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Dienstag, 25. August 2020

Eine Kötztinger Marktrechnung als Beispiel für eine Jahreschronik Teil I

Unter den Unterlagen, die im Moment aus dem Panzerschrank ausgelagert und wieder ins Stadtarchiv Bad Kötzting eingegliedert werden, befindet sich auch eine umfangreiche Rechnung des Marktes Kötzting aus dem Jahre 1782. 

Umfangreich bedeutet hier vor allem, dass in diesen Zeiten solche Rechnungen eher einem "Erlebnisaufsatz" glichen als einer buchhalterisch, nüchternen Auflistung von Einnahmen und Ausgaben. Natürlich sind auch damals die Geldströme in Einnahmen und Ausgaben getrennt aufgeführt und diese selber wiederum in die unterschiedlichsten Kategorien eingeteilt, aber die Einzelposten sind mit einem mehr oder weniger ausführlichen Kommentartext versehen, die es möglich machen einen detaillierten Blick auf die Bedingungen im Markt Kötzting des Jahres 1782 zu werfen. 

Rechnung des Gemeinen Markts
Közting
Welche Georg Anton
Schweitzer Amtskammerer ab=
gelegt für das Jahre
1782 

Rechnung des Gemeinen Markts Közting, welche der von der Bürgerschaft durch eine freye Wahl ex ao: 1780 elegiert und von einem churfürstlich loblichen Pfleg- und Landgericht Közting, alt gewohnlichermassen verpflicht und dermall im Amt stehende Kammerer Georg Anton Schweitzer samt seinen Mit- oder Nebenkammerer Wolfgang Samuel Luckner über alle Einnahmen und Ausgaben einer sammentlichen Gemeinde vom Neuen Jahr, bis Ende Dezembris 1782 gepflogen und abgelegt hat, wie hernach mit nehers zuvernehmen 1782

Hinweis: Kötzting wählte (in freier Wahl) seine Ratsmitglieder, die anschließend von der Regierung bestätigt werden mussten.

Hinweis zur Währungsumrechnung:
Es ist sehr schwierig bis unmöglich die damalige Währung 1:1 auf heutige Verhältnisse zu übertragen. Von Herrn Ludwig Baumann habe ich eine Rechnung übernommen, die zumindest ein Gefühl für die Höhe damaliger Zahlungen-Steuern-Löhnen geben könnte und zwar den Vergleich mit dem Bierpreis.
Also: Eine Maß Bier kostete damals 3 Kreuzer. Ein Gulden hatte 60 Kreuzer. Für einen Gulden bekam man somit 20 Maß Bier und je nach Bezugsquelle ergibt sich somit ein Wert eines Guldens in der Bierwährung von 100-150 Euro.
Legt man einen durchschnittlichen Tageslohn eines Arbeiters zugrunde, so kommt man auf eher noch höhere Beträge, nur war eben die Arbeitsleistung damals eher sehr schlecht bezahlt, was die Umrechnung verzerrt.
Lassen wir den Umrechnungsfaktor mit der Biermethode einfach an der unteren Grenze und nehmen den Gulden mit ca. 100 Euro an.



Marktsteuern

Die erste Einnahmerubrik waren die "Marktsteuern", darunter war die Hauptsteuer vergleichbar mit einer heutigen Grundsteuer, dann eine Herdstättenanlage, ein Pflasterzoll, eine Tanzsteuer und eine Müllerabgabe. 

Hinweis: Bei der Herdstättenanlage liegt das Prinzip zugrunde, dass erst eine Feuerstätte ein Objekt zu einem bewohnbaren Haus machte.

externe Untertanen


Einnahm an Stüft und Gülten von denn gemeinen Markts Untertannen zu Hofern, Kammern und Ottenzell.
Vermög zu gegen ligenden Stüft- und Saalbüchels, machen dise
10 Gulden 47 Kreuzer

Hinweis: Der Markt Kötzting verwaltete nicht nur selbstständig seine Bewohner sondern war  zusätzlich  auch noch Grundherr über einige Bauernhöfe in diesen drei Dörfern, was er mit einem eigenen Salbuch belegen konnte. 
Im Historischen Atlas von Bayern, Ausgabe Landgericht Kötzting, finden sich die entsprechenden Belege:



