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Mittwoch, 31. August 2022

2-38 Der matschige Volkswandertag von 1974

 Es geht weiter mit Bildern aus der Zeitungsredaktion der Kötztinger Umschau, welche alle über eine private Sammlung von Frau Renate Serwuschok dem Arbeitskreis Heimatforschung übereignet wurden und nun im Stadtarchiv Kötzting verwahrt werden.

Da wir zusätzlich auch eine fast vollständige Sammlung von Zeitungsausgaben aus den Nachkriegsjahren in unserem Bestand haben, können viele der Bilder dann auch einzelnen Zeitungsartikeln zugeordnet werden.
Nachdem der Arbeitskreis Heimatforschung schon eine umfangreiche Datenbank an personenbezogenen Bildern hat wäre es für uns schön, wenn wir bei einigen der folgenden Bildern, vor allem bei den Personengruppen, Hinweise und Namenslisten erhalten könnten, die wir dann anschließend in unsere Datenbanken einpflegen könnten. Manche allerdings auch nicht und so wäre es schön, wenn wir bei dem einen oder anderen Bild auch eine Rückmeldung erhalten würden.



Alljährlich am 1. Mai fand in Kötzting seit der Mitte der 60er Jahre eine großer Volkswandertag statt Hier nun eine Bilderserie von einem völlig verregneten Wandertag hinein ins matschige Zellertal.
Da der Artikel von Herrn Kühn (kü) geschrieben wurde, vermute ich, dass auch die Bilder von ihm stammten.
Von nun an gings bergab

Start und Ziel: die Kötztinger Jahnhalle, der Jahnplatz war noch ungeteert.

Vor dem Start eine Stärkung für die wenigen Tapferen



Verpflegungstationen gabs auch unterwegs



Das ist unterhalb der Hohlgasse nach dem 1. Evangelium







Die scheint die Straße nach Grub zu sein: Wanderer gegen den Strom










Die  Kontrollstation












Freitag, 19. August 2022

Michael Heigl - eine Dokumentation Teil 4

 

Der junge Michael Heigl

Michael Heigl und seine Brüder geraten ins Blickfeld der Behörden


Zuerst ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:

Zum Einstieg:  ein Bild und seine Geschichte: das Laumerhaus von Gotzendorf
Teil 1 der Dokumentation: Der Familienverband des Michael Heigl
Teil 2 Die Heigls in Beckendorf
Teil 3 Michael Heigl im Spiegel der Veröffentlichungen

Hinweisschild an der "Heigl-Linde" inmitten von Gotzendorf

Um noch einmal kurz bei den Veröffentlichungen über Michael Heigl zu verbleiben, so scheinen sich alle darüber einig zu sein, dass er in Furth eine Schlosserlehre begonnen hatte - ohne die Lehre zu beenden. In einem zeitgenössischen Zeitungsbericht wird er sogar als ein Schlossergeselle bezeichnet.
Ist solch eine Handwerkerlehre überhaupt wahrscheinlich?
In meinen Augen nicht, da ich mir nicht vorstellen kann, dass seine Eltern das "Lehrgeld" hätten aufbringen können oder mögen, welches damals an den Handwerksmeister im Vorhinein bezahlt hatte werden müssen. Er bekam das Geld dafür, dass er einen jungen Menschen als Lehrling annahm, diesem das Handwerk beibrachte und ihn innerhalb einer festgesetzten Zeit zu einem Handwerksgesellen ausbildete.
Dieses Lehrgeld konnten die Eltern zwar auch in Jahresraten bezahlen - üblich war eine Gesamtsumme zu Anfang der Lehrzeit -, angesichts der prekären Situation der Familie Heigl erscheint mir dies eher unwahrscheinlich.
Anders schaut es aus mit den Berichten über ein Hirtenleben des jungen Heigl zu sein, dies würde sehr gut zu seiner Herkunft passen. Der Journalist, der 1855 den Bayerischen Wald in Sachen "Räuber-Heigl" bereiste, berichtete davon, dass sich HM, ähnlich wie seine Mutter, auf den Hausiererhandel verlegt haben sollte, eine Tätigkeit aber, die ohne Konzession verboten, und damit strafbar war.

Faktencheck: Es könnte so gewesen sein, und die damals wohl befragten  Einwohner der Umgebung Kötztings hätten sich möglicherweise - nach einigen Jahrzehnten - gerade noch an solch einen groben Handlungsstrang erinnern können. Aber selbst der Journalist gibt zu, dass er nicht in Erfahrung hat bringen können, was Michael Heigl dann letztendlich in Konflikt mit der Obrigkeit brachte. Vermutlich waren es einige Kleinigkeiten, die sich aufsummierten und am Ende dazu führten, dass die Obrigkeit, die eh angehalten war, gegen sogenannte „Müßiggänger vorzugehen“, zum Entschlusse kam, dem jungen Mann im Arbeitshaus Ebrach zu einer etwas geänderten Arbeitseinstellung zu verhelfen.
Diese sich anhäufenden Kleinigkeiten sind allerdings akribisch in den protokollierten Anzeigen der Kötztinger Gendarmerie aufgelistet, wie wir später noch sehen werden.

Die ersten Konflikte in seinem Nahbereich ergaben sich bereits für den jugendlichen Michael, als sein älterer Bruder Martin auf den Fahndungslisten auftauchte. Michael war gerade einmal 16 Jahre alt, als folgender Aufruf des Kötztinger Landrichters Freiherr von Schatte in den Königlich Bayerischen  Intelligenzblättern veröffentlicht wurde.


Da wir die Personenbeschreibung Michael Heigls kennen, ist trotz des korrekten Alters eine Verwechslung ausgeschlossen und muss es sich bei diesem Martin tatsächlich um Michaels Bruder - geboren in Fessmannsdorf im November 1813 - handeln, der zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits 19 Jahre alt gewesen war(!). 
Interessant am Rande ist die Beschreibung der Kleidung Martin Heigls: „Am Leibe trug derselbe ein rot und gelb geblümtes Halstuch, rothe Weste mit Streifen, veilchenblauem manchestenen Janker, grauripsene Hose, Bundschuhe und auf dem Kopfe einen runden Hut (!)". Er war wohl flott unterwegs und könnte, so gekleidet, durchaus auch als junger Pfingstreiter durchgehen, jung und damit eben noch ohne Mantel. Eine Verwechslung der beiden Personen - Martin und Michael -  so reizvoll und stimmig diese aufgrund der Lebensaltersangabe ansonsten auch wäre, kann aufgrund der vollkommen unterschiedlichen Personenbeschreibung der beiden mit Sicherheit ausgeschlossen werden. 
Jahre später werden Michaels jüngere Brüder der Unterstützung für ihn verdächtigt, angeklagt und auch bestraft. Es ist durchaus möglich, dass in dieser frühen Phase Michael umgekehrt ein Unterstützer für seinen älteren Bruder gewesen ist.

Was immer an Gerüchten und Anekdoten sich um die Jugendzeit Michael Heigls rankte und rankt, nachdem bei der damaligen Gendarmerie auch kleine und kleinste Vergehen verfolgt und notiert wurden, ist es sehr wahrscheinlich, dass deren chronologische Aufstellung weitgehend vollständig ist, wobei der amtliche Terminus  "Müßiggang" sehr weitgefasst ist und von der Erregung öffentlichen Ärgernisses durch Herumlungern bis hin zum Konkubinat vieles umfassen konnte.

StA Landshut RegvNB KdI Rep. 168-1 Nr. 63944-II_0003  



Chronologische Zusammenstellung
der
Polizeiübertretungen, Vergehen und Verbrechen, deren der flüchtige Verbewcher
Michael Heigl


Seitdem er zum erstenmale der amtlichen Einschreibung verfallen, bezichtiget ist, mit Angabe des Standes der einzelnen Untersuchungen, dann in einzelnen Fällen mit Angabe der vorliegenden Ueberweisung oder minder dringenden Verdachtes als Urheber oder Gehülfe


1. 1837
wurde Michael Heigl wegen Müßigganges mit 12 Ruthenstreichen bestraft

2. 1840
Wurde Michael Heigl wegen Müßigganges mit Polizeiarrest abgestrafft

3. 1843

Befand sich Michael Heigl zum Behufe einer Arrestierstehung in hiesiger Frohnfeste, bei welcher Gelegenheit es ihm, als der inquirierende Beamte Landgerichtsassessor Fritz den Beschluss seiner Einweisung ins Zwangsarbeitshaus eröffnete, gelang, unbemerkt die Flucht zu ergreifen, seit welcher Zeit er auf flüchtigem Fusse sich befindet. ....

Aufgrund eines anderen Dokumentes können wir den Tag der Flucht Heigls genauer bestimmen, es scheint der 29.4.1843 gewesen zu sein. Dies ist deswegen interessant, weil dieses Datum es uns ermöglicht einen Zusammenhang zwischen einer anderen Straftat, der Verhaftung und dann eben dieser dokumentierten Flucht herzustellen. In der obig bereits angeführten Zusammenstellung folgt - sinnigerweise NACH der Fluchtbeschreibung - eine Diebstahlsmeldung und -verhandlung:

4. 1842

Ausgezeichnetes Diebstahlsverbrechen
zum Schaden des Josef Hakl Bauer von Hainzlhof in der Nacht vom 24. Dezember 1842

objektiv
Alle Criterien mit Hinblick auf Art: 7 der Diebstahlsnovelle von 1816. Werth der gestohlenen Gegenstände 36 fl. Heigl und Schreil angeschuldigt durch appellatios=gerichtliches Erkenntnis vom 11. April 1843 Spezialuntersuchung erkannt. Verfahren aus Mangel des Beweises eingestellt - selbe 2 Jahre unter die Polizeiaufsicht ihrer Wohnorte gestellt. Die Geschworenen würden unter den vorliegenden Verhältnissen das Schuldig gesprochen haben.

Die amtliche Entschließung vom 11.4.1843 mit der verordneten Polizeiaufsicht vor Ort, wurde vermutlich bei Michael Heigl wegen seiner Vorgeschichte  um die zusätzliche Maßnahme der zeitweisen Einweisung in ein Arbeitshaus erweitert, was ihn dann 14 Tage später, als ihm die Entscheidung eröffnet wurde, veranlasst hatte, die Flucht zu ergreifen, was offensichtlich in der Kötztinger Fronfeste damals relativ leicht zu bewerkstelligen war.
Einschub
Dieses  - für Kötzting zuständige - Arbeitshaus lag in Ebrach, in der nördlichen Oberpfalz und war, ich überlasse es der Phantasie meiner Leser den Grund dafür zu erahnen, auch der Namengeber für einen Kötztinger Ortsteil. Für uns Obermarktler wurde Alles jenseits des Torplatzes "Ebrach" genannt und die - gefürchteten - Gegner unserer Kinderbanden aus diesem Ortsteil waren eben alles "Ebracher"
Einschub Ende

Diese obige Auflistung hat Eingang in das "Strafregister" des Michael Heigl gefunden, bei der Gendarmerie in Kötzting stand er damals bereits viel öfter in Verdacht. Diese Taten, deren er sich verdächtig gemacht hatte, haben zwar Eingang in die "Erlebnisromane" über Michael Heigl gefunden, sind aber ihm nie tatsächlich angelastet worden. Die Tabelle passt aber durchaus zu seinen bereits unruhigen Jahren als junger Mann. Im Jahre 1847 jedenfalls musste der Kötztinger Brigadier Josef Haas die Tagebücher der Station Kötzting durchforsten und seinen Vorgesetzten in Landshut all die Anzeigen aufführen, die damals Michael Heigl in irgend einer Weise betrafen und das waren nicht wenige.
Hier die Einträge bis hin zu seiner Flucht:

3.11.1841

wurde(n) Michael und Adam Heigl wegen Uhrendiebstahl Verdachts zu 18 fl. Werts durch Brigadier Braun dem kgl Landgericht Kötzting angezeigt.

3.8.1842

wurde der Bauer Wolfgang Weiß von Arndorf wegen Unterschlupfgebung des dienst- und arbeitslosen Michael Heigl durch Gendarmen Zimmermann angezeigt.

3.9.1842

wurde Michael Heigl wegen fortgesetzter Beschäftigungslosigkeit und Vagieren arretiert und die Inwohnerin A.M. Gruber von Arndorf wegen Unterschlupfgebung durch Brigadier Zeiler angezeigt

16.11.1842

wurde Michael Heigl wegen wiederholter Dienstlosigkeit und unerlaubten Aufenthalt bei der Inwohnerin A.M. Gruber von Arndorf durch Brigadier Zeiler angezeigt.

23.12.1842

wurde durch Brigadier Zeiler bei der Konkubine Maria Gruber von Arndorf des Michael Heigl mehreres gestohlene Eisen, Kleidungsstücke und ein Pflug von bedeutendem Werte vorgefunden und mittels Anzeige dem kgl Landgericht Kötzting eingeliefert.

25.12.1842

durch Brigadier Zeiler angezeigt, dass bei der Konkubine des Michael Heigl mehrere gestohlene Kleidungsstücke wiederholt vorgefunden wurden.

26.12.1842

wurde Michael Heigl wegen Einbruch und Diebstahls Verdachts zu 13fl 38xr  Werts durch Brigadier Zeiler angezeigt.

27.12.1842

wurde Michael Heigl wegen Einbruch und Diebstahlverdachts zu 60fl Werts durch Brigadier Zeiler angezeigt                                                                 

Wie oben bereits angedeutet, scheinen die Untersuchungen und Begleitumstände zu diesem Einbruchsdiebstahl von Weihnachten 1842 eine Verbindung zu Heigl ergeben haben, was zu dessen Verhaftung führte, mit bekanntem Ausgang.

Den weltlichen Behörden war also Michael Heigl mindestens bereits seit dem Jahre 1837 ein Dorn im Auge ein richtiger Stachel im Hintern wurde er dann ab dem Frühjahr 1843.
Das Landgericht ist aber nur eine Behörde von mehreren.
Bereits vorher gab MH seiner Umwelt Anlass zur Beschwerde..... allerdings eher aus moralischen Gründen.

 .

Heigl Michael als junger Erwachsener mit „Familie“

Es gibt im Pfarrarchiv Kötzting unter der Signatur 309.1 einen Briefwechsel des Kötztinger Pfarrherrn mit dem Landgericht Kötzting, indem dieser die Zustände in dem Hause schildert, in dem sowohl Heigl wie auch seine Freundin Anna Maria Gruber zusammen mit einer ganzen Reihe an Männern, Frauen und Kindern wohnten, mit Zuständen wie in einer Studenten-WG in den 60er/70er Jahren.

Kötzting 14.April 1836
(Michael Heigl ist 19 Jahre alt, seine Freundin 17, was der Pfarrer nicht – noch nicht – weiß, ist, dass bereits das erste Kind der Beiden unterwegs ist.)

PfA Kötzting 309.1 

In dem Brechhäusl des Georg Schillinger zu Arndorf halten sich nachstehende Individuen auf.

A             Anna Maria Reininger Abdeckerstochter von Reitenstein über 50 Jahre alt und
                dies ist die Mutter von Anna Maria Gruber

B             Franziska Reininger ihre Schwester gegen 50 Jahre alt

Die erstere dieser Schwestern hat eine Tochter Anna Maria, geboren, am 3.9.1819 und die andere eine Tochter mit Namen Barbara, geb. 1807, wozu sie einen und denselben Vater Michael Gruber von Gaut in Böhmen haben.
Die Barbara Gruber ist wieder Mutter von zwey ausserehelichen Kindern Anna Maria Huber (geboren 1832 und Franz Xaver Schedlbauer geb. 1835) – das 4. Kind 1836 Theres Stelzl.
Die Anna Maria Gruber, 17 Jahre alt, lebt mit Michael Heigl, mit Martin Heigl Inwohnerssöhnen von Bäckendorf und mit Johann Bauer vulgo Bärnbube d.Z. in Reitenstein beim Häusler Neuberger auf die sittenloseste und ärgernisvollste Weise…..

Michael und sein älterer Bruder Martin, der 3 Jahre zuvor noch polizeilich gesucht worden war, leben also nun in einem kleinen (Neben)Haus in Arndorf in einer Wohngemeinschaft. Dann wird bekannt, dass Anna Maria Gruber schwanger ist und wieder schreibt der Pfarrer an das Gericht, zwei Wochen vor der dann erfolgten Geburt des ersten Kindes:

8.11.1836: Unter Anlegung des Schreibens der Gemeindeverwaltung Arndorf wird das k: Landgericht gebethen, gegen diesen Michael Heigl, der jeder Ermahnung und Warnung nur bösartige Drohung entgegensetzt, geeignet einzuschreiten.
8 Tage später kam das erste Kind, ein Michael:

PfA Kötzting Band 9 Seite 84
Michael illeg: - Hebamme Zachmann - Vater: Heigl Michael Inwohnerssohn Bäckendorf
Mutter Anna Maria Gruber Inwohnerstochter von Reitenstein
16. November 8 Uhr morgens
Getauft am 16. November in Kötzting durch den Expositur von Hohenwart D: Punzmann

Selbst ein Vormund wurde bestimmt: Josef Schreiner Häusler von Reitenstein.

