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Donnerstag, 6. Februar 2025

Wohin kann das noch führen....

Kötztinger Geschichte(n) als Podcast


 Am letzten Samstag, den 2. Februar 2025, bin ich einer Einladung von Frau Elfriede Dirschedl gefolgt, und habe bei der Monatsversammlung der GFO, der Gesellschaft für Familienforschung in der Oberpfalz, in der Klostermühle in Altenmarkt einen Vortrag gehalten über die Verfolgung der Kötztinger Juden im Dritten Reich und zwar insbesondere am Beispiel eines kleinen Mädchens, Susanne Kirschner, die es geschafft hatte, zu Kriegsbeginn mit nicht einmal 12 Jahren, Deutschland zu verlassen und ganz alleine nach Palästina zu ihrem Onkel auszureisen/zu fliehen.
Nach meinem Vortrag stellte Frau Dirschedl den "Roten Faden" zu einem Pressetext zusammen und zu meiner eigenen Überraschung wurde dieser lange Text vor wenigen Tagen komplett in beiden Chamer Zeitungen abgedruckt.

Der Beitrag im Bayerwaldecho 


Soweit die Vorgeschichte.

Während eines Gesprächs innerhalb der Familie berichtete eine meiner Töchter von einem Programm, welches sie an der Schule bereits testeten, das einen Text in einen Podcast verwandeln könne, in dem dann zwei Personen das bekannte "Frage-und Antwort" Spiel eines Podcastes spielen würden und zwar nicht einfach zu solch einem  vorgegebenen Thema, sondern genau (!) und ausschließlich zu den Inhalten eines Textes.
Noch am selben Abend  wurde ein erster Versuch gestartet und das Ergebnis war frappierend. Bis auf die Tatsache, dass der generierte Podcast ziemlich genau nur bis zur Hälfte des Textes das Thema abgearbeitet hatte, war es ein tolles Gespräch mit viel Einfühlungsvermögen zum Schicksal des Mädchens, aber offensichtlich anscheinend nur für Kurzbeiträge geeignet. (4 min Länge)
Nun also die Suche nach einem - freien - Programm, das diese Einschränkungen nicht hat.
Nach mehreren Versuchen landete ich bei NotebookLM von Google und tatsächlich dieses Mal wurde der gesamte Text berücksichtigt und mit Hilfe von einigen Tricks - sich ein Youtube-Video anzuschauen hilft tatsächlich manchmal weiter - konnte auch auf die Deutsche Sprache geswitched werden, obwohl dies im Programm überhaupt nicht als Option vorgesehen war. Hiermit ein ausdrücklicher Dank an den Youtuber, der diesen "Umweg" herausgefunden und veröffentlicht hat. 
Was nun herauskam war ein 14 minütiger Podcast über den obigen Text, mit der kleinen Auffälligkeit, dass der Sprachgenerator das Wort "39" nicht korrekt aussprechen konnte, das "neunund" leicht verschluckte und somit so etwas ähnliches wie  1930 herauskam, wenn er eigentlich 1939 sagen wollte.
Was natürlich in einem Text über die Zeit des Dritten Reiches einen "kleinen" Unterschied ausmacht ob man 1939 oder 1930 versteht. Darüber hinaus war der Text gespickt mit zusätzlichen Lobhudeleien als Worthülsen an meine Person, eben den Autor des Ganzen.
Weil aber noch am Ende des Podcastes über das weitere Schicksal des Mädchens - das im Text nicht ausformuliert ist - frei spekuliert wurde, machte ich einen zusätzlichen Versuch und ließ die KI nun erneut den Zeitungstext als Basis nehmen, gab aber dem Programm auch noch den Link zum Blogbeitrag über die Susanne Kirschner "mit auf die Reise".
Mit den Möglichkeiten des oben angesprochenen  "Umwegs" im Hinterkopf, habe ich dem Generator dann nur noch zusätzlich vorgegeben, auf die Lobhudeleien und Verweise auf mich zu verzichten und erhielt nach wenigen Minuten ein Ergebnis, das mich sprachlos, begeistert aber auch erschreckt zurücklässt. Einzig das Sprachproblem bei der Aussprache von "39" ist geblieben.
Hier also nun der Podcast zu Susanne - Susi - Kirschner, ich musste es als Mp4 konvertieren, da Blogger keine Tondokumente in einen Beitrag integrieren lässt.  Lasst euch überraschen. Wie gesagt, alles ist von einem KI-Programm generiert worden, eigentlich der Wahnsinn.