Zinseszinseinnahmen aus München

Schon im Jahre 1620(!) hatte Kötzting eine "Zwangsanleihe" über 1000 Gulden zu zeichnen gehabt, welche aber andererseits München verpflichtete, 5 Prozent Zinsen auf diese Summe zu berappen. Viele Jahrzehnte lang bestand diese Einnahmerubrik schlichtweg nur aus einem Wort: "NIHIL", also nichts. München konnte bzw. wollte nichts bezahlen. Später folgte die Zentralregierung dann in kleinen Schritten der Zahlungsaufforderung und erkannte zumindest ihre Zahlungspflicht an. Im 1782er Rechnungsbuch wird ein Zinsrückstand seit 1769 in Höhe von 540 Gulden aufgelistet, für welche München nun 4 (!) Prozent Zinseszins zu bezahlen bereit war und Kötzting quittiert den Eingang von 40 Gulden aus München.
Auch für zwei ganz besondere, dem Markt gehörenden Bauernhöfe, dem Gruberhof und dem Watzhof  forderte München eine Abgabe - und versprach Zinszahlungen - hier allerdings war München noch nicht bereit, Zahlungen zu leisten, deshalb der Zusatz: "NIHIL", also nichts.



Zinseinnahmen von den Bürgern

Ähnlich wie die Pfarrkirchen der Umgebung, das Spital Kötzting oder die frommen Bruderschaften, verlieh auch der Markt Kapital gegen einen festgesetzten Zinssatz von 5 Prozent.
Der Sattler Sebastian Frins (heutzutage Metzstraße 7) hatte 1756 mit der Übernahme seines Hauses von dessen Vater Balthasar auch dessen Hypothek übernommen und zahlte von 20 Gulden Schuld seinen Einen Gulden an Zins an die Marktkasse.
Weitere Schuldner beim Markt: der Schneidermeister Joseph Obermajer hatte ebenfalls 1756 sein Haus von seiner Mutter übernommen. (alte Hausnummer 117 im Pfeffergraben, heutzutage Pfeffergraben 6a)
Dann Michael Härtl, der Junge, ein Leineweber.  (alte Hausnummer 107 heutzutage im Hotel zur Post ausgegangen) hatte das Saliteranwesen seiner Schwiegereltern übernommen, was den Anlieger Samuel Luckner sicherlich freute, dem das Saliteranwesen an seiner Gebäuderückseite schon immer ein Dorn im Auge gewesen war wegen der Brandgefahr.. 
Der Mauerer Anton Perzl auf dem Simmetschen Haus (Brandstraße 6) und dann Adam Dirnberger, Bürger und Küfner, damals noch nicht auf dem später "Dirnbergerhaus" genannten Anwesen, sondern in der heutigen Müllerstraße 1 zuhause, beide haben Geld bei der Marktkasse aufgenommen.
der Vollständigkeit halber führ ich noch die weiteren Schuldner auf:
Georg Jobst, Häusler und Leineweber (Pfeffergraben)
Mathias Kagermaier, Bürger und Küfner (Marktstraße 13)
Franz Härtl, Marktlehner und Leineweber (Schirnstraße 12)
Elisabeth Scholl, Witwe und Marktlehnerin (Marktstraße 25)
Insgesamt hatte Kötzting 1092 Gulden


Bürgerrechtsgelder

Wer in Kötzting als Bürger aufgenommen werden wollte - was nur mit dem gleichzeitigen Erwerb eines Anwesens möglich war,  musste sich das Bürgerrecht zuerst erkaufen, was je nach Anwesensgröße (Marktlehen - Sölde -Haus) in unterschiedlicher Höhe zu entrichten war.
1782 waren dies der Churfürstliche Gerichts- und Marktprocurator Franz Xaver Müller, der das Anwesen am Marktplatz von seinem Schwiegervater erwarb - Siehe Häuserchronik Hausnummer 8 - und dafür 20 Gulden bezahlen musste. 
Georg Kronfelder zahlte nur 10 Gulden, sein "Häusl" ist eingegangen und liegt hinter der heutigen Schattenaustraße 5.   
Der Viechtacher Bürgersohn Josef Schreiner zahlt 20 Gulden und erwirbt das Marktlehen, das wir heute als das Kaufhaus Gartner kennen (eigentlich eine Sölde) 


verpachtete Grundstücke und "Mieteinnahmen"

