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Donnerstag, 28. Oktober 2021

Kötztinger Häuserchronik - beim Wolf Schneider

    Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.

Alte Hausnummer 31

beim Wolf Schneider

Vermessungsamt Cham Uraufnahmeblatt von 1831

Dies ist einer der wenigen - Gott sei Dank ist dem so - Fälle, in denen wir im Arbeitskreis Heimatforschung keine Bild des Hauses besitzen. Sollte einer meiner Leser eines besitzen, in dem das Haus zufällig im Hintergrund mit abgebildet ist, würden wir uns sehr freuen.
Es gibt ein Gemälde der Schirnstraßé vom Maler Walter Demme, auf dem das Haus zumindest seitlich angeschnitten dargestellt ist.
Bild von Walter Demme in Besitz der Familie 

Links des Kastanienbaums ist im Hintergrund eine Haustüre flankiert von jeweils zwei Fenstern zu erkennen. Dies ist das Haus des - noch zu Zeiten unserer Kindheit so genannten - Wolf-Schneiders.
Auch wenn das Anwesen rechtlich gesehen ein HAUS - im Gegensatz zu den Kötztinger Sölden und Marktlehen - war, so taucht der Besitzer doch in der Marktlehnerliste auf, da damals die Anwesen durch ihren linken und rechten Nachbarn gekennzeichnet wurden.

Hans Märkl und Elisabeth


Bei der Beschreibung des Wolf Scharrerschen Marktlehens ca. um das Jahr 1651 heißt es : 
HaStA München Landshuter Abgabe 1982 KL Rott B2 Rotter Grundbuch Tirrigl


"Herr Wolf Scharrer, Pelkover und Leiblfingerischer Richter zu Lichtenegg und Mültach, hat ain behausung am Roßmarkt zwischen Sigmundt Raidten des Raths und Hans Märchel Schuemachers Heusern gegen Herrn Georgen Tenscherz yber liegent...."
Mit diesem Hinweis kann nun versucht werden, einen roten Faden durch die unterschiedlichen "Hans Märkl" dieser Zeit zu finden.
PfA Kötzting Matrikel Band 1 Seite 163 vom 26.1.1644

"Am 26. desselben Monats haben vor mir, Pater Michael, den Bund der Ehe geschlossen Georg Johannes Märkhl, ledig aus Kötzting und die Jungfrau Elisabeth Millbeyrin ebenfalls aus Kötzting.

8 Kinder werden die beiden zusammen bekommen, bei manchen ist nur der Vater als Hans angegeben, bei manchen der Vater als Schuhmacher Hans und bei manchen dann Hans und Elisabeth als Eltern, ohne den Zusatz Schuhmacher. Aber bei allen Varianten finden wir in den ersten Jahren den Schneider Hans Pfeffer bzw. seine Frau Anna als Taufpaten. 
Hans Märckhl wurde offensichtlich auch vom Magistrat das eine oder andere Mal als Bote in wichtigen Sachen eingesetzt.
StA Kötzting Marktrechnung von 1651

"Den 21. Augusti Hannsen Marchel, wegen der Geh. Regiments Erkhandtnus umb Herrn Dr. Scheffer nacher Straubing geschickht, Pothenlohn bezalt 1 fl"

Aus dem Jahre 1653 kennen wir einen Prozess über eine gegenseitige Beschimpfung und Beleidigung.
StA Landshut Regierung Straubing A 359

Extrakt aus dem gemainen Marckhts Közting Verhörsprotokoll so vor= und einkhommen den 28. Sept. anno 1653
compromisslicher Vergleich
Zwischen Mathesen Miller, dann Hansen Märckhrl beeden Bürgern und Schuechmacher alhir in caa. gegen ainander vergangen Bescheldigung den 20. 7bris.
Obwollen obgemelter Märckhel den Miller umlangesten uf verhero gangenen Wortt wexeln von ainen Hexenmaister verscholten, solches aber der Märckhelnur conditionaliter gerödt zehaben vorgibt, da entgegen der Miller den Märckhl retargiret, bis die bezichtigte Hexenmaisterey uf ime allerdings dargethan und probirt werden, hieryber auch bey Cammerer und Rathe alhir ordentlich geclagt und beede Partheyen aus unclarer und zweifelhafftoger sach in gittlichen vergleich geschafft worden. Als ist mitls hernach benandten compromiss und vergleichsleith die sachen dergestalten verglichen und gesprochen worden, massen auch Märckhel selbst mit mundt ausgesprochen, dass er vom Miller



"und den seinigen wegen vorgeworffener Bescheldtung nicht in anders als liebs und gietts zesagen wissen, das auch entgegen der Miller gegen den Märckhel und den seinigen Bescheldtung wegen der angezogenen gegen Bescheldtung ebenfalls aso bekenndt und die zu beederseits aus blosser Hitzigkeit hergeflossenen Verwerfungen allerdiengs uffgehebt und die Partheyen wider zu guetten nachbarlichen Freindten gesprochen sein, auch die hereinfahls geflossenen uncosten beederseiths zu gleich abgericht und bezalt werden soll
Compromiss und Vergleichs Leith

Marthin Millpaur und Wolf Raith beede burger dann Georg Pölsterl auch burger und Schuechmacher  und Peter Schiller Ghrtspro: (Gerichtsprokurator) zu Közting."



Am 2.6.1672 stirbt Elisabeth Märkl und im Jahr drauf wiederverheiratet sich der Schuhmacher Hans Märkl.
PfA Kötzting Band 1 Seite 254

"23. [1. 1673]Ist Hans Märckhtl, schuehmacher alhir mit Walburg Heiglin, wolfen heigls seel Barbarae uxoris eius filia legitima copuliert coram testibus dno Martin Milbaur und Hanß Märckhtl alhir"
Mehrere Details hier und später sind es, die uns die Sicherheit geben, dass es sich um den richtigen "Hans Märkl" handelt. 
1. bei ihm sind keine Eltern angegeben, auch wenn es nicht ausdrücklich vermerkt ist, spricht vieles dafür, dass er Witwer gewesen war.
2. Kurz nach seinem Tode heiratet der Nachbarssohn die Witwe Walburga.
3. Von Hans Pfeffer, dem Nachbarssohn bis herauf zu den Grundsteuermatrikeln, gibt es eine lückenlose belegbare Besitzerfolge.
4. Am 12.5.1675 dann verstirbt der "Bürger und Schuhmacher Hans Märkl"

Hans Pfeffer und Walburga Märckl


Am 23.7.1676 heiratete Hans Pfeffer Walburga, die Witwe des Schuhmachers Hans Märkl, und erwarb damit auch das Nachbaranwesen. 
PfA Kötzting Band 2 Seite 130
Heiratseintrag des Hans Pfeffer mit der Witwe Walburga Märkl vom 23.7.1676

StA Kötzting AA XX von 1681

"Flaxbrechen: Daß Hannß Pfeffer burger und Schneider seinen Hanf oder Flax bey nachtlicher Zeit in dessen behausung außprechen lassen, hat man ihme umb 1/2 Pfund gewandlt, Craft Protokols folio 39 ist: 34 krz 2 H:"
Einschub:
Der Markt hatte ein eigenes Flachstrocken- und -brechhaus, am Ende der Ziegelgasse.
Einschubende

In einer Einkommensliste des Kötztinger Pfarrers von 1688 finden wir hintereinander in der Liste die 3 Häusler aus der heutigen Schirnstraße:
Georg Wurmb, Georg Mayr und Hans Pfeffer mit einer Abgabe von jeweils 2 xr.