Einschub
Diese Beschwerdeschrift des Pfarrers, belegt und bewiesen dann durch die Geburt des ersten seiner Kinder im November 1836,  KÖNNTE im Jahre drauf dann ursächlich für seine erste Bestrafung als "Mußiggänger" gewesen sein.
Einschub Ende

Im Jahre 1839 kommt das nächste Kind der beiden zur Welt.

PfA Kötzting Band 9 Seite 84

Christoph illeg -  Hebamme Zachmann - Vater: Heigl Michael Inwohnerssohn d.z. Reitenstein 
Mutter: Anna Maria Gruber uneheliche Abdeckerstochter Reitenstein. 
Geboren am 3. May um 4 Uhr morgens, getauft am 3. May in Kötzting
Taufpatin: Magdalena Forster Inwohnerstochter von Thenried 
Von späterer Hand hinzugefügt, enthält der Eintrag noch zwei weitere Einträge:
Am 25.11.1912 heiratete der Reitensteiner Fuhrknecht Christoph Gruber, Sohn der Maria Gruber, die Geschirrhändlerin Theres Vogl aus Reitenstein und zwei Jahre später, als Beckendorfer Häusler und Witwer, die Dienstmagd aus Großaign Barbara Liebl.
Ein Jahr später, Anna Maria Gruber ist mit Heigls drittem Kind schwanger, kommt die nächste Beschwerdeschrift über Heigls Benehmen und Umgang. Dieses Mal ist es der Bauer, bei dem die Gemeindeverwaltung die "Großfamilie-Heigl" zwangsweise an Georgi (= 23. April) einquartiert hatte. Der Halbbauer Georg Baumgartner aus Arndorf. schreibt am 18.7.1840 - wohl an den Kötztinger Pfarrer - , dass ihm an Georgi nachstehende Individuen in die Herberge eingestifft“ worden waren. 

Magdalena Brunner Inwohnerstochter von Arndorf mit 4 Kindern (Vater Alois Hofer)
Anna Maria Gruber, gerade mit dem dritten Kind schwanger (Vater Michael Heigl)

Der Pfarrer reicht nun dessen Beschwerdeschreiben 1 zu 1 an das LG Kötzting weiter, ergänzt die Fakten des Bauern Baumgartner noch durch einige moralische Beschwerdepunkte und fordert das LG Kötzting auf, pflichtgemäß zu reagieren..

PfA Kötzting 309.1 

Diese beiden Purschen Alois Hofer und Michael Heigl frequentieren die genannten zwey Weibsleute in ihrer abgelegenen Wohnung, vielmehr Schlupfwinkel ohne Unterlaß, finden sich vorzüglich 

PfA Kötzting 309.1 

an Feyrtägen unter der Gottesdienstzeit und wohl auch bei der Nacht dort ein und führen ein Leben der sittenlosesten und ärgernisvollsten Art.
Diestemnach wird ein k. Landght höflichst gebetthen, diese pflichtgemäße Anzeige nach dem bestehenden allerhöchst Gesetzen zur würdigen und gegen die genannten Individuen Isbäldest geeignet einzuschreiten.
Das Landgericht forderte nun die Gemeinde Arndorf auf, sich zu erklären und dies ist ein erster Hinweise auf die prekäre Situation, in der sich Teile der Kötztinger Bewohner befanden.
Zuvor jedoch, am 20.11.1840, entband Anna Maria Gruber ihr drittes Kind, dieses Mal eine Therese, die, am selben Tag zwar noch schnell getauft, am 20. November 1840 dann an der Frais gestorben und am 22. November schon wieder begraben worden war.

PfA Kötzting Band 9 Seite 110
Das zusätzlich Besondere an diesem Eintrag ist der Taufpate: "Josef Schreil, Inwohnerssohn von Reitenstein", und die Tatsache, dass auch hier erneut ein "Cur"(ator) mit Michael Raimer, einem Häuslern aus Reitenstein eingetragen wurde.
Mit diesen Josef Schreil aus Reitenstein haben wir vermutlich jenen Kumpan Michael Heigls, der zusammen mit ihm den Bauern Hakl ausgeraubt hatte, und mit der darauffolgenden Verurteilung Heigls Flucht begann.
Gut ein Monat später, am 27. Dezember übersandte die  „Landgemeinde=Verwaltung Arndorf“ pflichtgemäß unter dem Betreff:  „Unerlaubtes beysammenwohnen lediger Personen“ eine ganze Liste an sogenannten „Polizeifrevlern“, die im Bereich der Gemeinde Arndorf in den unterschiedlichsten "Quartieren" einen interessanten Einblick in das Leben der damaligen - mit Verlaub - Unterschicht geben.

Interessant sind hier auch die ganz besonderen (Kampf-) Namen, unter denen die Männer damals bekannt waren. Auf der Liste befanden sich   
in Beckendorf:  ein Uhrrichter namens Joseph Fendl bei Johann Wihr vulgo Schleik
in Arndorf:
Johann Bauer vulgo Bärn (derselbe Johann Bauer, der schon mit dem jungen Michael Heigl in einer WG gewohnt hatte).
Weiter stand unter Arndorf:  „beym Georg Baumgartner sind nach Abordnung der Gemeinde Maria Gruber und Magdalena Brunner mit ihren Kindern, bey Ersteren kommt der Michl Heigl von Reitenstein zu Letzterer der Alois Hofer, vulgo Kolleralois, von Gehstorf für beständig; die Maria Donhandl beym Hirten alldort wurde der k: Gendarmerie angezeigt“.
in Grub:
Beim Michl Weber wohnt die Witwe Theres Schillinger … zu welcher der N: Heindl vulgo der alte Halludri“ häufig kommt.
dann die Katharina Vogl zu der „Sebastian Bauer vulgo Schweizerwastl“ kommt und die Theresia Vogl, die der viermaligen Entbindung nahe ist.
Beim Franz Vogl wohnt „Johann Forster, vulgo Lohrerhannes“ mit seiner Freundin „als wie verheiratet“.

Weiter berichtet die Gemeindeverwaltung über eine weitere Hausgemeinschaft, nun aus Hofern, die ihr immer wieder großen Verdruss bereitete, und schreibt im Einzelnen: "Überhaupt ist diese Familie sehr befürchtend, da immer 3 auf 4 große Söhne sich zeigen, welche die Arbeit fürchtend, sich verdienstlos herumtreiben, auch sieht man bei selben  zwey große Fanghunde öfters, auch soll diese Familie nach späterer Erfahrung den entsprungenen Johann Bauer und die Tochter Barbara 3 Tage verheimlicht gehalten haben…..
Zusammenfassend beschwert sich die Gemeinde über die Aufwendungen, die für diese Personengruppe aufgebracht werden müssen, auch, weil diese damit den „ernstlichen und ehrlichen Inleuten die Beherbergung erschwerend sind, so wie auch durch unerschöpfliches Holzsammeln um solches an andere veräußern zu können, wovon der Johann Bauer zu Arndorf und Anna Baumann zu Grub mit ihrem Bull Forster oder Lohrer den Meister spielen....“
Größtenteils sind vorgenannte Burschen der Gemeinde und Gegend sehr gefährlich, da auch solche sich durch Raubpecheln ihre Nahrung suchen, wo in den Gehölzen selbst alle Stämme angerissen /:welches kein geübter und erlernter Pechler nicht thun wird:/ um durch den übrigen Ausfluß des Peches der Stamm unmittelbar die Fäulung oder gänzliche Ausdorrung zur Folge haben muss….

(Welches) einem kgl: Landgericht zur dienstschuldigsten gehorsamsten Anzeige bringt mit beygefügter Bitte: solches im Stillen zu vernehmen, ansonst sich bey solcher, meistens verschmitzter Klasse von Menschen, an Leib und Leben äußerst gefährdet findet.

Gezeichnet ehrfurchtsvoll als gehorsamst
Georg Brunner Vorsteher

Der Gemeindevorstand von Arndorf fürchtete also bereits um Leib und Leben, nur weil er der übergeordneten Behörde pflichtgemäß deren Anfrage beantwortete. 
Auch hier KÖNNTE es einen Zusammenhang zwischen Heigls nächster Verurteilung wegen Müßigganges und der dreifachen Beschwerde über ihn durch Pfarrer, Bauer und Gemeindeverwaltung  Arndorf gegeben haben.

Nun wäre es Interessant herauszufinden, wo Michael Heigl und seine Geliebte denn in diesen Jahren vor seiner Flucht gewohnt hatten.
Zum ersten war dies das Brechhaus des Georg Schillinger und zum anderen der Halbbauer Georg Baumgartner, beide Gemeinde Arndorf.
Im Liquidationsprotokoll des Vermessungsamtes Cham finden sich beide Besitzer mit ihren Anwesen.

Vermessungsamt Cham Gemeinde Arndorf: Georg Baumgartner Hausnummer 3 und Georg Schillinger, der obere Abdecker, auf der Nummer 11.
Ausschnitt aus Bayernatlas.de
Im Wald oberhalb von Reitenstein und Arndorf, befindet sich hinter den an die Kötztinger verteilten Waldgrundstücke der ehemaligen Hofmark Reitenstein, das Anwesen des "oberen Abdeckers" Georg Schillinger.
Ausschnitt aus Bayernatlas.de
Mitten im Walde auf einer kleinen Lichtung stand dieses Ensemble an Haus- und Wirtschaftsgebäuden und in einem dieser Holzhütten wohnte die zu Anfang - 1836 - beschriebene Wohngemeinschaft.
Am 28.8.1833 hatte Georg Schillinger das 1/32 Gut in Arndorf von Franz Raininger gekauft.
Das Anwesen wird beschrieben mit:

Vermessungsamt Cham Gemeinde Arndorf: Haunummer 11 
"Das 1/32tel Rainergütl mit realer Wasenmeistersgerechtigkeit 
Gebäude:
Wohnhaus samt Stübl und Stall unter einem Dache, besonderer Stadl mit Wasenmeisterstätte, Wagen und Holzschupfe, Backofen und Hofraum."


Auch heutzutage sieht man dem Ensemble in Waid noch die gestreckte Form aus seiner Entstehungsgeschichte gut an. Detail aus Bayernatlas.de


Bei seinen nächsten zwei Kindern wohnte die junge Heigl-Familie dann beim Bauern Baumgartner unter der Hausnummer 3 in Arndorf. Dieser besaß nur ein einzelnes Wohnhaus und hatte die unerwünschte Wohngemeinschaft vermutlich tagtäglich als Ärgernis vor Augen.

Vermessungsamt Cham Gemeinde Arndorf: Haunummer 3
Georg Baumgartner hatte seinen Hof im Jahre 1814 von seiner Mutter übernommen, der mit dem Hausnamen "Gaberhell" im Liquidationsprotokoll vorgetragen ist.
"Der halbe Gaberhell oder Baumgartnerhof"
Gebäude
Wohnhaus samt Stall unter einem Dache, besonderer Stadel mit Schupfe, Backofen und Hofraum.
"

Hier die Situation heutzutage aus Bayernatlas.de

Von weiteren Wohnorten ist nichts bekannt geworden, so dass anzunehmen ist, dass auch das vierte Kind der beiden, Georg Heigl/Gruber, dort in Arndorf beim Bauern Baumgartner auf die Welt gekommen ist.
PfA Kötzting Band 9 Seite 149
"Georgius - Hebamme Zachmann - Vater Heigl Michael, Inwohnerssohn in Reitenstein wohnhaft.
Mutter Anna Maria Gruber uneheliche Abdeckerstochter aus Arndorf.
Geboren am 15.1.1842 um 9 Uhr abends, getauft am 16.1.1842 durch den Kooperator Graßl.
Der Taufpate war ein Georg Schindler, Inwohnerssohn von Hofern und der nächste Curator, also Vormund des Kindes, war der Reitensteiner Häusler Georg Müller.

In diesem damals nur moralisch verwerflichen Lebenswandel steckt vermutlich der amtliche Vorwurf des Müßigganges, der Michael Heigl zuerst 12 Rutenstreiche und beim Wiederholungsfall dann einen - unbekannt wie langen - Polizeiarrest einbrachte. 
Vermutlich erst der dringende Verdacht eines gemeinschaftlich begangenen Diebstahls brachte ihn zuerst  in (Untersuchungs)Haft und danach, als daraus dann Ernst zu werden drohte, nutzte er die erste beste Gelegenheit und ging am 25.4.1843 stiften.
Und nun beginnt eine mehr als 10 jährige Jagd auf den Beckendorfer Inwohnerssohn Michael Heigl , der es klug verstand, sich aus der Besonderheit der örtlichen Besiedlung und Bevölkerung, der Unwegsamkeit des Geländes und der Tatsache, dass die vielen von außen geschickten Jäger und Gendarmen ihn überhaupt nicht kannten, sich Vorteile zu verschaffen. Und wenn ihm der Boden gar zu heiß unter den Füßen geworden war, dann verließ er eben die Gegend für kurze Zeit. Die Rede ist sogar von Wien und Ungarn, aber da sind wir wieder im Bereich des "Nix G´wiss woas ma net". Dass er sich auch jenseits der Grenze aufgehalten hatte - bzw. man ihn dort auch vermutete -, ergibt sich auch aus den Dokumenten, die man bei seiner Festnahme gefunden hatte und den Behördenschreiben, die der damalige Landrichter Carl von Paur auch an böhmische Hauptmannschaften (dasselbe wie bei uns die Landgerichte) wiederholt geschickt hatte, allerdings ohne positive Rückmeldungen.
Aber dazu möchte ich im nächsten Teil zuerst einmal aufzeigen, wie es im Bayerischen Wald - in einem viel größeren Ausmaß als in anderen Gegenden Bayerns - zu dieser anwachsenden Schicht an Inleuten in einer äußerst prekären Lebenssituation gekommen ist und deren Abhängigkeiten aufzeigen.

Hier noch einmal der Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:

Zum Einstieg:  ein Bild und seine Geschichte: das Laumerhaus von Gotzendorf
Teil 1 der Dokumentation: Der Familienverband des Michael Heigl
Teil 2 Die Heigls in Beckendorf
Teil 3 Michael Heigl im Spiegel der Veröffentlichungen

Wird fortgesetzt

Freitag, 12. August 2022

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 47 beim Leßzkier

 Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden. 




Alte Hausnummer 47
Beim Leßzkier


Detail aus Bayernatlas.de Uraufnahme von 1831 

Bei diesem Anwesen - rechtlich gesehen nur ein Haus - haben wir den Vorteil, dass das benachbarte Grundstück - alte Hausnummer 48 - ein Marktlehen gewesen war, das in der Grundbeschreibung von 1650 aufgeführt ist und zur eindeutigen Festlegung eines Anwesens die Benennung der jeweiligen Nachbarn gehörte. Häuser wurden in der alten Steuerliste sonst nicht aufgeführt.
HStA München Landshuter Abgabe B1 Grundbuch Kloster Rott von 1650ff


"Herr Georg Löffler hat ain Behausung aufm Pichl. Zwischen Georgen Pfeffer Schlossern und Georgen Mayr Preumaistern. darzue gehört ain halb Marckhtlehen mit nachvolgenten Grundt und Poden."

Mit diesem Schlosser Georg Pfeffer haben wir nun einen belegbaren Besitzer des Hauses. Gleichzeitig ist die Ortsangabe "aufm Pichl" interessant. Später wird aus diesem Begriff, die Kötztinger Ortsangabe "auf der Höh"
Da der Beruf (Schlosser) und der Name Pfeffer derselbe ist, bin ich mir sehr sicher, dass in dem  Schlossermeister Wolfgang Pfeffer, der ausschließlich vor dem Auftreten von  Georg Pfeffer in den Akten zu finden ist, der Vater und Besitzvorgänger des Georg anzusehen ist. Eine weitere Sicherheit bei dieser Schlussfolgerung gibt die Jahrzehnte spätere dokumentierte und aufwändige Transferierung dieser Schlosserwerkstatt  - wohl nach einer Zahlungsunfähigkeit des Schlossern - in die markteigene Wuhn.


Pfeffer Wolfgang, Schlossermeister

Von diesem Schlossermeister finden sich einige Nachweise in den Akten.
Bereits 1596 und 1597 findet er sich in den Kötztinger Kirchenrechnungen, als er sich zuerst 30 und dann noch weitere 30 Gulden bei der Pfarrkirche Kötzting als Hypothek hat eintragen lassen.
PfA Kötzting KR von 1596
"Item Wolf Pfeffer Burger und Schlosser von Wolfgang Pains Ingehebten 30 fl Hauptsach zu Zünß 1 fl 3 xr 15 h"

PfA Kötzting KR von 1597










"Item Wolf Pfeffer burger und Schlosser ist auf Wolfgang Pains ingehebten 30 fl Hauptsach fürgestreckt worden 33 thuet Hauptsach 63 fl zue Zins "

Im Jahre 1599 kaufte das Landgericht Kötzting ein Pfund Blei.
StA Landshut Kurbayern Hofkammer RMA Straubing R 2537 von 1599
"Item umb ein Pfundt Pley. So man zu den Zollzaichen gepraucht ausgeben"
Der Schlosser Wolfgang Pfeffer machte anschließend daraus die gewünschten Zollmarken.

