Translate

Montag, 2. September 2013

Ein wirklicher Flaschengeist

Der folgende zusammengefasste Prozess lässt sich aus dem Rechnungsbuch des Landgerichts Kötzting vom Jahre 1735 rekonstruieren. Das Buch liegt im Staatsarchiv Landshut.  So lebendig und ausführlich waren damals die heutzutage so nüchternen Rechnungsbücher.


Rückseite des ehemaligen Amtshauses, Aufnahme von ca 1900, Hausname später: beim "Wieser Girgl" dieses Haus am Ende der Schirnstraße, im Keller dieses Gebäudes waren die Keuchen untergebracht, in einer dieser Keuchen saß der unschuldige Johann Pongratz aus Krottenhof von Oktober 1734 bis Mai 1735 Aufnahme von Mathias Heilmeier. Bildrechte beim Landkreis Cham

 Am 23. Oktober 1734 erhielt das Landgericht Kötzting Nachricht aus dem Königreich Böhmen. Von dort schrieben der Bürgermeister und die Räte der Stadt Klattau, sie hätten eine Schatzgräber Bande inhaftiert und von diesen Bandenmitgliedern würde behauptet, dass der "mitverstrickte Michael Altmann zu dem Hansen Pongratz (nicht verwandt oder verschwägert mit dem Schreiber dieser Zeilen, möchte ich schon festhalten.....) uff den Krottenhof gehen"  und "deme underbringen muessen, dass er der Banda den Spiritum (Geist), welcher dem Altmann in ainem gläsernen Fläschl vorgezaigt und würcklich sehen lassen, gegen Bezahlung überlassen solle."
Altmann habe also beim Inmann Johann Pongratz vom Krottenhof einen Flaschengeist gesehen, welchen der Inmann auch verkaufen wollte.
 
Der Rat von Klattau forderte nun von den Kötztingern, um ihren eigenen Prozess vorantreiben zu können, die Untersuchung des Ganzen, sie nennen es die Inquisition, vorzunehmen.

Bereits am 25. Oktober wurde Hans Pongratz, Inmann in Krottenhof  über die von Klattau geforderten Umstände ausführlich befragt und dann gleich verhaftet. In ihrem Antwortschreiben fordern die Kötztinger ihre Kollegen von Klattau auf, sie sollten Ihre verhafteten Bandenmitglieder nochmals ausführlich befragen, denn der inhaftierte Pongratz würde: "einen Spiritum zu haben fortissime negieren"
Anfang Dezember kam dann die Antwort aus Klattau, Taus und dem Markt Staab - auf diese Gerichtsorte waren die verhafteten Bandenmitglieder verteilt worden - die diese weiter verhört hatten: Die Abschriften der Verhöre von Ignaz Präserl, Jakob Pohlgust, Jacob Mayr, Mathes Kopf, Niclas Haupeckh, Jakob Brosch, Michael Altmann und Christoph Pfeffer belasteten den in Kötzting inhaftierten Hans Pongratz schwer. Für den Botengang dieses Schriftwechsels erhielt der Landgerichtsbote 36 Kreutzer. 

NB:   All das bis hier Geschriebene diente damals ausschließlich als Beleg dafür, dass dem Boten die 36 Kreutzer bezahlt worden sind. Zwei Seiten kleingeschriebener Text nur um die Ausgabe zu rechtfertigen. 36 Kreutzer könnte man grob auf 50 Euro umrechnen.

Die in Böhmen inhaftierten Gefangenen - es ist zu vermuten, dass diese für ihre Aussagen auch gefoltert worden waren - sagten aus, dass der Pongratz "zway mal zu dem Gerl in St. Catharina, bey deme die Banda öfter zusambenkonffte gehalten, gangen, und mit deren weegen das Spiritus in Handlung getretten, iedoch weillen weder der Geistliche von Regenspurg als welche gemelt Banda Erinderung nach den Geist zu Ausfiehrung ihres Vorhabens unendtpöhrlich benöttiget, gegenwerttig noch auch die 100 Dukaten gelt, so Pongratz hievor verlangt, bei handten gewest bedeutten Spiritum nit von sich geben. Under dem vorwandt dass er ohne gelt selben nit anlassen können und ausser des Geistlichen mit deme ohne das nichts auszurichten, weillen sye alle von dem Teufel nit sicher wären."
Die Konstruktion ist interessant, Pongratz könne, so sagen die böhmischen Angeklagten, ohne Anwesenheit eines Geistlichen den Geist nicht aus der Flasche lassen, weil sie sonst vor dem Teufel nicht sichern wären und ohne Geld ginge schon gar nichts.


Dieses Schreiben ist am 22. Dezember eingetroffen aber die Gerichtsherrn konnten erst im Januar weitermachen, es waren ja die Christferien, interessant, dass auch vor 300 Jahren die "Beamten" Weihnachtsferien hatten und zwar gings ausdrücklich wegen der Christferien erst wieder am 5. Januar weiter. Also dauerten diese Ferien damals wie heute auch zwei Wochen.
das Amtshaus, wie es wohl zur Zeit des Johann Pongratz ausgesehen hat
Im  Text heißt es nun  dass der Johann Pongratz "guet und zugleich ernst" ausgefragt worden war, er habe aber alles geleugnet, es wäre nichts an der Sache, der ganze Vorgang wäre nur eine "lautter Fopperey oder Gespäß" gewesen. Und er widerspricht damit auch der zweiten wiederholten Aussage des Altmanns, welcher seine erste bestätigte, nämlich, dass er zweimal den Geist beim Pongratz gesehen habe.
Wieder ging eine Schreiben nach Klattau, diesmal durch den Warzenrieder Amtmann Oswald Zadler, der die Amtspost bei Gelegenheit nach Klattau mitnahm. Kötzting wollte nun Details wissen, wo er den Flaschengeist genau gesehen habe und vor allem wie er ausgesehen habe. Und, wollten sie weiter wissen, ob nicht der "alte Pongratz" von Atzlern, der Vater des Johann, (Hoppala, jetzt wirds wohl doch verwandtschaftlich, meine Pongratzvorfahren stammen aus Atzlern ab) "hirumb ebenfalls wissen getragen", dieser Mann war durch die letzten Verhöre ebenfalls "zimblich graviert worden.", also belastet worden.


