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Mittwoch, 1. Mai 2024

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 84

  Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen. Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.

Alte Hausnummern  84  
das "alte" Hoisshaus  




Sammlung Franz-Baumgartner links das alte Hoiss-Haus, rechts Ludwig Wolfgang



Vermessungsamt Cham: 5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_2_1-01


Greil Mathias und Eva



Die belegbare Geschichte des Hauses beginnt am 4.11.1713, als ein Mathias Greil, Bürger und Häusler von Kötzting sein "eine Zeiltlang besessenes Burgersheusl, wie selbes mit Schar und Dach umbfangen und zu negst am Regenfluss dan der sogenannten Sagmihl entlegen" um 70 Gulden an den Sohn Hans Adam Greil, einen Maurergesellen, verkauft. Er behält sich die lebenslange Herberge vor und veranlasst, dass sein Sohn auch die Grundschuld übernimmt, die bei der Kirche in Weißenregen aufgenommen worden war.
Mit diesen Eckdaten kann man nun auch nach weiteren Belegen über Mathias Greil suchen und in den Kötztinger Pfarrmatrikeln finden sich Geburtseinträge wobei der Vater mit Mathias Greil und dem Zusatz "an dem Saghäusl" angegeben ist und seine Ehefrau mit Eva.



Greil Hans Adam und Elisabeth 


Weinig ist über den Mauerer Greil bekannt, nur, dass er in den Marktrechnungen mit einer Ausgabe von 1 Gulden 20 Kreuzern auftaucht für das Ausmauern eines Brunnengrandes.
Wenige Jahre nach dem Kauf reichen der Mauerer Adam Greil und dessen Frau Elisabeth das " Häusl zunegst der Sag entlegen" um 125 Gulden an Thomas Köppl vom Klobichhof weiter. Auch die 20 Gulden Schuld bei der Kirche Weißenregen werden nur übertragen. 


Thomas Köppl und Eva


Nun also weiter mit einem neuen Paar auf dem -  damals immer noch als "Saaghäusl" bezeichneten - Anwesen, die selber aber erst mit dem Geburtseintrag eines Kindes in den Akten auftauchen, als am 29.8.1722 der Sohn Johann Wolfgang Köppl getauft wurde.

HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4 Kirchentrachtliste von 1727-1736
Der obige Eintrag für "Thomas Köpel In Sagheisl" steht direkt über dem des Georg Reithmayr in der Sagmühle.
1724 wird ein "Herbergsvertrag" vor dem Magistrat abgeschlossen. Thomas Kopp, Kötztinger Bürger und Häusler überlässt in seinem Haus "das Nebenstibl sambt dem darauf habenten Poden, soweith und preith ersagtes Stibl gehet zur Wohnung Leibslebenslang hierin die freie Herberg .... sambt einem Platz zu Erpauung eines Ställels" seinem "frtl. lieben Bruedern Wilhelm Kopp." für 60 Gulden 

Späth Wolf und Maria Heller


Leider ist der Briefprotokollband von 1736 nicht vollständig - er setzt erst Ende Februar 1736 ein -, so dass der direkte Verkauf nicht belegt werden kann. Beim Weiterverkauf jedoch am 20.11.1736 wird auf den Kauf vom 9.2.1736 Bezug genommen und so kennen wir auch die Zwischenbesitzer, das Ehepaar Wolf und Maria Späth.
Bei den beiden sollte es sich um das am 15.5.1736 heiratende Paar aus Grub und Hohenwarth handeln.

Stephan Riederer und Barbara


Das Ehepaar Späth verkauft das "Saaghäusl mit Scharr und Dach, am 9.2.1736 erst gekauft" mit dem Zusatz, dass, die "Köpplischen Eheleute im Nebenstübl lebenslange Herberge" hätten. "Die noch davor geweste Häuslinhaberin Eva Köpplin aber hat noch 6  Jahre freie Herberge und
"
Nota :
Die verkaufenden Späthischen Eheleuthe haben der Köppl Eva  versichert, daß diese nach Ablauf der 6 Jahre dann weitere 6  Jahre in der freien Herberge bleiben könne."
Stefan Riederer, ein Kötztinger Bürgerssohn hatte am 21.2.1728 die Weißenregener Mauererstochter Barbara Egner geheiratet.
Die im Hause in der Herberge lebende Witwe Eva Köppl stirbt am 3.1.1741. 
Barbara Riederer, die Frau des Hauses verstirbt am 2.12.1744 und der junge Witwer wiederverheiratet sich; dieses Mal mit der Elisabeth Stoiber aus Ansdorf.
Auch von dieser Besitzergeneration wissen wir nur wenig. Am 1.3.1756 heiratete die Tochter Eva aus erster Ehe des Stefan Riederer einen Hazmeier Joseph, von dem zumindest im Heiratseintrag keine Herkunft angegeben ist.
Aus der Zeit nach der Übergabe findet sich ein interessanter Eintrag im Zusammenhang mit Stefan Riederer:
StA Kötzting Marktrechnung von 1757 Seite 85
"Von 14. May bis 14ten Juni anno diss ist Bernhardt Stuffler, Mathias Sturmb, Simon und Andreen Peringer, dann Stefan Rieder, Max Dadler und Joseph Prändt, umd selbe underschidliche Beschitt, in Specia aber aus dem Regenfluss unter der Saag zu Beschittung der Neu angelegten Strassen yber den Regen, und Grueberbach ausgefahren, ab 25 1/2 Täg des Tags 15 xr /:weill solches aine schwere arbeith im Wasser, in allem also entlohnt worden inhalt Scheins 6 fl 25 xr."

Joseph Häzmayr und Eva Riederer


Ein halbes Jahr später übergeben der Fluderknecht Stefan Riederer und seine Frau Elisabeth das "am 21.11.1736 von Wolf Spaeth gekaufte Haus negst der Saagmühl und der Carlisch Wittib Häusl entlegene " Haus an die Tochter Eva um den Übergabepreis von 120 Gulden. 
Anders als in den Heiratsmatrikeln steht in den Marktrechnungen die Herkunft des Kötztinger Neubürgers; er stammte aus Burglengenfeld.

