846:

Kötzting

während der böhmischen Unruhen
erster Teil 1619-1621

oder auch
Kötzting vor 400 Jahren, eine Dokumentation

Bereits seit dem Herbst des Jahres 1618  bestehen Spannungen in unserem Grenzraum und zwar sowohl gegenüber der Grenze nach Böhmen hin, als auch - für heutige Verhältnisse nur schwer vorstellbar - auch hin nach Cham und Runding, zur Oberpfälzer Seite eben, welche damals mit der Wittelsbacher Pfälzer Linie dem evangelische Glauben zugehörig war und damit den Feind Bayerns und Österreichs darstellte.
In Hinsicht auf eine mögliche Frontstellung war die Nachbarstadt Cham tatsächlich bereits Ausland und damit war es durch fürstlichen Auftrag auch verboten, dorthin Vieh zu verkaufen. Auch die nahen Hofmarksherren zum Beispiel, die Herren auf Runding, Ränkam und Arnschwang, deren Untertanen sich an manchen Übergriffen auf die bayerischen Gebiete beteiligten, waren nur indirekt zu erreichen. Diese Spannungen sollten sich noch steigern und weiteten sich Jahre später auch bei uns zu offenen und verheerenden Kriegshandlungen aus, die man 1648 dann, nach dem "Westfälischen Frieden"  den Dreißigjährigen Krieg nannte.
Den Anfang der Spannungen in unserem Raum kann man im ersten Teil nachlesen: 
1. Teil 1618 der Krieg beginnt.
Der Prager Fenstersturz der kaiserlichen Gesandten im Mai 1618 und die sich daraufhin versammelnden protestantischen Stände, welche ein Bündnis unter sich errichteten, stellten den Beginn von Unruhen dar, die sich steigerten, als die böhmische Seite - schon befürchtend, dass der Kaiser in Wien, Matthias,  reagieren musste - das Land in Verteidigungszustand setzten. Es kam schon zu ersten Übergriffen - nicht in Bayern, aber in den Österreichischen und Schlesischen Landen.

Das Jahr 1619

Der Knackpunkt, der zum Kriege führen sollte, kam dann, als die böhmischen Stände nach dem Tode des Kaisers Matthias im März 1619 seinen Nachfolger - den erzkatholischen und reaktionären - Kaiser Ferdinand II nicht akzeptierten wollten, sondern den Pfalzgrafen Friedrich V. von der Oberpfalz, eigentlich den nächsten Verwandten des bayerischen Fürsten Maximilian I. in München, zum König wählten. Maximilian I. riet seinem Verwandten dringend ab, aber dieser hörte mehr auf seine Gattin und nahm die Königswürde in Böhmen an. Damit war das Tischtuch zerschnitten und beide Seiten rüsteten sich zum Kriege.
 
Um die Auswirkungen der Spannungen auf unser Kötztinger Gebiet zu beschreiben, bin ich auf die Rechnungsbände des Kötztinger Pfleggerichtes und Kastenamtes angewiesen, ausschließlich, denn die entsprechende Buchreihe des Chamer Pfleggerichts setzt leider erst später ein und auch die Archivalien im Chamer Stadtarchiv beginnen erst nach der Eroberung der Stadt Cham durch die Bayerischen Truppen im Jahre 1621.
Schade, denn ich bin mir sicher, dass die Chamer Verantwortlichen genauso argwöhnisch auf die Kötztinger Aktivitäten Ausschau hielten, wie es nachweislich die Kötztinger taten.
Natürlich gibt es aber Literatur, welche die Chamer Seite darstellt, insbesondere von Schuegraf, der auch die erste Kötztinger Chronik verfasst hat - auf die dann später Carl von Paur mit seiner eigenen Chronik zeitlich direkt anschloss. Aber auch er setzt im Wesentlichen erst mit den Umständen der Eroberung der Stadt Cham durch Maximilian ein.
Aber noch stehen wir im Moment in Jahre 1619.
Im Staatsarchiv in Amberg haben sich aber einige Berichte des Chamer Pflegers Albrecht von Wildenfur erhalten.
Die folgenden kleinen Informationsschnipsel sind für sich genommen schon sehr schwer in reihe zu bekommen, wenn nun die bayerische und die pfälzischen Erkundungen kunterbunt nacheinander kämen, wäre das Informationsdickicht noch undurchdringlicher. Ich werde also die aus der Pfalz kommenden Berichte - es sind die wenigsten - zum besseren Verständnis farblich absetzen.



Es gibt nun mehrere parallel laufende Handlungsstränge, um die sich langsam ändernde Situation der Bevölkerung, der Behörden und der - ich nenn´s mal - Rüstungsanstrengungen deutlich zu machen.


Die Bevölkerung

 

Wie aus den Einträgen im "Strafregister" des Kastenamts Kötzting zu ersehen ist, wurde im Winter 1918/19 noch ganz gut Fasching und an Hochzeiten auf dem Tanzboden gefeiert. Wie häufig, kennen wir nicht die fröhlichen und unbeschwerten aus dieser Reihe von Belustigungen, sondern nur die, bei denen es zu Ausschreitungen gekommen ist, und es daher anschließend "gerichtsmassig" wurde:
StALa Rentkastenamt SR 2487 Kastenamt Kötzting von 1619

In dem linken Text ist die Rede davon, dass Mathes Schuech und Georg Knödl von Atzlern den ledigen Schuster Wolf Kellnisch aus Neukirchen "negst verschienenen - also vergangenen - Fasching in Rittsteig auf offener Straße mit gezückten Waffen angegriffen und verletzt haben.
Der Spaß brachte den beiden 2 Tage und Nächte bei Wasser und Brot im Kötztinger Amtshaus ein, und einen Gulden mussten sie auch noch bezahlen.



StALa Rentkastenamt SR 2487 Kastenamt Kötzting von 1619




Wolf Zilkkher, ein Wirt von Warzenried - schon vorher in einem anderen Punkt angeklagt und bestraft - musste sich nun 3 Tage und Nächte im Kötztinger Amtshaus einsperren lassen, mit Wasser und Brot, weil er Wolf Kaufmann, dem Glasers von Kleinaign, "in einer gehabten  Hochzeit auf dem Tennzhaus" mit seiner Waffe eine Wunde zugefügt hatte.