"Wolffen Pfeffer Schlosser zu Khözting von solchen Zaichen zeschlagen bezalt 10 xr 1 H"


Aus dem Jahre 1605 wissen wir, dass er vom LG Kötzting mit 4 Schilling Pfennigen wegen Ungehorsams bestraft wurde.

StA Landshut Rentkastenamt R 2327
"Wolf Pfeffer Schlosser zu Khözting ist umb das er wider Georgen Wallnpaurn von Wetzell über beschechens Verschaffen zum Verhör nit erschienen gestrafft per 1 fl 18 Regensburger Pfennige "

Vom Kötztinger Kastenamt erhielt Wolf Pfeffer  gut 3 Gulden für seine Arbeit.
StA Landshut Rentkastenamt R 2479
Wolfen Pfeffer Schlosser von zwayen Banckhschlossern und mehrerlay Arbeit Innhalt 2 Zöttlen N. 15 geben 3 fl 3 Schilling Pfennig 8 Pfennig

Im Jahre 1610 wurden viele Ausbesserungsmaßnahmen im und am Schloss in Kötzting durchgeführt. Bei einigen Leistungen findet sich unser Schlossermeister.  In der Rechnung des Kastenamts Kötzting - dieses war für die Baumaßnahmen zuständig - gibt es einen Eintrag, in dem unter anderem von dem "Turmloch" die Rede ist, das wir heute noch zentral im Pfingstrittmuseum sehen können.

StA Landshut Kurbayern Hofkammer RMA Straubing R 2619 von 1610

"Ausgab auff Gepey des Schloß Közting
Den 9 February dis Jars Wolffen Hochholzinger Schreiner allhir zu Khözting aus Bevelch Fyrl Drl Rath und Renndtmaisters umb ein Gerichtstruhen, zum Hinderleg  Gellt und für ein Neuen Stockhenspundt über das Turm Lock, sambt einem Rigl. Lautt dessen Zetl N 3 zalt 1 Gulden 3 Schilling Pfennige 15 Pfennige
Von ermellten Truhen
Wolffen Pfeffer Schlosser allda zubeschlagen. Innhalt dessen Zetl N 4 1 Gulden 4 Schilling Pfennig 20 Pfennige"
Das "Angstloch" im Turm - damals gab es an dieser Stelle noch einen zusätzlichen Turm im Kötztinger Schloss  -, heutzutage mit einer Glasscheibe abgedeckt, besaß damals einen versperrbaren Holzdeckel.
Im selben Jahr wurde er für ein "Schloss am Aeussern Gang beim Pulverturm" bezahlt. Der Pulverturm bzw. umgangssprachlich der Hungerturm enthält heutzutage das Kötztinger Pfarrarchiv.
Ebenfalls aus dem Jahre 1610 stammt folgende Reparaturrechnung:

StA Landshut Kurbayern Hofkammer RMA Straubing R 2619 von 1610
"Wolffen Pfeffer Schlosser umb das er das Halb Landthueter Schaff Korn widerumb allenthalben gehefft und zuegericht geben N. 11 1 Schilling Pfennige 22 Pfennige 1 Heller"
Weiter gehts im selben Jahr mit der Bezahlung für "2 Schloss von die Thiern der Gaeng darauf die Ruestung verwart". 
Weiter gehts im Jahre 1619. Hier bekommt er 1 Gulden und 36 Kreuzer "fuer Schloss , Felsen und Pendter an das Risstkhemerl im Flez darin man die Notturfft Khuegl fuer das Fendl aufhelt geben"

Ein letzter Beleg stammt aus dem Jahre 1635, in dem in den Kirchenrechnungen berichtet wird, dass der Schlosser Wolf Pfeffer im Jahre 1625 für den damaligen Bader Christoph Müller und dessen 100 Gulden Schuld bei der Pfarrkirche als Bürge erscheint.

Pfeffer Georg und Anna


PfA Kötzting Matrikel Band 1 

Nach der Brandkatastrophe Kötztings Ende November 1633 erstellten die jeweiligen Pfarrherrn eine Art von Bestandsaufnahme ihrer Pfarrkinder - genannt Status animarum, also Seelenbeschreibung - und ergänzten diese in zwei weiteren Durchgängen. (1636,1657 und 1659)

Hier in diesem Ausschnitt finden wir zuerst die Aufnahme der Basisfamilie von 1636 mit
"Georg Pfeffer Schlosser und seinem Sohn Peter "
Einschub
Peter wird hier als filius, also Sohn bezeichnet, während sein Bruder Christoph und seine beiden Schwestern unter der Rubrik inf(ans), also Kinder fungierten. Das Lebensalter machte wohl einen Unterschied.
Einschub Ende
"Anna seine Ehefrau und die folgenden Kinder: Christoph, Veronika und Sabrina."
Im Hause wohnte offensichtlich auch noch eine Frau namens "Pösl Barbara."
Mit einer anderen Handschrift eingetragen steht der Schlosser Georg Pfeffer dann alleine in der Liste.
Nachdem in den Geburtsmatrikeln Kötztings - erst langsam einsetzend ab dem Jahre 1636 - noch weitere Kinder Georg Pfeffers auftauchen, kann man wohl mit Sicherheit davon ausgehen, dass der obige Eintrag von 1636 stammt und damit die überlebende Rumpffamilie nach der Schwedenkatastrophe darstellt.
Aus dem Jahre 1646 findet sich im Staatsarchiv in Landshut eine Auflistung der Kötztinger - wehrfähigen - Bürgerschaft, aufgeteilt auf "Vollbürger" und Inleute.
Dies gibt uns neben den Namensnachweisen auch eine Vorstellung davon, wie groß die Kötztinger Bürgerschaft 13 Jahre nach den Kriegsereignissen gewesen ist.
StA Landshut Regierung Straubing A 535
"Lista
Darinnen zuersehen wie Starkh die Buergerschaft im Marckht alhir zu Khözting, mitsambt den Jhenigen so den Rath Beysizen ist .
."
StA Landshut Regierung Straubing A 535
Darin findet dich in der Liste gleich unter der "Schleglschen Behausung" unser Georg Pfeffer

Die Liste weist 81 männliche Bürger und 29 Inleute auf. 110 Männer umfasste also der Markt Kötzting im Jahre 1646. Während die Inleute damals zum Großteil eher Einzelpersonen waren, sollten die Bürger eher die Vorstände von Familien gewesen sein.
Um eine grobe Näherung zu erzielen, würde ich die Zahl der Inleute mit 2 und die der Vollbürger mit 5 multiplizieren, um eine ungefähre Vorstellung davon zu bekommen, wie viele Einwohner der Markt damals gehabt haben könnte und komme damit auf 463 Personen. Ergänzt man diese Zahl noch um einige "Beamte", Angehörige des Priorats und die Knechte und Mägde der Marktlehner, so landen wir in einem Bereich von sicherlich immer noch unter 600 Einwohnern.

Wir wissen, dass das Rathaus und die beiden dahinter liegenden Häuser komplett durch den Brand zerstört wurden. Ob auch sein - Pfeffers - Haus betroffen war, ist nicht bekannt, es steht allerdings wegen der dichten und hölzernen Bebauung zu vermuten, dass er ebenfalls ein Brandleider geworden war.
Das Rathaus jedenfalls war nur noch eine Ruine und musste komplett neu errichtet werden, was den Maurern, Zimmerleuten und natürlich auch dem Schlosser viel Arbeit einbrachte.
1635 wurde zunächst der Rohbau und der Dachstuhl errichtet
StA Landshut Markt Kötzting MR von 1635
"Georgen Pfeffer Schlosser, umb verrichte Arbeith zum Rathaus bezalt 48 xr"
Auch das "Inventar" des Rathauses hatte gelitten bzw. war zerstört und musste erneuert werden.
StA Landshut Markt Kötzting MR von 1635
"Geörgen Pfeffer Schlosser für ain Neues March Eisen zur Prennung der Maß und Ellen bezallt 20 xr"
StA Landshut Markt Kötzting MR von 1635

"Für ein neues Schlössl zue der Geigen bezalt 12 xr"
Auch wenn das Kötztinger Schloss weitgehend unbeschädigt geblieben war, so hatte es doch einzelne Brandschäden erlitten und so wurde nun das zerstörte Verhörzimmer für eine Gerichtsschreiberwohnung umgebaut. Auch hier bekommen wir durch die Beschreibung eine Vorstellung, wie mühselig auch damals der Behördengang ablief.

StA Landshut Rentkastenamt R 2502
Ausgab auf Gepeu 
Schloß Khözting

Nachdeme Sr churfürstliche Durchlaucht die gnädigste Verwilligung gethan, das in dero Schloß zu Khözting, die vom Prandt yberbliebne Verhörstuben, und darbey vorhandtne Zimmer für den churfürstlichen Gerichtsschreiber alda zu unentpörlichen Wohnung zuegerichtet werden solle. Demnach ist solch gnädigster bevelch gehorsambiste Vollziehung beschechen. Dieweillen aber Crafft mehrhöchstgedacht gd. churfürstlich Rhath und Herrn Rentmaister zu Straubing an mich abganngen Bevelchschreiben, so mit No 6 hiebey ligt nur von 20 bis in 30 fl uncosten bewilliget worden. Yedoch mit solchen uncosten nit zuegericht werden khünden...als thuet sich solcher Pauuncosten wie hernach specificiert zusehen auf 40 fl 2 xr erlauffen.

StA Landshut Rentkastenamt R 2502

"Georgen Pfeffer Schloser ist auch Inhalt seiner hiebey fündigen mit No. 8 bezaichneten Zetl umb sein Arbeith bezalt worden  9 fl 20 xr"
Zwei Jahre später musste er "den Poden im Rathaus" beschlagen, der offensichtlich eine Blechbedeckung erhielt.
Auch für die Pfarrkirche hatte er zu arbeiten. Im Jahre 1640 erhielt er gut 3 Gulden für " 3 Glocken zebringen und 1 Schlissl zum venerabile", also zum Allerheiligsten.
Nach diversen kleinen Aufträgen, wie einen Schlüssel zum Schloss der St. Katharina Kapelle. einen ebensolchen "Schlüssel für das Tor zur Tortur" traf es ihn im Jahre 1658 ganz hart.
Der Schlosser Georg Pfeffer wurde verhaftet und gefoltert. Was war passiert?

Der Opferstockraub von Weißenregen


Im Rechnungsband des Pfleggerichts Kötzting von 1658 kann man Genaueres nachlesen.
StA Landshut Rentkastenamt R 2363
"Und nachdeme wegen aines entwendten Schloß vom Allmosen Stockh zu Weissenregen, georg Pfeffer Schlosser zu Lhözting, in besen Ver(dacht)"
"(dacht) kommen, seithemallen er selbiges Schlos verkauft hat, aso noch weiter Argwohn auf ihn ervolgt, ist er den 12. 7bris zu verhafft gezogen, examiniert: und sein gietliche Aussag, neben ainem gehorsambuisten Ambtsbericht, vilhochernannten lobl. Regierung underthenigist ybersendt worden, derowegen dem Landtgerichtsambtman, welcher ihme Pfeffer, auf dem von Khözting Verwahrung ybernommen, sein gebührnst verraicht, lauth der Zötl no. 10 34 xr 2 H.
Einschub
Der Gerichtsamtsmann durfte im Markte Kötzting niemanden verhaften. Pfeffer wurde also zuerst auf Aufforderung des Landgerichts vom Magistrat verhaftet und dann dem gerichtischen Amtmann überstellt.
Einschub Ende
Dem 14. diss wegen Vorfihrung zu dem ersten gietlichen Examen  8 xr  4 H
Dem 25. dito abermallen zur Gietlichen Examen vorzufiehren ihme Ambtmann zalt  8 xr 4 H

 

Dem 8. Octbris ist der Pfeffer, crafft gdisten Regierungs Bevelch in loco torture, und in eingeschlagenen Haggen examiniert worden, gebührt desthalben dem Ambtman 1 fl 8 xr 4 H.

Den 18. Octbris hat auf ervolgten weidern gdisten Regiments Bevelch offtgedachter Pfeffer, vermittels der Painschrauff, abermallen examiniert und deshalben dem AMbtman von dem vorfiren Verraicht werden miessen 17 xr 1 H
"Vom 17. Septber bis 29. October inclusiae als 46 Täge, iedes Tags für die hergebne Aztung 1 Schilling Pfenning trifft
6 Gulden 51 Kreuzer 5 Heller
Das gebräuchliche Sizgelt, auch vor das Holz, Leicht, seiberung und anders teglich 3 xr macht die 48 Tege   2 fl  24 xr
Ein- und Ausschlisgeld   17 xr  1 H
Als ihme Pfeffer der gdge Regiments Bevelch datirt den 25. Octobris ( Crafft dessen er ohne Bezallung der Aztung wider entlassen werden miessen) puclicirt worden, hat dem Ambtman wegen der Vorfierung gebürt  8 xr 4 H"


"Dem Scharffichter umb dieser crafft gdisten Regts bevelch offtgedachten Pfeffer mit der Painschrauffen torquirt, inhalt seiner Zötl No 11 geben 7 fl 30 Kreuzer."

Georg Pfeffer konnte also ein Diebstahl nicht nachgewiesen werden - auch unter der Folter hatte er keine Schuld zugegeben - und so musste er nach 48 Tagen in der Haft wieder freigelassen werden.
Bereits im Jahr drauf steht er mit " 2 Schlüsseln zum Ambtshaus" wieder in der Pfleggerichtsrechnung. Er lieferte also Schlüssel für dasselbe Gefängnis, in dem er selber im Vorjahr eingesperrt gewesen war.

Nun geht die Zeit der Schlosser auf dem Haus ihrem Ende entgegen. Wir kennen nicht den genauen Zeitpunkt des Besitzerwechsels jedoch scheint ein Zeitraum um 1660 als wahrscheinlich.
Es ist bekannt, dass der Schreiner Andreas Lehner der nächste Besitzer gewesen war. Zwischen Pfeffer und Lehner passt zeitlich eigentlich kein anderer Besitzer dazwischen, auch wenn wir es nicht ausschließen können.


Andreas Lehner und Walburga Knöll

 

Der Schreinermeister Andreas Lehner, den wir ab dem Zeitraum von ca, 1660er Jahre in der heutigen Rathausgasse verorten können, hatte zuerst im Roßmarkt ein Marktlehen besessen, das er durch seine Verehelichung von seinem Schwiegervater erhalten hatte.
Obwohl das Verhältnis zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn alles andere als entspannt war, hat es doch den Anschein, als ob beide Parteien wieder zusammen in das neue Haus gezogen wären.
1662 jedenfalls saß der Schreiner bereits auf dem Haus in der Rathausgasse.
In einer späteren Beurkundung seines Sohnes ist vermerkt, dass die Schuldverschreibung beim Spital über 60 Gulden vom 15.3.1661 stamme. 

StA Kötzting Spitalrechnung von 1662

"Andreen Lehner Schreiner 20 fl hierumben er sein Behausung verschrieben, mach der T
Zünß 1 fl"
Um das Jahr 1666 herum sah der Markt Kötzting eine Gelegenheit, seine Wuhnbehausung um eine Werkstätte zu erweitern, die er in den folgenden Jahrzehnten  gut verpachten konnte. Vermutlich hat auch JP Hager seine Kunstwerke in der Wuhnwerkstatt gefertigt..
Der Kötztinger Rechnungsführer notierte, dass die „dem Markt gehoerige alte Wuhnbehausung umb mehr und besonders Nuzen willens ain Schlosser werkstatt als vorhero solcher Gerechtigkeit von Ander Lehners Behausung zu versagt gemainer Markts verkhaufft worden. Hat der eingestueffte Schlosser Arnold Paar mit allem was er selbst wegen verreichter Schlosser Arbeit verdient.“
Der Schreiner Andreas Lehner hatte vermutlich mit der Schlosserwerkstatt seines Vorgängers nichts anfangen können und so kam der Markt in den Besitz einer funktionstüchtigen Schlosserwerkstatt.
Im Jahre 1669 war Andreas Lehner offensichtlich in einen juristischen Streit verwickelt, deren Inhalt - es ging um eine Beleidigung - allerdings im Dunkeln bleibt. Auf Anordnung der Regierung in Straubing muss Andreas Lehner nun die Prozesskosten bezahlen - stolze 11 Gulden -, die er jedoch auf Raten abstottern darf.
StA Kötzting Marktrechnung von 1669
"Gemaine Einnamb
Wegen Andreen Lehner, burger und Schreiners alhi, mit Cammerer und Rhat, in causa Iniuriarum, gehebten Strittsach, hat man zu hießigen Gericht commissions uncosten 10 fl 40 xr erlegen miessen, doch von lobl. Regkierung erkhennt worden, das man selbig gleichwoll wider bei ihme Schreiner mitls der Execution einbringen solle, waryber er umb gedult gebeten, und hiran abschlag erlegt 5 fl 30 xr.
"

1672 dann durfte er  1 Tag im Amtshaus verbringen.

