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Donnerstag, 25. März 2021

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 19 Dampfbäckerei Pongratz

 Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.
Die bereits veröffentlichten Beiträge der Kötztinger Häuserchronik können im "Inhaltverzeichnis" unter der Rubrik Häuserchronik nachgesehen werden.

Einschub:

Nun also mein Elternhaus, respektive mittlerweile mein eigenes Haus. Wenn ich alleine all die Veränderungen betrachte, die ich, Jahrgang 53, im, am und um den Marktplatz herum selber miterlebt habe, die regelrechte Entvölkerung der Kötztinger Innenstadt, den Umbau zu einem "autogerechten" Kötzting und wieder zurück. 
Wie es der Zufall so will, waren einige Besitzer des Hauses an der Ecke Marktplatz-Rindermarkt an markanten Wendepunkten in Kötztings Geschichte aktiv beteiligt.
Ein Mitglied der Kieningerfamilie war der "Idiot", der den Parlamentär der Schweden vorm Obern Tor aus erschossen hat, 2 Generationen lang wohnte und arbeitete der Kötztinger Marktschreiber hier, genau dann, als sowohl der Spanische als auch der Österreichische Krieg die Kötztinger malträtierten, und der letzte große Marktbrand brach hier 1899 aus.
Natürlich werde ich auch meine eigenen Erfahrungen aus meiner Kinder- und Jugendzeit im Hause einer Bäckerei mit angeschlossener Kleintierzuchtanlage in einer Rückschau miteinbringen.
Sind die üblichen Dokumentationen meiner Häuserchronik schon sehr lange, sie sollen ja den derzeitigen Wissensstand über die Anwesen umfassend darstellen, so ist dieser Beitrag natürlich, durch das Heranreichen fast bis zur Gegenwart inkl. der Genealogie der letzten Generationen, besonders umfangreich. 
Ähnlich wie bei meinem Beitrag über meinen gefallenen Onkel Heinrich Pongratz  ist auch dies ein Beitrag zur eigenen Familienforschung, vielleicht lässt sich jemand anstecken, aber Vorsicht, Genealogie macht süchtig.

Also, nach dieser Erklärung gehts los mit der Hausgeschichte.
Einschub Ende.

alte Hausnummer 19 

Dampfbäckerei Clemens Pongratz



Hier, wie bei allen anderen Kötztinger Häusern, gilt es den Nachweis über die Besitzerfolge nach Möglichkeit auch jenseits des Beginns der Briefprotokolle (ab 1700) zu erbringen. Hier ist es von Nutzen, dass viele der Kötztinger Bürgerlisten immer dieselbe Reihenfolge beibehielten. Es macht dies auch Sinn, dass die Schreiber - um niemanden auszulassen - im Kopf oder in Wirklichkeit ihre Bürger von Haus zu Haus durchgingen bzw. schrieben.
Erst die Situation zum Ende des 16. Jahrhunderts lässt eine sichere Aussage zu, wer der Besitzer des markanten Hauses an der Ecke Marktpatz/Rindermarkt gewesen ist.
Die heutige Metzstraße (der Name kommt von Metzger und nicht von einer Schlacht bei Metz) hieß damals Rindermarkt, weil am Ende der Straße die Fleischbank gewesen war, gleichzeitig das kommunale Schlachthaus und die Verkaufsstelle. Mitten in der Straße war ein Pfosten, an dem das zu schlachtende Tier mehrere Stunden angebunden stand und vom Fleischbeschauer, einem Mitglied des Äußeren Rats, begutachtet wurde. Konnte das Tier nicht lange genug stehen, dann wurde das Tier trotzdem geschlachtet, das Fleisch aber zu einem niedrigeren Satz verkauft.


Diese "Lagebeschreibung" von 1654 stellt den ersten Ausgangspunkt dar, um nachzuforschen, ob es ein "Darüber hinaus" geben kann.
"Hanns Khieninger hat ain Behaußung am Egg neben Hans Schindlers Haus  mit ainer Saitten auf den Plaz gegen den Wasserkhar und mit der andern Saitten am Ründermarkt ligent."

Detail aus dem Plan der Kötztinger Uraufnahme von 1831 von Bayernatlas.de


Die heutige Nummer 20 (das Haus der Familie Sperl) war damals noch Teil des Khienigner Marktlehens und wurde später als "Kieningerhäusl" abgetrennt und ein eigenständiges Haus (Herdstätte)  damit begründet. In den Wirren nach dem 30- jährigen Krieg mit den vielen Brandstätten zwischen teilweise neu aufgerichteten  Häusern war vieles möglich, was sonst eigentlich ausgeschlossen war. Zuerst nur ein "drangebauter" - man sprach von "angeschraubt" -  Schuppen, dann erwähnt als Teil in einem Übergabevertrag, schwupps, einen Ofen hineingebaut und eine Generation später hieß es dann, es wäre immer schon so gewesen. Solch ein drangeschraubtes Zimmer, das dann später ein eigenständiges Haus geworden ist, ist das Haus, auf dessen Platz heutzutage das Schuhhaus Liebl steht.

So, nun ist das Haus identifiziert, und mit Hans Khieninger haben wir auch einen Besitzer (des Jahres 1654).
Die Frage ist aber zunächst mal, welche Vorbesitzer mit den Informationen, die wir haben, sicher auf dem Anwesen nachgewiesen werden können.
Bis hin zur Häuserchronik des Hauses mit der alten Hausnummer 22 (Mühlbauer Georg - Dimpfl) haben wir für einige Vorläuferlisten noch eine große Hilfe, denn wir wissen, dass "der Dimpfl" Kötztings einziges  3/4 Marktlehen war und dass in der Liste vor ihm eine Schmiede (22) stand.
Dieser, ich nenn´s mal, "Anker" in der Liste zusammen mit einem weiteren Eckpunkt, dem Besitzer von  1 Lehen + 1 Sölde auf den Nummer 15 und 16, machen es leicht, die in der Liste dazwischen liegenden Besitzernamen den richtigen Häusern zuzuordnen.

Hier ein paar Auszüge aus  6 aufeinanderfolgenden Bürgerlisten:

1584                                       1610                                   1620

 Leonhard Raith                 Leonhard Raith                   Weiner Mathes

 Leonhard Raith                 Leonhard Raith                   Weiner Mathes 

 Mooshammer                    Mooshammer                      Raab Ander

 Weiss Sebastian                Hans Pachmair d. J              Pachmair d.J.

 Vollg Hans                         Hans Pachmair d. M       Stöckhl Hans Heinrich         <<<<<< 

 Daniel , Schmied                Daniel Paumann Schmied  Veith Stöckl Schmied

 Weiss Georg                        Hauzendorfer Sebastian      Hauzendorfer Sebastian



1638                                          1654                                            1670

Adam Türrigl                      Adam Türrigl                              Adam Türrigl  
 
Adam Türrigl                      Adam Türrigl                               Adam Türrigl  

Kholbinger Wolf                 Kholbinger Wolf                          Hans Peer

Pachmair Sebastian            Hans Schindler                             Hans Pachmair

Khieninger Hans                Khieninger Hans                       Hans Khieninger  <<<<<<<<

Stöckl Veith Schmied         Veith Stükher Schmied                 Jakob Stekher Schmied

Khürzl                                 Mez                                               Leonhard Mez  


 
Bei Vollg Hans  haben wir außer seiner interessanten Berufsbezeichnung: "Marktschreiber" nichts in den Akten. Diese Berufsbezeichnung ist deshalb hier bemerkenswert, weil wir später über mehrere Generationen hinweg Marktschreiber auf dem Hause sitzen haben. 
Bei seinem Besitz heißt es kurz: Von den "Hanspehmerischen" Gründen.
Bei der Art und Weise, wie in den damaligen Zeiten Namensvarianten von "Pachmair" ausgeschrieben worden sind, spricht vieles dafür, dass damit ein "Hans Pachmairscher" Grund gemeint ist. Dies ist aber dann auch schon alles, was wir von Hans Vollg sagen können.

Der erste Besitzer, von dem wir etwas mehr sagen können, ist der von 1610.


Pachmayr Hans der Mittlere
und der Familienverband der Pachmayr


KL Rott Lit 110




Dieser Hans Pachmayr der Mitter war Teil der damals großen und in Kötzting auf vielen Anwesen sitzenden Familie Pachmayr. Wie es schon sein Namenszusatz aussagt, gab es einen jüngeren, einen mittleren und dann natürlich auch einen älteren Hans Pachmayr.  Aus heutiger Sicht durchaus lobenswert, weil es sonst unmöglich wäre, die ganzen "Hansen" und ihre Besitztümer  auseinanderzuhalten.
HStA München Staatsverwaltung 2372 Musterungen Kötzting 1515
Item der "alt" Pachmair Krebs, Hirnheubl, 2 Handschuch und Puxn


Schon im Jahre 1515 können wir die Pachmayrs in Kötzting nachweisen, allerdings nicht auf diesem, sondern auf dem Haus mit der Hausnummer 3 (dem heutigen Amberger Hof).
Seit 1558 ist die Familie Pachmair bereits in Besitz der Hofmark Haus.

bayr. HStA München KÄA Zeittafel der Hofmark Haus

Hier in dieser Zeittafel der Besitzer der Hofmark Haus ist die Generationsabfolge der Pachmair schön zu sehen. Für dieses Haus ist nur die letzte Zeile relevant, als Hans Pachmayr der Jünger, Bürger zu Kötzting, im Jahre 1597 die Hofmark erhält. 
Aus der Besitzerabfolge des Hauses Nummer 3 kann man schließen, dass Hans Pachmair (der Vater) dieses Marktlehen an seinen Sohn Augustin und die Hofmark an Hans den Jüngern übergeben hat.
Da gleichzeitig Hans auch bereits Kötztinger Bürger genannt wurde, muss er bereits 1597 ein Haus in Kötzting besessen haben.
Nun, da wir ja aus der Liste von 1610 seinen Besitz kennen, ist nur ungewiss, ob er dasselbe bereits  1597 besessen hat, was aber doch sehr wahrscheinlich ist. 
bayr. HStA München KÄA Zeittafel der Hofmark Haus

Die obige Tabelle geht weiter, und zeigt, dass er nach der Übergabebestätigung der Hofmark 1599 und 1603 wegen eben dieser Hofmark mit einem potentiellen Käufer in Verhandlung stand
1604 kam es dann zu einem Abschluss und die Hofmark ging an Hans Katzenberger, auch er später ein Bürger Kötztings.
Dies dürfte in etwa die Zeit gewesen sein, als die Zweige der Pachmairfamilie sich alle wieder nach Kötzting umorientierten.
Wie haben Augustin Pachmayr im Haus Nummer 3
Hans Pachmayr den Jüngern im Haus mit der Nummer 18
Hans Pachmayr den Mittlern im Haus Nummer 19
Hans Pachmayr, vermutlich den Vater der drei obigen, auf Haus Nummer 40
Und dann gab es auch noch eine "hausgesessene" Witwe Pachmayr.
Diese Familie ist aber nicht nur mit der Hofmark Haus für mehrere Generationen in Verbindung zu bringen, sondern auch mit dem Kötztinger Ortsteil Bachmeierholz. Dieses Bohmerhölzl/ Pachmayrholz war im Besitz der Familie Pachmayr. Nach einer wundersamen Begegnung eines Rundinger Untertanen - namens Kurz -  mit einem Verkäufer von Gnadenbildern im Pohmerholz entstand nacheinander eine Wallfahrt, eine Kapelle und ein der Herrschaft Runding zugehöriges kleines Anwesen im Besitz der Familie Kurz, die auch immer für den Dienst in und an der Kapelle sich verpflichtet fühlte. 


In der Bürgerliste von 1620 ist dann Stöckhl Hans Heinrich als der Besitzer angegeben.

Stöckhl Hans Heinrich 


Bei ihm steht in der Liste ein Zusatz: "jetzt Herr Landrichter". Das heißt, dass bei Listenerstellung 1620 Hans Heinrich Stöckl Hausbesitzer gewesen ist und in dem einen oder anderen Jahr danach dann als, oder der, Herr Landrichter das Marktlehen übernommen hat. 
Dabei hilft ein Blick in DEN "Ferchl":


und dort steht im Kapital über die Kötztinger Landrichter:


Damit ist klar, 1628 verließ der Landrichter Hans Heinrich Stockhl Kötzting und es steht zu vermuten, dass zu diesem Zeitpunkt bereits Hans Khieninger das Haus übernommen hat. 
Nun gibt es im Grundbucheintrag des Adam Türrigl über das Haus aber einen besonderen Zusatz:


und wider ain Oedlenndt oder Prandtstatt, so Herr Hans Heinrich Stöckhl von Ach, gewester Churfürstlicher Landrichter alhir, von Hannßen Pachmair dem Jünger von alhir erkhaufft, und hünder seiner Stallung ein Gartten daraus gemacht, darzue ebenmseeig ain halbs Marktlehen gehört, die haben beede Nachfolgente Grundt und Poden
 Dieser Zusatz enthält nun zwei wichtige Aussagen.
Der direkte Besitzübergang ist nicht von Hans Pachmair dem Mitteren auf Hans Stöckl, sondern erfolgt sondern zuerst erfolgte der Übergang von  HP dem Mittleren auf dessen  Bruder HP dem Jüngeren und dieser hatte dann das Haus, das wir als das Sperlhaus (Hanr 20) kennen und damals vom Realrecht her noch ein Marktlehen gewesen war, an Hans Stockl verkauft. 
Damit haben wir also auch Hans Pachmayr den Jüngern sicher in der Liste der Hausbesitzer. In der  - oben angesprochenen - Häuserchronik des Hotels Amberger Hof finden sich einige Lebensbilder über HP dem Jüngern. 



Hans Khieninger
und der Familienverband der Kieninger


Auch wenn wir das Jahr - und das ist in diesem Falle eigentlich sehr schade - nicht kennen, in dem Hans Khieninger die beiden Anwesen von Heirich Stöckl übernommen hat, so steht doch zu vermuten, dass dies bald nach dem Wegzug von Stöckl erfolgt ist, also noch vor 1633.
Warum ist dies nun interessant? Nun, Mitte November 1633 hatten die sogenannten "schwedischen Truppen" Cham eingenommen, die Truppen also, die der reformatorischen  - und von schwedischer Seite her unterstützten -  Seite zuzuordnen waren. Ich werde sie hier der Einfachheit halber weiterhin, wie die Zeitgenossen, als Schweden bezeichnen. Deren Anführer hieß Tupartl,   
Im Rechnungsbuch von 1633 heißt es über diese Schicksalstage: Nachdeme der Feind nach Eroberung der Statt Camb , schier teglichen Partheyen gegen Khoezting ausgeschickt, hab ich bey dem churfuerstlichen Schloss Khoezting die Postenthierm , Schiesslecher , Gaeng , Thor und  Pruckhen ausspessern lassen , dem Mauerer und Zimmerleithen hiervon bezahlt
24 ell Kalk per 15 kr vom Kalkofen in Zenching
Als man allda zu Koezting wegen besorgenter Feindtsgefahr , bei dem  Schloss und Markht alda teglichen in die 200 und mehr Persohnen  wachten lassen , ist in der Wachtstuben ein Neuer Ofen aufgesezt worden von dem Fenster in gemelter Wachtstube auszupessern geben. (St.A. Landshut Rentkastenamt Straubing  R2500 )      
Zwischen der Eroberung der Stadt Cham und der Einäscherung von Kötzting liegen gerade mal 12 Tage: Cham am 18.11.1633 und Kötzting 30.11.1633 und die Schweden kommen täglich vor die Markbefestigung und möchten verhandeln (über Geld natürlich).
Es geht hier ja nicht um die Ursache der Kötztinger Weigerung, diese zu bezahlen, sie hatten natürlich auch Kenntnis davon, dass Wallenstein sein Winterquartier in Pilsen verlassen hatte und bereits bei Furth angekommen war .... sie wussten aber natürlich nicht, dass Wallenstein dort kehrtmachen würde und gleich wieder abzog. Vielleicht glaubten sie auch, dass ihr hölzerner "Schreckzaun" die Schweden wirklich abschrecken könnte.
Ein Zeitgenosse, der den Überfall überlebt hatte, berichtete jedenfalls, dass ein Bürger mit Namen "Khieninger" den Parlamentär der Schweden erschossen habe, und erwähnt dann nur noch den harten Ton der Pferdehufe auf dem gefrorenen Boden, als die Schweden angriffen, den Markt umstellten und von mehreren Seiten anzündeten und die Bewohner an der Flucht heraus aus dem Flammeninferno hinderten.


Hier der genaue Wortlaut - dies ist ein weiteres Beispiel über die Erfolge unseres Arbeitskreises Heimatforschung, der sich auch die Übertragung/Übersetzung bisher untranskribierter lateinischer Texte aus der Bayerischen Staatsbibliothek zu einer Aufgabe machte, (die Signatur clm 144)  übersetzt vom Kötztinger Gymnasiallehrer Hans Geith.
Das in Latein gehaltene Dokument stammt von Pater W. Dullinger aus dem Kloster Rott, der im 18. Jahrhundert die, damals bereits, historischen Akten der Pfarrei ausgewertet und transkribiert hatte.
Im ersten Teil werden die Anwesen ausgeführt (der ganzen Pfarrei), die Geld von der Pfarreei aufgenommen hatten und nun ruiniert worden waren, dabei unter anderen:
....Wolf Christ Dengler, für den Mathias Kyeninger bürgte:
Der Bürger selbst ist durch den Feind zu Tode gekommen, sein Anwesen ist niedergebrannt worden. Der Schuldner ist ruiniert.
Bei dem Mathias Kyeninger dürfte es sich um den oben erwähnten Marktschreiber Mathias Khieninger handeln. Dann kommt er auf den Schwedeneinfall und dessen zeitliche Einordnung zu sprechen:

 

Die Brandschatzung der Stadt war vor der Pest, die 1634 wütete.
Es waren die Truppen des Herzogs von Weimar, der dieses Unheil über die Stadt und die Bewohner der Umgebung brachten. Nach den Gründen für die Wut der Feinde zu fragen erübrigte sich, wo doch unser Andreas berichtete, er habe das einst von seinem Vater erfahren, dass die schwedischen Truppen, als sie bereits im nächsten Dorf [Gehstorf?] standen, einen Trompeter als Parlamentär ans verschlossene Stadttor schickten mit der Forderung nach Übergabe und Quartier; da habe ein Bürger, der alte Kyrninger genannt, seine Pistole auf ihn gerichtet und zwar ohne Befehl und habe damit seine Mitbürger ins tiefste Unglück gestürzt. Denn sowie die feindliche Reiterei die rechtswidrige Tötung ihres Kameraden sah. galoppierte sie in Sekundenschnelle heran, drang über die Gärten (in die Stadt) ein, erschlug alle, die ihr in die Quere kamen, legte Feuer an die Häuser und äscherte die Stadt ein.
In den Flammen verbrannten neben dem übrigen Hausrat der Bürger auch die Urkunden, in denen die städtischen Privilegien niedergelegt waren, die Taufbücher im Pfarrhaus und vieles andere mehr.
Der Pfleger Rosenhammer verschanzte sich in seiner Burg und wurde von den schwedischen Soldaten eingeschlossen. Er wäre dem Schwert wohl nicht entgangen, wenn er nicht die Kleidung gewechselt hätte, aus dem Fenster gesprungen und so den Blicken der Feinde entgangen wäre.
Daß das etwa Ende November geschehen ist, schließe ich daraus, dass der genannte Berichterstatter hinzufügte, dass man direkt nach dem Schuss Kyrningers von weitem das schreckliche Dröhnen der über den gefrorenen, aber noch nicht schneebedeckten Boden galoppierender Pferde gehört habe.

Dies ist eines der eindrucksvollsten Dokumente, das ich von Kötztings Geschichte kenne UND das bis zur Gründung des Arbeitskreises völlig unbeachtet geblieben war.
Bis dahin gab es nur die Schilderung des Abtes Veit Höser, der aber nie in Kötzting gewesen war, sondern nur auf seiner Flucht in Viechtach Station gemacht hatte und vom Schicksal des Nachbarortes dort erfahren hatte. 



Was wissen wir nun grundsätzlich von der Kieninger Familie?
Nun, im oben angesprochenen Buch über die bayerischen Beamten findet sich im Jahre 1570 als Landrichter ein Christoph Chieninger.

Nachdem Hans Khieninger, dem Rotlederer, 1600 für eine Lieferung von 27 Pfund Unschlitt (Rindertalg für Kerzen) bezahlt wird und 1621 dann erneut ein Hans Kieninger  - nun Metzger bezeichnet - 9 Pfund von demselben Material, könnten diese beiden Männer zusammengehören  und einen Verband bilden. 

Aus dem Jahre 1595 findet sich im Staatsarchiv in Landshut eine große Urkunde, in der der Rotlederer Hans Khieninger erwähnt wird, wobei die Name Khieninger, Khüeninger, Khienner, Khürner sehr häufig wechselnd benutzt wurden und , meiner Meinung nach, denselben Familiennamen bedeuten.
Regierung Straubing A 4357





Hier der entscheidende Ausschnitt zu Beginn der Urkunde, in dem der Kötztinger Marktmüller Michael Schell und die beiden Rotlederer Andre Märkl und Hanns Khürnner den Bau und die gemeinsame Nutzung einer Lohmühle beim Magistrat beantragen. 

In den Kirchenrechnungen von 1600 ist ein Kötztinger Wirt Michael Kieninger aufgeführt, der für 15 Köpf Wein bezahlt wird.  
Dieser Michael Kieninger ist kurz danach - 1602 - als in Kötzting 56 Häuser, die Städl und Nebengebäude nicht gerechnet, beim ersten dokumentierten großen Marktbrand  zerstört waren, nach Straubing und München geschickt worden, um bayernweit um Hilf zu bitten. Zu diesem Zwecke wurde ihm ein "Patent" ausgestellt, das sich im Stadtarchiv Straubing erhalten hat und dessen Inhalt uns von dort erst vor wenigen Jahren zugesandt worden ist. 

Patent (Briefprotokoll der Stadt Straubing Nr. 10/1602) - Kötzting:

"Wir Camerer vnd Rath Gemaines Marckhts Khözting vorm Behaimber Waldt, Bekhennen vnnd Vrkhundten hiemit offentlich, das laider durch Verhengnus des Allmechtigen den 10. Tag des Monats october jungsthin vngeuer ain stundt nn die nacht inn dem Marckht alhie zu Khezting dermassen ein solche vnuersehne schnelle prunst enntstandten also das 56 heüser vnnd feurstetten ausser der Städl vnnd anderer Zimmer inn grundt zu einem aschen verprunnen. vnnd hierunder wir sambt Gemainer Burgerschaft (welches Gott noch zu tag mit täglichem weinen nicht genuegsambs zubeclagen) inn die eüsseriste armueth gerathen, vnnd do wir vnns Gottes auch ehrlicher fromer Leith hilf nit zugetresten, enndtlich neben weib vnnd vill habendten vnerzognen waislen inn das pitter ellendt begeben müessen.

