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Donnerstag, 26. Oktober 2017

Die Marktmühle

   Kötztinger Marktmühle

alte Hausnummer 63

vorher noch ein kleiner Einschub: Herbert Amberger, der letzte Kötztinger Marktmüller, hat dem Kötztinger Stadtarchiv, nachdem er davon gehört hatte, dass wir bei unserer Schilderaktion mit der Marktmühle beginnen wollten, eine schier unglaubliche Menge an alten Dokumenten, Geschäftsunterlagen, Verträgen und Bildern zum Digitalisieren übergeben. In Summe habe ich weit über 1000 Seiten eingescannt und wir haben wunderbares Material vom Geschäftsbetrieb der Marktmühle und auch Unterlagen über Streitigkeiten mit Nachbarn am Regen über einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten erhalten.  Vielen Dank für dieses Material. Einige Dokumente sind hier auch verarbeitet. 




Die Marktmühle in Bad Kötzting noch voll in Betrieb, links an der oberen Ecke (das Gebäude mit dem hellen Dach) das Marktmülleranwesen, schön zu sehen auch die "alte" Oberbergerbrücke, damals noch befahrbar, Luftaufnahme stammt aus den 60er Jahren und befindet sich im Besitz des Stadtarchives

Mühlen, also Sag- und Mahlmühlen, gehörten sicherlich zu der Grundausstattung einer jeden größeren Ansiedlung. Aus diesem Grund können wir mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Kötztinger Mühlen - und hier insbesondere die Marktmühle - bereits kurz nach bzw. mit der Entstehung des Ortes "Kötzting" durch die Aufteilung der 3+1 Urhöfe zu 36 Marktlehen, 10 Sölden und 20 Häuser entstanden sind, bzw. zusammen mit den neuen Anwesen mit aufgebaut worden waren.
Ähnlich wie es bei Schmieden der Fall war - auch diese sind für einen Aufbau eines Gemeinwesens unerlässlich - gab es für die Müller in manchen Orten sogenannte Ehehaftordnungen, also Verpflichtungen der Handwerker für die Mitbewohner, aber auch die Verpflichtung der Bürger, nur bei diesen - ihren ortsansässigen - Handwerkern arbeiten zu lassen.
Aus diesen Anfangsjahren Kötztings haben nur sehr, sehr wenige Schriftstücke die Zeiten überdauert, der erste Namensnachweis der Marktmühle stammt aus einem Dokument von 1382, in dem sowohl das Stockrecht "oberhalb der Kötztinger Wür" (=Wasserfall der Marktmühle) als auch explizit die Marktmühle erwähnt ist und auch die Pflichten und Rechte des Marktmüllers beim Durchlassen bzw. Durchtransport vom Fluderholz.

Marktmüllerfall in einem Aquarell von Mathias Heilmeier ca. um die Jahrhundertwende 1900




Diese "Wür", also das Wehr der Marktmühle, stellt über Jahrhunderte - bis heutzutage - eine wichtige Fischereigrenze dar. Auch nach dem Abbruch der Marktmühle im Zuge der Hochwasserfreilegung der Stadt Bad Kötzting wurde die "alte" Stelle des Marktmühlenfalles vermessen und als Geländemarke am Ufer  neu markiert. Die Rechte am Wasser - und an der Wasserkraft - lagen in der Vergangenheit bei den Hofmarksherren in Blaibach und Hohenwarth. Die Nothafft auf Runding und Blaibach vergaben ihr Fischereirecht nachgewiesenermaßen bereits seit dem 16. Jahrhundert an die Fischer in Pulling.
Auch heutzutage ist dieses Wehr, bzw. die Stelle, an der dieses Wehr den Flusslauf markierte, weiterhin  eine wichtige Fischereigrenze, denn der am 3.06.1902 gegründete Bezirks=Fischerei=Verein kaufte zum Jahreswechsel 1903 das Fischwasser der Hafenbrädl. Deren Fischwasser reicht seither vom Wehr der Marktmühle weg bis hinauf zum Wehr der Hohenwarther Mühle.

Vermessungsamt Cham Ort_Koe_1831_K62 Uraufnahme Kötzting von 1831 die Marktmühle ist Hausnummer 63, man beachte die kleinen Mühlen bei Nr. 66 und 71 , die zu den Lederern und Gerbern gehörten.
Luftaufnahme aus dem "Krämerarchiv" der Stadt Bad Kötzting


1382 in einem Dokument des Klosters Rott wird die Marktmühle, genauer das Wehr dieser Mühle, erstmal erwähnt. Man kann also mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Marktmühle zum Anfangsbestand der Kötztinger Häuser gehörte. Da die schriftlichen Überlieferungen sehr dünn gesät sind, sind es nur Zufallsfunde, die den einen oder anderen Besitzer der Marktmühle überliefern:



1445 heißt der Kötztinger Marktmüller Knüttinger Paul  und


Hauptstaatsarchiv München Kloster Rott 112: "item Paulus Knittinger von der marktmul "......

im Jahre 1462 ist es - möglicherweise - ein(e) Ullrichin, der/die „von der mil im Markt“ seine Steuern bezahlt.  Das Salbuch aus diesem Jahre ist in einer Hinsicht nicht ganz aussagekräftig, ob dieser Ullrich auch noch die anderen, auf der Liste folgenden Objekte besessen hatte.
HStA München Kloster Rott 111 "Item Mil in dem Margkt" von 1462


Georg Steger


Ab dem Jahre 1585 kennen wir die Besitzer der Marktmühle alle namentlich.1595 ist es ein Georg Steger, der neben der Marktmühle auch noch ein Marktlehen besaß und - möglicherweise - zusätzlich, als Gilg Steger bezeichnet, auch noch die Abgaben für die Sagmühle abführte.
 
HStA München Kloster Rott 112 von 1584
"Georg Steger Marckhmüller 
von der Müll und Halb Lehen
Gilg Steger von der Sag
müll"


Michael Höhel



Danach war Höhel Michael der Marktmüller; von ihm wissen wir, dass er 1595 eine zusätzliche Lohmühle aufrichtete. Diese Lohmühlen sind auf dem Plan zu Anfang dieses Beitrages sehr schön zu erkennen, die mit ihren Abflüssen damit mehrere isolierte Inseln im Regenfluss bildeten, die alle erst durch die Hochwasserfreilegung Kötztings in den 80er Jahren aufgefüllt wurden. Solch eine Lohmühle war für die Lederer und Gerber am Regenfluss wichtig.
 
StA Landshut A 4357
"Extract Auß ainen Wasser revers, zwischen Michaeln Hechel Marckhtmüllern, wie auch Andreen Märckhel, und Hannsen Khienner beeden Rottgerbern zu Khözting, de dato 20. April ao 1595"

Der Vertrag zum Betrieb von Lohmühlen sah vor, dass der Betrieb dieser Nebenabflüsse am Regen nur dann zulässig sein sollten, wenn der Betrieb der Marktmühle nicht wegen Niedrigwasser eh schon leiden sollte. Die Entscheidung für bzw. gegen den Betrieb der Lohmühlen lag alleine in der Entscheidungsgewalt des Marktmüllers.
Im Jahre 1600 steht Michael Höhel in den Bauabrechnungen des Kötztinger Kastenamtes:
"Item alles heurigen Jahres das Prunnchor bei gedachtem Schloss dermassen erfault, dass solches khein Wasser mehr halten woellen, derwegen von neuem gemacht werden muessen, hab ich Pfleger
etlich Aichen zu Laden dazu schneiden lassen und Michael Hoehel Marktmiller allhier 38 Schnitt, jeden bezahlt 30 kr."
Im Jahre 1606 steht der Marktmüller Höhel vor dem Landrichter und wird wegen Beleidigung und einer Falschaussage bestraft: "umb das er Wolf Vischer, auch Bürgern daselbst, bezichtigt hat  er habe mit Durchlassung seines verbottenen Prennholz yber den Fall oder wöhr  bey der Marktmühl ihm Höhel 2 Fluderbäumb so er hierdurch verlohren mit durchlauffen lassen  und entfremdt"
1 Pfund Regensburger Pfennige kostete ihn diese falsche Bezichtigung.

HStA München Kloster Rott 113 Salbuch von 1610

"Michael Höhel Marckhtmüller von der Müll"
Anscheinend besaß der Marktmüller zusätzlich noch ein halbes Lehen, auch wenn im Jahre 1610 dieses Anwesen bereits von jemand anderem bewohnt wurde, der dafür auch die Steuern abführen musste.
HStA München Kloster Rott 113 Salbuch von 1610
"Anndre Maerckhl von den Marckhtmüllers halben Lehen 
Gilg Steger von der Saagmüll"

Auch im Salbuch von 1620 findet sich Michael Höhel.
HStA München Kloster Rott 10

"Michael Höhel Marckhtmüller von der Müll"

1621 wird Michael Höhel erneut für Schnittholz zum Brunnen des Schlosses bezahlt und gleich am Anfang des Dreißigjährigen Krieges verwüsten durchziehende bzw. kurz übernachtende Soldaten den kurfürstlichen Zehentstadel, dessen hölzerne Bestandteile den Soldaten als Heizmmaterial dienten.
"Nachdem der Zehentstadel vorm frl: Schloss mit Thor und seitten prettern von den heuffig durchraisenden Übermacht alda verbliebnen Reittern und Fuessvolckh sonderlich von den Artoleria führern bey der Nacht alles hinweg gerissen, Traidt und Stroh herausgenommen mit den Proettern Hitten gemacht, sein ermelte Thor und Staedl widerumb zuegericht und dem Zimmermann verraicht worden. 
Hierzu von Michael Hoecherl Marckhtmillern 12 Pretter erkhaufft."
Zum letzten Male lässt sich Michael Höhel im Jahre 1630 nachweisen, danach kommen fast 100 Jahre lang Vertreter der Familie Billich zum Zuge, eine in Kötzting sehr einflussreiche Familie, zu der auch der spätere Kammerer Samuel Luckner (siehe Tafel  Alte Hausnummer Nr. 99 an der Hausfassade Hotel zur Post)  gehörte.



Billich Georg und Margaretha



Wir kennen also Billich Georg und seine Frau Margaretha von 1631 bis 1652.
Zum ersten Mal erscheint er in den Rechnungsbüchern als Marktmüller im Jahre 1638, als er in den Spitalrechnungen mit einer ansehnlichen Summe von über 19 Gulden auftaucht für die Lieferung von Holzschnittware.
"Georgen Pillich Marktmüller, vermög seines Zettl Nr 2 um zum Spital hergeben Prötter Spündt und anderes bezahlt 18 fl 24 kr"
Auch im Salbuch des Kloster Rotts vom selben Jahr ist er aufgelistet. Sein - vermutlich - Bruder Sebastian ist zu dieser Zeit der Schmied auf der späteren Drunkenpolzschmiede.
HStA München Landshuter Abgabe KL Rott R 1 von 1638
"Georg Püllich von der Marckhtmühl 1 fl 1 xr 2 dn
Sebastian Püllich von zween Thaill
"
Einschub
In der strengen Hierarchie der Kötztinger Anwesen befinden sich die Leerhäuser an der untersten Stelle und werden - entsprechen den Regelungen über den Besitz solcher Häuser - als "Teile" bezeichnet.
Ursprünglich durften nur Marktlehner zusätzlich auch noch solche Häuser besitzen.
Einschub Ende
In einem Grundbuch des Klosters Rott, welches der damalige Propstrichter Adam Türrigl zu errichten hatte, heißt es bei einer Beschreibung eines Kötztinger Hauses aus dem Jahre 1650:

HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B2 von 1650

.... und weillend Georgen Büllichs gewesten Marckhtmüllers und Cammerers alhir seel Heusern liegent".
An anderer Stelle im selben Akt wird erwähnt, dass der Sohn des verstorbenen Marktmüllers, ebenfalls Georg mit Namen, noch "nicht genügend vogtbar" sei, er war also noch zu jung, um ein Kötztinger Bürger zu werden. Diesem Umstand ist ziemlich sicher geschuldet, dass die Marktmühle zunächst verpachtet wurde.

Ullrich Fink


Im Jahre 1652 finden wir den Pächter als Zeuge einer Verleumdungsklage in den Akten des Pfleggerichts. Nach seiner Aussage zugunsten der Klägerin wurde die Beklagte, die ledige Kötztinger Veronica Pfeffer, dazu verurteilt, einen ganzen Tag, in einer "Geige" eingespannt, im Amtshaus eingesperrt zu verbringen. 
1656 ist Georg Billich, der Sohn, dann offensichtlich  "genügend vogtbar", durfte heiraten und auch die Marktmühle betreiben.

Georg Billich und Lärnbecher Katharina

 
" am 28. August im Jahre 1656 habe in der Pfarrkirche Kötzting der göttlichen Jungfrau Maria geheiratet: Georg Billich, ehelicher Sohn des verstorbenen Kammerers und Marktmüllers Georg Billich und dessen Ehefrau Margaretha und dessen Braut Katharina Lärnbecher, eheliche Tochter des verstorbenen Müllers aus Gmündt, Georg Lärnbecher und dessen Ehefrau Walburga. Als Trauzeugen fungierten der Kötztinger Pfleger, der edle Herr Wilhelm von Leublfing, dann Martin Kholbinger, Richter zu Randsperg, Herr Georg Denscherz, Cammerer alhir. Die Trauung vollzog Pater Thomas Stifler vom Orden der Benediktiner."
Die junge Marktmüllerin musste sich schon wenige Jahre später dem Pfleggericht stellen, als "sye Anna Streicherin uf offener Gassen mit bluetrunstigen Straichen," überfallen hatte, " so dass sie sich des paders bedienen muessen".
Im Jahre 1663 kam es zu einem kleinen Aufstand der Kötztinger Müller, als das Pfleggericht im selben Jahren einen großen Gerichtsprozess gegen eine Räuberbande zu führen hatte, bei dem schon zu Beginn abzusehen war, dass die späteren Urteile einen funktionierenden Galgen auf dem Kötztinger Galgenberg benötigen würde. Der alte Galgen war jedoch morsch und musste zu diesem Zweck neu errichtet werden. Dies war eine Aufgabe, die in anderen Landgerichten - teilweise - die Aufgabe des Handwerks der Müller war. (Siehe auch der Beitrag "Die Kötztinger Müller und der Galgen" in den gelben Bänden das Jahres 2023 auf Seite 61)
Der Kötztinger Richtplatz auf dem Ludwigsberg

Den Kötztinger Müllern kam der Umstand zugute, dass sie wussten bzw. zunächst nur vermuteten, dass es in der Kötztinger Registratur des Landgerichtes, bedingt durch den Marktbrand im November 1633, keinerlei schriftliche Beweise mehr geben konnte, die der Landrichter zur Begründung oder Beweisführung hätte heranziehen können, und so war es den Kötztinger Müllern möglich, zunächst einmal diese Forderungen in Bausch und Bogen abzulehnen.
Die drei Kötztinger Müller, der Sagmüller Paulus Hofmann, der Wiesmüller Georg Lärnbecher und der Marktmüller Georg Billich, unterschrieben für das „gesamte Handwerk alda“ und führten an, sie hätten die Aufforderung, ein Hochgericht errichten zu müssen, „mit Verwunderung“ vernommen.
Sie bezeichneten diese Aufforderung als eine „Servitut und Neuerung“, der ihren „Nachkhömmlingen zu unwiderbringlichen praejudiz und Nachfluech geraichen würdte
Aus diesem Grunde würden sie gegen diese Aufforderung Protest einlegen. Die Müller machten auch klar, dass, sollte das Landgericht darauf bestehen, sie dieses dann „als Partei“ ansehen würden, was nicht anderes hieß, als dass sie es auf einen Prozess ankommen lassen würden, in dem das Landgericht dann versuchen müsste „zu probieren [=beweisen}, daß nur ainmahl: geschwaiges öffter dergleichen Aufrichtung aines Hochgerichtes von uns beschechen seye, dann ob zwar vorgewentt: und nachmals hierauß Erzwungen werden will, daß solches an thailß Orthen ain altes Herkhommen".
Der Streit zog sich viele Monate lang hin und am Ende musste der Landrichter den neuen Galgen in seinem Etat unterbringen, auch wenn er ins Rechnungsbuch zusätzlich einführte, dass das noch nicht das letzte Wort in der Sache gewesen sein solle.
Einschub
Im Juli 1664 jedenfalls, um auch das vorläufige Ende des Prozesses hier zu berichten, wurden auf dem neu errichten Gerichtsplatz auf dem heutigen Ludwigsberg die Urteile verlesen und danach auch vollstreckt:
Stefan Pichelmayr Badknecht von Furth, Adam Schuster "Stutzfinger" und Wolf Wündtauer werden "ieder an beede Armb mit glühenden Zangen greiffen, von untenauff gerädert, volglich in die Räder geflochten"
Philipp Paur Maurer am Kolmstein "an einer Saul ertrosselet und folgents verprennet"
Christoph Unfried 
"mit dem Strang vom Leben zum Tod hingerichtet soll werden".
Einschub Ende