 Das Schloss Kötzting - die Kirchenburg - wird generalsaniert

Um den Umfang der Reparaturen und Erneuerungen zu ermessen, seien einfach einige Materialanlieferungen hier angeführt:
Insgesamt 212 Tragen Kalk vom Martin Thanner, Kalkmeister in Zenching
In der Bauausführung tauchten - so etwas wir frühe Gastarbeiter - in Kötzting so genannte "welsche
Mauerer" aufalso Mauerer aus Norditalien. Hier wird zuerst einmal Albrecht Bernhard, der   Mauerer, erwähnt, der obigen Kalk abzulöschen hatte, später spielt auch noch sein Meister,  Christian mit Namen, eine Rolle als Hauptbaumeister.
Drei Tagwerker erhielten insgesamt 1 Gulden dafür, dass sie mehrere Tage lang "guetten Sand" aus dem Regenfluss "zusammen gesuecht" haben.

Für die notwendigen Bretter wurden alle Mühlen der Umgebung eingespannt: die Englmühle, die Stockmühle, die Kötztinger Wiesmühle, die Riedermühle, die Eckmühle, die Kötztinger Marktmühle und auch beim Multerer auf der Sag (müsste der spätere Sperlhammer sein), Alle mussten liefern.
Von Hans Prändtl aus Hohenwarth kamen 8000 Zwillschindeln und 24000 Legschindeln, für einen lächerlich geringen Betrag von 1 Gulden bzw. 20 Kreuzer pro 1000 Stück. Für 20 Kreuzer konnte sich der Holzbitzler aus Hohenwarth damals gerade mal 6 Mass Bier kaufen.
Die Nägel kamen 15.000 Stück noch aus Cham, wie überhaupt manche Kontakte ins feindliche Ausland, trotz der verdächtigen Spähe, die man nach Cham hielt, erstaunlich gut und lange funktionierten.
Die Kötztinger (Ziegelhütte) mussten "Häckhen und Preiß" liefern, also Dachpfannen in Form von Mönch und Nonnen.
Nun ging´s an die Arbeiten:
Albrecht Bernhard, der eine welsche Arbeiter, hatte im März das Schloss auszuweißen, zu säubern und die schlimmsten Schäden an den Feuerstellen zu beseitigen.
Meister Hans Christian- der andere-  musste:
nun das ganze Schloss, inklusiv der Getreidekästen und Wohnungen, abdecken, zwei neue Rauchfänge abtragen und erneut aufführen, bei allen Mauerbänken die Böden ausgleichen, die Feuersgefahr beim Backhaus  beseitigen, das alte Wasserkar (Brunnenkorb) verschließen und ein neues an einer bequemeren Stelle errichten und den Graben und den Wall ausbessern.
Nun kam der Kötztinger Zimmermann Adam Winter an die Reihe: zuerst half er noch beim Abdecken der zentralen Gebäude, dann hatte er "das ganze Flez oder Vorhaus und die langen Schuppen im Friedhof" (es ist dies der GANZ alte Friedhof rund herum um die Pfarrkirche)zu errichten.
Am 16. September - offensichtlich dauerte es bis dahin die Gebäude wieder einzudecken, erhielt er  seinen Arbeitslohn für die Dachdeckerarbeiten..
Die Rüstkammer, in der "die Notturfft Khugl" aufbewahrt wurdem erhielt neue Türbeschläge, die Fenster wurden neu verglast und die allermeisten Öfen von Grund auf neu errichtet.
Nicht nur für die Umbaumaßnahmen am Schloss war das Kötztinger Kastenamt zuständig, auch die Überwachung der Grenze fiel weitgehend in dessen Zuständigkeit.
Dafür gab es in den Rechnungsbüchern eine eigene Rubrik:
StALa Rentkastenamt SR 2487 Kastenamt Kötzting von 1619
Ausgab auf Grenitz und anndere nothwendige Zehrung von Ambtswegen beschehen

In dieser Rubrik sind all die Aktivitäten und Aktionen aufgeführt, die der Pfleger selber - heutzutage in etwa der Landrat - und persönlich an der Grenze auf Befehl durchzuführen hatte. 1619 hieß der Kötztinger Pfleger Matthias Rosenhammer, gegen welchen die Kötztinger kurz vor seinem Tode - und danach mit seiner Witwe - einen langwierigen Prozess führten, da sie mit dessen Amtsführung überhaupt nicht einverstanden waren.
(KA)=Kastenamtsrechnung  Matthias Rosenhammer Pfleger

(PG)= Pfleggerichtsrechnung Hans Heinrich Stöckl Landrichter


StALa Rentkastenamt SR 2487 Kastenamt Kötzting von 1619
25.2.1619
Als ich Pfleger (der Kötztinger Pfleger führte in Personalunion auch das Amt das Kastners und Vogtrichters aus - ungefähr seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts - )
dem 25. February Crafft empfangen f(ürstlichen) Bevelch den Grenitzwald, bey dem teglispach, zwischen Behaim und Bayern, in welchen die Großaigner ir Notturfft Holz nemmen, beschaut, abgerichten und was waßen derselb niß am Neumarkter und Schneiderhgöfer Grund abgetrieben, dann ermeldten großaigner Holz und gemain abgeschritten, die Holzschlag in Verpoth gelegt.....mit drei Pferden und den Amtsleuthen in Großaigen übernachtet und dort auch Mittag gegessen. (KA)

Tage später ging´s zusammen mit dem Further Hauptmann darum, wieder auf Befehl der Regierung, Erfahrungen wegen der böhmischen Schanzen "auf der Angla und St. Katharina einzuholen. (KA)
Vom 16. bis 18. Juni ging es um die Grenze "vorm Winkel" und vom Osser bis zur Seewand, die inspiziert werden mussten und auch nachzusehen, weil die "Behaim und Churpfelzische Offiziern mit zimblicher Anzal bey dem Rittsteig auf den Grenizen, in Meinung einen Paß zunemmen, verner Schanzen zu pauen befunden". (KA)
Weiters ging es darum festzulegen, an welcher Stelle die Straße von Böhmen nach Arnschwang "verhaut" werden könne, "im Falle der Noth". (KA)
Weiter ging´s am 28. Juni
Nun wurde nach Neumarkt, Fuxberg, Hirschau, Zur Pless, Flecken und Springenberg geritten, um sich die Schanzen der böhmischen Seite anzusehen und vor allem sicher zu stellen, dass diese nicht auf strittigem Gelände (der genaue Grenzverlauf war seit sicherlich 100 Jahren strittig) oder gar auf bayerischem Gebiet errichtet wären. (KA)
Am 6. und 7. September wurde es wohl langsam Ernst: der Kötztinger Pfleger zusammen mit dem "Hauptmann von Furth, zwayen Leidtenanbten, Földt und gemainden Waibeln" inspizierten die drei "Häuser" Eschlkam, Neukirchen und Furth und legten fest, was in diesen und zu ewlchen Kosten repariert werden könne. (KA)
Am 4. und 5. Dezember musste der Pfleger "eilfertig auf Eschlkam und Neukirchen" an der Grenze erscheinen um all die Stellen, an denen die Böhmen am Fuxberg und Springenberg auf die bayerische Seite herüber geraumt (eigenen Raum geschaffen) hatten,  diese " wieder zurück geraumbt und die Zein (wohl Zäune, als erneuter Versuch den strittigen Grenzverlauf in Richtung der bayerischen Seite zu verschieben) auf ir Grindt geworffen. (KA)
"Alldiweilen den 22. Dezembris allda Ortten ANISA eingelangt, dass alles Mansfeldisch geworbenen Volgkh, nach Deihn, Neumarkht, Hirschaw, neuern und der Ortten hardt an unser Greniz soll gelegt werden, hab ich mich den 23. dito selbst auf die bedeiten grenzen den Rechten grundt zurekhundig verfügt und neben de, Leittenambt zu Eschlkam, bey dem Mauttner zu Furth verzört. (KA)

