Was war los in Kötzting im Jahre 1947
wie im Januarblog bereits angedeutet, möchte ich die "Jahresüberblicke" zeitlich etwas dichter abarbeiten, weil ich sonst - ich gehe halt nicht davon aus, dass ich 185 Jahre oder noch älter werde - die, auch für mich persönlich, interessanten Jahre zur Aufarbeitung nicht mehr erleben werde.
Gesundheit vorausgesetzt...werde ich nun mit einer zweiten Reihe der Jahreschroniken beginnen, also zukünftig weiter immer im Januarblog: "Kötzting vor 110 Jahren" und dann, je nachdem in welchen Monat unser Pfingstfest fällt, nun die Zusammenstellung: "Kötzting vor 70 Jahren".
Ich muss allerdings gestehen, dass ich nun bei der immer noch laufende Digitalisierung der Lokalausgaben in den 70ern angekommen bin und DIESER Zeitraum ist für mich wegen der eigenen , genaueren und eben persönlichen, Erinnerung, noch viel interessanter.
Es kann also gut sein, dass ich zukünftig in den jeweiligen Herbst hinein mit einer ähnlichen Zusammenstellung, beginnend 1967, also "Kötzting vor 50 Jahren" starte.
Auch wenn die Digitalisierung einer Zeitungsdoppelseite relativ zügig abläuft - etwa 7-9 Sekunden - , so bleibt doch ausreichend Zeit dabei die Überschriften und wichtigsten Bilder zu überfliegen. Der Übergang der 60er auf die 70er Jahre in Kötzting war eine turbulente Aufbruchszeit, und vor allem viele, der sich nun aus dem beruflichen bzw. politischen Leben zurückziehenden, Kötztinger Personen standen damals am Beginn ihrer Laufbahn. Die meisten neuen Straßen, Neubaugebiete und zukunftsweisenden Projekte entstanden in dieser Zeit bzw. wurden auf die "Gleise" gesetzt. Auch eigene, ich nenn´s mal "Jugendsünden", Aktivitäten kann man dort bereits finden, Also kommt Zeit kommt Rat bzw. eine neue "Blogreihe".
Es kann also gut sein, dass ich zukünftig in den jeweiligen Herbst hinein mit einer ähnlichen Zusammenstellung, beginnend 1967, also "Kötzting vor 50 Jahren" starte.
Auch wenn die Digitalisierung einer Zeitungsdoppelseite relativ zügig abläuft - etwa 7-9 Sekunden - , so bleibt doch ausreichend Zeit dabei die Überschriften und wichtigsten Bilder zu überfliegen. Der Übergang der 60er auf die 70er Jahre in Kötzting war eine turbulente Aufbruchszeit, und vor allem viele, der sich nun aus dem beruflichen bzw. politischen Leben zurückziehenden, Kötztinger Personen standen damals am Beginn ihrer Laufbahn. Die meisten neuen Straßen, Neubaugebiete und zukunftsweisenden Projekte entstanden in dieser Zeit bzw. wurden auf die "Gleise" gesetzt. Auch eigene, ich nenn´s mal "Jugendsünden", Aktivitäten kann man dort bereits finden, Also kommt Zeit kommt Rat bzw. eine neue "Blogreihe".
Aber nun zuerst einmal 1947
Auch wenn Pfingsten 1947 erst am Ende des Blogeintrags behandelt wird, hier quasi als Einstieg
ein Ausschnitt aus dem Brautzug und dem Einmarsch in die Turnhalle zur Pfingsthochzeit. man beachte: der leere Jahnplatz, das Volksfest wird erst in späteren Jahren eingeführt.
Eine kleine Szene vom Brautzug 1947 als Einstiegsschmankerl
Die Quittung für die Anfertigung des Pfingstkranzls von 1947 |
Eine kleine Szene vom Brautzug 1947 als Einstiegsschmankerl
Der Filmausschnitt von 1947 stammt aus einem Film von dem Kötztinger Wensauer Gottfried, der Stadel im Hintergrund sollte noch ein Überbleibsel der 11. Panzerdivision sein und wurde dann - ebenfalls im Jahre 1947 - vom Markt unter der Bezeichnung "Autohalle" an die Brauerei Löwenbräu versteigert und verkauft. Für diesen Verkauf waren sogar Anfragen und Angebote aus Norddeutschland eingetroffen.
Die Bewirtung erfolgte - nach Rücksprache bei Haymo Richter - am alten Feuerwehrhaus
Nun aber zuerst zum Jahresverlauf 1947:
Gut 2 Jahre nach dem Kriegsende und noch mitten im Versuch die Kriegsschäden und -folgen zu überwinden und mit den enormen Flüchtlingsströmen fertig zu werden, lag der Fokus der Behörden besonders auf dem Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen.