Im Jahre 1668 verstarb der Further Pfarrer Sebastian Agricola und vermachte 100 Gulden aus seinem Nachlass der Kötztinger Pfarrkirche " gegen die Haltung eines ewigen Jahrtags"

PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1668 Widmung der 100 fl durch Pfarrer Agricola

Dieses neue Kapital wurde von der Kirche Kötzting - wie alle anderen Einlagen ebenso - gegen einen Zinssatz von 5 Prozent wieder ausgegeben.
"Ob zwar wie hernach zu ersehen Georgen Billich Marckhtmüller alhi, Herrn Sebastian Agricolas gewesen Pfarrers zu Furth seel: verschaffte 100 fl vorgelichen worden. So hat sich doch hievon khain Interesse verfallen, dahero diss orths ausgeworffen  NIHIL"
Die Kapitalneuvergabe wurde zwar protokolliert, jedoch fällt die erste Zinszahlung erst im Folgejahr an, weshalb hier "nihil", also "nichts", im Rechnungsbuch eingestellt ist.
In den Folgejahren lässt sich der Marktmüller Georg Billich mit vielen Einzeleinträgen vor allem in den märktischen Rechnungsbüchern nachweisen.
Eine satte Strafe von 1 Pfund Pfennigen holte sich Georg Billich ab, als er mit einem Nachbarn in einen Streit um ein Schaf geriet. Er hatte "dem Georgen Zissler ain Schaf aus dem Stahl wegnehmen lassen, als ob selbiges ihm zugehörig wehre, doch aber solches nit probirn khuendten und dahero demselben ain Vergleichsbezichtigung angethan."
In einer Verhandlung des Jahres 1683  werden auf der Marktmühle bereits 2 Saggänge und ein Mahlgang nachgewiesen.


Sta Landshut Regierung Straubing A 4357 von 1683 Auszug aus dem Kötztinger Rats- und Verhörsprotokoll: Antrag des Marktmüllers Georg Billich einen weiteren Saggang einrichten zu dürfen, weil andere Müller am Fluss 2 Saggänge hätten.





Im Jahre 1685 traf ihn eine Mühlstrafe - eine eigene Kategorie bei den Strafen, die der Magistrat selber aussprechen durfte -, er wurde "wegen aines oedten Muehlganges getrafft", vermutlich waren die Mahlgänge als unsauber empfunden worden, die Marktmühle war zu diesem Zeitpunkt bereits sowohl eine Sag- als auch eine Mahlmühle.
Der oben angesprochene Streit um den Mahlgang ging hin und her, und schlussendlich wurde ihm eine Strafe von 2 Pfund Pfennigen zudiktiert, die zu bezahlen er sich zunächst weigerte, worauf der Magistrat zu Zwangsmaßnahmen griff: "als sich Georg Billich, Marktmiller, des verweigerten Mallens und deretwillen tictierten 2 Pfund Regensburger Pfennig Straf halber den Marktdiener
wiedersezt und aus dem Arrest gegangen, hat man die Viertlmaister hierzu gebraucht welche damahls verzöhrt." Der vom Amtsdiener ins Rathaus ins dortige Arrestzimmer verschaffte Markmüller war ausgerissen und wurde nun von zusätzlich informierten Kötztinger Bürgern erneut verhaftet, die für ihren Dienst 16 Kreuzer als Zehrgeld erhielten.
Neben den 100 Gulden, die Georg Billich sich aus der "Pfarrer-Agricola-Stiftung" von der Pfarrkirche geliehen hatte, entlieh er sich 1692 dann noch zusätzlich 50 Gulden aus der Bürgerspitalstiftung.

StA Kötzting Spitalrechnung von 1692 
Schuldverschreibung von Georg und Katharina Billich dem Marktmüller - Ehepaar, bei der nicht nur die Marktmühle verpfändet wird, sondern Katharina Billich zusätzlich auch noch " auf ihre weiblichen Freiheiten" verzichtet. Dies bedeutet, dass auch ihr auf der Marktmühle liegendes Heiratsgut mit verpfändet ist, und sie bei der Auszahlung ihres Geldes im Falle seines Todes nicht mehr an erster Stelle steht.




Wolf Billich und Margaretha Eisenreich


Im Jahre 1692 scheint es dann zur Übergabe an den Sohn Wolfgang Billich gekommen zu sein, denn, als im Jahr drauf, der Rentmeister aus Straubing bei seinem Umritt in Kötzting weilt, greift dieser in den Streit um das Mehl ein. Der Rentmeister prüft grundsätzlich alle Bücher und übt eine Art von Rechtsaufsicht aus. Bei der Prüfung des Aktes des Marktmüllers entscheidet der Rentmeister, dass sich der neue Marktmüller Wolf Billich des "Melbelns" - also des Mehlhandels - enthalten müsse.
ein Heiratseintrag des neuen Paares ist in Kötzting nicht dokumentiert, nur über die Geburtseinträge kann der Vorname der Mutter festgehalten werden.
Die nächsten Einträge Wolf Billichs in den Kötztinger Rechnungsbüchern stehen zumeist in der Rubrik der Strafen.
1694 muss er 1 Pfund Pfennige bezahlen wegen "vor Obrigkeit hitzige Reden und unbeschaidentliches Verhalten". Vermutlich ärgert er sich, dass ihm von Amtswegen der Mehlhandel verboten worden war, denn schon im Folgejahr steht er mit 2 1/2 Gulden - einer saftigen Strafe - in den Marktrechnungen, "umb er das abgeschaffte Melben weither gerührt". Er hatte sich also um das Verbot nicht geschert und locker weiter mit Mehl gehandelt.
Gleichzeitig stand er mit dem Magistrat in einem langen Streit um die Erhaltung der "Beschlächt", also der Uferbefestigungen am Regen, die eine andauernde Kontrolle und Reparatur benötigten, die keiner der Regenanwohner - bzw. diejenigen "Handwerker", die ihr Gewerbe am und mit dem Fluss betrieben- gerne unaufgefordert leisten wollte. So klagt Billich bei der Regierung gegen den Magistrat wegen dieser "Pflichtaufgabe"  und dieser wiederum fordert den Marktmüller auf, seine vertraglichen Verpflichtungen dahingehend zu erfüllen.
Aus dem Jahre 1697 kennen wir das Ergebnis einer Mühlenbeschau beim Marktmüller genauer, denn dort heißt es - zusammen mit einer saftigen Strafe von 2 1/2 Gulden - : "umb sich in der  Mühlvisitation bei seinen dritten Mühlgängen die Rechen vom 2. bis 3. Zahn zuweith ufm gaden nit recht aufstehend, dann die vorderen Girtlkasten mit abzugerosten Löchern ergänzt, auch die Mühl oben ufm Podengang offen und auch ohne Verwahrung einiges befundten  2 Pfund Rgbg Pfennig"
Es war also einiges in Unordnung, unhygienisch und schmutzig vorgefunden worden.
Die Großfamilie der Billich war zu dieser Zeit sehr weit verbreitet in Kötzting. Neben einigen Nebenlinien waren es vor allem die Billichs auf dem heutigen Hotel zur Post (dieser Besitz blieb, auch wenn der Name dann verschwand, bis hinauf ins Jahr 1870 in Familienbesitz), dann Wolf Billich auf der Marktmühle und dessen Bruder Georg als Pächter auf der Wuhn.
Mit diesem Bruder Georg hatte Wolfgang Billich einen öffentlichen Streit angefangen, der, weil Blut geflossen war, vor dem Landrichter hatte verhandelt werden müssen und Wolfgang Billich eine Strafe von 1 Pfund Regensburger Pfennige einbrachte.
Im Amtsdeutsch der damaligen Zeit lautete der Vorgang so: Wolf Billich "hat seinen Bruder Georg Billich Nachtszeit uf der öffentlichen Gassen angefallen , bei denen Haaren gezogen, etliche pluetige Rüzer im Angesicht versetzt  und den Rockh  ziemblichermassen mit Koth maculiert."
Aus einem Akt der Regierung in Straubing über das Fluderwesen gibt es sogar eine eigenhändige Unterschrift des Wolf Billich:
StA Landshut Rep 97e Nr. 513 von 1700
Im selben Jahr muss er ein weiteres Pfund Pfennige an Strafe bezahlen, weil er eine Kanne auf seine Schwester geworfen hatte 
Im Jahre 1702 droht der nächste Krieg - der Spanische Erbfolgekrieg - und in dessen Verlauf wird Wolf Billich mehrmals in den Kötztinger Akten aufgeführt, vermutlich weil er auch Teil der damaligen Landwehr gewesen ist.
Auf der kleinen "Regeninsel" - genannt "im Anger" - und auf dem Detailplan zu Anfang des Blogbeitrages gut zu erkennen, weil mit der Hausnummer 63 zusätzlich markiert - war in der damaligen Zeit der Schießübungsplatz des Kötztinger Fändls.
In der Marktrechnung von 1702 steht über Wolf Billich: "so ist durch den Wolf Billich Bürger und Marktmillern alhir als Corporal denen ausgewoehlten 7 Mann under hiesigen Landtfahnen auf die Graeniz postierung nacher Furth uf 14 Teg die Zoehrung abgeschickt worden..... dann absonderlich ienigen aussgewöhlten, so under bemelt hiesigen Landtfahnen und obiger graeniz Postierung gestandten, auch denen so aus besagten Landtfahnen in den Engen ausschuss genomben worden, zu verschiedenmahlen zur zoehrung geraicht.... 16 Gulden und 20 Kreuzer"
Mitglieder der Kötztinger Landwehr wurden also auserwählt, an der Landesgrenze Posten zu stehen.
Die Mühlstrafen gegen Wolf Billich - vermutlich weil der ein Wiederholungstäter war - stiegen in fast unglaubliche Höhen -, 4 1/2 Gulden musste er 1702 bafür bezahlen, "umb er bey seinen Mihlgängen ain solcher Föhler erfunden, das von solchen der Schrodt zimblich durchgefahlen".
Bei ihm war also Schrot und Mehl fast nicht mehr getrennt worden.
Seinen Müllerkollegen aus Fessmannsdorf, Andreas Hofbauer, nannte er einen "S:V: bladerten Hundsfott", was uns nicht nur aufzeigt, dass Andreas Hofbauer - ein weitschichtiger Vorfahre unserer Familie - ein Glatzkopf, sondern dass auch Wolf Billich ein sehr regelmäßiger Kandidat für Kötztinger Strafverfahren gewesen war. Diese Beleidigung schlug jedoch nur mit einem Viertelpfund Pfennigen zu Buche, ein Schnäppchen.
Während 1702 der Krieg erst am Horizont auftauchte, steckten die Kötztinger dann im Jahre 1704 mitten drin und wieder findet sich WB in den Akten: "Wie Hans Hofmann des Rats und Wolf Billich Marktmiller beede alhier zu ihre Hochfuerstl. Drtl. von Anhalt nacher Camb mit ainem underthenigen memorial weegen nachlassung der 2 monatlich portion gelter für 9ber et xber und der teglich an fir den Mann angeschafft 6 Koepfl pier abgeschickht worden, ist in Zoehrung ergangen.....
Einschub
Interessant ist hier die Schreibweise 9ber und xber jeweils für November und Dezember
Einschub Ende
Das Kötztinger Rechnungsbuch des Jahres 1705 ist angefüllt mit seitenweisen Ausgaben für durchreisende Soldaten, Soldaten im Quartier, eingeforderte Sondersteuern usw.
Hier ein kleiner Eintrag, der mit unserem Marktmüller zu tun hat:

"Ainem vom loblich Commissariat Ambts Straubing alhier yber Nacht ins Quartier angewiesenen Fendrich vom Herberstainischen Regiment sambt 2 Gemainen dessen abgeforderte portiones gelter abgeführt: 1 fl 22 xr.
Umb man andern Tags deme durch den marckhtmüller Wolf Billich nacher Glattau ins Pohaimb aigens führen lassen, ist Fuhrlohn erloffen, vermög Scheins Nro 39   4 Gulden"
Erst im Jahre 1713 endet die Ära der Billichs auf der Markmühle und bis dahin taucht Wolf Billich noch ein paar mal in den Strafregistern auf, sei es wegen Beleidigungen oder auch erneut bei den Mühlstrafen
Wie viele andere Kötztinger Bürger auch, war Wolf Billich gegen Ende des Krieges verschuldet und benötigte frisches Kapital. Die Gelegenheit bot sich, als der Hufschmied Häzner, der Geld für den Kauf seiner Schmiede beim Kötztinger Spital aufgenommen hatte, diese Hypothek zurückbezahlte. Diese nun neu zu verleihenden 100 Gulden sicherte sich Wolf Billich.


Einschub
Der Berufstand der Müller gehörte früher aus mehreren Gründen zu den unehrenhaften Berufen.  Erstens vermuteten die Bürger, dass der Müller möglicherweise in seiner Mühle vom Mehl der Bauern heimlich etwas abzwackte und zweitens befanden sich die Mühlen zumeist außerhalb der Markt/Stadtbefestigungen, waren daher der strengen Kontrolle bei der Polizeistunde damit etwas entkommen. Nicht umsonst ranken sich eine Anzahl leicht frivoler Schanklieder um die "schöne Müllerin"

Einschub Ende 

 
Aus dem Jahre 1716 findet sich eine für jene Zeit äußerst großherzige Verzichtserklärung, über die Wolf Billich sicherlich sehr froh gewesen ist.
Am 20. Juli 1716 unterzeichnet der Pullinger "Nahrungsmann Marthin Eiysenreich" (Nahrungsmann ist eine anderes Wort für einen Austrägler, Ruheständler) eine "Schanckhung von Todts wegen".  Der Untertan der Hofmark Blaibach, selber wegen eines Fußschadens nicht persönlich anwesend, lässt durch die beiden Kötztinger Bürger, den Schmied Peyerl und den Sattler Frins, einen ganz besonderen Vertrag unterzeichnen.
Martin Eisenreich wolle jetzt, da er noch bei guter Gesundheit sei, eine Anordnung treffen, was nach seinem Tode zu machen sei, um sich für die Treue und Liebe zu bedanken und um sicher zu stellen, dass es nach seinem Tode zu keinen Streitigkeiten zwischen seinen Kindern kommen würde, sondern alles in Liebe, Ruhe und Friede weiterleben könne.
Es geht ihm um die 1100 Gulden, die er seinem Tochtermann (=Schwiegersohn) geliehen hatte und dies noch zu Zeiten, als dessen Vater Georg Billich der Marktmüller gewesen war.
1000 Gulden solle Billich seinen 2 Kindern, also den Eisenreichischen Enkeln, geschenkt werden, weil er selber von ihren Eltern so viel Gutes erfahren habe, wie er es von seinen anderen Kindern und Enkeln von der Lutzenmühle nie erfahren hätte. 



