Heigl Michael wurde wohl aufgrund der Tatsache, dass er bzw. seine Eltern das Beckendorfer Heimatrecht besaßen, auch immer als lediger Inwohnersohn von Beckendorf bezeichnet, obwohl er nachweislich in Ramsried auf die Welt gekommen war. Nachdem noch einige seiner nachfolgenden Geschwister ebenfalls als Geburtsort Ramsried angegeben hatten, steht auch zu vermuten, dass er seine Kindheit ebenfalls dort verbracht hatte.
Später jedoch ist er, wie auch seine Brüder und seine erste Geliebte, eher im Raume Beckendorf-Arndorf-Reitenstein zu verorten, weshalb es auch immer schon ein - durchaus umstrittenes - Thema gewesen ist, wo denn die "Heigls" - zwischendrin und am Ende vielleicht dauerhaft - in Beckendorf dann gewohnt haben könnten.
Zuerst jedoch ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:
Zum Einstieg: ein Bild und seine Geschichte: das Laumerhaus von Gotzendorf
Teil 1 der Dokumentation: Der Familienverband des Michael Heigl
Der begleitende Zeitungsartikel allerdings bringt den Vorläuferbau mit einer kleinen Geschichte mit unserem Michael Heigl in Verbindung, die aber selbst als Anekdote nicht haltbar ist.
Auf dem historischen Plan der Uraufnahme - entstanden um 1831 - auf welchem jede Hütte und jeder Backofen eingezeichnet ist, die in der weiten Dorfflur gestanden hatten, findet sich keine Spur eines wie auch immer gearteten sakralen Gebäudes.
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Detail aus Bayernatlas.de hier Beckendorf |
Die Häuser mit den Nummern 1-3 sind hier abgeschnitten, diese befinden sich bereits auf der Anhöhe Richtung Kreuzberg, sind aber deutlich erkennbar erst im Aufbau.
Wo wohnte Michael Heigl?
1. Er soll auf dem Kreuzberg gewohnt
haben.
Faktencheck: Gleich zu Beginn des 19. Jahrhunderts wird Bayern vermessen und die erste
richtige Karte Bayerns wird um das Jahr 1830 erstellt, in der jedes, aber auch
wirklich jedes Gebäude – Stall – Stallung – Stadel, ja selbst jeder Backofen
eingezeichnet ist. Auf dem Kreuzberg ist nur der eine Bauernhof (im Urkataster
mit der Nummer 1 vorgetragen). Bei diesem Anwesen ist nachweislich kein Inhaus vorhanden.
Dann gibt’s noch die Anwesen 2 und 3, die zumindest auf der Anhöhe in Richtung
Kreuzberg liegen. Bei der Nummer 3 ist erwähnt, dass es erst 1809 erbaut ist
und bei beiden Anwesen ist noch im Plan von 1830 zu ersehen, dass die Häuser
erst im Entstehen sind.
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Detail aus Bayernatlas.de hier Beckendorf Richtung Kreuzberg, mit dem kleinen Anwesen mit der Nummer 1 und den Neubauten der Nummer 2 und 3. |
Welche mögliche Erklärung gibt es für diese "Verortung"?
Der "Heigl Christ", Christoph Gruber, der Sohn des Michael Heigl und seiner ersten Geliebten Marianne Gruber, wurde mehr als eine Generation später in einer Hütte auf dem Kreuzberg aufgegriffen, was nicht nur damals wegen der Begleitumstände für einige Aufregung sorgte, sondern, eben Jahrzehnte später - möglicherweise - der eine "Heigl Christ" mit dem anderen "Heigl Michael", zumindest was den Wohnort betraf, in einen Topf geworfen wurde.
Im Staatsarchiv Landshut unter den Akten des Bezirksamtes/Landratsamtes
Kötzting steht auf dem Aktendeckel mit der Nummer 2906 ganz groß:
„Sittenpolizei“. Darin wird unter
anderem vom Kötztinger Pfarrer bitterlich geklagt, dass die Zahl der unehelichen Geburten
immer höher ansteige und es nicht nur die „leichtfertigen jungen Leute“ seien, sondern durchaus auch die Witwen aus dem Bürgerstand und dass sogar "uneheliche Geburten von
verheirateten Weibern, deren Männer im Zuchthause oder anderwerts sich
befinden, vorkommen“
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StA Landshut Rep 164-8 Nr. 2906 |
Hochachtungsvoll J. Exler Pf[arrer]"
Franziska Brunner, Tochter der im Zuchthaus sich befindlichen Eheleute
Martin und Therese Brunner, 19 Jahre alt.