Wann wir dann fürweisern dis vnnsern mitraths freundt, Michaeln Khieninger yezt angedeiter vrsachen von Gemaines Marckhts wegen zu dem Durchleichtigisten vnnsern gl: fürsten vnnd Herrn nach München abgeordnet. So gelangt herauf an alle vnnd yede, was stanndts oder würdens sie sein, bey denen er Khieninger vnnder solch seiner Rais inn vnserm vnnd vnnserer armen ellendten Burgerschaft namen vmb hilf vnd pranndt steuer ansuechen mechte, vnnser ganz vnderthenig, dienst: freundt: vnnd hochflechenliches ahnrueffen vnd bitten die wellen vnnser ellendt vnnd armueth beherzigen, vmb Gottes Lieb vnd seiner parmherzigkhait willen vnns mit einer geringen hilf vnd steuer begegnen, damit wir noch bey vorseenndter winderszeit souil müglich nur das weniger aufpauen vnnd also vnns sambt weib vnnd khindt beworen mügen. Das würdet der allmechtig Gott alls der ein belohner aller güeth vnnd wolthaten vmb dieselben sament vnnd sonders reichlich vergelten. welches vnns auch selber zum schuldigen Gehorsam zuuerdienen gebüethen, darzue wir dann inn vndertheigkhait nach hechstem vnnd pesten vnnserm vermügen dienst: vnnd freundtlich sein wöllen. Zu vrkhundt haben wir vnnser vnd Gemaines Marckhts Jnnsigl hiefürgetruckht. Beschehen den 2 November ao: 1602."


Eine Magdalena Kieninger zahlt 1621 für einen  - eigenen - Kirchenstuhl die üblichen 10 Kreuzer und Mathias - möglicherweise ihr Mann - wird im selben Jahr als Kirchenprobst  -  und 1627 als Marktschreiber bezeichnet -  in den Kirchenrechnungen aufgeführt.

Man sieht an dieser Auflistung, dass der Familienverband der Kieninger ähnlich umfangreich war wie der der Pachmairs und Billich. Dies alles sollte sich mit dem Schwedenüberfall ändern und im Jahre 1636 versucht der Kötztinger Pfarrer seine überlebenden Schäfchen, sprich Seelen, in einer Liste zusammenzufassen. Über mehrere Jahrzehnte hinweg (von 1636 bis 1656) wird diese rudimentäre Familienzusammenstellung - eigentlich sind es wohl eher die Bewohner eines einzelnen Hauswesens - dann durch Kinderangaben ergänzt.
Im Status animarum, dieser Seelenbeschreibung, finden wir über die Khieninger erneut drei Familien: 
Hans Khieninger verheiratet mit Maria, einem Sohn und 3 Töchtern


Hans Khieninger  mit 2 Söhnen und 3 Töchtern.



Eine Witwe Khieninger mit einer Tochter Anna



Nun kommt die Frage aller Fragen, welche der drei Familiengruppen ist vermutlich die richtige?
Das ist ein klassisches genealogisches Rätsel, das man, wenn überhaupt, nur indirekt lösen kann.
Der Nachfolger auf dem Haus wird - ich greife jetzt mal voraus - ein Wolfgang Österreicher werden, der 1662 eine Maria Khieniger, Tochter des Hans und der Maria geheiratet hat. Bei den damaligen Gebaren der Dokumentation einer Heirat, wäre einer der beiden Eltern - oder beide - besonders gekennzeichnet worden, wären sie zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits gestorben gewesen. Also entweder ein "Seelig" hinter dem jeweiligen Namen oder ein p.m. (kurz für piae memoriae, also sehligen Angedenkens) für einen, oder ppmm, wenn Vater UND Mutter bereits verstorben waren.
Also: Hans und Maria, die Eltern, waren 1662 noch am Leben UND sind im ersten Status-animarim Bild auch als Eltern dokumentiert.  Bei Hans Khieninger im zweiten Bild findet sich kein Ehepartner, gleich welchen Namens.
Q.E.D. Hans Khieninger und Maria sind die Besitzer des Anwesens am Marktplatz. Ob er auch der fatale Todesschütze beim "Obern Tor" gewesen ist, kann nicht bewiesen werden
Damit ist auch klar, es ist zunächst der "Äußere Rat und Metzger" Hans Kieninger für uns relevant ist. 
Als Metzger taucht er natürlich im dreijährigen Turnus als Pächter (Stifter) der markteigenen Fleischbank auf, für die im Jahre 1 Gulden fällig ist.
Der Marktbrunnen, auf den sich 1638 Adam Türrigl als Ortsangabe bezieht, um die Lage des Hauses festzulegen, wird nun, 1651, sogar nach dem Hausbesitzer benannt.
In der Marktrechnung von 1651 zahlt der Magistrat fast 19 Gulden (ca. 3000 Euro) "von dem undern Prunnen bey Hansen Khieninger zemachen geben"
In der Marktrechnung von 1651 wird Der Metzger HP dafür gestraft, "umb das die Wag den Ausschlag von selbsten gehebt".
HP hatte also die Waage so manipuliert, dass sie auch ohne Fleischeinwaage schon einen Wert anzeigte. 
StA Kötzting Spitalrechnung von 1650 - eine Archivalie, die nach der Digitalisierung zur
Vnutzung gesperrt worden ist - mit dem Eintrag von Hans Khienner, Bürger und Metzger
über die Zinszahlung von 2Gulden 30 Kreuzer (=5 % Jahreszins) auf seine Grundschuld vom 22.1.1647
in Höhe von 50 Gulden.


Nun aber zurück zum Grundbuch des Adam Türrigl, weil dort neben dem Gebäude ja auch die zum Haus fest und unteilbar gehörenden Grundstücke aufgezählt sind. Diese Pertinentien genannten Grundstücke durften nur in ganz seltenen Fällen abgetrennt und verkauft werden. Ein wertgleicher Tausch allerdings war durchaus üblich. Eine Art von früher Flurbereinigung sozusagen.

Erstlichenn ain Agger im Tämbfeld hat 11 Pifang 
ist der(zeit)







mit Winterkhorn angepauth, so zwischen Herrn Pfarrers Tämbpachwisen und neben Andreen Weissen Agger ligt, mit ainem orth auf Adamen Tierrigls Vischer Agger und mit dem andern Orth auf Andree Weissen Mezgers Ägger stosst











Mer ain Agger bey der Hublwiß zwischen Adamen Tierrigls hueter Äggerl und Andreen Preuders Ägger ligt, mit ainem orth auf die Hublwieß und mit dem andern Orth auf den Rääbschen Agger stosst, hat 12 Pifang ist dermallen in der Prach















KL Rott B2 Rotter Grundbuch von 1654


Gartten




Ain Gartten beim Zieglofen zwischen Magdalena Tallerin gartten daran oben Hansen Schreiners; Hansen Zaglmanns seel Erben stossen. Mit ainem Orth auf Jacoben Stöckhers Burger und Huefschmieds Gartten und mit dem andern orth auf georgen mayrs Prunnmaisters Zieglewiese stosst, hat 16 Pifang und 3 Trimer


Wißmath

Nhil (=keine)



















1660 taucht Hans Kieninger noch ein letztes Mal mit der Pacht für die Fleischbank auf und 6 Jahre später verstirbt Hans Kieninger, Mitglied des Äußern Rats;  im Jahr drauf folgt ihm seine Frau Maria.




Johann Georg Kieninger,  genannt Hans, manchmal Georg


Schon vorher hatte er sein Anwesen auf den Sohn - schon wieder ein Hans (Georg)- Kieninger übergeben welcher in den Jahreslisten von 1670 und 1672 als der Besitzer eingetragen ist und der im Oktober 1668 Maria Schwarz aus Zettling geheiratet hatte.  
Fasst man all Daten zusammen, die wir von einem  "Hans Kieninger" haben,  immer auch Bürger des Rats und Metzger genannt,  so scheint es einen Generationswechsel im Jahre 1647 gegeben zu haben, weil  bei den Spitalrechnungen in denselben Jahr von Hans Kieningers Erben die Rede ist, und bei der übernächsten Übergabe und der darauffolgenden Schuldverschreibung ebenfalls rückblickend diese Jahreszahl genannt wird.
 
 
Spitalrechnung von 1671

"Hanns Khieninger Bürger des Rats und Metzger alhir seel. Erben haben50 fl, die sye lauth der Verschreibung de dato 22. Jenner ao: 1647 auf ihrer Behausung und deren Zuegehörig Gründten verschrieben, ietz Georg Khieninger auch Burger und Metzger alhir, und sein Hausfrau mit beschechner weiblicher Freyheit, verhelt sich der Zins zue Lichtmessen."

Einschub:
die im Text angesprochenen "Weiblichen Freiheiten" betreffen das Heiratsgut der Ehefrau, die ihr normalerweise persönlich geschrieben waren und allen anderen Schulden vorausgingen. Mit Ausnahme, dass sie ausdrücklich auf diese "Freiheit" verzichtet. Nun steht der Geldgeber an erster Stelle und ihre Ansprüche werden erst befriedigt, wenn die Schulden beim Spital bezahlt sind. 
Einschub Ende

So, nun können wir endlich den Familienverband der Kieninger verlassen, denn am 29.1.1676 werden die Schulden in Höhe von 50 Gulden auf den Schwager Wolf Georg Österreicher, einem Riemer und Kötztinger Bürger.


Wolf Georg Österreicher und Anna Maria


StA Kötzting Spitalrechnung von 1680


Wolf Georg Essterreicher Burger und Riemer alhir und Maria sein Eheweib, haben von ihrem Schwager und Brudern Georgen Khieninger in Erkauffung dessen Behausung 50 fl ybernommen, de sye inhalt Schuldtverschreibung de dato 29. Jenner anno 1676 mit weiblichen Verzicht, darauf versichert, gebenzu Lichtmessen zünss   2 fl 30 kr
Bereits 12 Jahre vorher, am 13.11.1662, hatte Wolfgang Österreicher, Sohn des Lederers Ander Österreicher und dessen Frau Eva, Maria Khieninger, Tochter des Hans und das Maria, geheiratet.
Pfarrmatrikel Kötzting Band 1 Heiratseintrag 
Wolf Österreicher mit Maria Khieninger 1668

Die Lederersfamilie Österreicher hatte den Überfall der Schweden offensichtlich relativ unbeschadet, zumindest was das leibliche Wohl anging, überlebt.
Im Status animarum (1636-1656) ist ein stattlicher Familienbogen angegeben. Ich vermute mal, dass die Schweden bei ihrem Angriff - der ja von Nordwesten aus Richtung Gehstorf erfolgte - nicht unbedingt auch gleich über den Fluss hinüber geritten sind, wo die Bewohner möglicherweise auf die Katastrophe auf der Marktseite rechtzeitig haben reagieren können. 
Pfarrmatrikal Kötzting Band 1: Status Animarum Familie Österreicher 
mit einem Knecht,  einer Magd und fünf Kindern

Die eheliche Verbindung ist insofern interessant, als die beiden Väter sich nach einem erbitterten Streit vor dem Landrichter verantworten mussten.
Kurz gesagt hatte Hans Kieninger den Lederer Andre Österreicher des Ehebruchs beschuldigt und musste kräftig für diese Beleidigung blechen.
StA Landshut Pfleggerichtsrechnung von 1651

Hans Khieninger burger und mezger zu Közting hat Andreen Össterreicher auch burger und Lederer alda im Zohrn unguetlich eines ehepruchs bezügen. Weillen ers aber auf widerspröchen des Össterreichers nit beweisen khünden, und er Össterreicher ain scharpfes Handwerch, von welchem ainer , einer schlechten Ursach wegen, entsözt werden khann, als ist Khieninger gestrafft umb
2 fl 17 kr 1 H 
Einschub
Der Lederer Österreicher war in einer "scharfen Zunft", in einer Zunft also, die strenge moralische Ansprüche an ihre Mitglieder stellte. Ein nachgewiesener Ehebruch hätte zu einem Ausschluss führen können. daher wurde diese unbewiesene Beleidigung besonders streng mit 2 Pfund Regensburger Pfennigen bestraft.
Einschub Ende
Im Jahre 1677 finden wir Wolf Österreicher als Kläger gegen den damaligen Sagmüller Paulus Hofmann, der ihm, während der Riemer an mit der Kornansaat in seinen Gruber Gründen beschäftigt gewesen war, "die Söckh mit dem Sambkorn, mit einer Schrodthackhen zerhaut" hatte. 

Einschub
Dieser Paulus Hofmann ist mit seinem Wunsch nach der Erweiterung seiner Sagmühle am Gruberbach der Auslöser eines Mühlennaubaus, die im Prinzip später einmal die jetzige Brauerei Lindner werden sollte.
Einschub Ende

Schon zwei Jahre nach der Übernahme verstirbt die junge Riemerin und 1 1/2 Jahre darauf wiederverheiratet sich der Witwer. Er nimmt Anna Nürnberger, ebenfalls eine Witwe, aus Zeltendorf zu seiner 2. Ehefrau. 
 
Vorher aber, es lagen ja Jahre zwischen der Verheiratung und der Übernahme des Hauses am Marktplatz, finden wir Wolf Österreicher in den Spitalrechnungen über eine Schuldenaufnahme von 20 Gulden für das Haus "ufm Pichel". Wir wissen derzeit noch nicht, wo diese Ortsangabe zu verorten ist, ich VERMUTE ihn aber im Bereich hinter dem alten Rathaus, einer Ansammlung von Häusern. Hier ist das Wort "Haus" nicht im Sinne eines Hausgebäudes sondern im rechtlichen Sinne, als Gegensatz zu einem Marktlehen gemeint.
Offensichtlich war auch der Sohn nicht ganz im Frieden mit seinem Schwager, denn im Rechnungsbuch des Marktes ist ein Strafe von "1/2 Tag im Stock" für den Metzger Georg Kieninger im Jahre 1681 erwähnt, weil er "seinem Schwacher Hans Georg Esterreicher, Riemer, vor sein Haus geloffen und den ainen Schelmben iniuriert" hat.
Auch Wolf Georg Österreicher scheint ein Heißsporn gewesen sein, der Markt Kötzting versucht sein Mütchen zu kühlen und steckt ihn - 1683 - ebenfalls für 1/2 Tag in den Stock vor der Kirchenburg, weil er "mit dem Degen auf die Gossen geloffen". Im selben Jahre durfte er sich auch das marktische Gefängnis einen tag lang von innen ansehen, weil er "den Kirchenpropst Hans Pachmayer wegen angefordertem Khyrchenzynss ainen Schoergen geschmaeht, weswegen selbiger ainen 1/2 Tag Gefenknuss abgebisst."

Einschub:
Hierzu muss man wissen, dass der Scherge oder Amtmann ein unehrenhafter Beruf war und es deshalb eine Beleidigung für den Kirchenpropst darstellte, ihn einen solchen zu nennen.
Einschub Ende

Dank der lückenlosen Überlieferung und der genauesten Dokumentation der Kötztinger Spitalrechnungen können wir den nächsten Besitzübergang datieren.
Wolf Georg Österreicher verkauft sein Marktlehen an den Gerichtsprokurator Paul Franz Keser und dessen Frau Dorothea.

Paul Franz Keser und Dorothea



StA Kötzting Spitalrechnung von 1690

Paul Franz Kheser churfürstlicher Gerichtsprokurator und burger alhir und Dorothea dessen Ehewürthin haben in Erklhauffung der besitzenden burgersbehausung die iennige 80 Gulden anlechensweis aufgenommen, welche durch Wolf Georg Essterreichern Riemern in zwo Posten heimbbezahlt worden, zu welchem Endte und genuegsamen Versicherung dann haben sye Eheleuth den 24. 7bris Anno 1685 ersagt ihr dermahlen inhabent und von dem angezogenen Essterreicher kheufflich an sich gebrachte Marktlehensbehausung hierumben gebürent ......

Paul Keser hatte als das Österreicher das Haus abgekauft, dieser hatte seine Schulden beim Spital zurückbezahlt, und Keser hatte dieses Kapital dann sofort erneut aufgenommen. 
Um das Amt eines Gerichtsprokurators zu erhalten, musste man sich nicht nur bewerben, sondern auch Geld bzw,  einen Bürgen mitbringen. Manchmal konnte man diesen Weg abkürzen, wenn man eine Witwe fand, die mit dem entsprechenden Posten ihres verstorbenen Mannes winken konnte.
Unterschrift des Paul Franz Keser churfürstlichen Preuambstgegen und Marktschreiber zu Kötzting
Am 7. März 1681 jedenfalls heiratete der Mitterfelser Schreiber und Sohn des Stadttürmers Mathias Keser aus Vilshofen, Paul Franz Keser, die Witwe Dorothea des Kötztinger Gerichtsprokurators Mathias Koller. 
2 Kinder bekam das Paar, dann verstarb seine Frau im Januar 1687 und der Witwer - nach nur einem halben Jahr Trauerzeit - blieb in seinem Berufsfremd. Diesmal heiratete er Maria Rosina Wachter, die Tochter des zweiten Kötztinger Prokurators mit der er dann weitere 9 Kinder zeugte.
Als churfürstlicher Beamter war Keser nur einem schlichten Inwohner gleichzusetzen, hatte also keinerlei Rechte im Markte Kötzting. Dies änderte sich erst, als er, nach dem Erwerb eines Hauses, sich im Jahre 1684 um 9 Gulden das Kötztinger Bürgerrecht sichern konnte. 
1686, nach der Umschreibung sämtlicher Schulden bei der Kirche und beim Spital, taucht er sogar als "Bürger und Schützenmeister" in den Marktrechnungen auf.
1692 wurde ihm, als dem Kötztinger Schützenmeister, vom Landgericht der "Schützenvortl" übergeben. Die ist eine staatliche Beihilfe für die Schützen, um deren finanziellen Aufwand abzufedern.
Für die Anstellung als Kötztinger Breugegenschreiber beim Brauhaus, musste er 300 Gulden als Amtsbürgschaft beim Pfleggericht leiste. Vier Bürger der Kötztinger "Oberschicht" - vom Kammerer bis zum Bierbrauer - stellten sich zusätzlich als Bürgen zur Verfügung.
Anschließend wurde seine Anstellung sowohl vom Rentmeister in Straubing als auch von der Regierung in München bestätigt. HStA München Hofkammerakten Fasz 75-235)

Keser macht Geldgeschäfte mit Wolf Heinrich Nothafft, Graf zu Wernberg und Herr zu Runding.

Im Nothaftsarchiv des Hauptstaatsarchives in München findet sich ein Briefwechsel über ein Geldgeschäft, dass mich zuerst verwunderte, weil die Herren auf Runding als notorisch geldklamm gegolten haben, aber man kann sich täuschen.
Kesers Schwager, Joseph (vermutlich)  Wachter hatte ihm 1500 Gulden zur Verfügung gestellt, die dieser auf 2 Jahre verwahren solle und Keser hatte die Summe dem Grafen Nothafft geliehen.
Nun benötigte Wachter das Geld - er arbeitete in München - um sich einen Bauernhof zu kaufen. (wie vill andre Maines gleichens) und forderte das Geld, mit Münchener Datum vom 5.9.1699, vom "vilgeliebten Herrn Schwager" wieder zurück.
Am 14. September bereits schrieb Paul Keser an den Grafen Heinrich Nothafft in Straubing, weil dieser damals gleichzeitig auch Vizedomb in der Regierungin Straubing gewesen war, kündigte das Darlehen und bat um kurzfristige Auszahlung der 1500 Gulden samt Zinsen um seinem Schwager den Bauernhofskauf zu ermöglichen. 
Briefkuvert mit der korrekten und standesgemäßen Anrede Paul Kesers an den 
Herrn Grafen Nothafft in Straubing Nothafft Lit 436

Doch oh Wunder, und Mitte Dezember konnte Keser in einem mit blumigen Worten über Weihnachtsferien, Neujahrs Grüßen und Wünschen für Gottes reichen Segen beginnenden Brief den Eingang des Geldes in Briefform und mit einer opulent gestalteten Quittungsurkunde bestätigen.
Er bittet seine Excellenz um Entschuldigung für sein verspätetes Schreiben, aber er habe erst nach Straubing senden müssen, um ein Pergament für die Urkunde zu bekommen.
Hier der Kopf der Quittungsurkunde von Paul Franz Keser:
 
 Nothafft Lit 436


In den auch für Kötzting unruhigen und teuren  Zeiten des spanischen Erfolgekriegs  (1701-1714)  finden wir den Marktschreiber Keser, als er  1707 "zur Quartiers Praestationsabrechnung uf Straubing zum Kriegscomissariat dem 8.Juni abreisen und damit 5 Teg vertragen miessen"

Im Jahr 1709 bestätigte Abt Aemilianus vom Kloster Rott, dass der "Edl und Veste Herr Paul Franz Keser Churfürstlicher Preyambts Gegen und Markhtschreiber, dann Closter Rottisccher Probstey und Lechenverwalter zu Kötzting auch Hofmarchsverwalter in Grafenwiesen"  im Jahre 1708 eine korrekte Rechnungslegung abgeliefert hatte. Betrachtet man die Anrede und die Titel, ist das  ganz bemerkenswerter gesellschaftlicher Aufstieg für einen Stadttürmerssohn aus Vilshofen.
Hauptstaatsarchiv München\Rep 92 Verz 8 Fasc 67 Nr. 200 Probstei Kötzting 1600 ff

I)m Jahre 1718 muss sich der "Bürger" Franz Keser, der offensichtlich als Marktlehner auch sein Tafernrecht ausübte vor dem Pfleggericht wegen einer Beleidigung in Schriftform gegen den Braumeister Johann Jauckher verteidigen.
StA Landshut Pfleggerichtsrechnung von 1718

Hans Georg Schwarz Cammerer und Franz Keser Burger beede alhir zu Közting haben sich fräventlich understandten, den alhiesigen Preumaister Johann Jauckher, vermitls aines ihme inn das churfürstliche Preuhaus geschickhten Briefs, ainen redo (mit verlaub) Schelmben zuverschmächen.
Der Spaß kostete die beiden 1 1/2 Pfund Regensburger Pfennige, (umgerechnet so in etwa 300-400 Euro)
Einschub
Es ist sicherlich schwierig bis unmöglich, die damalige Währung in Gulden, Kreuzer und Heller in eine heutige Währung zu übertragen. Herr Ludwig Baumann hat dazu einen Näherungswert erarbeiten, in dem er die damaligen Bierpreise mit den heutigen verglichen hatte. 
Die Rechnung sieht so aus: 1 Maß Bier kostete 3 Kreuzer - 1 Gulden hatte 60 Kreuzer - man bekam für einen Gulden 20 Maß Bier. Nun je nachdem welchen Literpreis im Gasthaus man berücksichtigt, kommt man auf einen Betrag zwischen 7 und 10 Euro pro Liter, was dann einen Umrechnungsbetrag von 150-200 Euros pro Gulden. Eine Umrechnung eines Handwerkertageslohns von 20-25 Kreuzer, also weniger als einen halben Gulden, würde eine ähnliche Größenordnung ergeben.
Aber wie gesagt, richtig vergleichen lässt sich dies nicht.
Einschub Ende

Der vorherige Eintrag beweist, dass der Herr Marktschreiber auch Teil der Kommunbrauer gewesen war und aus dem Jahr 1721 kommt der Nachweis auch seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit. In der Marktrechnung dieses Jahres steht er mit einer Stiftzahlung für das Wuhnäckerl und der Wiese vom Ernsthof.
Die Wuhn war eine Gebäude - inkl einiger Grundstücke - mitten im unteren Markt gelegen und der Ernsthof war wenige Jahrzehnte vorher vom Markt dem Kloster Rott abgekauft und die Grundstücke danach auf die Kötztinger (begüterten) Bürger verteilt worden. Aus dem Ernsthof wurde später die Gärtnerei in Grub.
Der Ankauf des Marktlehens erfolgte noch in einer Zeit, aus der wir keine Briefprotokolle haben, seine Weitergabe allerdings können wir bereits detailliert in diesen nachvollziehen.
Nun denkt Paul Keser an seine Nachfolge und bittet er um die amtliche Zustimmung.  Der Rentmeister in Straubing bestätigt, nach einer erfolgten gutachterlichen Beurteilung von der Hofkammer in München, dass Keser seit 21 Jahren als Brauhausgegenschreiber mit dem Lohn von 35 Gulden und Fünf Viertel Bier angestellt sei. Dieser bat nun darum den Dienst an den Münchener "Stadtoberrichteramtsschreiber Johann Baptist Schreyer" unter der Bedingung zu übertragen, dass dieser seine älteste Tochter "wirklich ehelichen" würde. Auch würde er darum bitten, dass Schreyer dann auch den Posten des Marktschreibers erhalten könne, denn von nur einen dieser Posten alleine könne "ein Beamter ohnedem nit bestehen." 
Die Hofkammer bestätigt beide Wünsche und gibt entsprechende Weisung an den rentmeistre zu Straubing. München den 12.8.1726
Am 25.4.1727 verkaufte er das Marktlehen an den Schwiegersohn und neuen "Preuamts Gegen- und Marktschreiber Johann Baptist Schreyer" um 1600 Gulden.



