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Freitag, 20. März 2020

Der 30jährige Krieg im Landgericht Kötzting


Der Beitrag über den Dreißigjährigen Krieg in unserer Umgebung besteht aus vielen, sehr vielen kleinen und kleinsten Informationsschnipseln, die sich nur schwer bzw. gar nicht zu einer leicht lesbaren Geschichte gruppieren lassen. Ich sehe diesen Bericht als eine Dokumentation an, welche eben diese "Schnipsel" in Form eines Zeitpfeils aneinanderreiht.
Die wesentlichen Archivalien sind die Kastenamts- und Landgerichtsrechnungen von 1619 bis 1621 und die entsprechenden Berichte des Pflegers und Kastners von Kötzting nach München bzw. Straubing.
Im Laufe der Recherchen zu diesem Beitrag bin ich auf einen Artikel von Schuegraf gestoßen, der für den Historischen Verein der Oberpfalz geschrieben hat und dessen Titel auch für mich passt, also anlehnend an seinen Beitragstitel von 1846:

Kötzting

während der böhmischen Unruhen
erster Teil 1619-1621

oder auch
Kötzting vor 400 Jahren, eine Dokumentation

Bereits seit dem Herbst des Jahres 1618  bestehen Spannungen in unserem Grenzraum und zwar sowohl gegenüber der Grenze nach Böhmen hin, als auch - für heutige Verhältnisse nur schwer vorstellbar - auch hin nach Cham und Runding, zur Oberpfälzer Seite eben, welche damals mit der Wittelsbacher Pfälzer Linie dem evangelische Glauben zugehörig war und damit den Feind Bayerns und Österreichs darstellte.
In Hinsicht auf eine mögliche Frontstellung war die Nachbarstadt Cham tatsächlich bereits Ausland und damit war es durch fürstlichen Auftrag auch verboten, dorthin Vieh zu verkaufen. Auch die nahen Hofmarksherren zum Beispiel, die Herren auf Runding, Ränkam und Arnschwang, deren Untertanen sich an manchen Übergriffen auf die bayerischen Gebiete beteiligten, waren nur indirekt zu erreichen. Diese Spannungen sollten sich noch steigern und weiteten sich Jahre später auch bei uns zu offenen und verheerenden Kriegshandlungen aus, die man 1648 dann, nach dem "Westfälischen Frieden"  den Dreißigjährigen Krieg nannte.
Den Anfang der Spannungen in unserem Raum kann man im ersten Teil nachlesen: 
1. Teil 1618 der Krieg beginnt.
Der Prager Fenstersturz der kaiserlichen Gesandten im Mai 1618 und die sich daraufhin versammelnden protestantischen Stände, welche ein Bündnis unter sich errichteten, stellten den Beginn von Unruhen dar, die sich steigerten, als die böhmische Seite - schon befürchtend, dass der Kaiser in Wien, Matthias,  reagieren musste - das Land in Verteidigungszustand setzten. Es kam schon zu ersten Übergriffen - nicht in Bayern, aber in den Österreichischen und Schlesischen Landen.

Das Jahr 1619

Der Knackpunkt, der zum Kriege führen sollte, kam dann, als die böhmischen Stände nach dem Tode des Kaisers Matthias im März 1619 seinen Nachfolger - den erzkatholischen und reaktionären - Kaiser Ferdinand II nicht akzeptierten wollten, sondern den Pfalzgrafen Friedrich V. von der Oberpfalz, eigentlich den nächsten Verwandten des bayerischen Fürsten Maximilian I. in München, zum König wählten. Maximilian I. riet seinem Verwandten dringend ab, aber dieser hörte mehr auf seine Gattin und nahm die Königswürde in Böhmen an. Damit war das Tischtuch zerschnitten und beide Seiten rüsteten sich zum Kriege.
 
Um die Auswirkungen der Spannungen auf unser Kötztinger Gebiet zu beschreiben, bin ich auf die Rechnungsbände des Kötztinger Pfleggerichtes und Kastenamtes angewiesen, ausschließlich, denn die entsprechende Buchreihe des Chamer Pfleggerichts setzt leider erst später ein und auch die Archivalien im Chamer Stadtarchiv beginnen erst nach der Eroberung der Stadt Cham durch die Bayerischen Truppen im Jahre 1621.
Schade, denn ich bin mir sicher, dass die Chamer Verantwortlichen genauso argwöhnisch auf die Kötztinger Aktivitäten Ausschau hielten, wie es nachweislich die Kötztinger taten.
Natürlich gibt es aber Literatur, welche die Chamer Seite darstellt, insbesondere von Schuegraf, der auch die erste Kötztinger Chronik verfasst hat - auf die dann später Carl von Paur mit seiner eigenen Chronik zeitlich direkt anschloss. Aber auch er setzt im Wesentlichen erst mit den Umständen der Eroberung der Stadt Cham durch Maximilian ein.
Aber noch stehen wir im Moment in Jahre 1619.
Im Staatsarchiv in Amberg haben sich aber einige Berichte des Chamer Pflegers Albrecht von Wildenfur erhalten.
Die folgenden kleinen Informationsschnipsel sind für sich genommen schon sehr schwer in reihe zu bekommen, wenn nun die bayerische und die pfälzischen Erkundungen kunterbunt nacheinander kämen, wäre das Informationsdickicht noch undurchdringlicher. Ich werde also die aus der Pfalz kommenden Berichte - es sind die wenigsten - zum besseren Verständnis farblich absetzen.



Es gibt nun mehrere parallel laufende Handlungsstränge, um die sich langsam ändernde Situation der Bevölkerung, der Behörden und der - ich nenn´s mal - Rüstungsanstrengungen deutlich zu machen.


Die Bevölkerung

 

Wie aus den Einträgen im "Strafregister" des Kastenamts Kötzting zu ersehen ist, wurde im Winter 1918/19 noch ganz gut Fasching und an Hochzeiten auf dem Tanzboden gefeiert. Wie häufig, kennen wir nicht die fröhlichen und unbeschwerten aus dieser Reihe von Belustigungen, sondern nur die, bei denen es zu Ausschreitungen gekommen ist, und es daher anschließend "gerichtsmassig" wurde:
StALa Rentkastenamt SR 2487 Kastenamt Kötzting von 1619

In dem linken Text ist die Rede davon, dass Mathes Schuech und Georg Knödl von Atzlern den ledigen Schuster Wolf Kellnisch aus Neukirchen "negst verschienenen - also vergangenen - Fasching in Rittsteig auf offener Straße mit gezückten Waffen angegriffen und verletzt haben.
Der Spaß brachte den beiden 2 Tage und Nächte bei Wasser und Brot im Kötztinger Amtshaus ein, und einen Gulden mussten sie auch noch bezahlen.