HaStA München GL Fasz Nr. 1829_62 Kirchentracht einkommen des Pfarrers 1688
 

Am 12. April 1699 stirbt Walburga Pfeffer und zwei Jahre später, am 4.6.1701 heiratete der Witwer und Schneider Hans Pfeffer dann Seidl Maria vom Schedlhof aus der Pfarrei Arnbruck (Seite621)

Im Jahre 1700 findet sich Hans Pfeffer zusammen mit 8 anderen Bürgern in der Liste der Feuerstrafen:

StA Kötzting AA XX von 1700
".....umb willen man bay Ihnnen in der Visitation erfunden, daß selbe in Ihren redo Viechstählen Spanliecht begretn, neben Ernstlichen Verweis und aufgetragener Underlassung punctiert worden ieder vors erstmahl 1 ßpfg so macht 1 fl 17 xr 1 H:"

1707, im Spanischen Erbfolgekrieg, sind in Kötzting Soldaten der "Capitain Leutenant Damprecht Compagnie" den ganzen Monat Februar mit 24 Mann einquartiert gewesen. Die angefallenen Kosten wurden über ein Register auf die Bürger umgelegt. 
StA Kötzting AA XX von 1709
"No 12. Item vom Hannsen Pfeffer vermög anlagregisters No 12 eingebracht worden 18 fl 6 xr"


Christoph Pfeffer und Maria Barbara




Am 17. Januar 1709 macht Hans Pfeffer, schwer erkrankt, sein Testament und übergibt darin sein Haus - nur das Pfefferhäusl genannt - seinem ältesten Sohn Christoph für den Wert/Peis von 150 Gulden.

StA Landshut Markt Kötzting P 4 von 1709

"Lezter Will" des Hans Pfeffer, der " mit einer solch tödlich gefährlichen Krankheit haimb gesuecht, dass derselbe würckhlicher zu tödt kranckh darnider liege...."
Kinder aus beiden Ehen sind noch vorhanden und müssen versorgt werden. Seine zweite Frau, Walburga, solle auf 6 Jahre die freie Herberge haben und der jüngere Bruder des neuen Hausbesitzers solle ebenfalls eine Schneiderlehre absolvieren.
Der vorhandene "Hausrath" solle auf drei Teile aufgeteilt werden, wovon die Witwe einen, die drei Kinder erster Ehe einen anderen und die zwei Kinder zweiter Ehe dann den dritten Teil erhalten sollten.
Bereits unterm nächsten Tag, den 18.1.1709 ist sein Tod in den Kötztinger Sterbematrikeln vermerkt.

PfA Kötzting Band 3 Seite 863

"Am 18. wurde  Joannes Pfeffer, Kötztinger Schneider und Bürger, begaben, mit allen Sacramenten versehen."

In den Briefprotokollen der Hofmark Grafenwiesen findet sich eine Schuldverschreibung des neuen Hausbesitzers, 40 Gulden Grundschuld, die sein Vater bereits bei der Kapelle Grafenwiesen aufgenommen hatte, wurden nun - 1711 - auf den Sohn umgeschuldet.
Bereits Jahre vor dem Tode des Vaters hatte Christoph geheiratet. Unterm 10.11.1705 findet sich seine Hochzeit mit (Anna Maria) Barbara Bauer aus Schächendorf.
Im Jahre 1716 leiht sich das Paar zu seiner "unentpöhrlichen Hausnothurfts" 30 Gulden von der Pfarrkirche Kötzting und muss dafür zwei Kötztinger Bürger als Bürgen stellen.
Dies wiederholt sich 1721 - 10 Gulden wurden beim Spital aufgenommen - , nur dass hier die Lage des Hauses genauer beschrieben wird mit :"an des Rothfischers Heusl stossend"

Ein unangenehmer Handwerkerstreit zwischen Magistrat und Pfleggericht

Aus dem Jahre 1724 kennen wir einen Zuständigkeitsstreit zwischen dem Markt und dem Pfleggericht Kötzting, der sich aus heutiger Sicht wie eine Posse ausnimmt.
Im Laufe der Jahre wurde das Recht, in Handwerkssachen verhandeln zu dürfen, immer mehr vom Pfleggericht behauptet und der Magistrat hatte das Nachsehen bzw. kämpfte darum, grenzwertige Fälle an sich ziehen zu dürfen.
Was war passiert: Der Schneidermeister Christoph Pfeffer hatte festgestellt, dass der, zwar zum Handwerk der Schneider gehörige, Schneidergeselle Johann Amann aus Grub "wider das verboth" im Markt -  genauer in der Gerichtsschreiberwohnung - , gearbeitet hatte, wodurch ihnen (= dem Handwerk der Kötztinger Schneider) "ihr stückhl Brodt entzogen würdet" und welcher dann auch noch die Handwerksmeister "S.V. lumpen"  genannt hatte. 
3 Pfund "Wax" war die Strafe von Seiten des Magistrats, aber sie hatten die Rechnung ohne den Pfleger gemacht, der nun den Schneidermeister zu sich zitierte.
Der Magistrat protestierte schriftlich gegen diese "Amtsanmaßung", es half aber nichts, der Pfleger spracht eine Strafandrohung von 5 Pfund Regensburger Pfennigen aus, für den Fall, dass der Schneider nicht erscheinen sollte, und wollte ihn danach auch durch den gerichtischen Amtmann im Markt verhaften lassen.
Der Magistrat beschwert sich nun bei der Regierung darüber und wünscht sich "das unsere verburgerte Schneider und Ladtmeister, ohne beförchten sein können, inmassen Sye sich die ganze Wochen des Kürchen gehen enthalten müessen..." 
HaStA München GL Fasc Nummer 1819-22-2 Schneiderhandwerk Kötzting gegen Johann Amann von Grub 
Hintergrund dieser Posse ist, dass der Bereich zwischen Pfarrkircheneingangstüre und dem Zugang zur Kirchenburg über die Brücke nicht zum Markt Kötzting sondern - quasi exterritorial - dem Pfleggericht gehörten, wo der Pfleger sich aus der Schar der Kirchgänger die Personen herausfischen konnte, die er ansonsten durch eigene Macht im Markt nicht verhaften durfte.
Wer also Angst hatte verhaftet zu werden, ging eben nicht zum Gottesdienst.
Genaueres zur Kötzting Kirchenburg kann hier nachgelesen werden.
Leider ist der Briefwechsel nur Teil eines größeren Verfahrens um die Zuständigkeiten, weshalb der Ausgang des einzelnen Verfahrens hier nicht mehr dargestellt wurde.

