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Mittwoch, 11. Dezember 2013

Der Weihnachtsblog

der erste belegte und

fotografierte  Kötztinger Christbaum mit dem Jesuskind in der Krippe Aufnahme ca. 1903 o. 1904

nachträgliche Bescherung für einen Heimatforscher und frühe Christbaumbilder aus Kötzting

Die Vorgeschichte:


Ein ereignisreicher Abend beim "Leboid"

2010 wars, die Kötztinger Bürger feierten ihr 925 jähriges Jubiläum mit einem bunten Strauß an Veranstaltungen, verteilt über das gesamte Jahr hinweg. Mein erster Beitrag für diese Reihe war ein Vortrag beim Obst und Gartenverein Kötztings im Januelsaal irgendwann im Januar. Lange nach dem Ende der Versammlung, der Saal hatte sich schon längst geleert, saßen wir noch abschließend mit ein paar Leuten zusammen - und wie so oft bei solchen Themenabenden, ging es um alte Geschichten und Erinnerungen.
Nebenbei sprach bei dieser Gelegenheit der Wirt, Herr Mathes, über eine seltsame Fahne mit Muttergottesmotiv und dem Kötztinger Wappen auf dem Blatt , die er bei sich im Speicher gefunden hatte.

Ganz am Ende, eigentlich wollte ich schon nach Hause gehen und alles war schon eingepackt, kam ein Mann auf mich zu, stellte sich als ein Herr Frank aus Wiesing vor und wollte mir Bilder von Kötzting zeigen, die er auf dem Flohmarkt in Kötzting, schon vor längerer Zeit, gekauft hatte.
Da wir im Arbeitskreis Heimatforschung in Kötzting ja eine eigene Arbeitsgruppe für Bilder haben, wollte ich Herrn Frank zuerst schon auf Frau Kretschmer und Frau Rabl-Dachs verweisen, aber seine Frage: "wollns sie sich die nicht doch einmal anschauen", machte mich natürlich neugierig.
Er öffnete ein Schächtelchen und darin waren vielleicht 30 schwarz-weiss Aufnahmen mit Kötztinger Motiven, aus der näheren Umgebung, auch vom Pfingstritt, teilweise datiert um die Jahrhundertwende bis ca. 1904.
Mir war schnell klar, dass wir solche Bilder noch nicht hatten, weshalb ich gleich unserer Interesse bekanntgab. Ich gab ihm seine Bilder zurück, nicht ohne sie mir im Einzelnen noch einmal neugierig und genau anzusehen, es waren ja tolle Motive drauf zu sehen.
Dann gings wirklich ab nach Hause, es war ein anstrengender und wegen der vielen Nachfragen auch ein  fordernder Abend gewesen und, Zuhause angekommen und die ganze Situation beim "Leboid" Revue passieren lassend, fiel es mir - und hier passt das Stichwort wirklich und ist keine Übertreibung - wie Schuppen von den Augen:  ich kannte die Motive ja schon längst, denn viele dieser Fotoaufnahmen hatte ich schon längst als gemalte Bilder an ganz anderer Stelle gesehen.


Szenenwechsel und Sprung zurück um ein paar Jahre

Also, wenige Jahre vorher, als man bei Ebay unter dem Stichwort "Kötzting" noch mehr als nur eine Unmenge von Allerweltspostkarten finden konnte, wurde ein Aquarell Kötztings aus dem Jahre 1900 angeboten.  - dieses damals angebotene Aquarell mit der Marktmühle bildet übrigens das Hintergrundbild dieses Blogs - . Mail hin und mail her erbrachte die Situation, dass der Besitzer ein Regensburger Antiquitätenhändler war, der auf meine Nachfrage, "ob er noch mehrere Bilder habe", antwortete, "er hätte insgesamt 700 Aquarelle von den Erben des Malers gekauft und würde diesen Bestand nun gerne auflösen und verkaufen". Aus dem Kötztinger Bereich waren es dann am Ende ca. 50-60 kleine Gemälde.
Zwei einzelne Bilder hatte ich mir schon zu Beginn der Transaktion ersteigert und das Konvolut der Übrigen konnte nach Sponsorensuche durch die Kulturabteilung des Landratsamtes für einen ansehnlichen Betrag erworben werden. Diese restlichen Aquarelle -bis auf meine eigenen zwei Exemplare -  hatten in etwa ein kleines bis mittleres  Postkartenformat und waren in kleinen Alben zusammengebunden. In diesen Alben waren auf der Deckelinnenseite, tagebuchartig, Blenden, Belichtungszeiten und manche Orts- und Datumsangaben mit Bleistift tabellarisch notiert. Die Bilder konnten wir in Kötzting einscannen und anschließend wurden die Aquarelle dem Bestand des Museums in Walderbach zugeführt.
Einige der Gemälde wurden ja dann bereits in dem, dem Ankauf folgenden, Band der Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham, den sogenannten "gelben Bänden", im Jahre 2007 vorgestellt und im Detail besprochen.


Erneut der Sprung nach 2010

es könnte das Lindnerwehr oder das Wehr beim jetzigen Wanninger Kraftwerk sein



















Nachdem mir also aufgefallen war, dass ich die Motive kannte, passte dann gleich Eins zum Andren:


1. Der Groschen war gefallen beim Betrachten der Aufnahme einer Wehranlage, eines Motives also, das der Künstler sowohl als Bild also auch als Bleistiftzeichnung und als Aquarell öfter verwendet hatte. Möglicherweise ist es mir deshalb im Gedächtnis geblieben, weil ich selbst vor vielen Jahren das Wehr beim alten Schwimmbad als eines meiner ersten bewusst ausgesuchten Motive mit meiner damaligen "neuen" Spiegelreflexkamera ausgewählt hatte.

das dürfte, könnte die Hütwöhr sein, beim  alten Schwimmbad


2. der Zeitraum:  auch die Aquarelle deckten einen Zeitraum von 1899 bis 1904 ab
3. Gleiche Motive und Bilder zum Beispiel bei der Burgruine Lichtenegg, Burgruine Runding, Glashütte Lohberg und Stachesried.
4. Die Schrift kam mir bekannt vor