Stadtarchiv Bad Kötzting Neues Archiv 203/2 Hooverspeisung |
All diese Kinder und Jugendlichen wurden verpflegt, zu einem Tagessatz von 25 Pfennigen, allerdings mussten nur Eltern, die sich diese Kosten wirklich leisten konnten zur Zahlung herangezogen. Für die Durchführung der Schulspeisung wurde extra Küchenpersonal eingestellt und diese Frauen rechneten dann auch wochenweise ihre ausgegebenen Speisemengen ab.
Stadtarchiv Bad Kötzting Neues Archiv 203/2 Hooverspeisung |
Die Abrechnung vom Anfang Juni 1947 ergab bei 780 ausgegebenen Schulspeisen noch eine Zahl von 120 Kindern, deren Eltern unterstützt werden mussten.
Stadtarchiv Bad Kötzting Neues Archiv 203/2 Hooverspeisung |
Stadtarchiv Bad Kötzting Neues Archiv 203/2 Hooverspeisung |
Wie aus dem amtlichen Schreiben hervorgeht, ist die "Hooverspeisung" ab Mai 1947 bereits der Nachfolger einer vorherigen Regelung.
Neben der Nahrungssituation der Kinder und Jugendlichen hatte die Regierung auch die "moralische" Situation der Heranwachsenden im Auge und bereits kurz nach dem Kriegsende gab es unter der Rubrik JUGENDSCHUTZ die Aufforderung an die Bürgermeister die Situation im Auge zu behalten und in Hinblick auf mehrere Detailfragen monatlich - später vierteljährlich - an das Landratsamt und folglich auch an die Militärregierung zu berichten.
Hier zuerst die Festlegung einer Jugendsperrstunde vom Februar 1946
Stadtarchiv Bad Kötzting Neues Archiv 430/2 Jugendschutz |
Stadtarchiv Bad Kötzting Neues Archiv 430/2 Jugendschutz |
Auch in der Liste der Kötztinger Jugendlichen - interessant, dass man 1947 noch mit 25 Jahren als solcher angesehen wurde - fällt der weiterhin sehr große Anteil der "Zugewanderten" auf. Gleichzeitig sieht man, dass der Zustrom an "neuen" Flüchtlingen versiegt ist, es kamen zumindest im Zeitraum von Oktober bis Dezember 1947 keine neuen Personen dieser Altersgruppe hinzu.Als Träger der Jugendarbeit kamen in Kötzting vier Vereine in Betracht: die Kolpingsfamilie, der Burschen- und Wandererverein (!) (als Mitglied in solchem kann ich mir ein Ausrufezeichen an dieser Stelle nicht verkneifen) und dann noch der Fußball- und Turnverein.
Dies ist die nüchterne Darstellung durch die Marktverwaltung Kötztings in Form einer Tabelle, gleichzeitig bedeutet diese "Aufsichtsaufforderung " der Behörde aber auch, dass die Jugendlichen in Kötzting unter Beobachtung standen - und es gibt entsprechende Berichte der Landpolizeistation über Razzien speziell in den Notunterkünften der Vertriebenen:
Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 2906 Sittenpolizei: ein Akt beginnend im Jahre 1881 und endend 1951, enthält 1881 einem interessanten Hinweis auf einen Christoph Gruber, Heiglchrist genannt, der bei einer Razzia auf dem Kreuzberg in der Kollerhütte angetroffen worden war. Diese Kollerhütte wurde dann auf amtlichen Befehl hin abgerissen. Dieser Heiglchrist dürfte mit einem der Kinder unseres Heigl Michael mit seiner ersten geliebten Gruber identisch sein.
Vom Februar 1948 meldete die Landpolizeistation Kötzting:
5.2.1948 0,30 Uhr: Kontrolle der Schlafgelegenheiten in der Unterkunftsbaracke des bayerischen Roten Kreuzes am Bahnhof in Kötzting: 15 Personen in buntem Durcheinander von Männern, Frauen, Burschen, Mädchen und Kindern liegen dicht aneinander gereiht auf amerikanischen Feldbetten . Bei meinem Eintritt lag ein Paar unter einer Decke im Beischlaf vereint und trennten sich erst nach meinem längeren Aufenthalte. Diese einem Bordell ähnliche Unterkunft dürfte nicht dem Sinne des bayerischen Roten Kreuzes entsprechen.