Johann Baptist Schreyer und Maria Anna


Im Februar bereits hatte der aus Seeling in der Oberpfalz stammende "Hammerherrssohn" Johann Schreyer Maria Anna Keser geheiratet und nun konnte er auch das große Haus am Marktplatzeck in Besitz nehmen. 
Der Besitz umfasste an Grundstücken: "neben denen aigenthümlichen Stücken als dem Akcher im Kroitt  vorneher an den pachmayerischen und neben ihro Gnaden Herrn  Pfleger von Mayer Leithenacker stosent , dann den sognannten  Gehstorfer agger gleich an der farth und Herrn Mayers  Aufschlögers ackher ligent und das sogenannte Egglgartten neben  ainem im Tambach gelegenen äckherl gegen Zeltendorf item die  sogenannte Hauserwisen warinnen ein öder Weyr mit 2 kleinen  Äggerln und die Wässerung von dem Hauserbach darau geführt würdt
Franz Keser behält sich "die Wohnung in dem kleinen und bereits eingerichteten Stibl,  vorhandenes Zünn, Kupfer , Messiggeschirr , Gewöhr Mahlerey  Reittsattl sambt dergleichen zaumb , Sessl und Registraturkassten "
Schulden hat das Anwesen nur sehr wenige, gerade mal "50 fl zum Gotteshaus"  und "80 fl zum Spital"
Die Grundstücke sind gegenüber der Beschreibung von 1654 mehr geworden. Die Besitzer haben also Grundstücke hinzukaufen können.


Hsta Landshuter Abgabe KL Rott B4 1727-1736
Im selben Jahr gings auch schon los mit dem Steuerzahlen, hier die Pfenniggilt an das Kloster Rott

Anders als sein Schwiegervater hatte JB Schreyer mit der Landwirtschafts nicht so viel im Sinn, bzw. keine zeit dazu, jedenfalls findet sich im Jahre 1732 ein Pachtvertrag, in dem er dem Kötztinger Fludermann Johann Adam Greill mehrere Grundstücke auf die Dauer von 6 Jahren verstiftet.
Im einzelnen beinhaltet der Pachtvertrag folgende Grundstücke:
"Den an vertten mit Gersten angebauten grossen Gehestorffer ackher, das mit Sommer Waizen angesehte Claine Äckherl alda ,  sogenannten mit Korn bestandtenen Schuelmaisteracker , nitweniger  den zur Wuhn gehörigen und in der Brach ligenten Ackher neben dem  ingleichen in der Brach liegenten Strohhofäckherl, soforth den  mit Korn angebauthen Dämpfbachackher nitweniger Ruebackher ,  dessen mit Waizen angepauthen Grüberackher , sambt dem mit Korn  besambten Neubichel beim Ernsthof neben denen unterhalb des  Zieglstadtl mit Klee angebauthe 2 Äckherl welches in erst das  obere alhers anvertten  , das unter aber vor 2 Jahren angebauth  worden."
In dieser Auflistung befinden sich einige historische Flutbezeichnungen, die noch nicht "entschlüsselt" sind. Strohhof und Ernsthof beziehen sich auf den bekannten Hof in Grub. Der Rübacker, der Neubichl und der Schulmeisteracker aber sind noch nicht identifiziert.
Zusammen mit "2 Consorten" pachtete JP Schreyer den Gruberbach vom markt an, für eine Pachtsumme von 1 1/2 Gulden, zum Bedauern des marktes, der ausdrücklich vermerkt, dass kein höheres Gebot zu erzielen gewesen war. 

Wie sein Schwiegervater im Spanischen, so hatte er im Österreichischen Erbfolgekrieg seine Lasten zu schultern. Im Jahre 1743 machte gegenüber dem Markt er 10 Gulden an Quartier- bzw. Portionsgelder geltend, um "einen Herrn Wachtmeister zugleich Regimentsadjutanten dann dessen  Knecht 10 Täg in Essen und Trünckhen underhalten". 
Auch wenn er den Aufwand beim Markt geltend machen konnte, so blieb dem Markt dennoch nichts anderes über, als sich die auferlegten Kontributionszahlungen - gleichmäßig verteilt - von seinen Bürgern wieder zurückzuholen.
Im selben Jahr erhält er 54 Kreuzer dafür, "so nach Kambmünster zum Herrn Gerichtsschreiber wegen des Fürst Lobkowitzischen Citation hat raissen müssen"
Die feindlichen Truppen verlangten Portionsgelder, gestaffelt nach dem jeweiligen Dienstrang. 
Wollte oder konnte man nicht gleich zahlen, dann kamen die "Requirierer", die Geldeintreiber" ins Haus und verursachten absichtlich Ärger, Kosten und erzeugten Druck.
Erneut im Jahre 1743 hatte er ungebetenen Besuch von solchen Geldeintreibern im Hause und stellte anschließend seinen Aufwand dem Markt in Rechnung: "die von Herrn Obrist Mandelli mir wegen seiner ausstendigen Portionsgeltern eingelegte Requirer haben am ersten Tag und Nacht in Essen und Trunckh consumiert den andern Tag und Nacht ist an Fleisch Brodt und Prandtwein,  aufgangen 19 Gulden 30 Kreuzer.
Der Marktschreiber war wirklich in keiner guten Position, auch noch 1743 wurde er sogar 1/2 Tag arretiert und "durfte" dabei seine Nahrung selber bezahlen: "Als ich by Herrn Hauptmann Diepold vom Battail. Regt. in Arrest gesessen habe in Trunckh bezahlen müssen"
Im Jahr drauf, 1744, gehts in der Form weiter: "von Seithen des Markts hath vor die zu Playbach campierte königlich Trouppen ein angeschirrtes Pferd zu Vorspann beschafft werden müssen , also hatten Rhate und Ausschuss den Marktschreiber hierzu ein Pferd ad 30 fl sambt dem geschier aberhandelt bey dieser Handelschaft nun ist verzöhrt worden"


Die in Blaibach stationierten Truppen benötigten also ein Pferd un der Markt Kötzting hatte ein solches zu liefern und so "überredete" der Magistrat den marktschreiber, sein eigenes Pferd für 30 Gulden abzugeben. Bei diesen Verhandlungsgesprächen verbrauchten die Teilnehmer fast 3 Gulden  an Speis und Trank.

Diese, oben angesprochene, Verhandlung wurde auch im Kötztinger Verhörsprotokoll von 1744 als "Conclusium" festgehalten, einer der zwei dicken Verhörsprotokolle, die es im Stadtarchiv gibt.

Hier der Wortlaut der Vereinbarung:
 Conclusium

Nachdeme von dem königlich Hunger (vermutlich Ungarisch) und Böhamisch lobl. Graf Dollonisch alhir bequartierten Tragoner Regiments Staab, und Granadier Compagnia, wegen darzue brauchenten Vorspann vill Verordnung der3gestalten entstanden, daß man dessentwillen die Burger nit allein mit scharffer Execution tractirt sondern auch ihnen die Pferd mit Gewalt hinweggenommen hat, als ist mit Herrn Johann Baptist Schreyer Marckhtschreibern, dann Herrn Johann Paul Mackh des Raths und Samuel Luckner Pierpreuen alda, die Sach zu Abscheidung dr allegireten Anordtnung dahin abgemacht und beschlossen worden, daß ieder 1 zusammen also 3 Pferdt sambt ain zuegerichten Wagen dermassen in der bereitschaft halten miessen, daß solche Pferdt auf iemalliges Verlangen in namen des Marktses an den Wagen gespannt und hergenommen werden kennen, wargegen aber solang diser mit 3 Pferden bespannte Wagen gebraucht und aus sein würdt, soll vor iedes Ross teglich 1 fl dan Wagen 20 Kreuzer und iedem brauchenten Knecht ebenfalls 20 Kreuzer ohne einzige Exception bezahlt werden. Im Fall und wider alles verhoffen, wan dre angeregte Wagen mit denen 3 Pferten im verlusst gehen und nit mehr zeruckh kommen wurde, iedes Ross dem gemachten Anschlag gemess ad 35 fl der hergerichte Wagen hingegen Per 17 fl bonifiziert und guetgemascht werden solle. ....

Wie oben eingangs zu ersehen, kamen der Wagen und die Pferde natürlich nicht mehr zurück und die drei "Bereitsteller" erhielten ihren Verlust aus der Marktkasse ausbezahlt. 

Mit den "Blaibacher" Soldaten hatte Schreyer weiter seine liebe Mühe, so bringt er in "Ichform" in die Marktrechnung ein: "Wie ich zu Playbach durch die aldorth campierte Dragoner wegen Beschaffung Fleisch in Arrest genommen worden , hate die Wacht verzöhrt."
Im Januar 1751 erwirbt JP Schreyer von der bürgerlichen Insassin Catharina Finkh "den vom Vater ererbten Hauser Weiheragger oberhalb der Dampfbachbrücke zum Markt hin" um 70 Gulden




Am 5. Februar 1751 schickte der Kötztinger Magistrat eine Petition an die Hofkammer in München, um eine Nachfolgeregelung für JP Schreyer zu erreichen. (Für den Markt war es immer besser, wenn es eine Familieninterne Regelung gibt, denn dann ist für den Rest der Familie idR gesorgt und diese Familienmitglieder fallen nicht der Kommune zur Last.
Der Magistrat möchte also den Sohn Benno Schreyer in die Fußstapfen seines Vaters treten lassen, weil 
1. Schreyer bereits in der Familiennachfolge gestanden sei, auch wenn er zugegebenermaßen nicht blutsverwandt zum Vorgänger Wachter gewesen war. 
2. Schreyer dem  Markt treue Dienst geleistet hatte.
3. Dass die "zuekommende Wittib und deren zu obig jungen MArktschreiber noch habenten 2 Kindern, worunter ein Knab, der ganz krumpp uf die Welt kommen, bey erfolgentem Todtfahl des alten Markhtschreibers Unterhalten werdten" müsste. 

Einschub:
Der Markt war zumindest grundehrlich in seiner Begründung.
Einschub Ende



Der Markt bittet also die Hofkammer um die Bestätigung und das Convent des Klosters Rott dem jungen Kötztinger Marktschreiber auch den Propsteidienst zu übertragen.
Ein Jahr später, am 16.2.1752 verstirbt der Kötztinger Marktschreiber Johann Baptist Schreyer, seine Witwe Maria Anna überlebte ihn um 14 Jahre. Sie folgt ihm im Jahre 1766 nach.
Der Sohn, der junge Marktschreiber genannt, ist also seinem Vater im Berufe nachgefolgt, heiratet am 27.12.1752 Walburga, die Witwe des "tonsoris castrensis" Johann Jakob Gerstl, also die Tochter eines Feldschers. 


Pfarrmatrikal Kötzting Band 14 Seite 146 vom 27.12.1752
Benno Schreyer heiratet Walburga Gerstl

Wir wissen, dass spätestens ab dem Jahre 1765 der Kötztinger Marktschreiber - in diesem Falle eben Benno Schreyer - seine Wohnung im umgebauten Rathaus in der Marktschreiberwohnung nehmen musste. Der Kammerer Luckner hatte diese Wohnung zusammen mit einem einigermaßen Marktarchiv beim Umbau miteingeplant und der Umzugszwang war auch Bestandteil einer Besoldungserhöhung. 
Benno Schreyer wurden jährlich 17 Gulden an Erhöhung zugestanden: "sonderbar ist deme auf underthäniges suppliciern in Ansechung der schlechten Diensterträgnuss und geringer besoldung auf 6 Jahr eine addition von jährlichen 17 fl von gemainer Marktskammer verwilligt worden mit der condition iedoch das derselbe dargegen schuldig und gehalten sein solle die Rathauswohnung alsobald 
zubeziehen und die Registratur in guette Ordnung einzurichten" 
Es geht aus den Akten nicht hervor, wo er in der Zeit nach dem Absterben seines Vaters, bzw, bereits seit dem Zeitpunkt seines Amtsantritts gewohnt hatte.
Das marktlehen jedenfalls geht nicht in seine Hände sondern die Mutter, nun ja Witwe, übergibt das Marktlehen am 5.12.1757  um 1327 Gulden an die Tochter, welche später den Further Stadtschreiber Johann Kaufmann heiraten wird und . 

Johann Kaufmann und Maria Anna


Im Kaufvertrag sind neben dem Marktlehen und den fest zum Haus gehörenden Grundstücken auch die "Aigen Stücke" aufgeführt:
Der Agger im Groith an des Egidius Fischers und Herrn  Pflegskommissars Gründ 
Den sogenannten Gehstorfer Agger gleich an der Fahrt und an  Ferdinand Mayrs Agger 
Das in dem Dampfbach gelegene Äggerl gegen Zeltendorf und an  Qualbert Löckhers Grund stossend
Die sogenannte Hauser Wiese worin die Wässerung von dem Hausinger  Pach mit dem Cammerer Luckner gemeinschaftlich zu nehmen und an  den sobetitelen Luckhnerischen Golthauffen 
Den Stahlen Acker an dem Hausinger Weg
Den sogenannten Hofküffneragger  an des Mickhl Schneiders  Grund stossend

Schulden herein:
Zum Spital 80 fl, dann 50 fl an Elisabeth Gämerin von Zeltendorf, 15 fl an Theresia Altermann, 15 fl an die  Gogeislin zu Grafenwiesen, 15 fl dem allhiesigen Schulmeister Daller, 7 fl dem Messner an Funeralkosten und schließlich 23 fl dem Luckner um Hopfen und andere Abrechnungen.

Für sich selbst bestimmte die Witwe Schreyer: "in dem im heruntern Hausflöz verhandenen Nebenstibl die freye  unvertriebte Herberge"
Auf die Entfernung war der Besitz in Kötzting für die in Furth im Wald lebende Stadtschreiberin Maria Anna Kaufmann wohl zu aufwändig zu organisieren.
Am 28.4.1761 war dann bereits wieder Schluß, die Further Stadtschreiberin verkaufte ihr Marktlehen, zwischen Paul Haselsteiner und dem Sattler Sebastian Frins entlegen, an den Kötztinger Bürgerssohn Johann Georg Auzinger. um 1900 Gulden.
Mitverkauft wurden von den freieigenen Grundstücken nur der Acker im groith undd er Gehstorfer Acker. An Möbeln sind aufgeführt: "2 Disch 2 Süzstühl , 2 Zöchtafeln , 1 Eiserner Höllhafen und 1  blöcherne Röhren, 4 gross und 6 kleine Birvässer"
Ihrer Mutter solle nach wie vor  "in der heruntern Stuben die  Herberge" genießen können
Im Jahre 1763 beteiligte sich der "Beck" Auzinger aus Kötzting an einem Hochzeitsschießen in Blaibach und gewann wohl den Hauptpreis. 
In einem Briefwechsel zwischen dem Rundinger Verwalter Demmerl und seinem Herrn Cajetan Nothafft berichtete der Verwalter dieses nette Detail:

 In dess Ambtmann Fränzl seine Hochzeit habe die Gadan Nännerl von Eur Gnaden geschickt, weil der Gämmerl für seine Person selbst ein Hochzeit Gast gewesen, statt meiner aber ist meine Köchin erschienen. Die Hochzeit ist aus 36 Persohnen bestanden, welche allerdings guett abgeloffen. Tag hierauf wurde ein Schisset gegeben, bei welchem der Beck von Kötzting Auzinger mit Namen das beste gewonnen. 



Johann Georg Auzinger und Magdalena



Schon im August, also 4 Monate nach dem Kauf quittierte Johann Kaufmann den Erhalt von 500 Gulden und im Juni des Folgejahres erneute 426 Gulden. 
Am 6. Oktober 1764 heiratete dann Johann Georg Auzinger, Sohn des Waffenschmieds Auzinger,  Magdalena Pielmeier, die Witwe des Kötztinger Braumeisters.
500 Gulden bringt seine Ehefrau als Heiratsgut mit ein, gleichzeitig muss das Paar aber 530 Gulden den beiden Kindern, die die Witwe ebenfalls mit in die Ehe mitbringt, durch eine Schuldverschreibung als deren väterliches Erbe garantieren. 
Am 16.4.1766 macht die Witwe Schreyer vor den Prokuratoren ihr Testament und darin wird festgehalten, sie hätte "sich in der Ausnahmbswohnung bei guter Vernunft befunden."
Sie stiftet 50 Gulden dem Spital, vermacht ihr Ober- und Unterbett den beiden Töchtern des Marktschreibers und möchte im untern Friedhof begraben werden. Am 23.5., gut ein Monat nach Testamentserrichtung, verstirbt die Witwe Maria Anna Schreyer.

Der Vollständigkeit halber sei hier noch angemerkt, dass ihr Sohn Benno, auch nicht recht viel länger lebte, sein Tod wird mit dem 29.7.1767 festgestellt, seine Witwe dann ein halbes Jahr später. Dieses allerdings lebte und wirkte mittlerweile seit 2-3 Jahren schon in der Marktschreiberwohnung im Rathaus. Die Erbverteilung für die beiden überlebenden Töchter erbrachte einen Überschuss nach Aufrechnung der Schulden herein und hinaus von fast 1900 Gulden und bbeide Mädchen wurden von Kötztinger Familien gegen Bezahlung von jährlich knapp 24 Gulden aufgenommen. 
.
Die Alte Frau Marktschreiberin hatte wohl einen guten Austrag im Hause Georg Auzingers gehabt, der allerdings wohl ein etwas aufbrausendes Gemüt hatte, denn er taucht bei einigen Auseinandersetzungen als Beklagter auf.
1766 hatte er auf dem Bleichanger "die Anna Pfeilschifterin dergestalten mit Schlägen zuegericht", dass daraufhin er lange Zeit den Bader bezahlen musste.
Mit seinem direkten Hausnachbar - uU auch durch den gemeinsamen Hof in teilen verbunden wie heutzutage - rückte er zusammen, als er sich "unterstanden des Paul Haselsteiners Knecht im redo ì
Tungetausfahren mit Schlägen zu überfallen"
Landshuter Abgabe KL Rott B5 1777-1800 Georg Auzinger oben drüber: Max Auzinger sein Bruder
auf der Hausnummer 16, später Joseph Plötz


Im November 1776 verstarb die Wirtin Magdalena Auzinger und im Herbst drauf heiratete der Witwer erneut. Mit seiner Frau Getrude, einer Forstinspektorstochter aus Englmannsberg bekam das Paar dann 8 Kinder.
Seit dem April 1772 befand sich Georg Auzinger in einer finanziellen Ausnahmesituation. Zusammen mit 16 anderen Kötztinger Bürgern hatten sie zusammen mit der Regierung in Straubing einen regelrechten Coup gelandet. Dies konnte nur geschehen, weil die Abwesenheit des damals übermächtigen Kammerers Luckner - er war "in Geschäften" auswärts - ausgenutzt wurde.
Als Luckner zurückgekommen war.
Hintergrund ist, dass der Reitensteiner Hofmarksherr Bartholomaeus von Gehring per Testament den Markt Kötzting als seinen Alleinerben eingesetzt hatte. Gleichzeitig hatte er aber Legate in sein Testament hineingeschrieben, die den Wert der Hofmark bei weitem überschritten. Luckner wollte dieses. für den Markt, schlechte Geschäft nicht annehmen und spielte auf Zeit. Genau dieses "auf Zeit spielen" wollte oder konnte die Regierung in Straubing als die entscheidende behörde nicht mehr mitspielen, weil die (adeligen) Empfänger der Legate dort Druck machten.
Nun gut, ein wenig Hinterzimmerberatung, ein wenig Verhandlung im Dunklen und der Rentamtsschreiber der Regierung ( in der Hierarchie der Regierung in Straubing so in etwa die Nummer 3, nach dem Vizdomb und dem Rentmeister) kündigte seinen Besuch in Kötzting an, verpflichtete die  Bürger von Kötzting zur Versammlung zu erscheinen, ließ diese sich in Listen von Interessenten und Nichtinteressierten eintragen und verteilte die Grundstücke der Hofmark Reitenstein dann an die 16 interessierten Anteilseigner. Diese bezahlten für die Aufteilung der Reitensteiner Gründe zur Hälfte mit eigenem Geld (Schulden wobei die Frauen auf ihre weiblichen Freiheiten verzichten mussten)  und auf Kosten eines großen Kredits bei der Alten Kapelle in Regensburg, abzahlbar vom Markt Kötzting (!)
Dann aber kam Samuel Luckner zurück und ein 25 Jahre langer Prozesskrieg begann, den Luckner aus Zorn und weil er im Vergleich mit seinen Kontrahenten mir nie versiegenden Geldmitteln ausgestattet war ( er rechnet sein Vermögen anlässlich eines Prozesses mit seinem Schwiegersohn auf knapp 64000 Gulden hoch) immer wieder auf neue anstachelte und so verhindern konnte, dass die Käufer aus ihren Anteilen auch nur den geringsten Nutzen ziehen konnten. Im Gegenteil, sie wurden mit immer weiteren Zins- und Prozesszahlungen immer näher an den Ruin getrieben.
Da auch die Frauen ihr Heiratsgut und damit ihre finanzielle Absicherung mit in den Kauf eingebracht hatten, waren diese besonders aufgebracht und schritten dann, für Luckner überraschend und schmerzhaft, zur Tat.
Luckner selbst beschreibt das, was ihm im Jahre 1783 passierte:
vier von diesen burgersweibern stellten sich mir vorwärts zum gesicht, die 5te aber Gertrude Auzingerin mit Namen hunder mir seitwerts und da ich eher alles als dieß vermutheen wollte, viel sie mich auf einam unversehens an. Sie war auch so vermessen und keck, daß sie mich wacker mit der Faust


HStA München GL Fasc 1823
das linke Aug ins angesicht zuschlug: auch so, weil mir dieser Auftritt wider alle Erwartung war, 4 ofder 5 derley Handstreiche angebracht, ohne daß ich ihre rechte Hand mit meiner linken langen konnte: wo mir indessen die Euphrosina Lieblin auf dem Rücken kam und allda mich angrief, die obgedachte Auzingerin 2 bis 4 mal weiters auf mich ins angesicht schlug und sammetliche weiber mit all erdenklichen Schmähungen auf mich losstürmten und mich solang beschüngelten, bis ed endlich meiner Ehewirthin, die in das Mittel trat, dahin brachte, daß diese 5 Weiber fortgegangen sind.


