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Montag, 17. Februar 2025

Podcast: Flaschengeist zu verkaufen .....

Kötztinger Geschichte zum Mithören 


Flaschengeist zu verkaufen

Die Basis für diesen Podcast ist ein Blogeintrag, der einen Gerichtsprozess aus dem Jahr 1735 in Kötzting nacherzählt. Im Mittelpunkt steht der Fall von Johann Pongratz, der fälschlicherweise beschuldigt wurde, einen Flaschengeist zu besitzen. Der Eintrag basiert auf einem erhaltenen Rechnungsbuch des Landgerichts und beschreibt detailliert den Schriftverkehr und die Verhöre im Zusammenhang mit den Anschuldigungen. Die Geschichte wird mit humorvollen Anekdoten und historischen Details angereichert, die das Leben und die Arbeitsweise des Gerichts im 18. Jahrhundert beleuchten. Der Blogbeitrag gehört zu einer Reihe von Beiträgen über die Geschichte Kötztings.

 







Zeitleiste der Ereignisse (1734-1735)

  • 23. Oktober 1734: Das Landgericht Kötzting erhält eine Nachricht vom Bürgermeister und Räten der Stadt Klattau (Böhmen). Darin wird berichtet, dass eine Schatzgräberbande inhaftiert wurde, die Michael Altmann mit Hans Pongratz in Verbindung bringen. Angeblich soll Pongratz einen Flaschengeist besitzen, den Altmann für die Bande erwerben soll.
  • 25. Oktober 1734: Hans Pongratz, Inmann in Krottenhof, wird vom Landgericht Kötzting befragt und verhaftet, nachdem er als Besitzer eines "Flaschengeists" von den Böhmischen Behörden beschuldigt wurde. Er bestreitet jedoch jeglichen Besitz eines solchen Geistes.
  • Anfang Dezember 1734: Antworten aus Klattau, Tauss und Staab treffen in Kötzting ein. Die Aussagen von Ignaz Präserl, Jakob Pohlgust, Jacob Mayr, Mathes Kopf, Niclas Haupeckh, Jakob Brosch, Michael Altmann und Christoph Pfeffer belasten Hans Pongratz schwer. Diese Aussagen wurden durch Verhöre der in Böhmen inhaftierten Bandenmitglieder erlangt, wobei Folter vermutet wird.
  • 22. Dezember 1734: Ein Schreiben aus Böhmen erreicht Kötzting. Demnach soll Pongratz den Flaschengeist zweimal in St. Catharina mit der Bande "in Handlung getretten" sein, aber er habe den Geist nicht herausgeben, da weder ein Geistlicher noch die verlangten 100 Dukaten vorhanden waren. Er behauptet den Geist nur in Anwesenheit eines Geistlichen, und gegen Bezahlung, beschwören zu können, um sich und die Bande vor dem Teufel zu schützen.
  • 5. Januar 1735: Nach den Weihnachtsferien setzen die Ermittlungen in Kötzting fort.
  • Januar 1735: Hans Pongratz wird "guet und zugleich ernst" befragt, leugnet aber weiterhin alle Vorwürfe und bezeichnet den Vorgang als "lautter Fopperey oder Gespäß." Er widerspricht der Aussage Altmanns, dass dieser den Geist zweimal gesehen habe. Ein weiteres Schreiben geht nach Klattau, mit der Frage nach genauen Details zu Ort und Aussehen des Flaschengeists, sowie ob auch der Vater des Johann Pongratz, der "alte Pongratz" von Atzlern, in den Vorgang verwickelt sei.
  • 26. Februar 1735: Ein weiteres Schreiben aus Böhmen bringt keine neuen Erkenntnisse.
  • 6. März 1735: Das Landgericht Kötzting übergibt den Fall an die Regierung in Straubing.
  • 10. März 1735: Die Regierung in Straubing antwortet und fordert eine erneute, aber "gütliche" (ohne Folter) Befragung von Hans Pongratz. Der alte Pongratz soll weiterhin festgehalten werden.
  • März/April 1735: Hans Pongratz bleibt bei seiner Aussage. Ein Bericht geht nach Straubing und Staab.
  • 22. März 1735: Michael Altmann hätte, trotz Krankheit, in Kötzting zur Konfrontation erscheinen sollen, erschien aber nicht.
  • 2. Mai 1735: Ein Brief aus Deschenitz kommt an, in dem mitgeteilt wird, dass Altmann immer noch krank sei, und auch nicht mehr wisse, ob Pongratz wirklich einen Geist hatte.
  • 5. Mai 1735: Das Landgericht Kötzting berichtet die neue Faktenlage nach Straubing.
  • 12. Mai 1735: Die Regierung in Straubing beschließt die Entlassung von Johann Pongratz aus der Haft.
  • Nach dem 12. Mai 1735: Es folgt die finanzielle Abrechnung des Prozesses.