Wittmann Ander und Lanckhes Anna


Am 25. April 1713 verkauften Wolf Billich und seine Frau "die von ihrem leibl resp. Schwiechervattern Georg Billich seel  kheuflich ybernommene und unzhero besessene sogenannte Marktmihl" um die stolze Summe von 2200 Gulden and den früheren Müller von Kammerdorf Andreas Wittmann, der im selben Jahr auch das Kötztinger Bürgerrecht erwerben konnte, für das er stolze 22 Gulden an die Marktkasse zu bezahlen hatte..
1718 bewirbt sich sein Schwiegervater Sebastian Lanckes um einen bürgerlichen Beisitz (eine Art von minderem Bürgerrecht, da Lanckes ja keinen Grundbesitz im Markt nachweisen konnte, eine Voraussetzung, um Kötztinger Bürger zu werden). 180 Gulden überlässt der nun bereits 70jährige Sebastian Lanckes seinem Schwiegersohn, wenn dieser ihm dafür  die lebenslange Herberge bei sich gewähren würde, wozu auch der Magistrat seine Zustimmung geben muss. 
Von Dr. Thomas Passauer, geistlichem Rat in Freising und dem berühmten Abkömmling der Kötztinger Passauer-Linie,  kann sich Ander Wittmann 1719 weitere 200 Gulden leihen und hinterlegt als Sicherheit die Marktmühle.
In guter Tradition - die regelmäßige Mühlbeschau, neben der Biervisitation eine der ersten Lebensmittelkontrollen, hatte schon seinen Sinn... - findet sich der Marktmüller gleich in der Rubrik der Mühlstrafen: "Umb sich bei der Mühlvisitation in dessen Mühl zuviell Mell zwischen der Sorg und Stein ligent gefunden auch sich die Mühl ganz unsauber mit Spinnwetter und die Peitlticher voller Flöckh  bezeigt neben ernstlichem Verweis: 35 Kreuzer"


Hans Adam Wittmann  




Als Ander Wittmann und seine Frau Anna am 22.9.1725 die Mühle an den Sohn Hans Adam übergeben, muss dieser eine ganze Reihe an Schuldverschreibungen mit übernehmen.
Im Einzelnen haben sich Hypothekenlasten bei folgenden Geldgebern angesammelt:
200 fl bei der Kirche Weißenregen
200 fl von Maria Elisabeth Passauerin
200 fl beim Gotteshaus Eschlkam
75  fl aus der Seidlische Vormundschaft Arndorf
50  fl beim Gotteshaus Lam
HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4 1727-1736
In der Steuerliste des Klosters Rott steht Hans Adam Wittmann nur mit einer geringen Abgabe an Flachs.
1727 die nächste Mühlstrafe. "umb das ufm untern Gang die Zarch ad 2 Zohl zu weith ufm obern und mittern gang in denen Stein auch Läfftern 2 1/2 Mässl zuviel mehl dan zerbrochene Fenster", die mit gut 1 Gulden zu Buche schlug.
Diese detailliert aufgeführten Mühlstrafen zeigen, wieviel in einer Mahlmühle an Verschmutzung und Materialverschleiß - und daher an strafbarem Handeln - nachgewiesen werden konnte.
1731: "Hat sich bei der Mühlbeschau befundten das die Cambrödter ziemblich alt und das keimb(?) ziemblich ausgefressen , auch uf den mittern gang ist aus ainem lauffer ain Podtenstain gemacht 
und wo das ober Eisen gewesen mit Holz ausgefiethert nitweniger das Holz holl und der Stain ungleich bezaigt."
Wir erfahren hier also von mehreren Mahlgänge nacheinander und dass ein abgenutzter Laufstein (=der obere bewegliche Mühlstein)  nicht einfach als sein Widerpart am Boden verwendet werden durfte. Vor allem dann nicht, wenn das Loch des Laufsteines einfach mit einem hölzernen Stöpsel geschlossen wurde.
Im Jahre 1733 pachtet Adam Wittmann den Dampfbach für drei Jahre und bezahlt dafür pro Jahr 45 Kreuzer an die Marktkasse.
Sta Kötzting Marktrechnung 1733

Bereits drei Jahre später endete die Zeit, in der Hans Adam Wittmann der Kötztinger Marktmüller gewesen war. Der neue Besitzer wurde der Further Müller Hans Simon Eberl, der auch das Kötztinger Bürgerrecht für 18 Gulden erwerben konnte.


Hans Simon Eberl und Kunigunde


Zunächst musste die Ausnahmeregelung für Andreas Wittmann geklärt werden, dem "die freye Ausnahmb in dem hintern Stiebl, Brennholz, die 5 Zweschpenbaumben, 2 Pötl im Wurzgartten und 3 Färtl Tungat" zugestanden wurden. Mit demselben Datum des 17.3.1736 ging dann der Verkauf der Marktmühle mit der neuen Summe von 2400 Gulden über die Bühne.
 Eberl hielt die Säge nur für kurze Zeit, schon ein Jahr später veräußerte er diese an Irlbacher Stephan.
Im Frühjahr vorher hatte er noch kurz die Mühle an den vorherigen Besitzer Adam Wittmann verpachtet und vereinbart, dass der Pächter auch "den von dennen Löderern und Weißgärbern schudtigen Walchzüns" einnehmen dürfe. Hier ist zum ersten Male die Rede davon, dass diese kleinen Nebenantriebe am Regen, die ja ihre Kraft von der Anstauung durch den Marktmühlwehr erhielten, diesem abgabepflichtig waren.
Diese Regelung hielt wohl nur so lange, bis Eberl einen neuen Käufer gefunden hatte, und dies klappte dann Anfang Dezember 1737.



Irlbacher Stephan und Maria Christina Braun 


Der Verkaufsbrief vom 2.12.1737 über 2587 Gulden lautete auf den Mühlknecht von Pernhof aus dem  Gericht Burgdraßwitz, Stephan Irlbacher, und beinhaltete die "die Marktmüehl ausser dem eissern im Flöz eingemauerten Waschcössl". Weshalb Eberl den eingemauerten Waschkessel nicht mit verkaufen wollte, wird wohl ein ewiges Geheimnis bleiben.
Mit Datum des 10.10.1741 schloss der "bürgerliche Marktmüller Stephan Irlbacher" einen Heiratsvertrag mit seiner Ehefrau Maria Christina, die ihm 500 Gulden an Heiratsgut zusicherte.
Nun kam die schwere Zeit der Bedrückungen durch den Österreichischen Erbfolgekrieg und Irlbacher Stephan war zunächst einer der Wenigen, die dem Markt - natürlich gegen 5 Prozent Verzinsung - Gelder zur Verfügung stellen konnten, um der angeforderten Brandsteuer des Barons von der Trenck zu genügen. 30 Gulden reichte Irlbacher an die Marktkasse weiter und erhielt dafür dann die Zinsen.
Im Jahre 1749 steht der Marktmüller Irlbacher mit einer saftigen Strafe von fast 6 Gulden in den Marktrechnungen, als er sich gegen die Marktfreiheiten vergangen hatte.
Er hatte "gegen die gemain Marktsfreyheiten seinem Bruder Stephan Irlbacher zu Gmündt, als einem Auswertigen, von Herrn von Göring ufm Reitenstein Saagplöcher nit allein haimblich einkhauffen helfen, sondern noch dazu hochgedachten Herrn von Göring die Verwilligung propria authoritate dahin erthaillt, dass er solche auf die Spital Wisen anführen solle."
Der Kötztinger Marktmüller hatte also ohne Erlaubnis des Magistrates einen Holzhandel mit dem Freiherrn von Göhring eingefädelt und diesem dann auch noch gestattet, diese Hölzer auf märktischem Grund abzulagern.
Die Strafe war für Irlbacher wohl nicht abschreckend genug, denn im Jahre 1752 heißt es in den Rechnungsbüchern Kötztings: "hat sich unterstanden zuwider der unterm 22.Oktober 1747 alsschon 
beschechenen obergerichtlichen Verbschaidung ainige Sag Blöcher uf frembten Saagen schneiden zu lassen , derhalben ist dieses neben ernstl. Verweis, derley Unfug nit mehr zu unternehmen und 
fürwärttshin sich seiner selbstigen Sag zubedienen, punctiert worden." Die Strafe betrug 3 Pfund Pfennige.
Einem Vorgang im Jahre 1754 kann man gut entnehmen, dass der Marktmüller und mittlerweile Ratsmitglied ziemlich wenig Rücksicht auf rechtliche Belange genommen hatte. Mit einem Schupfen-Schwarzbau hatte er es dann aber übertrieben. Ihm wurde bei Strafe verboten, mit dem Erweiterungsbau eines Schuppens die Durchfahrt zwischen Schuppen und Mühle noch weiter zu verengen. 
Einschub
Die Straße vorbei an der Marktmühle und über die Brücke war damals eine der drei Haupteinfahrtsstraßen Kötztings, auch für Fuhrwerke.
Einschub Ende
Dies scheint Stefan Irlbacher offensichtlich egal gewesen zu sein, denn nun erhält er den Strafbefehl über gut 5 Gulden und eine neue Androhung über dieselbe Summe, sollte er seinen Schuppen nicht binnen 4 Wochen auf die ursprüngliche Größe zurück gebaut haben.
In der Häuserchronik des Nachbarhauses - beim Bader Schlögner - findet sich ein Grundstücksverkauf, mit dem Zweck, dass der Nachbar, der Marktmüller Irlbacher darauf einen Schuppen bauen könne; anscheinend hat sich damit der Marktmüller schlussendlich doch an die Vorgaben des Magistrats gehalten.
Im Jahre 1755 - fast 20 Jahre nach dem Verkauf -  quittiert der vorherige Besitzer Eberl Stefan, Irlbacher, den Gesamtkaufpreis von 2587 Gulden bezahlt zu haben.
In Jahr drauf - 1756 - nennt Stefan Irlbacher - nun als resignierter Ratsfreund bezeichnet - den Kötztinger Leineweber Georg Härtl einen " Bettlweber" und gibt ihm auch noch eine "blaumailige Ohrfeige" mit auf den Weg, wofür er 4 Schilling Pfennige bezahlen darf.
1757 darf er sogar einen ganzen Tag lang im bürgerlichen Arrest - dies ist das Gefängnis des Marktes Kötzting im Rathaus im Gegensatz zum Amtshaus und Gefängnis des Landrichters am Ende der Schirnstraße) - darüber nachdenken, ob seine Drohung "den Marktschreiber bei Einsagung beim Schopf auszuweisen" die richtige Methode gewesen war, sich über amtliche Ankündigungen zu ärgern.
Noch im selben Jahr entscheidet die Regierung, dass Stefan Irlbacher wegen "seines erlittenen Wasserschadens" rückwirkend für die Jahre 1755-1757 steuerfrei gestellt wird.
Da die Kraft der Mühlräder direkt in Verbindung mit der Fallhöhe des Wassers steht und diese natürlich um so größer ist, je höher ein Müller sein Wehr aufstaut, hatte ein Oberlieger manchmal - eigentlich immer - den Verdacht, dass der Unterlieger zu hoch aufstaue und ihm daher die ausreichende Fallhöhe für sein eigenes Wehres fehlen würde.
Im Jahre 1759 hatte der Marktmüller den Hammerschmied Auzinger in Verdacht, den Regenfluss zu seinen Ungunsten aufzustauen, und so kam es zu einer Verhandlung. 

 

Dokument vom 23.März 1759 aus der Sammlung Amberger, Irlbacher Stephan zeigt Kaspar Auzinger, den Hammermüller, an, dass dieser zu hoch aufstauen würde. Auszug aus dem Kötztinger Verhörsprotokoll
 Dieser Streit um die Anstauhöhe des Unterliegers Auzinger auf der Hammermühle ist mit der obigen Vereinbarung aber noch nicht zu Ende. Im Jahre 1811 kommt es zu einem Antrag der Regenanlieger, die die Vereinbarung von 1759 als unwirksam bezeichnen und die Aufstellung eines amtlichen Eichpfahls fordern, auf den sich dann zukünftig alle beziehen könnten.
Einschub
Das Problem, das Auzinger auf der Hammermühle für die Oberlieger am Regenfluss darstellte, betraf den späteren Hammermühlenbesitzer Windorfer dann selber, nämlich als unterhalb der Hammermühle dann die Sägemühle Stoiber/Lindner eine neue - vermutlich höhere - Stauwehranlage errichtete.
Einschub Ende

1761 findet sich in den Akten ein Spezialfall: Stefan Irlbacher schlägt seinen Mühlknecht Wenzl Aschenbrenner mit einer Mistgabel dermaßen auf den Kopf, dass dieser mehrere blutende Wunden am Kopf erlitt. Die beiden Streithähne haben sich zwar danach vor dem Magistrat verglichen, in dem Irlbacher sämtliche Behandlungs- und Verfahrenskosten auf sich nahm. Im selben Jahr jedoch kam der Rentmeister auf seinem regelmäßigen Umritt in Kötzting vorbei, prüfte die Bücher und stieß sofort auf diesen Fall, der nie und nimmer vor dem Magistrat hätte verhandelt werden dürfen, weil eindeutig Blut geflossen war, was ausschließlich der Landrichter zu verhandeln hatte. 
Im Jahr drauf, 1762, findet sich der Marktmüller mal in den Rechnungen in einer anderen Strafrubrik: bei den Feuerstrafen. Fast 4 Gulden kostete es ihn, weil er die Mühlradschmierung vernachlässigt und dadurch Feuersgefahr verursacht hatte. Die Aufsicht darauf war vielleicht deshalb so streng, weil wenige Jahre zuvor die Sagmühle komplett abgebrannt war, die jedoch - anders als die Marktmühle - isoliert außerhalb des Marktes lag.  
Aus dem Jahre 1763 haben wir einen ganz besonderen Fund: Es geht um eine Zwangsrekrutierung eines in Irlbacher Diensten stehenden Mühlknechts und um die Gegenwehr der Frau Müllerin, die ihr 2 Pfund Strafe einbrachte. "nachdeme der, vom Pfleggericht alhero erlassene Ambtsschreiben gemäss, der alda in Diensten stehende Mühlknecht Thadeus Irlbeck uf dem Exercierplaz nit erschienen sondern nachts in aller gehaime durch den Marktdiener aufgeheebt und andern Tags darauf auf solchen Exercier blaz in Eisen gefiehrt werden müssen, so ist ersagt Christina Irlbacherin, Marktmüllerin, alhir nit allein dem 
ambtierenden Cammerer Luckhner ins Haus geeloffen und hat dryber das Maul zimblicher Dingen ausgelährt sondern sich auch noch anzue ganz respectlos erzaigt und ungebührlich aufgeführt"
Noch im selben Jahr durfte Christina Irlbacher nach einer Schimpfkanonade an ihren Knecht Mathias Lohberger aus der Lam, den sie einen "Saumagen, Spitzbuben und Riedermüller Schliffl" benamste, 1 Pfund Pfennige abdrücken.
Stefan Irlbacher stand dann - noch im selben Jahr - ausnahmsweise einmal als Ankläger vor dem Kammerer Luckner, als er vom dem bürgerlichen Fluderknecht Martin Prändl mit einem Stein im Gesicht getroffen wurde, "wodurch Ihrlbacher zu Boden gefahlen, und am oberen Leffzen(!) ain Schaden yberkommen, daß der Baader .2. mahlen helffen müessen". 3 lange Stunden lang saß der Fluderknecht dafür im Stock des Marktes und erhielt darüber noch den amtlichen Auftrag, " in Zukunft die Ainigkeit besser zu lieben".
Aus dem Jahre 1769 gibt es im Stadtarchiv einen großen Akt über die Pflichten des Marktmüllers, die "Beschlächt", also die Uferbefestigungen in seinem Bereich in gutem Zustand zu erhalten.
Nach einer Besichtigung durch die Marktkammer und Fachleute steht deren Urteil fest: .
Vollkommen unzureichend geflickt, 1 Schuch 3 Zoll zu niedrig.
Irlbacher wird angewiesen, bei Vermeidung von Arrest den "Beschlacht" so zu bauen, dass die Brücke keinen Schaden nimmt.
Erneut kommt es zu einem Ortstermin, wobei sich die bräuende Bürgerschaft darüber beschwert, dass ein Hochwasserschaden im Bräuhaus entstehen könnte.
Fünf Bürger "vor der Brucken" klagen gegen Irlbacher und vier Gutachter werden eingeschaltet, von denen jeder eine andere Aussage trifft.