In einem Zehentregister des Klosters Rott, welches tabellarisch einen Zeitraum von 1727 bis 1736 abdeckt, findet sich Christoph Pfeffer ohne jede Zahlung. das liegt vermutlich daran, dass er als Häusler keinen weiteren Grundbesitz hatte und daher in dem dargestellten Zeitraum auch keine Naturalabgaben zu zahlen hatte. 
HaStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4 1727-1736


6 Stunden durfte unser Schneidermeister im Jahre 1731 sich im märktischen "Arrestlokal" abkühlen, er hatte sich "ziemblich aufgeführt gegen Cammerer Seiderer".
Im Jahre 1733 steht die nächste Schuldverschreibung an. Er war mit seinen Zinszahlungen in Rückstand geraten und so blieb ihm wohl nichts anders übrig, als dass er seine Schuldsumme um die ausständigen Zinsen erhöhte, wofür er dann sein "Bürgerhäusl am Rossmarkt" hinterlegen musste.
Am 3. Mai 1738 verkauften Maria Barbara und Christoph Pfeffer ihr "Häusel am Rossmarkt entlegen" an den Schuhmacher Hans Georg Pachmayr und dessen Frau Catharina um 250 Gulden.

Hans Georg Pachmayr und Katharina Zissler

Wenige Monate vorher erst hatte Hans Georg Pachmayr seine Schuhmacherkonzession von Andreas Pachmayr erworben. Dieser hatte die Konzession von seinem Vater ererbt und nun um 33 Gulden verkauft. Teile der Summe konnte Hans Georg sofort aufbringen, den Rest musste er verzinsen und in Raten bezahlen. 

Die Verkäufer des Hauses - Pfeffer - nehmen sich für die nächsten zwei Jahre "die obere Stube und danach das herunter, im Hof sich befindende,  hintere Stüberl ad dies vitae" als Herberge aus.
PfA Kötzting vom 10.2.1738 Heiratseintrag Pachmayr-Zissler
Bereits drei Monate zuvor hatte Johann Georg Pachmayr geheiratet. Er, Sohn der bereits verstorbenen Johann und Maria Elisabeth Pachmayr, und seine Braut, Katharina Zissler, eine Kötztinger Schustertochter.
Im Jahre 1738 übernimmt des neue Besitzerpaar die Grundschuld von 40 fl bei der Dreifaltigkeitskapelle in Grafenwiesen, die 40 fl bei der Kirche Kötzting und die 10 Gulden beim Spital. Bei dieser Schuldverschreibung wird sein Haus beschrieben mit einer Lage zwischen "Philipp Rotfischer und Johann Kellner, Gerichtsbotens Haus".
Zwei Jahre nach der kirchlichen Hochzeit schließen die beiden einen Heiratsvertrag. Er versichert das Heiratsgut seiner Frau in Höhe von 20 Gulden mit seinem Haus.


Im Jahre 1750 findet sich der Schustermeister als Ankläger in den Pfleggerichtischen Verhörsprotokollen. 
StA Landshut Pfleggericht Kötzting P 46 Verhörsprotokoll von 1750  


"Ainem ins Angesicht ain Naigel Bier zu schitten:

Hanns Georg Pchmayr Burger und Schuechmacher alhier, gtra Hanns Georgen Silberpauern auch burger und Schuechmachern derohrten, der becl:(agte) hat sich jungsthin underwunden dem Cleger sein Naigl Pier ins Gesicht zu schitten, bittet dahero umb obrigkeitliche Abstellung prot: Exp:
Antwortt
Nachme Cleger zu seinen Zechtisch hingangen, hat Becl:er ain naigl Bier ausschitten wollen, und ihme unversehens getroffen, summitirt sich dahero zur müldrichterlichen judication."
Strafe: 2 Schilling Pfennige






Silberbauer, ein Bürger und Schuhmacher, hatte Pachmayr, ebenfalls ein Bürger und Schuhmacher, sein Restbier ins Gesicht geschüttet, angeblich aus Versehen. Normalerweise wäre dies ein Fall für den Magistrat. Ich kann mir nur vorstellen, weil beide Schuster waren, dass es das Pfleggericht daher als eine Handwerkerstreitigkeit eingestuft hatte und sich daher für zuständig erklärt. Oder aber Pachmayr hatte sich in seiner Handwerkerehre angegriffen gefühlt und den Silberbauer gleich vor dem Pfleger angezeigt. Dies ist umso wahrscheinlicher, weil es noch einen Prozess von den beiden gibt. Dieses Mal sind die Seiten vertauscht und der Kläger beruft sich auf seine Handwerksehre.



Pfuscher intitulierung
Hanns Georg Silberpaur burger und Schuechmacher alhier, gtra Catharina Pachmayrin auch Schuechmacherin derorthen, die Becl:te hat dem Cläger erweißlichermassen uf offner Gassen ein: und anders mahl einen Pfuscher tituliert, zumahlen nun VCläger als ein Handwerchs Mann solches uf ihme keines weege ligen lassen könne, dahero derselbe bittet, der Becl: ein solches Hinkonfftig einzustehlen, prot-. exß:
Antwort
Die Beclagt: wais von der Verschmächung nichts, es muesste ihr nur aus Voreylligkeit des Zorns herausgebrochen sein, wisse aber von dem Cläger nichts als Lieb und Guettes zusagen, bitt auch disentwillen umb mildrichterliches judicatur
Strafe: 2 Schilling Pfennige
Im Jahre 1765 finden wir HG Pachmayr in Akten des Pfleggerichts, als er in einem Verfahren als einer der "Vorgeher" des Schuhmacherhandwerks bezeichnet wurde. Die Vorgeher, in dem Falle die "alten" Meister, trugen bei den "gewohnlichen Prozessionen" die Zunftstäbe. Die jungen Meister wollten in die führenden Positionen des Handwerks nachrücken und so einigten sich die beiden Parteien auf eine zeitlich stückweise Ablösung der alten durch die jungen Handwerksmeister.



