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Donnerstag, 18. Dezember 2025

Ein Festtag für Kötztings Pfarrgemeinde

Manchmal fügen sich Jubiläumsjahr und Archivarbeit auf besonders schöne Weise zusammen. Ein solcher Glücksfall ergab sich nun bei der Durchsicht des Kretschmerarchivs: Im Jahr 1955, als die neu errichtete Matthäuskirche in Kötzting eingeweiht wurde und dabei noch im selben Jahr auch ihre Kirchenglocken in Kötzting ankamen, erhielt auch die katholische Stadtpfarrkirche ein neues Geläut – ein Ereignis, das in Kötzting nicht nur kirchlich, sondern auch öffentlich begangen wurde. Der feierliche Empfang der Glocken auf dem Kötztinger Marktplatz geriet zu einem großen Moment des gemeinsamen Erlebens.

Bislang waren von dieser Feier vor allem unscharfe Zeitungsaufnahmen bekannt. Im Firmenarchiv Kretschmer jedoch haben sich drei hochauflösende Fotografien erhalten, die diesen besonderen Tag eindrucksvoll dokumentieren. Sie erlauben einen sehr unmittelbaren Blick auf ein Ereignis, das wir alle gar nicht mehr in der Erinnerung haben (können).

Im Folgenden stehen zunächst die zeitgenössischen Berichte aus den beiden Kötztinger Lokalzeitungen über den feierlichen Empfang der vier Glocken, bevor anschließend die neu aufgefundenen Fotografien vorgestellt werden.

"Samstag 28. Mai/Sonntag 29. Mai 1955

"Die alten und die neuen Glocken läuten Pfingsten ein

ab. Kötzting. Erstmals wird das große vollständige Geläute unserer Pfarrkirche am morgigen Sonntag das Pfingstfest einläuten. Mit vielen Umständen verbunden, wurden die drei neuen Glocken am vergangenen Mittwoch in den Glockenstuhl hinaufgezogen. Selbst unser H. H. Dekan Dietl hat es sich nicht nehmen lassen, bei dieser so einmaligen Arbeit mitzufeiern. Wenn wir nun noch einmal einen Blick in die Geschichte der alten Glocken tun, so erfahren wir, daß die zweitgrößte, welche 1725 von Florido in Straubing gegossen wurde, im vergangenen Krieg heruntergeholt, jedoch nach Beendigung desselben wieder zurückgebracht wurde. Die größte Glocke, welche 1778 in Straubing von Sedlmeier gegossen wurde, zeigt das Bild des Gekreuzigten und ist eine Stiftung der Familie von Gehring, der ehemalige Besitzer des Schlosses von Reitenstein. Auch diese Glocke wurde im letzten Krieg heruntergeholt. Da man jedoch ihren eigentlichen Kunstwert erkannte, vermied man es, diese fortzuschicken. Die kleinste Glocke des bisherigen Geläutes soll in Zukunft ihren Dienst in der St.-Veits-Kirche versehen. Die größte von den neuen Glocken ist die „Marienglocke“ mit der Inschrift „Maria gedenke deiner Kinder“. „Hl. Michael verteidige uns im Kampfe“, sind die Worte am Rand der mittleren Glocke, welche dem hl. Erzengel Michael geweiht ist. Dem hl. Bruder Konrad ist die kleinste der neuen Glocken geweiht. Ihre Inschrift lautet: „Hl. Bruder Konrad nimm dich der Notleidenden an“. Dieses neue Geläute besteht aus fünf Glocken verschiedener Größe. Mögen diese Glocken eine neue Zeit einläuten, die erfüllt ist vom Heiligen Geiste.
Aus dem Gutachten, das Herr Domkapellmeister Max Tremel aus Passau über die neuen Kötztinger Glocken abgegeben hat, sei Folgendes hervorgehoben: Die Glocke „Maria Königin“ besitzt prachtvollen Nachhall (122 Sekunden), die Glocke „St. Michael“ besitzt einen erstklassigen Aufbau der Innenharmonie (Nachklang 143 Sekunden). Die Glocke „St. Konrad“ hat eine absolut reine Oberoktav und fügt sich den anderen zwei Glocken in ihrem Klang sehr fein an (Nachhall 130 Sekunden). Das Gesamtgeläute ist von seltener Schönheit und Vielfalt, ein Glockenquintett, wie es nicht überall hängt. Kötzting besitzt nun ein Vollgeläute von erster Güte, zu dem man der Pfarrei herzlich gratulieren kann. Herr Domkapellmeister hat als Glockensachverständiger die beiden großen Glocken des alten Geläutes überprüft, so dass er auch über das Gesamtgeläute ein sachverständiges Urteil abgeben kann."


 

"Die neuen Glocken für die Stadtpfarrkirche wurden geweiht.

„Mögen diese Glocken eine neue Zeit einläuten“

Kötzting. Schon länger als ein Jahrzehnt wünschten sich die Gläubigen der Stadtpfarrei Kötzting ein vollständiges Geläute. Nun ist es so weit. Unter großen Opfern und Mühen hat unsere Stadtpfarrkirche drei neue Glocken erhalten. Wie wir bereits berichteten, wurden sie am Sonntag geweiht. Um das alte schöne Geläut wieder zu vervollständigen, setzte die Pfarrei alles daran, vor dem Kriege hingen im Kirchturm fünf Glocken. Neue Schwierigkeiten tauchten auf. Der Glockenstuhl musste erneuert werden, weil die alte fünftrachtige Geläute nicht mehr aushielt. Die bisherige Messglocke aus dem Jahre 1415 bedarf der größten Schonung. Sie wird ihren Dienst in St. Veit weiter versehen. Die neuen Glocken, gegossen in der Gießerei Rudolf Perner, Passau, sind der Mutter-Gottes, dem hl. Erzengel Michael und dem hl. Bruder Konrad geweiht. Auf der Marienglocke steht „Maria gedenke deiner Kinder“, weil Kötzting Marienpfarrei ist. Die zweite Glocke trägt die Inschrift „Hl. Erzengel Michael — verteidige uns im Kampfe“. Auf der dritten Glocke ist eingeschrieben „Heiliger Bruder Konrad — nimm dich der Notleidenden an“. Mögen diese Glocken eine neue Zeit einläuten, die erfüllt ist vom hl. Geiste.