Franz Anton Irlbacher und Theresia Geiger


Am 1.7.1773 schloss Franz Anton Irlbacher, der angehende Marktmüller Kötztings, einen Heiratsvertrag über 1100 Gulden mit der Klesser Bauerntochter Theresia Geiger. Mit Datum desselben Tages übernimmt er auch die "Marktmühl mit 4 Gängen und Wasserfahl" um 3594 Gulden von seinen Eltern. 
Stephan Irlbacher stirbt am 7.6.1775. Die junge Frau seines Sohnes,  Maria Theresia Irlbacher, schon bald danach, am 6.3.1779 im Alter von gerade mal 30 Jahren. 
Der junge Witwer, noch mit kleinen Kindern im Hause, die versorgt werden müssen, wartet gerade mal 4 Wochen an Trauerzeit ab, ehe er sich am 12.4.1779 mit der Witwe Maria Therese Lärnbecher wiederverheiratet.
Anna Maria, der 2 1/2 jährigen Tochter aus erster Ehe, muss nach der damaligen Sitte das mütterliche Erbe festgeschrieben werden. Vermutlich finden wir in der folgenden Liste den Inhalt des "Kammerwagens", den die junge Braut bei ihrer Eheschließung aus Kless mitgebracht haben dürfte.
"1 Böttstatt samt dem Brauthpöth und 3 Pölster
1 Truchen
2 Kästen
4 Böthziecher
4 Leilacher
4 Tischtücher
12 hölzerne Däller
2 porculanene Krueg
9 Röck
8 Röckhel
1 Röckzeug
2 Leibel
4 Mieda
4 Hauben
4 Halstiechel
1 Seidenes
2 Schwarze
3 abgenähte Hauben
3 Baar Pantoffel
2 paar Schuech
9 paar Strimpf
17 Hemter
4 Rosenkränz
Schierhäcken
5 grosse und 4 kleine Waxstöckl
22 ellen Flaxleinwand
9 Hauptstickhl
2 paar Winterhandschuech
1 bögleisen
2 blecherne Rehrnpfannen , dies alles beim Irlbacher im Klöss
2 Böthziecher
2 Leicher(?)
1 Tischtuch
2 abgenäht Hauben"

Am 4.1.1786 endete die Zeit der Irlbacher auf der Marktmühle. Franz Anton Irlbacher und seine Frau Maria Theresia verkauften diese an den Thenrieder Johann Michael Amberger.
Franz Anton Irlbacher - "alimentarius de Marktmühle" genannt, also ein Nahrungsmann oder Austräger der Marktmühle, stirbt nur wenige Jahre nach dem Verkauf sehr jung, mit 38 Jahren am 8.6.1793.
Am 7. April 1793 hatte er sein Testament protokollieren lassen und wird dort bereits im Eingangssatz als "sehr unpässlich" bezeichnet. In diesem Testament erfahren wir auch, dass aus der  oben erwähnten Tochter erster Ehe, Anna Maria Irlbacher, nun eine verheiratete 3/4 Bäurin namens Kellnhofer in Rittsteig geworden war. Finanziert durch sein Restvermögen von 200 Gulden, welches auf dem Hause seiner Ehefrau verschrieben sei, solle nach seinem Tode für eine Erdbestattung, 3 heilige Seelengottesdienste mit jeweils zeitgleich stattfindenden 2 "heiligen Beymessen", dann "Vigil und Libera" gesorgt werden. Zusätzlich solle seiner ganze 3 Jahre lang im allgemeinen Gebet gedacht werden und dann hätte er auch noch gerne 52 wöchentliche Messen verfügt. Was immer dann nach all diesen seinen Vermächtnissen von seinem Vermögen übrig bliebe, dürfe seine Frau als Universalerbin dann behalten.



Johann Michael Amberger und Heigl Barbara


StA Landshut Markt Kötzting BRPR von 1786 Seite 1
"Kaufbrief um eine Bürgerliche Mühl, Schneidsag, item Hauß, Stadl, Stahlung, Schuefen, Veld: und Wieß. so andere Gründ per 5070 fl und sechs bajerische Thallern ad 14 fl 24 xr Leykauf."
Anschließend folgt eine sehr gute Beschreibung der Mühle:



"Nemblichen deren sub dato 1ten July 1774 durch Übergab und nachmalige Heuratspacta vom 23. Merz 1779 eingethan burgerliche Behausung, samt der darzu gehörigen Marktmühl mit 4 Gängen, item dem mit zwey Saggängen versehenen Schneidwerk und Wasserfahl, fehrner die sich bezeigente redo Stahlung: nebst Stadl: und Schupfen, besamt denen darzue gehörigen Pertinentien so pur alleinig in dem beim Hauß situierten Gartten, den dem auf dem sogenannten Schußanger entlegenen Wißflöckl..."

Ausschnitt aus der Uraufnahme von 1831

Dieses Briefprotokoll ist eines der wenigen Beispiele, in dem die Lage des Schussangers, also des damaligen Schießplatzes der Kötztinger Landwehr nachvollziehbar bezeichnet wird. Dieser kleine - durch die Werkskanäle abgetrennte Ortsteil mit den zwei kleinen Häusern hört mit der Hochwasserfreilegung in den 1980er Jahren auf zu existieren. Ebenso erging es dabei  1980 auch der Marktmühle, die ab dem oben protokollierten Kauf bis dahin ununterbrochen in Betrieb und Besitz von Nachkommen der Käuferfamilie Amberger gewesen war. 

Gleich bei Antritt des Besitzes versuchte er ein altes Problem aller Marktmüller zu lösen, die kleinen Mahlmühlen am Oberlauf, die vor allem bei Niedrigwasser die Leistungsfähigkeit der Marktmühle schmälerten. Im März 1786 schloss Johann Amberger einen Vergleich mit seinen Nachbarn.
Sammlung Amberger: Planskizze zum Vergleich des Michael Amberger mit dem Rotgerber Stoiber und dem Küffner Reithmeier, siehe die kleinen Wasserräder am Oberlauf
17.10.1786 Michael Amberger schließt einen Vergleich mit seinen Nachbarn. vor allem wegen der Lohmühle des Rotgerbers Josef Stoiber, die nun an den Seiler Balthasar Hollmaier geht.

Trotz seines Einstandes und der vertraglichen Vereinbarungen am Regenfluss, verpachtet Johann Michael Amberger seine gerade erstandene Mühle ab dem Jahre 1787 für 6 Jahre an den Grafenwiesener Häusler und Zettischer Stiftsmüller Albrecht Mühlbauer für eine Jahrespacht von 225 Gulden.
Sammlung Amberger, Stiftskontrakt zwischen Amberger Michael und Albrecht Mühlbauer


 
In einem Protokoll über eine Testamentserstellung erfahren wir beiläufig, dass die verwitwete Kötztinger Mesnerin, Frau Anna Maria Arent, ihre letzten Jahre ihre "Logie in der Marktmühl in einem Seitenstübl obenauf" genommen hatte. 

Spätestens 1793 ist Michael Amberger dann in Kötzting als Marktmüller aktiv und taucht auch mit verschiedenen Leistungen in den Marktrechnungen auf.
Als im Zuge der Säkularisation des Klosters Rott dessen Grundstücke in Kötzting versteigert wurden, konnte sich Amberger den  1 1/8 Tagwerk großen Kreuzacker sichern
Bei der Erstellung des Häuser- und Rustikalsteuerkatasters im Jahre 1811 kann man an der Liste erkennen, welch umfangreicher Grundbesitz mittlerweile zur Marktmühle gehörte.

Nro LVIII
Michl Amberger: das gemauerte Haus mit einem kleinen Gärtl
Dessen Stadel, Mühle und Schneidsag   Plnr. 96
Das Beckendorfer Ackerl  PlNr 640


der Schuderergarten  Acker    PlNr. 654 und 653
die zweimähdige Schwarzweiherwiese  PlNr 701
das zweimahdige Fleckl am Schußanger PlNr  132
Aus dem vertheilten Strohhof bei Grub  PlNr 793 und 783
Gemeindeantheil am Galgenberg  PlNr. 906
das aus den Pfleggründen zu Kötzting erkhaufte Raittensteiner Ackerl  PlNr. 648 1/2
das aus obigen Pfleggründen erkaufte Ackerl im Flecken PlNr. 605
die aus genannten Pfleggründen erkauft zweimahdige Ganskragenwiese  PlNr. 684 1/2




"der aus den Klosterpfarr-Gründen erkaufte Kreuzacker PlNr. 488
das aus den Gründen der Pfarrkirche Kötzting erkauft zweimahdige Bachmeier Wiesel PlNr. 705"

5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_2_1-01
Bis auf den Kreuzacker, der sich auf der Rieselhöhe in Richtung auf den Herrenweiher befand, sind hier alle die kleinen und kleinsten Grundstücke aus dem H+R Kataster eingezeichnet, die zur Marktmühle gehörten.

Aus dem Jahre 1806 haben sich im Staatsarchiv die kompletten Wahlunterlagen der Gemeinderatswahl von 1806 erhalten und so haben wir auch, den Wahlzettel des Michael Amberger gefunden, der unten rechts protokollieren lässt: " Weil ich selbst nicht schreiben kundig so hab ich mich mit diesem Zeichen "X" unterzeichnet."

LGäO Kötzting Nr. 793

"M.A. wollte Kaspar Görnhuber als Bürgermeister,
Paul Piendl, Johann Gulder, Adam Hollmaier und Heinrich Leszkier(Leszy) als Gemeinderäte und
Andreas Schaffner, Lorenz Mühlbauer, Johann Schöberl und Georg Viertl für den Ausschuss."
1821 kommt dann der nächste Besitzwechsel und wenige Jahre später stirbt Amberger Michael mit 76 Jahren am 22.12.1825 an einer Gedärmentzündung.
1838 reicht JA einen weiteren Bauantrag ein. Für seine Erleichterung und zur Verschönerung des Marktes möchte er in dem kleinen Zwischenraum zwischen seinem Stadelbau - siehe Plan oben - und dem benachbarten Schödlbauerhaus eine Gartenmauer errichten und damit seine Düngerstätte einplanken.

Amberger Joseph und Aschenbrenner Anna Maria



Am 29.8.1821 heiratete Joseph Amberger, der Sohn des Michael und der Barbara Heigl aus Trasching, seine Nösswartlinger Braut Anna Maria Aschenbrenner, übernimmt zwei Tage später die Mühle und erhält das Kötztinger Bürgerrecht, welches mittlerweile mit allen Nebengebühren über 32 Gulden kostet. Im Jahre 1825 wird J.A Gemeindebevollmächtigter, bekommt also einen Sitz im zweiten Marktgemeindeparlament. Als 5. Magistratsrat ist er ab nun zuständig für die Wagner und Zimmerleute.
Im Jahre 1828 lässt er sich von seinem Nachbarn, dem Zimmermeister Christian Obermayer, einen Bauplan für einen neuen Stadel machen, den er an der Grenze hin zum oberen Nachbarn, dem Schuhmacher Schödlbauer errichten will.
 
StA Kötzting AA XI 91 von 1828
In der Wahlliste zur Ständeversammlung - eine frühe Form des bayerischen Landtages - wird J.A. als "wählbarer Bürger" aufgeführt.
Obwohl sein Vater gleich bei seinem Kauf der Mühle einen detaillierten Vertrag über die Nutzung der kleinen Walch- und Stampfmühlen abgeschlossen hatte, kam es in der dreißiger Jahren zu einem Streit um die Kosten und die Nutzung mit dem Seiler Balthasar Hollmaier, der in dem heutigen Obermeier-Haus wohnt und arbeitete.
1834 verklagte J.A. seinen Nachbarn Hollmaier wegen der "Wasserbenutzung für dessen Leinstampf", und versuchte diese Angelegenheit mit dem neuen Mittel des Vermittlungsamtes zu lösen; jedoch vergeblich, da der Beklagte schlichtweg nicht erschien. Bei einer Neuansetzung des Termins am 2.1.1835 konnte aber dann ein Vergleich erzielt werden, der ausdrücklich den alten Zustand neu bekräftigte, dass, wenn das Wasser für den Betrieb der Mühle nicht mehr ganz ausreichte, der Betrieb der Lohmühle eingestellt werden musste.

Sammlung Amberger: Schlussteil des Vergleichs mit dem überlieferten Namen der
neuen Schlichtungsbehörde: " Vermittlungsamt Kötzting".
Der damals erzielte Vergleich hielt nicht lange und auch in späteren Jahrzehnten war die Nutzung ein und desselben Wassergefälles am Marktmühlenwehr ein Streitthema.
1930 kam es dann erneut zu einer Vereinbarung, die von amtlicher Seite aus fixierte Fallhöhen festlegte.
Sammlung Amberger: Hier die Details der genauen Stauanlagen und der Wasserräder des Weißgerbers Gerstl und des Lederers Kollmaier aus dem Jahre 1930.



Im Jahre 1841 wurde bereits der "Grundsteuerkataster" angelegt, im Prinzip der Urkataster, dessen vergebene Nummern bis heute ihre Gültigkeit haben.. Unter der Nummer 63 findet sich:
 
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5038
Im Einzelnen besteht das Marktmühlenanwesen aus " dem Wohnhaus, Stübl und Stallung aneinander, dann Hofraum". Die Mühle wird beschrieben als eine: "gemauerte Mühlstube mit 4 Mahlgängen. Holzschupfe, Stadel, Wagenschupfe und Saag mit 2 Gängen."
Über das im selben Jahr erstellt Mieterkataster bekommen wir sogar einen Einblick in die innere Struktur des Hauses.
 
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5045

"Joseph Amberger, Müller /:Hausbesitzer:/ Hauptgebäude
unter der Erde  1 Gewölbe
I   3 Wohnzimmer und 1 Kammer
II  1 Wohnzimmer und 1 Bodenkammer dann der Hausboden unterm Dache"
eigenhändige Unterschrift des Josef Amberger
2. Andrä Sturm Tagelöhner /:Mieter:/  II  1 Wohnzimmer und 1 Kammer
eigenhändige Unterschrift des Andreas Sturm

"Joseph Amberger /:Eigenthümer:/ Nebengebäude
Stallungen mit Futterboden
Eine Scheune mit Dreschtenne
Holzschupfe
Eine Mühle mit 4 Gängen und Stube
Sägemühle
"
eigenhändige Unterschrift des Amberger.

Im selben Jahr haben wir auch einen Fund im Zusammenhang mit unserem Pfingstritt: 1 Gulden und 36 Kreuzer erhält der Müller Joseph Amberger "für die beiden Pferde der Trompeter".

Joseph Amberger verstirbt am 5.7.1843, noch nicht einmal 52 Jahre alt und als Todesursache heißt es nur lapidar: " Magen und Leber".
In der Sammlung Amberger befindet sich auch eine interessante Rechnung von den Beerdigungskosten des Josef Amberger: Die Rechnung über die feierliche Musik beim Leichenzug, abgerechnet vom Kötztinger Musikmeister Denk
Sammlung Amberger

Die Trauermusik wurde von 2 Violinen, einer Altviola, 2 Hornbläsern, 2 Trompeten mit einem Beckenschläger gespielt, die zusammen  5 Gulden 54 Kreuzer für ihre Darbietung erhielten.