StALa Rentkastenamt SR 2487 Kastenamt Kötzting von 1619
Anders verhielt es sich bei der Rubrik "Ausgab auf Botenlöhne und Khundtschafft"

Hier war nicht der Pfleger selber unterwegs, sondern schickte seine Boten:
Ich lasse hier aber all die vielen Botengänge aus, die nur davon sprechen, dass (nicht benannte) Befehle der Regierung in Straubing an die Hofmarken und Märkte im Landgericht weitergereicht werden mussten.

Am 20.Januar wurde ein Bote nach Runding zu Hans Albrecht Nothafft geschickt, welcher ihm einen "Citations Befelch" aus Straubing zu überbringen hatte. Es ist interessant, dass die Regierung in Niederbayern einem Hofmarksherren der Oberpfalz eine Vorladung schicken konnte. (PG)
Am 8. März ging es in einem Befehlsschreiben an die Hofmarken Hohenwarth, Lichtenegg und Arnbruck um die Instandhaltung des "pessen Weeg, welicher über das Eckh herswerz gehth. (PG)
Am 16.April  kam die Nachricht, dass es in Klattau zu einer "Generalmusterung" gekommen war, weshalb der Kötztinger Pfleger Christoph Fuchs aus Grabitz und Wolf Maurer aus Rittsteig  dorthin schickte, um den Verlauf der Musterung sich anzusehen. (KA)
Das Ergebnis dieses "Spionageauftrags" wurde dann am 24.4. an die Regierung in Straubing weitergereicht. (KA)
Anfang Mai wurde die "Corporalschaft des Kötztinger Fändls" und auch das Fendl selber in Listen zusammengestellt, und die Hofmarken und Märkte mussten nun diese Listen in Kötzting einreichen. (KA)
Am 6. Mai ein Bericht nach Straubing, dass in Cham eine Anzahl Kurpfälzischer Reiter angekommen waren. (PG)
Am 30. Mai 1616 Bericht über "das Churpfälzisch Behambische Kriegsvolckh" zur Regierung nach Straubing. (KA)
Am 5.Juni wurde Wolf Mauerer aus Rittsteig auf Kundschaft nach Böhmen geschickt. (KA)
Am 7.Juni zur Abwechslung mal was "Normales", ein Bericht nach Straubing wegen eines Verbrechens des Totschlages am Warthner in der Scheiben und das Großbrandes bei Augustin Lutz auf der Klaffermühle. (KA)
11. Juni Bericht nach Straubing wegen behambischer Berichte. (KA)
11. Juni Aufforderung an den Hauptmann zu Furth, dass dieser an die Grenze am Rittsteig kommen solle. (KA)
15. Juni Wolf Gäzator aus Kleinaign auf Kundschaft nach Kleinaign geschickt, da dort "frembte Reidter und Fueßvolckh" angekommen waren. (KA)
19. Juni Berichte weitergeleitet nach Straubing. (KA)
20. Juni Nachricht, dass zu "Drasä, Neuern und dergleichen ....frembt volkh in Behaim khummen", daher wurden Hans Heugl und Wolf Kauffmann vom Aigen zu Nachtzeit dorthin geordert. (KA)
24. Juni Bericht des Hauptmanns von Furth über die Grenzsituation. (KA)
Im August geht es wieder um Berichte aus Böhmen und die strittige Grenze am Dierberg. Auch Wolf Mauerer aus Rittsteig darf sich wieder als Kundschafter bewähren und die Gegend um Eisenhammer und Prachatiz ausspionieren. (KA)
Am 26. August wird Hans Schwab aus Grafenwiesen ins Böhmische geschickt, weil wieder Nachrichten über Soldaten angekommen sind. (KA)
Nun richtet sich der Blick aber auch in Richtung der Oberpfalz:
Am 1. September kam die Nachricht, dass in Cham täglich die Ankunft des Kurfürsten von Haidlberg her erwartet wurde. (PG)
Am 4. September bekommen Ander Rötzer aus Kleinaign und Michael Steffel von Eschlkam den Auftrag in der Kurpfalz nach dem Rechten zu sehen und in Rötz, Amber, Nittenau, Neuburg, Bruck, Cham und Waldmünchen "wegen aller Ortten ligenten frembten Khriegsvolgkh, den gewissen grundt zuerfahren. (KA)
September (ohne genaues Datum)  Als Ich (wohl der Landrichter Stöckl) in Erfahrung gebracht, dass etliche Soldaten von Camb heraus fallen und den Underthannen das Zeig nemmen sollen, hab ich und Herr Pfleger (Rosenhammer) alhir, dem curfrtl. Pfleger alda zuegeschrieben und der Abstellung begert. (PG)
Nur zum Zählen der Soldaten wurde Hans Schwab am 6. September noch einmal nach Cham geschickt, und all die Ergebnisse zusammen kamen dann per Bote am 8.9. in Straubing bei der Regierung an. (KA)
Am 8. September, noch in der Nacht, wurde Hans Scherf aus Kötzting nach Straubing geschickt, um diese Meldungen nach München gelangen zu lassen. (KA)
Ander Rötzer - siehe oben - musste am 11. September noch einmal seine Kundschaftstour in die Oberpfälzer Märkte und Städte machen, mit dem Zusatzauftrag, die Zahlen an Soldaten in Erfahrung zu bringen. (KA)
Tags drauf wurden die Kostenveranschläge für die Instandsetzungsarbeiten  der vier gerichtischen "Schlösser vorm Wald", also Neukirchen, Eschlkam, Furth im Wald und Kötzting, nach Straubing gesandt und noch am selben Tag musste Wolf Gäzater von Kleinaigen, der wohl im Böhmischen gut zuhause war, erneut ein wenig spionieren und zwar in Richtung auf: Horaschitz, Schüttenhofen, Grün, Berg und Klattau und zwar um "khaysserliche und stendische Kriegkhsvolkh zu erkhundigen"
Was in dem Zusammenhang mit den "kaiserlichen" Truppen gemeint war, ist mir nicht klar.
Die Ergebnisse aus beiden Erkundigungen, die in Richtung Oberpfalz und ins Böhmische hinein, wurden sofort nach Straubing weitergemeldet. (KA)
