Michael Heigl
1817-1857
Zuerst jedoch ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:
Zum Einstieg: ein Bild und seine Geschichte: das Laumerhaus von Gotzendorf
Teil 1 der Dokumentation: Der Familienverband des Michael Heigl
Teil 2 Die Heigls in Beckendorf
Michael Heigl im Spiegel der Veröffentlichungen
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Eines der verschiedenen Titelblätter des Romans über den Räuber Heigl von Oskar Döring. Das Titelbild ist ein Gemälde des Kötztinger Malers August Philipp Henneberger, der sich als "Paradeheigl" den damaligen Hauptdarsteller im "Heiglfilm" und Kötztinger Original Herrn Karl Höcherl ausgesucht hat, und der vermutlich seither in vielen Köpfen als Muster und Maßstab gilt, wie denn wohl Michael Heigl ausgesehen hat. |
Wie hat er nun tatsächlich ausgesehen? Der Staatsanwalt Steinle aus Steinach war offensichtlich ein Prozessbeobachter und von diesem haben wir die bisher genaueste Beschreibung Heigls.
Michael Heigl hatte also ein "rundes, bartloses und mit Narben gezeichnetes Gesicht", hatte also keinerlei Ähnlichkeit mit den Abbildungen und Darstellungen, mit denen er in den Publikationen illustriert wird.
Dies ist nun der richtige Zeitpunkt - bevor es in den nächsten Teilen dann darum geht, sein Leben und Wirken aufzudröseln -, um zunächst einmal auf die wesentlichen Veröffentlichungen einzugehen, die sowohl zu seinen Lebzeiten - oder kurz danach - und vor allem dann, von der Mitte des 20. Jahrhunderts an bis in die Gegenwart herein, über ihn zu finden sind.
Dort finden sich sehr individuelle Ansätze und Herangehensweisen, wie bereits die unterschiedlichen Charakterisierung Heigls von Seiten der Autoren zeigt.
Zunächst einmal gibt es ein paar wenige zeitgenössische Berichte - meist für die Sonntagsbeilagen der Gazetten geschrieben -, bei denen es bereits gilt zu versuchen, Dichtung von Wahrheit zu trennen.
In den neuzeitlichen Veröffentlichungen wurde er wahlweise als "Volksheld" [Dr. Sommerfeldt], "Krimineller" [Carl von Paur], "Räuber" [Oskar Döring], "Höhlenmensch" [Manfred Böckl], "Räuber" und die Rote Res [Monika Bittl in Freiwild], oder "Sozialrebell" [Der bayerische Wald] und "Robin Hood des Bayerwaldes" bezeichnet.
Die Reihenfolge der folgenden Besprechungen beruht auf dem Maße, in dem die Autoren bei den Fakten geblieben waren. Mit Ausnahme gleich des ersten Beitrags von Dr. Sommerfeldt und Teilen der zeitgenössischen Berichte begeben sich die anderen Autoren sehr schnell in den Bereich einer Erlebniserzählung.. Von den Romanen bleibt am ehesten noch Oskar Döring mit seiner Mischung von tatsächlicher Handlungsabfolge und belletristischen und fiktiven Ausschmückungen an der historischen Person des Michael Heigl dran. Bei den anderen Büchern herrscht reines Wunschdenken vor, von den Devotionalien der Tourismus- und lokalen Werbeindustrie gar nicht zu reden.
Dr. Sommerfeldt
Herausstellen möchte ich gleich zu Anfang dieser "Literaturliste" die Arbeit Dr. Sommerfeldts, des damaligen Leiters der Lokalredaktion der Kötztinger Zeitung.
Nicht nur, dass sich seine sehr umfangreiche Arbeit genau an die Akten des Staatsarchives Landshut hält und Spekulationen vermeidet, sondern seine Forschungsarbeit im Staatsarchiv hat auch im dortigen Repertorium (=Aktenverzeichnis) ihre Spuren hinterlassen. Es gibt nämlich dort einen eigenen Vorgang: "Akten, die Herrn Dr. Sommerfeldt vorgelegt wurden".
Als er in den 1950er Jahren seine Anfrage an die dortigen Archivare gerichtet hatte, mussten diese - wir sind noch weit von der Einführung der PCs und entsprechenden Suchroutinen entfernt und auch die damalige Verstichwortung auf Karteikarten griff bei den umfangreichen Akten des Innenministeriums nicht - per Suchfinger die entsprechenden Repertorien durchsuchen. Der Aktenbestand der "Regierung von Niederbayern, Kammer des Inneren ist riesig, wie der - neuzeitliche - Aktendeckel des dann doch gefundenen Aktenmaterials bezeigt.... an der Stelle 63944 I-III wurden die Archivare dann fündig.