Am 12.3.1788 starb der Schuster Hans Georg Pachmayr im Alter von 83 Jahren.  Schon 9 Jahre - am 6.5.1779 - vorher hatte er, Hans Georg Pachmayr, sein "am 3.5.1738 gekauftes Haus am Rossmarkt zwischen Jakob Räbel und Josef Zeiler beiden Metzgern Häusern entlegen" um 250 Gulden an den Sohn Hans Georg Pachmayr verkauft.

Hans Georg Pachmayr und Katharina Kellner


Schon 1762 war es zu einem Streit zwischen "einem" Häusler und Schuhmacher Georg Pachmayr und der bräuenden Bürgerschaft gekommen, weil Pachmayr versucht hatte, eine Bierschenke in Weißenregen zu errichten. Es geht aus den Akten nicht hervor, ob es sich um den Sohn (geb. 1738) oder um den Vater gehandelt hatte.
Da in dem weiteren Verfahren aber eine Katharina Kellnerin als Schwiegermutter des Pachmayr genannt wird, steht zu vermuten, dass es sich um den Sohn handelt.
Zuerst hatte Katharina Kellnerin ein Weißbierzapfhäusl auf Grund des Söldners Kolbeck von Weißenregen errichtet. Dann versuchte es Pachmayr und wollte ein "3-gädiges Haus mit Ausschank und Kramladen mit christlichen Waren" in Weißenregen errichten. Im Jahre 1782 wird Pachmayr  dann abgewiesen. Es hat den Anschein, als ob die beiden nicht in Kötzting geheiratet hätten;  1780 wird das erste Kind der beiden in der Kötztinger Pfarrei getauft. Am 27.4.1779 schließen die beiden einen Heiratsvertrag; 150 Gulden ist ihr Heiratsgut und das Haus und seine Schuhmachersgerechtigkeit ist sein Beitrag als Ausgleich.
1786 leihen sich die beiden 50 Gulden von der Kirche, 1789 dann dieselbe Summe vom Spital.
In einer Auflistung der Schulden an die Pfarrkirche heißt es im Jahre 1802 über die Schuhmacherswitwe: "ist wahrhaftig arm, hat drei Kinder und ernährt sich blos mit Botengängen."
Ihr Mann hier nur Georg Pachmayr, Schuster, genannt, stirbt mit 64 Jahren am 23.1.1802.
Sie selber übergibt das Haus am 1.10.1802 an ihre Tochter Josepha, gerade mal 22 Jahre alt,  um 800 Gulden. Die beiden anderen Kinder sind Walburga mit 16 und Joseph mit 12 Jahren.
Am selben Tag schließt Josepha Pachmayr einen Heiratsvertrag mit dem Schuhmachersohn aus Pachling (=Runding) Franz Dengscherz, der 500 Gulden mit in die Ehe einbringt.



Franz Dengscherz und Josepha Pachmayr

Am 18.10.1802 heiratete Franz Den(g)scherz, Sohn des Pachlinger Schusters Georg Denscherz und seiner Frau Anna, einer geborenen Klein aus Bogen, Josepha Pachmayr, geboren am 22.4.1780. Da einer der Trauzeugen der Kötztinger Häusler Josef Denscherz gewesen war, vermute ich, dass die Rundinger Den(g)scherzen von der Kötztinger Linie abstammen, die weit zurück reicht.
Ebenfalls im Jahre 1802 wurde Franz Dengscherz Kötztinger Bürger und 1807 finden wir ihn mit 100 Gulden auf der Schuldnerliste des Marktes.
StA Landshut Rentamt Kötzting B 33 von 1810

Hausnummer XXIX (die Zählung unterschied sich um -2- gegenüber der späteren Nummerierung)
"Das gemauerte Haus mit kleinem Wurzgartl"
In einem  Bauakt aus dem Jahre 1828 des Oberliegers Mühlbauer Balthsar finden wir auch die "Behausung der  Verwittiber Denhkerz". AA XI 89

links unten: dem Paltasar Müllbauer sein Wohnhaus
rechts: Nachbar des Johann Dauschech
oben links Wohnhaus des Johann Penzkofer
oben rechts: Behausung der Verwittiber Denscherz

Lange bevor die Witwe Josepha Denscherz das Anwesen mit der Schuhmachergerechtigkeit an den Sohn übergeben hatte, kommt es zu einem Verkauf der Konzession.
AA X-59 von 1828: Der Schuhmacher Anton Denscherz stellt den Antrag beim Magistrat um die Erteilung einer realen Schuhmacherkonzession. Nun kommt die Witwe Denscherz mit ihrem Sohn Wilhelm, der keine Lust auf die Schuhmacherei hat. Der andere Sohn, Anton,  muss nun nachweisen, dass er Lehrbrief, Wanderbuch, Soldatendienst, Schulbesuch und Religionsunterricht hinter sich gebracht hatte. Er wurde aber trotzdem abgewiesen, da das Handwerk keine Mannsnahrung brächte, da zu viele Schuhmacher in Kötzting wären. Denscherz Anton geht aber in Berufung und bekommt schließlich seine Genehmigung. 
Damit aber - siehe folgenden Grundbuchauszug - fällt das "Haus mit Schuhmachersgerechtigkeit" zurück auf ein "Leerhaus". Die Konzession wurde als "reale"  (im Gegensatz zur personalen) beantragt, was bedeutete, dass Anton dieses Handwerksrecht auf sein ANWESEN transferieren durfte. Für Wilhelm, als den späteren Hausbesitzer war damit jedwede Handwerksausübung in dieser Richtung ausgeschlossen.... aber er wollte ja eh keine Schuhe machen.
 

Wilhelm Dengscherz und Anna Penzkofer

Im den Marktrechnungen des Jahres 1835 steht Wilhelm Denscherz mit der Zahlung von gut 16 Gulden für die Erlangung des Kötztinger Bürgerrechts und im Grundsteuerkataster von 1840 ist  er dann bereits als der Besitzer eingetragen. Der damalige Hausname war : "beim Denscherz"
StA Landshut Grundsteuerkataster 5037
"Ein Leerhaus: Gebäude Wohnhaus und Stübl aneinander, dann Hofraum".


Beim Zugang heißt es: "Laut Brief vom 14. Jänner 1834 von der Mutter Josepha Denscherz im Anschlage von 300 Gulden übernommen."

Im Jahr drauf erhält Wilhelm Denscherz eine persönliche Gewerbskonzession als Obster;  lt. RIEPL ein zunftgebundener Obsthändler. 