 Im Besitz des Marktes befand sich ein kleines Haus, welches nach dem Marktbrand von 1867 nicht mehr errichtet worden war, ein Haus, das sogar einen Eigennamen besaß: die Wuhn.
Zur Wuhn gehörten auch einige Grundstücke, welche die Marktgemeinde verpachtete. Bei manchen  dieser Grundstücke sind Flurnamen und Ortsangaben mit protokolliert, die sie besonders interessant machen oder aber andere Kleinigkeiten.
Das Wuhnackerl zum Beispiel wurde auf dessen Antrag hin an den Kötztinger Ochsenhüter kostenlos vergeben
Ein weiterer Acker der Wuhn lag im Galgenfeld - heutzutage die Verlängerung der Hagerstraße.
Der Gruberhof (Strohhof - Gärtnerei in Grub) ist in einer weiteren Verpachtung als Ortsangabe aufgeführt.

Anders als heutzutage hatten die Kötztinger Bäcker nicht jeder einen Laden, sondern die Backware musste im märktischen Brothaus verkauft werden, wofür die Kötztinger Bäcker, im 1782 waren dies:
Michael Lärnbecher
Andre Dreger
Bernhard Auzinger (Marktstraße 30)
Franz Seiderer
Max Auzinger und Veith Haselsteiner (spätere Bäckerei Grassl)
für die Benutzung der Brotstände Gebühr von 1 Gulden pro Bäcker und Jahr zu bezahlen hatten. 

Hinweis:
Anders als bei den Metzgern, die im Fleischhaus in der Metzstraße schlachten UND verkaufen mussten, buken die Bäcker zu Hause, stellten aber ihre Ware im Brothaus gemeinsam zum Verkauf aus. 
Das Kötztinger Brothaus befand sich zu der Zeit im Rathaus. In späteren Zeiten wechselte es in das Mesneranwesen in der Herrenstraße. Für den Verkauf selber war dann der Brothüter zuständig, in diesem Jahr der Schneider(!) Joseph Obermeier 




Neben dem Brothaus befand sich im Rathaus auch noch ein Kramladen, welcher vermietet wurde. Anton Schneiders Witwe musste als "Miete" für den "Gemeinen Markts Kramladen auf das 1782te Jahr" stolze 24 Gulden bezahlen. 

Im Erdgeschoß befand sich seit der Zeit nach dem 30jährigen Krieg eine "Schlosserwerkstatt"  - die ist den Kötztingern praktischerweise bei einer Insolvenz in den Schoß gefallen und die Wuhn war damals frei  - und eine Wohnung. Für das Erdgeschoss mit Wohnung und Werkstatt bezahlte der Nagelschmied Anton Fischer 8 Gulden und für die Wohnung im ersten Stock musste der Inwohner Johann Mossmüller 6 Gulden im Jahr aufbringen. Die Wuhn, vor allem mit seinen Bewohnern im ersten Stock, war damals sehr, sehr schlecht beleumundet und vor allem die Mossmüllertöchter machten den Kötztinger Magistratsräten einigen Verdruss, sag ich mal.....




Der Stroh- oder Gruberhof war im 16. Jahrhundert mitsamt seinen umfangreichen Grundstücken dem Kloster Rott abgekauft worden - für Kötzting übrigens ein sehr gutes, für Rott ein miserables Geschäft und dessen Grundstücke dann gleichmäßig auf die Kötztinger besitzenden Bürger verteilt worden. Das zweistöckige Gebäude blieb im Besitz des Marktes und wurde an zwei Parteien vermietet.   
Hier der Eintrag für die Wuhn-Behausung

Samuel Luckner zum Gschwandhof  (Luckner hatte zu diesem Zeitpunkt bereits sein Hauptanwesen, das heutige Hotel zur Post, an seinen Schwiegersohn übergeben und hatte sich nur noch den Gschwandhof behalten, weshalb er überhaupt noch Bürger und vor allem Kammerer bleiben konnte. Ohne Grundbesitz wäre dies nicht möglich gewesen.) ab dem Goldhaufen Wisfleck.
Dieses "Goldhaufen" genannte Flurstück habe ich noch nicht lokalisieren können, aber es müssen ja auch noch für spätere Forschergenerationen Aufgaben überbleiben

Für das Rechts des "Salzausmesselns", als das Abmessen von Salz im Brothaus bezahlte der Brothüter Joseph Obermeier 2 Gulden, für das Recht des Melbelns, als des Mehlverkaufes war eine Jahresgebühr von 1.30 zu entrichten. Der Melbler war damals der Häusler Georg Graßl.