Trotzdem, das Leben geht weiter und Bier ist wichtig: am 5. Oktober musste ein Bote aus Eschlkam nach Saaz in Böhmen reisen, um die Hopfenlieferung sicherzustellen. Das Qualitätsmuster des Hopfens, welches er mitbrachte, wurde extra dem Rat und Rentmeister in Straubing vorgelegt. (KA)
Dem 17. Oktober abermallen der frtl. Regierung berichtet, "daß zu Fueß 1500 Niderlendtische Knecht zu Camb ankhommen werden." (PG)
Am 20. Oktober (vor dem Ersten Weltkrieg gab es einige Male eine "Krieg in Sicht" Stimmung, dies scheint hier ähnlich gewesen zu sein) ging ein Befehl an alle Städt, Märkt und Hofmarksherren des Gerichts für ein: an den Sonn: und Feurtägen angesteldten zehn stundigen gebedts und das in sollicher Zeit alles Tannzen und ander Spill (:ausser der ehelichen Stuelfesten - Eheverlöbnisfeier/Heratsvertragsfeier - und Hochzeiten: ) abgeschafft sein.  (PG)
Am 20. Oktober kam das Gerücht auf, dass in Waldmünchen die Soldaten aufgebrochen waren und noch in der Nacht musste Hans Arnold aus Kötzting nach Waldmünchen marschieren, um zu erkunden: "wohin sich den Kopf wenden oder den Durchzug nemmen werden", welches also deren Zugrichtung bzw. Intention sein würde. (KA)
Noch in derselben Nacht erreichte ein Befehl von der Regierung Straubing den Pfleger in Kötzting, eben wegen der Soldaten, die sich auch in Cham in Bewegung gesetzt hatten - und dieser musste sofort nach Furth im Wald zum Hauptmann gebracht werden. (KA)
Am 22. und 23. Oktober mussten drei verschiedene Boten in drei unterschiedliche Richtungen in die Oberpfalz hinein marschieren, um herauszubekommen, wohin die "fremdten Völkher" angeblich ihren "Durchzug nehmen" sollten. (KA)
Am 24. Oktober hat er nun selbst seinen "Leidtenambt" zu Pferd nach Cham und Waldmünschen geschickt um sicher zu sein, wohin sich die Truppen wenden würden.
Die nächsten Tage sind erfüllt von Berichten, die nach Straubing und von dort wieder zurück und an den Hauptmann in Furth weitergeleitet werden mussten. (KA)
Aber es kommt die - für die Kriegsführung in damaliger Zeit - schlechte Jahreszeit und so nimmt die konkrete Kriegsgefahr wohl zuerst einmal wieder ab, die Boten laufen aber immer noch fast im Tagesrhythmus.. (KA)
Am 30. Oktober kommt die Nachricht vom Tode des Neukirchener Pflegers. (PG)
Erst im Dezember wird es wieder konkreter: Am 4. Dezember muss Hans Liebl einen Bericht nach Straubing bringen, der von Böhmen handelt und von den "ungehorsamen Cummunicanten". Die einzelnen Pfarrer und Hofmarken mussten wohl einberichten, wie es mit dem religiösen Gehorsam hier an der Religionsgrenze denn so bestellt war/sei. (KA)
Am 26. November kommt aus München ein Bericht über eine "in Wien grassierende Sucht" und ein Befehl, dass ab jetzt kein Weizen und Hafer mehr außer Landes (=auch nicht mehr nach Cham) verkauft werden darf. (PG)
Am 3. Dezember wird dieses Verbot noch verschärft: Nun darf kein auch - wenig oder viel -  kein Vieh, Fleisch und Schmalz mehr ausgeführt werden. (PG)
Am 28. Dezember wird dieses Ausfuhrverbot, das ja für ganz Bayern gilt-  für das Stift Passau und die Stadt Augsburg wieder aufgehoben.


Im Dezember findet sich noch ein ausführlicher Beitrag:
Mathiaßen Drecher Soldaten und Pixenmaister, der sich etlich Jar in Behaim, anieten zu Eschlien(?) aufhält, umb das er sich in ganzre Cron Behaim allerlay Khriegsvolkh und praeporation aller ortten begeben, und dasselbwargenoimmen, wer sich commandiere, wohin sich Iren Anschlag nemen werden, vermög der Instruktion von Hoff aus des Tages 1 fl versprochen hat auf 14 tag von dem 10. Dezember bis auf den 24. dito enntpfangen 10 Gulden.










Das Jahr 1620

In Kürze vorab, was die großen, überregionalen Kriegshandlungen in diesen "böhmischen Unruhen" angeht, denn es wird ernst für den neuen König von Böhmen, den so genannten "Winterkönig"
Maximilian I, Fürst von Bayern und Anführer der katholischen Liga, ließ seinem Vetter in Prag noch am 25.8.1620 eine Warnung zukommen um diesen zum Rücktritt vom "Kronraub" zu überreden und gleichzeitig die böhmischen Stände aufforderte die Oberhoheit des Kaisers anzuerkennen.
Wie wir heutzutage wissen, ohne Wirkung, und so kam es zum Entschluss " die Trotzigen durch Gewalt der Waffen zu beugen und Recht und Ordnung, Ruhe und Friede wieder herzustellen" (Zitat von Schuegraf im HvO von 1846 Seite 52). Hier in Kürze, am 22.10.1620 stand Maximilian vor Prag und dort wurde vom 30.10. bis zum 8.11. fortwährend gekämpft, bis es Maximilians Feldherrn Tilly am 8.11.1620 gelang, in der "Schlacht am Weißen Berge" die "Rebellen" zu besiegen. Dieser Sieg kam offensichtlich so unerwartet, dass dem "Böhmenkönig" kaum mehr Zeit geblieben war, Prag und Böhmen zu verlassen. Böhmen war also nun wieder habsburgisch und katholisch. Die Oberpfalz war dies aber noch nicht, aber es war mittlerweile Winter geworden und damit ruhten vorerst alle kriegerischen Handlungen.