Im nächsten Schreiben aus diesem Akt ging´s dann um ein delikateres Detail: Überschrift:
Anwendung von Frauendouchen gegen Empfängnis und Geschlechtskrankeiten verboten
und, auch das gehört zur Situation der Nachkriegszeit in unserem Gebiet,
6 Prostitierte in Lam in Verbindung mit den amerikanischen Soldaten, Deutsche, Belgier und Norweger
Am Ende dieses ernsten Themas hier noch eine Kuriosität, die sich auch in diesem Akt befindet, allerdings aus dem Jahre 1888:
Die Landshuter Zeitung 279 des Jahres 1888 berichtete über die Miltacher Wirtshausbesucher:
Überschrift Miltach 1.Dezember: Waldler nachtigallen unsittliche Gesänge und Vorträge!
Dieser Zeitungsbericht hatte zur Folge, dass die Kötztinger Gendarmen aufgefordert worden waren einen Bericht darüber zu erstellen. Die Landshuter Zeitung ist noch nicht digital zur Verfügung gestellt, es wird also im kommenden Winter eine meiner Archivsuchen werden, diesen Artikel in München zu finden um herauszufinden welch Gesangeskünstler vor 140 Jahren in Miltach "auftraten"
Mangelverwaltung war also in Kötzting angesagt und das zivile Leben in Kötzting und die Unterhaltungsveranstaltungen waren noch ganz dünn gesät. Selbst das Bier war ja noch, von Amts wegen, als "Dünnbier" verdünnt worden.
Wenn ich mich an ein Gespräch mit meinen Vaters über das Pfingstfest 1948, als er Begleiter beim Dattler Buberl war, richtig erinnere, so gab es erst 1948 wieder reguläres - unverdünntes - Bier an Pfingsten.
Was gab es also noch zu berichten aus dem Nachkriegsjahr 1947?
Die Kötztinger Zeitungen gab es noch nicht, die "Kötztinger Zeitung" erhielt ihre Lizenz erst spät im Jahre 1949. Die "Mittelbayerische Zeitung" startete zwar bereits 1946, aber in der Regensburger Ausgabe tauchte Kötzting natürlich nur am Rande auch. Aber ab Oktober 1947 gab es eine sogenannte Aufgabe "M" der MZ, die sich mit dem Bayerischen Wald beschäftigte und dann bereits 1948 haben wir eine Kötztinger Lokalausgabe.
Aus dem Jahre 1947 haben wir also nur wenige Berichte vom Tagesgeschehen:
Leider war das Zeitungspapier im Jahre 1947 tageweise von so schlechter Qualität, dass der Druck teilweise verschwommen herüberkommt.
Die Burschen feierten beim "Wieser Girgl" also im Hause das Vorsitzenden Heinrich Wieser, dem Vater unseres heutigen Stadtrates und Landwirtes Heinrich Wieser aus Riedersfurth. Interessant ist auch noch, dass Pater Augustin, hier als geistlicher Beistand des BWVs genannt wurde. Soweit ich weiß ist Pater Augustin aber nie als Offiziator beim Pfingstritt dabeigewesen, er war unter anderem aber die maßgeblich treibende und gestaltende Kraft in Kötzting beim Aufbau der St. Georgs Pfadfinderschaft.
Wie schwierig die Bedingungen im Landkreis Kötzting noch waren und gleichzeitig wie realistisch die Behörden damit umgingen zeigt eine Entscheidung des Landrates aus dem Herbst 1947:
Wenn die Menschen nicht - aus den verschiedensten Gründen - ins Amt kommen können dann kommt halt das Amt zu den Menschen. Eine frühe Form des Bürgerbüros bzw. der durchs Internet vernetzen Behörden, die heutzutage den Bürgern auch unnötige Fahrerei ersparen sollen.
"Mittelbayerische Zeitung Ausgabe M vom Oktober 1947 |
Es gab nur zwei gesellige Zusammenkünfte, die im Herbst 1947 Erwähnung in der Zeitung fanden. Ein Heimatabend des Kötztinger Trachtenvereins, in dem von einem "Lichtpunkt in der lichtlosen Gelichförmigkeit unserer Tage" geschrieben wurde.
"Mittelbayerische Zeitung Ausgabe M vom Dezember 1947 |
Im Laufe des Jahres 1947 kam es auch zu den ersten Vereins-Wieder- Gründungen. Im Dezember war es der MGOV, der Männer Gesangs- und Orchesterverein Kötztings, der wieder aus der Taufe gehoben wurde, ein Verein, der in Kötzting auf eine sehr lange Tradition zurückblicken konnte.
Das offizielle Einladungsschreiben an die Markträte Kötztings, unterschrieben vom damaligen - von der Militärregierung wieder eingesetzten Bürgermeister Schödlbauer - siehe auch den Bericht vor einigen Jahren: Überraschungsfund im Bauschutt des Kötztinger Amgtsgerichtsgebäudes.