Dann endlich sind mir die Bleistifteinträge auf den Albuminnenseiten wieder eingefallen und Frau Dr. Kleindorfer Marx von Landratsamt, die ich gleich am nächsten Tag angerufen hatte, konnte mir zufällig noch am selben Tag die Notizen ablichten und zusenden.
Tatsächlich, für einige Fotos, die es nicht als Aquarelle gab,  - z. B. die Rieder Linde - finden sich Hinweise auf Ort, Belichtungszeit, Datum und Blendeneinstellung in den Aquarellalben

Selbstportrait Mathias Heilmeier
Da wir ja den Maler kannten, von dem wir aufgrund seiner Notizen wussten, dass er auch fotografierte und zeichnete, konnten wir nun nach über 100 Jahren die Bilder und die Fotos nicht nur demselben Künstler zuordnen sondern diese auch räumlich wieder zusammenführen. Aufgeklärt über die Zusammenhänge, schenkte Herr Frank nämlich die Bilder dem Arbeitskreis und wir reichten sie gleich an die Kulturabteilung weiter. Nun sind auch die Bilder in Walderbach im Depot und können dort konserviert werden.


Da wir nun den Maler UND Photographen kannten und aus den Kötztinger Matrikeln auch wussten, dass sein Sohn in zweiter Ehe in Kötzting  verheiratet war und hier arbeitete, so ist es auch zu vermuten, dass die kleine Familie, die am Weihnachtstisch und im Schnee abgebildet ist, die Familie der jungen Franz Heilmeiers ist und der Vater respektive der Großvater seine Besuche  zum Malen und Fotografieren genutzt hat. Gemalt hat offensichtlich nach den Vorlagen seiner Photographien. Der Kötztinger Ingenieur und Bezirkstechniker Franz Heilmeier hatte seine erste Frau Caecilie im Mai 1901 verloren und sich bereits im Januar 1902 ein zweites mal verheiratet





Diesmal heiratete er eine Bogener Konditorentochter, und sein Vater, der Rosenheimer Regierungsbaurat, war auch sein Trauzeuge. Dieser Mathias Heilmeier ist der Maler und Photograph und in dem Schächtelchen mit den Bildern befinden sich auch datierte Aufnahmen eines stattlichen Bogener Wohnhauses. Franz Heilmeier war zumindest noch bis 1905 in Kötzting, weil er da noch im Zusammenhang mit einem landwirtschaftlichen Fest im Kötztinger Anzeiger erwähnt wird. Danach verliert sich seine Spur.

Auszug aus den Trauungsmatrikel im Pfarramt Kötzting






Das jetzige Rathaus noch vor dem Brand 1911

 
Aber die Entwicklung geht noch weiter: denn ein Bild fiel mir damals besonders auf, es war eine Ansicht Kötztings , bei dem ich den Standort des Photographen irgendwo in der Wurmhöhe oder im Heiglgarten vermutet hatte, allerdings hätte er da auf einer hohen Staffelei stehen müssen. Eine Anfrage in diesem Winter wegen des genauen Geburtshauses von Eugen Hubrich brachte mich auf die Idee auch den Wohnort der Familie Heilmeier nicht nur in den Pfarrmatrikeln sondern eben auch in den Zivilstandsregistern der Stadt zu suchen, weil dort zumeist zusätzlich auch die Hausnummer respektive bis ca 1950 die Plannummer der Wohnung angegeben werden musste. Und siehe da, auch das Rätsel des Fotografenstandorts ließ sich damit lösen.
 Bei dem Sterbeeintrag seiner ersten Frau wurde auch die Hausnummer angegeben.

Sterbeeintrag der ersten Ehefrau im Zivilstandsregister der Stadt Bad Kötzting

Die kleine Familie wohnte auf der Hausnummer 59 und das war der sogenannte Kollmeierkellers, nun die  Bärwurzerei Liebl, am oberen Ende des langgestreckten Gebäudes, das in den Hang hineingesteckt aussieht. Von dort, von seiner eigenen Wohnung aus, hatte er die richtige Höhe, um über das Kommunbrauhaus hinweg zum Bezirksamtsgebäude und zur Kirchenburg hinüber  fotografieren zu können. Den Sterbeeintrag seiner Frau unterschrieb Franz Heilmeier eigenhändig mit: "Fz Heilmaier"




das ist der Kollmeierkeller, soweit ich weiß gibt es von diesem Bierkeller mitsamt den schattierenden Bäumen kein anderes Bild. Die sichtbaren Fenster auf der linken Seite müssten die Wohnungsfenster der Familie Heilmeier gewesen sein, in denen die Weihnachtsbilder entstanden sind und aus denen heraus die Kötztinger Ansicht fotografiert wurde. Das querliegende Gebäude im Vordergrund dürfte die Kegelbahn gewesen sein, zu jedem Biergarten gehörte damals standesgemäß eine Kegelbahn, ganz egal ob im Schmidtbräukeller oder im Lembergerkeller usw..




Blickachse des Kötztinger Bildes

Winterspaziergang




Familie Heilmeier beim Festessen















































Und das sind nun die ersten Weihnachtsfotos einer Kötztinger Bürgersfamilie. Die Petroleumlampe macht gerade mal ausreichend Licht, um den Festtisch knapp auszuleuchten.









der erste photographierte  Kötztinger Christbaum mit dem Jesuskind in der Krippe
Der "Weihnachtsbaum" ist aber eine ziemlich unterständige und kurznadelige Tanne, heutzutage keiner Ehefrau mehr zumutbar....


der Geschenketisch, mit einem Bilderbuch und wohl der ersten Schiefertafel für den Sohn, im Hintergrund ist ein Jagdhorn sichtbar




Die Innenaufnahmen des weihnachtlich geschmückten Tisches, des Christbaumes und des Geschenketisches, sind mit ziemlicher Sicherheit ebenfalls in diesem Haus gemacht worden.
Mit diesen Bildern haben wir einen schönen Beleg, dass zumindest bei den bürgerlichen Familien in Kötzting die Weihnachtstraditionen bereits um 1900 schon so gefeiert worden waren, wie wir es heute noch tun.
Eine detailliertere Gegenüberstellung von Heilmeiers Fotos und Aquarellen bzw. Zeichnungen, praktisch die "kriminalistische" Beweisführung ist einem späteren Blog vorbehalten.