StA Kötzting Marktrechnung von 1756 Seite 19
"Joseph Häzmayr. ledig=standts und von BurgenlechenVeldt in der Neuburger Pfalz gebierttig, ybrigens aber seiner Profession ain Preu. Nachdeme derselbe die   Eva Riederin alhiesige Burgerstochter geheurathet, und deren Vatters Häusl ybernommen hat, für das ihr verliehene Burgerrecht entricht, vi Rhats Prothocoll ffolio 44 10 fl."
Im Jahre 1765 findet sich der Fluderknecht Josef Häzmayr vor dem Kötztinger Kammerer als Gerichtsinstanz wegen einer Schlägerei:
StA Kötzting Marktrechnung von 1765 Seite 44
Daß Joseph Schinagl, Mathias Sturmb, Johann Müller, Josef Hazenmayr, Martin und Joseph Prandtl sammentlich Fluderknecht alhier Michals Strohmayr burgerlicher Wagnerssohn derorthen, mit Schlägen tractiert, derentwegen seint selbe in Ansehung die Theill sich verglichen, und Strohmayr geniege Satisfaction nit praetendiert, mit Verweis und Auftrag die Friedlichkeit hinfüro besser....zu lieben, zur Straff und zwar ein ieder 1 Stund in burgerlichen Arrest sich zubegeben geschafft worden.
Im Jahre 1770 mussten sich Josef Häzmayr und seine Frau 48 Gulden von der Kirche Kötzting leihen, um sowohl einige Verbindlichkeiten beim Vater resp. Schwiegervater zu tilgen,  auch um einige "Baufälligkeiten" am Hause reparieren zu können und für die " Beyschaffung einiges Speisgetreides".
Das Geld stammte aus einer Stiftung von 100 Gulden für "4 Quatembermessen", die eine vor langer Zeit verstorbene Frau Maria Artmann der Pfarrkirche Kötzting vermacht hatte. Diese Kreditsumme war vorher an Anton Stadler verliehen gewesen, der die Summe - was selten genug vorkam - getilgt hatte und nun für eine Neuausgabe zur Verfügung stand.
Der Zinssatz betrug 5 Prozent und als Sicherheit für die Pfarrkirche überschrieben die Beiden ihr Haus und stellten sogar noch zwei Kötztinger Bürger als Bürgen.
zwei Jahre nach dieser Kreditaufnahme verkauften die Beiden ihr Haus an den bürgerlichen Ausnehmer Wolfgang Greil um 100 Gulden. 

Wolfgang Greil und Eva


Im Einzelnen ging es um das "am 05.06.1756 übernommene Bürgershäusl auf der Sag negst der Sagmühl und dem Karlischen Häusl entlegen mit zwei Fleckl: dem einen zwischen dem Häusl und dem karlischen Häusl , das andte  aber hinter dem Häussl aufm Pukl entlegen"

StA Landshut Briefprotokolle Markt Kötzting von 1772
"Kaufbrief um ain Burger Häusl ad 100 fl und 5 Bayr. Thallern Leykauf.
Joseph Hazmayr burgerlicher Häusler und Fluderknecht alhier zu Közting, selbst gegenwärtig und neben ihme Eva dessen Eheweib ....."
Als Verkaufsgrund geben sie einen "tringenten Nottstand" an. Da in dem weiteren Verlauf der Beurkundung auch von bereits angefallenen Zinsrückständen die Rede ist und eine ganze Reihe an Außenständen aufgelistet werden, bezieht sich der Notstand sicherlich auf ihre fehlenden Geldmittel.
Von Wolfgang Greil haben wir einen kleinen Fund in den Marktrechnungen, die uns ein Detail über die Kötztinger Brückenbauten übermittelt:
Für die Kötztinger "Galgenbergbrücke" musste der Zimmermann Wolfgang Greil im Jahre 1776  "11 gehaut aichene Saulen aufstecken" und erhielt dafür  2 Gulden und 12 Kreuzer.
Am 29.2.1792 verstirbt die Häuslerin Eva Greil im Alter von 88 Jahren und ihr offensichtlich wesentlich jüngerer Witwer (dieser hatte als junger Mann die Witwe geheiratet und als er selber im Jahre 1800 stirbt, ist er erst 77 Jahre alt)  verheiratet sich erneut und nimmt die ledige Müllertochter Katharina Robl zu seiner zweiten Ehefrau, die ihm 200 Gulden in die Ehe mitzubringen vertraglich zusichert. 

Wolfgang Greil und Katharina Robl


Mit seiner zweiten Ehefrau, die er im Alter von ca. 69 Jahren geheiratet hatte, bekam er noch 3 Kinder, für deren väterliches Erbe nach seinem Tod ein eigener Vertrag aufgestellt werden musste.

StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1801 Seite 1
"Erstes Quartal
2. väterlicher Erbsvertrag per 955 fl - xr
Nach dem zeitl. Anleben des Wolfgangs greil gewest. bürgerlichen Häusl Besitzers zu Kötzting seel. hat sich heunt die nachgebliebene Wittwe Katharina unter beystand des chfrtl. Gerichts und markts Procurators Franz Xaver Müller...."

3 Kinder aus dieser Ehe waren zu versorgen, Wolfgang, 6, Anna Maria 4 und Josef Baptist 2 Jahre alt.
Nach Abzug des ihr zustehenden Heiratsgutes und der Verbindlichkeiten verblieben von dem geschätzten Vermögen von 955 Gulden noch 654 Gulden zum Verteilen an ihre Kinder übrig, welche Summe sie auch in gleichen Teilbeträgen von 218 Gulden im Januar 1801 ihren Kindern vertraglich zusicherte.
Der Übergang von Wolfgang Greil zu Wilhelm Fink lässt sich auch gut in den Abgaben aus den verteilten Grundstücken des früheren Gruberhofes belegen.

StA Kötzting Abgaberegister 1802-1808 
Nro 73 Wolfgang Greil ietzt Wilhelm Fünj 
Grüber Gült von akerl  8 xr 2 dn.

Wilhelm Finck und Katharina Greil


Am 3.6.1802 heiratete die Witwe Katharina Greil den Kötztinger Bürgersohn Wilhelm Fink und am 8.6.1802 schlossen Beide einen Heiratsvertrag  in welchem Wilhelm Finck verspricht, ihr 50 Gulden mit in die Ehe einzubringen.
StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1802 Seite 15
Kopf des Heiratsvertrages über 50 Gulden zwischen Katharina Greil und Wilhelm Fink.
Im selben Jahr erhielt der junge Bürgersohn - seine Eltern hatten ein Haus weit vor dem oberen Tor, alte Hausnummer 159 - durch seine Einheirat auch die Möglichkeit Kötztinger Bürger zu werden.
StA Kötzting AA II 18 Einbürgerungsliste 
"Am 8. Juni ehelichte Wilhelm Fünck leediger Bürgers Sohn die Katharina Greillin bürgerliche Häuslers Witwe..."
WF musste für dieses Anrecht nun Gebühren für Exerziergulden, Bürgertax, Bürgerecht und einen Feuereimer bezahlen, insgesamt  gut 37 Gulden, eine Summe fast so hoch wie sein Heiratsgut.
Drei Mädchen bekam das Paar zwischen 1804 und 1807

Im Jahre 1811 wurde ein erster Katasterband für Kötzting erstellt, aus dem wir auch ein paar Details über das Haus erfahren:
StA Landshut Rentamt Kötzting B 27 

"Nro LXXXI
Wilhelm Finck
HsN84
a: Das gemauerte Haus mit Stall und Stadel, dann
b: einem kleinen Gartl

Nutzantheil an den noch unvertheilten Gemeindegründen"