Plan der Keuchen unterhalb des Kötztinger Amtshauses
Inzwischen waren in Tauss auch die beiden Gebrüder Gerl aus St. Catharina verhaftet worden, da sich die Bande wohl zumeist bei diesen getroffen hatte. Die Schreiben aus Böhmen vom 26. Februar 1735 brachten aber keine Neuigkeiten und so übergab das Landrichter von Kötzting den Vorgang am 6. März an die Regierung in Straubing und diese antwortete bereits am 10. desselben Monats. 
Hans Pongratz solle noch einmal ernstlich, aber gütlich, (das heißt also ohne ihn zu foltern) zu examinieren und das Ergebnis wiederum nach Straubing zu berichten. Den alten Pongratz sollten sie noch zurückhalten. Johann Pongratz blieb hartnäckig bei seinen Aussagen und dieser Bericht ging nun sowohl nach Straubing als auch ins Böhmische in den Markt Staab, wo der Altmann einsaß.
Staab antwortete, dass Altmann seine Befreiung verlangt hatte und nach Deschenitz nach Hause gegangen war. Staab wolle dem Hauptmann von Bistritz, dem für Deschenitz zuständigen Amtmann, bei Gelegenheit schreiben.
Nun waren dann die Osterferien "eingefallen und er (der Gerichtsbote) also darmit nit fruehzeitiger nit Aufbrechen können" also gings erst wieder am 14. April weiter.
Der Hauptmann von Deschenitz schrieb, dass der Altmann am 22. März, versuchen würde, trotz seiner Unpässlichkeit, in Kötzting zur Confrontation zu erscheinen. 
Ganz nüchtern steht es im Buch, dass er sich aber weeder am selben noch ainem anderen tag derorthen eingefunden, sondern es wäre allein am 2. May ein Brief angekommen in dem stand, dass der Altmann immer noch krank darnieder läge, auch nit mehr wisse ob Pongratz ainen Spiritum gehabt und er den bei ihm gesehen hätte.
Angesicht dieser Faktenlage blieb dem Gericht in Kötzting nichts anderes übrig, als dieses nach Straubing zu berichten und auf ihr Schreiben vom 5. May kam dann am 12. May der Beschluss aus Straubing, Johann Pongratz aus der Haft zu entlassen.
Am Schluss folgte dann die finanzielle Schlussabrechnung  diese Prozesses.
Der Kötztinger Eisenamtmann erhielt:
für das Einsperren am 25. Oktober                                  34 xr  2 h             xr=Kreutzer  h Heller
für das dreimalige Vorführen zur Vernehmung               25  xr  5 h
für die Verköstigung vom 25.10. bis 12.05.         28 fl    34 xr   2 h
Eisengeld                                                                         14 xr
Genaueres über die Situation im Kötztinger Amtshaus und Amtmänner findet sich im Band von 2002 der Reihe Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham, den sogenannten "Gelben Bänden"

Donnerstag, 25. Juli 2013

Ein kühles Kontrastprogramm für den Sommer

Ein kühles Kontrastprogramm für den Sommer

der heutige Eintrag ist den hohen Temperaturen geschuldet, die Winterbilder, vermutlich geschossen vom Kötztinger Lehrer Bock in den 30er Jahren, sind über den Umweg der Kötztinger Schulen in den Besitz des Kötztinger Archives gekommen.

Heute also nur wenig Text und es sollen die Temperaturen für sich selber sprechen:
Sonnenaufgang im Winter am Regen, vermutlich haben die Männer Eisblöcke aus dem Regenfluß geschnitten, die in den Sommerkellern der Kommunbrauer das Bier kühlen halfen.


Partie am Regen



als Kötzting noch keinen Schneepflug hatte und,vor allem, als noch kein Streusalz und Splitt auf die Straßen gestreut wurde

das Kamplmacherhaus ganz verzuckert in der Wintersonne


am Roten Steg

Kampf gegen den Schnee, von Hand, im Markt


hier spürt man förmlich die Kälte

der Marienbrunnen, ganz durch Schnee verzaubert, noch mit dem Ziergitter.
Mit den Bildern kann man vielleicht die heißen Temperaturen ein klein wenig leichter ertragen....
Die Rechte an den Bildern liegen beim Bad Kötztinger Stadtarchiv

Montag, 8. Juli 2013

ein historisches Wirtshaus und eine Badstube in Gutendorf

Staatsarchiv Landshut Regierung Straubing A 4168
Bei der Zusammenstellung und Suche nach den Ahnen Bob Vogels ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht, im Gegenteil im Staatsarchiv Landshut liegt ein interessanter Akt, der direkt an die bis dahin erforschten Spitzenahnen der Vogls in Gutendorf anschließt.
Oswald Hauzenberger, der Inhaber der Hofmark Arnbruck, setzt 1620  einen Prozess gegen die Vogls in Gutendorf fort, der seinen Anfang offensichtlich bereits einen Vorläufer im Jahre 1493 hat und der erst nach 1672 zu einem Ende führte.
Gutendorf im Zellertal, hart an der Grenze zum Landgericht Viechtach und dort direkt an den  Hofmarken Arnbruck und Thalersdorf gelegen, gehörte nach dem historischen Atlas von Bayern zur Obmannschaft Traidersdorf und bestand 1752 aus 5 Anwesen, von denen 4 Höfe, unter anderem auch der ganze Bauernhof der Vogls, zum Kloster Rott gehörten. Das Hüthaus gehörte der Gmein und der 5. Hof, ein halber Bauernhof, gehörte zur Hofmark Heitzelsberg.
Situation an der Grenze zwischen dem  LG Kötzting und Viechtach

Im ältesten Urbarium des Herzogs von Niederbayern, entstanden wohl zwischen 1231 und 1237 (veröffentlicht in den Monumenta Boica 36/1 Seite 443 ) sind in Gutendorf 3 Höfe beurkundet, in Traidersdorf übrigens auch schon 5 Stück. Im vierten Urbarium (MB 36/2) entstanden 1356 sind dann sogar die Besitzer aufgeführt: Gutendorf I. curiam Ch. Schaerfel I curiam. Goppoldus et Albertus I. curiam
Eine Curia ist ein ganzer Bauernhof, das bedeutet, dass die 3 ganzen Bauernhöfe des Jahres 1752, also auch der Vogl Bauernhof, nachweislich bereits zu Anfang des 12. Jahrhunderts genau nachgewiesen werden können und dass alle drei Höfe auch besetzt sind.
 