Aber auch das war noch nicht alles, was an dem denkwürdigen Januartag herausgekommen ist. Am nächsten Tag ging ich mit einer Kamera zu Herrn Mathes um die Fahne abzulichten, mittlerweile gibt es wesentlich bessere Aufnahmen der Fahne, vor allem nach der Restaurierung, aber meine Bilder mit all ihrer Unschärfe waren eben die ersten schnellen Aufnahmen nach der Wiederentdeckung, um überhaupt auf die Suche nach der Bedeutung der Fahne gehen zu können.

Tatsächlich war sowohl in der Pfingstrittbeschreibung von 1904 die Rede von der Fahne mit der Mutter Gottes auf der einen und dem Kötztinger Wappen auf der anderen Seite als auch auf den Heilmeierphotos des 1904er Pfingstrittes wo deutlich eine Fahne mit der überlangen Fahnenstange zu sehen ist. 


Pfingstritt von 1904 mit der alten Marktfahne
alte Marktfahne, unrestauriert, Schnellphoto im Gang
Schnellaufnahme um die Fahne identifizieren zu können


So brachte  der Abend also eine "neue" alte Fahne ans Licht der Öffentlichkeit und nach über 100 Jahren Fotos und Bilder ein und desselben Mannes wieder zusammen. Für jemand wie mich, dessen Steckenpferd die Heimatgeschichte ist, war es ein toller, ein erfolgreicher Abend.
  
 



Mittwoch, 27. November 2013

Die letzte Hinrichtung in Kötzting


vor gut 200 Jahren wurde auf dem Ludwigsberg zum letzten Mal eine Hinrichtung durchgeführt

 
Im Herbst, in der eher dunklen Jahreszeit, kommt immer wieder mal das Thema unseres Galgenbergs auf und die dort durchgeführten Hinrichtungen waren und sind immer wieder einmal Thema dieses Geschichtsblogs.
Nun also ein Bericht über die letzte Hinrichtung, die die Kötztinger "live" erlebt hatten.
 Meiner Erinnerung nach war es ein Harrlinger..... aber wo hatte ich davon gelesen und woher nun die Details nehmen....   (Der Blogbeitrag erschien bereits im Jahre 2013)
Die erste Reaktion in solch einem Fall ist immer: Herrn Baumann anrufen  ....meist ergibt sich in dem Gespräch dann der erste Hinweis auf Dokumente oder Urkunden. Hier kam dann tatsächlich schon die später sich als richtig erweisende Vermutung; in der "von Paur Chronik" könnte was stehen. Trotzdem war es noch nichts Genaues und so erinnerte ich mich an einen früheren Teilnehmer unseres Lesestammtisches, der uns vor vielen Jahren bereits von dieser "letzten" Hinrichtung erzählt hatte, Hans Thanner vom Kagerhof. (Hans Thanner, der Spezialist des Lesestammtisches für historische Währungen und deren Umrechnung ist leider mittlerweile verstorben)
Ein Telefonat genügte und Hans schickte wenige Minuten später einen Scan einer Festschrift  des Schützenfestes mit Fahnenweihe vom  22. - 25. Juni 1979  von den  D'Schatzberg - Schützen Harrling e.V." und dort ist unter Verweis auf die oben angesprochene "von Paur Chronik" diese Hinrichtung eines Harrlingers beschrieben.


Landrichter Carl von Paur + 1873 beerdigt in Kötzting


In Kötzting existieren zwei große Geschichtschroniken, die "Schuegraf" und die "von Paur"sche Chronik. Schuegraf beschrieb dabei die Anfänge Kötztings und endete mit seinen Ausführungen zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Carl von Paur, der Kötztinger Landrichter von 1845 und - nach der Justizreform - der späterere Bezirksamtmann von Kötzting bis 1869, versuchte den Anschluss an die Schuegrafssche Chronik herzustellen und ist vor allem durch seine jahrgangsweise beschriebenen Vorkommnisse und durch seine qualifizierten Bemerkungen und Überlegungen über die Kötztinger Bewohner und deren Lebensumstände mehr als nur ein punktgenauer Chronist gewesen. Vor allem seine Beschreibungen der Kötztinger Umgebung zeigen eine Liebe zu unserer Gegend und eine Lebendigkeit, so dass viele seiner Sätze selbst heutzutage     "1 zu 1" in Werbebroschüren genutzt werden könnten. Die lange Zeit verschollene Chronik befindet sich nun im Panzerschrank unseres Bürgermeisters und berichtet, ohne genaue Datumsangabe, über die Hinrichtung.
Im März 1813  schreibt von Paur noch von der Konzessionsvergabe an den neuen und ersten Kötztinger Apotheker Franz Xaver Preiss aus Eichstätt und  über den Zeitraum vom 16.-.18. Oktober schreibt er von der Völkerschlacht zu Leipzig.
Dazwischen also verortet er die letzte Hinrichtung, weiter nun in seinen eigenen Worten:

An diesem Tage ging es schon früh morgens rührig zu im Markte, auch von auswärts kamen viele Leute herbey, etwa um einer Kirchen- oder sonstigen Festfeyer - nein - um einer Hinrichtung beyzuwohnen. Der verheurathete Söldner Joseph Obermayer von Harling, 25 Jahr alt, hatte sich eines vorsätzlichen Mordes dadurch schuldig gemacht, daß er seinen Gebkäufer und Austrägler Michael Wildfeuer, um sich der Austräglerreichnis zu entledigen, vermittels einer in die Flinten, statt einer Kugel eingeladenen abgebrochenen Spitze eines Eggen=Zahnes am 10. November 1812 Abends 6 Uhr durch das Fenster der Austräglerwohnstube meuchlings erschossen hat.
Der Tat geständig wurde er des Mordes schuldig erkannt, und zur Todesstrafe durch Enthauptung verurteilt.