Luckners Frau berichtete dann noch bei der Zeugenbefrageung, dass die Frauen, nachdem sie wieder auf die Straße vor dem Gschwandhof abgedrängt waren, noch weiters ausriefen:"Du Spitzbub , willst und den Reithenstein noch gar abstehlen, auf dem Kirchweg werden wir den noch erschlagen"
In dem Prozess den Luckner danach angestrengt hatte wegen Verletzung des Körpers und seiner Ehre, stellte sich dann heraus, dass die Ehemänner der 5 "Bürgersweiber" allesamt "zufällig und von nichts wissend" auf der Kirchenmauer gesessen hatten.
Den Prozess hatte Luckner übrigens verloren. Die Frauen hatten sich zur Tarnung Zugang verschafft mit der Ausrede, sie wollten Steuern bezahlen - damals ging man mit einem Büchlein und dem Geld ins Rathaus und der Kammerer unterschrieb die Einzahlung - und das Gericht monierte, wie er denn dazu käme, in seinen Privatzimmern Amtsgeschäfte vorzunehmen und lehnte daher eine Verurteilung ab. 
Aus demselben Jahr, in dem Luckner so verprügelt worden ist, kennen wir solch ein "Einschreibbüchel" aus im Staatsarchiv Landshut: sogar mit seiner Unterschrift
links die Unterschriften der unterschiedlichen Kammerer: 1782 Schweitzer - 1783 Luckner - 1784 Kollmayr 1785 dann wieder Luckner
StA Landshut mit der Signatur: Amtsgericht Kötzting 6845   

Im Juni 1796 verstarb der Wirt Georg Auzinger. Noch 1794, mit 69 Jahren, hatte er sich an einer Versteigerung der Vermietung der Marktschneidmühle (heutzutage die Brauerei Lindner) beteiligt, die auf drei Jahre ausgelegt war. Er bekam den Zuschlag zwar nicht, dies zeigt aber wieviel er sich geschäftlich noch zugetraut hätte.
Seine Witwe übergab 1796 das Marktlehen, zwischen dem Weißbäcker Josef Plötz und dem Jakob Frins gelegen, an den erst 17 jährigen Sohn Michael mit dem Zusatz: "sollte der Übernehmer nicht richtig hausen, so könne die Mutter  das Anwesen ohne Rückfrage auch einem anderen Kind geben."
Diese Geschwister aber sind noch viel zu jung:
Maria Anna 14 Jahre 
Johann Georg 10 Jahre 
Joseph 9 Jahre und 
Peter 6 Jahre
Die Summe, für die der junge Michael Auzinger geradestehen muss,  ist beeindruckend: 4300 Gulden.
Die übergebende Witwe Gertrud heiratete einfach hinüber quer über die Straße, beim heutigen Rablwirtshaus hatte Liebl Michael auch bereits übergeben und war im Witwerstand. 
Die Witwe Gertraud Auzinger, nun verheiratete Liebl, lebte noch lange und starb erst hochbetagt mit 88 Jahren im Jahre 1832.

Einschub: 
Eine unerwünschte Schwangerschaft und ihre Folgen:
Barbara Wührin ledige Inwohnerstochter von Raittenstein ließ sich zu verschienenen Johanni von Nikolaus Baumann ledigen Dienstknecht bey der Georg Auzingerischen Gastgeberswitwe zu Kötzting ohne iemands conivenz (=Duldsamkeit)  schwängeren , welches bey ihr das erste Verbrechen ist.
>>>>>> 2 Wallfahrten nach Weißenregen und Schönbuchen mit der Auflage dort zu "beichten und zu legitimieren"
Einschub Ende


Auzinger Michael und Theresa



Es hat den Anschein, als ob der junge Herr Auzinger "richtig" gehaust hätte, denn die Mutter macht die "bedingte" Übergabe nicht rückgängig.
Nach der Übergabe des Marktlehens an den Sohn werden auch separat die einzelnen Anteile an den Reitensteiner Gründen ( der Schwarzwald, der Birkenbergteil, 3 Felder und ein Wiesenteil) übertragen. Luckner ist seit 2 Jahren verstorben und es ist bereits etwas Ruhe eingekehrt im Verhältnis der Steitparteien.
Detail aus der Uraufnahme Blatt von Schonbuchen vom Vermessungsamt Cham
hier deutlich zu sehen die 17 (16+1 1 Anteilseigner hatte für 2 Anteile optiert) Anteile an den Birkenbergen und an den Schwarzhölzern.

Mit den "Schwarzwäldern" am Kaitersberg war es aber wohl nicht sehr weit her, die Wälder wurden viel zu stark und alles andere als nachhaltig genutzt.
Ein eher realistischeres Bild unserer Bergwälder sieht man auf einem Bild vom Kaitersberg, das ich vor vielen Jahren von Frau Anna Schötz in Kötzting erhalten habe, steinige, dürre Abhänge mit spärlichem Bewuchs.


5 Jahre später, möglicherweise musste man damals auch volljährig werden, heiratete Auzinger Michael Therese Dreger aus Kötzting und gründete eine Familie. Therese brachte 2000 Gulden als Heiratsgut ein und er teilt mit ihr das Marktlehen.
.Wie viele andere Kötztinger Bürger war auch Michael Auzinger mit dabei, als im Jahre 1803 die Grundstücke des aufgelösten Priorats versteigert werden musste.
Er sicherte sich um 204 Gulden den kleinen Leithenacker mit 2 1/2 Tagwerk, den großen Kroitacker mit 3 1/4 Tagwerk um 421 Gulden und  den Hammergarten mit 2 1/8 Tagwerk um 159 Gulden.
Nun entstehen in Bayern die ersten Kataster und im Jahre 1811 können wir lesen:   
Michael Auzinger, besitzt ein gemauertes Haus, einen Stall, und eine Fassschupfe und einen Stadel. Der Wert des Gesamtanwesens wird mit 1839 Gulden, der des Hauses alleine mit 1220 Gulden angegeben.
1810 erwirbt er die "Wiese am Goldhaufen" um 168 Gulden vom Markt. Diese Lagebezeichnung ist bis heute noch nicht entschlüsselt, ich verorte diesen Goldhaufen im Bereich des Dampfbaches in Richtung Haus. 
Im Jahre 1810 kommt es zu einem Bieterrennen um den stillgelegten Ziegelofen, das Schlaghaus und en Trocknungsstadel aus dem Michael Auzinger mit angebotenen 54 Gulden als Sieger hervorgeht.
Es fehlt nur noch die Bestätigung durch die "Kommunal Kuratel Behörde des Regenkreises" und so bittet Michael Auzinger um eine schnelle Bearbeitung.
Generalkommissariat des 1. Regenkreises A 423 

... Da nun nach sicheren vernehmen heuer noch mit Erbauung der Eisenfronfest in Közting angefangen werden solle, bey dieser gelegenheit ich viele taschen und Zieglsteine verschleiffen (=Verkaufen= könte..... 
Erst 1812 bekommt er dann die Bestätigung, dass er den Ziegelofen als sein "bodenzinsliches" Eigenthum betrachten dürfe.

Einschub:
Überraschende nette Zufallsfunde von der großen Auzinger-Verwandtschaft:
Im Jahre 1826 erhält Aliuis Auzinger 14 Gulden für die Planierung des Platzes an der Blaibacher Straße (heute die Bahnhofstraße) wohin die "Nepomukstatur" gestellt wurde.
Und Auzinger Paul - kurzzeitiger Besitzer auf dem Nachbaranwesen Hausnummer 18 - bekam 1827 , als der Minister von Armansperg in Kötzting zu Besuch weilte, 48 Kreuzer für sein "Schießen und Pöllern bey Ankunft des Ministers"
Einschub Ende





Rötzer Georg und Anna





Am 18. Februar 1728 heiratete der, gerade aus dem Militärdienst entlassene Neukirchener Bäckerssohn Georg Rötzer Michael Auzingers Tochter, Anna, und übernahm dann auch das Anwesen und brachte auch gleich wieder die Gastwirtschaft und die Ziegelei in Schwung. 
Im Jahre 1829 bewirbt er sich erfolgreich darum, das Grundstück des Ziegelweihers zu erwerben.

Anfrage an das Gremium der Gemeindebevollmächtigten, damals eine Art von 2. Kammer, die immer befragt werden mussten über den Antrag des Georg Rötzer:
b) des Georg Rötzer Bürgers und Ziegelofeninhabers, um Bewilligung, daß er den Ziegelweihergrund einebenen, in Cultur legen und als Eigenthum besitzen und nutzen dürfe....

Im Jahre 1841 reicht er einen Bauplan ein, um einen Neuen Ziegelofen mit Trocknungsstadel zu bauen. Dies macht Sinn, weil er ja vorhatte unter seinem Anwesen den großen Sommerkeller zu erbauen, dieses Kellergewölbe ist vollständig aus Zoegelmauerwerk errichtet.
Doch zuerst einmal der Ziegelofen:
StA Kötzting AA VI/82


Zum besseren Verständnis, hier meine eigene Legende:
A: ist der Zugang von der Wurmhöhe/Hafnersteig.
B: ist das damalige Wohnhaus des Hastreiters, heutzutage Dr. Ellmann
C: ist die Ziegelgasse, (daher auch der Name)
E: ist der wohl mittlerweile aufgefüllte Ziegelweiher mit dem neuen Bauvorhaben in der Mitte.
F: auf diesem Grundstück steht heutzutage das Anwesen Siegfrid Kolbecks
Einschub
G: dies sind die handschriftlichen Notizen meiner Mutter, Frau Inge Pongratz, auf der Kopie des Planes, die sie für mich von allen ihren besonderen Funden im Stadtarchiv gemacht hatte. Ohne ihre Mithilfe und jahrzehntelange sorgfältige Dokumentenbearbeitung hätte ich diese Häuserchronik noch lange nicht beginnen können. Bei der Bearbeitung dieser Chronik und bei der Arbeit im Stadtarchiv am Schreibtisch, der ja lange Zeit auch der ihrige gewesen war, komme ich täglich mehrmals über Spuren ihrer Archivarbeit.
Einschub Ende

Die moderne Wissenschaft und die medizinischen Fortschritte erreichen auch Kötzting und das Rötzersche Gasthaus wird dafür bezahlt, einen Raum für die Impfungen zu heizen und zur Verfügung zustellen. 4 Gulden bezahlt der Markt ihm 1835 dafür. 

Offensichtlich baut Georg Rötzer ein florierendes Gasthaus auf und benötigt dringend bessere Lagermöglichkeiten. Aus diesem Grunde beauftragt er den Kötztinger Marktbaumeister Hummel (für diesen Posten wurde das heutige Kamplmacherhaus von Samuel Luckner errichtet) nicht nur den Plan für den Ziegelstadel sondern auch die Ausführung eines neuen großen Sommerkellers zu erledigen.
Im Jahre 2016 interessierte sich die Mittelbayerische Zeitung unter der Rubrik "Geheime Orte" für Kötztings Unterwelt und zusammen mit dem Reporter Daniel Haslsteiner und dem Kamerateam sind wir in meine Kelleranlage abgestiegen.



Im Rahmen einer Führung bei einer historischen Nacht begleitete mich unser Fotograf aus der Nachbarschaft, Herr Erich Stauber, und konnte mit seienr Profiausrüstung endlich einmal den Keller ablichten, dass der Raum auch erkennbar wird. Mit meiner Ausrüstung kamen immer nur schwache Ergebnisse zustande.
Hier also die Bilder von Erich Stauber: (ich habe sie wegen des Blogs sogar verkleinern und damit qualitativ sogar verschlechtern müssen)

Bild 1

Bild 2

Bild 3

Bild 4


Im Jahre 1992 erforschte und vermaß  der Dipl. Berg. Ing. Walter Schneider aus Zwiesel, in Kötzting im Kuraufenthalt, die Kötztinger Keller und so verdanken wir ihm eine äußerst wertvolle Plansammlung von Kötztings Unterwelt.
Im folgenden Plan meiner Kelleranlage, habe ich die Standpunkte des Fotografen eingezeichnet, um ein wenig Orientierung zu bieten.


Der oberste Keller, mit der Bildbezeichnung 4, mit einer Länge von 17 und einer Breite von 4,20 Metern, ist derjenige, den Georg und Anna Rötzer im Jahre 1842 erbauen haben lassen. Zu diesem Zweck haben sie natürlich ihren Ziegelei gut brauchen können, noch dazu weil sie ja viel weitergehende Pläne hatten, doch dazu später.
Einschub
Der Keller diente bis in die jüngste Vergangenheit als Partykeller der Familie, so ca. um 2008 sollte die letzte stattgefunden haben. Vermutlich muss erst wieder die nächste Generation heranwachsen, bis sich jemand wieder die Mühe macht, dort unten eine Feier anzurichten.
Einschub
In diesem Keller feierte ich in den 70er Jahren immer am Vorabend des Wandertags vom ersten Mai, um von dort aus, nach mit Freunden durchgefeierter Nacht, dann auch noch zusammen mit diesen den 20 km Marsch - mit den damals für Männer gerade hochmodernen Plateauschuhsohlen - durchzustehen. Wenn man jung ist kann man das noch.
Zu dieser Party im April 1975, stieß dann der frisch gewählte Pfingstbräutigam Wolfgang Ludwig mit seiner Truppe hinzu und ich ließ mich dazu überreden, dort unten meine Burschenprobe für die Aufnahme zum Burschenverein zu machen. Wenige Wochen später stellte sich dann heraus, dass diese ungültig gewesen war und ich durfte an der Pfingstkneipe 1975 diese wiederholen.
Einschub Ende


Auf dem obigen Bild 3 erkennt man links an der Wand eine Marmortafel.
Hier die Frontalaufnahme. Man erkennt gut den qualitativen Unterschied der eingesetzten Fotoapparate.

Vor der Bauphase hatte Georg Rötzer offensichtlich eine Vereinbarung mit seinem Oberlieger Münsterer getroffen, um dessen Sommerkeller nutzen zu dürfen. Offensichtlich waren dabei auch Zahlungen vereinbart worden, weil Münsterer nun Georg Rötzer vor den Magistrat brachte.


Am 11. April 1844: belangt Johann Münsterer Bäckermeister (Hausnummer 18) den brauenden Bürger Georg Rötzer (Hausnummer 19)  beim Vermittlungsamte deshalb weil ihm der Letztere für Überlassung des Sommerkellers zur Lagerung des Sommerbieres aus zwei Jahren den Pachtschilling haftet. Nachdem sich aber Georg Rötzer zu keiner Zahlung herbeilassen will, konnte kein Vergleich erzielt werden. 
1842 wird angeordnet den Pferdebedarf sicherzustellen im Falle einer Mobilmachung. Es wird eine Liste aller Pferde erstellt, die für die leichte und schwere Kavallerie geeignet wären und auch das Alter der Pferde relevant.
Viele Pferde gelten als nicht tauglich und als zu jung, sie sollten mindesten 4 1/2 Jahre alt sein.
Gerade mal 4 Pferde Kötztings wurden als geeignet gefunden, davon ein jeweils leichtes von Georg Rötzer und Ignaz Schrank. 
Bei der Einführung der Geschworenengerichte in Bayern werden jährlich neue Listen aufgestellt und auf der Hauptliste findet sich auch Georg Rötzer.
Nun, anch der Einführung der Impfung (vermutlich die Pockenimpfung) an Menschen ging es mit der Seuchenkontrolle weiter, nun war es die Überwachung der Hundetollwut, in die Rotzer miteinbezogen worden war. Verpflichtende jährliche "Hundevistitationen" wurden durchgeführt und auch Hundemarken eingeführt. Im Akt AA IX/ 75 im Stadtarchiv steh, dass 126 blecherne "Zeichen" bestellt wurden. Jedes Jahr war Visitation, und genaue Verzeichnisse der Hunde und Besitzer wurden geführt. Der Wasenmeister (Abdecker Schillinger von Waidt), Gemeindediener und ein Mitglied des Magistrats gehen von Haus zu Haus.  Ab 1855 müssen die Hunde im Gasthaus Rötzer vorgeführt werden und von Viechtach stößt der Tierarzt Schardtner hinzu. .
Paursche Chronik: Auch das Gasthaus des bräuenden
Bürgers Georg Rötzer - dessen Gattin allgemein
"Frau Bas" genannt, eine gemüthliche biedere
Bürgersfrau war, wurde gerne besucht.

Carl von Paur benennt zwei Gasthäuser, in denen in Kötzting eine besonders innige Verbindung von Einwohnerschaft und Beamtentum herrschte, das Rötzersche und das Schrancksche Wirthaus. Aus dem Jahre 1843 kennen wir den Versuch einer Vergleichsverhandlung. Mit dabei ein Schrank junior und das Rötzersche Wirtshaus.
"AA VIII/12
Georg Costa bürgerlicher appr. Chirurg und Geburtshelfer sowie Scribent bei dem hiesigen königlichen Landgericht, tritt bei dem diesseitigen Vermittlungsamte gegen den Bierbrauerssohn Georg Schrank zu Kötzting deshalb klagbar auf, weil dieser Letztere im Gasthause des bräuenden Bürgers Georg Rötzer am 9. dies Monats Abend in Anwesenheit nehmerer Gäste die Behauptung aufgestellt habe, dass er, Georg Costa nur gegen Honorierung von Seite der Parteien seine Amtsgeschäfte bei dem k Landgericht dahier verrichte, und dass er Schrank ihm auch einen Kronentaler gebe, wenn er einen mit Josef Dachs Bauer von Weißenregen abgeschlossenen Kaufvertrag sogleich auf ihn verbriefe. Diese 
Behauptung der Bestechlichkeit oder unerlaubter Geschenkannahme könne er Kläger sich durchaus nicht gefallen lassen und stellt die Klage dahin, dass der Beklagte sofort die ausgestossenen Behauptungen zurücknehme, sofort Abbitte leiste, sowie alle entstandenen Kosten bestreite. Georg Schrank bräuender Bürgerssohn von Kötzting der an ihn ergangenen mündlichen Vorladung zufolge persönlich erschienen, erinnert auf vorstehende Klage: 
Ich will nicht widersprechen, dass ich die von dem Kläger angegebene Behauptung  resp gemachte Zusicherung eines Geschenkes von einem Kronentaler gegen Georg Costa gemacht habe, muss jedoch den ersteren Klagepunkt in Abrede stellen, dagegen habe ich auch die andere Behauptung nicht injurierend gegen Georg Costa gemeint sondern solche nur im Spasse ausgestossen. Nachdem unter diesen Verhältnissen eine gütliche Beilegung der Sache nicht erfolgen konnte, so leitet Kläger eine Ausfertigung des Klagsattestes zur Verfolgung seiner Rechte auf dem civilen Rechtswege." 

Im Jahre 1847 stellt Rötzer Georg einen Antrag auf "Conzessionierung als Bäcker und Tafernwirt". Johann Münsterer, der Nachbar,  ist versteigert worden und, Rötzer hat Anwesen für 4419 Gulden zugeschlagen bekommen. Das Anwesen wurde mit dem daraufliegenden realen Bäckergewerbe, Communbraurecht und Tafernwirtschaft gerichtlich "adjudiciert". Nun wird auch von Seiten des Magistrats die Genehmigung erteilt.
Da in Kötzting auf allen  Marktlehen seit Jahrhunderten das reale Tafern- und Braurecht lag, brachte der Erwerb des Nachbaranwesens für Georg Rötzer und seine Frau in dieser Hinsicht keinen zusätzlichen Vorteil.  Also trennten sie sich - auf 30 Jahre festgelegt - von diesem Recht welches auf dem Münsterschen Anwesen lag und verkauften dieses - mit einer Rückkaufoption - an den Kötztinger Kupferschmied Joseph Ertl für 400 Gulden. Diese Rückkaufoption war wichtig, eil es den Wert des Nachbaranwesens im Falle eines Verkaufes eindeutig beeinflussen konnte. Ein Marktlehen hatte einen höheren Wert als ein Haus ohne diese Rechte.
Derselbe Kupferschmied hatte bereits 2 Jahre vorher versucht, sich ein Braurecht zu sichern und zwar vom Wagner Stauber (Hausnummer 16). Dabei hatte er jedoch übersehen, dass das Stauberanwesen nur eine Sölde war, und diese daher nur ein eingeschränktes Brau- und gar kein Tafernrecht beinhaltete. Zwei Jahre später hatte er nun Erfolg. Besonders interessant ist hier, dass der "Kesselverwalter", welcher Ertl damals den Zutritt zum Brauhaus verweigert hatte ausgerechnet Rötzer hießs. 
Schon ein Jahr später wollte Rötzer die nächste Schraubenumdrehung ansetzen: er stellte den Antrag aus der Kommunbrauerei auszutreten und bat um die Erlaubnis, ein eigenes Brauhaus errichten zu dürfen.
Seine Brauereiplanung war bereits so weit fortgeschritten, dass er einen Bauantrag stellen konnte.

StA Landshut Rep 164-8 Nr. 963 



Das ist der Teil der Hausfrotn, die durch das Brauereivorhaben umgebaut worden wäre.

Hier der Schnitt durch die geplante Brauerei, mittig ist die Hofeinfahrt zu sehen und links
der oberste Teil der 2(3) stöckigen Kelleranlage, 






Im Lageplan des Bauantrages sieht man, dass Georg Rötzer die beiden Marktlehen 18 und 19 zusammengezogen hat zu einer einzigen Einheit. 
Einschub
Aus dem Jahre 1863 finden wir einen Antrag um Wasseranschluss am "Rötzerschen Brunnen" durch den Nachbarn Ignaz Decker, dessen Begründung uns die damaligen Probleme zeigt: Decker möchte eine Wasserleitung zu seinem Anwesen vom Rötzerbrunnen legen lassen, weil es am Brunnen immer "Streit der Knechte und Mägde um Wasser für das Vieh zur Futterzeit" gäbe. Deckers Antrag wurde aber abgelehnt. 
Einschub Ende

Im Jahre 1863 erhielt Rötzer einen Brief vom Magistrat, weil der Nachbar Osl sich dort beschwert hatte. Die Angelegenheit ist für mich so kurios, dass ich sie hier - auch wenn die Urasche vom haus mit der Nummer 18 ausging, noch einmal erwähne:

Beim Kötztinger Bürgermeister Kollmeier  und Marktschreiber Grasenauer erschien am 5.2.1863 Johann Mühlbauer und trägt vor: AA XIII/24
Georg Rötzer (Hausnummern 18+19, wobei es sich hier um das Haus mit der heutigen Hausnummer Marktstraße 30 handelt) bürger von hier hat den Forstgehilfen Sai(?) in logie und dieser öffnet täglich das hintere Fenster so daß seine Hunde auf dem Dache meines Wohnhauses in der Art herumlaufen, daß die Legschindeln herunter lesten(?)
Mir regnet es daher ein, ich habe einen Schaden im Hause und fortwährend Reparaturen am Dache.
Ich bitte den Hauseigenthümer Gg Rötzer hievon zu verständigen und denselben zu beauftragen diesen Unfug abzustellen, ausser dessen dieser Gegenstand weiter verfolgt werden müsste.
Der Magistrat verfügte daraufhin:
Ist der Hauseigenthümer Georg Rötzer zu beauftragen die Fenster gehörig zu vergittern oder diesen Unfug auf andere Weise abzustellen, ausser dessen Anzeig bei gericht erstellt wird oder eine Ungehorsamsstraf verfigt werden müßte.