StALa Rentkastenamt SR 2487 Kastenamt Kötzting von 1619




Wolf Zilkkher, ein Wirt von Warzenried - schon vorher in einem anderen Punkt angeklagt und bestraft - musste sich nun 3 Tage und Nächte im Kötztinger Amtshaus einsperren lassen, mit Wasser und Brot, weil er Wolf Kaufmann, dem Glasers von Kleinaign, "in einer gehabten  Hochzeit auf dem Tennzhaus" mit seiner Waffe eine Wunde zugefügt hatte.










 Das Schloss Kötzting - die Kirchenburg - wird generalsaniert

Um den Umfang der Reparaturen und Erneuerungen zu ermessen, seien einfach einige Materialanlieferungen hier angeführt:
Insgesamt 212 Tragen Kalk vom Martin Thanner, Kalkmeister in Zenching
In der Bauausführung tauchten - so etwas wir frühe Gastarbeiter - in Kötzting so genannte "welsche
Mauerer" aufalso Mauerer aus Norditalien. Hier wird zuerst einmal Albrecht Bernhard, der   Mauerer, erwähnt, der obigen Kalk abzulöschen hatte, später spielt auch noch sein Meister,  Christian mit Namen, eine Rolle als Hauptbaumeister.
Drei Tagwerker erhielten insgesamt 1 Gulden dafür, dass sie mehrere Tage lang "guetten Sand" aus dem Regenfluss "zusammen gesuecht" haben.

Für die notwendigen Bretter wurden alle Mühlen der Umgebung eingespannt: die Englmühle, die Stockmühle, die Kötztinger Wiesmühle, die Riedermühle, die Eckmühle, die Kötztinger Marktmühle und auch beim Multerer auf der Sag (müsste der spätere Sperlhammer sein), Alle mussten liefern.
Von Hans Prändtl aus Hohenwarth kamen 8000 Zwillschindeln und 24000 Legschindeln, für einen lächerlich geringen Betrag von 1 Gulden bzw. 20 Kreuzer pro 1000 Stück. Für 20 Kreuzer konnte sich der Holzbitzler aus Hohenwarth damals gerade mal 6 Mass Bier kaufen.
Die Nägel kamen 15.000 Stück noch aus Cham, wie überhaupt manche Kontakte ins feindliche Ausland, trotz der verdächtigen Spähe, die man nach Cham hielt, erstaunlich gut und lange funktionierten.
Die Kötztinger (Ziegelhütte) mussten "Häckhen und Preiß" liefern, also Dachpfannen in Form von Mönch und Nonnen.
Nun ging´s an die Arbeiten:
Albrecht Bernhard, der eine welsche Arbeiter, hatte im März das Schloss auszuweißen, zu säubern und die schlimmsten Schäden an den Feuerstellen zu beseitigen.
Meister Hans Christian- der andere-  musste:
nun das ganze Schloss, inklusiv der Getreidekästen und Wohnungen, abdecken, zwei neue Rauchfänge abtragen und erneut aufführen, bei allen Mauerbänken die Böden ausgleichen, die Feuersgefahr beim Backhaus  beseitigen, das alte Wasserkar (Brunnenkorb) verschließen und ein neues an einer bequemeren Stelle errichten und den Graben und den Wall ausbessern.
Nun kam der Kötztinger Zimmermann Adam Winter an die Reihe: zuerst half er noch beim Abdecken der zentralen Gebäude, dann hatte er "das ganze Flez oder Vorhaus und die langen Schuppen im Friedhof" (es ist dies der GANZ alte Friedhof rund herum um die Pfarrkirche)zu errichten.
Am 16. September - offensichtlich dauerte es bis dahin die Gebäude wieder einzudecken, erhielt er  seinen Arbeitslohn für die Dachdeckerarbeiten..
Die Rüstkammer, in der "die Notturfft Khugl" aufbewahrt wurdem erhielt neue Türbeschläge, die Fenster wurden neu verglast und die allermeisten Öfen von Grund auf neu errichtet.
Nicht nur für die Umbaumaßnahmen am Schloss war das Kötztinger Kastenamt zuständig, auch die Überwachung der Grenze fiel weitgehend in dessen Zuständigkeit.
Dafür gab es in den Rechnungsbüchern eine eigene Rubrik:
StALa Rentkastenamt SR 2487 Kastenamt Kötzting von 1619
Ausgab auf Grenitz und anndere nothwendige Zehrung von Ambtswegen beschehen

In dieser Rubrik sind all die Aktivitäten und Aktionen aufgeführt, die der Pfleger selber - heutzutage in etwa der Landrat - und persönlich an der Grenze auf Befehl durchzuführen hatte. 1619 hieß der Kötztinger Pfleger Matthias Rosenhammer, gegen welchen die Kötztinger kurz vor seinem Tode - und danach mit seiner Witwe - einen langwierigen Prozess führten, da sie mit dessen Amtsführung überhaupt nicht einverstanden waren.
(KA)=Kastenamtsrechnung  Matthias Rosenhammer Pfleger

(PG)= Pfleggerichtsrechnung Hans Heinrich Stöckl Landrichter


StALa Rentkastenamt SR 2487 Kastenamt Kötzting von 1619
25.2.1619
Als ich Pfleger (der Kötztinger Pfleger führte in Personalunion auch das Amt das Kastners und Vogtrichters aus - ungefähr seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts - )
dem 25. February Crafft empfangen f(ürstlichen) Bevelch den Grenitzwald, bey dem teglispach, zwischen Behaim und Bayern, in welchen die Großaigner ir Notturfft Holz nemmen, beschaut, abgerichten und was waßen derselb niß am Neumarkter und Schneiderhgöfer Grund abgetrieben, dann ermeldten großaigner Holz und gemain abgeschritten, die Holzschlag in Verpoth gelegt.....mit drei Pferden und den Amtsleuthen in Großaigen übernachtet und dort auch Mittag gegessen. (KA)