Gwaltbrief des Oswald Hauzenberger von Arnbruck von 1595. Diese Vollmacht braucht er, weil Oswald Hauzenberger krank ist und zu schwach um an dem Prozess teilzunehmen. Er wirft dem Beklagten Hans Vogl von Gutendorf vor Tanzveranstaltungen durchzuführen und  "Failbäder" zu ermöglichen



































Den Prozess, den Oswald Hauzenberger 1620 begann - er ist übrigens 1610 bis 1633 als Arnbrucker Hofmarksrichter belegt - geht direkt gegen die Familie Vogl in Gutendorf, indirekt aber auch gegen das Kloster Rott und persönlich gegen den Kötztinger Pfarrer.
Das Amt des Amtmannes in der Hofmark Arnbruck ist übrigens mindestens seit dem Jahre 1528 und auch sicherlich bis zum Jahre 1683 in den Händen der Familie Hauzenberger, zumeist auch in Personalunion mit dem Amt des Hofmarksrichters. Mit dem Amtshof in Arnbruck war auch eine Taverne verbunden und ebenfalls in der Hofmark Thalersdorf war eine Wirtschaft beurkundet und dort lag nun das Problem.

Oswald Hauzenberger gesteht dem Hans Vogl aus Gutendorf zu, dass dieser bei seinem Bauerngut  sich des Zapfenschenkens gebrauchen würde, das  würde er auch nicht abstreiten, nun aber würde der Vogl  seit ein paar Jahren eine öffentliche Wirtschaft betreiben, Hochzeiten und Heiratstage feiern lassen, Leikauf und Kindsmal vornehmen, Tanzveranstanltungen und " reverendo  gemaines Padt"
durchführen, wodurch er nicht wenige Leute an sich gezogen habe.
Hauzenberger ist sich sicher, dass Vogl seine Rechte nicht durch eine Urkunde nachweisen könne, da bereits im Jahre 1493, und diesen Bescheid legte er in Abschrift bei, eine Taverne in Gutendorf wegen unrechtmäßiger Ausübung geschlossen worden war und dieses illegale Wirtshaus in Gutendorf wäre damals nicht einmal auf dem jetzigen Hof des Vogls gewesen sondern der damalige Betreiber Pfeffer wäre auf einem ganz anderen der drei Bauernhöfe in Gutendorf gesessen.

Hauzenberger wendet sich aber in dieser Angelegenheit zuerst nun an die Regierung in Straubing und diese will nun vom Kloster Rott, als dem Grundherren der Gutendorfer Bauern genaueres wissen. Abt Marinus beantwortet 1596 dann die Aufforderung der Regierung, er würde alle Stiftregister und Akten durchsuchen lassen, die ihm erst kürzlich bei seiner Amtseinführung vom Kötztinger Pfleger Romanus von Hochholtingen, der gleichzeitig auch Rottischer Probstrichter war, übergeben worden waren.


Zwischenzeitlich war der Streit über das Wirtshaus wohl eingeschlafen, vermutlich  weil Johann Vogl inzwischen gestorben war, aber wenige Jahre später machte der Sohn Georg Vogl weiter und wieder beschreitet Oswald Hauzenberger  den Klageweg. Diesmal, am 17. März 1620 klagt er aber sogar zusammen mit seinem Wirt auf der Taverne in Arnbruck Hans Dietlmeier. Der Kötztinger Richter heißt nun Mathias Rosenhammer und wir stehen am Anfang das 30 jährigen Krieges.
Wieder legt er den herzoglichen Endbescheid von 1493 bei, in dem die Pfeffersche Taferne geschlossen werden soll und der neben den Wirtshäusern in Kötzting nur die Tavernen in Thenried und Blaibach als historisch mit Urkunden belegbar dokumentiert.


Nun kommt es zur Verhandlung vor dem Landgericht in Kötzting, schön dokumentiert in Rede und Gegenrede:
Extract aus dem Pfleggerichts Protokoll Khözting de Anno 1621            Clag: Hans Dietlmayr uf der Wöhr anstatt Oswaldten Hauzenperger clagt Georgen Vogl zue Guettendorff wegen aufgerichter Neuer Tafern, so seinem Vattern seel: vermög Frstl: Recess abgeschafft worden.

Vogl verteidigte sich damit, dass er das Wirtshaus bereits 60-70 Jahre belegen könne und dasss Tänze Hoch- und Mahlzeiten immer schon abgehalten worden waren. bereits sein Vater hätte es vor 20 Jahren beleben können, als aber damals der Gerichtstermin gewesen war, wäre er bereits zu schwach gewesen und sei kurz danach auch gestorben. Er als ein Junger habe das Ganze dann auch noch ruhen lassen, aber vor kurzen sei er vom Gericht aufgefordert worden sein Wirtshaus wiederum auszurichten.

In der Gegenrede möchte ihm der Kläger weder Failbad, noch Hochzeiten und Tänze zugestehen, der Beklagte hofft aber in seinem Schlusswort, das Gericht möge ihm die uralte Gerechtigkeit nicht wegnehmen.
Das Gericht beschließt, Georg Vogl solle seine Rechte beweisen


Wie so häufig in den alten Akten mit Kettenprozessen, die in ein und derselben Angelegenheit über viele Jahrzenhnte, ja Jahrhunderte liefen, sind in den Prozessakten aus dieser Zeit große Sprünge, nun geht es sogar in eine dritte Runde, diesmal mit dem Enkel bzw. Urenkel des Hans Vogl als beschuldigtem Wirtshaus und Badbetreiber.

Paulus Vogl, der Nachkomme verteidigt sich 1672 gegen den Vorwurf er hätte in seinem Wirtshaus eine Tanzveranstaltung durchgeführt. Er berichtet es wäre nur eine Kirchweihveranstaltung gewesen und seine eigenen 9 Kinder und seine Gevatterleut wären mit einigen Bekannten dagewesen auch wenn zugegebenermaßen dann wohl noch einige Leute noch dazugekommen wären. Er habe aber die Genehmigung dazu gehabt in seiner Stube, nicht aber im offenen Tanzhaus, tanzen zu lassen. Ausser Brot und Bier habe er nichts ausgegeben. Es sei aber "einem Jeden erlaubt in seinem Haus Spielleuthe zu halten". Er verstehe eh nicht wie er an dem "wülden Ort, abseits aller Landstrassen" sich mit dem blossen "Bierzäpfeln" ernähren sollte.