Figurenverzeichnis

  • Hans Pongratz: Inmann aus Krottenhof, der beschuldigt wird, einen Flaschengeist zu besitzen und ihn verkaufen zu wollen. Er leugnet dies jedoch während des gesamten Prozesses.
  • Michael Altmann: Mitglied der Schatzgräberbande, der behauptet, den Flaschengeist bei Hans Pongratz gesehen zu haben. Später widerruft er seine Aussage aufgrund Krankheit.
  • Ignaz Präserl, Jakob Pohlgust, Jacob Mayr, Mathes Kopf, Niclas Haupeckh, Jakob Brosch, Christoph Pfeffer: Mitglieder der Schatzgräberbande, die ebenfalls Aussagen machen, die Hans Pongratz belasten.
  • Der "alte Pongratz" von Atzlern: Vater von Hans Pongratz, der ebenfalls im Zuge der Ermittlungen in Verdacht gerät.
  • Die Gebrüder Gerl aus St. Catharina: Bei denen sich die Bande wohl zumeist getroffen hatte, und die deshalb auch verhaftet werden.
  • Bürgermeister und Räte der Stadt Klattau: Verfasser der ersten Nachricht an das Landgericht Kötzting.
  • Landgericht Kötzting: Die Justizbehörde in Kötzting, die die Ermittlungen durchführt.
  • Oswald Zadler: Amtmann von Warzenried, der die Amtspost nach Klattau mitnimmt.
  • Landrichter von Kötzting: Verantwortlicher Richter im Fall.
  • Regierung in Straubing: Höhere Instanz, die schließlich die Entlassung von Hans Pongratz anordnet.
  • Hauptmann von Bistritz: Zuständiger Amtmann von Deschenitz.
  • Landgerichtsbote: Der Bote der im Zuge des Prozesses 36 Kreuzer verdiente.
  • Eisenamtmann von Kötzting: erhielt 34 Kreuzer 2 Heller für die Inhaftierung von Pongratz, 25 Kreuzer 5 Heller für die dreimalige Vorführung und 28 Gulden 34 Kreuzer 2 Heller für die Verköstigung.

 Und das hatte das Programm von mir zur Verfügung:

https://koetzting.blogspot.com/2013/09/ein-wirklicher-flaschengeist.html

Aus diesem Material aus der Anfangszeit der "Kötztinger Geschichte(n)"  entstand der obige Podcast.


Montag, 2. September 2013

Ein wirklicher Flaschengeist

Der folgende zusammengefasste Prozess lässt sich aus dem Rechnungsbuch des Landgerichts Kötzting vom Jahre 1735 rekonstruieren. Das Buch liegt im Staatsarchiv Landshut.  So lebendig und ausführlich waren damals die heutzutage so nüchternen Rechnungsbücher.