 
Von nun an muss die Witwe Anna Maria Amberger alleine die Marktmühle bewirtschaften und sie ist auch in der Lage, sich ihrer Haut zu wehren, als Kaspar Weiß versuchte mit seinen Holzlieferungen ein wenig Geld zu sparen.
"14. Dezember 1843: Anna Maria Amberger, Mühlerswitwe dahier, belangt den bräuenden Bürger Kaspar Weiss deshalb, weil sich der Letztere erlaubt habe, seine angekauften Sägblöcher mit der Marke der Klägerin zu versehen, auf welche Weise Lesigkeiten herbeigeführt werden müssten. Auf erfolgtes Zureden vereinigen sich die Teile dahin, dass sich Kaspar Weiss verbindlich macht, seine vernöthigen Sagblöcher mit einem anderen Marche  versehen und auf diese Weise die Klägerin schadlos zu halten."
5 Jahre später kommt es zu einer längeren Auseinandersetzung um eine Wiesenwässerung. Unter den damals herrschenden landwirtschaftlichen Bedingungen wurde eine Bewässerung als die beste Methode angesehen, um einen Wiesenertrag zu steigern bzw. um überhaupt eine zweite Mahd zu erzielen. Entsprechend "eifersüchtig" wurde bei vielen Wassereinläufen und die Benutzung gestritten, die manchmal sogar eine Aufteilung nach Wochentagen nach sich zog. Hier ging es eher um einen neuen Graben, der den Wasserbezug einschränkte bzw. unterband.

3. Dezember 1848: Anna Maria Amberger Mühlerswitwe von K. unter dem Beistande des Schuhmachers Franz Schödlbauer von da bringt vor gegen den bräuenden Bürger Andreas Dreger sen. zu klagen, indem der Letztere ihr das zustehende Wiesenwässerungswasser mit den Reitensteiner Pointteilen auf ihre Wiese, sogenannte Reitensteiner Fleck, durch einen neu gezogenen Graben entziehe. 
Beim heutigen Vermittlungsamt hat man unter den Teilen eine gütliche Einigung versucht und beantragen die Teile zu diesem Zwecke eine Lokalbesichtigung an Ort und Stelle, welchem Gesuch 
sofort stattgegeben wurde. Der Augenschein lässt entnehmen, daß der Beklagte Andreas Dreger sen. von seiner Reitensteiner Wiese genannt  das Zwergteil das von  den Reitensteiner Wiesen 
abfallende Wasser mittels eines neu gezogenen Grabens über den  Kirchenweg und von da mittels einer frische gezogenen Schrottfurche durch seinen Reitensteiner Acker auf das unterhalb der Letzteren Acker gelegenen von dem Bauer Fürst von Beckendorf käuflich an sich gebracht hat, das Dreger zu einer Wiese umzuschaffen beabsichtigt ableitet. Die Ausleitung und Benützung des Abfallwassers steht zwar dem Andreas Dreger auf die Zwergteilwiese zu, dagegen wird das von diesem Wiesteil 
abfallende Wasser von der Klägerin Anna Maria Amberger auf ihren unterhalb entlegenen Wiesen , Reitensteiner Fleck genannt, zur Bewässerung in Anspruch genommen, werde aber von Andreas 
Dreger durch den widerrechtlich gezogenen Graben auf unrechtmässige Weise entzogen. Die vom Vermittlungsamt wegen zwischen den Teilen  wurde endlich in folgenden Teilen getroffen.
1. Erklärt hiermit Andreas Dreger, dass er auf das fragliche Wiesenwasserungswasser keinen rechtlichen Anspruch hat und eine Ausleitung desselben auf seine zur Wiese cultiviertes 
Beckendorfer Feld fernerhin nicht mehr vornehmen und die gezogenen neuen Gräben einwerfen werde, so daß die Klägerin diesfalls klaglos gestellt würde. Dagegen
2. Verpflichtet sich die Mühlerin Witwe  Anna Maria Amberger, den Wasserableitungsgraben entlang des Reitensteiner Kirchenweges in seiner früheren  Lage wenigstens einen Schuch breit in der Art  
ziehen zu lassen, daß er das zusammenfliessende Wasser aufzunehmen vermag, mithin das Austreten des Wassers  auf den vorbeiführenden Weg und jede Beschädigung desselben beseitigen werde, sowie die Klägerin auch die unverzügliche Herstellung des Fussweges durch Material, Auffuhr und dessen fernere Unterhaltung entlang ihres umfassenden Wiesteils ohne Beziehung des Andreas Dreger allein übernimmt. 
Am 25.10.1866 verstirbt die Marktmüllerin Anna Maria Amberger im Alter von 66 Jahren an Lungenlähmung.



Militärentlassungspapier für Joseph Amberger von 1859 aus der Sammlung Amberger

 

Am 29.7.1860 heiratete der Müller Amberger Josef - Sohn des Josef und der A.M. Aschenbrenner - seine Braut, die Theresia Müller aus Eck, und erwirbt auch das Kötztinger Bürgerrecht. .

Amberger Josef und Theresia Müller



9 Kinder wird das Paar bekommen zwischen 1862 und 1883. 
Theresia, Joseph, Michael, Johann, Heinrich, Anna, Karl, Ludwig und Franz Xaver
Im Stadtarchiv, im Bestand der Familienstandsbögen, findet sich auch eine Zusammenstellung der Familie Josef Amberger.
StA Kötzting 024 Familienbögen Buchstabe "A"


Aus seiner Zeit als Marktmüller haben wir auch ein Arbeitszeugnis für einen jungen Mann aus der direkten Nachbarschaft erhalten, für Alois Costa. Dieses Zeugnis trägt auch die Unterschrift des Josef Amberger.
Sammlung Costa: Arbeitszeugnis für Alois Costa ausgestellt von Josef Amberger





Im Jahre 1902 reichte Josef einen Bauantrag ein, um seine (Mahl)Mühle zu reparieren.
StA Landshut Rep 162/8 Nr. 3360 


Josef Ambergers Unterschrift

a: Mühlstube über welchen die Reparatur vorgenommen wird.
b: Mehlmühle und Remisengebäude des Bauherrn
c: Schneidsäge desselben
d: Wohn und Nebengebäude
e: Wohnhaus des Franz Winter
f: Wohnhaus des Michael Winter
(Winterschneider)






Josef Amberger, der Marktmüller, war am 15.7.1909 verstorben und nun rückten die - in Kötzting -verbliebenen Mitglieder der Familie zusammen und betrieben die Mühle gemeinschaftlich.
Sammlung Amberger

 
KA vom Juli 1909

Geschwister Amberger

 Zunächst verblieb die Kötztinger Marktmühle bei der Witwe Amberger und ab dem Jahre 1917 besaßen vier der Ambergerschen Geschwister, nämlich  Johann, Heinrich, Anna und Franz, gemeinschaftlich die Marktmühle; die drei Brüder Heinrich, Hans und Franz betrieben die Mühle gemeinsam und die Schwester Anna führte den Haushalt der Hausgemeinschaft.
Im Umschreibeheft hieß es bei diesen neuen Besitzern lapidar: " die Ambergerschen Kinder."

Den Bauakt für den neuen Stadel  - schon wenige Tage nach dem Brand vom 3.6.1910 - unterschrieb  bereits Heinrich Amberger.

StA Landshut Rep 162-8 Nr. 3467
Der Plan stammte vom Architekten Herre
Aus dem Lageplan wird auch ersichtlich, weshalb sowohl der Gartenzaun des Bezirksamtes (und einige Pflanzen) als auch das Haus des Schusters Schödlbauer beim Brand in Mitleidenschaft gezogen waren.

Heinrich Amberger zeichnet hier für alle Rubriken verantwortlich







Im Hintergrund der vier Ambergerschen Geschwister hatten diese auch noch die Mutter Therese als Unterstützung, die bis ins hohe Alter ihren Anteil an der Bewirtschaftung der Marktmühle trug
Nachruf im KA vom Januar 1919




Anna, die Schwester, war die Hauswirtschafterin in der Marktmühle.

Sammlung Amberger Herbert























Heinrich Amberger


Heinrich Amberger blieb ledig und arbeitete im Mühl- Säge- und landwirtschaftlichen Betrieb, gestorben im Jahre 1949
Franz Amberger
Sein Anteil ging an den Bruder Karl.




























Auch Franz A. blieb ledig

Hans Amberger, lediger Marktmüller






















DIA-Repro 2556 Aus dem Jahre 1914 
links oben Aschenbrenner Franz (Gartner), ? ,  Schreiner Toni (Plattenweg), Amberger Franz Marktmühle, Wieser Franz Metzger
 sitzend v. links Winter (Schneider) Michl, Amberger Marktmühle, Meidinger Karl, Schäfer  (Schaefer) Eberhard.


Karl Amberger und Fanny


Nach dem Tode seiner Geschwister erbte Karl Amberger stückchenweise nacheinander deren Anteile,  war ab 1936 Mitbesitzer und ab 1950 alleiniger Besitzer der Marktmühle
Sammlung Amberger
Karl Amberger






Mit Michael Amberger haben wir einen weiteren Sohn der Marktmüllerfamilie, der jedoch schon sehr früh verstarb. 



















KA vom 25.5.1902


Und noch ein weiteres  Mitglied der Großfamilie Amberger verblieb bei uns im Raum, Ludwig Amberger, Hauptlehrer und später sogar Ehrenbürger der Gemeinde Blaibach.

Sammlung Amberger

DIA-Repro 623 die Marktmühle mit ihrem Baumweiher


Karl Amberger und Anne Stücker

 
Der nächste Besitzerwechsel steht an, Karl Amberger, der 1901 geborene Sohn des in München lebenden Karl Amberger und dessen Frau Fanny, wechselte wohl früh zu seinen Kötztinger Onkeln und Tanten und wurde der neue Marktmüller. Er verheiratete sich mit Anne Stücker aus Bärndorf und zusammen hatten die beiden drei  Kinder, Alma, Karl und Herbert, der dann Kötztings letzter Marktmüller werden sollte. Von Herbert Amberger stammen auch viele der hier gezeigten Dokumente. 
Karl Amberger verstarb im Jahre 1975. Von seiner Frau Anne, einer geborenen Stücker aus Bärndorf, haben wir ein Bild im Archiv.

Anne Amberger, geborene Stücker als junge Frau.

DIA-Repro 310 Frau Anne Amberger im Fasching


 Drei Kinder bekam das Ehepaar Amberger, die beiden Buben Karl und Herbert und das Mädchen Alma, von der wir viele schöne Aufnahmen vom Kinderfestzug zu Anfang der 50er Jahre haben, in dem sie mit ihrer Gondel mit Namen "Prinzessin Alma" glänzte.
Alma Amberger ist in den USA verheiratet.



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Karl Amberger mit der Landfahne

Pfingstritt 1975:  hinter Karl Amberger Heinz Mühlbauer und Dr. Herbert Schlierf
 Georg Barth sen. und jun.


Herbert Amberger rechts hinten bei der Kötztinger Freiwilligen Feuerwehr.


Krämerarchiv: Burschenkneipe 1968
v.l. Heinz Kolbeck - Lindner- Max Kellner, Herbert Amberger, Helmut Costa, Ludwig Wolfgang




Mit Herbert Amberger haben wir nun den letzten Besitzer der Marktmühle, die dann der Kötztinger Hochwasserfreilegung weichen musste.

Die Marktmühle in Bildern 


 
Die Marktmühle im Dezember in einer Aufnahme um 1900 von Mathias Heilmeier. Die beiden Mühlen, in weiß die Mahlmühle mit vier Gängen und, rechts daneben, die Sagmühle. Im Vordergrund befinden sich die Waschbänke für die Kötztinger Hausfrauen

 In einem Plan des "Wührbinders" zur die Errichtung eines Flussbades aus dem Jahre 1893 kann man gut die beiden "Werkskanäle" der Marktmühle erkennen, die ja sowohl für die Schneidsäge als auch für die Mahlmühle die Wasserkraft benutzte.
StA Landshut LRA Kötzting Nr. 758 




Serwuschok 090: Hier rechts der Auslauf der Werkskanäle mit der Flussinsel "am Anger", früher der Schussanger genannt..

Sammlung Luftaufnahmen Krämer: Hier dasselbe Areal von der anderen Seite mit der "echten" Amberger Insel im Mittelpunkt. Schaut man genauer hin, kann man den Verlauf des Werkskanals mit den kleinen Brücken auf der Spitalplatzseite erkennen.

Sammlung Luftaufnahmen Krämerarchiv: das Marktmühlenanwesen


Auch in den SCHEINWERFER der Kötztinger Umschau schaffte es die Marktmühle, resp. die Sau der Marktmüllerseheleute.
Für Ortsunkundige: Der Scheinwerfer in der Kötztinger Umschau war eine Rubrik im Lokalteil, in dem Frau Renate Serwuschok größere und kleinere Missgeschicke in Form einer Glosse öffentlich machte. Manche Vorkommnisse, die eher harmlosen bzw. einfach nur lustigen wurden mit den echten Namen veröffentlicht, peinlichere Vorkommnisse wurden dann mit dem Schutzmantel eines "Kötztinger Bürgers" verschlüsselt, wobei es sehr bald  Ortsgespräch wurde und die "Verschlüsselung" schnell entschlüsselt werden konnte.  Diese wöchentlichen "Scheinwerfer", in manchen Jahren auch durch Karikaturen ergänzt, bilden einen Riesenschatz an humorvollen kleinen Anekdoten aus dem Leben einer Kleinstadt und deren Umgebung. "Pass fei auf, sunst kummst in´n Scheinwerfer" ist durchaus auch heute noch ein regelmäßiger Kommentar wenn etwas vor Zuschauern passiert.


Der Zustand der unteren Müllerstraße und des gegenüber liegenden Spitalplatzes war für viele Jahrzehnte ein andauerndes Ärgernis, natürlich nicht für die Sau, die sich den langen Weg zum Bleichanger auf dem Jahnplatz sparen konnte.

Leider haben wir vom März 1959 keine Aufnahmen der Müllerstraße, ABER, ein Bild ebenfalls vom 3/1959 aus der Zeitung, zeigt uns den Zustand auf der anderen Seite der Oberbergerbrücke - damals in den Zeitungen zumeist Kollmaierbrücke genannt - und lässt erahnen, warum sich die Sau so wohl mitten auf der Straße fühlte.
Kötztinger Umschau vom März 1959
An dem Zustand hatte sich über Jahre hinweg nichts geändert, wie ein weiterer Hilferuf in der Kötztinger Umschau aus dem Jahre 1964 zeigt:
Auch wenn diese Aussagen nur indirekt auch den Zustand bei der
Marktmühle beschreiben, so haben diese Verhältnisse - links und rechts des Regenflusses - und der dringende Wunsch, dies dauerhaft zu ändern, in letzter Konsequenz zum Abbruch der Marktmühle geführt.
Dieser zu tief gelegene Ortsteil war nur durch eine weit die Stadt Kötzting umgreifende Hochwasserfreilegung dauerhaft zu sichern. Im neuen Jahrhundert hat ein sogenanntes Jahrhunderthochwasser dann doch wieder den Spitalplatz und auch den Neubau, der an der Stelle der Marktmühle getreten ist, überflutet und einen riesigen Schaden angerichtet.

Hier noch ein paar Bilder, die vom Kötztinger Gymnasiallehrer Schwarz stammen und sich nun im Besitz des Arbeitskreises Heimatforschung befinden.
"Kleinvenedig" in Kötzting Blick von der Marktmühle flussaufwärts an die Rückseite der Gebäude der Jahnstraße





Foto von Frau Evi Lemberger, die alte Grablege der Familie Amberger im alten Friedhof

Da wir vom Abriss der außer Betrieb gesetzten Marktmühle Bilder im Archiv des Arbeitskreises haben, möchte ich, um das Bild zu vervollständigen, auch diese Phasen hier dokumentieren.



hier an der Ecke das Marktmülleranwesen, im Hintergrund das alte "Schödlbauerhaus", beim Brand des Marktmülleranwesens zu Anfang des 20. Jahrhunderts  waren die Balken am Schödlbauerhaus schon angekohlt, der Übergriff des Feuers  konnte aber gerade noch verhindert werden.