Hier setzen sich wohl endgültig die Arnbrucker Hofmarksverwalter durch, denn in den nächsten Grundbeschreibungen ist keine Rede mehr von einer Wirtstaverne und einer Badstube in Gutendorf.
Mit diesen zwei bzw. drei zusätzlichen Generationen können die Vogl-Nachkommen in Kötzting, Traidersdorf und Gutendorf ebenso wie die Nachfahren der in die USA ausgewanderten Voglfamilien ihre Abstammung zumindest bis ca. 1530-1540 belegen. Also auch der im letzten Blog beschriebene Bob Vogel, der ehemalige Sheriff, kommt mit seinen Vorfahren zeitlich nahe an die Entdeckung Amerikas heran. Vielleicht gibt es in den alten Salbüchern des Klosters Rott, die im Hauptstaatsarchiv in München lagern, sogar noch eine Möglichkeit dort noch einmal nachzuhaken, aber das muss warten bis zum Winter.... 


Von Franz Vogl vom Gasthof Unterschaffer kommt ein Hinweis für den ich sehr dankbar bin:
Der zusammen mit Hauzenberger klagende Wirt war nicht der aus Arnbruck sondern der Wirt aus Thalersdorf und es ist aus dem historischen "uf der Wöhr" als Ortsbezeichnung heutzutage immer noch der kurze Ausdruck "Wirt" für Thalersdorf in Gebrauch. Vielen Dank für die Rückmeldung


Donnerstag, 6. Juni 2013

Der Sheriff von Traidersdorf

 meine Internetpräsenz als Familien- und Heimatforscher - sicherlich geboostet durch die neue Tätigkeit im Stadtarchiv in Bad Kötzting -  bringt über die Jahre viele interessante und durchaus auch persönlich bewegende Kontakte zustande.
So erlebten wir in der letzten Woche den Besuch des Sohnes eines ehemaligen französischen Kriegsgefangenen Jaques Valentin bei uns in Kötzting, der seine Kontakte zur Familie Costa auffrischte.

Sheriff Bob Vogel stammt aus Traidersdorf
Vor zwei Monaten kam aus den USA eine Anfrage an mich, weitergeleitet durch Herrn Bullemer, dem Chamer Stadtarchivar. Robert Vogel aus Florida war auf der Suche nach seinen Vorfahren, die ca. um 1880 aus dem bayerischen Wald nach den USA ausgewandert waren.
Das war alles, was er wusste:
Joseph Vogel B-abt 1827 & Franziska (Koepkan) Vogel B-abt 1829 und dass sie wohl aus dem Raum Kötzting stammten.


Franziska Köppl , geboren 1829 aus Grub









Diese Hochzeit konnte ich sehr schnell finden und auch die Schreibweise der Mutter entziffern, es war eine geborene Köppl aus Grub. Auch der Mädchenname der Brautmutter war für die Amerikaner ein Buch mit sieben Siegeln, sie lasen: "MacKenttiales". Diese stellte sich als eine geborene "Muggenthaler" aus Altrandsberg heraus.







Joseph Vogl hatte 8 Kinder mit seiner Frau, das heißt, die ersten fünf Kinder lang waren sie noch gar nicht verheiratet, 1863 heirateten sie dann und hatten später noch 3 Kinder.
Anna Maria         19.8.1850 
Franziska Vogl * 1871 als junge Frau  in den USA

Joseph               27.9.1852
Franz                07.07.1855
Wolfgang          12.08.1857
Michael            30.03.1860  Vorfahr von Bob Vogel

08.09.1864 Wolfgang
11.08.1867 Johann
07.06.1871 Franziska   Vorfahrin von Beverly Lytle


 
Der junge Joseph Vogl mit seiner Frau und seinen eigenen kleinen Kindern zusammen mit den Eltern und Geschwistern , - auf der Liste die Nummern 4 und 5 - also drei Generationen Vogl wanderten  um 1880 via Bremen aus und diese Einwanderungsliste war der Start für Bob Vogels Familienforschung.
Joseph Vogl  (4) starb auf der Überfahrt und wurde auf der See bestattet.
1880: Teile der shipping-list von Bremen nach Baltimore, USA
Der Anfang des Kontaktes war gemacht und so kam dann ein Steinchen zum anderen und auch der menschliche Kontakt wurde ausgeweitet. Bob schrieb dann in einem der weiteren Mails, ich könne mal im Internet nach dem "Sheriff Bob Vogel" googeln, da stünde eine Menge von ihm drin.

 Nun begann die Familienforschung, sich nach vielen Richtungen hin zu entwickeln:

1. die genaue Abstammung Joseph Vogls herauszufinden
2. wo wohnen die möglichen Nachkommen, die ja in Traidersdorf geblieben waren
3. wie haben sie die Auswanderer entwickelt
4. wer ist Bob Vogel 


Das einfachere Aufgabe dabei war, die Abstammung Joseph Vogls herauszufinden, die Daten dazu hatte ich weitgehend im Computer und so kamen dann in kurzer Zeit noch ein paar Generationen Vogl zusammen.
Der älteste bis jetzt belegte Vorfahr Bob Vogels ist ein Paulus Vogl aus Gutendorf, geboren ca. um 1615, der vor 1642 geheiratet hatte, weil in diesem Jahr sein Sohn Andreas geboren wurde. Dieser Andreas heiratete dann 1665 in den Bauernhof der Familie Hauptmann in Traidersdorf hinein. 
Es schlossen sich mehrere Generationen Vogl an, hier dargestellt durch ihre Hochzeitsdaten
Also:
vor 1642  Vogl Paulus 00 Margaretha von Gutendorf
1665 Vogl Ander aus Gutendorf 00 Hauptmann Walburga von Traidersdorf
1703 Vogl Johann Traidersdorf  00 Enkofer Maria vom Beilnhof/Wettzell
1743 Vogl Johann Traidersdorf  00 Mühlbauer Maria aus Plachendorf
1777 Vogl Johann Georg Traidersdorf  00 Bauer Walburga (Maria) aus Rappendorf
dieser Vogl Johann Georg starb und seine Witwe heiratete Mühlbauer Josef aus Kieslau, welcher den Hof selber wieder 1814 an seinen Stiefsohn Josef Vogl übergab.

1814 Vogl Josef Traidersdorf 00 Pachl Maria
Bis hierher haben die Kötztinger, die Traidersdorfer und die Vogl-Abkömmlinge in den USA die gleichen Vorfahren. Mit deren Kindern jedoch spalten sich hier nun die Linien auf:

 1853 Vogl Franz  00 Mühlbauer Franziska ....I I....1863 Vogl Josef Arndorf 00 Köppl Franziska Grub
                   bleibt  auf dem Hof  und                      emigriert mit Kindern und Enkeln in die USA
 eines seiner Kinder zieht nach Kötzting:
 1905 Vogl Michael Traidersdorf 00 Schötz Franziska von Thalersdorf
Im Jahre 1904 bewirbt sich Michael Vogl aus Traidersdorf - Sohn des Franz und der Franziska - um eine Konzession beim Magistrat, um die neuerbaute Kollmaiersche Bahnhofsrestauration betreiben zu dürfen.
"... Vogl, letztere geb. Mühlbauer von Traidersdorf, Vater verstorben, Mutter lebt in Traidersdorf
Lt. Unterschrift
Michael Vogl"

Hier führt die Linie nun nach Kötzting, später weiter zum bekannten zum Vogl Max in der Bahnhofstraße und den nun bereits nachfolgenden 3 Generationen, die in der Stadt Kötzting wohnen.