Nachdem das Kötztinger Amtsgefängnis, in dessen nun renoviertem Dachstuhl im letzten Monat die vergessenen Akten gefunden wurden, erst in den Jahren 1817 bis 1820 erbaut worden war, war Joseph Obermayer wohl im damaligen Amtshaus am Ende der Schirnstraße (=Schergenstraße) während seiner Verhandlung und bis zum Hinrichtungstermin eingesperrt. Die Verhandlungen und Verhöre wurden in der Regel im Pflegerschloss durchgeführt. Zu diesem Zweck wurde der Delinquent dann ausgeschlossen und dem Landrichter vorgeführt. Für alle diese Verrichtungen inkl. der Verpflegung erhielt der Kötztinger Amtmann seine, genau in einer Tabelle festgelegten, Bezüge.
Der endgültige Schiedsspruch, das Todesurteil, wurde, obwohl die Verhandlungsführung in Kötzting lag, in Straubing ausgesprochen und auch der Tag der Hinrichtung von dort festgesetzt. Die Kötztinger Amtsmänner und Schergen hatten für den Aufbau des Hochgerichts bzw. des Schafotts zu sorgen und idR. wurden auch Schranken errichtet um das Publikum auf Abstand zu halten.  Die Hinrichtung wurde immer vom Straubinger Scharfrichter durchgeführt: Das "Brechen des Stabes" über den Delinquenten blieb dem Kötztinger Landrichter vorbehalten, dann handelte der Scharfrichter, doch zuerst weiter im Text von Paurs:




Am nordöstlichen Abhange des Galgenberges war das Schaffot aufgeschlagen und bereits gruppenweise von den vielen Neugierigen umstanden, als der Exekutionszug ankam. Voran der Landrichter zu Pferd, dann der Wagen mit dem Delinquenten unter Beistand des Ortsgeistlichen. 
Er zeigte keine Furcht.
Rasch stieg er vom Wagen und ging schnell die Treppe hinan, doch als er den Richtstuhl erblickte, sträubte er sich, sich niederzusetzen, so daß er mit Gewalt von dem Scharfrichtergehilfen, Wasenmeister Zankl von Steinach mit Gewalt dahin gezerrt und auf dem Stuhl niedergedrückt werden mußte, während dass der Scharfrichter Zankl von Straubing dem verhängnißvollen Hieb führte, der das Haupt vom Rumpfe trennte.
...während daß der Scharfrichter Zankl von Straubing dem verhängnißvollen Hieb führte, der das Haupt vom Rumpfe trennte. (Kopie aus der von Paurschen Chronik, Stadtarchiv Bad Kötzting)

Nachdem der Geistliche eine Mahnrede mit Gebet gesprochen hatte verlief sich die Volksmenge schweigend, und gedachte des Ermordeten in Wehmuth, da er ein braver Mann und besonderer Gutthäter der Kirche Harling war.

Die Amtmänner, Amtsknechte, Schergen, Scharfrichter und Wasenmeister, also Abdecker, bildeten als Mitglieder von unehrenhaften Berufen einen ganz eng geschlossenen Personenkreis. Ihre Mitglieder galten als so unehrenhaft, dass die "normale" Bevölkerung sich weder als Taufpaten noch als Trauzeugen hergeben wollte. Auch Ehepartner konnte diese Personengruppe nur unter sich finden, so dass es einen länder- und grenzüberschreitenden Familien- und Heiratsmarkt dieser Berufsgruppe gab. Die Familien der Scharfrichter waren tatsächlich europaweit untereinander verschwägert und auch die Kötztinger Wasenmeister und Amtmänner mussten sich für ihre Taufpaten, Trauzeugen oder für die Hochzeit Partner von weit her suchen. So ist es also auch kein Zufall, dass der Scharfrichtergehilfe, Wasenmeister Zankl aus Steinach und der Scharfrichter Zankl aus Straubing denselben Familiennamen führten und höchstwahrscheinlich eng verwandt waren. Über die Scharfrichter und Abdeckerfamilien Deutschlands und Mitteleuropas gibt es übrigens viele Abhandlungen, die genau diese Verbindungen herausarbeiten.


Dankenswerterweise schickte mir Hans Thanner auch noch ein paar Ergänzungen, teils aus den Matrikelbüchern und teils aus der mündlichen Überlieferung der Harrlinger Gegend:

Joseph Obermaier, der aus Aign bei Konzell abstammte, war mit einer Hollmer aus Landdorf verheiratet und hatte seinen Vorderlader mit einer derartig starken Pulverladung versehen hatte, daß das Geschoß - der Eggenzahn - durch das Fenster den Körper des am Tisch vor der Suppenschüssel sitzenden Wildfeuer durchschlug, durch die Stube flog, die Zimmertür gegenüber dem Fenster nochmals durchschlug und dann im Hausflur in der "Bodenstiege" steckenblieb. Der Ort des Geschehens war im sogenannten äusseren Dorf. Obermayer hatte das Anwesen des heutigen Ferdinand Vogl gekauft , wozu das Haus des heutigen Ludwig Breu als Ausnahmshaus gehörte.
Entdeckt wurde der Mord von dem damaligen Lehrer von Harrling, der an diesem Abend unterwegs war von Zandt nach Harrling und den Schuss gehört hatte. Er fand jedoch Michael Wildfeuer nur noch sterbend vor.
Ausschnitt aus der Uraufnahme entnommen einem Plan des Chamer Vermessungsamtes der Nummer  NO_050_41_1831
Auf dem Plan ist schön zu sehen, dass der jetzige Ludwigsberg, der damals noch der unbewaldete, frei sichtbare, Galgenberg gewesen ist. Die Stelle, an der jetzt der Ludwigsturm steht, ist mit einem ganz schwach erkennbaren Kreuz gekennzeichnet. Unterhalb, dem Markt zugewandt, - ungefähr bei den Buchstaben "g e" aus dem Wort Galgenberg - war die Kötztinger Richtstätte. Der Hauptzweck des Galgenberges in Kötztings war allerdings ein anderer: es war die Gemeindeweide, auf dieser Fläche hütete der Gemeindehirte, der sein vom Markt Kötzting gestelltes Häuschen in der jetzigen Hauserstraße hatte, die Viehherde der Kötztinger Marktlehner.