Doch nun zurück ins Landgericht Kötzting




StALa Amtbts- und Zollrechnung
Anno 1620


Noch geht bei den Kötztinger Behörden alles seinen gewohnten Gang, es sind die gewöhnlichen Straftaten, die in den Rechnungsbüchern ihren Niederschlag finden.
Es geht gleich los mit einer Leichtfertigkeitsstrafe für ein Paar, das für die Schwängerung jeweils 4 Tage bei Wasser und Brot im Kötztinger Gefängnis abzusitzen hatte und dann am Ende auch noch 5 fl bezahlen durfte. Eine veritable Messerstecherei wäre für beide billiger gewesen.

Ein für Kötzting höchst interessanter Eintrag kommt aus Grub:








Es geht um eine Gefängnisstrafe für Michael Hechel, einem ledigen Kötztinger Bürgerssohn, und einem Schmiedeknecht namens Georg, die mit den beiden Söhnen des "Ernst" aus Grub, Hans und Ander, auf einem Tanzboden eine Rauferei begonnen hatten. Der Spaß wurde mit einem Tag und einer Nacht im Amtshaus wieder gutgemacht. Der Ernsthof in Grub - später in Besitz der Brüder Dirrigl - wurde zu Mitte des 17. Jahrhunderts mit Genehmigung - und Großzügigkeit, das muss man anerkennen - des Klosters Rott zertrümmert. Das Gebäude blieb bis 1803 in Besitz der Marktes Kötzting, die großen Grundstücke aber wurden gleichmäßig auf alle Kötztinger Bürger verteilt. Kötzting litt permanent darunter über viel, viel zu wenig landwirtschaftlichen Grund zu verfügen. Heutzutage ist der historische Ernsthof die Gärtnerei in Grub. (PG)


Nun kommt aber bereits der erste Eintrag, der auf Spannungen schließen lässt:




Wider Verbott Viech ausser Landts verkaufft.
 Thoman Meindtl zu Ottenzeel, Liechteneckherischer Undterthan, hat wider E(uer) D(urchlaucht) ausgefertigten Bevelch 2 Oxen nach Camb verkaufft, obwollen er fürgeben, daß er umb solliches verpodt nichts gewißt, ist er doch nichts desto weniger gestrafft per 4 Gulden.
Der Rest der Strafen ist schlichtweg das Übliche, Beleidigungen, Raufereien, Messerstechereien
Eine Rauferei fällt etwas aus dem Rahmen, weil sich die Wölckersdorfer Witwe Margarethe Fischer sich auf einen kleinen "Dumult" mit Hans Rosenhammer eingelassen hatte, in dessen Verlauf er sie mit einem Hackenstiel "abgeschmiert" hatte, ohne aber einen sichtbaren Schaden. Sie aber stellte sich an, als wäre sie "auf den Tod erkrankt", und hatte sich gar "mit dem hochheiligen Sacrament" versehen lassen" . Die Erfahrung aber zeigt, dass sie dieses "nur aus Neid" getan hatte, welche "Falschheit"  ihr mit 1 Gulden 12 Kreuzer teuer zu stehen kam. (PG)

Bei den Malefizsachen, also den schweren Verbrechen, ging´s zwar schon heftiger zu, aber den Galgenberg brauchten wir in diesem Jahre nicht.
Im ersten Teil, in dem von 1619, sind bei den Schlossumbaumaßnahmen die "welschen Mauerer" genannt. Die Frau des einen, vermutlich die des Meisters Christian, kommt in einem Malefizakt des Jahres 1620 vor.
 Ausgab auf die Dritt
gefangene Persohn

Hans Apfelbeck, gewester Ambtmann alhir (= so etwas wie der Polizeichef des Landgerichts, der sein Gefängnis und seine Wohnung am Ende der heutigen Schirnstraße hatte) ist seines gotteslästerichen Leichtfertigen, muetwilligen Lebens halber, seithero er des Dienstes beurlaubt worden, welches er im Markht Khözting vast alle tag gedrieben, und geybt, zuverhafft genommen, Inmassen er dann ausmals, nachdem er mit eines welschen mauerers weib, in großen Verdacht gewest, umb 12 Uhr in der Nacht, daß gleich der Mann nicht anheimbs gewest auf der Gassen, vor ihrem Haus ein solches Gotts jemmerliches Fluechen angefangen, daß es unerhört gewest......
Der Ehebruch konnte ihm schlussendlich nicht nachgewiesen werden, aber für dieses Fluchen saß er im Endeffekt 121 Tage im Kötztinger (früher seinem eigenen) Gefängnis.  (PG)