StA Landshut Rentkastenamt Landgerichtsrechnung von 1672
"Andree Lehner Burger und Schreiner zu Közting, hat Peter Peringer, auch Burger und Schreiner daselbst, yber vorhero beschechens worttwxeln ainen Schelmb, Dieb und redo: Hundf(ott) iniuriert, derowegen dem Lehner die Ehrensatisfaction gerichtlich aufgetragen und ... mit Verweis 1 Tag in das Ambtshaus geschafft worden, aus Unvermögenheit an Gelt aber    NIHIL."
Im selben Jahr durfte er noch weitere zwei Tage im Amtshaus verbringen, da er sich mit einem anderen Schreiberkollegen - Hans Immerl - ebenfalls einen "Wortwechsel" geliefert hatte.
Wegen seines Berufs finden sich auch bei ihm viele Bauleistungen in den unterschiedlichsten Rechnungsbüchern.
1673 bekam er 10 Kreuzer vom Markt, als er "in die Thier bey dem Clainen Stibel ob dem Rathaus ainen Schub wie auch die ausgefertigte Quartiersordnung uf ain Tafel gemacht"
1674 verdiente er sich 1 Gulden und 5 Kreuzer, weil er die Marktrechnung nach Straubing getragen hatte. (Die Marktrechnungen mussten natürlich von der vorgesetzten Behörde laufend kontrolliert werden) Im selben Jahr saß er wieder einen Tag lang im Amtshaus, nachdem er den Braumeister Georg Kollmer einen Dieb gescholten hatte.
1676 fertigte er neue Fenster für das Rathaus und verschuldete sich 1678 neu mit 100 Gulden, als er und seine Frau ein neues Marktlehen im Rossmarkt erwarben, welches sie aber postwendend dann weiter veräußerten.
Mit den Mitgliedern der Familie Peringer, Wolfgang und Peter, stand er regelmäßig vor Gericht und landete ebenso regelmäßig immer wieder einen oder zwei Tage im Amtshaus.
1679 nun beleidigte er den verstorbenen Vater der beiden Brüder, indem er behauptete, dieser "hätte in Lebszeiten mit Peitlabschneiden zuthun gehabt".  Die direkte Folge: wieder einmal für einen Tag ins Gefängnis.

Hans Lehner und Maria Anna Mühlbauer


Auch bei dieser Besitzübertragung kennen wir das Datum nicht, da der Zeitraum sich vor dem Beginn der Kötztinger Briefprotokolle befindet, jedoch kennen wir das Heiratsdatum des Schreiners Johann Lehner, Sohn des Andreas mit der Maria Anna Mühlbauer, der Tochter des "gewesten Hofschneiders des Weißenpiers zu Furth" Hans Mühlbauer
PfA Kötzting Band 2 vom 19.11.1685 Heiratseintrag des Hans Lehner mit der Maria Anna Mühlbauer
Wie schon bei seinem Vater lösen sich auch beim neuen Hausbesitzer und Schreiner die Einträge über Handwerksleistungen mit denen von kurzen Gefängnisstrafen ab.
Schon 1684 steht er in der Marktrechnung über den Rathausumbau mit "5 großen Läden und 2 Fensterstöcken." Im Jahr drauf arbeitete er an der Wuhn, wo er neue Stuben und Kammertüren einbaute,  und im Brothaus, wo 4 neue Läden an den Fensterstöcken benötigt wurden.
1687 stritt er sich mit dem Bildbauer Joachim Kaltenbacher, seinem Nachbarn, was beiden einen halben Tag im landgerichtischen Gefängnis einbrachte.
In einer Liste der Kirchentracht steht er nur als "Schreiner am bühel" mit 2 Kreuzern, der Summe für ein Haus.

HStA München GL_Fasz_1829_62_0016 1688


1693 dann musste er sogar eine Geigenstrafe über sich ergehen lassen, als er von Peter Knaupp angezeigt worden war. "Ihn  - also Hans Lehner - hat Peter Khnaupp auch Bürger und Küffner alda bezichtigt, er hätte Ihme als wie ain Schelmb nachgesagt, derentwillen die Schendtung nit
allein ex officio aufgehoben, sind auch bemelter Lehner neben Verweis 4 Stundt lang zur Straff in Stockh condemniert worden."
Zwei Kinder nur bekam das Paar.
Im Jahre 1695 verschuldete sich das Ehepaar, um seiner Mutter die Aufnahme in das Kötztinger Spital zu ermöglichen.
StA Kötzting Spitalrechnung von 1695
"Hans Lehner burger und Schreiner alda seint die ienige 40 fl auf Zünß billigent gelassen worden, umb welche dessen eheleibliche Muetter, sich in das alhisige Spitall einkhaufft, zu genuegsamb und gebürent versicherung aber, hat derselbe sein unlangst keufflich an sich gebracht: und anietzo besizente burgers Behausung dem 7. July Anno 1685 sambt all anderes seinem iezig und khenfftigen vermögen Underpfandtweis verschriben: und allweegen zu H: Jacobi Landtsgebreuchig zuverzünsen versprochen thuet..2 fl".
Im Jahre 1685 also hatte Hans Lehner 40 Gulden aufgenommen, um seine Mutter als Pfiemdterin ins Spital einzukaufen. Viel Zeit zu leben blieb Frau Lehner nicht mehr, bereits am 21.4.1689 verstarb sie und in den Spitalrechnungen sind ihre Begräbniskosten überliefert.
StA Kötzting Spitalrechnung von 1689

"Wie die geweste Spitallerin Walburga Lehnerin seel: zeitlichen Todts verschiden, hat die begröbnuß Uncosten getroffen Herrn pfarrer, Schulmaister und Mößner. 3 fl 52 xr."
Hans Lehner zahlte also noch viele Jahre lang seine Schuldzinsen für diesen Kapitalstock von 40 Gulden, den er für die Aufnahme seiner Mutter ins Spital aufbringen musste.

StA Kötzting Marktrechnung von 1699

Im Jahre 1699 gings wieder vor Gericht und anschließend für 4 Stunden in den Stock, weil "er die Barbara Lärnpecherin Wittib alda Söhnlein bezichtigt, er hätte ainen Handwerksschilling bekhommen und wehre nach dem alhiesigen Schwölbmer in den Crambladen eingestiegen, armuth halber in Stockh
condemniert worden."
In den unruhigen Zeiten des Spanischen Erbfolgekrieges wurde unser Schreinermeister überraschend häufig bei Botengängen eingesetzt, für die er keine geringe Bezahlung erhielt, wenn man berücksichtigt, dass 20 Kreuzer ein durchschnittlicher Tageslohn eines Handwerkers gewesen war.
1703:
30 Kreuzer für: "Ingleichen hat Hans Lehner 2 mahlen von H: Comissarij Syessen zu Ihro Excell: Herrn General Erbevill mit Schreiben gehen und denen dieser Ursach willen bezallen miessen"
Im selben Jahr stellten die österreichischen Husaren Forderungen, die der Markt auf die Hälfte hatte herunterhandeln können und schickte dann Hans Lehner als den Überbringer.
StA Kötzting MR von 1703

"Wie der Husärnobristwachtmeister mit 2 Compagn: von Randsperg wider zuruckh alhero ninach aber ins Boehamb marchiert und wegen des Trompeters, Fahnnen , Schmidts und Sadlers vocant plaez 30 fl 
begehrt oder uf widrigen fahl solche durch Blinderung zusuchen angetroht hat man der  unmoeglichkeit und das vorhin schon ain nambhafftes bezahlt worden so gewendet , daryber die helffte bezallen miessen mit 15 fl. Auch zu denen unberittenen 25 Husaern Pferdten Strickh erkhaufft umb 25 kr
Anschließend musste Hans Lehner den Herrn Obristwachtmeister bis nach Vollmau begleiten und erhielt dafür 24 Kreuzer
1704 lag der "Kommissar Süß" immer noch in Roding und Hans Lehner erhielt für seinen Botengang nach dorthin 36 Kreuzer.
StA Kötzting MR von 1703

 "Hans Lehner alhir, deme man nacher Roting zum Comisarj Suess mit ainer specification was yberhaltung der alhier gelegenen tenischen Voelkher ergangen abgeschickt".
Manchmal musste der Markt Kötzting auch zu einem Trick greifen, um Einquartierungen abzuwehren, indem er seine Boten instruierte, die anmarschierenden Truppen einfach um den Markt herum zu führen.....
"dann hat man den andern Tages hierauf Hannsen Lehner aigens mit ainem Schraib: an H: Gerichtsschreiber  als begleitungs Commissar nacher Neukhirchen abgeschickht , das selbiger die gegen orthen ankhomment Soldaten ybers Eckh hinyberführen und mithin solcher den Marckht verschont" . Für diesen kurzen Botengang, der Kötzting aber sicherlich viel Geld und Verdruss erspart hatte,  erhielt Hans Lehner dann auch nur einen halben Lohn von 12 Kreuzern.
Im Jahre 1707 erhielt er 52 Kreuzer, die sicherlich in Verbindung standen mit der Wegstrecke; 5 historische Meilen war der Weg nach Bogen lang, wohin er die Verpflegungsgelder zu bringen hatte.
Erneut musste er einem Botengang verrichten, mit dem versucht werden sollte, eine Einquartierung zu vermeiden: "Wegen Abwendtung des anhero March von Viechtach mit Remondapferdten ist Hans Lehner nachts Zeit mit ainem Schreiben aldahin zugehen abgefertigt worden".
Wie in der vorherigen Abbildung zu sehen, sind es diesmal dänische Truppen, die dem Markt bedrücken. Erneut muss Hans Lehner als Bote herhalten, dieses Mal gehts gleich nach Regensburg.
"Mit ainer Ordonanz von der allerhechstloblichen Administration München ist Hans Lehner alhier nacher Regensburg zu H: denich: Obristen von Osten geschickt und deme ab 10. April besambt dem 
Warthgelt Pothenlohn bezahlt worden". Ganze 1 1/2 Gulden erhielt er dafür inklusive des Wartgeldes.
Noch größer war die Strecke, als er sogar nach Tirschenreuth gehen musste: "H. Capitin Damprecht hat Hans Lehner alhier auf Dischenreith abgeschickt , Boten und Warthgeld". Gut 2 Gulden erhielt er dafür.
Im Jahre 1708, nach einer Einquartierung war Hans Lehner sogar Teil einer Befragungsaktion, die ihm allerdings nur einen Umtrunk eingebracht hatte: "den 20. dies (Juni 1708)  ist von Cammerer und Rat wegen Hans Lehner und Wilhelmb Imerl beede burger alhier neben dem Marktdiener zu visitier und Befragung der ganzen Burgerschaft ob von des H: Leutnant Throns compagn kheine excess beschechen und selben zum Trunckh gereicht"

Erst im Jahre 1715 taucht Hans Lehner nun wieder in an Dokumenten auf, diesmal mit einer Verhandlung vor dem Pfleggericht wegen einer Schlägerei.
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfgchtsrechnung von 1715
"Und lesstlich ist Hanns Lehner burger und Schreiner alhir, umb das er Anna Schwarzin, ledige Burgerstochter alda, in seiner Behausung ohne Ursach nit nur allein mit einem  Masssteckhen starckh geschlgen, sondern auch dieselbe mit der  Faust einen solchen Stoss ins angesicht gegeben , dß sye hiran  zimblich aus der Nasen gebluettet hat"
Mit der Strafe von 24 Kreuzern kam er in diesem Falle recht günstig weg.
1717 finden wir ihn in den Marktrechnungen mit einer Feuerstrafe: 1 Pfund Pfennige, also 1 Gulden, 8 Kreuzer und 4 Heller kostete ihn die Tatsache, dass "ihm der Rauchfang prinnert worden"
StA Kötzting MR von 1717 Feuerstrafe
Im Jahre 1720 taucht er noch einmal mit Schreinerarbeiten auf, als er im verpachteten Rathauskramladen dem "Stüffter Sebastian Loderer" eine neue Ofenbank errichtet.
Danach kommt nun ein Wechsel im Hausbesitz. Der neue Besitzer wird der Schneider Hans Löchl.

Hans Löchl und Elisabeth Widtmann


Am 26.1.1724 kauft der ledige Bürgerssohn und angehende Schneidermeister Johann Löchl "das Bürgerhäusl am Pichel zu negst des Hans Adam Greill Bürgers allda Marktlehensbehausung entlegen" um 220 Gulden. 50 Gulden Grundschuld bei der Kirche Weißenregen und 60 Gulden beim Kötztinger Spital sind mit zu übernehmen. Bereits 2 Jahre später quittieren Hans Lehner und seine Frau Maria dem Käufer, dass dieser alle Zahlungsfristen eingehalten  und den Restbetrag bezahlt hatte.
Ein halbes Jahr später heiratet der junge Handwerksmeister.
PfA Kötzting Matrikelband 14 

"Am 26. desselben Monats (Juni) schlossen den Bund zur Ehe der ehrenwerte Jüngling Johannes Valentin Löchl, Bürger und Schneider und ehelicher Sohn des Kötztinger Bürgers und Schneiders Johann Georg Löchl und dessen Frau Margaretha und seine Braut Maria Elisabeth, eheliche Tochter des Kötztinger Marktmüllers Andreas Widmann und dessen Frau Anna. Die Trauzeugen waren der Vater des Bräutigams und der Kammerer Herr Martin Josef Hueber"
Sieben Kinder wird das Paar bekommen, von denen 3 schon kurz nach der Geburt versterben.
Im Briefprotokoll des Jahres 1727 findet sich ein - aus heutiger Sicht - bemerkenswerter Vorgang über die Familie Löchl, der aber gleichzeitig wieder typisch ist für die damalige Zeit.
Hans Georg Löchl, der Vater unseres Johann Valentin und seiner drei noch ledigen Geschwister, Anna, Nikomedes und Joseph, hatte von seinem eigenen Bruder noch fast 27 Gulden Kapital auf seinem Hause aufliegend gehabt. Dieser Bruder Georg Löchl war nun bereits seit "32 Jahren landabwesent", weshalb nun, nach dem Tode des Vaters, dieses Kapital auf die vier Geschwister und die überlebende Witwe als zusätzliches Erbe verteilt wurde.
Sollte nun aber wider des Verhoffens der abwesende Bruder oder ein möglicher Nachkomme dann doch noch vorstellig werden, so stünde Hans Löchl als Bürge bereit, dessen/deren Ansprüche zu befriedigen.

HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4
"Johannes Valentin Löchel Schneider  2 xr" 
Ein Sterbedatum für Johann Valentin Löchl in Kötzting ist nicht dokumentiert, allerdings erreicht die hinterlassene Familie, dass ihr die in der Folge des Österreichischen Erbfolgekrieges aufgelaufenen Schulden beim Magistrat zur Hälfte nachgelassen werden.
StA Kötzting MR von 1747

"Ingleichen des Johann Löchel Schneiders seel: Erben, seint dennen schultigen 8 fl 30 xe nachgelassen worden, die Helfte zu 4 fl 15 xr"
7 Gulden bezahlte der Thiernhofener Schneidergeselle Hans Georg Hofmann für das Kötztinger Bürgerrecht im Jahre 1743 und heiratete danach die Katharina Löchl.


Hofmann Hans Georg und Löchl Katharina


PfA Kötzting Matrikel-Band 14 Seite 110 Heiratseintrag Hofmann-Löchl

Erst 6 Jahre später schlossen die beiden einen Heiratsvertrag, den sie beim Magistrat Kötzting protokollieren ließen und in dem der Bräutigam 100 Gulden und die Braut das Haus und die Schneiderwerkstatt in die Waagschale legten.
Im selben Jahr erstellte der Markt eine endgültige Umlagenliste für die Zwangsausgaben im Österreichischen Erbfolgekrieg und verteilte die verbleibende Restsummen auf seine grundbesitzenden Bürger.
StA Kötzting AA IV 1 Anlagsrepartion von 1749
"Hanns Georg Hofmann Schneider, und alter Heusler  2 fl 30 xr"

Bevor noch im Januar 1756 sein letztes Kind zur Welt gekommen war, verstarb der Schneider Johann Georg Hofmann am 11.7.1754.
Der jüngere Bruder der Witwe - Josef Löchl, und nun ebenfalls ein Schneidermeister -  versucht im Jahre 1764 sich im Markt mit einer eigenen Schneiderwerkstatt selbstständig zu machen.  Sein Versuch, gegen die Auflagen des Marktes an höherer Stelle vorzugehen, führt zu einem Gerichtsstreit über die Zuständigkeiten in Handwerkssachen zwischen Markt und Landgericht. (HStA München GL fasc 1818 Nr. 22).
Nun kommt es zu einem Übereinkommen zwischen dem Handwerk der Schneider und Josef Löchl, der offensichtlich in der Werkstatt seiner Schwester arbeitete, der Witwe Hofmann.
Josef Löchl verspricht in diesem Vertrag, "sich in Jahr und Tag häuslich niederzulassen, ansonsten ein anderer Schneider aufgenommen werden würde" . Den momentanen Zustand jedenfalls wollten die Kötztinger Schneider nicht akzeptieren und stellten fest: "im Moment ist er bei seiner Schwester, als ermasen zway maister  Werckhstätt in ainem Haus, aber wohl gar in ainer Stuben, wie es  bey meiner Schwester ,als welche eben aine Maisterin ist."
12 Jahre später, am 10.5.1776 verkaufte Johann Josef Löchl, mittlerweile ein Handelsmann in Deggendorf, seine 1764 erworbene Schneidermeistersgerechtigkeit in Kötzting an den Marktlehner Johann Michael Liebl und dessen Frau Rosina um stolze 80 Gulden.