Nun kommen wir zeitlich in den Bereich, in dem die Auftrennung bzw. der Neubau eines der späteren beiden Häuser geschah und diese Aufteilung war kompliziert. Kompliziert nicht nur in der Recherche, was da alles so abgelaufen ist, sondern auch für die Darstellung der Geschichte.
Wir haben also zunächst - 1811 -  das Haus 84 in Besitz des Wilhelm Fink, der die Witwe Katharina Greil geheiratet hatte.
Das spätere Haus 85 existiert zu dem Zeitpunkt noch nicht und fehlt deshalb auch im H+R-Kataster. In den Bleistiftanmerkungen im H+R-Kataster sind die späteren Hausnummern vermerkt und dort folgt auf die 84 gleich die Nummer 86. Da die Hausnummer 85 aber im Grundsteuerkataster von 1840 bereits auftaucht, muss dieses Haus zwischen 1811 und 1840 errichtet worden sein.
StA Landshut Rentamt Kötzting B28 Umschreibeheft
 "den 10. Aug 1821 hat Wilhelm Fink burger in Kötzting, dessen burgersbehausung, gemeinde Nutzung und Gemeindetheile, das Strohehofackerl und die Wiese am regen an seine Stieftochter A. Maria Kreillin um 600 fl übergeben, sonst ohne Änderung. "

Zwei Wochen später, am 29.8.1821, heiratete Anna Maria Greil den Kötztinger Webermeister Georg Perlinger.

Georg Perlinger und Anna Maria Greil 

Um das Ganze nicht zu einfach zu machen, erbaut nun Georg Perlinger einen Neubau direkt neben seinem Haus (=später Hausnummer 85) und verkauft diesen Neubau am 12.2.1828 an Joseph Zach.
Den 12.2.1828 hat Georg Perlinger bürger in Kötzting, dessen Neu erbaute Behausung welche per 1828/29 besteuert wird, nebst den Gemeinde Nutzen, Gemeindetheil am Galgenberg, das Strohehof Ackerl und die halbe Wiese am Regen zu "


"Kötzting an Joseph Zach Inmann von Zachhof um 725 fl verkauft, ohne Änderung ..."

Am selben Tag unterschrieb Georg Perlinger eine Rückübertragung des alten Hauses an seinen Schwiegervater Wilhelm Fink:

"Dem 12. Febr. 1828 hat Georg Perlinger in Kötzting, seine Alte bürgersbehausung mit dem kleinen Gartl hiebei an seinen Schwiegervatter Wilhelm Finck wiederum abgetreten um 100 fl sonst ohne Änderung."
Also in Kürze:
Hnr. 84 von Fink an Perlinger
Perlinger besitzt nun Hanr. 84 und erbaut daneben den Neubau Hnr. 85
Perlinger verkauft Hnr. 85 an Josef Zach
Perlinger verkauft Hnr. 84 zurück an den Schwiegervater
Fink übergibt Hanr 84 an die nächste Tochter und damit später an den Schwiegersohn Josef Franz.


Hier nun zunächst weiter mit dem Haus mit der alten Hausnummer 84:

Franz Josef und Fink Margaretha


Am 24.1.1829 erhielt die Tochter Margaretha Fink vom Magistrat die Heiratserlaubnis für ihre Ehe mit den Trettinger Bauernsohn Josef Franz.
Bei seiner Übernahme und Einheirat musste Franz Josef auch der Schwester seiner Frau ein Heiratsgut zusagen, sollte diese sich einmal verheiraten, was dann im Jahre 1834 auch der Fall war.
Therese Fink, die Schwester, die sich offensichtlich im Jahre 1834 verheiraten wollte, klagte vor dem Kötztinger Vermittlungsamt um die Herausgabe ihres versprochenen Heiratsgutes.
"Theres Fink led. v. K. klagt den Josef Franz Häussler v. K. um schuldiger 150 fl Heiratsgut nebst abgefallener Zinsen, indem sie ihr Guthaben zu Verehelichung Zeit 4 Wochen benöthigt, welche sie 
ihm auch Nachsicht gewährt. Josef Franz erklärt: daß er die Liquidität anerkennt, aber diese Summe in so kurzer Zeit nicht bezahlen könne. Kein Vergleich. "
Nachdem Therese Fink nachweislich erst im Jahre 1839 Franz Xaver Hartl aus Grub geheiratet hatte, waren die fehlenden Mittel wohl ein echtes Heiratshindernis für die vorgesehene Hochzeit im Jahre 1834. Ob der Ehemann 1839 dann auch derselbe gewesen ist, den sie 1834 im Auge hatte, ist unbekannt.
Im selben Jahr kam es mit seinem Nachbarn Josef Zach zu Streitigkeiten um eine Grenze - "wegen Gränzereien"-, die ebenfalls vor dem Amte landeten, jedoch ohne Einigung.

Die Übergabe an den Schwiegersohn war wohl von Schwierigkeiten begleitet, weil sich die beiden Parteien im Jahre 1838 als Gegner vor dem Kötztinger Vermittlungsamt gegenüber Standen.
"Klage des Wilhelm Fink Austrägler i. K. gegen seinen Schwiegersohn Josef Franz v. K. wegen Verschaffung einer Herberge, wird auf Zureden ein Vergleich zustande gebracht:
Da Kläger wohl einsieht, dass er nicht positiv eine Herberge von seinem  gutsbesitzenden Sohn fordern kann so macht er sich verbindlich diesem die Herberge in seinem neuerbauten Hause  über einer Stiege 
einzuräumen.
Kläger macht sich verbindlich hierfür jährlich sechs Gulden Herbergszins zu zahlen in vierteljährlichen Raten zu 1 fl 30 kr . Die Einzugszeit wird auf künftigen Georgi 1840 bestimmt  Wenn Wilhelm Fink mit der Zahlung dieses Herbergszinses nicht zuhält so ist derselbe schuldig die Herberge wieder zu verlassen.  
Betreffend seines Zehrpfennigs per 90 fl erklärt Wilhelm Fink hiervon keine Forderung mehr zu haben außer den 10 fl welche auf seine Beerdigung im Ablebensfalle stipuliert sind.
Trotz dieses Vergleichs ging der Streit zwischen den beiden Parteien weiter und erneut konnte/musste der Magistrat aushelfen:
"21. März 1844: Wilhelm Fink Austragshäusler v. K. belangt seinen Schwiegersohn Josef Franz Häusler auf dem Grund des Übergabsvertrages vom 29. Jänner 1829 um das stipulierte Austragskorn als jährlichen ½ Schäffel auf 4 Jahre zurück und bittet ihn zur Ausführung seiner Schuldigkeit zu verhalten. Auf obrigkeitliches Zureden hat man die Teile dahin vereinigt dass sich Josef Franz verbindlich macht, innerhalb 14 Tagen an den Kläger zwei kleine Metzen Korn zu verabreichen womit sich derselbe zufrieden gibt.
1838 bietet Joseph Franz sein kleines Ackerl - Galgenbergfeld - , das ihm bei der Verteilung der gemeindeeigenen Grundstücke zugefallen war, der Marktgemeinde Kötzting zum Preis von 300 Gulden an. Die Marktgemeinde würde dieses Grundstück "zur Gewinnung einer ordentlichen Viechtrifft" nutzen können. 
Als seinen Grund, sich von dem Feld zu trennen, sagt Josef Franz , er "möchte sich übrigens gerne von seinen verzinslichen Schulkapitalien befreien und in dem Stande gesetzt werden, sein Haus neu und mandatmässig wieder aufzubauen". (Anscheinend hatte JF einen Brandschaden erlitten)
StA Kötzting AA V 46 Unterschrift Joseph Franz