Hier die Fassade des Wohnhauses aus einem Bauplan des Staatsarchives in Landshut von 1933



Das Marktmülleranwesen bei Beginn des Abrisses


hier zum Abschluss ein Blick auf das gesamte Ensemble, schön auch im Hintergrund das Kommunbräuhaus und der Baumweiher der Marktmühle, das Motiv resp. Bildmaterial für diese Postkarte dürfte/müsste vom Kötztinger Hauptlehrer Josef Bock stammen, der vom Kirchturm herab eine Reihe von "Luftaufnahmen" Kötztings geschossen hat. Dieses Bild jedenfalls haben wir auch von ihm in der Sammlung der ehemaligen Kreisfilmbildstelle. Links im Vordergrund das ehemalige Landratsamt, noch ohne Anbau, dafür mit der langen Garagenfront.

Die Marktmühle und deren Umgebung gehört sicherlich zu Kötztings Malerwinkel und entsprechend finden sich auch immer wieder Beispiele nicht nur von Fotografen sondern auch von anderen bildenden Künstlern und Kunstschaffenden, die das Motiv abbildeten, wie zum Beispiel das Aquarell am Anfang dieses Beitrags von Mathias Heilmeier.
DIA-Repro 2072 Marktmühle am Regen von J. Maier in Wettzell
Die Marktmühle von Zahorik 

 
Die Marktmühle von KH Krämer


Der Brand in der Marktmühle 


Der Brandbericht - eines zuständigen Beamten des Bezirksamt lautete: Gestern Nachmittag gegen 3 Uhr brannte, während meiner dienstlichen Abwesenheit, der Dachstuhl der unmittelbar an den Bezirksgarten anstoßende Stallung des Ambergerschen Mühlanwesens in Kötzting vollständig nieder.
Der günstigen Windrichtung und einem bald darauf eintretenden heftigen Gewitterregen sowie dem prompten Zusammenwirken der am Brandplatze erschienenen Feuerwehren, namentlich jenen von Kötzting, war alsbaldige Löschlieferung des Brandes, welche bei dem Umstande, dass fast sämtliche Häuser in der Nachbarschaft nur mit Schindeln gedeckt und mit hölzernen Altanen und Dachvorsprüngen versehen sind, leicht gefährliche Dimensionen hätte annehmen können.
Eine eigentliche Gefährdung des Bezirksamtsgebäudes ist nicht eingetreten, doch wurden die hölzernen Umzäunungen des Gartens gegen die Marktmühle teilweise vom Feuer ergriffen.....außerdem wurden mehrere Bäume, Sträucher und sonstige Umpflanzungen im Garten zerstört.
Amberger, dessen Mobiliar gar nicht versichert ist, erleidet , da das frisch eingefahrene Heu mit verbrannt ist, einen hohen Schaden von etwa 3000 M, wovon nur ein geringer Teil durch die Immobilien Versicherung gedeckt ist.
Außerdem erlitt auch das benachbarte, vom Feuer ebenfalls ergriffene Wohnhaus des Schuhmachers Schödlbauer Beschädigungen und sind dem Schödlbauer namentlich Mauervorreiter(?) zu Grunde gegangen. 
Die Entstehungsursache ist unbekannt, die Annahme eines Blitzschlages erscheint nach Stand des Gewitters zur Zeit des Brandausbruches wenig glaubhaft, eine mehr Wahrscheinlichkeit dürfte die Annahme einer Unvorsichtigkeit von irgend einer Seite für sich besitzen, Das kgl. Landbauamt wurde verständigt.
 
Der Kötztinger Anzeiger berichtete darüber in etwas anderer Form:
..... am 4. Juni nachmittags um ¾ 3 Uhr „ wurden Feuersignale und vom Marktturm die Brandglocke gehört: in der Marktmühle brennt esEin zweifacher Blitzstrahl ohne Donner hatte eingeschlagen und gezündet und bis man´s meinte, stand das ganze Stallgebäude in Flammen. Schrecken auf allen Gesichtern; denn schon loderte der Brand empor und es schien unmöglich das verzehrende Element einzudämmen. Doch was unmöglich schien wurde gemeistert, der Brand konnte lokalisiert werden und ein weiteres umsichgreifen verhindert werden; aber man denke: Schindeldächer auf Stall und Wohngebäude und Nachbarhäuser, vielfach alte hölzerne Häuser in der Nachbarschaft; dazu das Sägewerk; nur ein Haus mit Ziegeldach, (Schuhmachermeister Schödlbauer) steht nebenan und gerade dahin trieb der Wind die Flammen. Heute hat sich unsere Hochdruckwasserleitung bewährt, ja man kann sagen, nur sie hat uns vor größerem Unheil bewahrt, denn aus 8 Hydranten prasselten alsbald die Wasserstrahlen und siegten über des Feuers Wut.

 




Das kleine Aquarell des Mathias Heilmeier aus dem Jahre 1900 zeigt die schindelbedeckten Nachbarhäuser und ganz links noch des Stadel, der 1910 abgebrannt ist.

Leben am und mit dem Wasser


Der Flussbereich ober- und unterhalb des Marktmühlenwehrs war sicherlich eine gut geeignete Badegelegenheit im Sommer, was auch die Meinung vieler Kötztinger Kinder gewesen war, die sich auf den Sommer freuten. Nicht jedoch dieser Meinung war der Kötztinger Pfarrer Jäger, der ganz empört an den Magistrat schrieb.
StA Kötzting 522-1
"Kötzting den 2. Juni 1870

Das kathol. Pfarramt Kötzting
an den Markts-Magistrat Kötzting
Sittenpolizei betr.:

Es ist in letzterer Zeit wahrgenommen worden, daß sich viele, namentlich Werktags- und Feiertags Schüler in der Nähe der Marktmühle und des Communbrauhauses, also in der Nähe eines offenen Weges, während dieser begangen wird, baden.
Im Interesse der öffentlichen Sittlichkeit ersucht der Unterzeichnete polizeilich diesen Unfug in Zukunft zu verhindern.
M: Jäger Pf.

22/6 1870 Dem Polizeidiener zur Überwachung
Kollmaier"
Gleichzeitig wird am Rathaus folgender Beschluss öffentlich ausgehangen:
Bekanntmachung:
Nachdem in neuerer Zeit häufig vorkommt, daß Kinder bei der Marktmühle und überhaupt in der Nähe des Marktes öffentlich baden und dadurch Aergerniß erregen, so werden hiermit die Eltern aufgefordert, ihre Kinder geeignet zu belehren, daß das Baden in der Nähe des Marktes verboten ist. Im Betretungsfalle werden nicht die Kinder, sondern die Eltern zur Strafe gezogen
Kötzting am 9. Juli 74
Magistrat Kötzting"




StA Landshut BZA/LRA Kötzting Nr. 3916 



Im Jahre 1926 reichten die Geschwister Amberger einen Plan zur Regulierung des Dampfbaches ein.
Es hatte offensichtlich - weil im Antragschreiben und im beigelegten Plan darauf Bezug genommen wird - im Oberlauf des Dampfbaches bereits eine Begradigung des Bachlaufes stattgefunden und die Vorteile, die die Wiesenbesitzer aus dem daraus resultierenden beschleunigten Ablauf des Wassers zogen, ließ nun auch die Marktmüller-Geschwister neu planen
So wollten die Geschwister den Bachlauf entlang der heutigen Jahnstraße weiter in Richtung des Regenflusses verlegen, um erstens entlang dieser Straße einen leicht zugänglichen Holzlagerplatz zu bekommen und um andererseits durch eine Begradigung des Baches diesen dann auch als Baumweiher benutzen zu können.
 
StA Landshut BZA/LRA Kötzting Nr. 3916 
Wie man auf dem Plan erkennen kann, ist der Dampfbach oberhalb des Weges, der von der Schattenau über den Bach hinauf auf die Rieselhöhe führt - heutzutage der Zebrastreifen am Ende der Schattenaustraße - bereits begradigt und schlängelt sich nur noch bachabwärts in langsamen Schleifen durch die Wiesenlandschaft. Diese Begradigung wurde dann noch vor dem Kriege genehmigt und durchgeführt.


Hier die Argumentation mit der Vorgeschichte:

Zum Zwecke der Bachregulierung war in Kötzting sogar eine eigene Genossenschaft gegründet worden, die die beiden Teilstrecken des Dampfbaches noch vor dem Kriege begradigt hatten.


Im Jahre 1926 stellte dann Franz Amberger den Antrag zur Verlegung des Restbaches bis zur Mündung kurz oberhalb der Marktmühle.

Hier würde aus dem Dampfbach eine regelrechter Werkskanal entstehen

Das Vorhaben wurde von vielen Stellen begutachtet und von allen durchgängig - einschließlich des Magistrates - positiv beschieden und so konnten die Marktmüller-Kinder loslegen.

Serwuschok 332 
An diesem Bild, geschossen kurz vor der Verrohrung des Dampfbaches im Zuge der Kötztinger Hochwasserfreilegung, kann man gut erkennen, dass durchgängig die ganze Jahnstraße entlang nun eine breite Holzlagerfläche entstanden war und der Bach einem Werkskanal glich.

Diese Arbeitserleichterung durch einen Baumweiher und grundsätzlich die Ausnutzung der Wasserkraft für den Antrieb der Mühlräder war die eine Seite vom Leben am Wasser. Es gab aber auch noch eine andere Seite, das Hochwasser.

Sammlung Dittrich
Die Marktmühle inmitten der Wassermengen
Der Anger umspült von Wasser

Das Marktmühlwehr fast überspült

Serwuschok 597 Früher eine wichtige Kötztinger Ein- und Ausfahrstraße

Wie weit der Regenfluss in der Lage war, über seine Ufer zu treten, kann man gut am folgenden Bild erkennen.
Foto Schwarz: von Dampfbach und Regenfluss nichts mehr zu erkennen, wenn Amberger Glück hatte, dann wurden ihm wenigsten alle Blöcher weggeschwemmt.


Pfingsten im Hause Amberger


Durchsucht man die Namenslisten der Pfingstbrautpaare, so stößt man mehrmals auf Mitglieder der Marktmüller-Familie Amberger.

Die offizielle Auflistung der Pfingstbrautpaare beginnt im Jahre 1820 mit der Wiederzulassung unseres Pfingstrittes und enthält im Jahre 1821 gleich einen Marktmüllersohn.

Diese Liste wurde anlässlich des Jubiläumsrittes 1912 erstellt und enthält zusätzliche interessante Details; NUR, dieser Eintrag dürfte falsch sein, mittlerweile sind einige Quittungen aus diesen ersten 10 Jahren des Pfingstrittes in den Archiven aufgetaucht und in diesen heißt der Pfingstbräutigam des Jahres 1821Georg Dengscherz.







 
DIA-Repro 2497












Bereits im Jahre 1966 war Herbert Amberger Teil des Pfingstgeschehens:

Pfingsten 1966: v.l. Herbert Amberger - Karin Graßl - Herbert Wallner - Manfred Meimer




KU15-7 011
Pfingsten 1968: v.l. Sperl Poidl - Elisabeth Haushofer - Amberger Herbert - Costa Helmut



Pfingsten 1968: v.l. Sperl Poidl - Elisabeth Haushofer - Amberger Herbert - Costa Helmut
Treffen der Pfingstbrautpaare 1995: Elisabeth Gietl (geb. Haushofer) - Herbert Amberger - Johann - Johan - Mühlbauer
DIA-Repro 2231 Vorbereitung auf den Pfingstritt in der Marktmühle



Und natürlich darf hier auch nicht Herberts Bruder Karl Amberger fehlen, der als langjähriger Pfingstreiter und vor allem als regelmäßiger Träger der Landfahne sich große Verdienste um den Pfingstritt erworben hat.
Herbert und Karl Amberger


Im Jahre 2017 kam dann die nächste Generation zu Ehren: Karl Ambergers Enkel, Karl-Josef Weber war der Pfingstbräutigam


Pfingsten 2017: v.l. Niklas Neubauer - Anna Heigl - Karl- Josef Weber- Thomas Fischer





Die Marktmühle war aber auch bereits Kulisse für eine Burschenbewirtung. Als im Jahre 1948 der Nachbarssohn - Dattler Hans - Buberl - der Pfingstbräutigam gewesen war, wurde die Bewirtung einfach vor dessen Haustüre auf dem überbauten Auslauf der Marktmühle gehalten.
Foto Josef Barth: Burschenbewirtung Pfingsten 1948






Die Marktmühle musste im Zuge der Hochwasserfreilegung abgerissen werden und wich dann einem modernen Wohn- und Bürogebäude, das hinter einer - vermeintlich sicheren - Hochwasserschutzmauer errichtet werden konnte. Einige Jahre später überspülte dann ein Jahrhunderthochwasser sogar diese Mauer und richtete einen großen  Schaden an. Unter anderem wurde das Zeitungsarchiv der Kötztinger Umschau vollkommen unter Wasser gesetzt, das nur Dank der tätigen und uneigennützigen Hilfe von Frau Christa Rabl Dachs gerettet werden konnte und sich nun - von ihr mühevoll luftgetrocknet - im Stadtarchiv befindet. An die ehemalige Marktmühle erinnert nur noch das hölzerne Wasserrad in der Jahnstraße.


Die neue Staumauer wird errichtet, im Hintergrund ist die provisorische Brücke zu erkennen, die den Verkehr aufzunehmen hatte, bis die neue Brücke beim Jahrplatz fertig errichtet war.



Foto Richter Haymo, das Wasserrad hinter dem Anwesen "Wührbinder"


Am 6. Juni 2024 verstarb mit Herbert Amberger - dem Moakmillner Herbert - der letzte Besitzer und Betreiber der Kötztinger Marktmühle. 





Mich verbinden viele Erinnerungen und Begegnungen mit diesem stillen und gleichzeitig doch Zuversicht und Fröhlichkeit ausstrahlenden Kötztinger.
In den Sterbebildern sind die für ihn wohl wichtigsten Stationen noch einmal symbolisch aufgereiht und so werden wir ihn auch lange in guter Erinnerung behalten.




Montag, 4. September 2017

Die Spitalrechnungsbücher - Kötztings älteste Archivalien

Besondere Dokumente im Kötztinger Stadtarchiv

auch:
Digitalisierung als Mittel der Bestandserhaltung


Es muss passiert sein, als das Kötztinger Marktarchiv - also lange bevor Kötzting 1953 zur Stadt erhoben worden war - noch ein stiefmütterliches Dasein im Speicher und unter einer Treppe im "Alten Rathaus" fristen musste. Einige alte Stapel wurden nass und der folgende Papier- und Tintenfraß zerstörte Teile wertvoller Archivalien.
Es traf leider den Bestand der Kötztinger Spitalrechnungen und von denen auch noch gerade die ältesten. Gott sei Dank sind aber noch alle überkommenen Spitalrechnungen vorhanden, denn in einem Schreiben an das Bistum Regensburg 1790 werden alle Spitalrechnungsbände aufgeführt und diese Liste deckt sich mit dem vorhandenen Bestand.
der sogenannte Schwedenstein am Ludwigsberg, der an die
Kötztinger "Schreckensnacht" erinnert
Für den Aktenbestand im Stadtarchiv Kötzting gibt es eine sprichwörtliche Stunde Null, den Angriff der "schwedischen Truppen" auf Kötzting vom 29.11.1633, der nicht nur das Leben der meisten Kötztinger Bürger kostete, sondern mit dem damaligen Rathaus auch sämtliche Kötztinger Dokumente einäscherte.
So gibt es im Archiv eben nur Dokumente, die jüngeren Datums sind. Ältere Materialien, die wir mittlerer weile ebenfalls ins digitale Stadtarchiv integriert haben, stammen ausnahmslos aus überregionalen Archiven wie den Staatsarchiven in Landshut und Amberg oder aus dem Hauptstaatsarchiv in München.
Dieser, im Moment gerade sehr intensiv aufgebaute, Bestand wird Thema eigener Beträge werden.
Es dauerte selbstverständlich einige Zeit nach der Brandkatastrophe von 1633 bis wieder die kommunalen Strukturen griffen und bis wieder der notwendige, geschäftsmäßige Schriftverkehr einsetzte.