Zusatzinfo der KI:

Die beiden Texte befassen sich mit der Lebensgeschichte der jüdischen Kötztinger Familie Kirschner, insbesondere des Schicksals von Susanne Kirschner.  Ein Text beschreibt einen Vortrag des Historikers Clemens Pongratz, der das Leben Susannes und ihrer Familie detailliert darstellt, inklusive ihrer Flucht vor den Nazis und dem tragischen Tod ihrer Mutter und ihres Bruders.  Der andere Text ist ein Blogbeitrag, der Pongratzs Recherchen erweitert und überraschende neue Details aus verschiedenen Quellen, darunter Facebook, präsentiert, und den weiteren Lebensweg Susannes in Palästina nachzeichnet. Beide Quellen unterstreichen die Komplexität der Familiengeschichte und die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit bei der Familienforschung.


Hier ist die detaillierte Zeitleiste und das Figurenverzeichnis basierend auf den von Ihnen bereitgestellten Quellen:

Zeitleiste

  • 22. November 1927: Susanne Kirschner wird in Kötzting geboren. Sie ist die Tochter von Alice (geborene Klein) und Julius Kirschner.
  • Vor 1933: Die Familie Kirschner ist in Kötzting gut integriert. Julius Kirschner ist ein angesehener Kaufmann und Mitbegründer des FC Kötzting.
  • März 1933: Julius Kirschner muss unter unwürdigen Bedingungen den Vorsitz des FC Kötzting abgeben.
  • Ab 1933: Susanne erlebt als Kind die Diskriminierung durch die Nationalsozialisten. Die SA steht vor dem Geschäft ihres Vaters und hindert Kunden am Betreten.
  • November 1938: Im Zusammenhang mit der Reichspogromnacht werden Julius Kirschner und sein Geschäftspartner Hahn verhaftet und nach Dachau gebracht. Sie werden gezwungen, Verkaufsurkunden für ihre Häuser zu unterzeichnen.
  • Nach November 1938: Die Familie Kirschner verliert ihr Haus und findet vorübergehend Unterkunft im oberen Markt, wobei sie durch Kontakte zu den Nachbarn Schrödel unterstützt werden.
  • Frühjahr 1939: Julius Kirschner stellt einen Auswanderungsantrag. Es herrscht die Meinung, dass Frauen und Kinder von den Nazis nicht so hart angegangen würden.
  • 8. Juli 1939: Susanne und ihr Bruder Alfred werden aus Kötzting nach München abgemeldet.
  • 20. Juli 1939: Die Eltern von Susanne und Alfred werden nach Regensburg abgemeldet.
  • Sommer 1939: Julius Kirschner versucht unabhängig von seinen Kindern nach Palästina zu fliehen.
  • August 1939: Fritz Freiwirth, ein Cousin von Susanne, erreicht Palästina mit dem Schiff SS Palestina.
  • November 1939: Susanne lebt in einem Waisenhaus in München. Sie beantragt einen Auswanderungspass.
  • 1. Dezember 1939: Susannes Pass für die Ausreise nach Palästina wird genehmigt, gültig bis zum 31. Dezember 1939. Susanne wird gezwungen, den Namen "Sara" zu ihrem Namen hinzuzufügen.
  • 19. Dezember 1939: Susanne reist mit dem Schiff SS Galilea von Italien nach Palästina aus und wird am Hafen von Haifa von ihrem Onkel Ludwig Klein empfangen.
  • 1940: Susannes Cousine Shlomit Zentel wandert im November nach Palästina aus.
  • 1947: Susanne schließt ihre Highschool ab und zieht in den Kibbuz Alumot.
  • Ende der 1950er Jahre: Susanne zieht mit ihrer Freundin Yaala in den Kibbuz Tzora.
  • 8. Mai 1945: Der Tag des Kriegsendes wird nachträglich als Todesdatum für Alice Kirschner angegeben (wahrscheinlich ein symbolisches Datum).
  • Irgendwann nach 1945: Julius Kirschner stirbt auf der Flucht nach Palästina in Rumänien. Susanne findet später sein Grab.
  • 21. März 2016: Susanne (Shoshana) Kirschner stirbt im Kibbuz Tzora und wird dort begraben.