Rückseite des ehemaligen Amtshauses, Aufnahme von ca 1900, Hausname später: beim "Wieser Girgl" dieses Haus am Ende der Schirnstraße, im Keller dieses Gebäudes waren die Keuchen untergebracht, in einer dieser Keuchen saß der unschuldige Johann Pongratz aus Krottenhof von Oktober 1734 bis Mai 1735 Aufnahme von Mathias Heilmeier. Bildrechte beim Landkreis Cham

 Am 23. Oktober 1734 erhielt das Landgericht Kötzting Nachricht aus dem Königreich Böhmen. Von dort schrieben der Bürgermeister und die Räte der Stadt Klattau, sie hätten eine Schatzgräber Bande inhaftiert und von diesen Bandenmitgliedern würde behauptet, dass der "mitverstrickte Michael Altmann zu dem Hansen Pongratz (nicht verwandt oder verschwägert mit dem Schreiber dieser Zeilen, möchte ich schon festhalten.....) uff den Krottenhof gehen"  und "deme underbringen muessen, dass er der Banda den Spiritum (Geist), welcher dem Altmann in ainem gläsernen Fläschl vorgezaigt und würcklich sehen lassen, gegen Bezahlung überlassen solle."
Altmann habe also beim Inmann Johann Pongratz vom Krottenhof einen Flaschengeist gesehen, welchen der Inmann auch verkaufen wollte.
 
Der Rat von Klattau forderte nun von den Kötztingern, um ihren eigenen Prozess vorantreiben zu können, die Untersuchung des Ganzen, sie nennen es die Inquisition, vorzunehmen.

Bereits am 25. Oktober wurde Hans Pongratz, Inmann in Krottenhof  über die von Klattau geforderten Umstände ausführlich befragt und dann gleich verhaftet. In ihrem Antwortschreiben fordern die Kötztinger ihre Kollegen von Klattau auf, sie sollten Ihre verhafteten Bandenmitglieder nochmals ausführlich befragen, denn der inhaftierte Pongratz würde: "einen Spiritum zu haben fortissime negieren"
Anfang Dezember kam dann die Antwort aus Klattau, Taus und dem Markt Staab - auf diese Gerichtsorte waren die verhafteten Bandenmitglieder verteilt worden - die diese weiter verhört hatten: Die Abschriften der Verhöre von Ignaz Präserl, Jakob Pohlgust, Jacob Mayr, Mathes Kopf, Niclas Haupeckh, Jakob Brosch, Michael Altmann und Christoph Pfeffer belasteten den in Kötzting inhaftierten Hans Pongratz schwer. Für den Botengang dieses Schriftwechsels erhielt der Landgerichtsbote 36 Kreutzer. 

NB:   All das bis hier Geschriebene diente damals ausschließlich als Beleg dafür, dass dem Boten die 36 Kreutzer bezahlt worden sind. Zwei Seiten kleingeschriebener Text nur um die Ausgabe zu rechtfertigen. 36 Kreutzer könnte man grob auf 50 Euro umrechnen.

Die in Böhmen inhaftierten Gefangenen - es ist zu vermuten, dass diese für ihre Aussagen auch gefoltert worden waren - sagten aus, dass der Pongratz "zway mal zu dem Gerl in St. Catharina, bey deme die Banda öfter zusambenkonffte gehalten, gangen, und mit deren weegen das Spiritus in Handlung getretten, iedoch weillen weder der Geistliche von Regenspurg als welche gemelt Banda Erinderung nach den Geist zu Ausfiehrung ihres Vorhabens unendtpöhrlich benöttiget, gegenwerttig noch auch die 100 Dukaten gelt, so Pongratz hievor verlangt, bei handten gewest bedeutten Spiritum nit von sich geben. Under dem vorwandt dass er ohne gelt selben nit anlassen können und ausser des Geistlichen mit deme ohne das nichts auszurichten, weillen sye alle von dem Teufel nit sicher wären."
Die Konstruktion ist interessant, Pongratz könne, so sagen die böhmischen Angeklagten, ohne Anwesenheit eines Geistlichen den Geist nicht aus der Flasche lassen, weil sie sonst vor dem Teufel nicht sichern wären und ohne Geld ginge schon gar nichts.


