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Freitag, 31. Mai 2024

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 72 beim Fredlbeck

   Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


Alte Hausnummer 72

beim Fredlbeck


links der "Fredlbeck", rechts DER Kollmaier, nun Meimer

Ausschnitt aus Bayernatlas.de: Uraufnahme von 1831
Nichts ist mehr übrig heutzutage von dem ursprünglich großen Marktlehen auf der anderen Seite des Regens. Nach der Hochwasserfreilegung und der Umgestaltung des Spitalbereichs, wurde das Anwesen zu einer Zufahrt und einem rückwärtigen Parkplatz "heruntergestuft"
Foto Pongratz: links des Meimeranwesens ist nur noch eine Zufahrt verblieben.

Foto Pongratz: Nichts ist mehr übrig vom "Fredlbeck"

Durch die Baugeschichte des Nachbarhauses wissen wir, dass die Häuser in diesem Bereich "jenseits der Pruckhen" oder "am Anger" durchwegs alle um das Jahr 1555 herum erbaut worden sein sollen.
Diese Zahle ergibt sich zwar aus gleichlautenden Aussagen zweier streitender Parteien vor Gericht, macht aber zumindest was die beiden Hauptanwesen - also 71 und 72 - angeht wenig Sinn, da diese als Marktlehen geführt werden und diese - 36 Stück an der Zahl - ja bereits hunderte Jahre früher aus den vier Kötztinger Urhöfen entstanden sind.
Möglicherweise handelt es sich bei der Angabe des Baujahres um eine Wiedererrichtung nach dem Niedergang in vorhergehenden kriegerischen Zeiten, aber noch mit Wissen über den Status der Anwesen in der Vergangenheit.
Der Nachweis auf den besitz dieses Anwesens stammt, wie bereits bei vielen anderen Kötztinger Marktlehen aus dem Grundbuch des Adam Türrigl.

Andreas Österreicher und Eva Märkl

Im Status animarum findet sich eine ganze Großfamilie für Andres Österreicher und dessen Frau Eva.
PfA Kötzting Matrikel Band 1 Status animarum
"Andre Essterreicher  Lederer                   Eva ux
Hans (Knecht)                                            Wolfgang  Kind
f. (Söhne) Andreas 12                               Anna Magd  
Andre 20 Jahre                                         Tochter Maria 15 Jahre
Wolf 22  "

Es ist bekannt, dass die Einträge im Status animarum von drei Personen - unterschiedliche Handschriften - in den Jahren 1636, 1659 und 1657 erstellt wurden. Hier sieht es so aus, als ob die Anfangsliste aus dem Jahre 1636 nur das Elternpaar und das Kleinkind Wolfgang eingeschlossen hätte. Der sich anschließende Familienbogen stammt dann von 1657 oder 1659.
HStA München Kl Rott von 1638

"Andre Össterreicher Lederer von zwai halben Lehen" 


Andreas Österreicher und Eva Märckl



Diese beiden "halben Lehen" wurden auch von  Adam Türrigl beschrieben und sind für mich zunächst nicht so eindeutig zu trennen. Schaut man jedoch auf die Kötztinger Grundsteuerkataster von 1840, so klärt sich das Bild. Auf der heutigen Spitalseite Kötztings sind im Jahre 1840 nur zwei Anwesen als Marktlehen bezeichnet und zwar die alten Hausnummern 71 und 72.

HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott B5 ca. von 1650:
"Ander Össterreicher burger und Rotlederer alhir, hat ain Behaußung und Ledrer Werkhstatt vor der Pruckhen, sambt dessen Zuegehörung, gegen Balthasar Schöllinger Schwarzfärbers, und sein Össtereichers annderer Behausung ligent, darzue gehört ain halb Markhtlehen mit vachvolgenten Grundt und Poden."

Aus der hier als Einfügung links außen angeführten "Lederer Werkhstatt vor der Pruckhen" wird Jahrzehnte später das heutige "Lukas-Anwesen"
Ander Österreicher besaß aber noch ein zweites Marktlehen auf der "Spitalseite" , und das ist das Anwesen mit der alten Hausnummer 72.


HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott B5 ca. von 1650:
"Ander Össterreicher, hat neben erstgemelt seiner Lederwerchstatt vor der Pruckhen, und neben Wolfen Urman burger und Leinwebers Behausung auf dem Anger, ain Hauß, darzue gehört ain halb Marckhtlehen mit volgenten Grundstuckhen"
 
 

Österreicher Andreas erhielt im Jahre 1636 das Kötztinger Bürgerrecht und bereits im Jahre 1637 steht in den Kötztinger Sterbematrikeln der Eintrag eines kleines Kindes der Österreicher. Im Jahr drauf - 1638 - steht der nächste Geburtseintrag eines Sohnes - Andreas -  von seiner Ehefrau Eva.
6 weitere Kinder wird das Paar in Kötzting bekommen.
StA Landshut Rechnungen Markt Kötzting von 1636:
"Einnamb an Bürgerrecht
Erstlichen von Andreen Össterreicher Lederern, welcher sich verburgert, yber den Reichstaller welcher denen vieren Innern Rhats gehörig, noch das Burgerrecht empfanngen 6 fl 30 xr.
"


PfA Kötzting Band 1 Status animarum

Im Status animarum, der Seelenbeschreibung der Pfarrei Kötzting, versucht der jeweilige Pfarrer - es sind zwei Handschriften mit ca. 20 Jahren Abstand zueinander - seine Schäfchen aufzuzählen.
Erste Handschrift ca. 1636
"Anndre Essterreicher Lederer        Eva  Ux: (Ehefrau)
Hannß  ser. (Knecht)                        Wolf (Inf: (Kleinkind)
                                                          Anna anc: (Magd)
zweite Handschrift ca. 1650-1655
"f: (Sohn/Söhne) Ander 12                  filia (Tochter) Maria 15 Jahr
Ander 20 Jahr
Wolf 22 "

Von unserem Lederer Andreas Österreicher haben wir viele Einträge - heutzutage würd man sagen in seinem Strafregister - in diversen Rechnungsbüchern, die auf einen ziemlich impulsiven Charakter des Herren schließen lassen, aber auch einige andere Fundstellen, die ihn wohl als einen wirtschaftlich sehr erfolgreichen Bürger Kötztings ausweisen. Allerdings findet er sich auch öfter auf der Seite des Klägers vor Gericht, nicht nur als Angeklagter.
200 Gulden - 1638 eine enorme Summe Geldes - lieh sich AÖ von der Pfarrkirche


"Auch zu genuegen verschrieben
Von Andreen Essterreicher burger und Rottgerber alhir, ab seinen undterm dato .16. Juny 1638 auf seiner Behausung und Lederwerchstatt vor der Pruckhen verhypothekisierten 200 fl die gilt zu Geörgi empfangen thuet 10 fl."
1639 kam dann der erste "Strafeintrag"

StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1639
"Bluetrunst
Andre Esterreicher Burger und Löderer zu Khözting, hat des Peter Öppen auch burgern und Schuhmachers Hausfrauen mit ainem Steckhen ainen pluetrunsten Schaden zugethan, deswillen sie sich zwar in der Guette miteinander verglichen, aber der Össterreicher gepisst umb 1 Pfund Pfennige thuet 1 fl 8 xr 4 H:
"
1640 war er wohl bereits als Kirchenprobst und ab 1643 auch als Spitalverwalter für die jeweilige dortige Rechnungslegung verantwortlich.
Vermutlich an einem Kötztinger Kirta kamen sich die beiden "Lederhandwerker" gegenseitig ins Gehege:
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1642
"Wolf Stainhauser burger und Rhiemer zu Viechtach, hat in bezächter weiß, an ainem zu Khözting gehaltenen Jarmarckht, den Ander Össterreicher läderern alda, ainen Schelmben, und Hundtsfott verscholten, obs zwahr hernach vor Gericht er Stainhauser in Unwissenheit und bezöchter weiß gezogen, mit vermeldten daß er vom Össterreicher nichts unrechts sondern alles Er, Lieb und guetts wisse. So ist er doch demnach  deshalben gebuesst worden umb 34 xr."