Decker Adam und Hofmann Walburga


Am 17,10,1774 übergibt die Schneidermeisterswitwe Katharina Hofmann das am "6.12.1743 übernommene Haus zwischen Johann Gulder bgl. Hutmacher und Josef Weiss Marktlehner Häusern entlegen" um 300 Gulden an ihre Tochter Walburga und deren angehenden Ehemann Adam Decker aus Prackenbach.
Er bringt 100 Gulden mit in die Ehe und sie widerlegt sein Heiratsgut mit dem Haus "samt dem dabei vorhandenen hinter dem Häul entlegenen Wurzgärtl "
Mit diesem Adam Decker kam hier das erste Mitglied des später so einflussreichen Familienverbandes nach Kötzting.
Siehe: der Ecklshof,
das Deckeranwesen am Marktplatz und 
das Bräustüberl in der Holzapfelstraße. zwei weitere Anwesen werden erst in der Zukunft behandelt, nämlich die heutigen/späteren Oberberger- und Gartneranwesen.
Im selben Jahr kann er sich - er ist ja nun Mitbesitzer eines Hauses in Kötzting, was als Voraussetzung galt -,   um das Kötztinger Bürgerrecht erwerben.
StA Kötzting MR von 1774
"Und Adam Decker seiner Profession ein Schneider, hat ebenfahls durch anheurathung Walburga Hofmanin leedig burgerlichen Häusler und Schneiderin dissorths, sich alhir ansessig gemacht, soforth auch das Burgerrecht auf die nemliche...."

"... weiß, wie vorstehender Schnizpaur - teste protokoll fol 37 , in inventario die handsprizen fündig - an sich gebracht: Vonentwillen also wiederummen zu vereinnahmen  10 fl"
Ein Blick auf den vorherigen Eintrag des Schnitzbauers zeigt dort folgenden Zusatz:" .... und 1 hölzerne Handfeuersprizen in natura zu liefern..."
Gerade einmal 4 Jahre verblieben Adam Decker und dessen Frau auf dem Haus, dann kam es am 27.2.1778 zu einem Tausch mit dem Marktlehen des Franz Josef Beer und seiner Frau Ursula, die sich offensichtlich verkleinern wollten/mussten.
Sämtliche weiteren Aktenfunde, die sich in den Archiven über das Paar finden lassen, stammen aus der Zeit, als sie im Marktlehen mit der alten Hausnummer 138 - heutzutage das Raiffeisenbankgebäude am Marktplatz - wohnten. 

Beer Franz Josef und Ursula Schwarz


Einschub

Der Familienverband der "Beers aus Stadtamhofe" in Kötzting


Johann Fabrici  - aus dem heutigen Voithenleitnerhaus - hatte 1766 Anna Maria Beer, eine Seifensiedertochter aus Stadtamhof geheiratet und konnte der "Grenzstadt Stadt am Hof" am 15.11.1771 die Summe 350 Gulden vom Verkauf der Beerschen Seifensiedersgerechtigkeit quittieren.
Die Stadt Regensburg war damals eine freie Reichsstadt und nicht Teil des Kurfürstentums Bayern.
Aus diesem Grunde stellte Stadtamhof auch eine Grenzstadt dar. Die Grenze verlief am Fuße der Steinernen Brücke. (Pedepontis der lateinische Name für Stadtamhof beschrieb genau diese Lage : "am Fuß der Brücke". Die früheren Zollgebäude kann man noch gut am Stadtamhofer Brückenkopf erkennen.
Offensichtlich zog es die ganze Großfamilie Beer nach Kötzting.
Anna Marias Schwester, Maria Franziska Beer, hatte am 24.10.1767 den Kötztinger Marktschreiber Georg Cajetan Magerer geheiratet und ihr Bruder, Franz Anton Beer, wie er bei seinem ersten Kind genannt wurde, bzw. Franz Josef Beer bei seinem zweiten und den folgenden, hatte sich zusammen mit seiner Stadtamhofer Frau Ursula, einer Schmiedetochter, ebenfalls in Kötzting sesshaft gemacht.
Magerer Georg Kajetan besaß das Haus mit der alten Nummer 52
Josef Beer und seine Frau Ursula (später wurde er nur noch mit seinem zweiten Vornamen geschrieben) hatten sich zuerst im oberen Markt eingekauft, tauschten dann allerdings mit Johann Adam Decker und bewohnten ab 1778 ein Haus in der Rathausgasse, die alte Hausnummer 47.


8 Kinder bekamen die Beers, von denen man wohl aufgrund der fehlenden Einträge in den Kötztinger Sterbematrikeln annehmen kann, dass sie alle die Kindheit überlebten, und auch die Magerers hatten einen reichen Kindersegen. 7 Geburten sind bei ihnen verzeichnet, denen nur 3 Sterbefälle gegenüber stehen. 
Die junge Marktschreiberin Maria Franziska verstarb bereits mit 36 Jahren am 22.12.1780. Kurz zuvor hatte sie ihr letzte Kind, Maria Franziska, auf die Welt gebracht.
Ihre Tante, in der direkten Nachbarschaft wohnend, Maria Anna Fabrici, hatte den kleinen Wurm gleich nach der Geburt zu sich aufgenommen. Wir wissen dies, weil in der Besitzübertragung im Jahre 1808 steht, dass sie das Kind ihrer Schwester gleich nach der Geburt "zur Erziehung an Kindes Statt" angenommen hatte und sie nun - 1808 - zu ihrer Erbin machte. 
IZum leichteren Verständnis der verschlungenen Familienbande hier die grafische Auflösung der Zusammenhänge.


Das war aber noch nicht alles, was es an Verbindungen zwischen Kötzting und Stadtamhof damals gegeben hatte. Hier die Ergebnisse bei der Suche nach den Eltern und den vorherigen Heiraten in der Regensburger Dompfarrei:
Es galt also zuerst einmal die Geburten von Beer Josef, Maria Anna und Maria Franziska und möglicherweise von Schwarz Maria Ursula in Stadtamhof zu finden.
Im Heiratsvertrag zwischen Johann Fabrici und Beer Anna Maria am 17.7.1766 in Kötzting wird ihr Vater als Franz Beer, Seifensieder aus Stadtamhof genannt, welcher seiner Tochter 900 fl. Heiratsgut mitgibt. Stadt am Hof gehörte zu dieser Zeit zur Dompfarrei Regensburg und die Suche nach den Geburten brachte folgende Ergebnisse:
Ein Franz Beer, factor saponum, Seifenhersteller aus Stadtamhof bei Regensburg  verheiratet mit einer Maria Anna, hatte in  Stadt am Hof  in den  auf 1741 folgenden Jahren mehrere Kinder.
28.11.1741 Franziskus Josef
23.04.1743  Anna Maria   
16.04.1747 Franz Josef 
Einschub Ende



Vier Jahre war Adam Decker nur auf dem Haus geblieben, mit 5 Jahren als Hausbesitzer war es Josef Beer auch nicht recht viel länger. Sind es bei Adam Decker nur Aktenfunde aus seiner späteren Zeit als Marktlehner, die die Zeit überdauert haben, so ist es bei Josef Beer genau umgekehrt. Aus dessen Zeit als Häusler kann man nur von Fundleere sprechen.
Erst am 26.4.1783 konnte das Haus, "zwischen Johann Gulder und Josef Weiss entlegen", um 512 fl  an den Goldarbeiter Johann Heinrich Leszkier aus Warschau verkauft werden, da letzterem wiederholt das Kötztinger Bürgerrecht verweigert worden war, was dieser nicht akzeptiert hatte und die Angelegenheit dann vor Gericht landete.
In den Kötztinger Marktrechnungen von 1782 finden sich deshalb folgende Ausgabeposten:
StA Kötzting MR von 1782

"Auf die dem Heinrich Leszker einen anhero gekommenen leedigen = sonsten aber aus Warschau gebürttigen Goldarbeiter , verweigerte Burgeraufnahme und protokollierung des mit Josephen Beer getroffenen Häuslskauf, hat auf dessen Instanz zur churfrstl: hochlobl: Regierung Straubing unterthenigster Bericht erstatt werden müssen, wo von der Pothen= und Eingebgeld macht  8 Kreuzer"
Im Jahr drauf fiel dann - auf Anordnung von oben - die Entscheidung, und Kötzting hatte einen neuen Mitbürger. Der die umfangreiche Reihe der Kötztinger Leszkier bis weit hinein ins 20. Jahrhundert, genauer bis ins Jahr 1952, begründete.



Johann Heinrich Leszkier und Pinter Katharina



Die Grundschulden, die Leszkier sich mit dem Hauskauf aufgeladen hatte, betrugen 100 fl bei der Kirche Kötzting, 120 fl bei der Bruderschaft in Weißenregen und 200 fl bei den Kindern der Maria Franziska Magerin. (Siehe den Beitrag über den Stadtamhofer Familienverband der Beer weiter oben)
Die Einbürgerung des Goldarbeiters war nicht unstrittig, im Gegenteil erst auf Befehl von der Regierung wurde Heinrich Leßzkier das Kötztinger Bürgerrecht erteilt.
StA Kötzting MR von 1783

"Einnahm an BürgerrechtsGeld

Johann Heinrich Leszker, Goldarbeiter von Warschau aus Pohlen, ist auf die von der churfrtl: Hochloblichen Regierung Straubing über vorhero vom Magistrat und alhiesigen chfrtlen Pfleggericht abgefordwerte Berichte erfolgt gdiste anbefehlung vom 26ten Febr. ao diß, in Ansehung selber daß Josef Beersche Häusl kaufflich an sich gebracht, das Burgerrecht, gemessProtocoll fol 16 ertheillet: und dessentwegen erfordert worden 10 Gulden"
Die nebenbei erholte Handfeur-Spizen ist hinnach im Inventario fündig fol.65"



HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B5 1777-1800

"Josef Peer  Heinrich Leskier Goldarbeiter  Kirchentracht 2 Kreuzer "

Gut 2 Wochen nach dem endlich  das Bürgerrecht und der Hauskauf in trockenen Tüchern gewesen war, heiratete der Goldarbeiter Heinrich Leszkier eine Chamer Ratstochter.
PfA Kötzting Matrikel Band 15 Seite 12

"Am 11. Mai wurde nach 3 maliger Ausrufung durch mich, Pater Coelestin Steiner, derzeit Pfarrvikar die Ehe rechtmäßig geschlossen zwischen dem ehrenwerten Herrn Heinrich Leszkier, bürgerlichen Goldarbeiters diesorts, ehelicher Sohn des kunstreichen Architekten des Herrn Johann Leszkier aus dem Königreich Polen und seiner tugendsamen Ehefrau Elisabeth, die beide noch am Leben sind und der mädchenhaften Katharina, eheliche Tochter des ehrenwerten Konstantin Pinter, eines gewählten Chamer Ratsherren und seiner Ehefrau Therese, die beide bereits verstorben sind. Als Zeugen in der Pfarrkirche fungierten Herr Johann Baptist Fabrici, bürgerlicher Handelsmann, und Johannes Reisbacher Hilfsmenser der Pfarrei."
9 Kinder bekam das Paar zwischen 1784 und 1800. Der Tod seiner Frau ist nicht dokumentiert, jedoch heiratet der Witwer Heinrich Leszkier am 15.2.1802 eine Kötztinger Bürgerstochter, Theresia Beer.
Zuerst jedoch zurück zum Goldarbeiter Heinrich Leszkier in der Zeit seiner ersten Ehe.
Aus dem Jahre 1788 findet sich eine Kleinigkeit aus dem Schatz der Kötztinger Pfarrkirche, die leider die Säkularisation nicht überstanden hat.
StA Kötzting MR von 1788
"In dem hiesigen Gotteshaus befindet sich ein von hiesig gemeinen Markt gopferte Votiv Tafel auf welcher das Bildnis Unser lieben Frauen und der churfürstliche BaanMarkt Kötzting von getriebenen ì
Sylber befindl. ist
Diese Tafel wurde im fertigen Herbst aus der Kirche gestollen, sie kam aber wieder zurück, doch gänzlich ruinierter. Man hat also solche von dem hierortigen Goldarbeither Heinrich Leszkeur dem Joseph Hueber Maller und Leonhard Haas Schlossermeister wieder zurechtrichten lassen und derowegen zeig anverwahrter Bescheinigungen zu bezahlen gehabt a 7fl 51 xr et 49 He." 
Im Jahre 1792 leihen sich die beiden aus der Walburga Stadlerischen Vormundschaft (=Ecklshof
200 Gulden und drei Jahre darauf, am 30.12.1795 weitere 80 Gulden, diesmal von der Pfarrkirche zur "mehrern Betreibung ihres Metier". 
Auch wenn der Tod seiner Frau nicht in den Kötztinger Sterbematrikeln verzeichnet ist, in den Briefprotokollen findet sich vor seiner Wiederverheiratung ein "Mütterlicher Erbsvertrag" um die finanziellen Anrechte der Kinder aus dieser ersten Ehe sicherzustellen.
StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1802

"2. Mütterlicher Erbsvertrag per 200 fl
Nach dem zeitlichen Ableben der Frau Katharina Leskerinn bürgerlicher Goldarbeiterin derorten seel. hat sich der nachgebliebene Witiber Herr Heinrich Leszkier bürgerlicher Hausbesitzer und Goldarbeiter derorten unterm heutigen mit seinen während Ehe erworbenen 4 Kindern, benanntlich 
Joseph, 15,
Heinrich, 13, 
Aloiß ,11, und
Franziska Leskerin, 10 Jahre alt um des verstorbenen mütterlichen Erbe auf nachfolgende Art freundschaftlich vertragen.
"
Das Erbe wird den Kindern vertraglich zugesichert und verbleibt bis zu deren Volljährigkeit zinslos beim Vater liegen. bei der Verehelichung des Mädchens habe der Vater ein " zweyspännig gerichtes Beth zuhanden zustellen."
Wie weit solch ein Vertrag in die Zukunft hinein reichen kann, zeigt ein Vorgang aus dem Jahre 1899(!). In diesem Jahre lässt Windorfer Xaver, Hammerwerksbesitzer, als Curator des Leszkier Anton Alois geb. 1789 in Kötzting, diesen für tot erklären. Alois war in den 50er Jahren nach Warschau ausgewandert.

Johann Heinrich Leszkier und Theresa Beer


Anschließend wird ein neuer Heiratsvertrag mit seiner nächsten Frau, Theresa Beer, protokolliert, die ihm 300 Gulden an Heiratsgut einbringt
Für den Fall, dass er früher versterben sollte, wird seiner Frau die lebenslange Herberge "in denen zwei Zimmern welche im Hause herin hinterhand angebracht sind, nebst einem auf dem Boden angebrachten Verschlägl, dann zu Unterbringung Kraut, Erdäpfel und ander derley Dingen einen Blatz im Keller, dann einen erforderlichen Platz zur Holzlege. ferners muss ihr ein kunftiger Hauspossessor jährlich 2 Klafter bürkenes Holz ohnentgeltlich an die Wand schaffen lassen, einen Platz im Hausgarten von 2 Betteln zur Abnutzung ledig, endlich in der Kuchel das Waschen und Backen gestatten."
Aus dem Jahre 1806 haben sich im Staatsarchiv Landshut die Unterlagen der Kötztinger "Kommunalwahl" erhalten inklusive der einzelnen Wahlscheine.
Daher wissen wir heutzutage, wen Heinrich Leszkier sich als Wunschmarktrat gewünscht hatte.

StA Landshut LGäO Kötzting Nr. 793
 
"Votum
Von Heinrich Leßkeur, Haus No 44
Wähled zum Bürgermeister
Gerstel Weißgerber No 69

Zum Räthen
Has Schlosser  No 91
Lanzel Schneider No 66
Schedlbauer Schuhmacher No 33
Fischer Glaßer No 87

Zu Ausschüßern

Lommer Uhrmacher No 42
Drigel Schneider No 93
Mang Weber No 86
Carl Reinhold Rühmer No 83"





Im Jahre 1807 finden wir Herrn Leszkier als Pächter des Gruber- und Dampfbaches.
StA Kötzting MR von 1807
"Heinrich Leszkier bürgerlicher Goldarbeiter hat das Fischwasser des Grub, und Dampfbach auf 6 Jahr lang bis 1809 inclus. a Jährlich 40 xr gepachtet"
In der Chronik des Marktes Kötzting vom Landrichter Carl von Paur findet sich unter dem Jahre 1808 folgender Eintrag:


1808
am 21. Mai
wurde duch hohe Landescommissariats Entschließung das Bürgermilitär in Kötzting umgebildet zu einer Füselier Compagnie und als Offiziere angestellt.
als Hauptmann Heinrich Leszkeur
als Oberleutnant Wolfgang Aschenbrenner
als 1. Lieutenant Christian Obermayr
als 2. Lieutenant Anton Magg
als Chirurg Georg Windorfer"
Im Jahre 1811 wurde das Rustikalsteuerkataster in Bayern aufgestellt und somit finden wir die ersten Plannummern des Besitzes dieses Hauses, auch wenn die Nummerierung als "alte Hausnummer 44" noch um drei verschoben ist gegenüber dem Grundsteuerkataster ab 1840 und die Plannummern nur mit Blei nachträglich ergänzt worden sind.