Mit Ausnahme des erst 1948 eingeführten Volksfestes im Rahmen einer programmbeladenen Festwoche, haben wir also bereits alle wichtigen Elemente des Pfingstfestes versammelt.
Im Archiv befinden sich noch zwei kleine Abrechnungen: der Zuschuss für den Pfingstbräutigam und die Ausgaben für das Pfingstkränzchen, erstellt von den Mallersdorfer Schwestern im Josefsheim in Kötzting
Das ist eigentlich Alles, was wir aus dem Jahre 1947 haben ABER, es gibt noch ein Schmankerl und das hängt eng mit der Pfingstbraut zusammen. Der Bruder der Pfingstbraut, Herr Siegfried Ehemann, war damals bereits ein Photograph und Filmer und hat - auch wenn er für seinen Film ältere Teile von Filmen des Lehrers Bock und eigene Filmausschnitte über Pfingsten aus späteren Jahren - zwei schwarz/weiß Filme über Pfingsten in Kötzting zusammengestellt. In diesem Film sind in einigen Ausschnitten auch die Hauptpersonen von 1947 zu sehen.
Als "Zuckerl" für den Bericht über 1947 hier eine Szene aus dem Pfingstfilm von Siegfried Ehemann aus der Konservenfabrik, der die Freude und den Spaß der jungen Leute in Kötzting aus dem Jahre 1947/1948 zeigen kann.
Der Film als ein kleiner YouTube Schnipsel über eine fröhliche Runde vom Besuch des Pfingstbräutigams und seiner Begleiter von 1948 nach dem "Dritten Brautzug" beim Spitzi, also im Amberger Hof. Der große Unterschied zu 1947 war auch, dass es endlich wieder Normalbier gab, im Gegensatz zum Dünnbier von 1947.
Vielleicht ist mir ein Hinweis gestattet >>>>> man beachte die Form und Figur der REITpferde. ;-)))
Ich kenne aus diesem Film natürlich meinen Vater und den Dattler Buberl, ich wäre durchaus auch noch daran interessiert zu erfahren, wer die anderen "Partyteilnehmer" gewesen waren.
Stadtarchiv Kötzting Neues Archiv 320/947 |
Das offizielle Einladungsschreiben an die Markträte Kötztings, unterschrieben vom damaligen - von der Militärregierung wieder eingesetzten Bürgermeister Schödlbauer - siehe auch den Bericht vor einigen Jahren: Überraschungsfund im Bauschutt des Kötztinger Amgtsgerichtsgebäudes.
Mit Ausnahme des erst 1948 eingeführten Volksfestes im Rahmen einer programmbeladenen Festwoche, haben wir also bereits alle wichtigen Elemente des Pfingstfestes versammelt.
Im Archiv befinden sich noch zwei kleine Abrechnungen: der Zuschuss für den Pfingstbräutigam und die Ausgaben für das Pfingstkränzchen, erstellt von den Mallersdorfer Schwestern im Josefsheim in Kötzting
Das ist eigentlich Alles, was wir aus dem Jahre 1947 haben ABER, es gibt noch ein Schmankerl und das hängt eng mit der Pfingstbraut zusammen. Der Bruder der Pfingstbraut, Herr Siegfried Ehemann, war damals bereits ein Photograph und Filmer und hat - auch wenn er für seinen Film ältere Teile von Filmen des Lehrers Bock und eigene Filmausschnitte über Pfingsten aus späteren Jahren - zwei schwarz/weiß Filme über Pfingsten in Kötzting zusammengestellt. In diesem Film sind in einigen Ausschnitten auch die Hauptpersonen von 1947 zu sehen.
Als "Zuckerl" für den Bericht über 1947 hier eine Szene aus dem Pfingstfilm von Siegfried Ehemann aus der Konservenfabrik, der die Freude und den Spaß der jungen Leute in Kötzting aus dem Jahre 1947/1948 zeigen kann.
Der Film als ein kleiner YouTube Schnipsel über eine fröhliche Runde vom Besuch des Pfingstbräutigams und seiner Begleiter von 1948 nach dem "Dritten Brautzug" beim Spitzi, also im Amberger Hof. Der große Unterschied zu 1947 war auch, dass es endlich wieder Normalbier gab, im Gegensatz zum Dünnbier von 1947.
Vielleicht ist mir ein Hinweis gestattet >>>>> man beachte die Form und Figur der REITpferde. ;-)))
Ich kenne aus diesem Film natürlich meinen Vater und den Dattler Buberl, ich wäre durchaus auch noch daran interessiert zu erfahren, wer die anderen "Partyteilnehmer" gewesen waren.