Liquidationsprotokoll vom Vermessungsamt Cham





Doch zuerst zurück zu Vogl Josef in Traidersdorf:
Die Hofübergabe 1814 erfolgte anlässlich der Verheiratung des Vogl Josef mit Pachl Anna Maria aus Gutendorf  im selben Jahr.
erste Seite des Liquidationsprotokolls




Dieses Liquidationsprotokoll, entstanden ca. um 1830, hat Joseph Vogl dann noch eigenhändig unterschrieben, es stammt aus den Büchern des Vermessungsamtes Cham.
Es ist übrigens der Hof im Plan mit der Nummer 17, der
Peteranderlhof nun Graupperthof genannt, seit ca. 1899 im Besitz der Familie Mühlbauer.
Ein Hof, der Ende des 19. Jahrhunderts leicht oberhalb des alten Bauplatzes neu errichtet worden war und dann 1904 von der Familie Mühlbauer fertig und vollständig erbaut worden ist.


Ausschnitt aus einem Plan des Vermessungsamtes Cham,
der Grauppertshof Pfingsten 2013

1912 die Bauersfamilie Mühlbauer vor ihrem Anwesen














 Die Voglangehörigen, die in Traidersdorf geblieben waren, saßen zuerst auf dem Hof (17), und bauten, wie oben erwähnt, einen neuen Bauernhof etwas weiter oben am Hang. Finanzielle Gründe veranlassten sie jedoch, den Haupthof zu veräußern und weiter oben am Waldrand, auf eigenem Grund, ein neues, kleineres, Bauernhaus zu errichten.  Auf diesem Hof habe ich nun Anfang Mai Mitglieder der Familie Vogl besucht, die sogar im Treppenhaus Bilder aufbewahrten, die von einem Besuch der "Amerikaner" Anfang des 20. Jahrhunderts zeugten.
der "neue" Hof der Vogls in Traidersdorf entstanden ca. um die Jahrhundertwende
Die Bilder der Traidersdorfer Familie Vogl, sofort nach den USA versandt, veranlassten die Cousine Bob Vogls Frau Beverly Lytle zu der Aussage: "Ich weiß zwar nicht welche Vogls es sind, aber sie haben eindeutig unsere Vogl-Nase".


Schaut man in den Stammbaum Bob Vogels in in seine Verzweigungen genauer hinein,  die verschiedenen Vogl-Vorfahren hatten schließlich alle Ehefrauen und diese natürlich wieder eigene Abstammungslinien, gibt es ein noch ein paar Kleinigkeiten, die diese Linie  auch für Kötztinger selber interessant machen.
Eine dieser Abstammungszweige führt direkt in den Markt herein, beim "Vogl Beck"  in der Metzstraße war früher ein Hufschmied beheimatet. Anfang des 18. Jahrhundertds war dies eine Familie Prandtl und ein Teil der Ahnenliste von Bob Vogel
Möglicherweise hängt diese Hufschmiedsfamilie mit der Familie der Kötztinger Waffenschmiede Prandtl zusammen, die ca. eine Generation vorher auf dem Waffenhammer, nun Hammermühle in der Auwiese, als Vorbesitzer vor den Auzingern gesessen waren.

Eine andere Linie führt zur Familie Kauer und zum Wirtshaus von Kammern - auch hier sprechen wir vom 18. Jahrhundert - und hier gibt es nun eine Besonderheit. Der jeweilige Wirt von Kammern - diese Prozesse um das Wegerecht gingen über Generationen und  wurden tatsächlich über Jahrhunderte immer wieder aufgewärmt - prozessierte wieder mal Ende des 17. Jahrhunderts mit dem Stockmüller um sein Weide und Wegerecht und lies zu diesem Zwecke eine kolorierte Landkarte malen. In dieser Karte nun steht zentral das Wirtshaus in Kammern, leicht zu erkennen an dem heraushängenden Wirtshausschild. Dieser Plan entstammt dem Akt Regierung Straubing A 6503 beim Staatsarchiv Landshut und ist aus dem Jahr 1654, allerdings hieß der damalige Kamminger Wirt nicht Kauer sondern Stephan Crammer. Dies ist somit ein Bild des Hauses, aus dem später die Familie Kauer saß.

 
Doch nun zu den Auswanderern selber: hier die Chartdarstellung der Vorfahren Beverly Lytles





Beverly Lytle schickte mir ein paar Bilder, die die Folgegenerationen in den USA in Ihrem Zweig 
darstellte. Sie stammt aus der Linie der kleinen Franziska Vogl, die in den USA August Hofer geheiratet hatte und dann eine große Familie gründete.
die Familie Hofer mit der stattlichen Franziska Vogl, die einleitend als junge Frau in der kolorierten Aufnahme dargestellt ist., hier als  Mutter, das kleine Mädchen, ebenfalls Franziska genannt und heute (Juni-2013 noch rüstig mit 101 Jahren am Leben) ist die ältere Dame auf dem folgenden Bild, das dann weitere 5 Generationen von Vogelabkömmlingen zusammenfasst.
  


 Franny, geborene Hofer, zentral in der Mitte feiert in diesem Juni ihren 101. Geburtstag und ist die Tochter der Franziska Vogel, geboren 1871, die 1880 in die USA ausgewandert ist. Beverly Lytle ist rechts, mit ihrem Enkel.
Es gibt auch noch ein Bild, dass die früheren Vogls zeigt:
Bild von 1920, die beiden Franziskas ganz links und Michael und Wolfgang Vogl (geboren 1857) rechts, Michael (geboren 1860) Michael, also der zweite von rechts ist Bob Vogels Urgroßvater.