Anna Vogl, 15 Jahre alt, Tochter der im Zuchthaus befindlichen Eheleute
Georg und Creszenz Vogl von Arndorf
Franziska Vogl, 20 Jahre alt, ledige Tochter des im Zuchthaus büßenden Inwohners und Binders Josef Vogl vulgo Fendlsporn, von Arndorf
Theres Vogl, 38 Jahre alt, Ehefrau des nach Amerika geflüchteten Zuchthaussträflings Josef Vogl genannt Kemm von Arndorf.
"5. Christoph Gruber, genannt Heigl Christl, 49 Jahre alt, verheirateter Binder und Inwohner von der Gemeinde Arndorf und von seiner Ehefrau Katharina getrennt lebend."
Ludwig Hagl, 20 Jahre alt, Sohn der Malerseheleute Josef und Theres Hagl
von Kötzting
Anton Hohenleitner, 25 Jahre alt, lediger Müller- und Sagknecht von
Oberegling BZA München II
Franziska Vogl brachte in der Kollerhütte 8 Tage zuvor
ihr Kind von Ludwig Hagl auf die Welt. Diese beiden und auch Heigl Christ
mit seiner Freundin Therese Vogl bekommen alle eine Anzeige wegen Konkubinats.
Möglicherweise sind diese verdächtigen Bewohner mit Heiglbezug in der Kollerhütte
auf dem Kreuzberg der Grund, weshalb dort oben das Wohnhaus der Heigl verortet
wurde. Therese Vogl sollte aus Arndorf ausgewiesen werden – was aber dann
rechtlich nicht möglich gewesen war. Für den Heigl Christ, als gewalttätig bekannt, wird eine längere Zuchthausstrafe angestrebt, allerdings muss
zuerst die Frage seiner minderjährigen Kinder geklärt werden, welche bei ihm
wohnten.
Das Thema der unehelichen Geburten im Zusammenhang mit der zunehmenden Anzahl an Inwohnern wird bei der Erklärung der Ursachen der steigenden Kriminalität zu dieser Zeit noch eine eigene Rolle spielen. Das Thema der viel zu vielen Inleute im Kötztinger Raum und deren Auswirkungen wird uns noch oft begleiten.
Einschub Ende
2. Er soll im Hutterhaus gewohnt haben.
Das ist nun eine delikate Aufgabe. Viele Beckendorfer benannten das letzte Haus
in Beckendorf auf der rechten Seite vor Beginn der Beckendorfer Höhe als das „Heiglhaus“..
Diese Aussage hat schon mal zu einer hitzigen Gegendarstellung in der
Kötztinger Zeitung geführt, weil die Besitzer des Hauses sich dagegen
verwahrten, das ihrige als das des Räubers Heigl bezeichnet zu bekommen.
Frau Maria Stephanie, eine geborene Hutter aus Beckendorf schrieb an die
Kötztinger Zeitung, die dann am 9.9.1969 eine Art Gegendarstellung
veröffentlichte, weil die Besitzerin darauf bestand, dass festgehalten wurde,
dass der Geburtsort des Heigls der Kreuzberg gewesen sei und eben nicht das
Hutteranwesen.
Abweichend vom Wissenstand im Jahre 1969 kennen wir mittlerweile den Geburtsort Michael Heigls, nämlich Ramsried. Dass es nicht der von Frau Hutter angegebene Kreuzberg gewesen sein kann, glauben wir auch zu wissen, und das Hutter-Anwesen darf es nicht gewesen sein, was also nun?
.....nur eben nicht das in der Zeitung abgebildete, sondern genau gegenüber.