 

Auch die Kötztinger Zeitung beschrieb in einem Begleitartikel nicht nur die Geschichte und die Art der Kötztinger Kirchenglocken sondern widmet einen ganzen Absatz der Beschreibung der historischen Glocken des ehemaligen Kreisgebietes.



:"KÖTZTINGER ZEITUNG

Die neuen Glocken im Glockenstuhl

Festliches Geläut leitet Pfingsten ein

Glockenaufzug ohne Zwischenfall — Alte Messglocke kommt nach St. Veit

Kötzting. Die neuen Glocken der Kötztinger Stadtpfarrkirche, die aus der Gießerei Rudolf Pernauer, Passau, stammen und am vergangenen Sonntag von Dekan Josef Dietl bei einer Marienfeierstunde vor St. Veit geweiht worden sind, hängen seit Mittwoch im Glockenstuhl. Das fünffache Geläut, das sich die Pfarrei Kötzting unter großen Opfern erworben hat, wird erstmals an Pfingsten erklingen.

Die Arbeiten des Glockenaufzuges, die mit Hilfe einer Seilwinde vorgenommen wurden, verliefen ohne Zwischenfall in einer verhältnismäßig kurzen Zeit und konnten noch am Nachmittag des Mittwoch abgeschlossen werden. Im Zuge der Maßnahme wurde der bisherige Glockenstuhl erneuert und mit einer verbesserten Aufhängevorrichtung versehen. Die bisherige, aus dem 14. Jahrhundert stammende Messglocke, die größter Schonung bedarf, ist aus dem Geläut entfernt worden. Die am Samstag nach Kötzting überführten Passauer Glocken sind der Muttergottes, dem Erzengel Michael und dem hl. Bruder Konrad geweiht. Sie tragen folgende Inschriften: „Maria, gedenke Deiner Kinder“, „Hl. Erzengel Michael, verteidige uns im Kampfe“, „Heiliger Bruder Konrad, nimm Dich der Notleidenden an“. Das Geläut der Kötztinger Pfarrkirche bestand bereits vor dem Kriege aus fünf Glocken, die aus dem 15. Jahrhundert und aus den Jahren 1629, 1708, 1778 stammten.

Es ist in diesem Zusammenhang nicht uninteressant die Geschichte der Kirchenglocken in Kötzting und dem Landkreis zu verfolgen. Freilich, so manche von ihnen erklingt nicht mehr, weil sie in den Kriegsjahren wie vieles andere Opfer der „totalen Erfassung“ geworden ist. Noch heute aber können die Pfarreien Kötzting und Chamerau die ältesten Glocken des Kreisgebietes nachweisen, obgleich sich noch in drei Pfarreien des Kreisgebietes Glocken ohne Gießernamen aus der Spätgotik befinden. Von dem Regensburger Meister Hans Burkoph wurde eine Glocke zu Lam (1522) und eine zu Zenching (1533) gefertigt. 1599 schuf die herzogliche Hofgießerei in München Martin Frel eine Glocke für Neukirchen hl. Bl. Die bezeichneten Glocken des 17. Jahrhunderts kamen vornehmlich von Regensburg und Straubinger Gießereien. Aus der Bischofsstadt lieferte ein Georg Schelchshorn zwei Glocken von 1609 bzw. 1628 nach Zenching. Johann Gordan Schelchshorn zwei nach Neukirchen hl. Bl. (1681 und 1683) und 1688 eine nach Chamerau. Aus Straubing lieferten die Meister: Georg Lehner, 1607 nach Neukirchen hl. Bl.; Georg Degner 1636 nach Eschlkam; Paul Gleißnöck 1652 ebenfalls nach Eschlkam, Johann Gleißnöck 1689 nach Kötzting. Die Gussorte des 18. Jahrhunderts waren wohl ausschließlich Straubing und Stadtamhof, wenn auch über kleinere Glocken wie in Götzlhof, Haidstein und Bachmeierholzen (1791) diesbezügliche Angaben fehlen. Von Straubinger Meistern sind zu verzeichnen: Johann Georg Sedbauer 1708 in Kötzting, 1714 in Neukirchen, 1716 in Rittsteig, Paul Pernand Dietrich 1749 in Neukirchen, Johann Florido 1764 in Grafenwiesen, 1767 in Rimbach, 1773 in Rittsteig, 1778 in Kötzting, 1784 in Weißenregen, Joseph Spangl 1794 in Steinbühl, 1798 in Blaibach. Von den Gießereien Stadtamhof lieferten: Martin Neumair 1733 nach Rimbach, 1742 nach Eschlkam, Marton Neumair, 1752 nach Blaibach und Steinbühl (Joseph Neumair), Erhard Kilner 1755 nach Schönbuch, 1758 nach Weißenregen, 1760 nach Trailling, 1761 nach Großaign, 1762 nach Schöneich und 1765 nach Kötzting."

Stadtpfarrer und Dekan Josef Dietl spricht hier vor dem Lastwagen mit den Glocken

Nun aber zu den neuentdeckten Bildern aus dem Kretschmerarchiv:



Schön zu erkennen im Hintergrund, dass es beim "Fleischmann" noch eine "böhmische" Hofeinfahrt gegeben hatte.

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