Tage später ging´s zusammen mit dem Further Hauptmann darum, wieder auf Befehl der Regierung, Erfahrungen wegen der böhmischen Schanzen "auf der Angla und St. Katharina einzuholen. (KA)
Vom 16. bis 18. Juni ging es um die Grenze "vorm Winkel" und vom Osser bis zur Seewand, die inspiziert werden mussten und auch nachzusehen, weil die "Behaim und Churpfelzische Offiziern mit zimblicher Anzal bey dem Rittsteig auf den Grenizen, in Meinung einen Paß zunemmen, verner Schanzen zu pauen befunden". (KA)
Weiters ging es darum festzulegen, an welcher Stelle die Straße von Böhmen nach Arnschwang "verhaut" werden könne, "im Falle der Noth". (KA)
Weiter ging´s am 28. Juni
Nun wurde nach Neumarkt, Fuxberg, Hirschau, Zur Pless, Flecken und Springenberg geritten, um sich die Schanzen der böhmischen Seite anzusehen und vor allem sicher zu stellen, dass diese nicht auf strittigem Gelände (der genaue Grenzverlauf war seit sicherlich 100 Jahren strittig) oder gar auf bayerischem Gebiet errichtet wären. (KA)
Am 6. und 7. September wurde es wohl langsam Ernst: der Kötztinger Pfleger zusammen mit dem "Hauptmann von Furth, zwayen Leidtenanbten, Földt und gemainden Waibeln" inspizierten die drei "Häuser" Eschlkam, Neukirchen und Furth und legten fest, was in diesen und zu ewlchen Kosten repariert werden könne. (KA)
Am 4. und 5. Dezember musste der Pfleger "eilfertig auf Eschlkam und Neukirchen" an der Grenze erscheinen um all die Stellen, an denen die Böhmen am Fuxberg und Springenberg auf die bayerische Seite herüber geraumt (eigenen Raum geschaffen) hatten,  diese " wieder zurück geraumbt und die Zein (wohl Zäune, als erneuter Versuch den strittigen Grenzverlauf in Richtung der bayerischen Seite zu verschieben) auf ir Grindt geworffen. (KA)
"Alldiweilen den 22. Dezembris allda Ortten ANISA eingelangt, dass alles Mansfeldisch geworbenen Volgkh, nach Deihn, Neumarkht, Hirschaw, neuern und der Ortten hardt an unser Greniz soll gelegt werden, hab ich mich den 23. dito selbst auf die bedeiten grenzen den Rechten grundt zurekhundig verfügt und neben de, Leittenambt zu Eschlkam, bey dem Mauttner zu Furth verzört. (KA)

StALa Rentkastenamt SR 2487 Kastenamt Kötzting von 1619
Anders verhielt es sich bei der Rubrik "Ausgab auf Botenlöhne und Khundtschafft"

Hier war nicht der Pfleger selber unterwegs, sondern schickte seine Boten:
Ich lasse hier aber all die vielen Botengänge aus, die nur davon sprechen, dass (nicht benannte) Befehle der Regierung in Straubing an die Hofmarken und Märkte im Landgericht weitergereicht werden mussten.