Figurenverzeichnis

  • Susanne (Sara) Theresia Kirschner (auch "Susi" oder "Shosh"):Geboren am 22. November 1927 in Kötzting.
  • Tochter von Alice und Julius Kirschner.
  • Erlebte Diskriminierung und Flucht aus Nazi-Deutschland.
  • Wanderte 1939 nach Palästina aus.
  • Lebte im Kibbuz Tzora und arbeitete dort als Erzieherin und Bibliothekarin.
  • Starb am 21. März 2016.
  • Heiratete nie und hatte keine Kinder
  • Julius Kirschner (auch "Kirschner Juler"):Vater von Susanne und Alfred Kirschner.
  • Ehemann von Alice Kirschner.
  • Angesehener Kaufmann in Kötzting, besaß ein Geschäft für Lebensmittel, Kleidung, Leder und Pelze.
  • Mitbegründer und Geldgeber des FC Kötzting.
  • Wurde im November 1938 verhaftet, kam nach Dachau.
  • Versuchte nach der Entlassung nach Palästina zu fliehen, starb aber auf dem Weg in Rumänien.
  • Alice Kirschner (geborene Klein):Mutter von Susanne und Alfred Kirschner.
  • Ehefrau von Julius Kirschner.
  • Stammte aus einer begüterten Kaufmannsfamilie in Tirschenreuth.
  • Blieb mit ihrem Sohn Alfred in Deutschland und wurde später in Sobibor ermordet.
  • Alfred Joachim Kirschner:Jüngerer Bruder von Susanne Kirschner.
  • Sohn von Alice und Julius Kirschner.
  • Blieb mit seiner Mutter in Deutschland und wurde ebenfalls in Sobibor ermordet.
  • Moritz Kirschner:Vater von Julius Kirschner.
  • Besitzer des Kaufmannsgeschäftes, das von seinem Sohn Julius übernommen wurde.
  • Kaufte auch Häute auf.
  • Ludwig Eleizer Klein:Bruder von Alice Kirschner.
  • Wanderte in den 1920er Jahren nach Palästina aus.
  • Organisierte die Auswanderung von Susanne und war für sie eine wichtige Kontaktperson.
  • War verheiratet mit Friedel Braun.
  • Friedel (geborene Braun) Klein:Ehefrau von Ludwig Klein
  • Fritz Freiwirth (auch Friedrich):Cousin von Susanne Kirschner.
  • Wanderte 1939 über die Tschechoslowakei nach Palästina aus.
  • Arbeitete später beim NASA Mondlandungsprogramm.
  • Ray Freiwirth:Sohn von Fritz Freiwirth.
  • Lebt in den USA.
  • Shlomit Zentel:Cousine von Susanne Kirschner.
  • Wanderte im November 1940 nach Palästina aus.
  • Manfred Kirschner:Einzig überlebender Sohn des in Würzburg lebenden Kirschner-Zweiges
  • Emigrierte später in die USA
  • Shelly Feder:Enkelin von Ludwig Klein und somit Großnichte von Susanne Kirschner.
  • Lebt in Israel.
  • Stellte viele Informationen und Dokumente bereit.
  • Annemarie Schötz (geborene Schrödel):Spielkameradin von Susanne Kirschner.
  • Gab Informationen über die Nachbarschaft und die Hilfsbereitschaft der Familien.
  • Bepp Fischer:Spielkamerad von Alfred Kirschner.
  • Gab Informationen über den Alltag und die Spielmöglichkeiten der Kinder.
  • Paula Dittrich:Autorin aus Kötzting.
  • Beschrieb die Familie Kirschner in ihren Büchern als sehr hilfsbereit.
  • Clemens Pongratz:Historiker, Heimatforscher und Autor.
  • Hielt einen Vortrag über das Schicksal von Susanne Kirschner.
  • Betreibt den Blog "Kötztinger Geschichte(n)".
  • Elan Oren:Kontaktperson in Israel, der maßgeblich bei der Recherche geholfen hat.

Diese Zeitleiste und das Figurenverzeichnis fassen die wichtigsten Informationen aus den Quellen zusammen und geben einen guten Überblick über die Geschehnisse rund um Susanne Kirschner und ihre Familie.