Zurück zu der Auswandergeneration und zu Bob Vogel:   

Joseph Vogl und seine Frau, Kinder und Enkel, zuerst angesiedelt in Pittsburgh hatten, wie die obigen Bilder, die nur einen kleinen Ausschnitt der Familie zeigen, eine große Anzahl an  Nachkommen in den Vereinigten Staaten. Bob Vogel hat diese in seiner Online Datenbank aufgeschlüsselt.
Er selber war zuerst im US Marine Corps, davon 13 Monate in Vietnam,  und ließ sich später mit seiner Frau und seiner Tochter in Florida nieder.

Am 11. August 1991 schrieb Charles Fishman über ihn im Orlando Sentinel unter der Überschrift:

Sheriff Bob Vogel
A FEW MOMENTS WITH . . .
He's The Mayor Of I-95, And A Terror To Drug Smugglers
(Er ist der Chef der Interstate I-95 und der Schrecken der Drogenschmuggler)

Zuerst als einfacher Polizist tätig, fand er Gefallen an dem Amt und bewarb sich dann 1988  um das Amt des Sheriffs im Velusia County, FL. Das Amt des Sheriffs in den USA ist ein wählbares Amt, das heißt, der Bewerber muss sich bewerben, einen Wahlkampf selbstständig organisieren und durchführen und wird dann von den Wahlbürgern eben gewählt, im Amt bestätigt oder abgelehnt bzw. abgewählt. Bob meinte in dem Interview, Wahlkampf mache Spass und er hätte die passende Ehefrau dafür, einen richtigen Wahlkampf zu organisieren.
Nachdem er gewonnen hatte, organisierte er seine Abteilung neu und gründete eine spezielle Drogen Suchtruppe für die Interstate I 95. Er selber stellte die Kriterien auf, nach denen diese Mannschaft die Autofahrer herausfiltern sollte. Diese Filtermethoden brachten ihm mehrere Prozesse von Menschenrechtsorganisationen und Untersuchungen von Seiten des Justizministeriums ein.  


 Überregional umstritten, war er aber vor Ort durch seine Erfolge so angesehen, dass er zwei mal wiedergewählt wurde.
Er entwickelte seine eigenes "Profiling" und brachte so, laut der Überschrift im Klappentext seiner Biographie: "Mehr als 1 Milliarde an Drogendollars in nur drei Jahren runter von der Straße."
Sein Filter hieß:
Auffällig sind in der Kombination:
1. junge Männer, die zu zweit in Autos mit New Yorker Zulassung fuhren.
 2.die auch noch langsamer fuhren als der um sie herum fließende Verkehr.
 3.die große Fahrzeuge fuhren, aber keine aktuellen Modelle.
 Er benutzte einen Suchscheinwerfer, der an der Straßenseite montiert war, fischte sich seine Kandidaten heraus und stoppte diese. Oft fand er keine Drogen aber große Mengen an Bargeld, die er für den Staat konfiszierte im Vertrauen darauf, dass die Verbrecher nicht vor Gericht gehen würden....und er behielt zumeist Recht.
Bob Vogel und seine Untergebenen erhielten viele Auszeichnungen, und man hätte erwarten können, dass die Folge eine dankbare Aufnahme durch die Medien, den Staat Florida und das Washingtoner Justizministerium hätten sein sollten.
Das Gegenteil aber war der Fall, trotz der Freisprüche erster Klasse durch zwei separate FBI Untersuchungen, eines Untersuchungsausschusses und weiterer Freisprüche, als ein Richter eine Anklage wegen Mangels an Beweisen erst gar nicht zuließ, vergeudeten zwei Abteilungen im US Justizministeriums mehr als zwei Jahre und Millionen von Steuergeldern, um Sheriff Bob Vogel und seinem Büro nachzuspüren.
Bob Vogel und seine Frau Anfang Juni-2013 in Nordfrankreich
Dieses Buch ist Bob Vogels Geschichte seines persönlichen Alptraumkampfes gegen Mächte, gegen die er sich nie hätte vorstellen konnte, einmal kämpfen zu müssen.
Anyway, wie die Amerikaner sagen, er wurde mehrfach von seiner Bevölkerung wiedergewählt, hat all diese Prozesse gewonnen und ist nun als pensionierter Sheriff in Veluria County damit beschäftigt 
amerikanische und viktorianische Möbel zu sammeln, seine Familiengeschichte zusammenzustellen und große Reisen zu unternehmen,  gerade - Ende Mai/Anfang Juni 2013 ist er in Irland und Schottland und in der Normandie unterwegs und ich bin mir sicher, dass wir ihn demnächst einmal in Bad Kötzting begrüßen dürfen.
Sein Buch "Fighting to win" hat er mir übrigens schon vor 4 Wochen geschickt und dieses ist bereits im Kötztinger Stadtarchiv eingelagert als das Buch des

Sheriffs von Traidersdorf

  




,  

Mittwoch, 1. Mai 2013

Was lange währt......wird noch viel besser

 Ein alter Pfingstfilm, ein historisches Portrait  und eine sehr "alte" Pfingstbraut

Sowohl bei unserem Jubiläumsjahr 2010  "925 Jahre seit der Gründung Kötztings" als auch im Zusammenhang mit den Feiern zu "600 Jahre Pfingstritt" waren die öffentlichen Filmvorführungen überraschend gut besucht. Bereits 2010 gaben mir Herrn Dr. Casaretto und unser Kurdirektor Sepp Barth den Hinweis auf einen Film "aus den Dreissigern", der im Besitz des historischen Vereins von Straubing sein sollte.
Mehr war zuerst nicht herauszubekommen und persönliche Bemühungen der Beiden hatten bei den Verantwortlichen dieses Vereins zu keiner Reaktion geführt.
Mir ging es dann aber auch nicht besser als ich versuchte diesen Film einzusehen und nach Möglichkeit eine Kopie für eine Vorführung beim Pfingstrittjubiläum zu erreichen.
Alle versuchten Kontaktaufnahmen liefen in die Leere und auch das zweite Jubiläumsjahr verstrich, aber die alten, bereits bekannten, Filme waren ja auch ganz schön anzuschauen.
Ein Zufallstreffen in diesem Frühjahr beim bayerischen Archivtag in Schwandorf brachte nun den Durchbruch und, sozusagen als Beifang, für uns Kötztinger sogar noch viel mehr zu Tage.
Im Gespräch mit Herrn Dr. Maier vom Gäubodenmuseum, der nun der entscheidende Kontaktmann für das Depotmaterial des historischen Vereins sein wird, erwähnte er beiläufig den Namen "WINDORFER". In einer Schenkung an das Gäubodenmuseum Straubing befänden sich auch Ölgemälde und Photographien, die auf eine Kötztinger Familie hinwiesen.