Am 20.Januar wurde ein Bote nach Runding zu Hans Albrecht Nothafft geschickt, welcher ihm einen "Citations Befelch" aus Straubing zu überbringen hatte. Es ist interessant, dass die Regierung in Niederbayern einem Hofmarksherren der Oberpfalz eine Vorladung schicken konnte. (PG)
Am 8. März ging es in einem Befehlsschreiben an die Hofmarken Hohenwarth, Lichtenegg und Arnbruck um die Instandhaltung des "pessen Weeg, welicher über das Eckh herswerz gehth. (PG)
Am 16.April  kam die Nachricht, dass es in Klattau zu einer "Generalmusterung" gekommen war, weshalb der Kötztinger Pfleger Christoph Fuchs aus Grabitz und Wolf Maurer aus Rittsteig  dorthin schickte, um den Verlauf der Musterung sich anzusehen. (KA)
Das Ergebnis dieses "Spionageauftrags" wurde dann am 24.4. an die Regierung in Straubing weitergereicht. (KA)
Anfang Mai wurde die "Corporalschaft des Kötztinger Fändls" und auch das Fendl selber in Listen zusammengestellt, und die Hofmarken und Märkte mussten nun diese Listen in Kötzting einreichen. (KA)
Am 6. Mai ein Bericht nach Straubing, dass in Cham eine Anzahl Kurpfälzischer Reiter angekommen waren. (PG)
Am 30. Mai 1616 Bericht über "das Churpfälzisch Behambische Kriegsvolckh" zur Regierung nach Straubing. (KA)
Am 5.Juni wurde Wolf Mauerer aus Rittsteig auf Kundschaft nach Böhmen geschickt. (KA)
Am 7.Juni zur Abwechslung mal was "Normales", ein Bericht nach Straubing wegen eines Verbrechens des Totschlages am Warthner in der Scheiben und das Großbrandes bei Augustin Lutz auf der Klaffermühle. (KA)
11. Juni Bericht nach Straubing wegen behambischer Berichte. (KA)
11. Juni Aufforderung an den Hauptmann zu Furth, dass dieser an die Grenze am Rittsteig kommen solle. (KA)
15. Juni Wolf Gäzator aus Kleinaign auf Kundschaft nach Kleinaign geschickt, da dort "frembte Reidter und Fueßvolckh" angekommen waren. (KA)
19. Juni Berichte weitergeleitet nach Straubing. (KA)
20. Juni Nachricht, dass zu "Drasä, Neuern und dergleichen ....frembt volkh in Behaim khummen", daher wurden Hans Heugl und Wolf Kauffmann vom Aigen zu Nachtzeit dorthin geordert. (KA)
24. Juni Bericht des Hauptmanns von Furth über die Grenzsituation. (KA)
Im August geht es wieder um Berichte aus Böhmen und die strittige Grenze am Dierberg. Auch Wolf Mauerer aus Rittsteig darf sich wieder als Kundschafter bewähren und die Gegend um Eisenhammer und Prachatiz ausspionieren. (KA)
Am 26. August wird Hans Schwab aus Grafenwiesen ins Böhmische geschickt, weil wieder Nachrichten über Soldaten angekommen sind. (KA)
Nun richtet sich der Blick aber auch in Richtung der Oberpfalz:
Am 1. September kam die Nachricht, dass in Cham täglich die Ankunft des Kurfürsten von Haidlberg her erwartet wurde. (PG)
Am 4. September bekommen Ander Rötzer aus Kleinaign und Michael Steffel von Eschlkam den Auftrag in der Kurpfalz nach dem Rechten zu sehen und in Rötz, Amber, Nittenau, Neuburg, Bruck, Cham und Waldmünchen "wegen aller Ortten ligenten frembten Khriegsvolgkh, den gewissen grundt zuerfahren. (KA)
September (ohne genaues Datum)  Als Ich (wohl der Landrichter Stöckl) in Erfahrung gebracht, dass etliche Soldaten von Camb heraus fallen und den Underthannen das Zeig nemmen sollen, hab ich und Herr Pfleger (Rosenhammer) alhir, dem curfrtl. Pfleger alda zuegeschrieben und der Abstellung begert. (PG)
Nur zum Zählen der Soldaten wurde Hans Schwab am 6. September noch einmal nach Cham geschickt, und all die Ergebnisse zusammen kamen dann per Bote am 8.9. in Straubing bei der Regierung an. (KA)
Am 8. September, noch in der Nacht, wurde Hans Scherf aus Kötzting nach Straubing geschickt, um diese Meldungen nach München gelangen zu lassen. (KA)
Ander Rötzer - siehe oben - musste am 11. September noch einmal seine Kundschaftstour in die Oberpfälzer Märkte und Städte machen, mit dem Zusatzauftrag, die Zahlen an Soldaten in Erfahrung zu bringen. (KA)
Tags drauf wurden die Kostenveranschläge für die Instandsetzungsarbeiten  der vier gerichtischen "Schlösser vorm Wald", also Neukirchen, Eschlkam, Furth im Wald und Kötzting, nach Straubing gesandt und noch am selben Tag musste Wolf Gäzater von Kleinaigen, der wohl im Böhmischen gut zuhause war, erneut ein wenig spionieren und zwar in Richtung auf: Horaschitz, Schüttenhofen, Grün, Berg und Klattau und zwar um "khaysserliche und stendische Kriegkhsvolkh zu erkhundigen"
Was in dem Zusammenhang mit den "kaiserlichen" Truppen gemeint war, ist mir nicht klar.
Die Ergebnisse aus beiden Erkundigungen, die in Richtung Oberpfalz und ins Böhmische hinein, wurden sofort nach Straubing weitergemeldet. (KA)
Trotzdem, das Leben geht weiter und Bier ist wichtig: am 5. Oktober musste ein Bote aus Eschlkam nach Saaz in Böhmen reisen, um die Hopfenlieferung sicherzustellen. Das Qualitätsmuster des Hopfens, welches er mitbrachte, wurde extra dem Rat und Rentmeister in Straubing vorgelegt. (KA)
Dem 17. Oktober abermallen der frtl. Regierung berichtet, "daß zu Fueß 1500 Niderlendtische Knecht zu Camb ankhommen werden." (PG)
Am 20. Oktober (vor dem Ersten Weltkrieg gab es einige Male eine "Krieg in Sicht" Stimmung, dies scheint hier ähnlich gewesen zu sein) ging ein Befehl an alle Städt, Märkt und Hofmarksherren des Gerichts für ein: an den Sonn: und Feurtägen angesteldten zehn stundigen gebedts und das in sollicher Zeit alles Tannzen und ander Spill (:ausser der ehelichen Stuelfesten - Eheverlöbnisfeier/Heratsvertragsfeier - und Hochzeiten: ) abgeschafft sein.  (PG)
Am 20. Oktober kam das Gerücht auf, dass in Waldmünchen die Soldaten aufgebrochen waren und noch in der Nacht musste Hans Arnold aus Kötzting nach Waldmünchen marschieren, um zu erkunden: "wohin sich den Kopf wenden oder den Durchzug nemmen werden", welches also deren Zugrichtung bzw. Intention sein würde. (KA)
Noch in derselben Nacht erreichte ein Befehl von der Regierung Straubing den Pfleger in Kötzting, eben wegen der Soldaten, die sich auch in Cham in Bewegung gesetzt hatten - und dieser musste sofort nach Furth im Wald zum Hauptmann gebracht werden. (KA)
Am 22. und 23. Oktober mussten drei verschiedene Boten in drei unterschiedliche Richtungen in die Oberpfalz hinein marschieren, um herauszubekommen, wohin die "fremdten Völkher" angeblich ihren "Durchzug nehmen" sollten. (KA)
Am 24. Oktober hat er nun selbst seinen "Leidtenambt" zu Pferd nach Cham und Waldmünschen geschickt um sicher zu sein, wohin sich die Truppen wenden würden.
Die nächsten Tage sind erfüllt von Berichten, die nach Straubing und von dort wieder zurück und an den Hauptmann in Furth weitergeleitet werden mussten. (KA)
Aber es kommt die - für die Kriegsführung in damaliger Zeit - schlechte Jahreszeit und so nimmt die konkrete Kriegsgefahr wohl zuerst einmal wieder ab, die Boten laufen aber immer noch fast im Tagesrhythmus.. (KA)
Am 30. Oktober kommt die Nachricht vom Tode des Neukirchener Pflegers. (PG)
Erst im Dezember wird es wieder konkreter: Am 4. Dezember muss Hans Liebl einen Bericht nach Straubing bringen, der von Böhmen handelt und von den "ungehorsamen Cummunicanten". Die einzelnen Pfarrer und Hofmarken mussten wohl einberichten, wie es mit dem religiösen Gehorsam hier an der Religionsgrenze denn so bestellt war/sei. (KA)
Am 26. November kommt aus München ein Bericht über eine "in Wien grassierende Sucht" und ein Befehl, dass ab jetzt kein Weizen und Hafer mehr außer Landes (=auch nicht mehr nach Cham) verkauft werden darf. (PG)
Am 3. Dezember wird dieses Verbot noch verschärft: Nun darf kein auch - wenig oder viel -  kein Vieh, Fleisch und Schmalz mehr ausgeführt werden. (PG)
Am 28. Dezember wird dieses Ausfuhrverbot, das ja für ganz Bayern gilt-  für das Stift Passau und die Stadt Augsburg wieder aufgehoben.


Im Dezember findet sich noch ein ausführlicher Beitrag:
Mathiaßen Drecher Soldaten und Pixenmaister, der sich etlich Jar in Behaim, anieten zu Eschlien(?) aufhält, umb das er sich in ganzre Cron Behaim allerlay Khriegsvolkh und praeporation aller ortten begeben, und dasselbwargenoimmen, wer sich commandiere, wohin sich Iren Anschlag nemen werden, vermög der Instruktion von Hoff aus des Tages 1 fl versprochen hat auf 14 tag von dem 10. Dezember bis auf den 24. dito enntpfangen 10 Gulden.