In dem beiliegenden Kaufbrief ist als die Plannummer "1043" angegeben. Das Flurstück mit dieser Plannummer liegt jedoch mitten in den Plattenäckern und nicht am Galgenberg. 
Schaut man sich jedoch die Flurnummern am Galgenberg an - hier die Nummer 943-, so würde diese, den Weißenregener Weg begleitende Grünstreifen gut zur Begründung des Kaufes passen. Franz gab zu Protokoll, dass der Weg des jetzigen Viehtriebes "gegenwärtig schon beengt" sei, " daß solche bald nicht mehr zu- und abgetrieben werden" könnten.
Vermessungsamt Cham Detail aus 5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_2_1-01

Im Jahre 1840 reichte ein - potentieller - Nachbar einen Bauantrag für ein neues, kleines Wohnhaus beim Magistrat ein und äusserte den Wunsch vom Markt Kötzting ein kleines Stückchen Bauland erwerben zu dürfen. Der Bereich unterhalb des Schusterbergls war damals anscheinend Kötztings bevorzugtes Neubaugebiet. Dem Bauantrag lag ein Bauplan und ein Lageplan bei, aus dem wir gut ersehen können, wie die Situation an dieser Straßenkreuzung damals gewesen ist.

AA V 49 von 1840
"Plan
Für Anton Müller Inwohner zu Koetzting
zur neuer Erbauung eines Wohnhauses 


Situationsplan:
a Dungethaufen   b Schupfe des Karl Diermeier
c Stadl d und e Haus des Joseph Franz.

Obermayer Zimmermeister"

Schön zu sehen ist an diesem Lageplan, die Zufahrt hinauf auf das Schusterbergl.

Im Grundsteuerkataster von 1840 erhielt das Haus dann endlich die bis 1952 gültige Hausnummer:
StA Landshut Grundsteuerkataster 5038 
"Hausnummer 84 in Kötzting, beym Franz     Josef Franz
Ein Haus
Gebäude
Wohnhaus und Stall unter einem Dache, dann Hofraum
Garten
Grasgarten, der Hausgarten"
Aus dem Jahre 1841 - Erstellung des Mieterkatasters - kennen wir eine genauere Beschreibung des kleinen Hauses auf der sogar die persönliche Unterschrift des Franz Josef zu sehen ist.
StA Landshut Grundsteuerkataster 5045

"1. Joseph Franz, Taglöhner /:Hauseigenthümer:/
Hauptgebäude
I 1 Wohnzimmer, 1 Kammer, 1 Stube
II Hausboden unterm Dach
Unterschrift Joseph Franz
2. Franziska Auzinger
Bürgerstochter /: Mieterin/ 
II 1 Wohnzimmer und Bodenantheil unterm Dach
Unterschrift Franzi Auzinger
"

Im Jahre 1841 sollte in seiner direkten Nachbarschaft eine Stadel für den Bauholzvorrat des marktes errichtet werden und durch diesen Bauakt haben wir auch einen frühen Lageplan mit einer Erläuterung.

.
StA Kötzting 912-1
Situationsplan
Erklärung
a Bauplatz zum Baustadel
b Stall des Karl Diermeier
c Wohnhaus des Diermeier
d Schupfe des Martin Fleischmann
e Wohnhaus des Jos. Franz
f Wohnhaus des Jos. Zag (=Zach)
g Vicinalstraße

Im Jahre 1843 grassierten ansteckende Krankheiten und von der Familie Franz ist bekannt, dass sowohl eine Tochter mit 18, als auch ein Sohn mit 3 Jahren an Blattern erkrankt waren und Quarantäne einhalten mussten.
 
StA Kötzting AA IX 7 Medizinalpolizei

"Kötzting, den 20ten May 1843
Blatternkrankheit
Gemäß mündlichen Rapportes des Polizeidieners Rabenbauer liegen in der Behausung des Häuslers Joseph Franz zu Kötzting dessen aussereheliche Tochter Therese Weber, 18 Jahre alt, dann dessen Knabe Joseph Franz gegen 3 Jahre alt an der Blatternkrankheit darnieder.
Dem Joseph Franz wird daher eröffnet, dass bis zur Genesung jede dieser beiden Kranken sein Haus als abgesperrt zu betrachten sei, sofort niemand, der nicht in dieses Haus gehört, der nichts darin zu thun hat, der Eintritt gestattet werde, widrigenfalls gegen ihn mit empfindlicher Geld- oder Arreststrafe eingeschritten werden müsste.
"









Im Jahre 1844 wurde Josef Franz als neuer Kötztinger Nachwächter angestellt.


Am 3.8.1868 heiratete der Sohn, Joseph, die Kötztinger Häuslertochter Franziska Mühlbauer und, da er im selben Jahr auch das Kötztinger Bürgerrecht sich erkaufen konnte, erhielt er auch das Anwesen übertragen.

Joseph Franz und Franziska Mühlbauer

Nach dem Tode seiner ersten Frau hatte Josef Franz erneut geheiratet; am 28.7.1887 wurde Katharina Meier, eine Häuslerstochter aus Watzlhof seine zweite Ehefrau.

In etwa aus dieser Zeit stammt ein Bild des Kötztinger Schützenvereins, die sich vor dem haus postiert hatten.
DIA Repro 1735
Man beachte die Schützenliesl und den "Zieler", der hinter/unter dem Kugelfang lag und Teil der Schießübungen gewesen war. Siehe :  Eine-Schießstatte-beim-Lindnerbräu 



In einem Bauantrag eines seiner Nachbarn befindet sich auch ein Lageplan mit seinem Haus.
StA Landshut Rep 162-8 Sch 21 Nr. 3171
"Erklärung

Nr. 1 Wohnhaus mit Stallung das repariert werden soll
2 Stadel des Bauherren
3 Neu angelegte Gartenanlage
4 Grund des Bauherren
5 Oedgrund und Feld des Jos Höcherl
6 Stadel desselben
7 Wohnhaus mit Schupfe des Wolfgang Brandl
8 Wohnhaus mit Schupfe des Jos. Franz
9 Distriktstraße nach Bodenmais
10 Regenfluß mit kleiner Regenbrücke
"

Aus dem Jahre 1895 gibt es einen Nachlassakt des "Franz Josef, Ökonom von Kötzting"
 

StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 38 Nr. 88 von 1885 Hanr 84 Franz Josef