Das Kötztinger Spital war ja erst kürzlich in aller Munde, weil die dazugehörige und ungefähr 450 Jahre alte Spitalstiftung des Marktes ( Mitte des 16. Jahrhunderts war in Kötzting das Spital gegründet worden), im Laufe der Jahrhunderte aus den unterschiedlichsten Ursachen weggeschmolzen war und der verbleibende Kapitalrest im Bahnhof der Stadt Kötzting steckte.
Wir kennen in Kötzting ja den Spitalplatz, benannt nach einem Gebäude am Rande des Platzen, in dem die Spitaler untergebracht waren. Diese Spitaler, früher "Pfriemdter" genannt, waren sozial bedürftige Menschen und für solche war die Spitalstiftung auch angedacht gewesen. 
Den Namen erhielt der Spitalplatz aber erst in den Jahren nach 1867, nach dem großen Marktbrand, denn vorher lag das Spital inmitten unseres Ortes.
Auszug aus der Uraufnahme von 1833: zu sehen ist das Spital, 102 ist das Schuhhaus Liebl, 124 gehörst zum Modehaus Schödlbauer, Hausname beim Drunkenpolz, 101 ist die ehemalige Metzgerei Graf, später Wolf. Interessant ist der mitten auf dem Platz gelegen Badbrunnen.
Der letzte Rest des alten Spitals ist das private Parkplatzgebäude an der Ecke Gehringstrasse/Pfeffergraben, deutlich erkennt man an der Außenwand noch ein Spitz zugebogenes Fenster. Der jetzige Spitalplatz hieß übrigens vorher einfach: "vor der Pruckhen", also vor der Brücke, die übrigens damals auch nicht Oberbergerbrücke sondern Kollmaierbrücke genannt wurde.

 Die Gründung des Kötztinger Spitalwesens:


Dieses Spital wurde wie gesagt Mitte des 16. Jahrhundert von Georg von Nussdorf zu Neuen Nussberg gegründet worden.  Es gibt zwar keine Gründungsurkunde mehr, aber bei einer Spitalrevision im Jahre 1627 (GL fasc 1818 dieses Material stammt aus dem Hauptstaatsarchiv in München) wird bereits der fehlende Fundationsbrief vermerkt aber gleichzeitig auf einen vorhandenen Kaufbrief aus dem Jahre 1555 verwiesen, in den oben angesprochener Georg von Nussdorf, Pfleger, Kastner und Vogtrichter zu Kötzting zusammen mit dem Bürgermeister und Rat ein "Behausung im Marckht zu einem Spital und Bruderhaus sambt einem halben Marktlehen von Ambrosius Carl, gewesten Castnern und damaligen Mitbürgern zu ermelten Khozting kheuflichen erkaufft" haben.
Derselbe Georg von Nussdorf vermachte dann 1566 auch noch einen Zehent als Donation für eine dauerhafte, allerdings Anfangs kleine, jährliche Einnahme.
Kötztinger Spital erhielt im Laufe der Jahrhunderte einen soliden Kapitalstock, zum ersten aus ganz bewusst eingesetzten bzw. "klug erbetenen" Erbschaften vermögender Kötztinger Bürger, dann zweitens durch die "Vermietung und Verpachtung" der ursprünglich beim Marktlehen vorhandenen Grundstücke. Drittens konnten sich die vorher genannten Pfriemdter regelrecht als Altenteiler ins Spital mit einem Kapitalstock einzahlen und damit lebenslang eine - allerdings sehr armselige - Herberge einnehmen. Für diese Herberge mussten sich die Spitaler aber einer sehr strengen Spitalsordnung unterwerfen, die zum Beispiel auch den sehr regelmäßigen Gottesdienstbesuch und das Gebet für die Stifter des Spitals beinhaltete. Wie oben bereits angemerkt, ist das Thema "Spital" so umfangreich, dass es eine spätere und besondere Veröffentlichung wert ist.
Das Kötztinger Spital war idR für 7 Spitaler ausgelegt und stellte eine untere Ebene der Sozialversorgung dar. In der oben angesprochenen Donation für die Spitalstiftung ist zusätzlich auch noch von einem "arm Ellent khlain Heusl vor der Pruckh darin man die gahr Arme Ellente Sunderseith und andre presthafte Persohnen underhalte" Auch für die Bewohner dieses Armenhauses müsse die Schenkung und die daraus resultierenden Einnahmen hergenommen werden.
Es gab also offensichtlich bereits ein "Vorläuferspital". In späteren Jahren ist von einem oberen Spital die Rede, dieses kann in der Straße nach Gehstorf lokalisiert werden, entweder in dem vor wenigen Jahren abgerissenen Anwesen Herrmann (meine Überlegung aufgrund der historischen Beschreibung wo das "obere" Spital zu liegen kam) von  bzw. weiter im Markt herinnen das kleine Haus stadteinwärts nach dem Wohnhaus der Firma Huber (nach Überzeugung von Herrn Ludwig Baumann).
Die Rechnungslegung für solch eine "Fromme Stiftung" lag gleichberechtigt beim Pfleger, beim Pfarrer und beim Kötztinger Kammerer. Darüber hinaus gab es noch den Posten eines oder zweier Spitalverwalter.

Doch nun zum eigentlichen Thema des Beitrages:
 
Die alten Spitalrechnungen, deren kläglicher Zustand und die gesicherten Inhalte.
Stadtarchiv Kötzting Spitalrechnung von 1638:
Spital Re(chnung)
Aller Gläubi(gen Seelen)
Bruderschaft und .......
Spitalmaister Als des .......
Hansen Raidten dann .......
Bürckhl beeder    dase(bst)
Einnemmen und Ausgebens ....
ruerth Irer Verwalttung dess
Jars an Gelt und getraidt ge....
Handlung wie volgt

Anno Domini
1638
Um es gleich vorauszusagen: der Schaden ist bereits eingetreten und mit den kontrollierten klimatischen Bedingungen im jetzigen Stadtarchiv wird der Zustand der Büchern auch nicht mehr schlechter werden, dies ist also nicht als Aufruf zu verstehen, am gegenwärtigen Zustand etwas zu ändern. Ich habe das Entgegenkommen der Medienzentrale an der Uni Regensburg genutzt und die sich bei Berührung immer weiter sich auflösenden Originalrechnungen noch einmal GANZ vorsichtig aufzublättern und mit höchster Auflösungsstufe - ohne Glasplatte - über Kopf einzuscannen. Das Ergebnis sind 1,5 GB große PDF-Dateien für die jeweils ca. 30-40 Seiten starken Rechnungsbücher. Die hier gezeigten Beispielsseiten habe ich aus "Blogspeichergründen" und Ladezeiten reduziert. Nur das erste Deckbild habe ich in der Originalauflösung belassen, damit man auch im kleinsten Detail sehen kann wie zerfressen die Bücher bereits sind. Die Originalbände sollten eigentlich nie mehr benutzt werden, sie erhalten auch einen entsprechenden Sperrvermerk in dem städtischen Repertorium.

Was steckt nur so Alles beispielsweise in den Kötztinger Spitalrechnungen?

Im Laufe der Generation erhielt das Spital Gelder aus Erbschaften, Einzahlungen der Pfriemdter und aus dem Abgaben der abgaben pflichtigen Bauernhöfe. Dieser Kapitalstock wurde gegen 5% Zins an andere Bürger ausgegeben, die dafür, wie heutzutage auch bei einer Hypothek, ihre Anwesen dafür einsetzten und Bürgen stellen mussten.
Zuerst bringt die Rechnung von 1638 einmal die Liste aller ihrer Kreditnehmer:
Liste der Kreditnehmer, die noch die Kreditzinsen seit 1636 schuldig geblieben waren: darunter auch "Hans Pachmayr der jünger", heutzutage Amberger Hof oder "Oswald Parella", saß auf der früheren Bäckerei Graßl in der jetzigen Metzstraße, damals Rindermarkt genannt..

Also nächstes sind die Einnahmen von diversen Bauernhöfen, ja ganzen Dörfern, aufgeführt, die dem Spital zehentpflichtig geworden waren:
erste Seite
(Einna)mb an bestendiger (Pfe)nninggilt und Stüfftleuth
Item der Hof zu Wäzlstorf zinst järlich 4 fl 40 xr 4 h
Wolf Kherscher von Wolferstorf vom gueth (da)selbst
..ür allen schuldigen Clainen diennst
Geörg Vogl zu Tennrieth
Hans Schwarz am Schafhof
Hans Müllpaur Im Kheyderspach
zweite Seite:
Hann? Jänckho Müller daselbst
Dise Underthanen sein dem S(pital)
järlichen die Stifft zekhommen und ...
pfennig zeraichen schuldig
Hernach folgende Underthan(en)
allain die Gülth und khainen Sti....
Perndorf
Trattersdorf

andere Beispiele: Grub:
Junckher Alexander Nothafftens seel. hünderlassene Erben vom Saaghof dasebsten
(vermutlich Sandhof !)

oder  Beckendorf
Michael Schiessl
Michael Seydl
Veith Schmidt
Wolf Maister vom halben Hof
Jakob Stöckher vom halben Hof
Thoman Pongraz



oder Zeltendorf:
Gabriel Wirttinger vom Hof
Andter Schmuckher
Adam Ernst vom Gütl   (der Ernsthof ist heute noch ein Begriff in Zeltendorf)
Sebastian Nürnberger von der Sölde
Wie man leicht erkennen kann, sind dies sehr wertvolle Besitzerfolgen, die für die Heimat- und Familienforschung unersetzlich sind.

Es geht aber noch weiter:
Nun folgt die Rubrik An- und Abstand:
Auch wenn in diesem, dem 1638, Jahr keine Veränderung protokolliert wurden, so ist damit dennoch klar, dass einige Bauernhöfe das Spital als regelrechten Grundherren hatten, denn den An- und Abstand kann man regelrecht mit der heutigen Grunderwerbsteuer gleichsetzen. Bei jedem Hofverkauf  bzw. Hofübergabe an die nächste Generation waren diese idR 5 % "Abgaben fällig.
"Einnamb an Ab- und Anstand
Diß Jahr hat Ab: und Anstand ertragen:
nihil
" (=nichts)
es wurden eben in diesem Jahr keine Besitzveränderungen protokolliert und damit fielen auch keine Abgaben an.


im wenig zerstörten Mittelteil kommt eine interessante Rubrik: Ausgaben auf Sold, also Lohn bzw. Bezahlung für Leistungen.
hier sind es vor Allem einmal Ausgaben für den Pfarrer, Mesner, Schullehrer für die Abhaltung und Feier verschiedener gestifteter Gottesdienst.

Am interessantesten aber ist die Abteilung über verliehene Gelder, weil dort die Kreditnehmer und deren Gewährsmänner genannt sind.



Ausgab an hingeliehe
nem Geldt
Oswald Parella Bürger alhir ist an Hauptsach selichen verlichen worden
25 fl (je nach Umrechnungsmethode sollte dies 2500 bis 3500 Euro entsprechen)
Georgen Denscherz ist auf sein bey Churfrtl hochlobl
Regierung Straubing beschechen undterthenigs Suppliciern
an dem bey Ime gelegenen 460 fl HaupotCapitall
durch Cammerer Inn: und äusseren Rathe, In anseh
ung seines großen verderbens 160 fl nachgelassen
und hernach von hochermelter regierung vdermög gdig
bevelchs ratifiziert worden, so alda in Abgang
oder ausgab gesezt ürdet id est
160 fl



Diese 160 Gulden musste das Kötztinger Spital also auf Befehl der Regierung in Straubing als Verlust abschreiben.

Am Ende des Buches kommen dann noch die Abrechnungen der einzelnen Getreidesorten, auch dieses kann im Zusammenhang über die Jahre betrachtet einen Hinweis auf Erntemengen, Erntekatastrophen und mögliche Hungersnöte bringen.
 

Staatsarchiv Landshut Rep 164-8 Akten des Bezirksamtes bzw. Landratsamtes Kötzting Nr.1089 Ansicht des Spitals von der jetzigen Gehringstraßenseite aus. Plan von 1856, also 11 Jahre vor dem verheerenden Marktbrand. Rechts. nach einem Anbau führt dann der Pfeffergraben nach hinten weg.





der letzte Rest des "alten" Spitals in Kötzting



Sonntag, 27. August 2017

historischer Lesestoff neu eingetroffen.....

Überraschung nach dem Urlaub


Es ist zugegeben durchaus leicht motivierend, wenn man sieht, dass dieser Blog, die "Kötztinger Geschichte(n)", manchmal auch ganz konkrete, ja sogar überregionale Spuren hinterlässt.
Internet sei Dank kann ich nur sagen, denn in der vergangenen Woche brachte der Postbote die Belegexemplare zweier Buchneuerscheinungen, die auch einen Bezug zu Kötzting haben.
Für beide Autoren kam der Hinweis, dass in Kötzting Material für Ihr Forschungsvorhaben zu finden sei, von Einzelveröffentlichungen in diesem Blog. Doch nun der Reihe nach:

Schon im Dezemberbeitrag (ganz am Schluß) habe ich von neueren Erkenntnissen über das Schicksal unseres Kötztinger Mitbürgers Julius Kirschner und einer bevorstehenden Veröffentlichung berichtet. Nun ist das Buch fertig und das Stadtarchiv Bad Kötzting hat ein Belegexemplar bekommen.
ISBN 978-3-95565-222-7 von 2017
Wie ist nun die Verbindung von Kötzting in das östlich von Berlin belegen Rittergut Garzau? Die beiden Autoren, die Historikerin Erika Schwarz und ihr Mann Gerhard Schwarz, aus der Mark Brandenburg hatten bereits Bücher über ihren Heimatsort Rehfelde veröffentlicht. Im Rahmen ihrer Recherchen über die eigene Herkunftsregion traten dann geschichtliche Verbindungen zwischen Garzau und Rehfelde zutage und bei näheren Untersuchungen dieser Verbindungen, und damit automatisch auch der Geschichte des Rittergutes Garzaus, stellte sich heraus, dass Garzau auf einer Liste von 52 Orten verzeichnet war, in denen jüdische Zwangsarbeiter beschäftigt waren. Mit diesem Eintrag war das Interesse des Autorenpaares geweckt und mit einer Liste der Zwangsarbeiter in der Hand konnten sie versuchen, deren Leben und Schicksal zu rekonstruieren. Was nun dieses "Arbeitslager" so besonders für das Verständnis der Unterdrückung unserer jüdischen Mitbürger macht, ist das große Glück, das einer der Inhaftierten einen regen Schriftwechsel mit seinen Angehörigen unterhalten konnte und von diesen Briefen sind nicht nur eine große Anzahl erhalten, sondern in diesen schildert der Schreiber auch das Leiden der Zwangsarbeiter und die seelische und körperliche Not, die die Inhaftierten erdulden müssen. Keiner der jüdischen Zwangsarbeiter in Garzau überlebte diese grausame Zeit UND, einer der jüdischen Zwangsarbeiter in Garzau war unser jüdischer Mitbürger Julius Kirschner.

Die beiden Kötztinger jüdischen Familien, die Kirschners und die Hahns, und deren Schicksale sind es wert, einmal eine größere Abhandlung zu erarbeiten. Ich bin aber immer noch auf der Suche nach Bildern der Familie Hahn, deren Mitglieder, im Gegensatz zu der Familie Julius Kirschner, das Dritte Reich zumindest gesundheitlich gut überstanden haben. Es bleibt aber auch bei Ihnen der Eigentumsverlust und vor Allem die beschämende und beleidigende Art und Weise wie sie, als zuerst hochgeachtete und vollkommen in das öffentliche Leben in Kötzting integrierte Kötztinger Bürger, innerhalb weniger Wochen durch gereicht wurden hinab zu Untermenschen, zumindest in den Augen der immer mächtiger werdenden Partei und deren zwangsweisen Durchdringung der öffentlichen Ämter. Kein FC Kötzting wäre denkbar ohne Julius Kirschner und die Hahns waren vorbildlich bei der Feuerwehr und in den Theater und Musikgruppen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Auch wenn wir vom Stadtarchiv einige Hinweise für das Buch liefern konnten, so ist doch die Aufklärung über die persönlichen Schicksale der Kirschnerkinder ein ganz wichtiger Mosaikstein für die eigenen Nachforschungen unserer jüdischen Kötztinger.