Die Ziegelhäusl erbrachte in diesem Jahr aus ungenannten Umständen keine Miete

Die Fleischbank in der Metzstraße war für die Kötztinger Metzger Schlachthaus und Verkaufsladen zugleich. 1782 waren dies
Kaspar König (Marktstraße 36)
Wolfgang Weihrauch (Gasthaus Pfeffer)
Joseph Zeiller (Schirnstraße 5)
Jakob Räbl  
Stephan Dimpfl (Metzstraße 11)
welche zusammen 15 Gulden bezahlen mussten. Diese Stift wurde immer per Vertrag auf 3 Jahre abgeschlossen.

Als nächstes "Objekt" im Besitz des Marktes kam in der Liste der Watzlhof bei Grafenwiesen, ein großer Bauernhof, der im 19. Jahrhundert verkauft werden musste. Aus dem einzelnen Bauernhof entstand dann in kurzer Zeit die Ortschaft Watzlhof.


Weiter geht's mit dem Gruber- und dem Dampfbach: ungeachtet aller Bemühungen hatte sich für 1782 kein Pächter für diese beiden Fischgewässer gefunden, weshalb die Marktkasse leer ausging. 

Die an die Bürger verteilten Grundstücke des oben vermieteten Gruber- oder Strohhofes bekamen diese natürlich nicht kostenlos. Im Jahre 1735 wurde darüber ein genaues Register aufgestellt, das die Grundstücksgröße und die Leistung berücksichtigte. Diese verteilten Flächen erbrachten der Marktkasse stolze 41 Gulden.

Nun kommt ein seltsamer Eintrag:

Der Wasseranschluss des Pfarrhofes auf "(V)ersuchen und Widerruf" momentan kostenlos(!)

Der Pater Prior und gleichzeitig Pfarrherr von Kötzting wird zwar bis auf Widerruf von den Kosten für seinen Wasseranschluss hinein in den Pfarrhof (heutzutage das Kötztinger Rathaus) befreit, wird aber grundsätzlich dafür herangezogen.
Einschub: Dieser Wasseranschluss war bereits Teil eines jahrelangen erbitterten Streits zwischen dem damaligen Kammerer Luckner und dem Kötztinger Pfarrer Mack gewesen. Ein Vergleich mit Don Camillo und Peppone ist hier durchaus angebracht, wobei in Kötzting, anders als im Film,  eher der Peppone gewann. 
Was dabei für mich unerklärlich ist, ist die Tatsache, dass die Quellschüttungen für das Kötztinger Wasser durchwegs auf Kloster Rottischem Grund und Boden im Bereich von Gradis sich befanden und der Pfarrer sein Recht auf einen Wasserbezug nur durch Streit und Prozesse erreichen konnte. Hätte er auf seinem  (Kloster Rottischen) Grund die Quellenzuflüsse gestoppt oder behindert, hätte der Markt vermutlich sehr schnell nachgeben müssen.....


Die nächste Unterabteilung ist eine Art von Pacht auf Grundstücke
Der Markt Kötzting unterschied eindeutig zwischen Anwesen (Marktlehen, Sölden und Häusern) aus der Anfangszeit (oder zumindest aus Zeiten von denen es keine schriftlichen Unterlagen mehr gibt) und solchen Bauherren, die nachweislich beim Magistrat um ein "Plätzl für einen Hausbau" nachgefragt hatten. Diese Hausbesitzer bezahlten neben ihrer regulären Gebühr zusätzlich auch noch eine jährliche Abgabe für den vom Markt zur Verfügung gestellten Platz. Dies ist vor allem für die Häuserchronik von Interesse, weil diese Häuschen in späteren Verkaufsprotokollen plötzlich wie aus dem Nichts auftauchen.
Die Kötztinger "Neubaugebiete" lagen damals zumeist im Bereich der heutigen Holzapfelstraße und im Bereich außerhalb des Chamauer Tores
Hier einige Beispiele:

Barbara Fischer auf dem Grasmayerischen Haus Martin Hafner, Schuhmacher und der Fluderknecht Johannes Fischer. Sie alle bezahlen für ein vom Markt "verwilligtes Bläzl
Dasselbe Bild bei dem Strumpfstricker Mathias Mack. Der Kötztinger Hafner Görnhuber in der Metzstraße bezahlt für den Bauplatz für sein Haus und für den Brennofen.
Die "Erbpacht" für die Bauplätze betrug durchgehend 33 Kreuzer, mit ungefähr 50 Euro eine erträgliche Summe. 
Es geht weiter mit dem Schlosser Leonhard Haas (heute noch erkennbar)

Der Kammerer Anton Schweitzer bezahlt für eine Wiese , die Hütwöhr genannt, unterhalb der Herrenweiher auch nur 34 Kreuzer.

Die Hütwöhr ist die Wiese innerhalb der Regenschleife gleich hinter dem alten Kötztinger Freibad und die Herrenweiher befinden sich auf dem Grafenwiesener Kirchenweg kurz vor Fessmannsdorf auf der Kötztinger Seite des Regens. Wenn man am neuen Friedhof vorbei nach Grafenwiesen fährt, kommt rechts die Abzweigung zur Rieselhöhe. Nach dieser Abzweigung fällt der Hang hinunter zum Herrenweiher. 


Weitere Bauplätze gingen an den Fluderer Paul Rietmeier, an Joseph Härtl der ältere, an Joseph Härtl der jüngere für einen Stadelbau auf der Kollstadt.
Der Sagstiffter - der Pächter der Herrensäge, heutzutage die Brauerei Lindner - Christoph Kollmeier benötigte eine Fläche auf dem "untern Wörth" für die Lagerung der Sagbäume, weshalb man diese Fläche 1782 nicht verpachten konnte.

Das sogenannte Kamplmacherhaus entsteht:

Auch das heutige Kamplmacherhaus ist eines der jüngeren Häuser s.o. in Kötzting, hat aber eine komplizierte Vorgeschichte. Nach der Errichtung zweier neuer Häuser ("negst dem obern Gärtner" = unterer Teil der Holzapfelstraße) wurde ein zusätzlicher Antrag abgelehnt und ein anderer Bauplatz gefordert und gefunden:
114 und 115 die neuen Häuser "negst dem obern Gärtner" Ausschnitt aus der Uraufnahme von 1832 aus
Kötzting 1085-1985




hat man....sohin hierzu hart unter dem churfürstlichen Schloßgraben unweith des ehemaligen Lucknerischen und nunmehrige Poschingerischen Stigl auf der gegenüber ligenten Seuften, das erforderliche Bläzl ausgezeiget.

Auch hier gibt es eine interessante Ortsbeschreibung: "das Lucknersche oder Poschinger Stigl". 10 Jahre vorher gab es einen strittigen Ortstermin über eine Erneuerung der Kötztinger Brückensituation, die zu einem Streitfall vor der Regierung in Straubing führte. Für die Straubinger Richter wurde deshalb ein Situationsplan gezeichnet, der diesen Gangsteig längs der Poschingerwiese und einer Mauer aufführt.
StA Landshut Rentkastenamt Straubing A 97 
 Das, was heutzutage DIE Hauptzufahrtsstraße nach Kötzting darstellt, war damals offensichtlich nur ein Gangsteig entlang einer Mauer, die die Poschingwiese sicherte bzw. abgrenzte.

Weiter heißt es: Diese Verwilligung ist sonach von berührten Finken (er war der ursprüngliche Antragsteller) an Adamen Hummel, burgerlichen maurermeistern alhir cediert: sofort von dem Hummel erdeudtes Häusl aufgebaut= hierüber das gewöhnliche Ankonftsbrief teste Protocols vom 6. 9bris 1781 wohl merklich doch ohne alle Befugnis erlanget und nach dessen Inhalt dann der hochgnedigsten Verwilliguns  resolution die Gult heude zum ersten Mall entrichtet worden mit 33 Kreuzer

Somit besteht das Kamplmacherhaus seit 1781

Die nächste Rubrik ist der Pflasterzoll, diese "hoheitliche Aufgabe" wird normalerweise einer Privatperson meistbietend versteigert  und der Pflasterzolleinnehmer kann sehen, wie er sich übers Jahr dann refinanziert mit den durchfahrenden Fuhren.