Wie munter es im Rötzerschen Gasthause von Zeit zu Zeit zuging, kennen wir aus einem Polizeibericht vom 18.Mai 1865.

In der Nacht vom 15. auf 16.ten d.M. dauerte das Lärmen der zechenden Burschen bei Georg Rötzer bis Morgens 1 Uhr ohne daß sich ein Polizeiorgan sehen ließ und würde vermuthlich noch länger gewährt haben, wenn man nicht von Distriktspolizeiwachen abgestellt hätte, was die Wirthin Rötzer als eine Beeinträchtigung in ihrem Gewerbe aufzufassen schien. Man erfuhr, daß der Magistratsdiener um 11 Uhr abschaffte (=Sperrstunde ausrief), aber später nicht wieder erschien. Ein solches verhalten gibt zwar das Ansehen, als hätte man seine Schuldigkeit gethan, läßt aber den Weithen und Nachtschwärmern recht freie Hand. 

Einschub:

Im selben Akt, in dem sich das Bezirksamt Kötzting über die Burschen beim Rötzer beschwert, findet sich eine von Carl von Paur an den Markt geschriebene Beschwerde, die zeigt, dass viele Kötztinger Bürger ihren "Unrath" - wir wollen jetzt gar nicht sooo genau wissen, welchen er meinte - einfach auf die Straße kippten. 

Man vernahm, daß in der Nähe des Communbrauhauses dahier zu Nachzeiten öfter Schüße fallen, zu manchen Zeiten soll von verschiedenen Personen an vielen orten selbst weit über Mitternaqcht hinaus gezecht werden; Morast findet sich in Massen auf den Straßen, und alteingewurzelten Unfuges gemäß wird noch aus manchen Häusern Unflath auf die Gassen geschüttet, obwohl gerade jetzt zur Aufrechterhaltung der Gesundheit überall größte Reinlichkeit herschen soll......


Einschub Ende





1867 Der Marktbrand: 


StA Landshut Rep 164-8 Nr. 1570 Der Brand in Kötzting
 Eine Woche vor dem Pfingstfest kam es im Markt Kötzting wieder einmal zu einer Brandkatastrophe. Georg Rötzer, dessen Anwesen auf der Straßenseite stand, die nicht direkt betroffen war, hatte nur indirekt unter den Folgen zu leiden.
In der amtlichen Schadensaufstellung steht unter der Hausnummer 19:

Georg Rötzer br. Bürger und Ökonom.

das zweistöckige Wohnhaus an der Marktstraße von Stein erbaut und mit Legschindeln bedeckt. 2. die angebaute Ökonomiegebäude, theils von Stein, theils von Holt erbaut und mit Legschindeln bedeckt.
Befund
1. Auch dieses Gebäude hat an dem Legschindeldache durch die Löschversuche gelitten, welche umgedeckt und theilweise mit neuen Schindeln versehen werden muß.
2. Die letzeren haben nicht gelitten

Natürlich findet sich Georg Rötzers Name auch in den Listen, die "zweckgebundenen" Wallfahrten nach Arnbruck, Schönbuchen und Furth im Wald. Auch dem heiligen Sebastian wird eine Messe gelesen, er soll vor epidemischen Krankheiten schützen. Ob dies in direktem Zusammenhang mit den von Carl von Paur - im Einschub oben - angesprochenen besonderen momentanen Gesundheitsgefahren steht, kann ich nur vermuten.

Der Sedanstag:

Am 30.08.1876 soll der Sedanstag feierlich begangen werden und auch dafür ist der Rötzersaal gut genug. In dem Akt heißt es um 1/2 9 Uhr Aufstellung vor dem Rötzerhause , hinach Kirchgang und
Gottesdienst.  Abends 7 Uhr musikalische Unterhaltung im Rötzersaale.                          



Schon im Jahre 1872 war Frau Anna Rötzer - die von Carl von Paur als "Frau Bas" betitelte gute Seele des Hauses - im Alter von fast 67 Jahren verstorben und das Zeitalter des überaus aktiven Gastwirts und Brauers Georg Rötzers neigte sich ebenfalls dem Ende zu.


Die Unterschrift Georg Rötzers



 

Rötzer Georg und Babette



Am 28.1.1880 verstarb im Alter von 75 Jahren der Witwer und Ausnahmsbrauer Georg Rötzer. 7 Jahre vorher - nach dem Tode seiner Frau - kam der Kötztinger Notar Emmeram Widmann ins "Rötzersche Gasthaus" (=Hanr 19) um dort im ersten Stock das Testament Georg Rötzers aufzusetzen.
In diesem Vertrag übergibt Georg Rötzer seine Kötztinger Anwesen an den Sohn Georg Rötzer, der zwei Jahre später Babette Schreiner heiraten wird. 
In dem Vertrag wird auch geregelt, wo Georg Rötzer seine alten Tage verbringen wird.
... Zur Wohnung und Benützunge erhält der Vater auf seine Lebenszeit in unentgeldlicher Weise das Zimmer gegen die Veitskirche im ersten Stocke über eine Stiege mit daran stoßendem Alkofen (= Schlafkammerl), dann die Küche hirbei und die beiden Zimmerl oberhalb genannter Räumlichkeiten, auch ein Zimmer neben erwähnter Küche, darf der Vater Gegenstände aufbewahren....und sind jetzt sogleich von demselben (=Sohn= an den fenstern des Wohnzimmers und des Alkofens Winterfenster anzubringen, auch darf der Vater den Keller im Münstererhaus mitbenutzen.
... nach dem Tode des Vaters sollten die ledigen Töchter die linke Erdgeschosswohnung erhalten, in dem Umfange wie es im Moment die Familie Guglhör bewohne.

 Angesichts all der Lasten, Grundschulden und Verpflichtungen ist es nicht verwunderlich, dass, kaum dass Georg Rötzer verstorben war (1880), man die Sparkasse als Besitzerin im Grundbuch findet. 
Ab 1873 waren es noch der Sohn Rötzer Georg und seine Frau Babette Schreiner
Von da an gings zuerst munter weiter, ein Besitzer folgte dem nächsten, die beiden Nachbarhäuser 18 und 19 gingen für längere Zeit nun wieder getrennte Wege. 
Von Rötzer Georg, als er noch nicht verheiratet gewesen war,  hat sich noch eine Kleinigkeit erhalten. In den Feuerwehrakten von 1870 (AA XIII/51) gab es eine "Beschwerde über Rötzer Georg jun. Es ging um die  Rückgabe von Feuerwehrgurten. Auf Nachfrage reagierte er mit Beschimpfungen und Grobheiten. Weiter hieß es zu diesem Vorgang : "Rötzer Georg junior sei ortsbekannt für Grobheiten und sei  patriotisch erzogen." Was nun das eine mit dem anderen zu tun hat, entzieht sich meiner Vorstellungskraft. 


Karl Xaver und Johanna

Wie oben angemerkt ersteigerte die Kötztinger Sparkasse das kombinierte Anwesen 18 und 19 und teilte dieses auf. Bei dieser Aufteilung "scheint" es dann auch zu dem neuen Zuschnitt der beiden Grundstücke gekommen zu sein, den wir heutzutage kennen. Bis zur Vereinigung der beiden Häuser durch Georg Rötzer waren die Grundstücke annähernd gleich groß und verliefen, wie in Kötzting üblich, in der Breite der Häuservorderfront gerade  nach hinten.

Noch im Jahre 1881 gibt die Sparkasse das Haus Nummer 19 an Weber Josef und Theresia aus Oberfaustern weiter um 27900 Mark. Nach Abtrennung (=Verkauf) mehrerer Grundstücke wechselte das nun verkleinerte Anwesen dann im Jahre 1896 um 20200 Mark den Besitzer, nämlich Xaver und Johanna Karl aus Blaibach.

Xaver Karl stellte im Juni 1896 einen Antrag auf eine Gastwirtschaftskonzession und aus diesem Vorgang erfahren wir einiges vom Haus und dessen Zustand. Mittlerweile ist zwar immer noch das Tafern- und Braurecht die Grundlage aber zusätzlich ist das Bezirksamt eingeschaltet darüber zu entscheiden, ob der Wirt die persönliche Eignung hat und ob und das Gebäude den bautechnisch und feuerpolizeilichen Vorschriften entspricht. (Bezirksamt-Landratsamt Kötzting Rep 164-8 Nr. 4754)

Der Bautechniker kommt zum Schluss: "daß die fragliche Wirtschaftslokalitäten den Anforderungen entsprechen dürften da die Einrichtung und Ausstattung so beschaffen sind, daß dieselben keinen Anlaß zu einer Erinnerung geben. Genügende Räumlichkeiten zur Fremdenbeherbergung und in entsprechende Ausstattung sind vorhanden, dagegen sind Lokale für Tanzmusik größere Versammlungen oder öffentliche Lustbarkeiten nicht vorhanden, da der seitherige Tanzsaal zum nebenliegenten Wohnhaus wegverkauft ist. Genügende und gehörig abgesonderte Wohnräume für den Gesuchsteller sind vorhanden.
Stallung für fremde Pferde oder Großvieh zum Einstellen ist ebenfalls vorhanden

Die bedeutet, dass der damals bekannte "Rötzersaal" sich im Nebenhaus befunden hatte, bzw. Georg Rötzer seine kombiniertes Anwesen als Gesamtheit ausnutzte. 

Die feuerpolizeiliche Beschau ergab dann folgenden Befund: ".... daß in baupolizeilicher Beziehung Bedenken nicht vorhanden sein dürften, da die Stallungen eingewölbt und das Mauerwerk keine Mängel zeigt. Die auf den Stallungen vorhandenen Getreide und Fruchtspeicher geben in baupolizeilicher Beziehung zu einer Erinnerung keinen Anlaß, dagegen sich die Dachungen, Wandungen, Stiegen, Gallerien und Gänge sämtlich aus Holz und vom feuerpolizeilichen Standpunkt aus immerhin als bedenklich zu bezeichnen, da jedoch das ganze Häuserviertel dorten feuergefährlich bezeichnet werden muß und diese zum Karlschen Anwesen gehörige nicht feuersichere Gebäudetheile zum Ökonomie-Betrieb nicht aber zum Wirtschaftsbetrieb verwendet werden so dürfte von einer feuersicheren Herstellung Umgang(?) genommen werden."

Der Bezirkstechniker Bauer hatte eine leicht prophetische Gabe, doch dazu später.
 Bei der Beurteilung seiner persönlichen Eignung kam nur eine Hafstrafe von einem Tag wegen groben Unfugs zutage.

Die Nachbarswitwe und Vorbesitzerin Babette Rötzer unterschrieb, dass sie auf ihre Konzessionsrechte verzichten würde. 


Auf einem Bauplan des neuen Besitzerpaares Johanna und Xaver Karl - aus Blaibach-  ist bei einem Bauplan zu erkennen, dass bereits 1896 der größte Teil des Innenhofes dem Haus mit der Nummer 19 zugeordnet worden war. Für mich weiter noch interessant, dass auf dem Hause 18 noch Frau Babette Rötzer als Besitzerin erwähnt war, diese war in den Grundbüchern aber bereits nicht mehr als solche erwähnt., hatte aber vermutlich das Wohnrecht auf Lebenszeit in der Wohnung, die ihrem Schwiegervater verschrieben war.

Lageplan der Bauplanmappe über den Anbau des Xaver Karl.
Hausnummer 18 noch als Wohnhaus der Barbette Rötzer bezeichnet.
Der Kreis markiert den Bereich des Neubaues
Der zweite Pfeil zeigt uU einen Schuppenanbau des Georg Rötzer an der Vorderfront. Im Stadtarchiv findet sich ein Bauantrag  (aus dem Jahre 1839) für einen solchen, der allerdings abgelehnt worden ist. Aber ein Bisschen was geht und ging offensichtlich immer. 




Das wäre der Anblick des Nebengebäudes, angelehnt an die Mauer zum Osl

Weil ein Teil des Gebäudes auf Grund der Barbara Rötzer zu stehen käme (oder gekommen ist)
ist immer der linke Teil des Neubaus für diese reserviert. Ein Wohnzimmer und eine heizbare Kammer
sollen wohl für für ein Hinterhofambiente sorgen.

EIne massive Erdgeschossbebauung mit Tonengewölben

Lagermöglichkeiten im ersten Stock für beide Nachbarn

Vermutlich ist es nicht einmal in Ansätzen  zu diesem Neubau gekommen, denn noch im selben Jahr kaufen Kermer Alois und Theres aus Flamried das Haus. Der Kaufpreis lag bei 22250 Mark. 




Kermer Alois und Kreszenz


Auch er musste sich den neuen Gegebenheiten stellen und beantragte seine Gastwirtschaftskonzession. 
Am Befund er gebäulichkeiten hatte sich nicht geändert, nur seine persönliche Eignung ist hier etwas interessanter. Sein Auszug aus dem Strafregister ist bemerkenswert. (Bezirksamt-Landratsamt Kötzting Rep 164-8 Nr. 4754)

Zählt man alle Strafen zusammen, dann verbrachte er fast 3 Jahre hinter schwedischen Gardinen
wegen Körpervderletzung, Berufsbeleidigung, Unfug, Sachbeschädigung und Betrug.

All dies war wohl für die Ausübung als Wirt für den Magistrat nicht relevant und so erteilte dieser dem Wirth Alois Kermer am 9.10.1897 die Gastwirtschaftskonzession.



 







Der letzte große Marktbrand in Kötzting


Aus der Festschrift der FFW Kötzting zu deren 100jährigem Bestehen kennen wir einen Bericht des Brandes vom April 1899, der auf einem Artikel des Kötztinger Anzeigers beruht. Diese Zeitung wurde im Jahre 1899 gegründet, leider sind nur die Bände ab dem Jahre 1900 in München überliefert.:

"Am 15.April brach in den Ökonomiegebäuden des Alois Kermer (Oberer Markt) Feuer aus, welches sich so rasch verbreitete, dass trotz der sofortigen Hilfe von 18 Feuerwehrender ganze zusammenhängende Gebäudeblock und die daneben liegenden Gebäude einem Flammenmeer glichen. Abgebrannt sind 7 vollständige Anwesen mit 27 Gebäuden, außerdem noch sieben Stallungen und Städel. Durch den Brand und die Löscharbeiten sind im ganzen 23 Anwesensbesitzer mit 52 Gebäuden geschädigt worden, auch zahlreiche Inwohnersleute verloren ihre ganze Habe. Der Gesamtschaden beträgt ca. 400.000 Mark, welcher Summe nur eine Brandversicherung von 75.000 gegenübersteht. Leider ist auch der Verlust von 2 Menschenleben zu beklagen. Unmittelbar an der Ausbruchsstelle befand sich, in die Ökonomiegebäude eingebaut und durch einen hölzernen Gang mit dem Hauptgebäude verbunden, die Schlafkammer der Bäckergehilfen Andreas Holzapfel,18 Jahre alt von hier und Lorenz Rottenfusser,15 Jahre alt, von Hebertshausen. Diese wurden durch den Rauch betäubt und verbrannten. Erst am andern Tag gegen 5 Uhr konnten an der fraglichen Stelle Nachforschungen angestellt werden, da der Platz mit glühenden Steinen und brennenden  Holzteilen überschüttet war. Nach dreistündiger harter Arbeit gelang es , die gänzlich verkohlten Leichen auszugraben.

Ein Dienstmädchen, welches im oberen Stocke schlief und vom Rauche bereits betäubt war, wurde von dem Steigerzugführer und Sekondleutnant der Reserve Karl Lindner von hier unter Beihilfe der Steiger Franz Xaver Aigner, Schreinermeister von hier, und Heinrich Pongratz, Schreinermeistersohn von hier, unter eigener großer Lebensgefahr aus den Flammen geholt.

Die Entstehung des Brandes ist noch unbekannt, doch wird Brandstiftung vermutet.
Der Steigerzugführer Karl Lindner wurde für seinen Einsatz mit der Bayerischen Lebensrettungsmedaille ausgezeichnet."

Interesant ist, welche Aspekte der Brandnacht der Chamer Zeitung aufgefallen ist. Deren EIndrücke sind nicht sehr schmeichelhaft für die damalige Kötztinger Feuerwehr.

"Cham, 17. April. 1899

In nicht geringen Schrecken wurden am Samstag Nacht gegen 11 Uhr die Bewohner unserer Stadt versetzt als sie durch Feuersignale des Türmers und der Feuerwehr aus dem Schlafe geweckt wurden. Glücklicher Weise war durch eine am Himmel weithin sichtbare Brandröte sogleich bemerkbar, dass der signalisierte Brand auswärts sei und bald darauf lief auch schon von dem benachbarten Markte Kötzting ein Telegramm ein, welches besagte, dass der halbe Markt in Flamen stehe und Hilfe dringend erbeten wird. Auf verlangen wurde eine Lokomotive mit einigen Wägen hier hergeschickt welche um ½ 1 eintraf und schon einige Minuten später dampfte ein Extrazug von hier ab, der mit über 30 Feuerwehrmännern und ebensoviel Zivilpersonen besetzt und mit zwei Feuerspritzen beladen war. Bei Ankunft desselben bot sich ein trauriges Bild, ein ganzes Häuserviertel mit Hintergebäuden, Stallungen und Scheunen war von dem Feuer ergriffen und zum großen teil schon eingeäschert. Das Feuer war Nachts 10 ¼ Uhr in den Hintergebäuden des Gastwirts Rötzer ( jetzt Bäckerei Pongratz) am oberen Markt ausgebrochen und breitete sich nach der Kirche zu, sowie der Straße entlang nach rechts aus, so dass das Feuerherd ein vollständiges Viereck bildete, Im Ganzen sind 9 Wohnhäuser mit Hintergebäuden und 11 Scheunen ein Raub der Flammen geworden. Leider sind auch zwei Menschenleben zu beklagen; ein bei dem Bäckermeister Krämer in Arbeit stehender 14jähr. Lehrling und ein 19jähr. Bäckergeselle, der an diesem Tage dem Bäckermeister aushalf, welche beide im Hinterhause schliefen, sind im Rauche erstickt; deren Leichen wurden erst im Laufe des gestrigen Tages aufgefunden, dieselben waren ganz verkohlt. Die Kinder des Bäckers sowie das Kindermädchen, letzteres nur mit dem Hemd bekleidet, konnten nur mit knapper Not gerettet werden. Auf der Rötzerschen Gastwirtschaft  sind am Samstag Nachmittag junge Eheleute aus Teisnach als Pächter aufgezogen und in derselben nacht ist deren ganzes Mobiliar nebst 500 M Bargeld verbrannt. Getreide, Futtervorräte, Holz, Kohlen u.s.w. sind vernichtet, Mobiliar wurde vielfach gerettet; ein Pferd kam ebenfalls in den Flammen um. An der großen Verbreitung des Feuers war hauptsächlich Wassermangel schuld, denn die in der Nähe befindlichen Brunnen waren bald leer und eine Strecke weit her aus dem Regenflusse das Wasser herbeizuschaffen oder an den dort aufgestellten Löschmaschinen zu pumpen, dazu waren die jungen Leute zu faul, dieselben steckten lieber beide Hände in die Hosentaschen und standen als müßige Gaffer umher. Mehrere Spritzen sah man verlassen in den Straßen und am Regenflusse stehen. Mit wahrer Bravour haben nach ihrer Ankunft die Chamer Feuerwehr und Zivilpersonen gearbeitet und nur ihren vereinten Anstrengungen mit Hilfe der Feuerwehr Arrach war es zu danken, dass mehrere Stunden zwei Schlauchleitungen mit Wasser gespeist wurden. Noch im Laufe des ganzen gestrigen Tages züngelten die Flammen aus dem Schutthaufen hervor. Über die Entstehungsursache des Feuers ist Näheres nicht bekannt."

 

Alle Häuser in diesem zusammenhängenden Gebäudekomplex fielen
den Flammen zum Opfer.

Am 17. April gab der Schreinermeister Franz Xaver Aigner zu Protokoll:

"Bei dem am 15. des Monats in Kötzting stattgehabten Brande erfuhr ich nach langen Fragen von der erstlich zugezogenen Wirtschaftspächtersfrau, daß ihre Magd noch im Hause sei und vermutlich schlafe. Das haus stand bereits lichterloh in Flammen, die Stiege konnte nicht mehr begangen werden. Sofort verständigte ich die umstehenden Feuerwehrleute hiervon, worauf Karl Lindner, Führer des Steigerzuges, Heinrich Pongratz Steiger und ich uns sofort an die Rettung machten.
Karl Lindner stieg durch das Fenster ein, durchschritt den von Rauch erfüllten Raum und holte das Dienstmädchen heraus.
Da das Mädchen in tiefen Betäubungsschlafe lag, wäre dasselbe ohne Zweifel erstickt und verbrannt, wenn Lindner dasselbe nicht geholt hätte. Die Rettung des Mädchens war für Linder mit sehr großer Lebensgefahr verbunden, da das Haus total einem Flammenmeer glich und vom Dachstuhle und der Decke fortwährend große Steine herabfielen, überdies der Einsturz des Gebäudes zu befürchten stand.
Auch das herabbringen mit der Leiter war mit Gefahren verbunden, weil fortwährend Teile der brennenden hölzernen dachrinnen, steine und dergleichen herabfielen. gez. Aigner"

Karl Lindern selber brachte den Brandverlauf genauer zu Protokoll:

Als er zum Brandplatz ka, stand der Stadel des Kermerschen Anwesens schon in Flammen. tags zuvor war der Pächter mit Frau, Kind und einer Magd erst eingezogen gewesen.
Nachdem er seine Männer instruiert hatte, hatte das Feuer bereits auf das Hauptanwesen übergegriffen.
Er fand den Pächter auf dem Marktplatze  jammernd vor und plötzlich schrie er dann " daß noch im  oberen Eckzimmer im 2. Stocke seine Magd sei und schliefe"
Eine Leiter anzulegen erwies sich als sehr schwierig, weil auf der einen Seite die Stromleitungen und auf der anderen Kastanienbäume im Wege waren. 
Durch diese Zeitverzögerung hatte der Brand bereits auf den gesamten Dachstuhl übergegriffen.
Unterschrift Karl Lindner unter sein Protokoll








"Letzerer selbst war fast dem Einsturz nahe; die hölzerne Dachrinne hing bereits herab; das hölzerne Gesims fiel in Stücken herunter, Oben angelangt zwängte ich mich mit dem Oberkörper, auf der letzten Sprosse der Leiter stehend, durch das schmale Fenster und bemerkte, dass in dem im hintersten Ecke des Zimmer stehenden Bette jemand lag und schlief. Dieselbe scheint schon etwas betäubt gewesen zu sein, da sie im Anfange die Situation gar nicht begriff. Ich musste ihr widerholt zurufen, sie solle heraus kommen, sie müsse sonst verbrennen, bis sie meinem Rufe Folge leistete, aus dem bette sprang und sich zum Fenster begab. Ich zog sie dann durch das Fenster heraus auf die Leiter, umfasste sie und trug sie hinab. Einige Minuten darauf stürzte die Decke des Zimemrs ein..." . Gez. Karl Lindner  StA Landshut Rep 164-8 Nr. 7 von 1899 
Von der Regierung von Niederbayern KdI erhielt der Magistrat Kötzting dann eine Rettungsmedaille für Karl Lindner zugesandt:

Nun gings an den Wiederaufbau und ähnlich wie beim, allerdings noch viel, viel größeren, Marktbrand von 1867 wurden nun Brandmauern eingezogen und der Straßenverlauf angepasst. Die heutige Brandstraße entstand.
Alois Kermer noch im selben Jahr an den Wiederaufbau und erhielt im Oktober durch den Kötztinger Bezirksbautechniker Heilmeier eine Baueinstellung, weil die Ausführung keinerlei ausreichende Statische Bewehrung beinhaltete. 