Wohl damit ihnen diese aufwändige Sucharbeit in der Zukunft erspart bliebe, legten die Archivare damals sogar einen eigenen Akt darüber an, was mir meine Sucharbeit in den 2000er Jahren wesentlich erleichterte.
Da manche Behördenvorgänge, die sich mit Michael Heigl befassten und sich im Inneren von anderen Akten befanden (Gerichtsprozess und die Revisionsverhandlung mit nachfolgender Begnadigung, interner Schriftverkehr des "Polizeipräsidiums" u.a.) nicht auf den jeweiligen Aktendeckeln gleich zu erkennen waren, blieb Dr. Sommerfeldt dieses zusätzliche Material unbekannt, auch wenn eine Kenntnis dieser weiteren Akten sicherlich den Kernpunkt seiner Zusammenstellung nicht verändert hätte.
Für mich ist aber zum Beispiel die umfangreiche Darstellung des grausamen und gewalttätigen Zusammenstoßes der Räuberbande mit den Gendarmen in Pirka, mit der schweren Verletzung des Brigadiers Sommer und der Schilderung seiner Heilungsfortschritte in den Präsidiumsakten, die Dr. Sommerfeldt nicht kannte, ein Ausschlusskriterium, dafür dass man Heigl noch mildernde Umstände und den Titel Volksheld zuerkennen könnte.
Und so sieht dann eines der Aktenbündel aus, die Dr. Sommerfeldt schlussendlich zur Verfügung gestellt wurden.
Wie im ersten Teil meiner Zusammenstellung bereits erwähnt, befindet sich im Akt eine tabellarische Auflistung aller Einträge, die sich bei der Gendarmerie Kötzting im Zusammenhang mit der "Jagd auf den Heigl" im Jahre 1853 hatten finden lassen.
Diesem Zeitpfeil ist Dr. Sommerfeldt konsequent gefolgt und hat seine umfangreiche "Heigl-Biographie" sowohl in den "Hohenwarter-Heften" als auch in 12 kleingedruckten ganzseitigen Berichten im Jahre 1956 in der Kötztinger Zeitung veröffentlicht.
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KÖZ 1956 |
Wie Dr. Sommerfeldt bereits in seinem Einleitungstext selber anführt, beruht sein Text ausschließlich auf seinem Aktenstudium und ist bis in die kleinsten Details korrekt.
Zeitgenössische Darstellungen
Kommen wir nun im "Ranking des Wahrheitsgehalts" als nächstes zu den zeitgenössischen Darstellungen.
Von KB Krämer, einem der/bzw. dem Nachfolger Dr. Sommerfeldts als Chef der Kötztinger Lokalredaktion der Kötztinger Zeitung haben wir das sogenannte "Krämerarchiv" im Stadtarchiv Bad Kötzting als Schenkung erhalten. KB Krämer, vom dem das Buch über den (Alt)Landkreis Kötzting stammt und er damals zusätzlich Kreisheimatpfleger des LK Kötztings gewesen war, hat bis zu seinem frühen und überraschenden Tod eine umfangreiche heimatgeschichtliche Sammlung angelegt und NATÜRLICH findet sich dabei auch eine Zusammenstellung über Michael Heigl.
Nicht nur, dass Krämer in den Unterlagen des Franz Schwarz - des Waldbuas - dessen Moritat vom "Räuber Heigl" gefunden hatte, in den Akten des Historischen Vereins der Oberpfalz (HvO) in Regensburg fand er ein ganz besonderes Schmankerl.
Die Augsburger Volkszeitung veröffentlichte in ihrem "Unterhaltungsblatt" (sic) bereits im Februar 1855 einen ausführlichen Bericht über den "Räuber Mathias(!) Heigl" und KB Krämer veröffentlichte seinen Fund in der KÖZ im Jahre 1963.
Zum Zeitpunkt der Reportage war Heigl bereits als Schwerverbrecher verurteilt, und, nach Revision und Begnadigung durch den König, im Zuchthaus von Au eingekerkert.
Gleich vorab zur Würdigung dieses Textes...... er wurde für eine Unterhaltungsbeilage geschrieben.
Der Reporter lässt seinen Mathias Heigl im Jahre 1813 auf die Welt kommen und gibt den Vater als einen Tagelöhner und die Mutter als eine Hausiererin an.