Das Jahr 1620

In Kürze vorab, was die großen, überregionalen Kriegshandlungen in diesen "böhmischen Unruhen" angeht, denn es wird ernst für den neuen König von Böhmen, den so genannten "Winterkönig"
Maximilian I, Fürst von Bayern und Anführer der katholischen Liga, ließ seinem Vetter in Prag noch am 25.8.1620 eine Warnung zukommen um diesen zum Rücktritt vom "Kronraub" zu überreden und gleichzeitig die böhmischen Stände aufforderte die Oberhoheit des Kaisers anzuerkennen.
Wie wir heutzutage wissen, ohne Wirkung, und so kam es zum Entschluss " die Trotzigen durch Gewalt der Waffen zu beugen und Recht und Ordnung, Ruhe und Friede wieder herzustellen" (Zitat von Schuegraf im HvO von 1846 Seite 52). Hier in Kürze, am 22.10.1620 stand Maximilian vor Prag und dort wurde vom 30.10. bis zum 8.11. fortwährend gekämpft, bis es Maximilians Feldherrn Tilly am 8.11.1620 gelang, in der "Schlacht am Weißen Berge" die "Rebellen" zu besiegen. Dieser Sieg kam offensichtlich so unerwartet, dass dem "Böhmenkönig" kaum mehr Zeit geblieben war, Prag und Böhmen zu verlassen. Böhmen war also nun wieder habsburgisch und katholisch. Die Oberpfalz war dies aber noch nicht, aber es war mittlerweile Winter geworden und damit ruhten vorerst alle kriegerischen Handlungen.

Doch nun zurück ins Landgericht Kötzting




StALa Amtbts- und Zollrechnung
Anno 1620


Noch geht bei den Kötztinger Behörden alles seinen gewohnten Gang, es sind die gewöhnlichen Straftaten, die in den Rechnungsbüchern ihren Niederschlag finden.
Es geht gleich los mit einer Leichtfertigkeitsstrafe für ein Paar, das für die Schwängerung jeweils 4 Tage bei Wasser und Brot im Kötztinger Gefängnis abzusitzen hatte und dann am Ende auch noch 5 fl bezahlen durfte. Eine veritable Messerstecherei wäre für beide billiger gewesen.

Ein für Kötzting höchst interessanter Eintrag kommt aus Grub:








Es geht um eine Gefängnisstrafe für Michael Hechel, einem ledigen Kötztinger Bürgerssohn, und einem Schmiedeknecht namens Georg, die mit den beiden Söhnen des "Ernst" aus Grub, Hans und Ander, auf einem Tanzboden eine Rauferei begonnen hatten. Der Spaß wurde mit einem Tag und einer Nacht im Amtshaus wieder gutgemacht. Der Ernsthof in Grub - später in Besitz der Brüder Dirrigl - wurde zu Mitte des 17. Jahrhunderts mit Genehmigung - und Großzügigkeit, das muss man anerkennen - des Klosters Rott zertrümmert. Das Gebäude blieb bis 1803 in Besitz der Marktes Kötzting, die großen Grundstücke aber wurden gleichmäßig auf alle Kötztinger Bürger verteilt. Kötzting litt permanent darunter über viel, viel zu wenig landwirtschaftlichen Grund zu verfügen. Heutzutage ist der historische Ernsthof die Gärtnerei in Grub. (PG)


Nun kommt aber bereits der erste Eintrag, der auf Spannungen schließen lässt:




Wider Verbott Viech ausser Landts verkaufft.
 Thoman Meindtl zu Ottenzeel, Liechteneckherischer Undterthan, hat wider E(uer) D(urchlaucht) ausgefertigten Bevelch 2 Oxen nach Camb verkaufft, obwollen er fürgeben, daß er umb solliches verpodt nichts gewißt, ist er doch nichts desto weniger gestrafft per 4 Gulden.
Der Rest der Strafen ist schlichtweg das Übliche, Beleidigungen, Raufereien, Messerstechereien
Eine Rauferei fällt etwas aus dem Rahmen, weil sich die Wölckersdorfer Witwe Margarethe Fischer sich auf einen kleinen "Dumult" mit Hans Rosenhammer eingelassen hatte, in dessen Verlauf er sie mit einem Hackenstiel "abgeschmiert" hatte, ohne aber einen sichtbaren Schaden. Sie aber stellte sich an, als wäre sie "auf den Tod erkrankt", und hatte sich gar "mit dem hochheiligen Sacrament" versehen lassen" . Die Erfahrung aber zeigt, dass sie dieses "nur aus Neid" getan hatte, welche "Falschheit"  ihr mit 1 Gulden 12 Kreuzer teuer zu stehen kam. (PG)

Bei den Malefizsachen, also den schweren Verbrechen, ging´s zwar schon heftiger zu, aber den Galgenberg brauchten wir in diesem Jahre nicht.
Im ersten Teil, in dem von 1619, sind bei den Schlossumbaumaßnahmen die "welschen Mauerer" genannt. Die Frau des einen, vermutlich die des Meisters Christian, kommt in einem Malefizakt des Jahres 1620 vor.
 Ausgab auf die Dritt
gefangene Persohn

Hans Apfelbeck, gewester Ambtmann alhir (= so etwas wie der Polizeichef des Landgerichts, der sein Gefängnis und seine Wohnung am Ende der heutigen Schirnstraße hatte) ist seines gotteslästerichen Leichtfertigen, muetwilligen Lebens halber, seithero er des Dienstes beurlaubt worden, welches er im Markht Khözting vast alle tag gedrieben, und geybt, zuverhafft genommen, Inmassen er dann ausmals, nachdem er mit eines welschen mauerers weib, in großen Verdacht gewest, umb 12 Uhr in der Nacht, daß gleich der Mann nicht anheimbs gewest auf der Gassen, vor ihrem Haus ein solches Gotts jemmerliches Fluechen angefangen, daß es unerhört gewest......
Der Ehebruch konnte ihm schlussendlich nicht nachgewiesen werden, aber für dieses Fluchen saß er im Endeffekt 121 Tage im Kötztinger (früher seinem eigenen) Gefängnis.  (PG)