Da vor allem die "Malefikanten", die verurteilten Bösewichter also, die aufgehängt worden waren, nachweislich lange hängen gelassen wurden (in einem Fall ist eine Zeitspanne von einem ganzen Jahr bekannt), war es aus heutiger Sicht sicherlich ein gewöhnungsbedürftiges Bild mit dem toten Körper am Galgen und den weidenden Kühen drumherum und das Ganze auch unbewaldet und daher frei sichtbar.

Und wie schauts heutzutage dort oben aus?


Blick vom der Richtstätte in Richtung Wallfahrtskirche Weissenregen nach Sonnenuntergang
 Nun, stilecht im Finstern in der Kälte und  im November habe ich mich auf den Weg gemacht und bin vom Stauner rüber zum Richtplatz gegangen.
Die frühere Richtstätte verbirgt sich nun in von dichtem Unterholz bestandenen Hochwald. Nur ein Schild am Anfang des Weges gibt einen Hinweis:
Beim Zugang steht ein Taferl...

 Dann geht man am Taferl vorbei vielleicht 20 m leicht bergauf und kommt in eine laubbedeckte Lichtung. Mehrere aufrechtstehende Grenzsteine kennzeichnen den Platz, an dem in Kötzting früher die Hinrichtungen stattgefunden haben.



Hinweistafel direkt am Richtplatz

Richtplatz bei Nacht und im November.........


















Donnerstag, 14. November 2013

Überraschungsfund im Bauschutt des Kötztinger Amtsgerichtsgefängisses


Spuren der Massenverhaftungen der NSDAP vor 80 Jahren verweisen auf  Kötztinger Bürgersfamilien:


auch wenn ich schon oft in Archiven Akten gefunden habe, mit denen ich speziell an dieser Stelle nicht gerechnet hatte und auch wenn solche Überraschungsfunde ein wenig das Salz in der Suppe des heimatgeschichtlich Interessierten sind, so gibt es doch Funde und Fundorte, die eigentlich unglaublich sind.

Am Mittwoch dem 30.10. kam von der Bauabteilung der Stadt Bad Kötzting die Nachricht, ich möge  zu Ihnen in den zweiten Stock hinaufkommen, Sie hätten etwas für mich.
Oben im Zimmer Josef Buckeleys lag auf dem zentralen Tisch eine schmutzige, staubige Transportkiste, übervoll mit Aktenmaterial, so dass sogar der Deckel halb offen stand. Beim Abbruch des Dachstuhles im - in dieser Reihenfolge - Fronfeste,  Amtsgefängnis, Gesundheitsamt, Finanzamt wurden zwischen den Dachbalken und Fußbodenbrettern Reste von Aktenmaterial und einfachen fadengebundenen Bänden gefunden.

Dienstag, 12. November 2013

Ein DIA aus den 30er Jahren

Im Nachgang zu dem letzten Beitrag ist mir ein DIA im Stadtarchiv aufgefallen, dass das damals noch einsame und alleinstehende Stauneranwesen zeigt. Hier sieht man noch die alte "Westumgehung" und das damals erst in Teilen zugebaute damalige Neubaugebiet auf der Platte.
Bevor Ende der Woche dann der neue Novemberbeitrag kommt, dies hier nur noch als optische Ergänzung und es macht Spaß auf dem Bild einzelne Details der neuen Bebauung zu suchen, bevor man dann langsam merkt, was da noch alles fehlt, ich sag nur Autohaus Weber, Metallbau Aschenbrenner u.s.w.
das Bild ist wie die Winterbilder, die im Hochsommer für zumindest optische Kühle sorgen sollten, vermutlich vom Kötztinger Lehrer Bock Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre gemacht worden. Die Rechte an den Bildern befinden sich bei der Stadt Bad Kötzting,

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Vor dem Vergessen bewahren....



Ein Stück von Altkötzting wird spurlos verschwinden

Um es gleich vorwegzusagen, es geht hier nicht darum, Alles und Jedes einfach für alle Zukunft  zu erhalten, sondern nur darum, bei Veränderungen, die im Gesicht einer jeden Stadt im Laufe der Jahre eintreten, ein wenig innezuhalten und das, was unweigerlich verschwinden wird, daraufhin abzuklopfen was es einmal für seine eigenen Bewohner und die Bürger Kötztings möglicherweise bedeutet hatte.

Da „Miche“, vor wenigen Jahren verstorben, war zumindest für die Bewohner des oberen Marktes eine gewohnte Erscheinung – auch bei mir im Stall schlurfte er gelegentlich vorbei – und in den 60er bzw. 70er Jahren war es ein gewohntes Bild ihn entweder mit seiner Tante und Mutter, oder an der Hand des Zoll-Liebls aus der Westsiedlung den Marktplatz herunter gehen zu sehen.
Sein Haus, bzw. sein gesamter Besitz, werden nun zum Teil in ein Wohnbaugebiet und zum anderen Teil wohl in eine Gewerbefläche für einen Lebensmittelsupermarkt umgewandelt  werden.