Chronologischer Ablauf der Kötztinger Ereignisse des Jahres 1620

(KA)=Kastenamtsrechnung  Mathias Rosenhammer Pfleger

(PG)= Pfleggerichtsrechnung Hans Heinrich Stöckl Landrichter


Am 3. Januar 1620 wird ein Befehl von ganz oben im LG Kötzting verteilt: "das denjenigen Soldathen, so der Statt Regenspurg zueziehen, khein Paß verstadt werdten solle" (PG)
Am 11. Februar wirds langsam militärisch:  die ausgewählten Reitter (wie immer vom Pfleggericht und den Hofmarken) sollten am 17.Februar auf dem Musterplatz in landshut erscheinen. (PG)
Am 24. Februar kam der Befehl aus München, dass "in der Faßnacht die Mascaraten, Mummereyen, Dannz, Saitten und annder Spil abgeschafft" seien. (PG)
Am 5. April kam der Erlass, dass den Hauptleuten und Soldaten keine Scharwerksfuhren mehr aufgebürdet werden durften. (PG)
Im Frühjahr war der Pfleger in den verschiedensten Grenzbezirken unterwegs, um die Grenzen abzugehen und erneut die Grenzpunkte schriftlich festzuhalten. In Furth angefangen über Eschlkam nach Neukirchen. Später dann vom Scharberg und Schobereck in Richtung des Arbers und Bodenmais. (KA)
StA Amberg 30 jähriger Krieg 169
Besatzung auf Schloss Runding 1620
Cham berichtet: Am 21. Mai  schreibt der Chamer Pfleger Albrecht von Wildenfur an seine Regierung in Amberg, dass er den Herrn Albrecht von Nothafft - dem Besitzer einer Hälfte des Gutes Runding - verdächtige, sich mit den "Bayern" zu sehr anzufreunden und sich understanden haben soll, dann er nicht allein viel und oft dahin reisen (meine Anmerkung: kein Wunder, er war ja in Besitz einiger Hofmarken im bayerischen, sprich Kötztinger Gebiet), sondern auch viel von selben orthen zu ihme kommen thun. Insonderheit aber hat er den gewesenen Landschreiber des Königreichs Böhmen , neben den seinigen, also den ergsten Feind unseres durch(lauchtigsten) herren, zu sich berufen, stattlich gehalten und ir Gast gehaltet. Über solches hat er diese Wochen den Pflgeer zu Furth neben einen Ingenier, so ein Italiener, und daselbsten zur Fortifizierung etlicher örter geordnet worden, zu sich geladen, und wie man sagt, ihme alle Gelegenheit ....gegeben.
Weiters ist Albrecht von Nothafft in Verdacht; dass er der Bäptischen Religion so neben sein Hausfrau nicht viel verhindern oder zurücktreiben würde......So ist mir auch gesagt worden, er soll sein beste Sachen nacher Straubing allbereidt geflechtet haben und sich vernemmen lassen, er sey von einem guthen Freundt gewarnt worden, mit Andeuten dass Bayern ein sonders Aug uff das Haus Runding haben solle ....

Der Chamer Pfleger rät, eine Besatzung in das Schloss Runding zu legen.
Diesen Vorwürfen des Pflegers muss sich Albrecht von Nothafft persönlich in Ambergg stellen und am 29.5.1620 protokolliert die dortige Regierungskanzlei die Rechtfertigungen Albrechts. (wegen das Landschreibers, des bayerischen Ingenieurs und seiner "Correspondenz mit den bayr. Ortten")
Im Einzelnen beteuerte Albrecht von Nothafft, dass der Landschreiber und dessen Frau, als dieser wegen "Geschäften(?)" in Kötzting gewesen war, angedeutet hatten ihn "heimsuchen" zu wollen, "so er nicht abschlagen kennen.....were mit seinem Frauenzimmer und Dochter zu ihme kommen ...in dieser Sach nichts gered worden. 

Zu den Kontakten zu bayerischen Ämtern sagte er, dass er mit den bayerischen beamten stündlich zun tun habe... die ihn hin und wieder ihn besuchen würden. "Es hätte aber nie nichts begern zu besichtigen in Schloß oder im geringsten ichtwas von dieser Sach discuriert."
Wegen des Ingenieurs: dieser wäre kein Italiener sondern ein Nordländer(?) welchen er beim Gottesdienst in Eschlkam (Albrecht Nothafft war wohl katholisch) getroffen habe er - Nothafft - ihn gefragt, wie er es anfangen und vollführen solle Baumrinnen zu machen. Zu diesem zweck habe er ihn gebeten nach Runding zu kommen. So geschehen, were aber gar nichts verd#chtig vorkommen.
Weiter "hätte er große Verwandtschaft in Bayern"

Nothaffts wird ermahnt, er wäre schuldig seine Pflicht zuhalten, was dieser versprach worauf "er wieder fortgelassen worden". >>>Die Sache war also für ihn nicht ohne Risiko!<<<<<
Vorwürfe hin, Enkräftigungen her,  er bekommt wenige Tage später die Quittung:
im Juni 1620 werden 50 Mußquetiere der Capitäm Philipp Lippens Kompanie auf das Schloss Runding gelegt.
Staatsarchiv Amberg\30 jähriger Krieg 169

Am 6. Juni ging ein Bericht an die Regierung in Straubing, dass in Cham "2 Fendl Haidlwergerische Khnecht" angekommen wären. (PG)

Am 9. Juli gab es dann eine freche Grenzverletzung für den Kastner zu korrigieren: Der behambische Bauer Leonhard Traurig hatte das "Marchwasser am hindern Gesprenge von seinem natierlichen lauf abgelaidt, den Graben und March mit großen Stainen, und Paumen verfelt." Anschließend ließ der Pfleger das alte Bachbett ausräumen, "des Behamers gemachte Arbeith verschlaipft, das March zu der schönen Puechen, und also in alten Stanndt gesezt." (KA)
 Ebenfalls am 30. Juli kam der Befehl an, dass "alle dieienige ausgewehlte Reitter in diesem gericht, welche under dem Herrn von Lindtlolo etc Exerciert wordten, auf den 2. August zu Pfädter (Pfatter) ercheinen sollen". (PG)
Ebenfalls im Sommer 1620demnach der Castenamts dorfgemain Wärzenried, durch Lugäffsgi(?) zu Neumarkt in Behaimb 73 Stuckh Vieh genommen worden, bin ich bei der Nacht mit 4 Pferdten zu ermelten Neumarkht und für den Winkhel marschiert. alles Vieh den Underthannen widerumben bekhomben.... (KA)
Am 10. August wiederholte sich das Ritual des Vorjahres, mit dem zehnstündigen Gebet an Sonn und Feiertagen und dem damit verbundenen Verbot des Tanzens und Spielens. (PG)

Allerhand Pfenwerth, sollte auf Befehl vom 30. August in das Lager geführt werden. Reinhard Riepls Lexikon sagt über Pfennwert mehreres aus, das hier Passendste wären Naturalien wie: Brot, Mehl, Garn, Eier, Schmalz, Gries. Es sollte also ein Vorrat angelegt werden. (PG)

In diesem Zeitraum hinein fällt der Beginn des Feldzuges der Bayern nach Böhmen.
Schuegraf schreibt dazu: Die Vorsicht des Fürsten von Bayern, vermittelst eines in die Nähe von Cham rückenden bayerischen Heeres von 7000 Mann zu Fuß und 600 zu Pferd unter dem Befehle  des Generals von Helmhausen, seine Ämter Furt, Eschelkam, Neukirchen und Kötzting vor feindlichen Verwüstungen für die Zeit , wo er in Böhmen agieren mußte, sicher zu stellen, wird wohl auch die Bürger von Cham bemüßiget haben, Vorsichtsmaßregeln gegen ihn zu ergreifen, und Tag und Nacht auf der Hut zu sein, denn die damals stark befestigte Stadt galt von beiden Seiten der Krieg=führenden Mächte als Schlüssel von Böhmen nach Bayern. 