Chronologischer Ablauf der Kötztinger Ereignisse des Jahres 1620

(KA)=Kastenamtsrechnung  Mathias Rosenhammer Pfleger

(PG)= Pfleggerichtsrechnung Hans Heinrich Stöckl Landrichter


Am 3. Januar 1620 wird ein Befehl von ganz oben im LG Kötzting verteilt: "das denjenigen Soldathen, so der Statt Regenspurg zueziehen, khein Paß verstadt werdten solle" (PG)
Am 11. Februar wirds langsam militärisch:  die ausgewählten Reitter (wie immer vom Pfleggericht und den Hofmarken) sollten am 17.Februar auf dem Musterplatz in landshut erscheinen. (PG)
Am 24. Februar kam der Befehl aus München, dass "in der Faßnacht die Mascaraten, Mummereyen, Dannz, Saitten und annder Spil abgeschafft" seien. (PG)
Am 5. April kam der Erlass, dass den Hauptleuten und Soldaten keine Scharwerksfuhren mehr aufgebürdet werden durften. (PG)
Im Frühjahr war der Pfleger in den verschiedensten Grenzbezirken unterwegs, um die Grenzen abzugehen und erneut die Grenzpunkte schriftlich festzuhalten. In Furth angefangen über Eschlkam nach Neukirchen. Später dann vom Scharberg und Schobereck in Richtung des Arbers und Bodenmais. (KA)
StA Amberg 30 jähriger Krieg 169
Besatzung auf Schloss Runding 1620
Cham berichtet: Am 21. Mai  schreibt der Chamer Pfleger Albrecht von Wildenfur an seine Regierung in Amberg, dass er den Herrn Albrecht von Nothafft - dem Besitzer einer Hälfte des Gutes Runding - verdächtige, sich mit den "Bayern" zu sehr anzufreunden und sich understanden haben soll, dann er nicht allein viel und oft dahin reisen (meine Anmerkung: kein Wunder, er war ja in Besitz einiger Hofmarken im bayerischen, sprich Kötztinger Gebiet), sondern auch viel von selben orthen zu ihme kommen thun. Insonderheit aber hat er den gewesenen Landschreiber des Königreichs Böhmen , neben den seinigen, also den ergsten Feind unseres durch(lauchtigsten) herren, zu sich berufen, stattlich gehalten und ir Gast gehaltet. Über solches hat er diese Wochen den Pflgeer zu Furth neben einen Ingenier, so ein Italiener, und daselbsten zur Fortifizierung etlicher örter geordnet worden, zu sich geladen, und wie man sagt, ihme alle Gelegenheit ....gegeben.
Weiters ist Albrecht von Nothafft in Verdacht; dass er der Bäptischen Religion so neben sein Hausfrau nicht viel verhindern oder zurücktreiben würde......So ist mir auch gesagt worden, er soll sein beste Sachen nacher Straubing allbereidt geflechtet haben und sich vernemmen lassen, er sey von einem guthen Freundt gewarnt worden, mit Andeuten dass Bayern ein sonders Aug uff das Haus Runding haben solle ....

Der Chamer Pfleger rät, eine Besatzung in das Schloss Runding zu legen.
Diesen Vorwürfen des Pflegers muss sich Albrecht von Nothafft persönlich in Ambergg stellen und am 29.5.1620 protokolliert die dortige Regierungskanzlei die Rechtfertigungen Albrechts. (wegen das Landschreibers, des bayerischen Ingenieurs und seiner "Correspondenz mit den bayr. Ortten")
Im Einzelnen beteuerte Albrecht von Nothafft, dass der Landschreiber und dessen Frau, als dieser wegen "Geschäften(?)" in Kötzting gewesen war, angedeutet hatten ihn "heimsuchen" zu wollen, "so er nicht abschlagen kennen.....were mit seinem Frauenzimmer und Dochter zu ihme kommen ...in dieser Sach nichts gered worden. 

Zu den Kontakten zu bayerischen Ämtern sagte er, dass er mit den bayerischen beamten stündlich zun tun habe... die ihn hin und wieder ihn besuchen würden. "Es hätte aber nie nichts begern zu besichtigen in Schloß oder im geringsten ichtwas von dieser Sach discuriert."
Wegen des Ingenieurs: dieser wäre kein Italiener sondern ein Nordländer(?) welchen er beim Gottesdienst in Eschlkam (Albrecht Nothafft war wohl katholisch) getroffen habe er - Nothafft - ihn gefragt, wie er es anfangen und vollführen solle Baumrinnen zu machen. Zu diesem zweck habe er ihn gebeten nach Runding zu kommen. So geschehen, were aber gar nichts verd#chtig vorkommen.
Weiter "hätte er große Verwandtschaft in Bayern"

Nothaffts wird ermahnt, er wäre schuldig seine Pflicht zuhalten, was dieser versprach worauf "er wieder fortgelassen worden". >>>Die Sache war also für ihn nicht ohne Risiko!<<<<<
Vorwürfe hin, Enkräftigungen her,  er bekommt wenige Tage später die Quittung:
im Juni 1620 werden 50 Mußquetiere der Capitäm Philipp Lippens Kompanie auf das Schloss Runding gelegt.
Staatsarchiv Amberg\30 jähriger Krieg 169

Am 6. Juni ging ein Bericht an die Regierung in Straubing, dass in Cham "2 Fendl Haidlwergerische Khnecht" angekommen wären. (PG)

Am 9. Juli gab es dann eine freche Grenzverletzung für den Kastner zu korrigieren: Der behambische Bauer Leonhard Traurig hatte das "Marchwasser am hindern Gesprenge von seinem natierlichen lauf abgelaidt, den Graben und March mit großen Stainen, und Paumen verfelt." Anschließend ließ der Pfleger das alte Bachbett ausräumen, "des Behamers gemachte Arbeith verschlaipft, das March zu der schönen Puechen, und also in alten Stanndt gesezt." (KA)
 Ebenfalls am 30. Juli kam der Befehl an, dass "alle dieienige ausgewehlte Reitter in diesem gericht, welche under dem Herrn von Lindtlolo etc Exerciert wordten, auf den 2. August zu Pfädter (Pfatter) ercheinen sollen". (PG)
Ebenfalls im Sommer 1620demnach der Castenamts dorfgemain Wärzenried, durch Lugäffsgi(?) zu Neumarkt in Behaimb 73 Stuckh Vieh genommen worden, bin ich bei der Nacht mit 4 Pferdten zu ermelten Neumarkht und für den Winkhel marschiert. alles Vieh den Underthannen widerumben bekhomben.... (KA)
Am 10. August wiederholte sich das Ritual des Vorjahres, mit dem zehnstündigen Gebet an Sonn und Feiertagen und dem damit verbundenen Verbot des Tanzens und Spielens. (PG)

Allerhand Pfenwerth, sollte auf Befehl vom 30. August in das Lager geführt werden. Reinhard Riepls Lexikon sagt über Pfennwert mehreres aus, das hier Passendste wären Naturalien wie: Brot, Mehl, Garn, Eier, Schmalz, Gries. Es sollte also ein Vorrat angelegt werden. (PG)

In diesem Zeitraum hinein fällt der Beginn des Feldzuges der Bayern nach Böhmen.
Schuegraf schreibt dazu: Die Vorsicht des Fürsten von Bayern, vermittelst eines in die Nähe von Cham rückenden bayerischen Heeres von 7000 Mann zu Fuß und 600 zu Pferd unter dem Befehle  des Generals von Helmhausen, seine Ämter Furt, Eschelkam, Neukirchen und Kötzting vor feindlichen Verwüstungen für die Zeit , wo er in Böhmen agieren mußte, sicher zu stellen, wird wohl auch die Bürger von Cham bemüßiget haben, Vorsichtsmaßregeln gegen ihn zu ergreifen, und Tag und Nacht auf der Hut zu sein, denn die damals stark befestigte Stadt galt von beiden Seiten der Krieg=führenden Mächte als Schlüssel von Böhmen nach Bayern. 