Einschub
Der angegebene Beruf des Vaters als Tagelöhner geht vermutlich ein wenig an der harten Lebenswirklichkeit der Heigls vorbei. Josef Heigl, der Vater, war ein Inwohner und als solcher seinem Bauern, bei dem er mit seiner Familie wohnte, zumeist unentgeltlich zur Arbeit verpflichtet. Ja sogar die Kinder der Inwohner wurden als billige Arbeitskräfte vom jeweiligen Bauern genutzt bzw. ausgenutzt, der sich somit teure Knechte und Mägde sparte. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass sich Josef Heigl auch den einen oder anderen Lohn hinzuverdiente, aber ein Inwohner stand schlechter da in der Gesellschaft als ein Taglöhner, der durchaus auch ein kleines Haus besitzen konnte.
Das MH später einmal als größerer Bub als Hirte eingesetzt worden ist, ist sogar sehr wahrscheinlich, da sein Vater ja mit dem Beruf eines Hirten bei den Kindergeburten in Ramsried angegeben worden ist.
Der im Bericht genannte Gutbesitzer Sch. aus K. lässt sich sehr leicht als der Gutbesitzer von Kötzting (heute Hotel zur Post) und des Schlosses Hohenwarth entschlüsseln: Ignaz Schrank, der in den Prozessakten Heigls öfter zitiert wird und als wichtiger Zeuge vernommen wurde.
Einschub
Heimatgeschichtlich interessant und auch als Detail, dass die Geschichte so passiert ist, ist die Sache mit dem "Pfändter", ein Brauch, der durchaus auch heute noch ausgeübt wird.
Mit einem Pfändter, einem Holzpflock mit einem aufgesteckten Strohbündel markiert ein Wege- oder Grundstücksbesitzer eindeutig, dass ein Passieren bzw. Betreten des jeweiligen Objektes verboten ist.
Einschub Ende
Die Geschichte von Heigls Flucht wird hier sehr detailliert wiedergegeben und hat sich vermutlich genauso abgespielt, weil sich in den Bauakten des Kötztinger Gefängnisses Stellen finden lassen, die solch eine Türöffnung durch einen Seilzug belegen.
Die bekannte Geschichte mit dem zurückgelassenen Hut hat durchaus einen, aus der damaligen Sicht der Dinge, nachvollziehbaren Kern. Die historisch verbürgte Feststellung des Assessors klingt nur für heutige Ohren so, als wäre er sehr weltfremd.
Bis heran an die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts kann man auf allen Bildern Kötztings sehr gut erkennen, dass bereits die älteren männlichen Kinder, die Buben und natürlich auch die jungen Männer ausnahmslos einen Hut trugen.
In dem folgenden Bildausschnitt einer größeren Aufnahme des Kinderfestzuges aus dem Jahre 1905 kann man ausnahmslos auf allen "Männerköpfen" Hüte erkennen, egal ob es sich um die Musikkapelle, Zuschauer groß und klein oder mitlaufende Buben handelt,
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Foto Sammlung Voithenleitner der Kinderfestzug von 1905 |
Man(n) ging schlichtweg nicht ohne Kopfbedeckung aus dem Hause, weshalb es für den Assessor - er hieß übrigens Fritz - es zunächst unvorstellbar gewesen war, dass JEMAND, und sei es ein Krimineller, sich ohne Kopfbedeckung auf die Straße begeben würde.
Kommen wir zu Heigls geglücktem Ausbruchsversuch.
Bereits wenige Jahre vor Heigls Flucht wurden anlässlich einer anderen "Gefangenenentweichung" die Schwachpunkte im Kötztinger Gefängnis aufgezeigt, offensichtlich ohne dass sich an den Zuständen etwas geändert hätte.
Die Bauinspektion Deggendorf musste sich unter dem Betreff: "das Entweichen der gefangenen Georg Seiderer und Andreas Fischer aus der Frohnfest zu Kötzting" mit einem Kostenvoranschlag äußern:
"Die Haustüre in der Frohnfeste zu Kötzting ist an sich noch in ganz gutem Zustand. Die Versperrungsweise derselben ist jedoch nicht von solcher Konstruktion, wie dieses für eine Frohnfeste erforderlich. Sie kann von Innen ohne Schlüssel mit einiger Kraftanstrengung geöffnet werden." "Die Entweichung der rubrizierten Arrestanten soll übrigens auf folgende Art stattgefunden haben. An der Hausthüre befindet sich ein sogenannter Zug, mittels welchen das Gerichtsdieners=Personnal vom Zimmer aus die Hausthüre öffnen kann, dann eine Hausglocke im Flötz nächst der Thüre, aussen zum Anschellen. Die Arrestanten Seiderer und Fischer an der Hausthüre im Flötz angekommen setzten die Glocke, die leicht zu erreichen ist, in Bewegung, und das Gerichtsdienerspersonnal im Zimmer, in der Meinung es wolle jemand in die Fronfeste, zog auf, die Gefangenen entwichen."