"Josef Franz  - 56 Jahre - Oekonom - verheiratet -Donenrstag den 26.Septbr. 1895 Nachmittags 3 Uhr
Kötzting HsNo 84"
Seine Erben:



"Ehevertrag vorhanden
Baarvermögen keines vorhanden
Das Oekonomie=Anwesen ist nach Ehevertrag jetzt Eigentum der Witwe

Katharina Franz, Oekonomswitwe in Kötzting
Kinder sind keine vorhanden
"

Nähere Verwandte:

"Schwester zu Franz
Maria Röhrl geb. Franz, Maurersehefrau in Kötzting"

 Die Witwe Katharina Franz trennte sich von dem Haus, verkaufte es an Hermann Grünhut im Jahre 1897 und zog in den Markt herein, in der heutigen Holzapfelstraße ins Haus mit der alten Hausnummer 115a, wo sie am 4.12.1898 um 11 Uhr im Alter von 51 Jahren und 7 Monaten verstarb.
Auch von ihr ist ein Nachlassakt im Staatsarchiv vorhanden; sie hinterließ sogar ein Testament, in dem sich einige zusätzliche Details verbergen.
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 41  Nr. 118 Franz Katharina Häuslerswitwe von 1898
"Ehevertrag errichtet vom kgl Notar fertig hier, liegt vor.
Geringwertiges Mobiliar verwahrt in Hs. Nro 115
Einiges Barvermögen wird vorhanden sein, höhe unbekannt vermutlich 2000 M
"

Kopf des Testaments: Letztwillige Verfügung....

Am 8. November, also weniger als 4 Wochen vor ihrem Tode, bat Katharina Franz den kgl Notar Richard Fertig zu sich in die Wohnung - Hausnummer 115a in Kötzting - wo er in Beisein von zwei Zeugen ihr Testament aufnahm. Die beiden Zeugen waren der Schreinermeister Josef Pongratz und der Goldarbeiter August Leßzkeur. Katharina Franz war bettlägrig aber es bestand kein Zweifel an ihrer Zurechnungsfähigkeit.  
Da Katharina Franz keine Kinder hatte, bestimmte sie ihre Schwester Barbara Schreiner, geb. Maier, in Watzlhof zu ihrer Alleinerbin und legte dieser einige Verpflichtungen auf.
Die Liste ihrer Angehörigen ist auch in dem Akt aufgeführt.

"Geschwisterte:
Barbara Schreiner, geb. Maier, Hauslwresehefrau in Watzlhof
Maria Maier Köchin bei Hr. Bez.A. Mann Ebner in Regensburg
Andreas Maier Braugehilfe Aufenthalt unbekannt
Franz Maier Braugehilfe in Berlin
Michael Maier Inwohner in Freising"
50 Mark sollte ihr Bruder Michael erhalten und für weitere 100 Mark sollten heilige Messen für ihr Seelenheil gelesen werden.  
Sie traute sich "wegen zittriger Hände" nicht zu unterschreiben und so setzte sie im Beisein der beiden Zeugen ein Kreuz als ihr Handzeichen.

Hermann Grünhut blieb nur für ganz kurze Zeit der Besitzer des Hauses, bevor es an Michael und Kreszenz Weingut verkauft wurde.

Weingut Michael und Kreszenz


1899 bereits reichte Michael Weingut einen Bauantrag für einen neuen Backofen ein.
StA Landshut Rep 162-8  Sch. 22 Nr.  3311 Weingut Michael 1899




Im revidierten Grundsteuerkataster von 1911 ist als die Nachfolgerin der Eheleute Weingut mit Datum des 8.8.1914 eine Juliana Hollmaier eingetragen, bei der mit Bleistift ergänzt wurde: "verehelichte Hoiß"

StA Landshut Grundsteuerkataster 5055 Umschreibeheft ab 1911



Juliana Hoiß

Im Jahre 1914 hatte Juliane Hollmaier das kleine Haus, wie oben erwähnt, noch unter ihrem Namen durch Kauf an sich gebracht. Nach dem Ersten Weltkrieg, am 21.8.1919 hatte der aus Wien kommende - laut Kötztinger Pfarrmatrikel - Techniker Benno Hoiß, Sohn des Söldnerehepaars Joseph Hoiß und Katharina Lederer aus Scheuring, die Kötztinger Inwohnerstochter Juliana Hollmaier - Tochter des Georg Hollmaier -  geheiratet.
Foto Pongratz: Familiengrab Hollmaier-Hoiß im Alten Friedhof

Der weiter oben im Blog vorgestellte Baustadel des Marktes Kötzting wurde 1907 an Michl Weingut verkauft und gelang später in Besitz der Familie Ludwig. Weingut Michael erhielt den Zuschlag für 2155 Mark. Auch der Landwirtschaftliche=Lokal=Verein hatte seine Gegenstände dort gelagert. Für 800 Mark kann dieser nun auf Gemeindegrund am "Blaichanger" einen kleinen Schupfen bauen. Später kam es wegen des Einbaus einer Autohalle zu Streitigkeiten zwischen den Nachbarn Ludwig und Hoiß.

Mit dem Ehemann, Benno Hoiss, kommt nun eine Person nach Kötzting, die für viele Jahre in und für Kötzting prägend sein wird. Benno Hoiß wird das Gesicht und der Kopf der zunächst nur erstarkenden NSDAP und später nach der Machtergreifung dieser Partei sogar für einige Jahre - bis Anfang 1936 - der Kötztinger Bürgermeister. Vier Kinder Kinder hatte die Familie Hoiß, darunter auch die beiden Söhne Hans Georg und Benno Günther und zwei Mädchen, Juliana und Lieselotte.
Das Haus, um das es hier zunächst geht, ist im Umschreibeheft des Grundsteuerkatasters - siehe oben - als der Besitz der Hollmaier Juliana vorgetragen, bei der mit Bleistift vermerkt ist, dass diese später eine verheiratete Hoiß war. 
Benno Hoiß hat - nach Auskunft seines Enkels - jedoch nie in dem Haus gewohnt,; auch bei einem späteren Schriftverkehr ist seine Wohnanschrift mit Blaibacherstraße angegeben, einem Haus am Anstieg des Schinderbuckels mit der komplizierten Grundsteuerkatasternummer 109 I 1/3, genaueres dazu später im Blog.
Auch wenn das Haus, in dem es bei diesem Beitrag für die Kötztinger Häuserchronik geht nur in Besitz seiner Ehefrau gewesen ist, so ist dies doch die beste Gelegenheit die Kötztinger Zeit unseres früheren Bürgermeisters hier Revue passieren zu lassen.

Benno Hoiß - Kötztings Bürgermeister von 1933-1936

  


Die Akten aus der Zeit des Dritten Reiches im Stadtarchiv sind nicht sehr umfangreich, was aber nicht an einer wie auch immer gearteten "Vernichtungsaktion" von Seiten der Marktgemeinde liegt, sondern eher darin begründet ist, dass, dem Führerprinzip gehorchend, von oben nach unten durchregiert wurde und die Kommune nur noch ein Befehlsempfänger war. Vieles für uns heutzutage interessante geschah auch noch außerhalb der zivilen Verwaltung auf der Ebene der Parteigliederungen und dieses Material wurde ziemlich sicher vor dem Einmarsch der Amerikaner vernichtet oder von diesen ins  Berlin-Document-Center verbracht, um von dort aus die Entnazifizierung vorbereiten und begleiten zu können.