StA Landshut Rustikalsteuerkataster von 1811 Rentamt Kötzting B 27

"Markt Kötzting
No: XLIV   (= 44)
Heinrich Leskier
das gemauerte Haus   gerichtsbar zum LG Kötzting
ludeigen
Gattergilt zum k: Rentamt Kötzting

das Wurzgartl 
Nutzantheil an den noch unverteilten Gemeindegründen  (hier sind die Weidegründe wie z.B. der Ludwigsberg gemeint)

Von dem verteilten Strohhof bei Grub: 1 Ackerl 
Gerichtsbar, wie oben
Giltbar zum k: Rentamt Koetzting
Getreid=Zenhent :
1/3 zum k: Rentamt Kötzting
2/3 Poschinger auf Frauenau
Grünen Zehent frei."

Im Jahre 1812 erscheinen die Silber und Goldarbeiter Leszkier nun auch im neu erstellten Kötztinger Gewerbekataster. (AA X 19)

StA Kötzting AA X 19

Hier sind nun auch gleich die nächsten zwei Leszkier-Generationen vorgetragen
"Silber und Goldarbeiter
Heinrich Leszkier  4. November 1812  durch Brief vom 4. November 1812 das Anwesen mit gewerb um 1350 fl acquiriert
Hausbesitzer nun Leßkier Josef 19. Mai 1848  gemäß Magistratischen Beschluss vom 19. Mai 1848 mit dem elterlichen Anwesen von dem Sohn Josef Leßzkieur wieder verliehen"


Heinrich Leszkier und Josepha Bauer


Im Jahre 1812 - wie im Gewerbekataster bereits als Betriebsnachfolger protokolliert - erhielt der Sohn Heinrich Leszkier das Kötztinger Bürgerrecht, die Gewerbezulassung, wurde Hausbesitzer und wurde im selben Jahr auch noch Ehemann.
Am 15.11.1812 heiratete er Josepha Bauer aus Mitterfels.
Sein Vater - ebenfalls Heinrich Leszkier  verstarb 10 Jahre später, am 26.11.1822, an einem Schlaganfall. 
Seine Witwe folgte ihm im Februar 1829 nach, sie wurde 63 Jahre alt und starb an "Mola".

12 Geburten sind bei dem neuen Leszkierpaar dokumentiert und leider auch 5 Sterbefälle von ihren Kindern.
Aus dem Jahre 1821 haben wir einen frühen Bauakt im Stadtarchiv.
StA Kötzting AA XI 70

Den Bauplan hatte der damalige Kötztinger Mauerermeister Hummel (Kamplmacherhaus) erstellt.

Zieht man die Überschrift heran: "Plan zur Erbauung eines ersten Stocks auf die schon stehende Behausung des Heinerich Leske Gold=Arbeiters in Kötzting gefertigt den 6. März 1821.", so kann man daraus wohl schließen, dass der Vorgängerbau nur aus dem Erdgeschoss bestanden hatte.
Auch Heinrich Leszkier der Sohn pachtet den Dampfbach und bezahlt dafür im Jahre 1831 1 Gulden gleich für drei Jahre Pacht.
Was liegt näher, wenn man einen Goldarbeiter in den eigenen Reihen hat, als auch die Anfertigung des Pfingstkränzchen von diesem machen zu lassen. 
Im Jahre 1832 jedenfalls stellte der den "Antrag wegen Überlassung der Anfertigung eines Kränzchens am Pfingstmontag". Der Magistrat beschloss: "es werden 5 Gulden bewilligt mit dem Gedinge das das Kränzchen von grobhaltigen Silber, mit 6 Steinderln besetzt, hergestellt werde."

Heinrich Leszkier, wohl unter seinen beengten Verhältnissen leidend, reicht im Jahre 1832 einen Bauantrag für einen Stadelbau in der heutigen Bahnhofsstraße ein. Problem: Die Nepomukstatue behindert seine Hofzufahrt und soll um 50 Schritt versetzt  werden, was vom Magistrat auch genehmigt wurde.
StA Kötzting AA XI 101 
Plan für den Stadelbau des Heinrich Leszkier, mit der Bitte, die Statue versetzen zu dürfen.
Der Magistrat hatte dem Vorhaben zugestimmt, auch wenn der Gemeindeausschuss sich dagegen ausgesprochen hatte. Fünf Jahre später, als ein anderer Kötztinger Bürger einen Antrag stellte, unterhalbe des Leszkierschen Grundstücks ebenfalls einen Stadel zu errichten, protestierte Leszkier und ließ in seinem Protokoll erkennen, dass und warum er von seinem Vorhaben, die Statue zu versetzen,  abgerückt war.

StA Kötzting AA V 44
"Leszkier selbst habe selbst rücksichtlich der Schupfenerrichtung von seinem Vorhaben [die Staue zu versetzen] wieder Verzicht geleistet, weil es nicht gerne gesehen, und als eine Bilderstürmerey gehalten wird."

KU SW066 Säuberung Nepomukstatue


Im Jahre 1834 wird die Verpachtung des Gruber- und Dampfbaches neu verhandelt und diesmal werden die Rechte des Marktes an diesen Gewässern mitdokumentiert.
"Der Gruberbach und der Dampfbach gehören zur Marktkammer. Ersterer von der Mündung des Baches in den Regenfluss bis zum Steg nach Grub, letzterer von der Mündung des Baches in den Regenfluss bis zur Hausermühle soweit das Burggeding reicht.
Für beide Bäche erlegt der Goldarbeiter Heinrich Leszkier. 1 fl"
Auch jeweils in den Jahren 1835-1837 erstellte H.L. nachweislich das Pfingstkranzl aus Silber und erhielt dafür jeweils 5 Gulden.
Im Jahre 1839 verkauft H.L. seinen Stadel an der heutigen Bahnhofstraße - siehe weiter oben der Vorgang mit der Nepomukstatue - an den Zimmermann Bartholomaeus Barth, der nun an dieser Stelle ein Wohnhaus errichtet, das wir heutzutage als das der Familie Freuenreuther kennen.




Im Jahre 1840 wurde in Bayern das Grundsteuerkataster eingeführt, und seither hat dieses Haus die Hausnummer 47, die sie bis zum Jahre 1952 behalten hat.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5038
"Hausnummer 47 in Kötzting Beym Goldarbeiter Heinrich Leszkeur
Gebäude: Wohnhaus, Stallung und Schupfe alles aneinander
Garten: Wurz und Baumgarten, der Hausgarten
Gemeinderecht: zu ganzem Nutzungsantheil an den noch unvertheilten Gemeindebesitzungen"



"Lt Brief vom 4. November 1812 mit Haus und Baumannsfahrnißen und einem wiederveräußerten Acker im Anschlag von 1350 fl vom Vater Heinrich Leszkeur übernommen"
Weitere Grundstücke im Jahre 1840 waren:
PlNr  876b am Galgenberg theil, kultiviert im Jahre 1803
PlNr  876a und 876e  Wiese  die 2 Galgenbergteile

1842 findet sich ein Mieterkataster, der uns ein genaueres Bild der Situation in und am Hause gibt.

1. Heinrich Leszkeur Goldarbeiter /: Hauseigenthümer:/ Unter der Erde 1 Keller
Erdgeschoss 2 Wohnzimmer und 2 Kammern, dann Küche und Hausboden unterm Dach

Und dann findet sich hier ein kleine Sensation:


2. Dr. Karl Müller
Landgerichtsarzt /: Mieter :/
Erster Stock 4 Wohnzimmer 1 Küche und 1 Kammer
2. Nebengebäude
Die Hälfte der Holzlege und Kelleranteil
Unterschrift  Dr. Müller

3. Heinrich Leßzkeur  ad 2 Nebengebäude

1 Holzlege
3. Nebengebäude
1 Stallung"

 









Einschub Dr. Müller, genannt Saumüller.


Bisher war es die gängige und veröffentlichte Meinung, dass Dr. Müller, der Landgerichtsarzt und Dichter von Gebrauchslyrik, im Hause der früheren Bäckerei Liebl zu verorten gewesen wäre. Es ist durchaus möglich, dass Dr. Müller in späteren Jahren in die heutige Torstraße umgezogen ist. Im Jahre 1842 jedoch wohnte er gesichert in dem kleinen Hause in der Rathausgasse im ersten Stockwerk.

Hier der Ausschnitt über Dr. Müller aus dem Beitrag zur Häuserchronik alte Hausnummer 2



Dr. Müller Repro von Frau Serwuschok
........Dies ist der Zeitraum, in dem ein berühmter Kötztinger Mitbewohner dieses Hauses war. Dr. Müller, mit dem Kampfnamen "Saumüller". Ein streitbarer, ein umgänglicher und ein trinkfester Mediziner, der unserem Kötzting und seiner bürgerlichen Gesellschaft mit seinen "Gelegeheitsgedichten" ein kleines Denkmal gesetzt hatte.


















Hier mein Lieblingsgedicht von Dr. Müller genannt Saumüller.









Frau Serwuschok schrieb in der Umschau über den berühmten Kötztinger und verortete ihn im Hause der früheren Bäckerei Hofmann, später Liebl.


Bild Serwuschok, in diesem Haus, in den 70er Jahren die Bäckerei Liebl, wohnte Mitte des 19. Jahrhunderts Dr. Müller

Auch überregional hatte Dr. Müller einen gewissen Eindruck hinterlassen.

In seiner Autobiographie beschreibt Maximilian Schmidt, genannt Waldschmidt auch das Wirken
des Amtsphysikus Dr. Müller im Landgericht Kötzting, der sich an zwei wunderlichen Frauen abzuarbeiten hatten, die die Menschen ihrer Umgebung anhand ihrer Leichtgläubigkeit einfach zum Narren gehalten hatten. 










Frau Serwuschok lässt Dr. Müller im Hause des Bäckers Hofmann logieren, das ist zwar richtig, dass es dasselbe Haus ist, aber nicht die richtige Zeit. Die Familie Hofmann kam erst lange nach dem Wegzug Dr. Müllers in Besitz des Hauses.
In einem leider undatierten Auszug aus  der Zeitschrift "Der Bayerwald in Vergangenheit und Gegenwart"  findet sich im Kötztinger Krämerarchiv ein längerer Beitrag über Dr. Müller und dort ist auch vermutlich der entscheidende Hinweis auf das Wohnhaus in der Torstraße entstanden.





StA Kötzting Krämerarchiv Nr. 53

Einschub Ende




Im Jahre 1846 stellte H.L. beim Magistrat ein "Gesuch  wegen der Niederlage eines Spielwarengeschäfts". Der Magistrat entscheidet:
StA Kötzting AA XVIII Beschlussbuch 1845-1846

"Ist dem Friedrich Hertsch die erbetene Verwilligung zur Errichtung einer Niederlage mit Kinderspielwaren bei dem hiesigen Goldarbeiter Heinrich Leszkieur zu ertheilen."


Im Jahre 1845 muss sich Heinrich Leszkier einer potentiellen Konkurrenz erwehren, als sich mit Johann Wensauer ein Gürtler in Kötzting niederlassen möchte.
Offensichtlich kommen sich Gürtler und Silberarbeiter wegen der Silberbeschläge geschäftlich zu nahe.
StA Kötzting AA X-91: "Gesuch um Verleihung einer Gürtlerkonzession:" Wensauer bringt alle Papiere. Es erfolgt ein  Anschlag bei der Gemeinde für 4 Wochen. Der Gold- und Silberarbeiter Leszkeur protestiert. In Lambach, Neukirchen und Lohberg sind Gürtler, weshalb sein Antrag abgelehnt wird, denn er hätte kein Auskommen. Wensauer legt von den umliegenden Pfarrämtern Schreiben vor, dass sehr wohl Bedarf für gute Silberarbeiten bestünde und diese würden es sehr befürworten, wenn ein Gürtler in die Nähe käme. Lezskeur protestiert weiter, allerdings erfolglos, denn Wensauers Eingabe bei der Regierung hat Erfolg und er bekommt die Genehmigung inklusive der Heiratserlaubnis.. 










Ein früher Pfingstbräutigam aus dem Hause Leszkier?

Im Kötztinger Krämerarchiv findet sich eine "Pfingstritt Ehrentafel", die nach einer Zusammenstellung des verstorbenen Peter Riederer - Kooperator in Kötzting um die Zeit des Jubiläumsrittes 1912 herum, siehe die Jahreschronik von 1912 - 
Riederer benennt 6 Namen, die er als glaubt, identifizieren zu können, als Pfingstbräutigam vor dem Jahre 1800, also vor dem Verbot des Pfingstrittes.


Da Heinrich Leszkier ja erst 1782 in Kötzting zugewandert ist und erst im Jahre 1783 sein Haus, das Bürgerrecht und damit die Heiratserlaubnis erhalten hatte, bezweifle ich den Wahrheitsgehalt.
Heinrich, sein erster Sohn und späterer Nachfolger, wurde am 23.1.1785 geboren und war knapp 15 Jahre alt, als der Pfingstritt verboten wurde. Die Kötztinger wählten zwar immer sehr junge Mädchen aus als Pfingstbraut. Einen Pfingstbräutigam in so jungem Alter halte ich eigentlich für ausgeschlossen.
Eine Generation später gab es jedoch den ersten Pfingstbräutigam aus dem Hause Leszkier:


Pfingsten 1848, der neue Pfingstbräutigam ist der Goldarbeiterssohn Joseph Leszkeur und sucht sich seine Pfingstbraut gleich in der direkten Nachbarschaft.


Ausschnitt aus der 1912 veröffentlichten Liste der damals bekannten Pfingstbrautpaare.

Mehr als die reinen Namen sind uns nicht überliefert außer noch, dass Josef Leszkeur vom Magistrat 10 Gulden zur Bestreitung seiner Unkosten bekommen hatte.

Die Welt ist klein geworden, dank dem Internet:

Im Frühjahr 2022 tauchte in meinem E-Mail-Account folgende Mail von einem Herrn Theo Haecker auf:
 
Sehr geehrter Herr Pongratz,
mein Name ist Theo Hecker und ich forsche im Bereich alter deutscher Gold- und Silberschmiede und ihrer Marken.
Dabei kommt mir ab und zu auch das Internet zur Hilfe, wie in diesem Fall, als ich Ihren Eintrag gelesen habe.

47  Leczkeur             Johann Heinrich      Warschau             1783 Goldarbeiter


Folgende Situation:
In einem Forum über Antiquitäten hat jemand einen Besteckkasten eingestellt und wollte wissen, woher er stammt und wie alt er ist. Auf einer Gabel befindet sich ein Meisterzeichen [LesK], wobei es sich vermutlich um die abgekürzte Schreibweise des Namens Lesqueur bzw. Leczkeur oder Leskeur handelt.
Es gab in der Mitte des 19. Jh. in Cham einen Goldarbeiter Heinrich Lesqueur und daher würde mich interessieren, was die obigen Angaben bedeuten.

Nachdem wir wissen, dass Heinrichs  2. Sohn - ebenfalls mit dem Namen Heinrich - die Kötztinger Werkstätte 1812 übernommen hatte, könnte es dieser gewesen sein, der gesucht wurde.
Dieser Heinrich Leszkier wiederum hatte selber insgesamt 12 Kinder, von denen der erste Sohn Heinrich (geboren 1815) und der zweite dann Josef (geboren 1817) getauft  wurde.
5 Kinder des Paares finden sich in den Kötztinger Sterbematrikeln, jedoch weder ein Heinrich noch ein Josef. Da wir wissen, dass Josef später das elterliche Geschäft übernommen hat, ist es durchaus auch möglich, dass Heinrich nach Cham ausgewichen ist, und es eben dieser Heinrich Leszkier ist, der gesucht wurde.