Die ausgewählten Reiter von Stachesried und Altrandsberg wurden am 25. September nach Straubing beordert. (PG)

Am 19.September 1620 fragt der Chamer Pfleger in Amberg nach, wie er die Umbaukosten bzw. die Arbeiten der Soldaten und der Handwerker am Schloss Runding verrechnen soll, weil die Hofmarksinhaber (Eyb und Nothafft gemeinsam) die Kosten nicht tragen wollten/könnten. Es ist die Rede von Brettern für die Schilderwache, Arbeiten am "Santinel Heuslein", etliche Verschläge und dann noch "Närben" und Bretter an die Thüren.
Am 28. September kommt der Auftrag aus Amberg, alles zum Verteidigungsbau nötige zu veranlassen, aber darauf zu achten, dass die Herrschaft (Runding) das auch zahlen würde.
Amberg entscheidet dann am 2. Oktober: diesmal solle noch einmal von amtswegen - also vom Pfleger in seiner Rechnungslegung - bezahlt werden.
Staatsarchiv Amberg\30 jähriger Krieg 169

Offensichtlich war den Soldaten auf Runding eher langweilig, oder hatten sie hatten Hunger, denn:
Am 30. Oktober kam es zu einem Überfall von Runding aus: (PG)
" Wie sich um die 50 Rundterische (im Text ergibt sich später, dass dies Rundingische hätte heißen sollen) Soldathen den 30. Oktober understandten ein ganze Meil weegs (eine Meile hatte damals etwas mehr als 15 km) von der Pfälzischen Grenizen, in Bayern und bis nach Denrieth gefallen, alda auf offentlicher Landstrassen Hans Adamben Wagner, Obristen Leuttenambt, seinen hierzue bestelten Diennern in die 57 Stuckh Viech genommen und nach ermelten Rundting(!) gedrieben, hab ich solichen erzaigten eingriff, der fürstlichen Regierung (nach Straubing ) berichtet."
Straubing wollte nicht nur, dass der Landrichter in Cham protestieren solle und die 57 Viecher zurückfordere, sondern auch "diejennigen, so den Gewaldt in Landt veryebt auf einen gewissen tag, für mich in die Straff bestellen begern". Der Kötztinger Landrichter solle also die Auslieferung der Übertäter fordern und so schrieb dieser Helmb Fuchs zu Ränkam, dem damals bestellten Hauptmann der Soldaten, ebenso an Hans Ludwig von Eyb (auf Runding) wegen derer Untertanen, die auch mitgeholfen hatten und "nit wenig darbey gethan"
Wir wissen nicht, was die beiden Hofmarksherren geantwortet hatten, nur dass sie es getan hatten, denn der Landrichter notierte, dass er diese Antworten am 7.September nach Straubing weitergeleitet hatte.
Am 4. November ist erwähnt, dass Alexander Nothafft von Grub verstorben war. (PG)

Anmerkung: erst 4 Jahre zuvor hatte Alexander Nothafft seine Hofmark von seinem  Vetter Wolf Albrecht eingetauscht. Das Bemerkenswerte an diesem Tausch ist, dass Alexander - katholisch erzogen - sein Gut in der Oberpfalz hatte und Wolf Albrecht von Nothafft, der auf Grub saß, eben lutherisch war. Nun wollten beide tauschen und Maximilian befürwortete, dass Alexander:" wasmassen er und die seinigen sich umb unser wahren allein seeligmachenden Religion willen in unserem Lande gerne häuslich anrichten wollen und zu diesem Ende sein Guet Hillstein in der Churpfalz ligend und seinen vetter Wolf Albrecht Nothafften, welcher sich seiner Lutherischen Secte halber, hingegen hinaus begibt....wechseln will  HStA München GLFasc 1817-21 vom Juni 1616. Viel hat er von seinem Tausch nicht mehr gehabt, der gute Alexander.




Am 10. November - die Hauptschlacht in Böhmen ist also bereits verloren - schreibt der Chamer Pflegsverweser dass dem Capitain Hanns Poyßl Teile seiner Soldaten aus dem "sogenannte Brückenfähnlein, welche nach dem Kloster Reichbach zins und giltbar waren, nach Hause geloffen seien. Oberwohl mehrfach aufgefordert wieder zu kommen weigerten sie sich und würden sogar vom Richter zu Reichanbach dazu verleitet.Aus diesem Grunde sei das Fähnlein zu schwach zur "Mittwache". Er bittet um Unterstützung, solche Soldaten wieder herbeizuschaffen.
Weiter berichtet er, dass:
Aus Bayern khommt (wohl die Nachricht, dass) ein Erzherzog Leopoldus, sei abermals 10000 starckh uffm Fueß, welch Volkch herwarts uffn Winkhl, dann nach Böheimb khommen solle.

 Ein ander aber bringet (die Nachricht) daß hirvon bereits etliches abwerts nach Österreich geführt werde.
Vor 2 Tag sindt 500 von geworbenen Soldaten bei Furth an den Winkhl angebracht worden, so also in Cuarnison sollen verbleiben, und befindet sich solcher Gränizorth für dießmal gegen Gräbitz und Arnschwang, zu Roß und Fueß uff ein allein 140 besezt.
So gehte die gemein sag unter den Bayerischen, daß man gleich aniezo Gelegenheit habe, sich umb den deß Haus Bayern Pfandtschilling Chamb wider anzunemben.....