Die Tür wurde gemäß des Kostenvoranschlages um 16 Gulden umgebaut und die Glocke entfernt, weil diese ja nur der Bequemlichkeit des Personals diente.
Mit diesem zeitgenössischen Bericht kennen wir nun auch die Quelle einiger Anekdoten, die Heigls soziale Ader belegen sollen. Angesichts der vielen Fehler, die im Bericht vorkommen ( Heigl Mathias, Geburtsdatum mit 1813 angegeben und Gottersdorf anstelle von Gotzendorf) ist ein Zusatz gegen Ende des Berichtes, der da lautete: "Das ist eine verbürgte Geschichte.", wohl nötig gewesen.
Solch eine Räuberpistole wird natürlich gerne gelesen und so druckte die Landshuter Zeitung im Dezember 1855 die Geschichte der Münchener Kollegen gerne nach - im Original und mit allen seinen Fehlern bzw. Irrtümern.
Es gibt aber noch einen weiteren zeitgenössischen Bericht. Ein K. Deiler, dessen Vater sich zu "Heigls-Zeit" erfolgreich um eine Lehrerstelle in Haibühl und später in Hohenwarth beworben hatte.
Seine Veröffentlichung findet sich bei uns im Archiv nur in einer Stoffsammlung des Krämerarchives und enthält leider keine weitere Quellenangabe.
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Krämer Archiv |
Deiler berichtete auch einleitend von dem spannungsbeladenen Verhältnis zwischen der Bevölkerung und den Amtspersonen. Dabei ging Deilers Beschreibung direkt über in die genaueste Schilderung von Heigls Flucht, die ich gefunden habe.
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Krämer Archiv |
Deiler berichtete sogar von einem persönlichen Treffen mit Michael Heigl.
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Krämer Archiv |
Die im Text benannten "Zwillinge" waren doppelläufige Gewehre.
Während in der Zeitungsreportage nur einmal eine Geschichte erzählt wird, in der Michael Heigl sogar einem Viehhändler dessen schweren Geldsack voll mit Silbermünzen bis nach Schönbuchen getragen hatte, scheint dies bei Deiler zu einer Manie des guten Räubers geworden zu sein, der es sich offensichtlich zum Lebensinhalt gemacht hatte, im Wald oberhalb Beckendorfs auf Geldtransporter zu warten, denen er dann ein sicheres Geleit bis zum Wirtshaus nach Schönbuchen angeboten hatte. Ein wahrhaft guter Mensch.
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Krämer Archiv |
Vom Rimbacher Pfarrer Kiendl - von dem Teile seines Nachlasses im Staatsarchiv in Landshut liegen - Rep 191/KIEN 93 - gibt es ein handschriftliches Manuskript über den Räuber Heigl, das sich aber als einfache Abschrift des Beitrags von Heinrich Reder in "Der Bayerwald" aus dem Jahre 1861 herausstellt, schade, denn Kiendl wäre sowohl vor Ort gewesen als auch zeitlich viel näher dran, als spätere Autoren. Kiendl fertigte seine Absachrift, in dem sogar von "Heigls Waldschloss" die Rede ist, im Jahre 1914 an.
Auch dies ist ein Beispiel, wie sich durch das permanente gegenseitige Abschreiben anekdotische Zuschreibungen plötzlich zu einer Überlieferung von gesicherten Vorgängen wrandeln können.
Die Romane über Michael Heigl in der jüngeren Zeit
nach den zeitgenössischen Berichten und den prozessbegleitenden Veröffentlichungen - nach einem kurzen Intermezzo nach Heigls Ermordung im Gefängnis - wurde es ruhig, ganz ruhig um Michel Heigl.
Im Roman Dörings bildet dann das tatsächliche Leben Michael Heigls nur noch den Rahmen für einen Zeitpfeil, den der Autor mit viel Liebe zum Detail zu einem Erlebnisroman ausbaut. Es entstand ein Buch, das sicherlich nun bereits zwei Generationen an Lesern das Leben Michael Heigls näher brachte.