Im Netz gibt es ein Forum für "Silber & Besteck Sammler" unter der URL "dieschatzkisteimnetz.de" und dort wurde mit Fotos nach einem Silberschmied gesucht, der sich mit einem "Punzenstempel" mit "Lesk" auf den Besteckstücken verewigt hatte.
Die Messer hatten eine Gravur mit "KEIL", was auf ein 1806 gegründetes und selbst heute noch bestehendes Stahlwarengeschäft in Regensburg hinweist. Man findet diesen Laden heutzutage links im Einfahrts/Eingangsbereich zum Thom-Dittmer- Palais am Haidplatz. 
Nach einigen Diskussionen und Material von meinen Datenbanken und wohl Auskünften aus dem Stadtarchiv Cham kann die Frage nicht abschließend beantwortet werden, ob es der Kötztinger oder der Chamer Zweig der Leszkeurs gewesen ist, der das Besteckset produziert hatte.
Nachdem ein Forist allerdings den Kasten selber auf den Anfang des 19. Jahrhunderts datiert hatte, käme eher der Kötztinger Silberschmied in Frage, der zu dieser Zeit ja auch durch die Produktion einiger Pflingstkranzln nachgewiesen ist.
Hier einige Bilder aus dem "Silberforum"
https://dieschatzkisteimnetz.de/viewtopic.php?f=14&t=25450&p=147061#p147061




Hier nun die Prägestempel:






 Doch nun weiter zum nächsten Besitzwechsel


1848, kurz bevor Josef Leszkeur das Geschäft von seinem Vater übernimmt, steht er bei einer Vergleichsverhandlung vor dem Magistrat und muss sich wegen einer Beleidigung verteidigen..
21.Oktober 1848: Der Landgerichtskribent Friedrich Scheuzenhammer tritt gegen Josef Leßkeuer Gold und Silberarbeiterssohn von Kötzting aus dem Grunde beschwerend auf, weil der Letztere ihn am verflossenen Dienstage abends im elterlichen Hause des Beklagten wörtlich auf ehrenrührige Weise beschimpft und injuriert habe, und bittet den Beklagten zum Widerruf und Abbitte zu veranlassen. Der Beklagte erinnert, dass er zwar die beleidigenden Äußerungen, die er gegen den Kläger ausgestossen habe nicht zu widersprechen vermag, nimmt jedoch diese hiermit ausdrücklich zurück indem er solche nur im aufgeregten Zustande ausgedrückt habe und nicht Willens gewesen den Kläger zu beleidigen.  Beide Teile wurden hierauf von Polizei wegen angemahnt dass sie sich gegenseitig eines höflichen und ordentlichen Benehmens zu befleissigen haben dass insbesondere die gegenseitige Achtung zu beachten sei und nur auf diese Weise ein ihnen anständiges Benehmen zu erzielen sei.


Josef Leszkier und Therese Maier




Am 8.2.1849 erteilt der Magistrat dem Kötztinger Goldarbeiter Joseph Leszkeur die Erlaubnis, Anna Maria Maier, eine Tuchmacherstochter aus Bogen zu heiraten.
Zwei Tage darauf erteilt der Magistrat ihm auch das Recht zur Ansässigmachung und gibt ihm das Kötztinger Bürgerrecht.
Ganz stressfrei ging diese Besitzübertragung nicht vonstatten, denn unter dem Datum des 14.12.1849 findet sich in den Akten eine Vergleichsverhandlung um - eigentlich - Kleinigkeiten.
"Josef und  Theresa Leszkeur, Goldarbeiterseheleute dahier, bringen gegen ihren Vater und Schwiegervater Heinrich Leszkeur die Klage an, dass der Letztere bei seinem Abzuge von der bedungenen Austragswohnung ein blechernes Bratrohr mit Eisenstangerl dann Türl sich zugeeignet habe, und, weil der Kläger per 1848/49 von der Pfarrkirchenstiftung Kötzting ein  Capitalzins von 20 fl geltend gemacht wird, die dem früheren Besitzer Heinrich Leszkeur zur  Bestreitung obliegen. In heutiger Verhandlung vereinigen sich die Teile dahin, dass beide Teile den fragl Zinsenausstand per 20 fl gemeinschaftlich bezahlen, so dass Heinrich Leszkeur statt der bedungenen Jahresfrist per 50 fl zu Georgi 1850 nur mehr den Betrag von 40 fl zu beziehen haben soll. Die weitere Differenz wird dadurch gehoben, dass Heinrich Leszkeur seinem Sohne das fragl Bratrohr mit Haltestangen und Türl zur Disposition stellet, wogegen sich die Letzteren zur Herausgabe von einem Spiegel und Cruzifix u a Artikel verpflichten, was beide Teile bewerkstelligen werden." (AA VIII 12)



Im Jahre 1860 findet sich ein ausführlicher Bauakt mit ausdrucksvollen Detailplänen für einen Kellerbau..
Hintergrund ist ein Nachbarschaftsstreit mit dem Unterlieger Weiß (später die Metzgerei Ritzenberger, nun Felix Sperl). Im Jahre 1849 hatte Josef Weiß einen Antrag zur Vergrößerung seines Stadels gestellt, dem Josef Leszkier zugestimmt hatte, jedoch kam es danach bei der Bauausführung zu Streitigkeiten.
Unterschrift des Josef Leszkier bei seiner Zustimmung zum Bauantrags seines Nachbarn
Nun, 1860, als J.L selber bauen wollte, war eine gegenseitige Übereinkunft mit seinem Nachbarn nötig, um seinen Bau ausführen zu können.

Mitten in seine Bauausführung platzte der Einspruch der Nachbarin:

StA Kötzting AA XI 121 

"Anna Maria Weiß, Wirtswitwe dahier protestiert gegen die beabsichtigte Bauführung, weil ihr Sommerkeller gerade an jener Stelle sich befindet, auf welcher Leßkeur zu bauen beabsichtigt, sie daher vielen Nachtheil ausgesetzt sei.
Kötzting den 14. August 1860
Maria Weiß"

Bereits 4 Tage später konnte dieser Einspruch gütlich beigelegt werden.


StA Kötzting AA XI 121 

" Kötzting den 18. Aug. 1860
Heute erscheinen freiwillig
1. Josef Leskeur Goldschmied
2. Maria Weiß, verbeibeständet von Johann Süß Glaser von hier.
Ersterer erklärt:
Ich bin mit p Weiß nunmehr darüber übereingekommen, daß ich von dem Projekte, einen Stadel in die im Bauplan bezeichnete Stelle einzubauen, abstehe, und dieses Lokal ausschließlich zu einem Keller für immerwährende Zeiten verwende, wogegen mir Weiß zugesteht, den Keller in jene Tiefe ausgraben zu lassen, als mein älterer Keller tief ist. Hiedurch ist der entstandene Streit beseitigt und Weiß willigt in den Fortbau des Kellers ein. Wobei noch bemerkt wird, dass der Eingang vom alten Keller in den neuen Keller statt findet. Unterschriften Leßkeur   Süß

StA Kötzting AA XI 121 

Auf dem folgenden Detailplan kann man gut die nahe beisammen stehenden Keller erkennen.
Oben in blau ist der Besitz der Leszkier und unten das Wirtshaus der Familie Weiß in rot eingezeichnet.

StA Kötzting AA XI 121 

Im selben Jahr entsteht der erste Folgeband der Grundsteuerkataster und dort findet sich unter der Hausnummer 47 folgender Eintrag.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5047
"Hausnummer 47 Josef Leszkeur
Wohnhaus, Stallung und Schupfe alles aneinander, Wurz und Baumgarten, der Hausgarten (am 19.2.1849 vom Vater um 2100 Gulden übernommen)
Mittlerweile gehörte auch ein Dampfbachackerl  ....


und eine Dampfbachwiese zum Grundbesitz.
Aus dem Jahre 1861 findet sich ein Rechtsstreit zwischen Josef Leszkier und Johann Stoiber wegen dessen Wassereinleitung am Ludwigsberg. 
Am 10.5.1878 frühmorgens verstarb der Goldarbeiter Josef Leßzkeur im Alter von gerade mal 60 Jahren.
Als seine Erben wurden benannt die Witwe Therese und die Kinder
August,  derzeit beurlaubt in Kötzting
Franziska Frins, Sattlerehefrau in Kötzting (Sperl-Haus in der Metzstraße)
Xaver, verehelichter Goldarbeiter in Furth
Theres, ledig in Kötzting
Margaretha, 19 Jahre alt 
Anna 11 Jahre und beide Zuhaus
und noch
Josepha Leszkeur /:Meier:( illegitimes Kind der Witwe Theres Leskeur, 30 Jahre alt.

Das Ehepaar hatte am 14.3.1878 ein Testament verfasst,  welches nun im Beisein der Erben geöffnet wurde.
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 21 Nr. 33 Leszkier Josef Goldarbeiter von 1878

Xaver und Franziska hatten bei ihrer Verheiratung das Elterngut bereits erhalten.
Jedes der übrigen Kinder sollte 700 Mark erhalten, die aus dem Verkaufspreis von 8985 Mark, die der Sohn August für das Haus bezahlen sollte, zu bestreiten waren. Das Warenlager hatte August ebenfalls zum Ankaufspreis abzulösen und dem überlebenden Elternteil einen "Jahrpfennig" von 320 Mark zu bezahlen.

StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 21 Nr. 33 Leszkier Josef Goldarbeiter von 1878
Die eigenhändigen Unterschriften unter dem Testament

Franz Xaver Leszkeur hatte bereits am 19.4.1875 die Further Schneidertochter Barbara Gruber geheiratet.
Sein Bruder August, der das Haus übernahm,  blieb noch einige Jahre ledig, er heiratete erst am 21.10.1885 Katharina Dirrigl aus Ansdorf.
6 Jahre nach ihrem Mann verstarb dann auch die Witwe Theresie Leszkeur im Alter von 59 Jahren am 22.2.1886. Als Todesort ist hier allerdings das Haus mit der alten Hausnummer 107 angegeben, heutzutage im Gebäudekomplex des Hotels zur Post aufgegangen, einem ehemaligen kleinen Hause in der Gasse hinter dem alten Brauhaus..
Die Liste ihrer Erben zeigt, was aus ihren Kindern weiters geworden ist:
Josefa Maier - die illegitime Tochter - nun Pfarrerköchin in Blaibach
Franziska, verheiratete Frins
Xaver, Goldarbeiter in Furth
Therese, Schenk Bezirksamtoberschreibersgattin Kötzting
August, Goldarbeiter in Kötzting
Margaretha, Goldstrickerin in New York in Amerika
Anna, Goldstrickerin in New York in Amerika 
Auch hier wurde wieder ein Nachlassprotokoll erstellt, das von den Anwesenden unterschrieben werden musste.

StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 29 Nr. 17 Leszkier Therese Goldarbeiterswitwe aus Kötzting 1886. Hier die Unterschriften

Die beiden Schwestern, die nach den USA ausgewandert waren, mussten in das Deutsche Konsulat in New York, wo die noch minderjährige Margaretha den Kötztinger Kommunebrauer Dreger Georg als ihren Bevollmächtigten bestimmte.




 Im Dezember trafen sich alle Beteiligten beim Notar, um dessen vorbereitetes Inventarium vorgelegt zu bekommen.
Darinnen listete August L. auch genauestens seine Ausgaben für das Begräbnis seiner Mutter auf:.

 "An das Pfarramt Kötzting 28 M 50 Pf
an Herrn Lehrer und Chorregenten Holzapfel dahier  28 M 70 Pf
an Mesner Obermair dahier  10 M 10 Pf
an den Cuberator 1 M 10 Pf  (wohl Kooperator)
an die Friedhofsverwaltung 4 M
an den Leichenbeschauer 2 M"
an die Seelennonne  9 M
für die Grabmusik  14 M
an die Todtengräber  2 M 70 Pf
für den Sarg 18 M
für Blumen  5 M 50 Pf
für Kerzen und Sterbkreuz 6 M
für >Leichentuch, Schleier und Crupp  6 M 20 Pf
für Bekleidung der Leiche  8 M 53 Pf
an den Buchdrucker Oexler dahier für Todesanzeigen 9 M
für die Todesanzeige im Straubinger Tagblatt /einschließlich Nachnahmegebühr:/ 6 M
für Todesanzeige in der Landshuter Zeitung /:einschließlich des Porto:/ 5 M 20 Pf
an die Todtenträger  6 M  (ohne Quittung)


Frau Therese Schenk machte folgende Ausgaben für die Beerdigung geltend:
"Quittung des Steinmetzes Josef Raab in Blaibach für Lieferung einer Grabparre(?)  und für die Renovierung des Grabsteins. 42 M 50 Pf
Quittung des Schlossermeisters Anton Haas dahier für ein Grabgitter und eine Grablaterne  22 M
Quittung des Mauerermeisters Brädl für Gravieren und Färben der"

"...Grabschrift   6 M 40 Pf
Quittung des Buchdruckers Oexler dahier für Sterbebilder  4 M
Quittung des Pfarramts Blaibach für Stiftung von Messen  67 M 60"






Auch die folgende Verteilung der Restsummen wurde von den Beteiligten unterschrieben.
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 29 Nr. 17 Leszkier Therese Goldarbeiterswitwe aus Kötzting 1886. Hier die Unterschriften

August Leszkier und Katharina Dirrigl


In den Kötztinger Familienbögen (StA Kötzting 024 Familienbogen Buchstabe ("L") steht stehen August Leszkier und seine Frau Anna mit einer beeindruckenden Kinderanzahl.



Aus dem Jahre 1890 findet sich in den Bauakten im Staatsarchiv Landshut eine Umbaumaßnahme von August Leszkier.

StA Landshut  Rep 162-8 Sch. 22 Nr. 3205 Leszkier

"Plan
über Errichtung einer Oekonomiedurchfahrt und Verlegung der Düngestätte 
für Herrn August Lezkeur Goldarbeiter in Kötzting"

Hier die neue Frontansicht



"Erklärung der Situation

a Wohnhaus durch welchen die Durchfahrt errichtet werden soll
b Bauplatz zur Düngerstätte und dem Kanale
c Holzschupfe des Bauherrn
d Stallung desselben
e Hofraum und Gartengrund desselben
f Wohnhaus des Josef Dirnberger
g Gebäulichkeiten des Josef Weiß und Wiese
h Wohnhaus des Georg (:Hartl:) Bachl
i detto des Johann Leibl
k detto des Johann Wensauer
l Marktgassen"

Anschließend noch der Schnitt durch das Haus und die Düngerstätte: 
Der Ablauf der Düngerstätte geht offensichtlich hinein in die Wiese des unterliegenden Nachbarn


Von seinen Kindern waren  zwei der Buben beim Militär und im Kriege. August, der ältere Sohn, geboren 1889,  und Xaver, geboren 1898.
Von Xaver gibt es in einem Stammrollenauszug auch eine Personenbeschreibung.

Ancestry.de: Militärstammrollen für Xaver Leszkier aus dem Kriegsarchiv in Ingolstadt

"Größe: 1.66 m
Gestalt: Mittel
Kinn: spitz
Nase: klein
Mund: klein
Haar: schwarz
Bart: ohne
Bes. Kennzeichen: ohne"
Aufgrund seines jugendlichen Alters, wurde er erst im Sommer 1917 als Rekrut eingezogen und musste erst Ende September an die Front.

Leider überlebte Xaver den Krieg nicht, im Herbst 1918 musste die Familie eine Todesanzeige veröffentlichen.

Sein Bruder August, bereits im Jahre 1909 als Rekrut beim Militär ausgebildet, wurde sofort bei Kriegsbeginn, am 23.8.1914 wieder als aktiver Soldat eingesetzt.

Er wurde ausgezeichnet durch das Militärverdienstkreuz 3. Klasse mit Schwertern und hat eine Einlieferung ins Lazarett wegen einer Stichwunde am linken Unterarm durch eine Heugabel.








Mitten im Kriege, Pfingsten 1917 war August Leszkeur auf der Vorschlagsliste des Magistrats an den Kötztinger Pfarrherrn und wurde von diesem als der neue Pfingstbräutigam vorgeschlagen.
Es blieb dem Magistrat also nichts anderes übrig, als bei der 4. Bayrischen Reserve Pionier Kompagnie, wo August Leßzkeur seinen Dienst an der Front tat,  den Antrag auf Freistellung bzw., Urlaub zu stellen

StA Kötzting Pfingstakten von 1917. Anschreiben wg Urlaubsbefreiung für August Leszkier

Wenige Tage später kam dann die erlösende Nachricht von der Truppe  per Telegramm in Kötzting an, welches  im Stadtarchiv im Original noch vorliegt, militärisch knapp aber eindeutig: : Leßzkeur kommt.