Im Jahre 1650 - vermutlich anlässlich seines Umritts - benötigte der Herr Rentmeister ein zusätzliches Pferd als Vorspann, welches AO lieferte und dafür vom Markt 1 Gulden erhielt.
1650 musste AO sich erneut eines Vorwurf erwehren, dieses Mal gings um den Vorwurf des Ehebruchs.
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1645

"Hanns Khieninger burger und Metzger zue Khözting, hat Andreen Össterreicher auch burger und Lederern alda, in Zohrn unguetlich eines ehepruchs bezügen, weillen ers aber auf widerspröchen des Össtereichers nit beweisen khunden, und der Össterreicher ain scharpfes handwerch, von welchem ainer, einer schlechten Ursach wegen, entsözt werden khann, als ist Khieninger gestrafft worden umb. 2 fl 17 xr 1 h:"
Einschub
AÖ war also in einer "scharfen" Handwerkerzunft. Wäre der Vorwurf des Ehebruchs bewiesen worden, so hätte es sein können, dass AÖ von seiner Zunft ausgestoßen werden würde, daher die hohe Strafe für den Beleidiger.
Einschub Ende
Im Jahr drauf - 1653 - finden sich gleich drei Einträge nacheinander im Pfleggericht.
Es geht los, mit einem eher skurrilen Eintrag über "Hören Sagen" und "Gesehen haben."
Ander Österreicher, Bürger und Lederer zu Kötzting "hat an verschienen unser lieben Frauen Geburttstag zu Weissenregen, gegenüber Jakoben Passauers auch Bürger und Lederer alda Knecht, offentlich vermelt, wo die vergangene Nacht sein Herr gewest, seithemallen er deme vergangene Nacht zwischen 3 und 4 Uhr gegen den Tag durch sein Gassen fahren und mit ainem grossbrennenten Schäb Stro voran leichten gesechen , also in ungleichen verdacht gehalten.
Da er dies aber nicht hatte beweisen können wurde ihm solche Bezichtigung verwiesen und er mit 34 xr. und 2 H. bestraft.
Jakob Passauer war offensichtlich nicht erfreut über diese Unterstellung und " hat gedachten Andreen Österreicher hunderruckhs vor einen khallen und schlimmen Hundt außgerueffen, in sein Esterreichers Behausung geloffen, und umb ihme in Unguetten gefragt, gleichwoll nit angetroffen..."
Strafe 34 xr 2 H.
Als sich beide wegen der Beleidigungen aber gegenseitig - und ohne Einschaltung des Gerichts - miteinander verglichen hatten, wurden beide "wegen ihrer verybten ungebühr zugleich gestrafft per 2 fl 17 xr und 1 H:". Dieses Vergleichen ohne den Richter war das Vergehen, dass die beiden die größte Strafe einbrachte. 
Aus dem Jahr 1654 finden wir einen - für diese Zeit eigentlich unerhörten Vorgang, den Versuch einer Ehescheidung.
Die Vorgeschichte kennen wir zwar  nicht, jedoch scheint sich das Paar wohl gegenseitig Schläge angedroht zu haben und so kommt dann eins zum anderen.....
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1654
"Ander Österreicher burger und läderer zu Khözting  ist bei nacht seinem Schwagern Georg Märkl Bürger und Schuhmacher fir das haus khommen und sein Weib, des Märkls Schwester, weliche 
ihm selbiges mahl wegen betrotten straich entloffen, gesuecht und heraus begehrt, auch in der Gassen auf: und ab geloffen und forthan mit Leib: und Lebens betreffenden Iniurien den Hexerey wider sye geschmecht. hierdurch dann der Märckhl bewegt worden, sich ermelt seiner leiblichen Schwester anzenemmen, dieselb zu defendieren, un den Österreicher, damit man riuehe und Fridt haben möge hinweckh zebringen. Zue solchem Endte mit ainem Steckhen auß dem Haus zu Ihme herauß..."



"Gangen, alldorth sye beede zeraufen khommen, derentwillen sie sich aber hernach miteinander durch andere Leith gietlich vergleichen lassen, yedoch ist offt gedachter Österreicher dessthalber (aber des Märckhl fencknuss straf hernach folio 10 einkhommen) gewandelt umb 1 Pfund Pfennige in Münz 1 fl 8 xr 4 H:"
AÖ konnte also seine Strafe abbezahlen, während Georg Märckl, der Schuhmacher, armutshalber einsitzen musste. 2 Tage saß er "mit geringer Aztung" im Amtshaus.
Nun wird die Sache ernst, denn AÖ zieht vor den Magistrat: "seine Frau Eva habe 2 Messer auf Ihme erkaufft, mit denselben vor seinem Tisch gestanden, sie wolle solches offt in ime stechen, so oft sie es gwünnen kann.
Er habe weder Tag noch Nacht rueh, so hat sie widerumben auf ein neues Truchen und Cästen ausgelärt.
Die Beklagte widerspricht.
Er muss für die Sicherheit der Frau Bürgschaft leisten und wegen der Scheidung werden sie an das Consistorium in Regensburg verwiesen.
Weil er aber keine Bürgschaft geleistet hatte und auch nicht in den Arrest gegangen ist >>>>> : 3 fl Strafe
Abermalen auf die Herrenstrafe gelegt worden, welcher abermallen widerspenstiger weiss ausgerissen: >>>> gestraft worden per 3 fl