Ursprünglich - seit 1666 - betrug der Pflasterzoll .."von einem geladenen Karn ain Heller und von ainem Wagen ainen schwarzen pfennig". Nun aber hat der Kurfürst Maximilian Joseph bei der Bestätigung der alten Marktfreiheiten "die neuen Privilegien erteilt, dass zur Herstellung und kunftiger Unterhaltung des all zu ruinösen Marktpflasters, Weg  und Strässen im bürgerlichen gezirk: von ied an ainem beladenen Wagen sich befündeten Pferd 1 1/2 Kreuzer und für ain lähres derley 2 Pfennig konftig und fortan erhollet werden derfe...."
ABER: ...weill die meiste Fuhrleith nicht mehr anher sondern vast für beständig auf deren neuen Hochstrass Hin; und herfahren .... haben sie die Pflasterzollgebühr nicht mehr versteigern können sondern dieses dem Marktdiener zum Festpreis von 3 Gulden 30 Kreuzer jährlich überlassen. 
Die Auswirkungen der modernen Zeiten also.

Einnahmen aus Gerichtswändel:

Der Kötztinger Magistrat unter dem Vorsitz des Kammerers (=Bürgermeister) war auch eine Gerichtsschranne, auf der Recht gesprochen wurde und bei den im oberen Kapitel des Pflasterzolls angesprochenen neuen Privilegien wurden auch die Straftaten genau definiert, welche der Markt selbstständig aburteilen durfte.
Leider verweist der Eintrag auf entsprechende Seiten des Ratsprotokolls, welches nicht mehr existiert,
Folgende Vergehen durfte der Markt selbst regeln:
Beleidigungen
Raufen und Schlagen, ohne alle Waffen mit der bloßen Hand.
Das Boldern (Poltern) auf der Gassen oder in Häusern, ohne Waffen zu entblößen
das leichtfertige Verhalten bei Bürgern und in bürgerlichen Diensten stehende Ehehalten, auch die causa mixtis, also die Leichtfertigkeiten zwischen Bürgern und deren Ehehalten..
Auch die Causa mixtis
Neun abgeurteilte Vergehen erbrachten eine Strafsumme von 7 Gulden 34 Kreuzer und 2 Heller
Lediglich drei mal wurde wegen "Leichtfertigkeit" verhandelte; aber diese wenigen Fälle erbrachten eine Strafzahlung von 16 Gulden. 


Einnahmen von der Neuerbaut Gemainen Markts Herren Saag

Ähnlich wie das Kamplmacherhaus gehört auch der jetzige Lindnerbräu zu den eher jüngeren Anwesen in Kötzting. 1756 nach Erlaubnis durch die Regierung in Straubing wurde eine neue Schneidsagmühle errichtet und diese erhielt den Namen: Herrensäge. Eine Sagmühle also im Besitz der Kötztinger Ratsherren. Samuel Luckners schreibt selber, dass dies eine der Hauptsäulen war, um die marode Kötztinger Marktkasse wiederum aufzufüllen, was ihm laut eigener Rechnung auch gelang.
1782 war die Herrensäge an den Kötztinger Marktlehner und Lederer (und Kompagnon Luckners) verstiftet.
136 Gulden jährlich erbrachte allein die Stift der Mühle und weitere 11 Gulden hatte der Stifter zu begleichen für die Schwartlinge, die ihm geblieben waren. 

Einnahm aus dem Fallrecht

Diese Einnahmen aus dem Fallrecht - der Marktmühlenfall war die "Zollstelle", dienten dem Erhalt der Brücken und Stege. Von jedem "passierenden fach brödern, wovon jedes etwan in 30ig Stuck brödern bestehen mag" kassierte der Marktdiener, der die Aufsicht übertragen bekommen hatte, 6 Kreuzer. 
Dieses Gefälle machte die stolze Summe von 286 Gulden aus, was bedeutet, da ein Gulden 60 Kreuzer hatte, dass es im Jahr 1782 2860 Fuhren über den Marktmüllerfall hinunter gegeben hatte.
Da war was geboten auf dem Weißen Regen in Kötzting im Frühjahr.