Manchmal hilft mir wirklich der Zufall in den anderen Archiven und natürlich
habe ich für diese Dokumentation auch versucht, Nebenwege zu gehen, um indirekt
zum Zuge zu kommen. Und wieder sind es die Akten des Bezirksamtes/Landratsamtes
Kötzting. Diesmal geht es um die Straßenkreuzung der abknickenden Straße nach
Grafenwiesen. Mitten dort, wo jetzt eine breite Straße abbiegt, war bis in die
30er Jahre des 20. Jahrhunderts ein bis zum Boden aus Holz errichtetes Inhaus
gestanden, das zu diesem Zeitpunkt noch der Familie Hutter gehört hatte. Die
Straße nach Grafenwiesen sollte nicht nur breiter gebaut werden, sondern auch
das Abbiegen sollte geschmeidiger und dem steigenden KFZ-Verkehr angepasst
werden. Diesem Vorhaben stand das Holzhaus im Wege. Was aber zunächst die Sache erleichterte, war die Tatsache, dass es
in einem äußerst baufälligen Zustand war. Dieses wiederum führte dazu, dass das Bezirksamt Kötzting im Juni 1933 zuerst einmal das Haus kurzerhand abreißen ließ. Und wie es der Zufall so wollte, waren der Zwangsverkauf und der Abbruch strittig, weshalb für den Akt eine
Bilderserie beigelegt wurde, die zur Rechtfertigung des Abrisses dienen sollte.
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StA Landshut Rep 164-8 Nr. 3532 von 1932-37 Beckendorf |
Bild mitte: Pfeil nach links Grafenwiesen
Bild rechts: nach Hohenwarth
Aus den dreißiger Jahren haben wir einen Schriftwechsel um die Entschädigungszahlung von Seiten des
Straßen- und Flussbauamtes Deggendorf.
Franz Hutter, der Besitzer schickte eine Petition an die Führerkanzlei in
Berlin – eine damals durchaus geläufige Methode, gleich ganz oben anzuklopfen –, welche die Angelegenheit an den NSDAP-Gau in Bayreuth delegierte.
In einem weiteren Schreiben an das Kötztinger Bezirksamt bezeichnete Hutter zwar selber das Haus als baufällig, jedoch hatte er die Absicht gehabt, selbiges wieder zu reparieren.
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StA Landshut Rep 164-8 Nr. 3532 von 1932-37 Beckendorf |
Abruch meines Hauses Nummer 5 in Beckendorf.
Mir wurde im Juni 1933 in Beckendorf Gemeinde Arndorf mein Haus No 5 infolge Baufälligkeit auf Veranlaßung des Bezirks Kötzting zwangsweise abgebrochen...."
Hutter beschrieb das Objekt in seinem handschriftlichen Bittgesuch als für ihn unverzichtbar und meinte, er habe bereits seit Jahren einen Reparaturplan eingereicht, der ihm aber nicht genehmigt worden war. Das Haus habe als Schuppen für seine landwirtschaftlichen Geräte gedient und es hätte sich innerhalb des Hauses ein guter Brunnen, ein fester Keller und eine Schmiedewerkstatt für seinen Sohn befunden. 3000 Reichsmark würde er für eine angemessene Entschädigung halten.
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StA Landshut Rep 164-8 Nr. 3532 von 1932-37 Beckendorf |
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StA Landshut Rep 164-8 Nr. 3532 von 1932-37 Beckendorf |
Dem Akt, in dem Franz Hutter als ein sehr „robuster“ Charakter dargestellt wird, ist auch zum besseren Verständnis ein Lageplan beigefügt, der das abgerissene Haus als das „INHAUS des Hutter“ bezeichnet und das in den 50er Jahren fälschlicherweise als das Heiglhaus bezeichnete Gebäude als das Anwesen des Hutter.
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Stellungnahme des Windisch an das BZA |
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StA Landshut Rep 164-8 Nr. 3532 von 1932-37 Beckendorf |
Auch wenn der letzte Beweis fehlt, und angesichts der großen Mobilität im Nahbereich, die die Inwohnerfamilie Heigl an den Tag gelegt hatte, um ihrem Broterwerb nachzugehen war es vermutlich auch später nicht der „Dauerwohnsitz“ gewesen/geblieben. Es spricht jedoch in meinen Augen manches dafür, dass Michael Heigl mit seinen Eltern und Geschwistern (auch) in diesem Hause gelebt hat.
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StA Landshut Rep 164-8 Nr. 3532 von 1932-37 Beckendorf |
Zum Einstieg: ein Bild und seine Geschichte: das Laumerhaus von Gotzendorf
Teil 1 der Dokumentation: Der Familienverband des Michael Heigl
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