Das zweite Buch stammt von dem Waldmünchener Heimatforscher Dr. Markus Gruber und behandelt das Kriegsende im April und Mai 1945 in unserem Grenzgebiet.

Werbeplakat der Neuerscheinung
280 eng beschriebene Seiten bieten eine unglaublich detailreiche Abhandlung darüber, was in den Tagen nach dem 20. April in der weitesten Umgebung von Waldmünchen und vor Allem auch in der Stadt Waldmünchen geschehen ist. Trotz des Zusammenbruches aller staatlichen Strukturen bereits in den letzten Kriegstagen, ist es beeindruckend, auf welch riesiges Datenmaterial Herr Dr. Gruber zurückgreifen konnte. Er hat rechtzeitig damit begonnen viele Zeitzeugen zu befragen - belegt aber auch, dass er sich durchaus der Subjektivität solcher Aussagen bewusst ist. Auch die teilweise ritterlich verklärten autobiographischen Veröffentlichungen einiger Offiziere der 11.PD rückt er in das richtige Licht, indem er auch von den vielen Todesopfern berichtet, die gerade in den allerletzten Kriegstagen sowohl Soldaten als auch die tschechische und deutsche Zivilbevölkerung betrafen. Vor Allem diese  Einzelschicksale, die gefallenen Soldaten der letzten Kriegstage, versucht er zu ermitteln und es gelingt ihm auch teilweise deren Namen und Grablegen zu ermitteln.
Auch wenn Kötzting und der Kötztinger Raum hier nur am Rande, im Zusammenhang mit der Kapitulation der 11. Panzerdivision, erwähnt wird, so ist es doch die Fülle an Quellen und Archivverweisen, die dieses Buch für uns so wertvoll macht. Es gibt vermutlich einige Ansätze -wenn man VIEL Zeit hat - um auch für den Raum Kötzting noch einiges an Details herauszuarbeiten. Dokumente zum Beispiel, die die Amerikaner über Waldmünchen und deren Volkssturmmänner angelegt hatten sollte es eigentlich ebenfalls für Kötzting geben. Viele Bilder und einiges an erläuternden Karten helfen beim Verständnis des sehr detailreichen Buches. Es ist so meine Erfahrung aus mehr als 30 Jahren Sucharbeit in fremden Archiven: eine bisher unbekannte Fundstelle für einen Nachbarort kann ein Hinweis auf wichtige, gleichgeartete, Archivalien für den eigenen Bereich sein.

Vielen Dank an beide Autoren für die Überlassung eines Exemplars für unser Stadtarchiv.

Bei der Durchsicht des Buches von Markus Gruber bin ich wieder auf ein Bild gestoßen, das sicherlich ein Jeder, der sich bisher für die Geschichte der 11.PD und Kötzting interessiert, kennen wird. Der letzte Appell Generalleutnants von Wietersheim auf der "Spitziwiese".
das bekannte Bild, hier entnommen aus dem Buch "Endkampf im Böhmerwald" von Dr. Markus Gruber
  Diese "Spitziwiese" war ja bis hinein in die Sechziger Jahre (Zuerst kam der Neubau der AOK, der die Nutzung einschränkte, Kötztings erster Minigolfplatz machte dem Schlitten- und Skihang dann den Garaus.) vor Allem der Schlittenhang der Kinder. Wie man auf der Aufnahme auch sieht ist der "Appellplatz" auch erkennbar steil. Warum also ein Appell auf einem so ungeeigneten Platz?

Durch einen Zufallsfund im letzten Jahr glaube ich den Grund zu kennen: in einem Zeitungsbeitrag über die Geschichte der AOK Kötztings wird erwähnt, dass diese ihr erstes Büro in der Nachkriegszeit in der Marktstraße 40. (Heutzutage Reisebüro Aschenbrenner zwischen Veitskirche und Amberger Hof). Nachdem Generalleutnant von Wietersheim ja auf seinen Stock angewiesen war und die Amerikaner ihm sicherlich keinen Wagen zur Verfügung gestellt hatten, kamen die Soldaten eben auf die ihrem Chef nächstgelegen Wiese zusammen, so dass von Wietersheim nur durch den Torbogen im Amberger Hof gehen musste um den Abschiedsappell durchführen zu lassen.





Montag, 24. Juli 2017

Ein kleines Sommerrätsel.....

Heute muss es wieder einmal schnell gehen, also bringe ich wieder ein paar Luftbildaufnahmen zum Miträtseln. Diesmal stammen fast alle von der Stadt Kötzting selber

 Das erste Bild ist nicht zum Rätseln, sondern weil´s immer schön ist auf unsere Kirchenburg zu schauen und auch um festzustellen, wie viel sich seit den 60er Jahren dann doch geändert hat und wie hässlich der Kindergartenbau gewesen ist. 
 Also los geht's, Rätsel 1, wo ist dieses Neubaugebiet?

 Rätsel 2: es scheint sich hier schon um einen Swimmingpool Besitzer zu handeln

 Rätsel 3: wenn man mal das entscheidende Detail entdeckt hat, ist es ganz leicht


 Rätsel 3 sollte nicht schwer sein


Rätsel 4: auch hier sollte es nicht schwer sein auch wenn das mittlerweile Geschichte ist


 Rätsel 5 ist aus der Umgebung und


Rätsel 6 ist schon wieder einfacher, dachte ich mir, deswegen habe ich die Gleise am unteren Ende abgeschnitten, im Original war das Bild so:

mit den Doppelgleisen ist es dann  klar, oder?


 Die Rechte an der Luftaufnahmen liegen bei der Stadt Bad Kötzting und KÖNNTEN noch unter der Ägide des Hauptlehrers Josef Bock für die Kreisfilmbildstelle gemacht worden sein.
 

Donnerstag, 29. Juni 2017

Der Burschen- und Wandererverein Kötzting e.V.

Nachdem der Bad Kötztinger Burschen und Wandererverein e.V. an den heurigen Pfingstfeiertagen die Schallmauer von 500 Mitgliedern locker übersprungen hat  UND die endgültige Wiederzulassung und Lizensierung unseres Vereins  heuer einen runden Geburtstag hat, möchte ich, solange wir noch in "Sichtweite" unseres Pfingstfestes sind, diese Wiederzulassung mit einem Beitrag würdigen.
Herzlichen Dank an Frau Kretschmer, die trotz ihrer vielen Arbeit im Nachgang nach Pfingsten und Fronleichnam mir die passenden Bilder zusammengestellt hat.

 

die endgültige Lizensierung als Verein im Jahre 1947

wie der Burschen- und Wandererverein Kötzting e.V.  in seiner eigenen Chronik und auf seiner Homepage schreibt, erhielt der Verein von der amerikanischen Militärregierung bereits kurz vor Pfingsten 1946 eine vorläufige Lizenz :
Auszug aus der Homepage der Kötztinger Burschen und Wanderervereins:

Die Wiederzulassung des Vereins

Am Freitag vor Pfingsten 1946 gab die amerikanische Militärregierung die Lizenzierung des BWV bekannt. Zitat aus der Lizenz Urkunde: "Die Militärregierung wünscht, dass die Jugendverbände eine rege Tätigkeit entwickeln. Es ist Ihrerseits laufend zu berichten, welche Veranstaltungen stattgefunden haben und mit welcher Teilnehmerzahl." Zu der Wiedergründung des BWV kam es vor allem durch die Initiative des Vorstandes Michl Plötz, der Burschen Max Januel, Georg Dreger und Heinrich Wieser. Großes Verständnis und Entgegenkommen zeigte auch Gouverneur Lieutenant Mitchell, der selbst noch ein Junggeselle war.
In der Originallizensierungsurkunde, die eine zeitliche Begrenzung bis zum 30.Juni 1947 beinhaltete und hier in der beglaubigter Abschrift vom 11.11.1947 in die Genehmigungsunterlagen einfließt,  wird das Datum der Erstlizensierung mit dem 27.August 1946 angegeben. Die Vorsitzenden der Jugendorganisation waren damals Michael Plötz und Georg Dreger.
Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 2379 von 1947
Diese - ich nenn´s mal vorläufige - pauschale Lizensierung aus dem Jahre 1946, benötigte aber noch die detaillierte Ausführung, Prüfung und  Bestätigung sowohl durch die Militärregierung als auch durch das Landratsamt in Kötzting um in eine endgültige Lizenz umgewandelt zu werden. Auch heutzutage liegen zwischen Gründungsversammlung und der Bestätigung eines eingetragenen Vereins durch die einzelnen Behörden durchaus viele Monate.
In den Genehmigungsunterlagen des neu gegründeten Vereins finden sich ein paar interessante Schreiben und vor allen heutzutage nicht mehr vorstellbare Auflagen und die betreffen vor allem die Auflagen in Hinblick auf die damals anlaufenden Entnazifizierungen bzw. die Spruchkammerverfahren.
Entscheidend für die Zulassung von "deutschen geselligen Vereinen" war eine Verordnung der amerikanischen Militärregierung vom August 1946
Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 2379 von 1947 = Archiv des Landratsamtes Kötzting
entsprechend diesen Regularien durften die Vorstandmitglieder nicht nationalsozialistisch vorbelastet sein. Nur bei den normalen Mitgliedern konnte eine Ausnahme gemacht werden, wenn diese in den Spruchkammerverfahren als "Mitläufer"  - entsprechend des Gesetzes "zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus" der Militärregierung eingestuft worden waren.
Im Januar erfolgte also die reguläre Gründungsversammlung und das Ergebnis floss in das Genehmigungsverfahren ein:
Im Dezember 1947 erhielt der BWV Kötzting vom Landkreis Kötzting - mit Schreiben auch an die Militärregierung in Kötzting - dann die endgültige Lizensierung als Verein, auf dessen Vordruck das Datum der Wiedergründung genau vermerkt ist: der 17. Januar 1947
Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 2379 von 1947
Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 2379 von 1947
in diesem Antrag wird die Zahl der Mitglieder 1947 mit 136 angegeben und die Anzahl der "geselligen" Veranstaltungen dem Verein frei überlassen. Das war ja in dieser ereignislosen - im Hinblick auf Unterhaltungsmöglichkeiten - Zeit das wichtigste.
Nach dem Ablauf der - vorläufigen -  Lizenz im Sommer 1947, galt es den Verein auf sichere rechtliche Füße zu stellen:
Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 2379 von 1947
im November 1947 erfolgte der endgültige Antrag an das Landratsamt für ein Genehmigungsverfahren
Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 2379 von 1947
Nun galt es für die Burschen die nötigen Unterlagen zusammenzutragen, wie sie für eine Lizensierung notwendig waren.
Die Erklärung des ersten Vorsitzenden und des restlichen Vorstandes
Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 2379 von 1947
Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 2379 von 1947

Die eingereichte Satzung des BWVs von 1947 mit sehr rigiden Ausschlussmöglichkeiten bei unehrenhaftem Verhalten: Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 2379 von 1947




Und so sahen die persönlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen durch die Spruchkammer Kötzting für den Vorstand aus:
Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 2379


Max Januel



















Gress Schorsch



















Dreger Schorsch
Rabl Franz




















Die Rechte an den Bildern liegen beim Arbeitskreis Heimatforschung, wenn wir noch "Jugendbilder" der fehlenden Vorstandsmitglieder erhalten, so werde ich diese nachträglich einbauen. Wir würden uns über entsprechende "Jungmänneraufnahmen" folgender Personen freuen:
Ernst Kunstmann
Karl Imhoff
Heinrich Wieser




Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 2379
Und nun zum Abschluss noch einmal die weiter oben bereits angeführte endgültige Lizenz für den Kötztinger Burschen und Wandererverein vom 15. Dezember 1947
Staatsarchiv Landshut Rep 164/8 Nr. 2379  die endgültige Lizenz als Verein
 Im Januar 1965 fand ich noch im Zusammenhang mit einer Mitgliederversammlung einen erneuten Versuch - warum auch immer - diese Eintragung als e.V. zu erreichen. Vermutlich sind die Originalunterlagen beim BWV verschollen gegangen und deshalb ging man von der irrigen meinung aus, kein solch "eingetragener Verein" in der Vergangenheit gewesen zu sein. Nach meinen Unterlagen war er das aber schon seit 1947.

Kötztinger Zeitung vom Januar 1965

Donnerstag, 22. Juni 2017

die Gebrüder Prälisauer



Ludwig Baumann

historische Hausnummer 97

Die Brüder Prälisauer: Mesnersöhne, Mönche, Musiker

Um 1690 stellten die Benediktiner des Priorats zu Kötzting einen neuen Mesner ein, den aus Sach­seln in der Schweiz zugewanderten Johann Joseph Anton Prälisauer. Der heiratete am 7. Juni 1691 Anna Maria Strigl, die Tochter des Schullehrers und Organisten. Elf Kindern schenkten sie das Leben. Von den acht, die nicht im Kleinkindalter starben, ergriffen fünf Söhne einen geistlichen Beruf, und sie förderten an ihren Wirkungsorten die Musikkultur in hohem Maße. Das musikalische Erbe hatte ihnen nicht nur die Mutter mitgebracht. Auch der Vater war aktiver Musiker, nur solchen wurde damals in Kötzting das Mesneramt anvertraut. Laut Kirchenrechnung von 1692 bekam der Mesner eine Jahreszulage, „daß er dem Schulmeister mit Abrichtung der Kinder uf die Music möglichst anhand gehen soll“. Aber auch die Benediktiner, deren Prioratsgebäude in der Herrenstraße direkt gegenüber dem Mesnerhaus stand, werden in den Buben mancherlei Interessen geweckt und Anlagen gefördert haben. 

Armansperg



Ludwig Baumann 


historische Hausnummer 93

Bayerischer Superminister und griechischer Staatskanzler

Joseph Ludwig Graf von Armansperg – in Kötzting geboren


In Bayern erinnert man sich in diesen Tagen an den Wittelsbacher Otto I., der 1832 mit Zustimmung der europäischen Großmächte zum König von Griechenland gewählt wurde und vor 150 Jahren in Bamberg starb. Bad Kötzting darf sich rühmen, dass in seinen Mauern ein Mann zur Welt kam, der versuchte, für eben diesen König als Staatskanzler die damaligen chaotischen griechischen Verhältnisse in Ordnung zu bringen.

Tauflegende

Wenn die mündliche Überlieferung recht hat, geriet der Pfleggerichtskommissar zu Kötzting Joseph Felix Freiherr von Armansperg schier aus dem Häuschen, als ihm am 27. Februar 1787 um neun Uhr abends die Hebamme seinen Erstgeborenen präsentierte. In seinem Überschwang soll er gerufen haben: „Wer morgen früh als erster zum Tor hereinkommt, wird der Pate sein!“ Es war der Hirt von Gehstorf, der die Frühmesse in der Pfarrkirche hinter den Pflegschlossmauern besuchen wollte. Der Freiherr soll sein Wort gehalten haben. Der Dorfhirt, ein wenig Geachteter, Unterprivilegierter, soll das adelige Kind zur Taufe getragen haben, einer, dem die vielen Namen, auf die man das Kind taufte, den Kopf verwirrten: Joseph, Ludwig, Franz Xaver. Aber – in diesem Fall lässt sich der Wahrheitsgehalt der rührenden Volkserzählung mit der Taufmatrikel der Pfarrei nachprüfen. Und die gibt einen anderen Taufpaten an, den Freiherrn Franz Joseph von Armans­perg, Herrn auf Egg. Illusion zerstört? Nicht ganz! Nach dreieinhalb Jahren durfte sich der Pflegrichter – inzwischen war er zum Grafen aufgestiegen – über einen zweiten Sohn freuen. Diesmal verrät der Matrikel­eintrag, dass stellvertretend für den oben genannten Herrn auf Egg das Kind zur Taufe trug: „Adam Kollmer, sehr armer Inwohner zu Beckendorf“. Also hat die mündliche Tradition doch einen wahren Kern! Freilich bog sie die Wahrheit ein wenig zu Gunsten des Erstgeborenen.