Altar bei der Flurumgangsprozession -Aufnahme von Nik Heinrich
















Was ist nun das geschichtlich Besondere am "Stauner" „Hermann“- oder „Martin“- Haus zwischen Kötzting und Gehstorf, denn das war früher die besondere Lage, ganz alleine gelegen außerhalb von Kötzting und Gehstorf. Schon bei den Flurumgängen, die ja hinein in die Feldflur Kötztings führten bzw. führen sollten war hier traditionell ein Altar. Bei diesem Haus angelangt war die Prozession früher bereits inmitten der Feldflur angekommen,  nun aber gelegen inmitten der Bebauung.
Das Anwesen war früher das sogenannte „obere“ Spital. Wobei "früher" hier in der Zeit nach dem dreißigjährigen Krieg einsetzt. 


Das Anwesen Stauner-Martin-Hermann: Aufnahme von Nik Heinrich
  
Es ist nicht viel, was aus der Vergangenheit zu uns in die Gegenwart gedrungen ist, und bis vor wenigen Jahren war uns auch die Geschichte dieses Hauses unbekannt. Korrekt muss gesagt werden, dass wir zwar von der Existenz eines „oberen“ Spitals wussten aber eben nicht um welches Haus es sich dabei gehandelt hatte. Erst neueste Untersuchungen im Zusammenhang mit einer Häuserchronik Altkötztings, haben die Verbindung dieses Anwesens mit dem so genannten „oberen“ Spital weitgehend belegen können.

Den ersten Hinweis auf ein „oberes“ Spital finden wir im Stadtarchiv, in der ersten erhaltenen Spitalrechnung von 1638, welche sich in einem sehr schlechten, vermoderten, Zustand befindet. Dort heißt es unter den Ausgaben für Baufälle:




Für ainen Tachwercher welcher in bemelt oberen Spitall dass von dem Sturmb wündt zerrissene und sonsten paufellige Dach wiederumben eingedeckht bezahlt 12 xr
Wolfen Reschen alhir von Eindeckhung der Tächer im undtern Spitall entricht 24 xr 
Stadtarchiv Kötzting, altes Archiv Spitalrechnung von 1638
                                                   

Am 9. Oktober 1652[i] verkaufte der Bäcker und Rat Oswald Parella unter Beistandsleistung des churfürstlichen Leutnants Pollinger einen Acker in der Urtl (das ist der Bach, der längs durch meine Pferdekoppeln rinnt und mich alljährlich bzw. allsommerlich unter Wasser setzt).
Er verkaufte also seinen „freiledigen Agger an Urtl so zwischen gemainer  Marktseigenen zu Westlhaus gehoerigen Acker und Hansen Schreiners  Bürger des eissern Rats und Bäcken allda Äckern liegend mit  einem Ort auf Herrn Pfarrers Leutten und mit dem andern Ort auf  den Rhain, wie man von der Honigwiesen gegen den oberen Spital  heraufgehet stosst.

Die hier genannte Honigwiese entspricht ziemlich genau meinen Pferdekoppeln, das Flurstück heißt heute noch im Kathaster "Honigwiese am Urtlbach". Wir befinden uns 1650 aber noch 150 Jahre von der Kunst des richtigen Planzeichnens entfernt, daher werden die einzelnen Grundstücke/Häuser durch ihre Lage in Bezug auf die Nachbarn beschrieben.
Hier ist also von einem Weg die Rede, der von der Honigwiese herauf zum oberen Spital führt.
Oswald Parella saß auf dem Haus, das wie heute als Grassl-Beck kennen, also in der Metzstraße – er verkaufte den Acker an Hans Scharrer, den Sohn des Pellkoferschen Verwalters Wolf Scharrer, der ebenfalls ein Kötztinger Bürger gewesen war.

Bereits 2 Jahre vorher begann Adam Türrigl von Rieglstein, der Kötztinger Probstrichter, ein Häuserbuch[ii], das allerdings ein Fragment geblieben war. In dieser stückweisen Zusammenstellung sind für die einzelnen Bürgerhäuser die dazugehörigen Grundstücke verzeichnet und auch dort finden wir die eine oder andere Ortsangabe, die auf das Spital verweist: und diese Ecke Kötztings beschreibt:

Bei der Hausnummer 6 (heutzutage aufgegangen im Anwesen Amberger Hof) heißt es
Ein Acker im kleinen Greuth (=Schinderbuckel heutzutage)...
Rain oder Gangsteig welcher vom Herrn Pfarrerweyher bey der  Hönigwiese herauf gegen dem Markt geht.
Ein Acker in der Urtl auf dem Hohlweg wo man von der Honigwiese herauf in den Markt  führt.


Hausnummer 17 (Osl)
Ein Acker : mit einem Orth auf dem Rain so zwischen beiden veldern  von der Honigwiesen herauf gegen den Siechhaus gehet 

Hausnummer 39 (Gastwirtschaft Pfeffer)
Ein Hopfengarten welcher dermalen öd bei dem Siechhaus zwischen der  Chamerstrasse und alten Störrinagger liegt.


Lange Jahre haben wir keine Nachricht über das Anwesen, erst im Jahre 1769 verkauft Fischer Hans, Häusler und Fluderknecht in Kötzting an seinen Sohn Hans das Haus: vor dem obern Tor so negst dem Armenhaus entlegen[iii] Hier könnte es sich allerdings bereits um einen Folgebau handeln, der näher an den Markt heran gerückt ist und später erst wieder geteilt wurde.