PfA Kötzting Band 16 Seite 12 Heiratseintrag des "Michl" Denscherz mit Anna Penzkofer



Eine Heirat der beiden war zuerst nicht auffindbar, dann jedoch stellte sich heraus, dass der damalige Priester bei der Hochzeit den Vornamen des Bräutigams falsch geschrieben hatte.
Er machte aus dem Wilhelm einen Michael und somit war der gesuchte Denscherz zuerst einmal gut in den Kirchenmatrikeln versteckt.
Aber da bei den später geborenen Kindern - Egidius und Michael -  der Geburtsname der Mutter genau angegeben war UND (das Alter des Bräutigams war mit 24 Jahren angegeben) im Jahre 1811 (1835 minus 24 Jahre) ein Wilhelm geboren wurde, war der Priester "überführt" und das Problem gelöst.

Bei der Wahl seiner Ehefrau - Anna Penzkofer - hatte Wilhelm sich zwar das Nachbarhaus, aber gleichzeitig auch ein äußerst problematisches "Schwiegerelternhaus" ausgesucht und war nun plötzlich Teil eines Familienzwistes. Das Problem war die Schwester der Braut, die nach den Moralvorstellungen der damaligen Zeit eigentlich unter Polizeiaufsicht gestellt gehört hätte, und der ihr Vater, nach Meinung von Sohn und Schwiegersohn, zu lange die Stange gehalten hatte. Nun kam es zu einer Vergleichsverhandlung:
Wilhelm Denscherz, Obstler,  und Josef Penzkofer, Häusler von Kötzting klagten gegen ihren Schwiegervater und Vater Johann Penzkofer, Austrägler in Kötzting, wegen "häußlicher Zwistern und Uneinigkeiten", die sich hauptsächlich wegen der "übel berüchtigten Tochter des Letzteren Anna Marina Penzkofer entsponnen und zum Nachteil sämtlicher Theile fortgepflanzt wurden soweit, bis nun der Vater durch die "nachteiligen Handlungen sich überzeugt findet, dass er derselben nicht mehr anhängen dürfe wenn er selbst mit ihr ein schlechter Mensch werden will". 
Die Kläger stellen den Antrag, dass der Vater sich nach dem Übergabsvertrag mit seinem Sohn benehmen möge und mit dem  vorlieb nehmen solle, was dieser selbst zur Nahrung habe und von der ledigen  Tochter ablassen müsse. Um so mehr, als diese ihm  Betten und Bekleidung beseitigte und vielleicht zuletzt dem Verderben überließe. Der Vater sieht dies ein und  "lässt sich herbei zu seinem Sohn zu ziehen und mit diesem und nicht mehr mit seiner ledigen Tochter zu halten, als alter Mann sich vielmehr der Ordnung  zu fügen und ein ruhiges christliches Leben zu führen". Die Kläger versprechen ihrem Vater und Schwiegervater so viel als Möglich gut zu behandeln und ihm auf alle Weise schonend 
zu pflegen nach Ihren Verträgen  in Wart und Unterhalt zu übernehmen. Alle sollen sich des Vergangenen wegen  verzeihen und in Zufriedenheit zusammen leben. "Gegen die Annamaria Penzkofer wird man magistratsseits bei Zurückkunft von Polizeiwegen einschreiten und sie als ein liederliches dem Müßiggang und der Prellerei ergebenes liederliches Mensch verdientermassen polizeilich behandeln".

1843, als die Ruhr begann auch eine epidemische Gefahr für unsere Gegend zu werden, ordnete Dr. Müller  (Kampfname Saumüller) folgende Vorsorgemaßnahmen an:
Das Verbot von Tanzveranstaltungen. 
Vom Bräuhaus darf neues Bier vor 14 Tagen nicht mehr abgegeben werden. 
Verbot von Verkauf unreifen Obstes durch die Obstler Denkscherz und Schwarz.
Auch die Kinder der Denscherz finden sich in den Akten: Egidius Denscherz wurde nacheinander Polizeidiener und Postbote und Michael Bezirksamtsdiener in Bayreuth.
Über ihn findet sich vor allem eine lange Beschwerdeliste wegen Nachlässigkeit: Es gäbe "zuviel Bettel und Übertretungen der Polizeistunde" und eine zu geringe Kontrolle der "Ortsreinlichkeit"


Franz Kirsch(en)bauer sen 

Im ersten Folgeband des Kötztinger Grundsteuerkatasters steht, dass Franz Kirschbauer sen. das Haus des Wilhelm Denscherz im Jahre 1853 käuflich erworben hatte.
Über ihn aus einem Eintrag in den Bürgeraufnahmsprotokollen des Marktes: "23. Okt 1822  Kirschbauer Franz Maurergeselle aus Böhmen hat sich mit Denscherz Katharina led Häuslerin v. Kötzting verehelicht und Bürgerrecht erhalten." Der junge böhmische Mauerer hatte aber mit seiner Frau das Haus "erheiratet", in dem heute noch die Familie Kirschbauer wohnt. (Hausnummer 37). Das Haus, um das es in diesem Beitrag geht, liegt genau gegenüber und wurde von Franz Kirschbauer Jahrzehnte später schlichtweg gekauft.  

Es steht zu vermuten, dass der Obstler Denscherz und seine Frau zunächst bereits ausgezogen waren, denn mit Datum vom 5. Oktober 1846 findet sich in den Kötztinger Vergleichsverhandlungen folgender Vorgang:
"Alois Deschermeier Metzger dahier tritt gegen den Obstler Wilhelm Denscherz dahier deshalb klagbar auf, weil der Letztere ungeachtet vorausgegangener  ¼ jähriger Aufkündigung zu Michaeli d J die Mietwohnung die er bei ihm inne habe, nicht verlassen habe, und bittet den Beklagten zur Räumung derselben anzuhalten. Die für ihren Ehemann Wilhelm Denscherz erschienene Anna Denscherz erklärt, dass sie bis zu Allerheiligen d. J. die Wohnung räumen werde, und bittet den Alois Deschermeier bis dahin zur Nachsicht zu vermögen". Es kam kein Vergleich zustande.
Möglicherweise war die Miete/Pacht, die Denscherz für sein Haus erzielen konnte, höher als die Miete, die er dem Metzger Deschermeier - eigentlich ein Nachbar auf der gegenüber liegenden Straßenseite - zu zahlen hatte..... wenn er sie halt bezahlt hätte/hatte.



StA Landshut Grundsteuerkataster


"Wohnhaus und Stübl aneinander und Hofraum".
"Lt. Brief vom 19. Dezember 1853 von Wilhelm Denscherz um 900 fl erkauft."