Dieses Schreiben ist am 22. Dezember eingetroffen aber die Gerichtsherrn konnten erst im Januar weitermachen, es waren ja die Christferien, interessant, dass auch vor 300 Jahren die "Beamten" Weihnachtsferien hatten und zwar gings ausdrücklich wegen der Christferien erst wieder am 5. Januar weiter. Also dauerten diese Ferien damals wie heute auch zwei Wochen.
das Amtshaus, wie es wohl zur Zeit des Johann Pongratz ausgesehen hat
Im  Text heißt es nun  dass der Johann Pongratz "guet und zugleich ernst" ausgefragt worden war, er habe aber alles geleugnet, es wäre nichts an der Sache, der ganze Vorgang wäre nur eine "lautter Fopperey oder Gespäß" gewesen. Und er widerspricht damit auch der zweiten wiederholten Aussage des Altmanns, welcher seine erste bestätigte, nämlich, dass er zweimal den Geist beim Pongratz gesehen habe.
Wieder ging eine Schreiben nach Klattau, diesmal durch den Warzenrieder Amtmann Oswald Zadler, der die Amtspost bei Gelegenheit nach Klattau mitnahm. Kötzting wollte nun Details wissen, wo er den Flaschengeist genau gesehen habe und vor allem wie er ausgesehen habe. Und, wollten sie weiter wissen, ob nicht der "alte Pongratz" von Atzlern, der Vater des Johann, (Hoppala, jetzt wirds wohl doch verwandtschaftlich, meine Pongratzvorfahren stammen aus Atzlern ab) "hirumb ebenfalls wissen getragen", dieser Mann war durch die letzten Verhöre ebenfalls "zimblich graviert worden.", also belastet worden.


Plan der Keuchen unterhalb des Kötztinger Amtshauses
Inzwischen waren in Tauss auch die beiden Gebrüder Gerl aus St. Catharina verhaftet worden, da sich die Bande wohl zumeist bei diesen getroffen hatte. Die Schreiben aus Böhmen vom 26. Februar 1735 brachten aber keine Neuigkeiten und so übergab das Landrichter von Kötzting den Vorgang am 6. März an die Regierung in Straubing und diese antwortete bereits am 10. desselben Monats. 
Hans Pongratz solle noch einmal ernstlich, aber gütlich, (das heißt also ohne ihn zu foltern) zu examinieren und das Ergebnis wiederum nach Straubing zu berichten. Den alten Pongratz sollten sie noch zurückhalten. Johann Pongratz blieb hartnäckig bei seinen Aussagen und dieser Bericht ging nun sowohl nach Straubing als auch ins Böhmische in den Markt Staab, wo der Altmann einsaß.
Staab antwortete, dass Altmann seine Befreiung verlangt hatte und nach Deschenitz nach Hause gegangen war. Staab wolle dem Hauptmann von Bistritz, dem für Deschenitz zuständigen Amtmann, bei Gelegenheit schreiben.
Nun waren dann die Osterferien "eingefallen und er (der Gerichtsbote) also darmit nit fruehzeitiger nit Aufbrechen können" also gings erst wieder am 14. April weiter.
Der Hauptmann von Deschenitz schrieb, dass der Altmann am 22. März, versuchen würde, trotz seiner Unpässlichkeit, in Kötzting zur Confrontation zu erscheinen. 
Ganz nüchtern steht es im Buch, dass er sich aber weeder am selben noch ainem anderen tag derorthen eingefunden, sondern es wäre allein am 2. May ein Brief angekommen in dem stand, dass der Altmann immer noch krank darnieder läge, auch nit mehr wisse ob Pongratz ainen Spiritum gehabt und er den bei ihm gesehen hätte.
Angesicht dieser Faktenlage blieb dem Gericht in Kötzting nichts anderes übrig, als dieses nach Straubing zu berichten und auf ihr Schreiben vom 5. May kam dann am 12. May der Beschluss aus Straubing, Johann Pongratz aus der Haft zu entlassen.
Am Schluss folgte dann die finanzielle Schlussabrechnung  diese Prozesses.
Der Kötztinger Eisenamtmann erhielt:
für das Einsperren am 25. Oktober                                  34 xr  2 h             xr=Kreutzer  h Heller
für das dreimalige Vorführen zur Vernehmung               25  xr  5 h
für die Verköstigung vom 25.10. bis 12.05.         28 fl    34 xr   2 h
Eisengeld                                                                         14 xr
Genaueres über die Situation im Kötztinger Amtshaus und Amtmänner findet sich im Band von 2002 der Reihe Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham, den sogenannten "Gelben Bänden"