Ähnlich wie Döring, verarbeitet Manfred Böckl Michael Heigls Leben, wie es sich grob aus den vorherigen Veröffentlichungen bereits ergeben hatte, und bringt es in Romanform.
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Eines der Titelbilder des Buches von Manfred Böckl |
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Eine andere Aufmachung desselben Buches. |
Ganz anders ist es mit dem Buch "Freiwild" von Monika Bittl.
Bei Monika Bittls fiktivem Prozessprotokoll ist kein Bezug mehr zum echten Leben des Michael Heigl festzustellen. Therese Pritzl, seine junge Geliebte und Mutter mindestens von dreien seiner Kinder, wird als Sozialrebellin dargestellt und steht im Mittelpunkt des Geschehens.
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Auch hier - im Buchcover - findet sich Therese Pritzl als rothaarige junge Frau wieder, und erfüllt damit das Bild der "roudn Res".
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Wie sehr Frau Bittl ihre Romanfiguren frei und passend für ihren Handlungsstrang gestaltete, erkennt man gut am Beispiel ihrer Personenbeschreibung des Michael Heigl.
Heigl Michael - vom Staatsanwalt Steinle noch von "mittlerer Größe" beschrieben, wird bei Monika Bittl nun ein "wahrer Hüne, zwei(!) Köpfe größer als ein durchschnittlicher Mann"
Im Literaturportal-bayern.de wird das Buch mit folgenden Inhalten vorgestellt:
Heigls Frau
Die rote Res
Die Frau, die mit Michael Heigl auf dem Kaitersberg lebte, stand ihm an Furchtlosigkeit und Courage in nichts nach: Therese Pritzl, wegen ihrer roten Haare auch die Rote Res genannt. Gemeinsam mit Heigl rebellierte sie gegen die bestehende Ordnung, suchte Freiheit und Gerechtigkeit. Dem Paar wurden oben auf dem Berg mehrere Kinder geboren, die Michael Heigl allesamt verschiedenen Bauern vor die Türe legte und sie dazu verpflichtete, diese aufzuziehen. Die Münchner Schriftstellerin Monika Bittl stellte das Schicksal der Therese Pritzl 2012 in den Mittelpunkt eines Romans, der vor allem die politische Dimension des Paares in den Vordergrund rückt.
Haben wir jetzt nicht geradezu eine Pflicht, das Land zu verlassen? Nein, sagt der Heigl, wir haben jetzt erst recht die Pflicht, nicht feige abzuhauen, sondern unseren Leuten zu zeigen, dass man sich gegen diese Willkür und Obrigkeit wehren kann. [...]
Reißen wir nicht einen ganzen Landstrich mit in den Untergang? Oder sind wir wahrhaftig mutig, uns der Ungerechtigkeit mit unserem Leben entgegenzustellen? Oder müssten wir noch etwas ganz anderes tun, um eine wirkliche Revolution auf die Beine zu stellen? Könnten wir die Menschen dafür begeistern? Hätten wir überhaupt eine Möglichkeit? Nein, die Menschen bewundern uns und hungern für uns – aber ein Waldler ist kein Pariser, der bewaffnet gegen die Tyrannen vorgeht. Ein Waldler ist kein Revolutionär – und exakt daran werden wir scheitern.
Es ist mir bisher noch nicht gelungen, einen Zeitpunkt/raum herauszufinden, ab dem man von Therese Pritzl als der "Roudn Res" spricht und ihr nicht nur ein ganz anderes - spezielles - Aussehen andichtet, sondern mit diesem geänderten Aussehen auch ein ganz anderes- aufmüpfiges - Wesen zuspricht.
Wie weit die "roude Res" von der Wirklichkeit entfernt ist, kann man gut im offiziellen Protokoll nachlesen. Hier nun noch zur Gegenüberstellung die offizielle Beschreibung der Therese Pritzl aus dem Prozessprotokoll:
Therese Pritzl 22 bis 23 Jahre alt und seit ihrem 15. Lebensjahr die Geliebte des Heigl ist von kleinem gedrungenen Wuchs und voller Büste, hat dunkle feurige Augen, braune Haare und ein angenehmes Äußeres. Sie kannte keinen anderen Willen als den ihres Geliebten, dem sie mit aufopfernder Zärtlichkeit ergeben ist.
Nicht nur, dass sie vom Äußeren wohl das glatte Gegenteil der nun kolportierten "wilden Rothaarigen" darstellte, auch ihr geschildertes Wesen war meilenweit von einem eigenständigen und sozialkritischen Freigeist entfernt.