 Wir kennen den Übergabevertrag zwischen Denscherz und Kirschenbauer nicht, aber es hat den Anschein, als ob das Verkäuferpaar sich die Herberge vom Käufer habe reservieren lassen, denn Franz Kirschbauer bittet Jahre später die Kötztinger Spitalverwaltung fast flehentlich darum, die Witwe Anna Denscherz ins Spital aufnehmen zu lassen.
Was war passiert: Am 20.6.1879 war der Obstler Wilhelm Denscherz im Alter von 70 Jahren (da hat der Priester nicht richtig gerechnet) an Magenverhärtung verstorben und schon 2 Wochen danach gibt Franz Kirschbauer, der zu diesem Zeitpunkt bereits das Haus an die Tochter Katharina übergeben hatte,  folgenden Sachverhalt zu Protokoll:




"Kötzting 3. Juli 1876
Erscheint Maurer Franz Kirschbauer und erklärt:
die Wittwe des Wilhelm Denkscherz, Anna Denkscherz, wohnt in meinem Hause, doch kann ich dieselbe unmöglich behalten, weil nicht nur für mich, sondern für die ganze obere Marktseite die größte Gefahr des Abbrennens besteht.
Die Denkscherz ist täglich von Schnaps betrunken, geht in diesem Zustande mit dem Lichte umher und gebährdet auf höchste Gefahr drohende Weise. Zurechtweisungen sind vollständig nutzlos, dann wird sie sehr grob, schimpft und verursacht den größten Spektakel.
Anzeige ist ebenso nutzlos, denn durch einsperren wird sie eben auch nicht anders.
Ich ersuche deshalb, daß sie im Spital untergebracht wird.
Franz Kirschbauer"
In der, am Ende, abgeschnittenen Zeile kann man lesen: In das Spital aufgenommen 11/7...
In den Kötztinger Sterbematrikeln findet sich dann fast 4 Jahre später der Sterbeeintrag für die "Spitalpfründnerin" Anna Denkscherz, die im Spital am 26.2.1880 im Alter von 78 Jahren an Altersschwäche gestorben war. 

 

Viertl Franz Xaver und Kirschbauer Katharina

Am 18.8.1863 hatte der Kötztinger Kaminkehrergeselle Franz Xaver Viertl, Sohn des Lebzelters Joseph Viertl und dessen Frau Anna Maria - die Maurer- und Nachbarstochter Katharina Kirschbauer geheiratet.
In den Kötztinger "Heimatsachen" (AA II-23-113) heißt es: "Viertl Franz Xaver Bürgerssohn von hier, in Uniform und Montour, Bürgerrecht erteilt"
Katharina Kirschbauers Eltern waren Franz und Katharina, eine geborene Denscherz.
Zum selben Zeitpunkt hatte Franz Kirschbauer das Haus auf seine Tochter übergeben. Trotz der Vermutung, wegen der Namensgleichheit (Denkscherz) könnte sich eine Übergabe innerhalb der Familie ergeben, ist dem nicht so. Eine verwandtschaftliche Verbindung, zumindest zurück bis 1750, lässt sich nicht belegen; es scheint also eine zufällige Namensgleichheit gewesen zu sein.
Im Jahre 1899 stellte das Paar einen Ehevertrag beim Notar zusammen - dort ist ein Heiratsdatum von 1862 erwähnt -, in dem sich die beiden gegenseitig - vorbehaltlich der Pflichtteilsansprüche - als Erben einsetzen. 

StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 2 EV Viertl Kirschbauer


Unterschriften Franz Xaver und Katharina Viertl
 
StA Kötzting 024 Familienstandsbögen Buchstabe "V"

Im Dezember 1890 wurde für die Familie Viertl ein Stammbogen angelegt, der auch laufend ergänzt wurde, also eine frühe Form einer Einwohnermeldekartei.




Laut dieses Familienbogens ist also Katharina Viertl, geborene Kirschbauer, am 23. Februar 1900 gestorben. Zwei Jahre später verkauft der Witwer das Haus an Johann Plötz. Anscheinend ist er zunächst noch im Haus in der Herberge geblieben. Im Januar 1907 wurde er als Pfründtner ins Kötztinger Bürgerspital aufgenommen. Dort allerdings kann er von seiner Invalidenrente in Höhe von 10 Mark aber nicht überleben und bittet daher beim Magistrat um die Zuweisung einer "Pfründe".

"Kötzting, 18.Juni 1907
Es erscheint Xaver Viertl dahier und bringt an: Ich bin seit Januar d. Js. im Bürgerspital, habe aber bisher keine Pfründe erhalten,
Mit meiner Invalidenrente von 10 M. kann ich nicht mehr leben, da ich mir gar nichts mehr verdienen kann, und bitte um Gewährung einer ganzen Pfründe.
(Viertl kann nicht schreiben) [daher ohne Unterschrift - später ist die Rede von zwei verkrüppelten Händen und ebenfalls später versucht es Xaver Viertl sogar, mit diesen Händen zu schreiben]

Zur nächsten Sitzung Der Bürgermeister Liebl"

Dann kam die Sitzung das Marktgemeinderates


"I. Durch Beschluss vom 3.7 07 abgewiesen, da Viertl ohnedies noch etwas Vermögen besitzt und auch eine Invalidenrente bezieht. Als weiterer Grund wurde auch angenommen, dass sich Viertl stets dem Trunke ergibt.
II. dem Viertl eröffnet.   Viertl verständigt: Meidinger
III Zum Akt am 4.7.07 Magistrat Kötzting Liebl Bgm

Xaver Viertl bittet wiederholt um die Pfründe, da er mit der Rente täglich 30M nicht leben kann und versichert wiederholt, dass er kein Bargeld mehr besitzt. Auch hat Viertl erklärt, dass er sich nie mehr dem Trunke ergibt. Kötzting 1. Mai 1908
Zur Vorlage in nächster Sitzung
Der Bürgermeister Liebl"

Die nächste Sitzung:

"I.  Durch Beschluß des Magistrates vom 21. Mai 1908 eine halbe Pfründe genehmigt unter der Bedingung daß der Spitalhausmeister die Rente und die Pfründe erhebt und dem Viertl alle Tage vorgibt.
II. Dem Michl Hofmann [Spitalhausmeister] und Xaver Vietl eröffnet  (Viertl kann nicht schreiben)

III. Zum Akt K. den 21. Mai 1908 Magistrat 
Liebl
Michl Hofmann"
Lange konnte Xaver Viertl von der "halben Pfründe" wohl nicht leben, denn im Frühjahr drauf startete er den nächsten versuch und nun erscheint auch die Höhe des Betrages, den er vom Markt, bzw. vom Armenfond pro Woche bisher als Unterstützung erhielt: 0,90 Mark. 