Die ausgewählten Reiter von Stachesried und Altrandsberg wurden am 25. September nach Straubing beordert. (PG)

Am 19.September 1620 fragt der Chamer Pfleger in Amberg nach, wie er die Umbaukosten bzw. die Arbeiten der Soldaten und der Handwerker am Schloss Runding verrechnen soll, weil die Hofmarksinhaber (Eyb und Nothafft gemeinsam) die Kosten nicht tragen wollten/könnten. Es ist die Rede von Brettern für die Schilderwache, Arbeiten am "Santinel Heuslein", etliche Verschläge und dann noch "Närben" und Bretter an die Thüren.
Am 28. September kommt der Auftrag aus Amberg, alles zum Verteidigungsbau nötige zu veranlassen, aber darauf zu achten, dass die Herrschaft (Runding) das auch zahlen würde.
Amberg entscheidet dann am 2. Oktober: diesmal solle noch einmal von amtswegen - also vom Pfleger in seiner Rechnungslegung - bezahlt werden.
Staatsarchiv Amberg\30 jähriger Krieg 169

Offensichtlich war den Soldaten auf Runding eher langweilig, oder hatten sie hatten Hunger, denn:
Am 30. Oktober kam es zu einem Überfall von Runding aus: (PG)
" Wie sich um die 50 Rundterische (im Text ergibt sich später, dass dies Rundingische hätte heißen sollen) Soldathen den 30. Oktober understandten ein ganze Meil weegs (eine Meile hatte damals etwas mehr als 15 km) von der Pfälzischen Grenizen, in Bayern und bis nach Denrieth gefallen, alda auf offentlicher Landstrassen Hans Adamben Wagner, Obristen Leuttenambt, seinen hierzue bestelten Diennern in die 57 Stuckh Viech genommen und nach ermelten Rundting(!) gedrieben, hab ich solichen erzaigten eingriff, der fürstlichen Regierung (nach Straubing ) berichtet."
Straubing wollte nicht nur, dass der Landrichter in Cham protestieren solle und die 57 Viecher zurückfordere, sondern auch "diejennigen, so den Gewaldt in Landt veryebt auf einen gewissen tag, für mich in die Straff bestellen begern". Der Kötztinger Landrichter solle also die Auslieferung der Übertäter fordern und so schrieb dieser Helmb Fuchs zu Ränkam, dem damals bestellten Hauptmann der Soldaten, ebenso an Hans Ludwig von Eyb (auf Runding) wegen derer Untertanen, die auch mitgeholfen hatten und "nit wenig darbey gethan"
Wir wissen nicht, was die beiden Hofmarksherren geantwortet hatten, nur dass sie es getan hatten, denn der Landrichter notierte, dass er diese Antworten am 7.September nach Straubing weitergeleitet hatte.
Am 4. November ist erwähnt, dass Alexander Nothafft von Grub verstorben war. (PG)

Anmerkung: erst 4 Jahre zuvor hatte Alexander Nothafft seine Hofmark von seinem  Vetter Wolf Albrecht eingetauscht. Das Bemerkenswerte an diesem Tausch ist, dass Alexander - katholisch erzogen - sein Gut in der Oberpfalz hatte und Wolf Albrecht von Nothafft, der auf Grub saß, eben lutherisch war. Nun wollten beide tauschen und Maximilian befürwortete, dass Alexander:" wasmassen er und die seinigen sich umb unser wahren allein seeligmachenden Religion willen in unserem Lande gerne häuslich anrichten wollen und zu diesem Ende sein Guet Hillstein in der Churpfalz ligend und seinen vetter Wolf Albrecht Nothafften, welcher sich seiner Lutherischen Secte halber, hingegen hinaus begibt....wechseln will  HStA München GLFasc 1817-21 vom Juni 1616. Viel hat er von seinem Tausch nicht mehr gehabt, der gute Alexander.




Am 10. November - die Hauptschlacht in Böhmen ist also bereits verloren - schreibt der Chamer Pflegsverweser dass dem Capitain Hanns Poyßl Teile seiner Soldaten aus dem "sogenannte Brückenfähnlein, welche nach dem Kloster Reichbach zins und giltbar waren, nach Hause geloffen seien. Oberwohl mehrfach aufgefordert wieder zu kommen weigerten sie sich und würden sogar vom Richter zu Reichanbach dazu verleitet.Aus diesem Grunde sei das Fähnlein zu schwach zur "Mittwache". Er bittet um Unterstützung, solche Soldaten wieder herbeizuschaffen.
Weiter berichtet er, dass:
Aus Bayern khommt (wohl die Nachricht, dass) ein Erzherzog Leopoldus, sei abermals 10000 starckh uffm Fueß, welch Volkch herwarts uffn Winkhl, dann nach Böheimb khommen solle.

 Ein ander aber bringet (die Nachricht) daß hirvon bereits etliches abwerts nach Österreich geführt werde.
Vor 2 Tag sindt 500 von geworbenen Soldaten bei Furth an den Winkhl angebracht worden, so also in Cuarnison sollen verbleiben, und befindet sich solcher Gränizorth für dießmal gegen Gräbitz und Arnschwang, zu Roß und Fueß uff ein allein 140 besezt.
So gehte die gemein sag unter den Bayerischen, daß man gleich aniezo Gelegenheit habe, sich umb den deß Haus Bayern Pfandtschilling Chamb wider anzunemben.....

 Er rät den Rittmeister Fuchs wieder nach Cham zu legen, dann würden die Bürger (der Stadt Cham) gerne wieder stehen.
Nun kommt ein interessanter Teil, den der Chamer Pfleger erwähnt - ich musste selber erst googeln, auf was er überhaupt Bezug nahm - und dies ist ein weiteres beispiel, wie überregionale Ereignisse auch ihren Niederschlag vor ort bei uns fanden.
Der Pfleger berichtet:

StA Amberg 30 jähriger Krieg 119 
Umb des Bethlehem Gabor, der Stadt Wien alle Päß abgeschnitten und die Burgerschaft daselbsten midernander, würdet von den Bayerischen geredt, daß Herzog aus Bayern neben dem Bucquoi mit deren Volkh nach Unterösterreich dem Kayser beizuspringen im Fortzug seye.
Die Bedrohung der Stadt Wien durch den neuen "König der Ungarn" hatte also direkte oder vermutete Auswirkungen auf den verspürten Druck auf die südliche Oberpfalz.
Der König - also Friedrich, der Winterkönig - solle nach Brünn gekommen sein und sich mit den zwei Regimentern, welche sich nach Prag retten haben können,  vereinen.
Von der Schlacht selber berichtet er: Und geben vermelte Bayerische unserem Herrn, dem König und seinen leuthen, als auch vornemblich dem Grafen von Thurn und seinem Volkh ... selbsten das Lob, wie ehrlich sie sich haben gehalten, und obwohlen sie unter das große Geschütz khommen und Schaden gelitten, so haben sie doch gleichwol sich allweg wieder in Ordnung gefunden und an ihrer Ritterlichen Gegenwehr nicht ermangeln lassen, bis sie endlich ybermahnt und mit Gewalt in die Flucht geschlagen worden.  StA Amberg 30 jähriger Krieg 119 

Auch wenn sich der pfälzische Chamer Pfleger positiv über das Kampfverhalten der Kerntruppe des Winterkönigs bei der Schlacht am Weißen Berg ausdrückte....insgesammt ergab sich wohl ein anderes Bild, was ein Schreiben zeigt, das im selben Akt beiliegt.
Zur Erinnerung, die Schlacht endete am 8.November.1620, dies war ein Sonntag:
 
  StA Amberg 30 jähriger Krieg 119 

Extract
Aus einem Schreiben von Rockhenzahn von des Primaten Stieffsohn

Gewiß gewiß unser Herr Gott hat uns mit große Straff heimbgesuecht, denn khein Stunde, ja khein Viertl vergehet daß man nit ie lenger ie erger hört.
An vergangenen Sonntag haben sich die 3 Prager Städt alle guetwillig ergeben: am Montag haben sie dem Bayernfürsten das Jurament gelaist, am Erichtag und Mittwoch sein die gemain in den Städten geyeinander gewesen, was sie guetes deliberiert kahan man nit wissen, wie man ihm dem Bayernfürsten, welcher sein Quartier uffm Rätschen (Hradtschin) in deß alten Herrn von Lobkowitz behausung hat, durch H: Wilhelmb von Lobkhowiz, auch andere R#th und Landofficirer empfangen, hat er alle in arrest genommen.

! Es hätt nit einer nur ein Schuß mit einer Pistol gethan, so grosse Verrätherei ist gewesen, der Jesuiter und Münch ist alles woll wieder ankhommen und den evangeliscshen hat man alles voll Soldaten einlogiert. Ihre königliche Majestät seindt mit etlichen Officirn und bey 500 Wägen gegen den Ungarischen König  ( siehe Bethlem Gabor) gefahren....



Am 12. November bittet der Neuburger Pfleger, Johann Meier, dessen Truppe mit 300 Mann in Grabitz liegt, seine Leute möchten bitte angesichts der kalten Winterszeit an einen anderen ort verlegt werden. Ihr Quartier  Kräbiz im Ambt Camb, vor 300 Mann zu eng, deren je 20 in ein Losament versteckt werden. (Google sei Dank: Speziell im militärischen Bereich bezeichnete Losament eine einfache, meist provisorische Unterkunft aus Holz, Leinwand oder Flechtwerk. Losament war im 16. bis 18. Jahrhundert ein Begriff für nicht aus Stein erbaute Soldatenunterkünfte, die allerdings ortsfest errichtet wurden)
....so vielen an ihrer Gesundheit nicht allein schedlich sondern wol gar ein sterben verursachen könnte. Nun gehts in die neunte Woche, daß gemelter Ausschuß zu Kräbitz quartiert und einer nach dem anderen wird nach Haus geführt.......
Weil zu Furth und in ganz Bayern die pestis an Menschen und Vieh starck grassieren soll, so auch dise bald inficirn möcht.....
Der Pfleger bittet also darum, dass seine Truppe rückverlegt wird.

Der Chamer Pfleger berichtet am 15.November  an den Statthalter der Regierung in Amberg Christian von Anhalt (Dieser Statthaltertitel in Amberg entspricht dem Vizedomb der Regierung in Straubing, auch dieser ist der Stellvertreter seines Herzogs, bzw. Christian der seines Kurfürsten natürlich, Ehre muss sein) dass viel Volkh am Winkhel gelegen, umb Eschlkamb, Neukhürchen, Groß- und Kleinaigen besonders aus Rittsteig, sogleich wol meistens nuhr Landvolkh gewesen....gleich wieder nach Haus in das Land ziehen.



Am 17. November berichtet der Waldmünchener "Verwalter" Wolf Schwarzkopf, in Abwesenheit seines Pflegers, dann bereits von den in Erfahrung gebrachten Planungen für die bevorstehenden Heimreise des bayerischen Herzogs Maximilian Anfang Dezember.
Dieser solle von Prag aus mit 12 Cornetreitern und 1200 Musketieren nach Glattau begleitet werden, dabei Bischofteinitz, wo er vermutet worden war, gar nicht berühren, und von dort von bayerischem Landvolk nach Neukirchen gebracht werden. Von Neukirchen aus gehe es mit 9 Treinpferden "per posta nach Straubing". Seie Begleitung soll danach zurück nach prag, das Landvolk zu Ross und Fuß aber abgedankt und nach Hause gelassen werden.
Staatsarchiv Amberg\30 jähriger Krieg 119





Noch im November bricht eine Viehseuche im Landgericht aus, dem viele Tiere zum Opfer fallen, der Landrichter ordnet an, dass die Abdecker schleunigst diese Tiere vergraben sollten, und am 11. Dezember, dass die kranken Tiere geschlachtet und nicht verzehrt werden sollten. (PG)

Unter der Rubrik "Ainzige Ausgaben" findet sich eine Krankengeschichte, die so gar nicht in die streng abgeschottete und eigentlich feindliche Situation zwischen Kötzting und Cham zu passen scheint.
Aus dem fürstlichen, also bayerischen Lager in Böhmen kamen zwei "kranke Canzelisten", namens Jakob Widtmann und Sebastian Schönhuber und blieben bis zur ihrer Heilung 3 Wochen hier. Auf Befehl Straubings wurden in zewi Lieferungen von der Apotheke in Cham(!): "Labnußen und Medicamenta" bezogen um 54 Gulden 36 Kreuzer (in heutiger Währung sicherlich um die 500-700 Euro). Ein Doktor wurde benötigt und eine Frau, die den beiden 3 Wochen lang, "Tag und Nacht gewarth". In derselben Rurik sind auch zwei neue Schlösser für das Gefängnis aufgeführt, die ebenfalls in Cham bezogen wurden. (PG)