Von links: Kirschbauer Josef, der Bräutigam des Vorjahres, August Leßzkeur, Heigl Franz,
auch dieser bereits im Vorjahr Brautführer






Hier der Pfingstbericht des Jahres 1917:

Kötzting 1.Juni (Pfingstritt 1917) Der Pfingstmontag ist der „schönste Tag des Lebens“ das ist Kötztinger Denken und Fühlen. Begünstigt von herrlichsten Maienlüften ritt die stattliche Zahl von 149 Pfingstreitern mit festlich geschmückten Pferden aus zum altehrwürdigen, frommsinnig gehaltenen Ritt durchs friedliche Zellertal. In der verstärkten Zahl von 160 Mann zu Pferd zogen sie in Steinbühl ein zur Feldmesse und kurzen Mittagsruhe. Nach der Feldmesse fand die erste Ehrung des heurigen  Pfingstjubilars Franz Kirschbauer  statt durch den Ortsgeistlichen, der in ehrenden Worten und durch Überreichung eines von der Expositurgemeinde Steinbühl gewidmeten Fahnenbandes der Treue und Anhänglichkeit des Jubilars an Kötztings Pfingstritt hohes Lob spendete. Um 2 Uhr nachmittags kamen die Reiter zurück und zogen unter Begleitung der Vereine und der Musik, des Magistrates und er hohen Behörden zur Festwiese am Bleichanger. Eine Unmenge von Pfingstgästen aus nah und fern umkreiste den Festring, wo die Festredner hoch zu Ross standhielten. Der Offiziator zu Pferd und in priesterlicher Kleidung bot Reitern und Gästen herzlichen Willkommensgruß, würdigte die große Liebe und Begeisterung von Kötzting Jung und Alt zum Pfingstritt deren lebendiger Ausdruck der Rittjubilar Frz. Kirschbauer war, der heuer als 63jähriger so frisch und begeistert zum 50. Male mitreitet wie als 13jähriger zum ersten Male; er erinnerte an das dritte Pfingsten im Kriege, wo Wasser, Blut und Geist, d.h. ganze Tränenbäche, Ströme von Menschenblut, Herrengeist und daneben Lastergeist Zeugnisse ablegen vom Geiste Gottes und der Welt; er erinnerte an den großen Gegensatz der Pfingstpracht in der Natur und der Kriegsqual im Menschenherzen. Zuletzt feierte er den Pfingstbräutigem, den Feldzugssoldaten, Jüngling und Bürgerssohn August Leßzkeur, Goldschmiedesohn von hier, und überreichte demselben das zierlich gearbeitete Pfingstkränzchen als Ehrenkranz für dreijährigen Kampf um deutsche Farbe und Sitte und deutschen Glauben. – Eine Ehrenfahne für 40jähriges Mitreiten erhielt der Großgrundbesitzer Wolfgang Mühlbauer von Bonried.

Einen einzigartig schönen Abschluss fand die ganze Festfeier durch die anschließende Ehrung des Pfingstjubilars Frz. Kirschbauer durch die Pfingstreiter und die Rittkooperatoren: es waren Worte warmer begeisterter Heimatliebe zur Vätersitte des Pfingstrittes, herzlicher, aufrichtiger Mitfreude mit dem Jubilar, dem das seltene Glück bei den Wechselfällen seines Lebens und Berufes zuteil ward, zum 50. Male an seinem heimatlichen Pfingstritt teilnehmen zu können, welche Herr Hauptlehrer Drunkenpolz, ein geborener Kötztinger, dem Jubilar widmete. Tränen in den Augen und einfache Worte schlichten Dankes waren die Antwort, als der 2. Festredner, Herr Hauptlehrer Drunkenpolz ein kunstvoll gesticktes und von den Pfingstreitern gespendetes Band an die Ehrenfahne des Jubilars heftete. Völlig überraschend kam demselben die Schlusswidmung des 3. Redners, des früheren langjährigen Kooperators von Kötzting und nunmehriger Expositus H.H. Franz Späth  von Warzenried. Im Namen der Rittkooperatoren zollte der Redner dem Rittjubilar seinen freundschaftlichen Dank für all die vielen Verdienste, die sich der Jubilar um die Einzelnen erwarb. Er führte die noch unkundigen Kooperatoren in die Anfangsgründe der Reitkunst ein, besorgte gewöhnlich Roß und Reitzeug und ward so zum „Rittmeister“ der geistlichen Reiter. Wie verblüfft saß da der in alter Bürgertracht erschienene Rittjubilar auf dem Pferde, als der Redner ihm eine goldene Taschenuhr mit den eingeprägten Namen sämtlicher Rittkooperatoren als bleibendes Andenken übergab. Reichbeschenkt kehrte er in sein festlich geschmücktes Heim zurück.

Foto Carola Neubauer. Die Uhr, die die Kooperatoren für den
Jubelreiter Franz Kirschbauer gestiftet hatten.


Die Wahl einer Pfingstbraut und die Pfingsthochzeit mussten natürlich wegen des Krieges ausfallen.
Aus der Nachkriegszeit erfahren wir nur wenig von der Familie Leszkier.
Am 31.8.1921 heiratete der Sohn Josef eine Arracher Schuhmacherstochter, Kreszenz Mühlbauer, und entsprechend dem Umschreibeheft des Grundsteuerkatasters sehen wir in ihm auch den nächsten Besitzer.

Josef Leszkier und Kreszenz Mühlbauer



Mit dem 24.10.1922 ist das junge Ehepaar dann auch als Besitzer des Anwesens in der Rathausgasse 5, alte Hausnummer 47 vorgetragen.
Auf dem Kötztinger Alten Friedhof findet sich noch der Grabstein seiner Eltern, die Schrift ist gerade mal noch zu lesen.

Hier ruht in Gott
Frau
Kathi Leßzkeur
13. April 1923
deren Sohn
Xaver
gefallen 1. Sept 1918
im Alter von 19 Jahren
Herr August Leßzkeur
+ 8. April 1929 im Alter von 72
Jahren

Aus dem August 1922 gibt es noch einen Brandbericht durch zündelnde Kinder.

KA vom August 1922



In der alten Einwohnermeldekartei der Stadtverwaltung - aus technischen Gründen vor Jahren links und rechts abgeschnitten - findet sich noch die alte Meldekartei für den nunmehrigen Goldschmied Josef Leszkeur. Auf dieser Karte ist sein Tod vermerkt mit Datum des 12.5.1941, weshalb im Umschreibeheft ab September 1941 auch die Witwe als alleinige Besitzerin vorgetragen ist..

Mit Katharina Leßzkeur - und dem Verkauf im Jahre 1952 -  endet nun die langjährige Besitzfolge der Goldarbeiter Leßzkeur auf dem Hause, die im Jahre 1783 begonnen hatte.
Katharina, eine andere Tochter des August Leszkeur, heiratete den Kötztinger Bautechniker Isidor Weininger, einem später sehr bekannten Kötztinger, der später der Taufpate des Josef Isidor Leßzkeur war, der aber offensichtlich das Kindesalter nicht überlebte.
Mit Frau Held, einer Tochter der Familie Weininger, führte Frau Rabl Dachs ebenfalls ein Interview, in dem Frau Held von ihrer Abstammung berichtete.

Sie sind aber 1916 geboren?

"Wissen sie, wo ich geboren bin? Im Leszkeur Haus. Meine Mutter war eine Leszkeur-Tochter. Mein Großvater war ein Goldschmied. Wenn ich früher geschäftlich über Land gefahren bin, sagten die Leute immer:"Wos, der Goldschmied-Kathl g'herst du!" So hat's immer geheißen. Sie war meine Mutter".

Wo haben sie dann gewohnt?

"Zuerst wohnten sie im Haus meiner Großeltern in der Rathausgasse, wo auch ich geboren bin, und 1923 bauten sie dann das Haus, n dem ich jetzt noch wohne.
Von meiner Mutter habe ich noch ein Foto und von 1910 das Brautbild meiner Eltern, die der Fotograf Pleier gemacht hat".




Zimmerer Franz und Therese Dachauer


Laut Umschreibeheft des Grundsteuerkatasters ging das Anwesen am 11. November 1952 durch Kauf an den Glaser- und Zinngießermeister Franz Zimmerer über.
Frau Christa Rabl Dachs hat vor einigen Jahren mit Herrn Franz Zimmerer eine Interview geführt, in dem dieser von seinem Berufsumfeld und der Häusersuche in Kötzting berichtete, die ihn am Ende in der Rathausgasse fündig werden ließ.
Der Glaser Franz Zimmerer stammte von dem Simbacher ( am Inn) Schneidermeister Anton Zimmerer ab und heiratete in Kötzting im Jahre 1911 Therese Dachauer, die Tochter des Schmieds aus der Metzstraße
Ihren ersten Laden hatten die beiden in der Marktstraße im späteren Hause Zigan, heute das Eiscafe´ Valentino.
Arbeitskreis Heimatforschung Repro 512  Das Ehepaar Zimmerer mit zwei von ihren Kindern.

Arbeitskreis Heimatforschung Repro 512   der Laden und Werkstatt in der Markstraße 

Arbeitskreis Heimatforschung Repro 3196  Therese TZimmerer geb. Dachauer 

Arbeitskreis Heimatforschung Repro 3197 Zimmerer Franz mir 2 seiner Kinder

Arbeitskreis Heimatforschung Repro 3201 Frau Zimmerer mit Kindern


Zimmerer Franz, der Sohn des obigen, berichtete in seinem Interview darüber, wie sein Vater nach Kötzting gekommen ist:

"Mein Vater hat zuerst das Geschäft - die Glaserei Fischer - irn Kolbeck-Haus gekauft (Eckhaus zwischen dem alten Dirnberger-Haus und der späteren Glaserei Zimmerer, nun Restaurant Delphi). Damals war ja die Glaserei nicht wichtig, sondern die Zinngießerei, weil zu der Zeit kein Wirt das
Bier in einem Krtigl ohne Zinndeckel ausschenken durfte. Ich bin zuerst in Schwandorf und danach in Cham g'wen - so wie man es halt frühers g'macht hat, daß man rundum kommen ist (Lehrjahre) - und für rneinen Vater wardas wichtig, daß ich in Schwandorf g'lernt hab', weil dort die bedeutendsten
Zinngießer saßen. Jeder Zinngießer hat sein eigenes Geheimnis g'habt.
Beim Schlagintweit in Cham ist mein Vater als Geselle g'wen und der hat zu ihm g'sagt: "Franz, in Kotzting war a Gloserei zumkaufen und ihr habt's a Geld", weil mein Vater in Pilsting ein Haus geerbt hatte. "Kannst des Haus auch kaufa", meinte der Schlagintweit, aber der Vater sagte: "Das mag ich nicht, weil dort kein Hof dabei ist ist." Ihm hätte damals schon das Leszkeur-Haus  gut g'falln, weil dort der Hof dabei war. Und daweil, so hat er g'sagt, ist der Krieg ausbrochen. Der Wensauer vorn, das wo heute der Textil-Schödlbauer ist, hat allerweil g'sagt: "Franz, nimm doch mein Haus, wennst kimmst!" D'Liese (Schwester) ham's dann firma (Firmung) lass'n und alle Tag' ist der Wensauer zu uns
rüberkommen, so wie der Schejßl-Schreiner alle Tag zum Dietl-Back (Meidinger/It4arktstraße 14) vorkomrnen ist, mit seinem Schnupftabak. Das war so: 
Der Schejßt hat herhinten an Schnupftabak auf d'Hand affedo, is fire aufs Eck ganga, hat lange Zeit g'schaut, was sich so alles tut; dann erst ist er zum Dietl-Bäck runtergangen und bei denen in der
Stub'n drin hot er erst g'schnupft. Der Meidinger Max (Vater vom jetzigen Besitzer Max Meidinger) hat ja beim Schejßl-Schreiner g'lernt. Gebacken haben nur seine Eltern damals - aber nur Semmeln, Weckl und a Brot. Der Max heute ist zwar wieder Bäcker, aber selber backen tut der auch nicht mehr. Der Schejßl-Sclueiner und der Mutscherl-Mauerer (Josef Breu, Gehstorf) haben das beste Zeugnis g'habt
von der ganzen Schul' damals.

KA vom April 1912

Weiter berichtete er von seiner Heimkunft aus dem Krieg, die offensichtlich noch im Mai 1945 erfolgt ist und die eine interessante Kleinigkeit über die Auswirkung der Vielzahl von uniformierten deutschen Soldaten der 11. PD auf die Situation im Markt enthält.

Wie der Krieg aus war, bin ich von Wien rauf heimrnaschiert und bin auf d'Letzt in Weißenregen oben über Nacht geblieben, weil mich die Frau Vogl (Rohm-Bäuerin) nicht nach Kötztng runtergehen lassen hat. "Sie gehen jetzt nimmer heim", sagte Sie damals. "Erstens einmal, werden sie in ihrer Uniform verhaftet, weil dort sind die Amerikaner". "Mir brauchen's das nicht erzilllen", sagte ich zu ihr, "ich weiß Bescheid, wie alles ausschaut in Kötzting, weil ich bin beim Höllbauern in Windbach (Wimbach?) ernt eineg'angen, und nachand ham's me kennt und glei g'sägt, wej's dahoam ausschaut. In Kötzting schaut's aus, wie wenn die Deutschen den Krieg g'wonnen hätten, weil da ducken sich die Amerikaner, wenn die I l. P.D. - die tragen noch alle Uniform - durchmarschiert".
Ich blieb über Nacht in Weißenregen und bin am anderen Tag in der Früh nach Kötzting runterg'angen. Den Posten, der am Roten Steg stand, umging ich und durch's Kammpemocher-Gassl (Karnmmacher Gassl), ging ich zum Schejßl-Schreiner. Dem sagte ich, er soll zu uns vorgehen und sagen, daß ich da bin. Dann bin ich durch's Sperl-Gassl ( kleine Gasse zwischen der Sonnen-Apotheke und dem Drunkenpolz Haus) rauf - ich mußte ja vorsichtig sein, weil ich keinen Entlassungsschein hatte. Mein Vater kannte von der I1. P.D. einen Leutnant, der half mir und so wurde ich mit der Einheit entlassen".

Danach erzählte er noch vom Hauskauf seines schnell entschlossenen Vaters im Jahre 1952

"Unser Haus haben wir 1951 vom Leszkeur gekauft. Das werd' ich nie vergessen!...
Mir  haben hervorn g'arbeitet, jetzt kommt d'Lesszkeur Greterl, geht hinten rein und sagt zu meinen Vater: "Herr Zimmerer, gengas mit außer, ich muß ejner wos frong".
Na sagt er: "'Wos is denn Gretl?" Darauf hin sagt sie: "Mein Mann ist grad kommen und er hat mir g'sagt, daß er nach Cham versetzt worden ist; mir, taten s'Haus verkaufa!" -
"Sagst das der Mutter, s'Haus ist kauft", sagte mein Vater. "Auf d'Nacht kimm i hintere und dann red'ma weiter". Auf d'Nacht san ma dann hintere ganger, alle zwoa. und ich hab's dann kauft. Zum Verbriefen sind wir damals nach Cham eineg'fahrn".

Von Franz Zimmerer sen. haben wir einiges an Zeitungsberichten, da er ein überaus aktives Mitglied beim Kötztinger Schützenverein gewesen ist, die dann bei seinen Geburtstagen, oder wie auf dem folgenden Bild bei der Goldenen Hochzeit, ihr Mitglied auch hochleben ließen.
Arbeitskreis Heimatforschung Repro 3214: v.l. Zimmerer N, Hauser Jakl, Franz Zimmerer, Schwarz/Kothbauer Maria, Mühlbauer Georg (Schuh), Frau Zimmerer,  Zimmerer N., Emmi Götz/Haimerl, Krämer Konrad Dentist.

.
KU 1961-12 

Arbeitskreis Heimatforschung Repro 3217 Franz Zimmerer mit Schützenscheibe 1960

Arbeitskreis Heimatforschung Repro 3213. Die Familie Zimmerer v.l. Anni, Traudl, Franz und Lisi, sitzend Franz Zimmerer, Sylvia Bolesta, Tochter von Anni, Frau Zimmerer.




Zimmerer Franz und Rosa Zupolla


Im Jahre 1956 kam es dann zum nächsten Wechsel. Franz Zimmerer, der Sohn des obigen, übernahm das Geschäft von seinem Vater.
Von ihm haben wir in der Sammlung einige Bilder aus seiner Kindheit.

Arbeitskreis Heimatforschung Repro 3210 Hausmusik bei den Freiwirths 1927  Bub mit Geige rechts hinten ist Franz Zimmerer.  
Frau Freiwirth, eine geborene Kirschner, und ihr Mann hatten ein Textilgeschäft in der unteren Marktstraße (Godl)

Franz blieb seinem Instrument treu, aus dem Jahre 1930 kennen wir folgendes Foto:
Arbeitskreis Heimatforschung Repro 043: 

von vorne links: liegend Kirschner Alfred, Sohn von Julius Kirschner,  Mitte: Mädchen aus Hudlach, wahrscheinlich Moltrecht (Ammon), Weigold Marerl (Laggatz), Musiklehrerin Kirschner Frau vom Tierarzt, Fleischmann Mariele (Vater Gerichtsvollzieher)
Hintere Reihe: Zimmerer Franz, Krämer Erna Tochter vom Ostmarkonkel Conrad Krämer, Hoiss Hanse, Vater später Bürgermeister, Feichtner Bubi (Ludwig)  



Arbeitskreis Heimatforschung Repro 3210  die Standardaufnahme als Kommunionkind
beim Fotografen Pleier.

Auf den Kötztinger Faschingsbällen wurde früher sehr viel mehr fotografiert und von vielen Familien kennen wir solche Tanzaufnahmen.
 
Arbeitskreis Heimatforschung Repro 3210: In der Mitte Franz und Rosa Zimmerer  rechts Franz Wagerer

Am Ende dieses Beitrags nun noch ein musikalischer Abschluss.
Wie sehr das musikalische Erbe sich in der Familie Zimmerer bewahrt hat, kann man gut an seinem Sohn - ebenfalls Franz - erkennen, der seit Jahrzehnten mit seiner "Quetschn" aus der Kötztinger Musikwelt nicht mehr wegzudenken ist.
Da "Zimmerer Franze", Foto von Frau Rabl-Dachs

Musikanten unter sich. Isabella Dachs und Franz Zimmerer. Foto Frau Rabl Dachs