Hier die von Heilmeier verlangten statischen Verbesserungen


Die beiden Nachbarn Stoiber von Weißenregen aus der 18 und Alois Kermer aus der 19 vereinbarten auch eine Aufteilung der gemeinsam genutzten Nebengebäude. Und Stoiber erlaubte Kermer eine Wasserleitung vom Marktbrunnen durch seinen Keller graben zu lassen während Kermer wiederum Stoiber eine Möglichkeit gibt das Abfallwasser von Dach und Hof in seinen Kanal einleiten zu lassen. 
Ein Zusammenschluss, wie er auch heute noch funktioniert.
In den Neubauplänen wird diese Zusammenarbeit der beiden Nachbarn sehr deutlich werden.
Der Neubau von der Metzstraße aus gesehen, bei der Anzahl der Fenster nutzte der Zeichner
seine künstlerische Freiheit. Durch das eingekreiste Fenster, damals wohl noch schmäler, hat der 
Steigerführer Karl Lindner über eine Anlegleiter die Magd gerettet.

Hier die Marktstraßenseite.


Hier der Erdgeschossplan bereits mit einem vorgesehenen Backofen UND einem Gastzimmer
im Hof gabs dann das Waschhaus mit Toilettenanlage

Im ersten Stock war ein Saal vorgesehen. Dieser Saal wurde später, als dann mit den Stemmers wirklich eine Bäckerei im Hause sich etablierte, eine Wand eingezogen, für das sogenannte "Warme Zimmer" genau über dem Backofen, doch davon später.
In dem "Gang" bezeichneten Zugang zu den anderen Zimmern im ersten Stock, hatte ich mein Jugendzimmer. Es war zwar schmal und lang, aber nicht so schmal wie hier im Plan. Da ich mich erinnere, dass die Wand zu dem hier "Wohnzimmer" bezeichneten Raum aus Holzbrettern bestand, wurde diese wohl einmal verschoben, um aus dem "Gang" ein bewohnbares Zimmer machen zu können. Die Bewohner im ersten Stock hatten einen offenen Zugang über einen Balkon zum, gemeinsam mit dem Nebenhaus genutzten, Toilettenanbau inkl. integriertem Waschhaus.

Auch die Nebengebäude mussten erneut aufgebaut werden.
Es gibt zwar von diesem Gebäude kein Bild, mit Ausnahme der Luftaufnahme mehr, aber dies ist auch der Zustand, an den ich mit in meiner Kindheit erinnere.

Luftaufnahme ca. von 1956, im Hof deutlich zu erkennen: mein Sandkasten


Im Jahre 1908 kam die "Honigwiese" zum Anwesen hinzu, eine Wiese mit mehr als  1,5 ha, gekauft von Mühlbauer Kreszenz auf der Hausnummer 25, also der ehemaligen Bäckerei Graßl. Auf diesem Grundstück errichtete mein Vater, nachdem er Teile davon für einen Erweiterungsbau der Firma Aschenbrenner und weitere Teile an die Straßenbauverwaltung zur Verbreiterung der Westumgehung abgegeben hatte, im Jahre 1972 seinen Pferdestall, doch auch davon später.


Drexl Johann Baptist und Katharina

 
Im Jahre 1911 kaufte resp. tauschte das Ehepaar Drexl  das Anwesen mit einem vom Notar verbrieften Wert von 53000 Mark, es war ja nun ein respektabler Neubau an promineter Stelle. 

kahl und noch ohne jeden Bewuchs, der Drexlsche Gasthof.

Der Vorbesitzer Alois Kermer, vermutlich durch den Brand und den Neubau gar nicht mehr richtig finanziell auf die Füße gekommen schreibt im September 1912 aus Hemau an den Kötztinger Magistrat:
"Geehrter Herr Bürgermeister

Indem ich in einer sehr großen Verlegenheit bin wie Ihnen bekannt sei, daß wir kein Vermögen vorläufig besitzen, so würde ich sie ersuchen, daß Armenrecht zu suchen in einer sehr wichtigen Streitsache in Straubing. Herr Rechtsanwalt von Straubing schrieb mir einen Brief, daß ich mich zu Ihnen wenden soll, daß ich einen Anwalt mit dem Armenrecht erhalte.
Ich ersuche Sie Herr Wensauer niemanden es zu sagen nur die Bedürftigen es kennen Sie sich denken wie hart es mir ist. Ich besitze kein vermögen vorläufig mehr. Ich ersuche es sobald wie möglich da die Verhandlung schon am 15 September sei. Freundlichen Gruß Alois und Kreszenz Kermer"

Antwort: Die Armenpflege Kötzting ist nicht mehr zuständig, da sie in Kötzting kein Heimatrecht mehr haben. Bitte wenden Sie sich an den Armenpflegschaftsrat in hemau.







Im November 1912 eröffnet das AG Kötzting ein gemeinsames Zwangsversteigerungsverfahren über die Besitztümer der Familien Drexl Johann Und Katharina und Kermer Alois und Kreszenz und ordnet die Zwangsvollstreckung an.


Am Ende dieser Verhandlungen steht ein Bieterverfahren, an dessen Ende als Meistbietender der Bauer Michael Krieger von Auhof mit 39650 Mark als Sieger hervorgeht. 

Über Krieger Michael finden wir nicht in den Akten. Erst seine Nachfolger und Schwiegersohn, der sogenannte "Stemmer Beck" ist erneut eine bekannte Persönlichkeit. Im Jahre 1916 - Grundbucheintragung - kommt er auf das Haus. 

Stemmer Josef und Maria


In den Akten über das Heimatrecht steht über Josef Stemmer, dass der Bäckermeister das Haus bereits  am 29.5.1914  erworben hat. Drei Tage vorher hatte der aus Burgheim stammende Josef Stemmer seine Frau Maria Krieger aus Auhof bei Lam geheiratet. Da hatte ein "Schmuser" wohl für eine "Frau mit Bäckerei" einen dazu passenden Bäckermeister -  überregional - gesucht und gefunden.
Im Kötztinger Anzeiger annoncierte im Jahre 1918 der Bürstenbinder Hastreiter. 



Nachdem Hastreiter betont, dass er gegenüber "Decker" zu finden ist, bin ich mir sicher, dass er in der kleinen Werkstatt am Gebäudeeck gearbeitet (und gewohnt) hatte; dort wo mein Großvater später seine Garage gebaut hatte und jetzt ein Friseursalon sich befindet. Decker ist heutzutage das Kaufhaus Frey.
Im Jahre 1920 zeigte die Hebamme Limmer ihren neuen Wohnsicht ebenfalls im Kötztinger Anzeiger an.

Mein Vater sprach, wenn ich ihn nach seiner Kindheit befragte von "da oit Limmerin", an die er sich noch erinnern konnte.

Aus dem Jahre 1919 kennen wir einen Unfall eines Bäckerlehrings beim Stemmerbäck.
Kötztinger Anzeiger vom März 1919

Bei dem Lehrling Albert Hastreiter KÖNNTE es sich um einen Sohn des Besenbinders Hastreiter gehandelt haben.


Im März 1922 beklagte das Ehepaar den Tod ihres jüngsten Kindes. 


In den Kriegsjahren wurden viele Handwerksbetriebe stillgelegt und öffneten danach peu a peu wieder, meist nach erfolgtem Umbau.
1924 jedenfalls zeigte der Bäckermeister Josef Stemmer an, dass er eine moderne Dampfbäckerei (wieder) in Betrieb setzte







Auch Frau Paula Dittrich schrieb in ihrem Heimatbuch über die "Stemmerbeckin"

Schon im Dezember 1924 hatte die Rodinger Bäckerei ihre Fühler nach Kötzting ausgestreckt und eine Verkaufsstelle gefunden.
Den "Ludwig Plötz" im oberen Markt habe ich noch nicht lokalisieren können. Er war jedenfalls kein Besitzer irgend eines Hauses in Kötzting sondern nur ein Mieter oder Pächter und damit bei den schnell wechselnden Situationen nach dem Ersten Weltkrieg nur schwer zu fassen. 
Im Jahr drauf jedenfalls war es dann soweit mein Großvater, ein Bäckermeister aus Roding und zwischenzeitlich Wirt in Neukirchen Balbini, kaufte die Bäckerei und zog mit Frau und zunächst drei Kindern nach Kötzting.
Pongratz Heinrichs Blick nach Kötzting war nicht außergewöhnlich, er selber war in Thenried geboren und sein Bruder Anton Bäckermeister in Grafenwiesen. Gressl Heiner und Gressl Done waren die Hausnamen beider, da sie beide vom Gresslhof in Thenried abstammten. Der Bruder Clemens war - der Familiengeschichte nach - bei der Auswanderung nach den USA gestorben, weshalb Heinrich einen seiner vielen Söhne Clemens nannte.

Pfarrarchiv Rimbach Geburtseintrag des Clemens Pongratz Sohn des Georg, Halbbauern von Thenried und der Barbara Schierlitz vom 6.2.1866 Danke an Herrn Silberbauer von Rim,bach für diesen EIntrag.

der Gresslhof außerhalb Thenrieds in Richtung Zenching gelegen







Clemens Pongratz und Anna Meillinger



Anzeige der Geschäftseröffnung für den 1.12.1925

Einschub: Was ist eine Dampfbäckerei?

So wie heutzutage auch in Dorfbacköfen oder auf Bauernhöfen wurde früher auch in den Bäckereien gearbeitet. Das bedeutet zuerst wurde im Backraum ein Feuer entfacht und solange geschürt, bis die notwendige Speicherhitze des Ofens erreicht war. Anschließend wurde die Glut und Asche aus dem Ofen ehrausgekehrt und sofort das Backgut "eingeschossen" und er Ofen verschlossen um die Hitze so lange wie möglich halten zu können. Der "Schiesser", also der Mann am Ofen war in der Backstube der Kommandogeber. Nach einer gewissen Weile, je nach Backgut und vor allem wenn der Ofen noch sehr heiß (=scharf) war, musste umgeschossen werden. das heißt die Laibe an den heißesten Stellen kamen umgedreht an kühlere und umgekehrt.
Dieser Vorgang musste, von vorne mit dem Feuer machen beginnend, immer wiederholt werden, wenn man kontinuierlich weiterbacken wollte. Natürlich konnte man den sich langsam abkühlenden Ofen nach dem Brot ausbacken auch möglicherweise noch für Semmeln nutzen, wenn er ausreichend gegen Abkühlung isoliert war.
Die Erfindung der Dampfbäckerei nun trennte die Backherde von der Feuerung. Nun konnte eine Ladung nach der anderen in den Herden ausgebacken werden, ohne die Asche am Backgutboden, ohne Zeitverzögerung und mit einer viel genaueren Temperatursteuerung.
Die Wärmeübertragung konnte natürlich nur durch Wasserdampf in außerordentlich dicken und damit druckdichten Eisenrohren erfolgen.
Einschub Ende

Im diesem Falle des eigenen  Hauses bietet es sich an, die Familienzusammenhänge nicht nur für weit zurückliegende Besitzer, sondern auch bis näher an die Gegenwart heran, darzustellen. Dies ist eine Art der Präsentation, die ich aus Datenschutzgründen bei anderen Familien vermeide. 
Hier kann ich nun durch meine eigenen genealogischen Vorarbeiten aus dem Vollen schöpfen.

Mein Großvater, benannt nach seinem jüngsten Onkel, war der Sohn des Rodinger Bäckermeisters Heinrich Pongratz. Dieser hatte nicht nur eine große Bäckerei in Roding erbaut, sondern viele seiner Kinder zu Bäckereien in der näheren und weiteren Entfernung verholfen.
13 Kinder hatte Heinrich Pongratz, die beiden Ältesten fielen im ersten Weltkrieg, so dass mein Großvater dann plötzlich der älteste der Kinder war und laut Aussagen seiner jüngsten Schwester auch der energischste.
Bäckereien in Straubing (der Onkel Otto, in Schwandorf (Tant`Anne heiratete Herrn Schuierer >>> der Kötztinger Berufsschullehrer und ehemalige Kötztinger Stadtrat Wolfgang Schuierer ist eines ihrer zwei Söhne), Regenstauf (Tant´ Mare heiratete Herrn Diederichs), die Stammbäckerei in Roding (Tant´ Hansl heiratete Herrn Fichtelscherer) und nun dann Kötzting. 
Mit dem Hausnamen "Gresslheiner" von Thenried aus gestartet und nach einem äußerst erfolgreichen Handwerkerleben, wurde er selber zum Namensgeber seines altehrwürdigen Hauses, das heutzutage als "Heinrich`n Bäck" ein Schmuckstück in Rodings Altstadt darstellt.
Heinrich´n Bäck im Jahre 2003

Aber auch im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts war das Haus ein Higucker:


Dieses Haus hatte eine obere und eine untere Backstube und beschäftigte eine ansehnliche Anzahl an Bäckern und Lehrlingen.
Einschub
Ich bin in der glücklichen Lage, bereits Mitte der 80er Jahre mit der jüngsten Schwester meines Großvaters, die mit über 100 Jahren später Rodings älteste Gürgerin gewesen war, studnenlange Tonbandinterviews geführt zu haben: Tant´Hansl, Frau Johanna Fichtelscherer, war bis ins hohe Alter eine begeisternde Erzählerin und häufige Besucherin beim Bruder in Kötzting, wo sie auch ihren Führerschein gemacht hatte.
Wenn sie von ihrer eigenen Großmutter erzählte, dann habe ich einen Blick bis Mitte des 19ten Jahrhunderts. Sie flocht viele wörtliche Aussprüche in ihre Geschichten, weshalb ich sie manchmal gerne nachlese, auch weil sie so voll von Details stecken.
Über meinen Großvater als Schüler erzählte sie: "da Clemens, dei Großvater,  der wia in de graoß Schui ganga is, also 6. 7. Schuljahr do hot der Lehrer Raub, der hot an grossn Garten dabei ghabt beim Schulhaus, der hot gsagt:"Clemens weij gej hoam, hoj mar a Kerwe 
Mist ", a so a Kerwe hot er gmoint. Is da Clemens hoam ganga, hot de zwoa  Keij eigspannt, hot a Fuhr Mist afglegt, hot eams affegforn, damit er net so lang in da Schui hot bleim braucha. Der Clemens hot einen Schönschreiblkurs mitgmacht unterm Krieg, daß er gscheid hoamschreim hot kenna."
Einschub Ende




Heinrich Pongratz in der Backstube mit einem seiner Enkel (Diedrich aus Regenstauf)

Clemens, geboren im Jahre 1890, absolvierte eine Bäckerlehre und bald daran anschließend seine Militärdienstzeit mit 1 Jahr und 11 Monaten.  
Auszug seiner Militärstammrolle für Clemens "Ponkratz", dem ledigen Bäcker aus Roding

Clemens Pongratz im Militärlazarett





Vom 22.10.1910-30.9.1911 war er beim Infanterie Leibregiment und anschließend vom 1.10.1911-21.9.1912 bei der Militär-Bäcker-Abteilung des 1. Train Bataillons
Von seinem "Wehrdienst" haben wir ein Bild der Bäckerei und den Krug, den er sich nach seinem Ausscheiden aus dem Leibregiment gönnte.
Erinnerung an die Militärbäckerei 1911-1912


Diesen Krug mit dem Spruch: "Es lebe hoch das Regiment, daß sich mit Stolz die Garde nennt" am oberen Rand und mit einem zinnernen Schmuckdeckel versehen ist eines wenigen Dinge, die bei uns an die Militärzeit meines Großvaters erinnern. 

Metallrahmen mit seinem
Brustbild als "Erinnerung an seine
Wehrdienstzeit"




























Einschub
Als ich das Bild des Kruges machen wollte und mir einen passenden Platz suchte, fiel mein Blick auf unseren großen alten Küchenschrank, den ich vor Jahrzehnten habe abschleifen lassen und der bei, uns auch aufgrund seiner schier unendlichen Lagermöglichkeit, in Ehren gehalten wird. Auf diesem Schrank, an genau der Ecke auf die ich den Krug gestellt hatte, stand laut Berichten meiner Tanten der offene Bierkrug meines Großvaters - von dem auch meine Tanten gerne tranken, bis es meinem Großvater dann doch auffiel.
Damals wurde das Bier noch offen vom Rabl oder Osl geholt. 
Tant`Hansl, von der schon die rede war und die ich noch einige Male als Zeitzeugin benötige, sprach die Wahrheit ganz deutlich aus:  Dei  Großvatta und da Ottl,  de heitnd no net so frej sterm braucha  jeder hot a G'sundheit g'habt wira Baam,  aber jeder hot alt zuvuj drunga  15-16 halbe warn der Regel vom Clemens

Mein Vater schilderte die Situation so, das Interwies führten wir damals in Sinzing, am Esszimmertisch, genau vor dem Küchentisch. ( F=meine Frage - V= mein Vater M= meine Mutter)

F: Es habst enk ja damois no as Bier im Grou vom Wirtshaus g'hoit?
V: Am Eck vo deim Küchenschrank do, do mou a sowieso no wo a Rand drin sa, do.  An dem Eck is dauernd da Massgrou gstandn.
M: Im Linoleum is a sehne Rand drin gwen
F: Sei Maß?
V: Ja Ja sei Maß----owa do hot a jeda amoi a weng g'nippt, d'Annerl hot a so gern g'schnappselt und do hot da Opa awei, im eitzigen Kinderzimmer, des war s Schlafzimmer vom Opa; hintem Vorhang hotdara Flaschn stej g'hot mit Weihwossa und a Flaschn Schnaps und d'Annerl is awei gern vobeiganga af a Goschn voi und do hot er ihr amoi a Wossa einedo...
M: Also die Annerl hot gerne....
V: a weng g'schnappselt
V: Ja owa freijas host koi Flaschl greagt,do bist aft d'Schenk ganga umme,ne, do hot ar an Learboum ummeg'schickt, ne,und der hot eam a Mass Bier g'hoit und de is awei do g'stanna am Eck.

Auch die oben angesprochen "Annerl", meine Tante Aja hat von den Wirtshausbesuchen des Vaters berichtet:

 F: Und da Opa is jeden Tog ganga?
 A:Zum Dämmerschoppen zum Frühschoppen zum Dämmerschoppen zum Frühschoppen  und am Sonntag wenn er in'd Kirch ganga is .. dawei is er zum Frühschoppen  ganga. Und zwar war do no de Wirtschaft Röhrl also do wou iatz da Haushofer  is (Zur Klosterschmiede) und de alte Postwirtin,  wenn unser Vater hoamganga  is oder heimgehen wollte, dann is Sie mit ihm raufgegangen bis halbert am Marktplatz,  daß er in koa Wirtshaus mehr einkemma hot kinna.Weils  gwußt hot,  wenn er vo ihr aussageijt,  daß er ins nächste eingeijt.

  





Einschub Ende


Gleich mit Kriegsbeginn wurde er am 2.5.1914 als Reservist einberufen. Beförderungen zum Unteroffizier und im Februar 1918 dann zum Sergeanten. Eingesetzt war er in Lothringen, an der Somne, vor Nancy, im Artois, bei Armentieres und in französische Flandern.
weiterer Auszug aus seiner Militärstammrolle von "Ancestry.com"


Am 2.7.1918 wurde er mit Brustfellentzündung zuerst nach Lille und später dann in ein Heimatlazarett überführt. Man sieht, was man alles finden kann, selbst nach über 100 Jahren.
Clemens Pongratz und Anna Meillinger
Elternhaus der Anna Meillinger aus Roding.
Das Bild stammt vom bekanntn Rodinger Maler Diss
und hing in meiner ganzen Kindehit im Wohn/Ess/Arbeitszimmer meiner Eltern.







Anna Meillinger an der Zither
Schon im nächsten Jahr heiratete er eine junge Rodingerin, Anna Meillinger, und im Jahr drauf brachte die junge Mutter Zwillinge zur Welt. Heinrich und Annerl. Über Heinrich, habe ich vor zwei Jahren einen längeren Bericht geschrieben über einen Kötztinger, der gerne Pfingstbräutigam geworden wäre. Heinrich ist im Oktober 1944 im 2. Weltkrieg gefallen.
Anna Meillinger war eine musikalisch gebildete Frau. 
Interview mit Tante Aja (=)Annerl):  ... und unser Vater,  des war ein guter Vater,  aber ganga is er grod gnua  und wenn er dann hoamkemma is,  d'Mamma hot fest Klavier g'spuilt und mir  hamma g'sunga mir drei. Mir hamma na gsunga,  daß d'Leit draußt san  steijblim sna, wenns uns ghört ham. Da Wolf zum Beispiel von der Krankenkasse  hot des oft erzejt, wenn er vobeiganga is und mir hamma so gsunga,  des hot erm  a so gvoin,  dass er stehbliem is. 

Das junge Paar hatte zuerst ein Wirtshaus in Neukirchen Balbini auf Schulden gekauft, zusammen mit einem großen Stück Wald. Von dieser Wirtschaft habe ich nur ein Bild kurz vor dem Abriss, nur die Bierkrüge mit dem Emblem KP haben sich erhalten.