 Er rät den Rittmeister Fuchs wieder nach Cham zu legen, dann würden die Bürger (der Stadt Cham) gerne wieder stehen.
Nun kommt ein interessanter Teil, den der Chamer Pfleger erwähnt - ich musste selber erst googeln, auf was er überhaupt Bezug nahm - und dies ist ein weiteres beispiel, wie überregionale Ereignisse auch ihren Niederschlag vor ort bei uns fanden.
Der Pfleger berichtet:

StA Amberg 30 jähriger Krieg 119 
Umb des Bethlehem Gabor, der Stadt Wien alle Päß abgeschnitten und die Burgerschaft daselbsten midernander, würdet von den Bayerischen geredt, daß Herzog aus Bayern neben dem Bucquoi mit deren Volkh nach Unterösterreich dem Kayser beizuspringen im Fortzug seye.
Die Bedrohung der Stadt Wien durch den neuen "König der Ungarn" hatte also direkte oder vermutete Auswirkungen auf den verspürten Druck auf die südliche Oberpfalz.
Der König - also Friedrich, der Winterkönig - solle nach Brünn gekommen sein und sich mit den zwei Regimentern, welche sich nach Prag retten haben können,  vereinen.
Von der Schlacht selber berichtet er: Und geben vermelte Bayerische unserem Herrn, dem König und seinen leuthen, als auch vornemblich dem Grafen von Thurn und seinem Volkh ... selbsten das Lob, wie ehrlich sie sich haben gehalten, und obwohlen sie unter das große Geschütz khommen und Schaden gelitten, so haben sie doch gleichwol sich allweg wieder in Ordnung gefunden und an ihrer Ritterlichen Gegenwehr nicht ermangeln lassen, bis sie endlich ybermahnt und mit Gewalt in die Flucht geschlagen worden.  StA Amberg 30 jähriger Krieg 119 

Auch wenn sich der pfälzische Chamer Pfleger positiv über das Kampfverhalten der Kerntruppe des Winterkönigs bei der Schlacht am Weißen Berg ausdrückte....insgesammt ergab sich wohl ein anderes Bild, was ein Schreiben zeigt, das im selben Akt beiliegt.
Zur Erinnerung, die Schlacht endete am 8.November.1620, dies war ein Sonntag:
 
  StA Amberg 30 jähriger Krieg 119 

Extract
Aus einem Schreiben von Rockhenzahn von des Primaten Stieffsohn

Gewiß gewiß unser Herr Gott hat uns mit große Straff heimbgesuecht, denn khein Stunde, ja khein Viertl vergehet daß man nit ie lenger ie erger hört.
An vergangenen Sonntag haben sich die 3 Prager Städt alle guetwillig ergeben: am Montag haben sie dem Bayernfürsten das Jurament gelaist, am Erichtag und Mittwoch sein die gemain in den Städten geyeinander gewesen, was sie guetes deliberiert kahan man nit wissen, wie man ihm dem Bayernfürsten, welcher sein Quartier uffm Rätschen (Hradtschin) in deß alten Herrn von Lobkowitz behausung hat, durch H: Wilhelmb von Lobkhowiz, auch andere R#th und Landofficirer empfangen, hat er alle in arrest genommen.

! Es hätt nit einer nur ein Schuß mit einer Pistol gethan, so grosse Verrätherei ist gewesen, der Jesuiter und Münch ist alles woll wieder ankhommen und den evangeliscshen hat man alles voll Soldaten einlogiert. Ihre königliche Majestät seindt mit etlichen Officirn und bey 500 Wägen gegen den Ungarischen König  ( siehe Bethlem Gabor) gefahren....



Am 12. November bittet der Neuburger Pfleger, Johann Meier, dessen Truppe mit 300 Mann in Grabitz liegt, seine Leute möchten bitte angesichts der kalten Winterszeit an einen anderen ort verlegt werden. Ihr Quartier  Kräbiz im Ambt Camb, vor 300 Mann zu eng, deren je 20 in ein Losament versteckt werden. (Google sei Dank: Speziell im militärischen Bereich bezeichnete Losament eine einfache, meist provisorische Unterkunft aus Holz, Leinwand oder Flechtwerk. Losament war im 16. bis 18. Jahrhundert ein Begriff für nicht aus Stein erbaute Soldatenunterkünfte, die allerdings ortsfest errichtet wurden)
....so vielen an ihrer Gesundheit nicht allein schedlich sondern wol gar ein sterben verursachen könnte. Nun gehts in die neunte Woche, daß gemelter Ausschuß zu Kräbitz quartiert und einer nach dem anderen wird nach Haus geführt.......
Weil zu Furth und in ganz Bayern die pestis an Menschen und Vieh starck grassieren soll, so auch dise bald inficirn möcht.....
Der Pfleger bittet also darum, dass seine Truppe rückverlegt wird.

Der Chamer Pfleger berichtet am 15.November  an den Statthalter der Regierung in Amberg Christian von Anhalt (Dieser Statthaltertitel in Amberg entspricht dem Vizedomb der Regierung in Straubing, auch dieser ist der Stellvertreter seines Herzogs, bzw. Christian der seines Kurfürsten natürlich, Ehre muss sein) dass viel Volkh am Winkhel gelegen, umb Eschlkamb, Neukhürchen, Groß- und Kleinaigen besonders aus Rittsteig, sogleich wol meistens nuhr Landvolkh gewesen....gleich wieder nach Haus in das Land ziehen.



Am 17. November berichtet der Waldmünchener "Verwalter" Wolf Schwarzkopf, in Abwesenheit seines Pflegers, dann bereits von den in Erfahrung gebrachten Planungen für die bevorstehenden Heimreise des bayerischen Herzogs Maximilian Anfang Dezember.
Dieser solle von Prag aus mit 12 Cornetreitern und 1200 Musketieren nach Glattau begleitet werden, dabei Bischofteinitz, wo er vermutet worden war, gar nicht berühren, und von dort von bayerischem Landvolk nach Neukirchen gebracht werden. Von Neukirchen aus gehe es mit 9 Treinpferden "per posta nach Straubing". Seie Begleitung soll danach zurück nach prag, das Landvolk zu Ross und Fuß aber abgedankt und nach Hause gelassen werden.
Staatsarchiv Amberg\30 jähriger Krieg 119





Noch im November bricht eine Viehseuche im Landgericht aus, dem viele Tiere zum Opfer fallen, der Landrichter ordnet an, dass die Abdecker schleunigst diese Tiere vergraben sollten, und am 11. Dezember, dass die kranken Tiere geschlachtet und nicht verzehrt werden sollten. (PG)

Unter der Rubrik "Ainzige Ausgaben" findet sich eine Krankengeschichte, die so gar nicht in die streng abgeschottete und eigentlich feindliche Situation zwischen Kötzting und Cham zu passen scheint.
Aus dem fürstlichen, also bayerischen Lager in Böhmen kamen zwei "kranke Canzelisten", namens Jakob Widtmann und Sebastian Schönhuber und blieben bis zur ihrer Heilung 3 Wochen hier. Auf Befehl Straubings wurden in zewi Lieferungen von der Apotheke in Cham(!): "Labnußen und Medicamenta" bezogen um 54 Gulden 36 Kreuzer (in heutiger Währung sicherlich um die 500-700 Euro). Ein Doktor wurde benötigt und eine Frau, die den beiden 3 Wochen lang, "Tag und Nacht gewarth". In derselben Rurik sind auch zwei neue Schlösser für das Gefängnis aufgeführt, die ebenfalls in Cham bezogen wurden. (PG)

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