Doch zuerst zu dem Film:
Es handelt sich dabei, laut schriftlicher Information des  Gäubodenmuseums in Straubing um einen Stummfilm mit dem Arbeitstitel:
screenshot des Kötzting Pfingstfilms,  möglicherweise Zitzelsberger (?)











Der Bayrische Wald, 1933 (gedreht 1932 und 1933) von Johann Leopold Urban. Die Aufführungsrechte liegen beim Historischen Verein von Straubing. Dieser Film besteht aus drei Teilen und ist vermutlich nie zur Aufführung gelangt. Informationen über den Film, Autor und Filmstudio finden sich auch in Veröffentlichungen u.a. in den den Arbeiten von Ulrich Lehner in den Jahresberichten des Historischen Vereins, insbesondere im Jahresband 96 von  1994 "Die „BAVARIA-FILM-STRAUBING“ bzw. Johann Leopold Urban - ein Straubinger Filmemacher.
In diesem Film von fast einer Stunde Spielzeit werden im mittleren Teil auch alte Bräuche wie eben der Kötztinger Pfingstritt, das Tragen der Kerze auf den Bogenberg und das Eglmari-Ssuchen gezeigt.
Die Sequenz über den Pfingstritt ist sehr kurz, vielleicht eine gute Minute, und zeigt den Ritt im Bereich des Kamplmacherhäusls beim Ausritt und im Bereich an der Abzweigung zur Marktmühle beim Einritt.







vielleicht kann der Kooperator erkannt werden, um einen Rückschluss auf das genaue Filmdatum zu machen


ein markantes Gesicht beim Ausritt


 
beim Einritt - beim Ellmann neben der Marktmühle



Der Film soll, nach Rücksprache mit dem Rechteinhaber, dem Gäubodenmuseum in Straubing, bei einer der monatlichen Treffen des Bayerischen Waldvereins, vermutlich im Winter 2014, gezeigt werden.

Nun zu den Bildern:
Der Kötztinger Kaufmann und Witwer Joseph Windorfer, Sohn des Wundarztes Johann Georg Windorfer (der Wundarzt Windorfer arbeitete im Haus Kellner in der Herrenstraße) heiratete am 1.1.1818 in zweiter Ehe seine Braut Anna Witzelsberger, eine Tochter des Fischers und Händlers Franz Xaver Witzelsberger aus Straubing und seiner Frau Anna Maria, einer geborenen Beer. Beide Väter fungierten als Trauzeugen. (TM Kötzting Fiche 413 Seite 137)
Frau Anna Windorfer, nun eine Kötztinger Bürgersfrau, ließ sich wohl in den Jahren nach 1850 portraitieren und so haben wir hier das älteste mir bekannte Exemplar eines Bildes einer Privatperson.
Schon 10 Jahre vorher hatte sich Josef Windorfer mit Franziska Magerer verheiratet, der Tochter des Marktschreibers Cajetan Magerer. Mit dieser Ehe hatte er sich auch in den Besitz eines der stattlichsten Anwesen in Kötzting gebracht, dem Haus mit der Plannummer 43, dem heutigen Voithenleitneranwesen oberhalb des alten Rathauses. Mit diesem Besitzübergang schließt sich ein Kreis, der sich fast ein wenig märchenhaft anhört.
Frau Anna Windorfer geb. 1799 oder 1800


Johann Baptist Fabrici, der wohlhabende italienischstämmige Besitzer des großen Marktlehens in der Marktstraße,
Rudolph Häfner, nun Voithenleitner, früher das Windorferanwesen, das Bild stammt aus einer Werbeanzeige im Kötztinger Anzeiger von 1903
und seine Frau, eine geborene Ganzini, hatten das Mädchen ihrer Marktschreibersnachbarn, Franziska Magerer, (nun Textilhaus Schödlbauer) gleich nach ihrer Geburt an Kindes statt angenommen und überließen ihr nun, anlässlich ihrer Hochzeit, das Anwesen schenkungsweise.
Sie stellen ausdrücklich bei dieser Schenkung fest, dass sie die Geschäftsführung vorerst gemeinsam durchführen wollten. Bereits im Jahr zuvor hatte Franziska Magerer ein uneheliches Kind von ihrem späteren Ehemann entbunden. Am 22.08.1807 kam Johann Baptist Windorfer in Kötzting zur Welt. Das Ehepaar Fabrici stand also nicht nur der alleinstehenden jungen Mutter zur Seite sondern vermachte ihr auch großzügig ihr Marktlehen, das, um die Gebühren für den Besitzübergang daraus zu berechnen, auf stolze 8000 fl veranschlagt worden war. Bei dem unehelichen Kind war Frau Anna Maria Fabrici die Taufpatin. Nach weiteren 3 Kindern in den Jahren 1812, 1814 und 1817, verschied Franziska Windorfer am 20.05.1817 fünf Wochen nach der letzten Entbindung im Alter von 34 Jahren an den Folgen der schweren Geburt.
Nun war der Wundarztsohn Josef Windorfer Witwer, Handelsmann und Besitzer eines stolzen Anwesens. Es ist sicherlich Ausdruck eines bürgerlichem Selbstbewusstseins, dass Josef Windorfer, zum Zeitpunkt der Portraitherstellung bereits Mitglied im Landtag von Niederbayern, seine zweite Frau in Öl abbilden ließ.
Wie oben bereits angeführt, kennen wir keinen vergleichbaren Fall.
In dieser Ehe mit Maria Anna Wetzelsberger hatte das Paar noch weitere 8 Kinder, eines davon war Margaretha Anna, geboren  am 8.10.1822, und hier ist nun der nächste Anknüpfungspunkt nach Straubing und Kötzting.
die junge Familie Ludsteck in Straubing
Margarethe Windorfer
Im Jahre 1839 hieß das damalige Pfingstbrautpaar: Leonhard Mittermeier und Margaretha Windorfer. Der Gärtnerssohn Leonhard Mittermeier war in Kötzting ein sehr bekannter Pfingstbräutigam, (siehe Kötzting im Jahre 1903),
Frau Margaretha Windorfer heiratete später dann nach Straubing, Herrn Otto Ludsteck, und beide ließen sich als junge Familie mit der damals fortschrittlichsten und brandneuen Technik abbilden, der Photographie.
Auch wenn das Familienbild  20 Jahre nach dem Pfingstgeschehen entstanden ist, so blicken wir doch einer Pfingstbraut aus dem Jahr 1839 ins Gesicht. Viele Jahre später ließ sich Frau Ludsteck noch einmal abbilden und nun ist sie eine vornehme Bürgersfrau aus der Straubinger Oberschicht
Margaretha Windorfer, verheiratete Ludsteck


