Gasthausruine in Neukirchen Balbini

Heinerl, der erste Sohn, noch in Neukirchen geboren, war der Liebling seines Großvaters und auch mehr und öfter in der warmen Bäckerei in Roding bei seinem Opa zu finden, als in der unwirtlichen Wirtsstube in Neukirchen Balbini.
Tant`Hansl hat mir auch berichtet weshalb:  "Do konn ma ned afdrahn!. Im Wirtshaus gab´s eben noch kein elektrisches Licht. Tante Hansl berichtete auch, dass das junge Ehepaar nachts vor lauter Schulden nicht mehr schlafen konnte. "Dann is´s d´Währung kumma (1923, die Hyperinflation) do sands übernacht schuldenfrei g´wesen, nand hamms nimma schloffa kinna weil´s er´s a net einepaßt hot in Kopf, weil´ses gor net kapiert hamm"
Diese "Schuldenfreiheit" durch die inflationsbedingte Wertsteigerung des Hauses und des Waldes hat es meinen Großeltern erst ermöglicht, den Sprung nach Kötzting zu wagen.
1925 also verkaufte mein Opa das Neukirchener Wirtshaus und übernahm von den Eheleuten Stemmer die Bäckerei am Marktplatz in Kötzting, (Jahre später auch noch das daneben liegende Gebäude des Sattlers Rebstöck). In Kötzting konnte er teilweise auch auf den bereits von seinem Vater, von Roding bis in unseren Bereich herein, aufgebauten Wiederverkaufs-Kundenkreis zählen. Hier wurde nun auch 1927 mein Vater Clemens (der zweite) geboren. Soviel zur Einordnung der Familie Pongratz.
Die beiden Mädels wurden aufs Gymnasium und Internat nach Landshut geschickt während Heinrich als Betriebsnachfolger aufgebaut wurde. Da mein Vater, der Bubi, sich für alles interessierte, was sich rührte und im Zweifelsfall auch Federn hatte, war vorgesehen, dass mein Großvater sich um einen Bauernhof für ihn schauen würde und hatte dafür auch bereits Kapital angesammelt. So wie ich die handwerklichen Fähigkeiten meines Vaters in Erinnerung habe, wäre das ein lustiger Bauernhof geworden......
Hier das Bild der Bäckerei, kurz nach der Neueröffnung und mit den neugepflanzten Kastanien.
Im Brandbericht von 1899 war ja die Rede davon, dass die Lebensrettung der Magd erschwert war durch den nahe beim Hause stehenden Kastanienbaum. Dieser ist wohl dem Brand oder dem Neubau zum Opfer gefallen, denn bei der Postkarte des Wirtshauses Drexl um 1910, ist nicht einmal ein Rest eines Baumes zu erkennen. Nun also die Neuanpflanzung mit Kastanienbäumen am Marktplatz. Zwei von diesen Exemplaren stehen ja heute noch. Auf dem Bild meinte mein Vater oben am Fenster "de oit Limmerin", also die Hebamme wieder zuerkennen.


Wenige Jahre später, die Kastanien gedeihen und die Linde mickerts so vor sich hin, mein Großvater bei seiner neu erbauten Garage und die Gänse kommen heim vom Bleichanger.

Einschub
Auch wenn ich die Geschichte bereits bei der Chronik des Nachbarhauses erwähnt habe, hier muss ich sie noch einmal anbringen, weil ich diese erst erzählt bekommen habe, als ich meinem Vater, bei einem Interviewtermin genau dieses Bild vorgelegt hatte:

F:Und habt´s es zu derer Zeit ausschließlich Sei g´hot?
V:Naa,  nur  während am Krej hamma a Sau hergfeijdat,und  Hehna  und Gens, de hamma wega de Federn blos ghot.
F:Und wo habts dann de aussedriem?
V:De  hamma fias Hoftor ausselassn und dann hanns am Reng  oweganga und aft Nacht wida hoam.
F:Über d'Wuamheij hint oder weij? 
V:Meistens üwa d'Wurmheij.
F:Und de han na von alloi ganga?
V:Ja aber manhmal hot mas a holn miassn,  vor allem wenns broude worn san .Na ham Ganserer, weil mir hamma ajweil drei  
Gansinnen g'kot und oan Ganserer. ...

Weiter berichtete er, dass eine der Gansinnen und unser Hund - der Russl - um die Gunst meienr Oma eiferten und sich in der Küche dann schon mal bekriegten.

Einschub Ende



Betti, später verheiratete Schödlbauer
Heinrich, gefallen
Annerl genannt Aja, verheiratete
Weißenberger und
Clemens, mein Vater










































Das junge Paar wirtschaftete erfolgreich, Es wurde eine neue Backstube errichtet, der Ofen erneuert, die Garage eingebaut und in einem Hinterhofgebäude, später als Mehllager und heutzutage als Lagerraum für den Horsetownclub genutzt, arbeitete Herr Röhrl (Fahrschule Schmidt) als Automechaniker. Gewohnt hatte die Familie damals beim Pfeffer (Achtler) in der Schirnstraße.
Frau Anna Weissenberger erinnert sich anlässlich meiner Frage zu Weihnachtsgeschenken für die Kinder:
.... an Dampf hots damals gem,  für d'Buama,  a so a Dreschmaschin dazua,  und dann später hat ihm dann mal  der Herr Rearl ein schönes Auto g'macht. Weil der Rearl hot früher sei Werkstatt bei uns im Hof hint g'habt,  do wo's Mehllager war. Und do hot  uns der immer schöne Sachen g'macht. Der war ja a halberter Künstler.
 F: Der hot bei uns sei Autowerkstatt g'habt?
 A:Jahrelang-- und do war amol a ganzer strenger Winter.
 F:A drum hamma mir a Gruamm in der Garasch?
 A: nei da nicht,  do wo's Meijlager is. Do hot er seine Werkstatt g'habt.Und im  Hof hint do hot er seine Auto gerichtet.Und do war amal a ganz a strenger  Winter, 29 war ja a a so strenger Winter und do hat er uns eine Schneeburg  gebaut und einen Hirsch aus Schnee, wunderbar, Ja und dann no...
 Inge: War der net a so Kunstschlosser?
 A: Ja und so Lampenschirme und einen so einen Lüster hat er uns aa amol  g'macht. Und g'wohnt hams beim Pfeffer über dem Durchgang da,  da hams  g'wohnt,  einfachst. D'Mamma hot er na jeden Tog s'Essen obegschickt, also  nicht das fertige Essen sondern was sie zum Kochen gebraucht ham....

Diese Geschichte erinnert mich an ein Bild, das ich bei der Häuserchronik beim Traurig Sattler gefunden und benutzt hatte. Ein Detail der Schilderung von "Tante Aja" - das war sie für die ganze Großverwandtschaft - passt so genau, dass ich dieses Bild hier noch einmal bringe. In der Rückschau, das Interview fand 1990 statt, ist eine Verwechslung eines strengen Winters von 1929 auf 1931 leicht möglich. Aber der Hirsch passt einfach zu gut der Erzählung, dass ich die Bildunterschrift des Arbeitskreises zumindest einschränken möchte.
DIARepro 2348 Schnee/Eisfiguren vor dem Anwesen Traurig, lt Bildbeschreibung erstellt von
August Philipp Henneberger im Winter 1931. 



Ich habe solche Tonbandinterviews mit vielen meiner Verwandten geführt und bin heute noch überrascht, welche Fülle an Details in den Gesprächen festgehalten werden konnte. Natürlich sind solche autobiografischen Erinnerungen manchmal mit Vorsicht zu genießen und vieles ist auch nicht zur Veröffentlichung geeignet, jedoch ist es ein wertvolles Zeitdokument, weil ja auch die Stimmen festgehalten sind. Der Dialektunterschied von der Rodinger Tant`Hansl und meinem Vater ist schon bemerkenswert. 
Die Bäckerei florierte und mein Großvater konnte sich einen großen Kundenkreis an Wiederverkäufern aufbauen. Lebensmittelgeschäfte, Wirtshäuser und "Brotweiber", Frauen also, denen er Brot und vor allem Semmeln lieferte, die dieses dann in der "Kirm" austrugen und sich so mühsam ihren Lebensunterhalt verdienten.
Bei manchen Bauern wurde auch "getauscht". Es lieferte Brot, welches aufgeschrieben wurde und die Bauern wiederum dann Mehl, welches allerdings häufig nur als "Staubmehl", also zum Einstauben benutzt werden konnte. 
Seine Liefertoureneinteilung hat später dann mein Vater unverändert übernommen. Der Bereich der in einzelnen Lieferfahrten angefahren wurde ging (natürlich einschließlich der Orte, die auf der jeweiligen "Rundschleife" lagen - zum einen bis Miltach, dann bis  hinaus nach Kollburg hinter Viechtach und Prackenbach, dann die Rimbacher Tour beginnend in Grafenwiesen und endend bei der "Moama Linerl" in Haus, in die Zell bis Kieslau und hinauf bis nach Arrach. Weissenregen und Reckendorf wurden dann separat angefahren. 
Das sehr persönliche Verhältnis des Bäckers zu seinen Kunden kommt auch in den Interviews zutage:
Befragung Anna Weissenberger:
Frage.... aber immer blos Brot bacha worn?
Hauptsächlich Semmeln,  Brot war weniger.So de zammgsetzten Semmeln.  Oh, hamma Kundschaften ghabt,  da Treiner in da Doana draussen (?),  der  hot 2000 Semmeln griagt. Und de hamm des Semmeln hauptsächlich braucht  fürs Knedlbrot. De Bauern ham ja damols net so vuij Fleisch ghabt,  sondern  hauptsächlich Knödeln. Mei und dann hammara Kundschaft ghabt,  d'Adelheid,  no de habts ja ihr a no ghabt. D'Adelheit,  nach Viechtach is gforn,  do  hamma allaweil s'Brot higforn zum Greiner und d`Adelheid is mit an so am  gloan Fuhrwerkl komma und hots dann obgholt ihrane Brotkörbel.I woas net weijvuj dass affebrocht hot. Und na hot ihr da Pappa ajweij a Brotzeit ghaft.  Und zwar an Aufschnitt,  weij da Greiner hot a Wirtshaus g´habt und a Metzgerei  und do hot er ihr a Brotzeit g´kaft und a Bier und dann hots gsagt,  do bin  i oamoi dabei gwen: "Woast" hots gsagt" des mache allerwei a so, de bravern  Breckl is i iatz a so und de andern bringe meim Mo hoam. Sie war allerweil  a grosse kräftige Frau mit ana so ana Grettlfrisur,  a sauberne Frau,  und der Mann war a ganz a gloana. Also i hobs gern gmigt d'Adelheid.  Amoi is kemma,  do war d`Mamma scho gstorm, z'Pfingsten,  und na hots gsagt: "Des hob i scho gseng,  guat is do net im Haus mit vier Manna "
Auch beim meiner Frage nach den Spielzeugen, führt die Antwort schnell wieder weiter zu einem mitmenschlichen Verantwortungsgefühl, das meine Großeltern zu ihren Kunden entwickelt hatten. Die im Text genannte "Bettl" ist die vor Jahren verstorbene Seniorchefin des Schuhauses Schödlbauer. 

 Ja mir ham an Kauflon g´habt,  den hot uns a der Rearl  (Röhrl, heute Fahrschule Schmidt) g'macht,  einen  wunderbaren großen Kaufladen,  den hot d'Bärbel (Tochter der Bettl) dann,  den hamm sogar no  da Bettl ihrane Kinder g'habt,  des war a großer Kauflon mit einem großen  Schaufenster und a Tier eine und dahinter war no a gloans Büro mit am  Telefon und allem.Und dann hamma a Puppmkich griagt,  also i hab a Puppmkich  ghabt mit Schlafzimmer und d'Bettl a Buppmkich mit Wohnzimmer., ganz sche, und a schene Puppm,  mir ham schene grosse Puppm g´habt. D'Mamma hot alles  hergschenkt,  de Brotweiwa warn damals so arm,  de ham alle a herdt Kinder ghabt,  iatz wenn mas na mir nimma meng ham, hots d'Mama alles hergschenkt. Ne,  zum  Beispiel nach Rimbach zu dene Irrlbeck, de ham eine Stum voi Kinder ghabt  do hots alles,  unsere Schlittschuastiefe und alles hots er gem. I woas no wia  i meine Stiefel: "Ja wo han den meine Schlittschuastiefel?" "Ja de san,  de  hobe hergem." Und de Kinder ham se gfreit,  des songs heit no wenns zu  meiner Schwester in Lon owe kemma,  na gfrein se se heit no und vozeijn was  sie alles griegt ham. Vo da "Beckin". Und mir ham schene Sachen ghabt, nicht so wir heit des Plastikglump.


Manche Kunden, die zu weit entfernt lagen, wurden per Bahnspedition beliefert. Große ovale Weidenflechtkörbe, die gut 400 Semmeln fassen konnten, wurden mit Leinen verschlossen und vernäht und zum Kötztinger Bahnhof gebracht.

Einschub
Ich kann mich noch gut an diese Weidenkörbe erinnern, die im Laufe der 60er jahre dann durch stapelbare Metalldrahtkörbe ersetzt wurden. Die Weidenkörbe waren eigentlich immer verschlissen und wurden von den Bäckern, in meiner Kindheit war es der "Ade" aus Hundszell mit einer großen, sehr großen, gebogenen Nadel und Spagat repariert. Mit derselben nadel wurden dann vonj Zeit zu Zeit auch die, auf nutzbare Größe zerteilten, Zeitungspapierseiten aufgefädelt und als Toilettenpapierstapel in die "Burschentoilette" gehängt.
Überhaupt die Burschen. Einige der Bäcker wohnten bei uns im Haus, im Burschenzimmer über dem Teil der Backstube, die vom Backofen weit entfernt und damit bewohnbar war. Der oben angesprochene Ade (=Adolf) war für solche Ausbesserungsarbeiten eingeteilt und von mir immer beneidet, weil er die für mich unerschwinglichen kleinen "Tarzan-" und Tiborhefte" besaß.
Die Bäcker wurden von meiner Oma und später von meiner Mutter täglich verköstigt, weshalb es bei uns dann immer schon ein "Kindsdeandl" gab, weil ja auch den Bäckerladen zu bewerkstelligen galt. 
Einschub Ende

Das Geschäft florierte - ich kenne seine Steuererklärung von 1939 und bin äußerst beeindruckt - . Sein Betriebsgewinn war vier mal so hoch wie die gesamten Personalausgaben, was sicherlich auch daran lag, dass die Löhne sehr niedrig waren, aber nur so konnte er sich nacheinander das daneben liegende Marktlehen vom Rebstöck, die großen Waldungen im Gruber Holz vom "Kaminger Wirt" und vor Thenried und einige Grundstücke auf der Platte leisten.
Die Honigwiese und der Garten in der Schattenau hatten ja schon immer zum Haus gehört.
Ende der 20er Jahre baute er  am Martplatzeck seine große steinerne Terrasse.
Im Hintergrund die beiden Brüder Georg und Leopold Sperl, die Nachbarn.
Vor ihnen der Russl, der Hund, der es mit der Gansin zu tun bekam.

Aus derselben Zeit stammt auch eine Aufnahme der "Obermarktler" Kinder, die Familie Pongratz war also nach wenigen Jahren in der Mitte der Kötztinger Gesellschaft angekommen und der Russl war natürlich immer dabei.

hier eine Kinderbande vom oberen Markt, mit den Pongratz und Rablkindern vermischt. Reihe vorne von links: Heinerl Pongratz - Rabl Franz (der Vater von Frau Rabl-Dachs) - Graßl Fannerl -
Gretl Graßl- Ellwanger Sophie mit Baby auf dem Arm Miethaner Sepp - Ment Pongratz,( mein Vater)
hintere Reihe von links: Rabl Fanny - Pongratz Anna, Pongratz und Bettl,
der große Hund gehörte auch zur Familie Pongratz, es war der Russl. Dem Hintergrund nach zu schließen könnte die Aufnahme im Schwimmbad gemacht worden sein 


Nun war der nächste Schritt nur folgerichtig, Clemens Pongratz engagierte sich in seinem Bäckerhandwerk und in der Kommunalpolitik. Er wurde Mitglied im Marktrat für die Partei der BVP, der Bayerischen Volkspartei. (Schon 3 Tage nach deren Gründung in Regensburg - 1918 - hatte die BVP ihre Fühler bereits nach Kötzting ausgestreckt, siehe Blog über das Kriegsende in Kötzting).
Die Fraktion umfaßte neben ihm und dem (=zukünftigen Schwager) Bürgermeister Hans Schödlbauer auch die Markträte Januel und Wilhelm Oexler.
Es wurde 1933 und für viele Kötztinger Bürger begannen harte (für manche sogar katastrophale - siehe der Blog über das Schicksal der Familie Kirschner und der über Susanna Kirschner ) Zeiten.

Nicht durch eine Wahl, sondern
durch die regierung undd en Gau
Bayreuth der NSDAP wurde Benno
Hoiss als Bürgermeister eingesetzt


Nachdem Hans Schödlbauer bereits im März/April aus dem Amt verdrängt  und Anfang Mai dann Benno Hoiss an seine Stelle gesetzt wurde, drehten die Nazis im Kampf um die Alleinherrschaft in Bayern die Schraube gegen die letzte verbliebene parlamentarische Opposition, die BVP. (Die SPD und KPD waren bereits Monate vorher verboten bzw. unterdrückt worden.)
Ende Juni kam dann aus München der Befehl, die obersten Amtsträger der BVP festzusetzen, Auf dem Wege von München über den Gau wurde dieser Befehl dann auf sämtliche Amtsträger ausgeweitet und die Verhaftungswelle rollte:


Alois Dachs interviewte im Dezember 2003 meine Tante Bettl, die die Aktion damals als 13 jährige
hautnah miterlebte.

Mein Großvater war offensichtlich nicht nur empört über die Art und Weise der Verhaftung sondern auch, weil (der spätere 2. Bürgermeister) Alfons Liebl und andere Mitglieder der NSDAP die ganze Aktion vom gegenüberliegenden Dach aus fotografisch festgehalten hatten. Nachdem sich mein Großvater seinen Ärger darüber öffentlich ausgesprochen hatte, ließ Alfons Liebl eine Gegendarstellung in die Zeitung setzen, die wiederum Clemens Pongratz nicht so stehen lassen wollte.
KA am 1.7.1933:  worauf mein Großvater in der nächsten Ausgabe
folgende Erwiderung abdrucken ließ:



Die Folge dieser Aktion war eine - heutzutage würde man sagen "gefakte" - freiwillige Rücktrittserklärung der drei Gemeinderäte Pongratz, Oexler und Januel.
 
Rücktrittsschreiben Clemens Pongratz am 27.6.1933


Die Kötztinger NSDAP lies einfach die auf ihrer Parteiliste bei der letzen Kommunalwahl nicht zum Zuge gekommenen Listenkandidaten nachrücken und der reine NSDAP Gemeinderat war perfekt. Aufgrund des Führerprinzips bestimmte der 1. Bürgermeister den Bankier Alfons Liebl als seinen Stellvertreter.
Das Tuch zwischen meinem Opa und der NSDAP war zerschnitten.
In der Folge stand er unter dauernder Beobachtung und es haben sich einige anonyme, aber auch unterschriebene Beschwerdeschreiben über ihn erhalten.
Mit den Rücktritten der BVP Gemeinderäte gab sich die NSDAP aber noch nicht zufrieden. Die Gebrüder Oexler, Max, Wilhelm und Vitus, Clemens Pongratz und Karl Wiesmeier bildeten die Beschuldigten in einem anonymen Schreiben, dessen Wahrheitsgehalt der damalige Ortsgruppenleiter Schuder ermitteln sollte. Seine Beurteilung über die drei Gebrüder Oexler ist in seiner Derbheit nicht zur Veröffentlichung geeignet, spricht aber in seiner Wortwahl Bände über die Menschenverachtung der Machthaber im Dritten Reich. Clemens Pongratz kommt hier mit zivileren Worten weg.Trotzdem hier die Abfolge des ganzen Vorganges, die folgenden Kopien stammen alle aus dem Staatsarchiv Landshut Spruchkammer Kötzting 1947:
zuerst ein anonymes Schreiben
kleiner Ausschnitt des zweiseitigen handschriftlichen Beschuldigungschreiben: ...So sind da mehrere so gefährliche Tiere, mehr kann man da nicht mehr sagen. Herr Pongratz, Bäckermeister und Herr Oexler Max sind alle Tage beisammen und schimpfen was sie können, das Hitler Zeichen Hand hoch ist ihnen eine Fopperei. Auch ist ein gefährlicher Herr Wühr, Wagner in Kötzting, denn wo diese sind und treffen da mit einem Parteigenossen zusammen geht die Spotterei an......

dann die Aufforderung der Sache nachzugehen


und am Ende die Antwort von OGL Schuder und dem Pg Kirschenbauer, alle drei nur in Auszügen:
die harmloseste Beurteilung der fünf ausgeforschten Personen

In der lebhaften Schilderung der Verhaftung und der Versorgung der drei Kötztinger Bürger und Gemeinderäte mit Spielkarten und Lebensmitteln (wohl im Wesentlichen Bier), wie Sie von Frau  Barbara Schödlbauer erzählt worden war, zeigt sich auch eine enge Verbindung der drei Familien Oexler, Pongratz und Januel. In Privatbesitz finden sich einige Bilder, die dies dokumentieren können:
Bild von einem gemeinsamen Familienausflug: 1 Oexler Franz, der spätere Pfingstbräutigam von 1945, 2 sein Vater Oexler Wilhelm und 3 seine Schwester Ella, verheiratete Zigan. 4 Pongratz Barbara verheiratete Schödlbauer, 5 Pongratz Anna, verheiratete Weissenberger, 6 Pongratz Heinrich gefallen 1944, Begleiter des Pfingstbräutigams Leopold Januel 1939  und 1944 bei Huber Xaver, 7 Anna Pongratz die Ehefrau von Clemens Pongratz, eine geborene Meillinger aus Roding und 8 möglicherweise Herr Kroher. Mittlererweile konnen durch die dankbare Hilfe von Frau Ludwig und Frau Zigan auch die anderen Personen identifiziert werden: Also Herr Kroher Nummer 8 wurde bestötigt, bei den anderen handelt es sich um: 9 Emmeram Stadler, 10 Hans Friese, 11 Lehner Hans, gefallen, 12 Röhrl Karl (Frisör), 13 beide wohl, hier bleibt das einzige Fragezeichen: Auto Röhrl, Fahrschule, 14 Frau Schubauer, die gute Seele der Turnhalle bis weit in die Nachkriegszeit, 15 Röhrl Fritz, 16 Weixel/Windisch, die Oma von Herrn Dr. Weixel, 17 Röhrl Linerl, eine spätere Pfingstbraut, 18 Frau Röhrl, 19 Röhrl Gretl, 20 Herre Michael, 21 Frau Friese

Auch als 1939 Der Sohn aus dem hause Januel der Pfingstbräutigam wurde, fand er im Hause Pongratz gleich seinen Brautbegleiter mit Heinrich Pongratz. 
Pfingstbrautpaar von 1939
Leopold Januel und Dreger Maria mit den beiden Begleitern Grassl Richard links und Pongratz Heinrich rechts

Ich greife jetzt zeitlich etwas voraus, da in den Spruchkammerverfahren der direkten Nachkriegszeit einige Gedächtnisprotokolle enthalten sind, die uns ein wenig Einblick in eine ansonsten "dokumentenlose" Zeit geben.
All diese Vorgänge um die Gemeinderäte der BVP finden sich dann auch in verschiedenen Spruchkammerverfahren Kötztinger Bürger nach 1946 wieder und der 1933 abgesetzte Bürgermeister Schödlbauer wurde 1945 von den Besatzungsmächten gleich wieder als neuer Bürgermeister eingesetzt und wurde auch bei den ersten freien Gemeinderatswahlen am 27. Januar 1946, nun für die neugebildete CSU (hieß damals noch Christlich Soziale Vereinigung), von der Bevölkerung  wieder gewählt. 