 

Freitag, 1. September 2023

Die Besetzung des Sudetengebietes im Herbst 1938

 Die Auswirkung der großen Politik vor Ort im Kleinen....

Nach Hitlers vorangegangenen Drohungen und dem danach gegebenen Versprechen, seine Forderung nach dem Sudetengebiet wäre seine letzte Forderung, gaben die in München versammelten europäischen Mächte, England, Frankreich und Italien - ohne die Tschechoslowakei - Hitler nach und beschlossen im Münchner Vertrag vom September 1938 die Abtrennung des Sudetengebietes an dessen Angliederung an das Deutsche Reich. Gegen den Widerstand der Tschechoslowakischen Regierung wurde danach noch der genauen Grenzverlauf festgelegt.
Wie sehr Hitler seine "Verhandlungspartner" getäuscht hatte, zeigt alleine die triumphale Rückkehr Chamberlains nach London mit dem Ausspruch, er hätte Frieden für eine Generation erreicht.
Die Länge dieser versprochenen "Generation" dauerte nicht einmal ein Jahr, nach vielen Vorbereitungen und einer Charade an der polnischen Grenze, brach Adolf Hitler mit seiner Wehrmacht den Zweiten Weltkrieg vom Zaun.
Vom damaligen Kötztinger Hauptlehrer Josef Bock haben wir im Archiv drei verschiedene Bilderserien, die hier vor Ort dies Auswirkungen vor Ort begleiten. Josef Bock haben wir sehr, sehr viel zu verdanken, da er bereits in den 30er bis herauf in die 60er Jahre viele Ereignisse und Veranstaltungen dokumentierte.
Foto Josef Bock. Aufmarsch der Wehrmacht in der Kötztinger Bahnhofstraße. Josef Bock wohnte damals noch im Hause Vogl und brauchte sich für dieses Foto nur über seine Terrasse bzw. aus dem Fenster beugen.

In den Wochen und Monaten vor dieser Konferenz in München waren die Zeitungen der NSDAP und teilweise auch die lokalen Tageszeitungen angefüllt sowohl mit den verschiedensten Horrormeldungen aus dem Tschechoslowakischen Grenzgebiet als auch mit sich steigernden Forderungen an die Prager Regierung.
In einem abgestimmten Zusammenspiel zwischen der NSDAP im Westen und Henleins SdP im Osten wurden massive Proteste durch Teile der deutschsprachigen Bevölkerung im Sudetengebiet orchestriert, die dann natürlich wieder Reaktionen der Prager Regierung provozierten. Die dadurch hervorgerufenen Flüchtlingsströme spielten Hitlers Argumentation gegenüber den anderen europäischen Mächte direkt in die Hände.
Die Grundaggressivität und die Häme, die von deutscher Seite aus aufgebaut wurde, möchte ich alleine durch eine Abfolge nur von Überschriften im Parteiorgan  der NSDAP "Bayerische Ostmark" erläutern. Diese Tageszeitung war für die Bereiche Cham-Furth, Waldmünchen, Kötzting und Roding zuständig und berichtete nach der Annektierung des Sudentenlands dann auch über den Großbereich Neuern..
Der vorherige Kötztinger Bürgermeister Benno Hoiss hatte jahrelang vergeblich versucht, Kötzting aus der Kreisleitung Chams herauszulösen, war damit aber immer wieder gescheitert. Nach Benno Hoiss´ Zwangsversetzung nach München sind diese Bestrebungen nicht mehr aufgerufen worden. Es ist jedoch auffällig, wie wenig - im Vergleich zu Cham-Waldmünchen und Furth - in der Bayerischen Ostmark über den Bereich von Kötzting berichtet wird.

 
Hier nun einige Schlagzeilen über die sich zuspitzende Entwicklung in unserem Grenzraum ab Mitte September 1938 in einer zeitlichen Reihenfolge, die schlaglichtartig auch den Sprachduktus und die Aggressivität der damaligen politischen Führung belegt.














Am Tag vor der Unterzeichnung des Münchner Abkommens gibt Adolf Hitler seine Zusicherung, keinerlei territoriale Forderungen mehr in Europa stellen zu wollen, und bringt damit die wohl noch zaudernden anderen Staatenvertreter ein letztes Mal auf seine Seite.
 