Diese Liste der Veröffentlichungen ist sicherlich nicht vollständig, und es gibt ja zum Beispiel auch noch Filme, die über den Räuber Heigl gedreht wurden.
Leider ist uns der erste Film nicht überliefert, wir kennen nur seinen Titel und die Ankündigungen für die Filmvorführungen.
Schon im Jahre 1916 fand sich in den Zeitungen der Hinweis auf bevorstehende Außenaufnahmen für das neueste Filmprojekt frei nach dem Roman des Hofrats Maximilian Schmidt, genannt Waldschmidt "
Brigitta und der Räuber vom Kaitersberg"
Da Maximilian Schmidt bei manchen Schilderungen der örtlichen Bräuche nicht unbedingt genau bei den wahren Begebenheiten blieb, brachte er gleich auch noch den Kötztinger Pfingstritt mit ins Geschehen.
Er selber hatte als junger Mann sogar den Michael Heigl einmal getroffen und schilderte die Begegnung in seiner 2-bändigen Autobiographie.
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KÖZ vom 10.3.1961 |
Im Jahre 1917 dann kam es zuerst in Cham zur Uraufführung, der sich in Furth im Wald noch zwei weitere Vorführungen anschlossen. Es ist durchaus möglich bzw. wahrscheinlich, dass es auch in Kötzting solch eine Vorführung gegeben hat, jedoch ist der Kötztinger Anzeiger des ganzen Jahrgangs 1917 nicht überliefert und so standen mir nur die Ausgaben des "Der Bayerische Wald" aus Furth im Wald zur Verfügung.
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Aus "Der Bayerische Wald" der Druckerei Perlinger Furth im Wald |
Interessant ist hier die Kurzbiographie Heigls, wie sie der damalige Further Kooperator Laubmeier im Artikel aufgezeichnet hat.
Aus Furth kennen wir auch die Rezension dieses Films.
Ich habe den Eindruck, als ob der Film eher die Handlungsorte Heigls - und damit die Landschaft - als einen echten Handlungsstrang beinhaltet hätte, ABER, es hat sich keine Kopie des Films erhalten, so sind wir auf die Zeitungsberichte angewiesen.
Im Wikipedia-Eintrag des "Räuber Heigl" findet sich auch noch folgender Hinweis:
Die Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) in München produzierte 1977 einen ca. 50-minütigen Gruppen-Übungsfilm über das Leben Heigls unter dem Titel Der Räuber Heigl. Gedreht wurde, in Schwarz-weiß und mit Laiendarstellern aus der Region, in und um Kötzting, Grafenwiesen und anderen Orten des Bayerischen Waldes.
Von diesen Dreharbeiten - den Film haben wir natürlich auf DVD in der Kurverwaltung zum Verkauf -
haben wir ein paar wenige Standbilder und natürlich die Bilder der "Uraufführung", dieses Mal aber fand diese in Kötzting statt.
Sollten meine Leser die Namen der Darsteller kennen, so würde ich die gerne ergänzen.
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Auch hier: Michael Heigl schlank. groß und mit Vollbart und die "rothaarige" Therese Pritzl. |
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Am 31.3.1954 schickte die Kötztinger Zeitung ihre Leser in den April, als sie Außenaufnahmen für einen neuen Heigl-Film vor der Heigl-Höhle ankündigte. |
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KA von 1922 |
Noch in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts war es wohl durchaus noch ein Reflex, nicht auffindbare Gegenstände dem Räuber Heigl zuzuordnen, und sei es nur aus Spaß und Fopperei.
Und so bleibt am Ende nur noch das Lied vom Heigl, der danach nur ein braver Mann gewesen sein soll.
Der Autor war mit hoher Wahrscheinlichkeit der "Waldbua" Franz Schwarz, der gleich bei Kriegsbeginn des Zweiten Weltkriegs in Holland einem Verkehrsunfall zum Opfer gefallen war.
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Ein "Beitrag für unsere Feriengäste" in der Kötztinger Zeitung von KB Krämer aus dem Krämerarchiv. |
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Arbeitskreis Heimatforschung: links Franz Schwarz, der Waldbua. Hier in der Kötztinger Metzstraße. |
Und so hat der bärtige Räuber und seine "Rote Res" das ewige Leben im touristischen Devotionalienhandel......
Hier noch einmal die links zu den bisher erschienen Beiträgen über Michael Heigl:
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