Die Marktgemeinde Kötzting verkaufte nun am 30.06.1832 das sogenannte Armenhaus um 300 fl an Hastreiter Johann. In den später anschließenden Kathasterbänden taucht dann ca. ab Eintritt ins 20. Jahrhundert auf dem bzw. auf dem dann geteilten Anwesen 153b der Familienname Martin auf.
 Was bleibt an Zweifel: das verkaufte Armenhaus 153 war etwas weiter herinnen im Markt später ist in den Kathasterbänden dann von einem Haus 153a und 153b die Rede. Die Familie Martin ist dann mit drei Generationen auf dem Haus 153b. Es könnte also durchaus auch so sein, dass das obere Spital, von dem wir in den dazwischen liegenden Jahrzehnten so gar keine Nachricht erhalten, eingegangen ist und erst später dann wieder ein Haus an dessen Stelle errichtet worden ist . ein Restzweifel bleibt, aber die Ortsangaben im 17. Jahrhundert zeigen genau auf das Haus, wenn von dem oberen Spital die Rede ist.
 In den Jahren um 1625 ist noch von einem Leprosenhaus auf dem jetzigen Spitalplatz die Rede, dieses ist wohl nach dem Schwedeneinfall nicht mehr errichtet worden, bzw. vielleicht hat danach dieses obere Spital diese Funktion übernommen, dafür würde auch die isolierte Lage ausserhalb der Marktbefestigung und zwischen den Ortschaften sprechen.
Ein geschichtsträchtiger Platz ist diese Ecke aber allemal, da der Angriff der "schwedischen" Truppen im November 1633 genau von dieser Seite aus erfolgte.

bald ist auch der letzte Rest verschwunden und bald kann man sich nicht mehr vorstellen, wie es hier ausgesehen hat.


[i] Staatsarchiv Landshut Briefprotokoll Kötzting von 1652
[ii] Bayerisches Hauptstaatsarchiv in München Landshuter Abgabe 1982 KL Rott B1
[iii] Staatsarchiv Landshut Briefprotokoll Markt Kötzting Band 31 Seite 27

Montag, 2. September 2013

Ein wirklicher Flaschengeist

Der folgende zusammengefasste Prozess lässt sich aus dem Rechnungsbuch des Landgerichts Kötzting vom Jahre 1735 rekonstruieren. Das Buch liegt im Staatsarchiv Landshut.  So lebendig und ausführlich waren damals die heutzutage so nüchternen Rechnungsbücher.


Rückseite des ehemaligen Amtshauses, Aufnahme von ca 1900, Hausname später: beim "Wieser Girgl" dieses Haus am Ende der Schirnstraße, im Keller dieses Gebäudes waren die Keuchen untergebracht, in einer dieser Keuchen saß der unschuldige Johann Pongratz aus Krottenhof von Oktober 1734 bis Mai 1735 Aufnahme von Mathias Heilmeier. Bildrechte beim Landkreis Cham

 Am 23. Oktober 1734 erhielt das Landgericht Kötzting Nachricht aus dem Königreich Böhmen. Von dort schrieben der Bürgermeister und die Räte der Stadt Klattau, sie hätten eine Schatzgräber Bande inhaftiert und von diesen Bandenmitgliedern würde behauptet, dass der "mitverstrickte Michael Altmann zu dem Hansen Pongratz (nicht verwandt oder verschwägert mit dem Schreiber dieser Zeilen, möchte ich schon festhalten.....) uff den Krottenhof gehen"  und "deme underbringen muessen, dass er der Banda den Spiritum (Geist), welcher dem Altmann in ainem gläsernen Fläschl vorgezaigt und würcklich sehen lassen, gegen Bezahlung überlassen solle."
Altmann habe also beim Inmann Johann Pongratz vom Krottenhof einen Flaschengeist gesehen, welchen der Inmann auch verkaufen wollte.
 
Der Rat von Klattau forderte nun von den Kötztingern, um ihren eigenen Prozess vorantreiben zu können, die Untersuchung des Ganzen, sie nennen es die Inquisition, vorzunehmen.

Bereits am 25. Oktober wurde Hans Pongratz, Inmann in Krottenhof  über die von Klattau geforderten Umstände ausführlich befragt und dann gleich verhaftet. In ihrem Antwortschreiben fordern die Kötztinger ihre Kollegen von Klattau auf, sie sollten Ihre verhafteten Bandenmitglieder nochmals ausführlich befragen, denn der inhaftierte Pongratz würde: "einen Spiritum zu haben fortissime negieren"
Anfang Dezember kam dann die Antwort aus Klattau, Taus und dem Markt Staab - auf diese Gerichtsorte waren die verhafteten Bandenmitglieder verteilt worden - die diese weiter verhört hatten: Die Abschriften der Verhöre von Ignaz Präserl, Jakob Pohlgust, Jacob Mayr, Mathes Kopf, Niclas Haupeckh, Jakob Brosch, Michael Altmann und Christoph Pfeffer belasteten den in Kötzting inhaftierten Hans Pongratz schwer. Für den Botengang dieses Schriftwechsels erhielt der Landgerichtsbote 36 Kreutzer. 

NB:   All das bis hier Geschriebene diente damals ausschließlich als Beleg dafür, dass dem Boten die 36 Kreutzer bezahlt worden sind. Zwei Seiten kleingeschriebener Text nur um die Ausgabe zu rechtfertigen. 36 Kreutzer könnte man grob auf 50 Euro umrechnen.

Die in Böhmen inhaftierten Gefangenen - es ist zu vermuten, dass diese für ihre Aussagen auch gefoltert worden waren - sagten aus, dass der Pongratz "zway mal zu dem Gerl in St. Catharina, bey deme die Banda öfter zusambenkonffte gehalten, gangen, und mit deren weegen das Spiritus in Handlung getretten, iedoch weillen weder der Geistliche von Regenspurg als welche gemelt Banda Erinderung nach den Geist zu Ausfiehrung ihres Vorhabens unendtpöhrlich benöttiget, gegenwerttig noch auch die 100 Dukaten gelt, so Pongratz hievor verlangt, bei handten gewest bedeutten Spiritum nit von sich geben. Under dem vorwandt dass er ohne gelt selben nit anlassen können und ausser des Geistlichen mit deme ohne das nichts auszurichten, weillen sye alle von dem Teufel nit sicher wären."
Die Konstruktion ist interessant, Pongratz könne, so sagen die böhmischen Angeklagten, ohne Anwesenheit eines Geistlichen den Geist nicht aus der Flasche lassen, weil sie sonst vor dem Teufel nicht sichern wären und ohne Geld ginge schon gar nichts.