Durch die Zustimmung zum Münchener Abkommen, welches gegen den Willen der Prager Regierung zustande gekommen war, erhält Hitler freie Hand, um das Sudetenland dem Deutschen Reich einzuverleiben. Natürlich lebten in diesem Gebiet seit Jahrhunderten auch tschechische Bürger und so kam es in Folge dieser Okkupation auch sofort zu Massenvertreibungen dieser Menschen, vom tragischen Schicksal der jüdischen Bevölkerung in diesen Gebieten ganz zu schweigen.  






Der Aufmarsch in der Kötztinger Bahnhofstraße


Wie auf dem Bild am Anfang dieses Blog-Beitrages schon zu sehen, war die Deutsche Wehrmacht offensichtlich schon darauf vorbereitet worden, und konnte nun sehr kurzfristig mit ihren Soldaten Fakten schaffen.
Hier die Bilder von den Soldaten, die von Kötzting aus in den Bereich von Neuern einrückte.




Einschub
Wie häufig sind auch hier kleine Details im Hintergrund für mich etwas ganz besonderes.
Auf der rechten Seite sieht man ganz oben - heute unser kleiner Stadtpark - noch die Begrenzung des Gartens des Kötztinger Gefängnisses. Das Anwesen des Herrn Herre hatte eine schöne Gartenmauer und dieser betrieb offensichtlich auch eine der vielen Tankstellen, die es damals in Kötzting gegeben hatte.
Einschub Ende


Hier im Hintergrund die Bäckerei Irlbeck; ein Gebäude, welches später "zugunsten" eines Sparkassenneubaus abgerissen wurde.
Betrachtet man den Schattenwurf, so muss es am späten Nachmittag gewesen sein, als sich die Kolonne in der Bahnhofstraße zum Abmarsch formierte; recht viel Kötztinger scheint der ganze Aufwand nicht besonders interessiert zu haben.




Die Sprengung einer Grenzübergangssperre



Nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht wurden auch die ehemalig befestigten Grenzübergänge beseitigt. Josef Bock begleitete solch ein Sprengkommando.
Um welchen vorherigen Grenzübergang es sich dabei handelt, muss noch herausgefunden werden.
Im Hintergrund der Aufnahme ist einer der damaligen "Triumphbögen" zu erkennen, die die SdP für die einmarschierenden deutschen Truppen errichten ließ.



Dieser Grenzübergang ist uns noch unbekannt.

Nach Rücksprache mit Herrn Haymo Richter handelt es sich hier um den kleinen Ort Neumark.

Die später gesprengte Schlagbaumvorrichtung gehört ebenfalls nach Neumark.


Und dann war es soweit, der Betonblock des Grenzüberganges wurde gesprengt. Hier konnte Josef Bock sogar den Moment der Sprengung im Bild festhalten.







Das Ziel der Truppen, die von Kötzting aus in das Sudentengebiet einrückten, war wohl Neuern, weil es von Josef Bock eine dritte Bilderserie gibt, die genau diesen Moment festhält.
Blickt man auf manche Geschäftsanzeigen im Hintergrund - Geschäfte, die jüdischen Familien gehörten - so kann man sich vielleicht die Katastrophe vorstellen, welche diese Okkupation für diese Menschen bedeutete.
Schon vorher hatten die deutschen Zeitungen triumphal über die Gefühle dieser jüdischen Menschen berichtet.
Auch in Kötzting hatte sich deren Situation in den letzten Wochen katastrophal verschlechtert:

Die beiden erwähnten "jüdischen Textilwarengeschäfte" waren die der beiden Kötztinger Bürgersfamilien Kirschner und Hahn in der Marktstraße.

Der   Einmarsch in Neuern:

Dieser - der vorhergehende -  Bilderzyklus könnte vielleicht für unsere Freunde in Neuern von Interesse sein, die diese Bilder gerne von uns übernehmen können.




Josef Bock war immer auch gut als Portrait-Fotograf.

Das Gemischtwarengeschäft des jüdischen Bürgers Schwarz hörte mit dem Tag des Einmarsches auf zu existieren.