Es gibt jedoch einen interessanten Mischbestand "Bürgermeister" im Stadtarchiv und dort fiel mir eine stenografiertes Doppelblatt auf, das in Kurzschrift formuliert war.
Meine Kenntnisse in Steno sind äußerst überschaubar und so meldete ich mich kurz entschlossen in einem Kurzschriftforum bei FB an und bat um Mithilfe. Sehr schnell stellte sich heraus, dass es sich dabei weder um das heutige noch übliche "Steno" noch um die Gabelsberger-Variante gehandelt hatte, die ja zu Anfang des 20. Jahrhunderts in Kötzting - und vermutlich auch anderswo -  in Kursen vermittelt worden war. Ein Teilnehmer des Forums - Karl Michael Schmidt - jedoch konnte den Text als "die erste Form (1924) der DEK" (wohl Deutsche Einheitskurzschrift) erkannt und sich der mühevollen Arbeit unterzogen, diese flüchtige Version eines Textes zu entziffern. fern und siehe da, es war ein von Benno Hoiß selbst entworfener Lebenslauf, der zumindest seine Anfänge - der Text endet mit seiner Wahl zum Bürgermeister -  bei der NSDAP beschreibt.
Hier die Transkription, wobei mir der "rettende" Engel bei Facebook noch einen Komentar zu dem Manuskript hinzulieferte: "Leider hat der Schreiber mehr Energie in seine NS-Karriere investiert als in seine Kurzschrift, die ziemlich unleserlich ausfällt - n, k, r, l sehen bei ihm alle gleich aus, wie auch oft t, b, g" .

Trotzdem ist es eine reife Leistung diesen Text nach fast 100 Jahren wieder zum Leben zu erwecken:


Mein Lebenslauf

[Am] 8. 3. 1888 in Scheuring, B A. Landsberg am Lech als Sohn der Landwirtseheleute Josef und Katherine Heis geboren, verlebte ich dort meine Jugend, besuchte die Volksschule, erlernte das Wagnerhandwerk und legte die Gesellenprüfung mit Note vorzüglich ab.
Nach Beendigung meiner Lehrzeit ging ich in die Fremde, arbeitete in der Schweiz, Österreich und Norddeutschland als Geselle, besuchte dauernd Fortbildungsschulkurse und als Beschluss derselben 1 vollständigen Jahrgang die Wagenbauschule in Berg Reichenstein, Böhmerwald, welche ich mit vorzüglichem Gesamterfolge absolvierte.
Nach einem weiteren Jahr praktischer Tätigkeit trat ich bei der Hofwagenfabrik Otto Hägele in Stuttgart als Techniker ein, um nach ein 3/4 jähriger Tätigkeit all(?) da zur k.u.k. Hofwagenfabrik Armbruster in Wien überzusiedeln, von wo aus ich am 5. 8. 1914 zum Kriegsdienst einrückte. Zeugnisse können vorgewiesen werden.
Nach Beendigung des Kriegs war ich in Nürnberg in gleicher Eigenschaft, sowie auch bei meiner alten(?) Firma in Wien tätig, machte mich alsdann im November in Zweibrücken selbständig und wurde am 12. 4. 1923 infolge nat. soz. Propaganda von den Franzosen ausgewiesen.
Seit dem 16. 7. 1921 war ich nun am Finanzamt Kötzting als Vertragsangestellter tätig, habe mir dort die Zufriedenheit und das Vertrauen meines Amtsvorstands und sämtlicher(?) Mitarbeiter erworben und wurde* mit Wirkung vom 1. 8. zur Wahrnehmung meiner ehrenamtlichen(?) ??en und politischen Leitungsstelle zeitweilig beurlaubt.
Von Haus aus nat. erzogen, gehörte ich in der Fremde dem nat. Gesellenverein und dem christlich-nat. Holzarbeiterverband an, habe mich immer im nat. Sinne politisch betätigt, habe auch während des Kriegs immer nat. ?? Politik getrieben und mich bereits am 22. II. 1921 der NSDAP unter Mitglieds-N. 3117 angeschlossen.
Mich sofort mit aller Energie für die Verbreitung der Ideen unseres Führers einsetzend, habe ich im Aug. 1922 die Ortsgruppe Zweibrücken, die 1. der Pfalz, sodann im September die Ortsgruppe Saarbrücken, im November die Ortsgruppe Pirmasens und Anfang Januar 1923 die Ortsgruppe Hornbach gegründet, wurde von den Franzosen mit 30, 50 und 80 Tausend Mark Geldstrafe belegt, sodann 8 Tage eingesperrt und ausgewiesen, wodurch meine Existenz vollkommen vernichtet(?) war.
In Kötzting, der Heimat meiner Frau angekommen, nahm ich sofort wiederum die nat. soz. Propaganda auf, habe mir dadurch den Haß und die Feindschaft der Bevölkerung zugezogen, war fortwährend daran, meine Existenz neuerdings zu verlieren, bis es mir gelungen war, durch unermüdliche ??arbeit und Aufopferung [als leitender Führer und Propagandist] den ganzen Bezirksbereich in nat. soz. Sinne zu infizieren so daß der Ort wie Bezirk Kötzting seit Jahren als naz. soz. Hochburg gilt.
Mit dem Umschwung der Verhältnisse wurde ich alsdann [einstimmig] als 1. Bürgermeister der Marktgemeinde Kötzting sowie als Fraktionsführer im Bezirkstag und zugleich als Bezirksobmann des deutschen Gemeindetags bestellt.

Hier zunächst ein Bericht über eines der oben angesprochenen "Vorkommnisse", soweit sie sich in der Presse wiederfinden lassen, um zu zeigen, wie aufgeladen die politische Situation damals gewesen war, in der eine Wahl nach der andern angesetzt werden musste, weil am Ende der Weimarer Republik immer wieder keine stabilen Mehrheiten erreicht werden konnten.

Kötztinger Anzeiger 1932 Nummer 83
Der im Text genannte "Kirschbauer" war in Wirklichkeit der SA-Mann Kirschenbauer. Dieser war ein Beispiel für die Anziehungskraft der SA auch für kriminelle Subjekte. Kirschenbauer war der Verantwortliche für die Verhaftung der BVP Mitglieder in Kötzting im Juni 1933, die danach kollektiv zurücktraten (mussten), um einem reinen NSDAP-Marktgemeinderat Platz zu machen. Später wurde Kirschenbauer nach einem Zivilprozess unehrenhaft aus der NSDAP ausgeschlossen.