Wahlvorschlag der neugegründeten
"CSU" für die Kötzting Komunalwahl 1946
 Auch der Bäckermeister Clemens Pongratz, war gleich nach dem Krieg erneut Gemeinderat, trat aber aus gesundheitlichen Gründen bei der nächsten Wahl  nicht mehr an. Als unbelasteter Zeitzeuge war er auch in vielen Spruchkammerverfahren beteiligt und in einigen, noch privat erhaltenen, Unterlagen von solchen Verfahren, zeigt sich auch seine aktive Beteiligung an der Aufarbeitung des Dritten Reiches. Doch zurück in die Zeit vor dem Ende des Dritten Reiches.

Im Jahre 1938 kaufte er das benachbarte Anwesen des Sattlers Rebstöck und konnte das gesamte Gebäude dann im Mai an die Wehrmacht als Wehrmeldeamt vermieten und im großen Hof eine Kleinkalibersschießanlage installieren.
 

Dieses grenznahe Wehrmeldeamt hatte vermutlich im Herbst 38 beim "Anschluss" des Sudetenlands seine Feuertaufe zu bestehen.
Aufmarsch der Wehrmacht in der Bahnhofstraße in Kötzting im Herbst  1938,
die Aufnahme stammt vermutlich vom  Kötztinger Hauptlehrer Josef Bock,
der in dem Hause links, Vogl, gewohnt hatte. Die Kötztinger Truppenteile marschieren in die Richtung von Neuern.

Der Sohn Heinrich, stütze des Vaters in der Bäckerei, kam zum RAD und war dann zeitweilig beim Chef des Wehrmeldeamtes als Fahrer eingesetzt. Sinnigerweise war er der Fahrer auf einem Fahrzeug seines Vaters, das sofort bei Kriegsbeginn requiriert worden war. 
Die Männer (Bäcker) beim Militär bzw. dann an der Front und die Bäckerei nach wie vor für einen großen Bereich zuständig. Dies bedeutete dass, nachdem der Großvater mit der Hilfe des Kreishandwerkers Josef Barth einen Versuch des NSDAP- Gaues abwehren konnte, ihm einige Kunden wegzunehmen, ( sie wollten einfach mal seinen "Auslieferungssprengel beschneiden), er sich auf die Suche nach Bäckern machen musste.
Also fuhr er zum Arbeitsamt nach Cham, wo ihm ein "Tscheche"  über den Weg lief, der Arbeit suchte und der glücklicherweise Bäcker war. Auch hier konnte er mithilfe des Kreishandwerkermeisters Barth eine Lösung finden und nun arbeiteten mehrere tschechische Bäcker, aus dem nun angeschlossenen benachbarten Sudetenland bei uns.
Hier die "Notmannschaft" mit drei tschechischen Bäckern und auch bereits meinem Vater
vorne links in Bäckermontur. Hinten links mein Opa 

Später kam die NSDAP doch durch mit einer neuen gebietszuteilung und trennte die Kunden des Altrandsberger Raumes ab, die bekam ein anderer Bäcker zugeteilt, mein Großvater wollte sich in Cham erneut wehren, aber diesmal verbeblich: 
Zitat mein Vater: ... no do hot er damals, do isa af Cham eine, zum Kreisleiter oder weij, also de weij hoit des iwa g'hot ham,: "Na also wenn ihnen der Platz zuwenig ist, im Osten ist Platz genug." Hot er eam zur Antwort gebm.
dann wollte ich von meinem Vater etwas über unsere "Tschechen" erfahren:
 ( F=meine Frage - V= mein Vater M= meine Mutter) Otto war der einzigste tschechische Bäcker, den ich kannte, weil dieser in den Zeiten des Prager Frühlings ein paar mal bei uns in Kötzting zu Besuch war und auch meine Eltern ihn drüben in Babylon ein oder zweimal besuchten.

F. Kurz no zum Otto und zu de Tschenen, de hot se da Opa in Cham drin,  moin i...
V:Na an Mira hot er af'gowelt drin, do hot er an Gsejlln gsoucht und weij  er wida z'ruck kimmt, is koana do gwen,ne, fragt oana, wou do's Orwatsamt is, in gebrochenem Deitsch. "Ja do und do, wos sans an von Beruf?" - "Bäcker"-  "Na gengans glei mit mir mit.
Erst is da Mira do gwen, na hot er an Jada. Der hot koan Daschndeichl g'khot, aijs in Schuatz eine, den wennsthig'steijt host,na is a steij blibm.A sehhana Dreckbeer. Der hot seiba a Beckerei g'hot. 
Na, und na is da Otto g'kemma, na is da Jada wieda fuart, der moin i is wieda hoam -- und na hams an Karl brocht.Vom Karl hamma nix mehr g'hert,  vom Mira hamma a scho so lang nix mehr g'hert. (Interview war ca 1984)
M: ja g'schriebm hat er mal noch
V: Hot er doch wieder mal g'schriebm?
F: ja und de han doch dann allaweil hoamg'forn am Wochenende?
V: ja de hann allerweil..
F: weil Grenz war ja do koane?
V: Jaah-- de Tschechen hamm an Passierschein braucht. Und do heijtns iwa Furth forn meijssn awe, ne, oder do hots no so gleanane Üwagänge gem. Ja owa a so heijtn se sched iwa Schwarzaberg iwan Buggl iwaforn braucha und ernt oi fo Neimoark und na hands in Neigedein scho, ne, heidns a Stund eig'sport g'hot. Und do.. Unmöglich, de grejngs net vom Landratsamt. No, dann is mei Vater owe doda, - damals mitm Holzer - und gscheid Leviten,  - wei mitm Holzer is er ja doch speziell gwen damals, den hot er ja ebs sogn kinna - D'Leviten a Wei g'lesen, weij se se des vorstuijn , de Karln meijsn orwatn ,ne,  und dann hams do an Passierschein grejgt fir den Iwagang. Na sands awei schnell dahoam gwen.

 V: No ja und weijs damals gwen is in Ketzting. jo mei, han ja doch de ganzen Ketztinger, wej der am Amt, da Holzer ,is a Ketztinger  gwen, der wou des iwa g'hot hot. Zu dem host o sogn kinna: He weij stiastar an des vor,  I konn doch net zu dem sogn, der fohrt eitz no dar Orwat hoam, daß er a weng dahoam is aa, na mou er am Sunnta af d'Nacht wieda einafoarn, ne, na mou er a Stund a jeds Mol lenga mitm Radl forn , ne 
M: Und die hamma ja na noch gschobm, wenns bergauf ganga is
V. Und dann kost da ja vorstelln woss fiar Radln g'hot ham. Obwohl, da Mira hot allaweij scho a Rennradl g'hot,woast scho a sechas mitam gebogna Lenka  Do isa g'forn weij a Prijda(Geprellter)

Ein schönes Beispiel des familiären Umgangs mit den tschechischen Bäckern erzählten mir Onkel Bepp und Tante Bettl, also die Seniorchefs des Schuhauses Schödlbauer. (B=Bettl, Bepp und F=Frage)

Bepp: Wej hot der g´hoissn der a so singa hot kinna, da Mira?
B: Na des war da Otto.
Bepp: Des woas I no wej de gsunga hamm, wenn I in Urlaub 
(es war Krieg) do gwen bin, bin I oft affekemma afd Nacht, da hamm de vier Becka a so gsunga.
B: Mei de hamma, da Otto, mei wenn d`Mamma Klavier g´spuit hot, dann hot da Otto g´sunga, „Unterm hohen Dach ist ein Nesterl gebaut“ 

Nach dem Kriege blieben die Kontakte mit den Tschechen in einer lockeren Art weiter bestehen. Wir bekamen deren Hochzeitsbilder zugeschickt und, wie oben bereits angeführt, kam es im Prager Frühling bis Sommer 1968 auch zu persönlichen herzlichen Wiederbegegnungen. 
Sogar zu Wendezeiten, also 45 Jahre danach, kam noch einmal ein Kontakt zustande, als mein Vater dann seine Taubenuhren an seinen tschechischen Besuch verschenkte. .

Neben den tschechischen Bäckern gab es auch noch die Zwangsarbeiter, hier Franzosen, die zumeist beim Dinkelmeier untergebracht waren und zur Arbeit in verschiedene Betriebe dann verschickt wurden. Es war verboten, diesen Arbeitern, die von der Kötztinger Gendarmerie bewacht wurden, Essen zukommen zu lassen. Aber hier war es anders, wenn die Arbeitergruppe wieder zum Holzhacken ankamen, wurde einfach das große Hoftor geschlossen und die Gefangenen konnten sich satt essen. 
Dies wurde mir nicht nur von meinen Tanten erzählt, sondern dies war auch Teil eines Spruchkammerverfahrens, gegen den damaligen Chef der Kötztinger Gendarmerie, dem mein Großvater in seinem Verfahren bestätigen konnte, dass dieser alle Augen zugedrückt hielt, wenn die Franzosen in der Bäckerei verpflegt worden waren.


StA Landshut Spruchkammer Kötzting Nr. 1526 

Briefkopf der Hahns aus den
USA im Jahre 1946

Es wurden natürlich in diesen Verfahren viele Gefälligkeitsatteste erstellt, mein Großvater hatte dazu überhaupt keinen Grund und im Akt desselben Wachtmeisters findet sich auch ein sehr herzlich geschriebener Brief aus den USA, von Angehörigen der Familie Hahn, der zweiten Kötztinger jüdischen Kaufmannsfamilie, die aber, anders als die Kirschners, die Flucht ins Ausland geglückt war, auch wenn dies eine sehr lange Odysee gewesen war, abe das wird einmal eine ganz andere Geschichte.



Offensichtlich haben sich mit den Französischen Zangsarbeitern auch persönliche Beziehungen entwickelt, denn als  Nach der EInnahme Kötztings im April 1945 undd er kurz danach erfolgten Kapitulation Deutschlands ließen die französischen "Gefangenen" - mit diesem Wort unterschrieben sie - mit Datum des 16.5.1946 ein Attest für meinen Großvater, in dem sie Herrn Pongratz und seiner Familie für die Wohltaten und Hilfe, die sie von Ihnen erhalten hatten.
Ich bin leider des Französischen nicht mächtig, daher kann ich das anschließende persönliche Dankesscheiben von Leo Thomas anhand einiger Worte vermutlich richtig zuordnen.  

Dankesschreiben vom Mai 1945

Wenige Monate später kam dann aus Frankreich ein Bild des frisch verheirateten Leos an, der sogar bereits Vater geworden war.

Wenn ich die Widmung auf der Bildrückseite im Zusammenhang mit der Befreiung der gefangenen um den 26.4.1945 stelle, dann sind diese wohl für drei Wochen im Hause Pongratz willkommene Gäste gewesen, denn Leo spricht in seiner Widmung :"Zur Erinnerung von 3 Wochen an Kötzting 15.5.45 Leo."

30 Monate später scheibt er: "schon 30 Monate als ich bin zurück gekommen. Ich habe noch nicht vergessen Herr Pongratz und Frau. Weiß brot Roggen Brot usw  Radio - Gut essen und alles-
Jetz ich habe Frau, baby Klein-Kaufe - Commune - Tison (Handel mit Stoffen) in klein dorf
Prosit Neue Jahr

Offensichtlich wurde im abgesperrten Hof dann auch versucht einen Fremdsender abzuhören, so verstehe ich den Hinweis auf "Radio"


Nach den Franzosen oder vielmehr vermutlich zusammen mit den Franzosen waren dann GIs Gäste im Hause. 
Die folgende Episode habe ich bereits veröffentlicht, hier allerdings wird der Zusammenhang mit der  selbstverständlichen Gastfreundschaft und der Führung eines offenen Hauses, wie es meine Großeltern und später auch meine Eltern mir vorgelebt haben, besonders deutlich in der Abfolge der unterschiedlichsten Nationalitäten.
Nach den Tschechen und Franzosen, nun also 
die Amerikaner:
Hier nun die Zusammenfassung einer Schilderung meines Vaters über die Besetzung des benachbarten Wehrmeldeamtes durch die Amerikaner und das weitere Verhältnis der Besatzer und unserer Familie.
Beim Einmarsch der Amerikaner - also Ende April 1945 - obwohl es ein sehr kaltes und feuchtes Frühjahr gewesen war - hatte meine Großmutter bereits die hölzernen, großen und langen Blumenkästen auf der Hofseite auf den Fensterbrettern bereitgestellt. Als die Amerikaner das WMA besetzten und damit eine erkleckliche Anzahl deutscher Gewehre erbeutet hatten, leerten sie einfach die Blumenkästen, füllten diese mit den Gewehren, nagelten sie zu und schickten diese als Kriegsandenkens nach Hause bzw. nahmen sie einfach mit.

Die beiden Häuser - also Wehrmeldeamt und Bäckerei - hatten je einen Hinterausgang  zu einem gemeinsamen Hof und dieser wiederum kann nur durch ein dicht schließendes Tor von der Metzstraße - so wie heutzutage auch noch - befahren und eingesehen werden. Jedes Mal, wenn die amerikanischen Soldaten hinten in den ruhigen Bereich des Hofes traten oder fuhren, blickten sie mitten hinein in unsere Backstube und, so wie es eben in Bäckereien der Fall ist, hatten damit den ganzen Vormittag den Duft von Frischgebackenem in der Nase.
"No fraternisation" ist die eine Sache  "Liebe geht durch den Magen" eine andere und meine Oma hatte ein sehr einnehmendes Wesen und ihrer Aufforderung zum Kaffeetrinken und Frühstücken folgten die amerikanischen Soldaten anscheinend sehr gerne und mit voller Montur und auch bewaffnet, man weiß ja nie, was so eine bayerische, wohlgenährte Bäckermeisterin so im Schilde führen kann. 
(Ohne es genau zu wissen, vermute ich mal, dass die Amerikaner den Kaffee hatten und die Oma den Rest.)
 Dieser gemeinsame Hof hatte aber im Moment der Übernahme durch die US Soldaten auch einen Nachteil, neugierig schaute mein Vater hinten aus dem Haus Nummer 28 in den Hof hinaus als die US Soldaten gerade dasselbe aus dem Haus Nummer 30 machten und den deutschen jungen Mann, trotz kurzer Lederhosen, sofort verhafteten und mit den anderen Gefangenen aus dem WMA draußen auf einen LKW verluden. Erst ein Offizier pickte sich dann den jungen Mann in seinen kurzen Lederhosen wieder aus dem Block der Männer heraus und bedeutete ihm zu verschwinden....

Ich wollte hier die Geschichten der internationalen Gäste im Hause im Zusammenhang schildern, nun allerdings muss ich ein halbes Jahr zurückspringen, denn im Oktober 1944 schlug das Schicksal zu, Heinerl, dem das  musikalische Talent der Mutter in die Wiege gelegt worden war, fiel an der Ostfront, und nichts mehr war so wie vorher und wie es die Lebensplanung des Bäckerpaares gewesen war. Zu allem Unglück wurde nun auch der "Bubi", also mein Vater eingezogen bzw. mit dem RAD an die Fronten geschickt.

Wie in dem Zeitungsartikel von 2003 im Gespräch mit Frau Schödlbauer dargestellt ist, packte mein Opa den Ortsgruppenleiter der NSDAP,  Herrn Rümmelein vom Sperlhammer, der in den Laden gekommen war, um die Eltern vor anwesender Kundschaft zu informieren, dass ihr Sohn sein Leben "für Führer und Vaterland" geopfert habe, und warf diesen aus dem Laden und die Stufen hinunter auf den Marktplatz.  Erst auf "Bitten und Betteln" der Tochter, die von der Mutter zum OGL geschickt worden war, hatte dieser seine Anzeige bei der Kreisleitung in Cham zurückgezogen.
Die Lebensgeschichte Heinrich Pongratz habe ich bereits ausführlich dargestellt. 

Was blieb, war nur noch die Erinnerung an einen lebenslustigen Kötztinger jungen Mann und viele Bilder.





Wer bis hierher gelesen hat.... meinen Respekt.

Einschub

An dieser Zeitenwende, dem Übergang von den Kriegszeiten hinein in die friedliche aber trotzdem turbulente  Aufbauzeit der Nachkriegszeit beende ich diese spezielle Häuserchronik.

In einem zweiten Beitrag - noch wesentlich länger als dieser - habe ich die Geschichte des Hauses noch einmal an der Stelle aufgenommen, als mein Großvater sich in Kötzting eingekauft hat und die Familiengeschichte heran bis an die Gegenwart unserer Familie verlängert.
In diesem - noch nicht/vielleicht auch nie veröffentlichten - 2. Teil der Häuserchronik habe ich auch nach einer Form gesucht, wie man Familiengeschichte darstellen kann. 
Ich möchte mit diesem Blog natürlich keine "Nabelschau" betreiben und stelle den 2. Teil daher nicht öffentlich. Sollte jemand Interesse an dieser Form von Genealogie haben, dann einfach eine Nachricht an mich und ich und ich schicke den Link zu.

Einschub Ende

Anhang:

Es ist wie häufig im Leben, kurz nach Veröffentlichung dieses Blogbeitrages habe ich in Unterlagen des Klosters Rott im Hauptstaatsarchiv in München ein Dokument gefunden, dass sich mit einem der Hausbesitzer befasst. Es ist kein Ruhmesblatt aber für mich so besonders, dass ich es hier im Nachgang anfüge, so wie ich es mit allen anderen Zufallsfunden mache, die wichtig genug sind, in der Häusdokumentation erwähnt zu werden.


HStA München KL Rott 80:

Jetzt muss ich aber zuerst meine nur noch rudimentäre vorhandenen - und nie guten -  Lateinkenntnisse wieder zusammenkramen:


Vom Krieg, der im Jahre 1703 und 1704 zwischen den Österreichern und Bayern wütete undd er Bayern ärmlichst zerstört hat.
Brief des R.P. Anianus Mitter, Priors von Kötzting an den ehrenwerten Herrn Abt Aemilianus am 11.Mai 1703


Obwohlen nach den Abzug Säxischer Völker die Husaren, Juden und böhmisches Luedergesündt auf umbligenden Orthen benanntlich Stächesried, Eschlkamb, eine grausame Nachtplinderung gemacht mit ruinierung der Kirchen, Ermordung etwelcher Leithen und Abnehmung alles, auch der schlechtesten Sachen, leben wür Köztinger doch bishero noch unangefochtner. Sye sollen verschüfrte Befelch bekommen haben, nit das mindeste gegen bayern zu lentiren, sie lassen doch das hereingehen nit. Den 5 May ist Herr von Poyssl zu Hochenwarth angelangt, seines erlittenen Schadens augenscheinlichen Bericht einzuhollen:
Herr Kheser als Hochenwarthischer Richter - sie oben der Marktschreiber Keser - dürfte mit Herrn Poyssl ein Namhaftes auszustehen haben, weillen Herr Poyssl eine Salva Quardie
[eine Art von Schutz und Geleitbrief]von ihro Kaiserlichen Maiestett anvertraut hat, er aber die feindlichen trouppen nicht erwarthen, sondern sich mit der Flucht nachher Straubing retirieren wollen.ohne das er einigen Menschen


von dem Salva quardie Brief, so zu Hochenwarth aedualiter gelegen, etwas gemeldet hat: würdt also Herr Poyssl allen erlittenen Schaden welcher seinem Anschlag nach, sich in die 8 bis 900 fl erstreckt und vermittels des Salva quardi brief gar wohl hette können vermittelt bleiben, an ihme Kheser praetendieren.
H. Poyssl hat den 7. May als den ersten Tag in unser Aderlaß den ganzen tag und über Nacht bey uns im Pfarrhof verlieb genommen , und so wohl auf gewesen, daß er frey bekennt, innerhalb 10 Jahren kein solchen Rausch gehabt zu haben, als ihm der Pfarrhof gestern angehengt, und versprochen solchen mit der Zeit zu revanchieren. Wür haben über das Mittagsmahl mit ihme /: oblate occasione
= die Gelegenheit war günstig:/ propter divina - also über geistliche Sachen - angefangen zu diputieren, er aber laßt sich das Recht sprechen. Unterdessen hab von ihm wohl können abnehmen, daß ihre Gnaden so gar schwer nit sein wird, bey einem hochw. Consistorio ihr intentum wegen incorporierung Schönbuchen und Grafenwiesen zubekommen. Dises Beykommende Schreiben schickt mir gestert Herr Kazner zur nebst seinem befelch, es träfe Grafenwiesen an, sey aber nichts daran gelegen, und soll ihn nur aufmachen. Ich hab den Titl nit genuegsamb confideriert, und also ihn aufgebrochen, bitte also mir in Ungnad nit dis aufzunemmen, massen auch H. Kazner von mir ein recepisse begehrt. Ob aber inhalt dessen nit von Herrn Poyssl in seiner erst ganz kürzlichen Raiß zu Starubing sein angesponnen worden, laß ich dahin gestöllt sein, er hat sich doch bey uns, dessen in mindesten nichts lassen anmerken. Vorgestern als den 9. May ost Herr Pfleger von Straubing widerumb zurück kommen, hat micht gestern zu ihm in Garten berufen, und auf die Nacht seine Speisen in Pfarrhof tragen lassen. In Abwesenheit Herrn Kazenperger ist ein Ab- und Anstand auskommen. Welches geschcäft pro interim Herrn Kayser übergeben worden; ansonsten bin ich bishero noch niemal von Herrn Kazenberger begrüßt, noch im Pfarrhof besucht worden.
Herr Walder will die Landfahnen in Camb zusammen ziehen, es wollen ihm aber weder die Soldaten, noch einige Schütz gehorsamen, und seint schon heitige Nacht bey uns die mehriste Soldaten enlofen, bereit ehender den Kopf zelassen, 

als unter dem nichtigen Kommando des H. Walser zu stehen. Was sonsten für ein murmuration über den gueten H. Obristen im Wald eingeschlichen, ist nit zubeschreiben, zumahlen aller Schaden, so der Wald bishero erlitten, ihme und den Monteifl will zuegmessen werden, wegen ihres so unbeherzten Commando, Ansonsten hat man in der Regierung Straubing das große Elend, so der Wald bishero gelitten, theils durch ganz grundvolle Berichten, theils mündliche Klagen und vilfältige Beschwerungen der armen Bedrangten, wohl vernommen, doch niemal einige Vrobringung gethan, und steht die linie noch bis iezt dieser Stund ganz Edt. Seindt auch sehr vilfältige Klagen wider H. Obsisten alldort eingeloffen, bleibt doch derselbe noch zu dato bey derselben Regierung in höchster Aestimation und Ehren, man kan hieraus sehen, was guete Freund vermögen. Glaube aber wan meine guete Herrn Räthe, weill sie denen getreuen Berichten keinen Glauben geben wollen. selbsten den Augenschein unseres Elendt, oder des besagten Commando hetten eingehollet, wurden sie anderst yudicieren. Man sagt woll, daß die Regierung die Bericht an ihro churfürstliche Durchlaucht habe lassen ablaufen, glaubs auch, ist uns aber zu dato noch nicht geholfen worden, und stehen immer zuw noch in Gefahr. Anbei mich ihro hochwürden und Gnaden meinem genedigen Herrn Herrn mich ganz kindlich recommendiren. Datum 11. May 1703
Ihr gehorsamster und unwürdiger Sohn
P. Anianus 










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