Bayerische Ostmark im Oktober 1938


Dies sieht nach einer "Gulaschkanone aus"



















Während die nördlichen und östlichen Teile des Sudetenlandes eine eigene Unterstruktur erhielten, wurden die Gebiete, die an die "Bayerische Ostmark" grenzten, einfach von dieser mit verwaltet.
 

Um den "Großbereich" Neuern hatten sich die Behörden von Cham und Kötzting zu kümmern.
In der Parteizeitung schlug sich das einfach durch eine neue Rubrik: " Aus dem Böhmerwalde" nieder, unter der nun auch die vielen kleinen und kleinsten Berichte aus der gegend um Neuern veröffentlicht wurden.

Kaum war diese Krise im europäischen Gefüge zugunsten des Deutschen Reiches mit vielen Zugeständnissen der anderen Mächte bereinigt worden, bot sich dem Deutschen Reich die nächste Gelegenheit, weitere Pflocken einzuschlagen, und auch dies hatte seine Auswirkungen auf unsere Bevölkerung vor Ort.


Die Folge dieser Schüsse auf den Gesandtschaftsrat vom Rath war am nächsten Tag die Reichsprogromnacht, von den Nazis wegen der vielen zerbrochenen Glasscheiben als Reichskristallnacht verniedlicht. In Kötzting kam es zwar zu keinen Plünderungen, jedoch wurden die 
beiden beiden Geschäftsinhaber, Julius Kirschner und Simon Hahn, zu "ihrer eigenen Sicherheit" in "Schutzhaft" genommen. Der im Artikel genannte "Blaibacher Fabrikbesitzer" war Herr Albert Grünhut, der Besitzer der Fabrik in Harras.
Die Familie Hahn konnte übrigens noch in die USA emigrieren ( die Eltern schafften es direkt in die USA, die Kinder wurden auf dem Atlantik vom Kriegsausbruch überrascht und mussten, da die USA die Einreise verweigerte, auf Jahre hinaus von Südamerika aus versuchen, die Einreise in die USA voranzutreiben)
Die Familie Grünhut konnte in verschiedene Länder - Schweiz - England - USA -  emigrieren und das traurige Schicksal der Großfamilie Kirschner wurde bereits in zwei Blogbeiträgen dokumentiert.

Bayerische Ostmark vom November 1938





Es ist auch in der Rückschau erschreckend, welch unmenschliche Entwicklungen im Dritten Reich in kurzer Zeit durch die Gleichschaltung aller Medien möglich gemacht wurden


Natürlich gab es Menschen, denen die Entwicklung nicht egal war und die versuchten sich zu wehren.
Wie schwierig das bereits 1938 - für jüdischen Mitbürger war dies bereits 1933 ein strafbewehrtes Unterfangen geworden, die Regierung oder die Partei zu kritisieren - geworden war, zeigt ein Artikel - ebenfalls aus dem Parteiorgan der NSDAP - über zwei Gerichtsurteile mit Gefängnistrafen wegen Vergehen gegen das Heimtückegesetz, sprich wegen Kritik an der Politik im Dritten Reich.

Ende November wagte Hitler einen weiteren Schritt, er schloss nicht nur die Eingliederung des Sudetengebietes ab, sondern ging nach der Festlegung einer neuen Grenze zu Tschechien sofort noch einen Schritt weiter und ließ die SA auch noch ins eigentlich rein tschechische Chodengebiet bis heran an Domazlice  einmarschieren.
Die Bayerische Ostmark begleitete auch diese Annektionen mit Hurraartikeln über tschechische Bürger, die die deutschen SA-Männer jubelnd empfangen würden.
 





 



Natürlich ist es für uns "Nachgeborene" leicht über jene Zeit zu urteilen, ausgestattet mit unserem Wissen darüber, was am Ende aus dieser Politik schreckliches  herausgekommen ist. Nichts desto trotz ist es offensichtlich eine Aneinanderreihung von vielen kleinen Schritten und Beschränkungen, die es Diktaturen erst möglich macht, ihre Gewaltherrschaft so uneingeschränkt auszuüben und auszubauen.
Daher sind es auch eben diese kleinen Schritte in eine falsche Richtung, die es zu beachten gilt, damit sich eine solche Entwicklung nicht wiederholen kann.

Zum Abschluss noch ein solcher "Tendenzartikel" über die Familie Grünhut.