Dieses Schreiben ist am 22. Dezember eingetroffen aber die Gerichtsherrn konnten erst im Januar weitermachen, es waren ja die Christferien, interessant, dass auch vor 300 Jahren die "Beamten" Weihnachtsferien hatten und zwar gings ausdrücklich wegen der Christferien erst wieder am 5. Januar weiter. Also dauerten diese Ferien damals wie heute auch zwei Wochen.
das Amtshaus, wie es wohl zur Zeit des Johann Pongratz ausgesehen hat
Im  Text heißt es nun  dass der Johann Pongratz "guet und zugleich ernst" ausgefragt worden war, er habe aber alles geleugnet, es wäre nichts an der Sache, der ganze Vorgang wäre nur eine "lautter Fopperey oder Gespäß" gewesen. Und er widerspricht damit auch der zweiten wiederholten Aussage des Altmanns, welcher seine erste bestätigte, nämlich, dass er zweimal den Geist beim Pongratz gesehen habe.
Wieder ging eine Schreiben nach Klattau, diesmal durch den Warzenrieder Amtmann Oswald Zadler, der die Amtspost bei Gelegenheit nach Klattau mitnahm. Kötzting wollte nun Details wissen, wo er den Flaschengeist genau gesehen habe und vor allem wie er ausgesehen habe. Und, wollten sie weiter wissen, ob nicht der "alte Pongratz" von Atzlern, der Vater des Johann, (Hoppala, jetzt wirds wohl doch verwandtschaftlich, meine Pongratzvorfahren stammen aus Atzlern ab) "hirumb ebenfalls wissen getragen", dieser Mann war durch die letzten Verhöre ebenfalls "zimblich graviert worden.", also belastet worden.


Plan der Keuchen unterhalb des Kötztinger Amtshauses
Inzwischen waren in Tauss auch die beiden Gebrüder Gerl aus St. Catharina verhaftet worden, da sich die Bande wohl zumeist bei diesen getroffen hatte. Die Schreiben aus Böhmen vom 26. Februar 1735 brachten aber keine Neuigkeiten und so übergab das Landrichter von Kötzting den Vorgang am 6. März an die Regierung in Straubing und diese antwortete bereits am 10. desselben Monats. 
Hans Pongratz solle noch einmal ernstlich, aber gütlich, (das heißt also ohne ihn zu foltern) zu examinieren und das Ergebnis wiederum nach Straubing zu berichten. Den alten Pongratz sollten sie noch zurückhalten. Johann Pongratz blieb hartnäckig bei seinen Aussagen und dieser Bericht ging nun sowohl nach Straubing als auch ins Böhmische in den Markt Staab, wo der Altmann einsaß.
Staab antwortete, dass Altmann seine Befreiung verlangt hatte und nach Deschenitz nach Hause gegangen war. Staab wolle dem Hauptmann von Bistritz, dem für Deschenitz zuständigen Amtmann, bei Gelegenheit schreiben.
Nun waren dann die Osterferien "eingefallen und er (der Gerichtsbote) also darmit nit fruehzeitiger nit Aufbrechen können" also gings erst wieder am 14. April weiter.
Der Hauptmann von Deschenitz schrieb, dass der Altmann am 22. März, versuchen würde, trotz seiner Unpässlichkeit, in Kötzting zur Confrontation zu erscheinen. 
Ganz nüchtern steht es im Buch, dass er sich aber weeder am selben noch ainem anderen tag derorthen eingefunden, sondern es wäre allein am 2. May ein Brief angekommen in dem stand, dass der Altmann immer noch krank darnieder läge, auch nit mehr wisse ob Pongratz ainen Spiritum gehabt und er den bei ihm gesehen hätte.
Angesicht dieser Faktenlage blieb dem Gericht in Kötzting nichts anderes übrig, als dieses nach Straubing zu berichten und auf ihr Schreiben vom 5. May kam dann am 12. May der Beschluss aus Straubing, Johann Pongratz aus der Haft zu entlassen.
Am Schluss folgte dann die finanzielle Schlussabrechnung  diese Prozesses.
Der Kötztinger Eisenamtmann erhielt:
für das Einsperren am 25. Oktober                                  34 xr  2 h             xr=Kreutzer  h Heller
für das dreimalige Vorführen zur Vernehmung               25  xr  5 h
für die Verköstigung vom 25.10. bis 12.05.         28 fl    34 xr   2 h
Eisengeld                                                                         14 xr
Genaueres über die Situation im Kötztinger Amtshaus und Amtmänner findet sich im Band von 2002 der Reihe Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham, den sogenannten "Gelben Bänden"

Donnerstag, 25. Juli 2013

Ein kühles Kontrastprogramm für den Sommer

Ein kühles Kontrastprogramm für den Sommer

der heutige Eintrag ist den hohen Temperaturen geschuldet, die Winterbilder, vermutlich geschossen vom Kötztinger Lehrer Bock in den 30er Jahren, sind über den Umweg der Kötztinger Schulen in den Besitz des Kötztinger Archives gekommen.

Heute also nur wenig Text und es sollen die Temperaturen für sich selber sprechen:
Sonnenaufgang im Winter am Regen, vermutlich haben die Männer Eisblöcke aus dem Regenfluß geschnitten, die in den Sommerkellern der Kommunbrauer das Bier kühlen halfen.


Partie am Regen



als Kötzting noch keinen Schneepflug hatte und,vor allem, als noch kein Streusalz und Splitt auf die Straßen gestreut wurde

das Kamplmacherhaus ganz verzuckert in der Wintersonne


am Roten Steg

Kampf gegen den Schnee, von Hand, im Markt


hier spürt man förmlich die Kälte

der Marienbrunnen, ganz durch Schnee verzaubert, noch mit dem Ziergitter.
Mit den Bildern kann man vielleicht die heißen Temperaturen ein klein wenig leichter ertragen....
Die Rechte an den Bildern liegen beim Bad Kötztinger Stadtarchiv