"Kötzting, 1. April 1909

Erscheint der Spitalpfründtner Xaver Viertl wohnhaft dahier und bringt an.
Ich bin 76 Jahre alt, gänzlich erwerbsunfähig, nur ein Auge und zwei krippelhafte Hände.
Ich bitte um die ganze Pfründe d.i. 1,80 Mark pro Woche da ich mit 10 M Invalidenrente nicht leben kann.   
Viertl Xaver


Zur nächsten Sitzung
I: Durch Beschluß vom 23. April 1909 wurde anstehendes Gesuch unter der Bedingung genehmigt, daß die treffende Pfründe und Rente alle Tage vom Hausmeister abgegeben wird.
II. Dem Hausmeister Hofmann und Viertl eröffnet.
Die Unterschriften von Viertl Xaver und Michl Hofmann, dem Hausmeister im Bürgerspital

III. Dem, Herrn Spitalverwalter Decker Kenntnis gegeben



 

Plötz Johann und Anna Wagerer

Der Wirt Johann Plötz, Sohn des Kötztinger Boten Johann und der Wolf Katharina aus Rimbach, heiratete die Kötztinger Bäckerstochter Anna Wagerer. Annas Mutter war Franziska Hofmann aus Thürnhofen.

StA Kötzting 024 Familienstandsbogen Buchstabe "P"

Plötz Johann, Schneider und Wirtschaftspächter, nun Kaufmann, angelegt am 23.August 1899.
Auf der Rückseite ist vermerkt: Seit 1901 hier vordem 3/4 Jahre Wirtschaftspächter in Cham. 

 "Plötz Johann Schneider Kaufmann, Hausbesitzer 31
Eltern: Johann Plötz, Straubinger Bote und Katharina geb. Wolf, beide in Kötzting wohnhaft."



Mit Anna Wagerer, seiner erste Ehefrau, die lt. Familienbogen am 3.7.1908 verstorben ist, hatte er 6 Kinder..

Nach dem Tode  von Anna Plötz, geborener Wagerer, wurde ein Nachlassakt angelegt, der uns ein paar interessante Details übermittelt.
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 47 Nr. 57 Plötz Anna Hanr 31


"Todesanzeige Anna Plötz geb. Wagerer
29 Jahre alt 6 Monate, Hausbesitzersehefrau, + am 3. Juli 1908 und zuletzt wohnhaft in Kötzting Hs. Nr. 31
"
Sie hatte zwar keinen Besitztitel auf das Anwesen, denn dieses gehörte dem Ehemann alleine, trotzdem wurde eine Inventur vorgenommen.
Josef Stauber und Franz Liebl waren die beiden Schätzmänner, die für diesen Amtsakt auch bezahlt wurden und dieses auch mit Unterschrift quittierten.

"Quittung über 4 M - vier Mark - welchen Betrag die Unterzeichneten als Schätzgebühren für die Schätzung des Anwesens HsNr 31 in Kötzting in der Nachlaßsache der Hausbesitzersehefrau Anna Plötz dahier vom k. Notariate Kötzting ausbezahlt erhalten haben
Kötzting, 8. August 1908
Josef Stauber  Franz Liebl"











Plötz Johann und Rosina Bergbauer

Am 22.11.1908 heiratete der Witwer und Häusler Johann Plötz die Bauerstochter Bergbauer Rosina aus Obersossau. In seiner zweiten Ehe bekam das Paar noch einmal 4 Kinder.

Wolf Josef und Gruber Maria

Am 8. August 1910 heiratete der Schneidermeister Josef Wolf aus Kötzting die Reitensteiner Häuslertochter Maria Gruber. Seine Trauzeugen waren der Kötztinger Privatier Josef Rabl und der Grafenwiesener Tagelöhner Alois Müller. Im selben Jahr sind die Beiden auch im Grundsteuerkataster als die neuen Besitzer eingetragen.
 
StA Kötzting 024 Familienstandsbögen Buchstabe "W". Der Pfeil zeigt auf den Sohn Josef
Hier aber zuerst der Bogen für den Vater Josef Wolf aus Rimbach, der mittlerweile auch bereits in Kötzting heimatberechtigt war..
Betrachtet man die Häufung immer wieder derselben Familiennamen bei den Besitzerfamilien Plötz und Wolf (Wolf und Wagerer in beiden Stammbäumen), könnte sogar ein verwandtschaftlicher Zusammenhang zwischen den beiden Familien bestanden haben.

Bei den einzelnen Kindern ist vermerkt, dass die Tochter im LG Eggenfelden verheiratet und beheimatet ist, der Sohn Josef, für den ein eigener Bogen angelegt wurde, seine Heimat in Kötzting erworben hatte. Franziska, die Tochter, war 1904 nach Amerika ausgewandert  und hatte sich dort auch verheiratet. Der zweite Bruder Georg war mit 9 Jahren verstorben.


In seinem Bittschreiben um die Anerkennung als Kötztinger Heimatberechtigtet beschreibt Josef Wolf sen. seine Herkunft und seine Familie.
"Erscheint der Schneidermeister Josef Wolf dahier und erklärt:
Ich halte mich seit Jakobi 1884 ununterbrochen dahier auf. Steuern bezahle ich seit ich dahier wohnhaft bin.
Ich bin geboren 23. September 1849 in Rimbach k. Bez.A Kötzting, bin verheiratet mit Theres Wolf, geborene Wagerer und habe vier Kinder. 
1. Katharina Wagerer geb. 1877 zu Haus z.Zt. Köchin in München, ist illeg. der Theres Wolf.
2. Josef Wolf geboren 1879 in Thenried, Schneider zu Hause.
3. Franziska Wolf geb, zu Haus im Jahre 1882, ist zu Hause
4. Georg Wolf geb. in Kötzting am 21. November 1894 , ist zu Hause

Vor einer Erteilung der "Heimat" stand zuerst eine "Regelanfrage" beim Amtsgericht, und das antwortete Folgendes an den Magistrat:




"Vorstrafen des J. Wolf
am 10. Dez. 1879 wg. Berufsbeleidigung d. Sch. G. Kötzting 3 Tage Gefängnis
am 17. Aug 1874 wegen groben Unfugs d. Sch. G. Neukirchen 8 Tage Haft
am 17. Nov. 1876 w. grob. Unfug Sch.G. Kötzting 2 Tage Haft
am 22. März 1882 Körperverletzung v. Sch.G. Kötzting 8 Tag Gefängnis
am 15. Feb. 1884 weg. Diebstahls d. Landgericht Straubing 4 Monat Haft
Zurück Kötzting am 2. September 1897 der Amtsanwalt "

Wie oben aufgeführt, kaufte das junge Ehepaar das Haus in der Schirnstraße und zusammen bekamen sie 3 Kinder, Josepha 1911, Joseph Johann 1913 und noch einmal einen Joseph 1914. 
Familienbogen Wolf Josef 
Es kam der erste Weltkrieg und Josef Wolf wurde eingezogen. In seiner Kriegsstammrolle aus dem Militärarchiv ist zu ersehen, dass er am 18.5.1915 beim 4. bayr. Pionier -Ersatz-Bataillon in Ingolstadt eingezogen wurde.
Ancestry.de 

In seinem Eintrag sind nur noch 2 Kinder vermerkt. Sein Vater - ebenfalls Josef - war ja bereits im Jahre 1900 in Kötzting verstorben.