Vergleicht man ihr Bild, das einer stolzen Straubinger Bürgerin, mit dem bekannten Bild ihres früheren Pfingstbräutigams, der ja bekanntermaßen unverheiratet geblieben war und daher ein erneutes Tugendkränzchen zu seinem Jubiläum erhalten hatte, dann kann man wohl nur das Hohe Lied des Ehestandes singen.;-))). Sein Single-Dasein hat ihm,  zumindest optisch,  nicht zum Vorteil gereicht.
Das Bild des Leonhard Mittermeier stammt aus der Zusammenstellung des Kötztinger Kooperators Peter Riederer, der für den 500er Ritt versucht hat alle damals noch bekannten Pfingstbrautpaare und deren Hintergrund zusammenzufassen. Im in der letzten Woche erschienenen Buch zum 600er Jubiläum ist in einem Faksimiledruck Riederers Liste wieder veröffentlicht worden.
Weitere Recherchen haben nun noch eine andere Verbindung der Straubinger Familie Ludsteck nach Kötzting ergeben. Ein Ignatz Ludsteck war im 1851 Amtsarzt und Hausbesitzer in Neukirchen beim hl. Blut, durch seine zweite Heirat hat er dann seine Wohnung in Helmhof genommen. Vielleicht haben sich auf diesem Wege das spätere Ehepaar kennengelernt.
Soweit für heute, der nächste Beitrag ist über den Stadiumneubau des FC Bad Kötzting im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts geplant es könnte aber auch einer über einen waschechten Sheriff in den USA, der aus Traidersdorf stammt,  werden..

Sonntag, 7. April 2013

Schön wärs gewesen .......

Touristisches Großprojekt in Kötzting

auch Kötzting plante bereits einmal einen Konzertsaal



.......leider ist es über die Genehmigungsphase nicht hinausgekommen.
Es steht zu vermuten, dass das die Planung und das Genehmigungsverfahren aus den Jahren 1924 und 1925 ein Opfer der Weltwirtschaftskrise geworden sind, denn grundsätzlich stand die Ampel bereits auf grün.
Doch der Reihe nach




















Der Architekt und Baugeschäftsinhaber Michael Herre stellte am 10.9.1924 beim Gemeinderat Kötzting ein Gesuch für die Errichtung eines Kinos.



Ganz nüchtern nannte er das beeindruckende Gebäude im Gesuch einfach ein Kino.
Herr Herre dachte aber bei diesem Projekt viel weiter, es war eher ein multifunktionelles Gebäude.
Der Bau sollte in etwa dort errichtet werden, wo im alten Postgebäudekomplex das Rückgebäude steht, also das alte Fernmeldeamt. Das Postamt wurde ja erst in Mitte der 30er Jahre errichtet, in den 20er Jahren nannte man das Gelände einfach den "Herregarten".
Zwischen dem Hauptgebäude der Familie Herre und der ehemaligen Bäckerei Irlbeck war ja damals noch viel Platz.
In diesem Gebäude sollte im Erdgeschoss ein Kino, eine Konzertsaal mit Orchestergraben und getrennten Ankleideräumen für Damen und Herren integriert werden:
Erdgeschoss
Einen Stock höher, im Obergeschoss würde sich eine umlaufende Galerie und ein Speisezimmer für die Pensionsgäste mit Café Restaurant befinden.


erstes Obergeschoss

 Das Dachgeschoss selbst sollte die Pensionszimmer aufnehmen und


Obergeschoss
 

eine Kegelbahn im Keller konnte das Angebot abrunden. 
 
Kellergeschoss

 

Garniert würde das Ganze noch durch Freiterrassen im ersten Stock mit Blick auf Weißenregen und das Regental.

Der Architekt und Baumeister Michael Herre schrieb in seinem Antrag:
Einem allgemeinden Bedürfnis entgegen kommend habe ich mich entschlossen, nach beiliegenden Plänen auf meinem Grundstücke in der Bahnhofstraße ein Kino, Konzert- bzw. Tanzsaal und Caffeerestaurant verbunden mit Fremdenpension zu erbauen.
Der kulturelle Wert eines Kinos in Bezug auf Aufheiterungsmittel nach harter Wochenarbeit, Erschließung der herrlichen Naturschönheiten unseres Vaterlandes sowie des Auslandes, auch für die nicht mit Reisemittel Gesegneten, Einführung in alle Industriezweige und in erster Linie als wertvolles Bildungsmittel für unsere Jugend, dürfte allgemein bekannt sein. Weiters kann die Errichtung eines gut geführten Cafferestaurantes nebst Fremdenpension dem Fremdenverkehr und damit in der Hauptsache unserem Markte nur dienlich sein. Der Betrieb des Unternehmens ist folgend gedacht:
Die gesamte Betriebsführung liegt in Händen des Gesuchstellers und dürfte damit ein moderner Betrieb garantiert sein. Der Saal dient in erster Linie den Kinovorstellungen und sollen solche jeweils Samstag und Sonntag nachmittag stattfinden. Das Cafferestaurant wird wie in den Städten üblich geführt. Abgabe von Caffee, Liköre, Weinen sowie Flaschenbier und auch Speisen.sowohl an Passanten und an die Pensionsgäste. Werden im Saal Theatervorführungen, Konzerte oder Tanz abgehalten kommt Fassbier zum Verschank das von hiesigen Wirten bzw. Brauereien entnommen wird. Moderner Ausbau aller Betriebsräume und Führung des Unternehmens durch mich dürfte die Gewähr geben dass tatsächlich das Unternehmen den Fremdenverkehr fördert und damit der Allgemeinheit und der Gemeinde nur dienlich ist.
Weiter schreibt er, dass der umliegende Garten in die Wirtschaftsführung einbezogen werden soll.

Dieses Gebäude mit einem umfassenden Unterhaltungsangebot wäre sicherlich der gesellschaftliche Mittelpunkt Kötztings geworden. Die Weltwirtschaftskrise mit der Hyperinflation in Deutschland hat wohl eine Ausführung verhindert
Das wars für heute: der nächste Beitrag ist geplant über ein neu aufgetauchtes Bild einer Frau aus Kötzting, die vor GANZ langer Zeit Pfingstbraut gewesen war.


Die Pläne und das Antragsschreiben entstammen alle aus dem Akt: Rep 168-8  Nr 3814
des Staatsarchives Landshut.