Kötztinger Anzeiger 1932 Nr. 85

Kötztinger Anzeiger 1932 Nr. 86
Nach der Reichstagswahl vom Ende Januar 1933 und der anschließenden Machtergreifung ging es dann Schlag auf Schlag. Die Stichworte seien hier nur in der Reihenfolge Reichstagsbrand, Neuansetzung der Reichstagswahl, Verbot der KPD und starke Einschränkungen für die SPD im Vorfeld der Wahl, Reichsermächtigungsgesetz und damit die Alleinherrschaft. 
Das Ende der Weimarer Republik und der Beginn des Naziherrschaft im sogenannten "Dritten Reich".


In Kötzting wurde der gewählte Bürgermeister Hans Schödlbauer zum Rücktritt gezwungen und Benno Hoiß - als der einzige Kandidat - mit Mehrheit zum 1. Bürgermeister gewählt.
Im Juni 1933- Pfingsten war in diesem Jahr sehr spät - ritten dann bereits die ersten Teilnehmer in SA-Uniform beim Pfingstritt mit, siehe der nachfolgende Zeitungsbericht.
Das folgende Bild ist zwar von 1935, aber so ähnlich hat es wohl auch 1933 ausgesehen.

DIA-Repro 779 Pfingstritt Torstraße 1935 Album Stadt Bürgermeister Benno Hoiß, Kötzting (in der Torstraße) 
KA vom 6.7.1933


KA vom 7.7.1933

Eine interessante Kleinigkeit steckt auch noch im Stadtarchiv, ein Schriftwechsel mit dem Ostmarkonkel Konrad Krämer wegen der 300 Jahrfeier des Schwedenüberfalls, ein Termin, der sich in wenigen Jahren dann bereits zum 40sten Male jähren wird.

 

StA 320-933

Im Sommer 1934 rief die Marktgemeinde zu einer Geldsammlung zugunsten der goldenen Mariensäule am Marktplatz auf und erhielt für diesen "Bettelaufruf" Kritik von gänzlich unerwarteter Seite, vom Kötztinger Pfarrer Rosenheimer.

StA Kötzting 331-11
Die handschriftliche Notiz auf dem Aufruf stammt vom Sonderkommissar, dem SA-Mann Kirschenbauer:
"Zurück an die Marktgemeinde Kötzting mit dem bemerken, daß Pfarrer Rosenheimer sagte: Betteln ist verboten u. ersucht um Rücksprache mit Bürgermeister Hoiß.


Wie ging es nun in Kötzting weiter?

Manche der folgenden Kötztinger Vorkommnisse und Details unter der Ägide Benno Hoiß habe ich erst durch das Aktenstudium einzelner Spruchkammerverfahren erfahren, denen sich alle ehemaligen Mitglieder der NSDAP ab 1947/48 stellen mussten.
In seinem Spruchkammerverfahren, dessen Akten im Staatsarchiv in München aufbewahrt sind, wird Benno Hoiß jedoch - obwohl er als sogenannter "alter Kämpfer" nachweislich ein Nazi der ersten Stunde gewesen war und auch von sich selbst schrieb, dass er von dieser Ideologie angetan gewesen war/ist - .von vielen bekannten Kötztingern (dem Kötztinger Verwaltungsinspektor Fritz Weigl, dem Forstmeister Dr. Dr. Eberhard Weiger, dem Kirchenpfleger Max Wanninger und dem Herrn Georg Reininger) bescheinigt, sich in vielen Fällen dem - als tyrannisch bezeichneten - Chamer Kreisleiter Schlemmer wiederholt widersetzt zu haben, um Kötzting eine gewisse Resteigenständigkeit zu bewahren. Durch die Zugehörigkeit der Kötztinger NSDAP zum Kreis Cham war dies ein schwieriger Spagat und die Versuche Benno Hoiß, sich von den Chamern zu trennen, scheiterte schließlich. Am Ende führte diese Konfrontation aber wohl zu seiner Absetzung zuerst von regionalen Parteiämtern und schließlich zu seiner Versetzung und somit Kaltstellung beim Finanzamt in München - mit Datum des 1.3.1936.

Er selber schreibt konkret dazu in seiner Stellungnahme - er spricht dabei von sich in der "dritten Person" als " der Betroffene" -  beim ersten Prozess im August 1948:


Doch der Reihe nach, bereits am 20.Juli 1934 hatte er in einem mehrseitigen Exposee an die Gauleitung der Bayrischen Ostmark in Bayreuth die Loslösung des Kreises Kötzting vom Kreis Cham gefordert und dabei Bezug genommen auf ähnliche Versuche, die bereits im August 33 und einem Gespräch mit dem Staatsminister Schemm stattgefunden haben müssen. Minister Schemm hatte Benno Hoiß offensichtlich aufgefordert, schon mal einen Bericht zu schreiben, welcher dann aber postwendend an den damaligen Kreisleiter Schlemmer in Cham weitergeleitet worden war, der natürlich über Hoiß Versuche der Loslösung von Cham nicht begeistert war. 
Hier ein paar Auszüge aus dem "Exposee" von Benno Hoiß.

StA Kötzting 025-4
Nach vielen kleinen Vorwürfen gegen die Zentralisierungswut des PG und Kreisleiters Schlemmer, fasst Hoiß seine Empörung in einer umfassenden Schilderung des Kötztinger Landes zusammen:
Weiter schildert er eine Aussage zweier Chamer "Paeteigenossen", die sich in ...

Und hält weiter nicht mit seiner Meinung über den KL Schlemmer hinterm Berg:
 

Benno Hoiß war wohl auch aus anderen Gründen in Kötzting untragbar geworden.
Was in seinem Spruchkammerakt nicht zur Sprache kam - für die Versetzung jedoch sicherlich zusätzlich eine Rolle gespielt haben könnte -, war sein -sehr - öffentliches Zerwürfnis mit seiner Frau und deren mehrmalige vielseitige Eingaben zu diesem Thema bei anderen Behörden, die schlussendlich 1939/40 sogar zur Ehescheidung führten.


Am 29.2.1936 jedenfalls rief Benno Hoiß seinen Gemeinderat zusammen und übergab sein Amt als gewählter 1. Bürgermeister an den 1. Beigeordneten Hans Kroher.
Hier der Bericht über seinen Abschied.


Bürgermeister Benno Hoiß wandte sich auch direkt an seine Mitbürger.

Hier sein handschriftlich redigiertes Manuskript aus dem Stadtarchiv (025-4)

Für die in Kötzting verbliebene Rumpffamilie  war diese Versetzung nach München jedoch keine Befreiung, denn Benno Hoiß konnte seinen finanziellen Verpflichtungen nicht im benötigten Umfange nachkommen. ( siehe der einleitende Absatz zu diesem Kapital über die prekären Verhältnisse mit dem Hausbesitz am Schinderbuckel). Viel schlimmer jedoch war der frühe Tod der beiden Söhne; zuerst Hans Georg und später Benno Günther. Beide jungen Männer schlossen sich - vom Vater sicherlich entsprechend von früher Jugend an nachhaltig indoktriniert-  nacheinander unterschiedlichen Abteilungen der SS an. Hans Georg starb 1938 während einer Übung der Leibstandarte Adolf Hitler und Benno Günther fiel an der Ostfront als Mitglied der Waffen-SS im Jahre 1943.