Aus dem Militärarchiv in Ingolstadt - digitalisiert UND verkauft von dem amerikanischen Genealogieunternehmen Ancestry.com - ergeben sich noch weitere Details aus seiner Militärzeit.
Josef Wolf war bereits dem Landsturm zugeordnet, hatte also seine (Friedens) Militärzeit bereits abgeleistet. Am 18.5.1915 dann erneut Einrücken und am 1.10.1915 die Versetzung zur 3. Kompanie und dem Garnisons-Zug zugeteilt.


Weiter finden sich in einem anderen Eintrag weitere Hinweise:
am 1.11.1915 Versetzung zur 4. Kompanie.
am 28.2.1916 erkrankt und ins Lazarett, wo er am 4.3. erneut entlassen wurde. Am 16.11.1918 wurde er "zwecks Demobilisierung zum Bez. Kdo. Straubing entlassen."

In seiner Stammrolle findet sich auch noch seine eigenhändige Unterschrift:



Seine Führung wird als "sehr gut" bezeichnet und Strafeinträge hatte er auch keine bekommen.



Mit der Familie Wolf endet zunächst die Chronik der Hausbesitzer. Bevor das Anwesen später an die Familie Wanninger verkauft wurde, um damit dem großen Neubau des Kaufhauses zu weichen, war es zunächst noch in Besitz einer Familie Steigenberger.
Während unserer Kindheit war das Haus dann von einer Familie Schmuderer bewohnt und aus deren Besitz haben wir dankenswerterweise einige Familienfotos erhalten, die, neben Familienmitgliedern, im Hintergrund auch noch das Haus mit abbilden.


Hier der Hauseingang, im Hintergrund schön zu sehen auch das Schaufenster der Seilerei Hollmaier

Irmgard Schmuderer

Familie Schmuderer mit Gästen

Michael und Fanny Schmuderer mit der Tochter Irmgard

Familie Schmuderer 1971

Vor dem Laden Hollmaier: Irmgard Schmuderer mit den Kirschbauer Kindern


Ende der 70er Jahre kam dann der Abbruch des Hauses und die Einbindung in den Komplex des Kaufhauses Wanninger, nun Teil der Frey-Gruppe aus Cham.




Montag, 25. Oktober 2021

Das Stadtarchiv Bad Kötzting als Rückspiegel

     Es geht weiter mit Bildern aus der Zeitungsredaktion der Kötztinger Umschau, welche alle über eine private Sammlung von Frau Renate Serwuschok dem Arbeitskreis Heimatforschung übereignet wurden und nun im Stadtarchiv Kötzting verwahrt werden.

Da wir zusätzlich auch eine fast vollständige Sammlung von Zeitungsausgaben aus den Nachkriegsjahren in unserem Bestand haben, können viele der Bilder dann auch einzelnen Zeitungsartikeln zugeordnet werden.
Nachdem der Arbeitskreis Heimatforschung schon eine umfangreiche Datenbank an personenbezogenen Bildern hat wäre es für uns schön, wenn wir bei einigen der folgenden Bildern, vor allem bei den Personengruppen, Hinweise und Namenslisten erhalten könnten, die wir dann anschließend in unsere Datenbanken einpflegen könnten. Manche allerdings auch nicht und so wäre es schön, wenn wir bei dem einen oder anderen Bild auch eine Rückmeldung erhalten würden.

Zur Orientierung, wir befinden uns im Februar - März 1973  und hier ein paar Kleinigkeiten, die sich so im Photoarchiv gefunden haben und für die es auch die passenden Artikel gibt.

Fangen wir an mit - damals - Kötztings jüngsten Verein, dem AC
Leider sind die Bilder und der Artikel ohne Hinweis auf den Autor

Ich denke man erkennt hier viele Kötztinger, auch wenn fast 50 Jahre vergangen sind.

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Fasching für Frauen und Mütter der Pfarrgemeinde Kötzting





Und am Ende ein Volkshochschulkurs der ganz besonderen Art: 
Hinterglasmalerei mit Augst Philipp Henneberger, da würde ich gerne heutzutage mitmachen..












Mittwoch, 20. Oktober 2021

Das Stadtarchiv als Unterhaltungsbeilage Faschingsumzug im Schnee

    Es geht weiter mit Bildern aus der Zeitungsredaktion der Kötztinger Umschau, welche alle über eine private Sammlung von Frau Renate Serwuschok dem Arbeitskreis Heimatforschung übereignet wurden und nun im Stadtarchiv Kötzting verwahrt werden.

Da wir zusätzlich auch eine fast vollständige Sammlung von Zeitungsausgaben aus den Nachkriegsjahren in unserem Bestand haben, können viele der Bilder dann auch einzelnen Zeitungsartikeln zugeordnet werden.
Nachdem der Arbeitskreis Heimatforschung schon eine umfangreiche Datenbank an personenbezogenen Bildern hat wäre es für uns schön, wenn wir bei einigen der folgenden Bildern, vor allem bei den Personengruppen, Hinweise und Namenslisten erhalten könnten, die wir dann anschließend in unsere Datenbanken einpflegen könnten. Manche allerdings auch nicht und so wäre es schön, wenn wir bei dem einen oder anderen Bild auch eine Rückmeldung erhalten würden.

Zur Orientierung, wir befinden uns im März 1973 und Niederndorf thematisiert bei ihrem Faschingsumzug die bevorstehende Kommunalgebietsreform.

Hier einfach in lockerer Folge die Bilder vom Faschingsumzug im tiefverschneiten Zellertal.
Die großen Themen damals waren die bayernweite kommunale Gebietsreform und der Kötztinger Streit um ein neues Feuerwehrauto. (Mercedes oder Magirus)

Der Artikel in der Umschau ist mit "al" gekennzeichnet, sicherlich war das dann auch der Photograph.


Kötztinger Umschau vom 1.3.1973