An dieser Stelle steht ein interessanter Zusatz:
Wenn einzelne Posten geringer ausfallen als erwartet, wurde -siehe der Pflasterzoll wegen der ausbleibenden Fuhrleute - hier waren es glatte 99 Gulden weniger als im letzten Jahr wurde die Differenz ausdrücklich am Rande vermerkt. 
Auch eine Erklärung wurde geliefert: es war weniger, weil das Fluderwerch wegen der von denen Schwaben nacher Straubing erhaltenen Freyen Lieferungen abgenommen.
Offensichtlich hat die Regierung den "Schwaben" erlaubt, ein größeres Kontingent an Holz steuerfrei bis nach Straubing liefern zu lassen. 

Gemeine und Sondereinnahmen: 

Kerzen: Zu der auf Furth im Hl Floriani wegen Abwendung aller Feuersgefahr verlobte Körzen, hat man ersambelt   4 Gulden 31 Kreuzer
Kaminkehrer: Dominikus Marty Kaminkehrer aus Cham zahlt an den Markt im Jahr 6 Kreuzer 4 Heller.
Siegelgelder: die Gebühren für alle Beurkundungen von Seiten des Magistrats 45 Gulden 8 Kreuzer
Dienstschmalz: vom Strohhof in Grub für jedes Pfund Schmalz 2 Kreuzer, insgesamt 20 Kreuzer.

Auch hier gibt es eine Besonderheit: (Hintergrund 1778 war das Straubinger Landl- und damit auch der Markt Kötzting - für eine gewisse Zeit Teil der Österreichischen K+K Monarchie im Zuge der Auseinandersetzungen mit der bayerischen Erfolgeauseinandersetzung) 
Dies zum besseren Verständnis des folgenden Textes:
Wegen denen in anno 1778 für die kay(serlich) königl(ichen) Trouppen gestellt und dato noch nicht ruckzahlten 6 Fuhren, erwürdet es dermall wegen gemangelter Zeit an schriftlicher Beitreibung, weillen auf die mündliche Anmanhnungen nichts erfolget und dahero ist zu entwerffen: --.--.-- (also Nichts)

Schutzgeld: Michael Lothal Brunnengraber hat in Ansehung, selber widerumb auf ein Jahr geduldet worden Schutzgeld erlegt: 8 Kreuzer 4 Heller. Und Anton Grässl, gewester Häusler alhir und nunmalliger Müller in der Falkensteinischen herrschaft, erlegt eben zu Erhaltung seines Bürgerrechts das gewöhnliche Schutzgeld für 2 Jahre mit 17 Kreuzer 1 Heller.


Reitenstein

Mit dem Tode von Bartholomaeus von Görring, Herr auf Reitenstein, wurde der Markt Kötzting nach langem Hin- und Her auch Grundherr der Hofmark Reitenstein, was natürlich neben Ausgaben (kommen im 2. Teil) auch Einnahmen verursachte.
Einige dieser Steuern waren reine Durchlaufposten, die nach Straubing abgeführt werden mussten und dann in voller Höhe im Ausgabenteil wieder auftauchen und aus der Marktkasse verschwinden.
Aber Giltzahlungen und Scharwerksabgaben der Reitensteiner, die früher die von Gehring erhielten, wanderten nun in den Marktsäckel. Ganze 96 Gulden, keine geringe Summe machten die Jahreszahlungen in die Kötztinger Kasse aus, mit dabei waren aber auch die Zahlungen der 17 Kötztinger Hofgebäukäufer. 
Auch Beurkundungen der Reitensteiner Untertanen wurden in einer separaten Protokollreihe und folgend einer extra Rechnungsführung ausgewiesen. Mehr als 20 Gulden betrugen diese Siegelgebühren der Reitensteiner. (Zum Vergleich, der sehr viel größere Markt Kötzting erreichte in dieser Rubrik nur knapp 46 Gulden.) 

Summe aller Einnahmen des Marktes Kötzting:


4269 Gulden, (also irgendwo in der Gegend von einer halben Million Euro) war die Summe der Einnahmen im Jahre 1782, rund 828 weniger als im Vorjahr.

Ende des Einnahmenteils. 

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