Der Bericht über die Beerdigung des jungen Hans Georg Hoiß, kein einiges Wort über die Angehörigen und vor allem kein Wort darüber, was es für die Mutter bedeuten musste.

Durch die Mitgliedschaft des jungen Mannes bei der "SS" gab es auch Möglichkeiten die Familie zu unterstützen, was jedoch eine Untersuchung der Gesinnung der Eltern notwendig machte.
StA München für Oberbayern SpkA_K_754_Hoiss_Benno 



StA München für Oberbayern SpkA_K_754_Hoiss_Benno 





Auch der zweite Sohn, Benno Hoiß wurde nicht alt.

KA vom Dezember 1920 die standesamtlichen Nachrichten: hier die Geburt des Benno Günther Josef Hoiß

Hier noch ein Bild aus seiner Schülerzeit zusammen mit den Kötztinger Mitschülern.

DIA-Repro 519

Schulausflug  1928  7./8 Klasse: Ausflug zum Blaubergsee mit Lehrer Schwanzer.
 Aufnahme am Gehsberg. Geier aus Nest geholt. 1.v.li Hartl Albert Grub, mit Uhrkette und jungem Geier im Hut Benno Hoiß, rechts außen mit Raubvogel Graßl Alois, li dahinter Köppl, i.d.Mitte mit Stock Walz, links dahinter Godl Franz, mit heller Jacke und Kniestrümpfen Pleier Hermann.
Der junge Vogel wurde in der Schule aufgezogen (Kinder brachten Mäuse mit) und später bei der Kötztinger Hütte ausgesetzt.

Benno, der zweite Sohn, fiel am 13.5.1943 als Mitglied der Waffen-SS an der Ostfront und die in Kötzting verbliebene Mutter, Frau Juliane Hoiß stand zu diesem Zeitraum mitten drin im Bauprojekt. Sie wollte - fast gegenüber des alten Hoiß-Hauses ein neues Häuschen errichten, was jedoch während des Krieges mit einem Mangel an Baumaterialien ein äußerst schwieriges Unterfangen war.

Juliane Hoiss machte dann eine Eingabe und ein Fürsorgeoffizier der Waffen-SS sollte ihr helfen und versuchte, beim LRA Kötzting, Hilfe für den stockenden  Hausbau zu erreichen.

StA Landshut Rep 164-8 Nr. 3518_0001
Die Antwort des damaligen Kötztinger Landrates Fiesenig war eindeutig:
StA Landshut Rep 164-8 Nr. 3518

Auch der Tod des zweiten Sohnes hatte eine Vorgeschichte, die sich auf das Leben des Vaters auswirken sollte. In seinem Statement beim Spruchkammerverfahren berichtet Benno Hoiß von einem Versprechen, das er seinem Sohn gegeben hatte:
StA München für Oberbayern SpkA_K_754_Hoiss_Benno 

Nun zog also auch Benno Hoiß als Mitglied der Waffen-SS in den Krieg und wurde am 11.5.1945 in St. Andre festgenommen und musste die folgende Erklärung als Kriegsgefangener ausfüllen.

StA München für Oberbayern SpkA_K_754_Hoiss_Benno 

In seinem Spruchkammerverfahren wurde Benno Hoiß im Juli 1948 angeklagt und der öffentliche Kläger stellte den Antrag ihn die die Gruppe I als die der "Hauptschuldigen" einzureihen.
Dieser erste Prozess - bei dem Benno Hoiß auf einen Verteidiger verzichtet und sich selbst verteidigt hatte -  endete am 13.9.1948 mit einer Verurteilung und Einteilung in die Gruppe II, als die der "Aktivisten", die unter anderem auch eine Einweisung in ein Arbeitslager für die Dauer von 3 Jahren beinhaltete, wobei die bereits erlittene Internierungshaft von 1 Jahr angerechnet werden sollte.
Die angeordneten Sühnemaßnahmen umfassten insgesamt 10 Einzelpunkte vom Einzug von Teilen seines Vermögens über Berufseinschränkungen bis hin zum zeitweisen Verlust des aktiven und passiven Wahlrechtes.
Mit Schreiben vom 8.10.1948 reichte er nun über einen Anwalt seine Berufung ein und diese Verhandlung endete im Juni 1949 mit einer endgültigen Herabstufung in die Gruppe III, die der Minderbelasteten, wodurch die meisten Sühnemaßnahmen, v.a. die Haft und der Vermögensverlust endgültig entfielen.
Eine bemerkenswerte Erklärung zu seinem Spruchkammerverfahren lieferte überraschender Weise Hermann Seiler, der, verheiratet mit der Kötztinger Bürgerstochter Ida Kirschner, die jüdischen Glaubens gewesen war, in der Nachkriegszeit die Angelegenheiten seiner jüdischen Familienangehörigen zu regeln hatte, von denen viele dem Naziterror zum Opfer gefallen waren.

Er stellte Benno Hoiß in einer eidesstattliche Erklärung ein sehr positives Zeugnis aus.


Schon während seiner Internierungszeit waren auch die anderen Spruchkammerverfahren für die Kötztinger Mitglieder der NSDAP vorbereitet worden und in vielen dieser Akten - fast 2400 für den Altlandkreis Kötzting - finden sich auch schriftliche Erklärungen von Benno Hoiß, als man offensichtlich bei ihm Aussagen anderer Beklagter auf ihren Wahrheitsgehalt abklopfen wollte. 

Hier sein handschriftlicher Briefkopf für das Verfahren gegen Anton Kirschenbauer, dem Kötztinger "Sonderkommissar" und Führer der SA, der damals die Verhaftungsaktion im Sommer 1933  gegen die Mitglieder der BVP durchgeführt hatte.

StA Landshut Spruchkammer Kötzting A 1037 Kirschenbauer Anton



Doch zurück zum Haus der Familie Hoiß.
Das kleine Haus auf der rechten Straßenseite wurde vor ein paar Jahrzehnten abgerissen. Der Neubau gleich anliegend an den Bahndamm der Eisenbahnlinie Kötzting -Lam, erhielt dann 1959 die gültige Anschrift mit der Pfingstreiterstraße 3, wurde wohl noch im Kriege zumindest bewohnbar fertiggestellt und auch heute wohnen dort noch Nachkommen der Familie Hoiß.
  

Detail aus den Luftaufnahmen Serwuschok
Die Häuser in der Reihenfolge von rechts: Lagerhalle der Sagmühle Höcherl - das Anwesen Baumgartner - das Haus des Wolfgang Ludwig - das "alte" Hoiß-Haus - das "Kaminkehrerhaus.
In der Kurve auf der anderen Straßenseite das in den Dreißiger Jahren neu erbaute Haus der Frau von Benno Hoiß.