Hans Markhardt und Anna Maria Österreicher



Im Jahre 1664 kam es im Hause der Ledererfamilie zu einer Doppelhochzeit. Am 25.8.1664 heiratete Andreas, Sohn des Andreas und der Eva Österreicher, die aus Kummersdorf stammende Maria Vogl und bereits am 4.2.1664 hatte der aus Schönbuchen in Böhmen stammende Hans Markhardt die Tochter Anna Maria geheiratet.
In diesem Doppelereignis sehe ich auch die Ursache für die Besitzaufteilung der beiden Marktlehen, die bis dahin Andreas Österreicher alleine in Händen hatte, ein Marktlehen geht an den Sohn und das andere an den Schwiegersohn. 
HStA München Landshuter Abgabe KL Rott von 1670

Im Jahre 1670 - und gleichlautend 1672 -  steht Hans Markhardt in der Steuerliste des Klosters Rott neben seinem Nachbarn Hans Passauer, der die Witwe des sehr früh verstorbenen Andreas Österreichers geheiratet hatte.
4 Kinder bekommt das Paar und bei eienr der Geburten wird der Vater als "Breuoberknecht" bezeichnet, was und hilft den Besitztitel in einer Bürgerliste aus dem Jahre 1688 dingfest zu machen.
Johann Markhardt war am 15.2.1683 verstorben und eine Witwe hatte am 7.12.1685 erneut geheiratet, nämlich Adam Türrigl, einem Witwer aus Arndorf.
In der Kirchentrachtliste steht nun - erneut in der Reihenfolge der obigen Liste  -  mit einem Steuerbetrag eines Marktlehens die "Preuhäußlin".

HStA München GL Fasc. 1829_62 Kirchentracht  von 1688

Anna Maria, am 18.11.1669 als Tochter von Hans Markhardt und Anna Maria Österreicher geboren,  heiratete am 22.11.1690 den Schuster Johann Pachmayr.

Johann Pachmayr und Anna Maria Markhardt

PfA Kötzting Matrikelband 2 Seite 195
Heiratseintrag des Johann Pachmair, Sohn des Georg und der Anna, mit Anna Maria Markart.
Drei Kinder sind bis zum Jahre 1706 von den beiden in den Geburtsmatrikeln zu finden. 
Aus einer Schuldverschreibung des Jahres 1719 erfahren wir ein Detail, das uns Sicherheit gibt, bei dem richtigen Anwesen nachzuforschen, denn die Zeit vor 1700 ist eine Zeit mit großen Lücken in den schriftlichen Überlieferungen.
"Hans Pachmayr" ist ein Name, der im Kötzting des beginnenden 18. Jahrhunderts in vielerlei Kombinationen und nachweislich auch auf vielerlei Personen zutrifft, weshalb es nur wenige EInträge sind, die eindeutig "unserem" Hans Pachmayr zugeordnet werden können.
Wie zum Beispiel der folgende Fall:
StA Kötzting Marktrechnung von 1694
"Hanns Pachmayr burger und Schuechmacher ufm regen umb seinen geistl: Schwagern H. Thoman Marckharten in dessen Wohnung die Fensterläthen ausgehebt, crafft Rhatsverhörsprotokoll fol. 74 punctiert worden per 1 Pfund Pfennige ist 1 fl 8 xr 4 H."

Im Jahre 1698 wurde er - als Hans Pachmayr ufm Regen bezeichnet - mit 1 Pfund Pfennigen bestraft, weil er "sich understanden, 1/2 Viertl Convent und dem Reiffen zuverleithgeben und zuvertreiben". Er hatte also ein halbes Viertel Dünnbier verkauft und wurde dafür bestraft.
Am 7.8.1718 quittieren Anna, die Witwe des Hans Pachmayr, und die Vormünder der beiden Kinder, Anna und Anton, dass der Hufschmied Georg Peyerl den gesamten Kaufpreis für die "Goldhaufenwiese"  bezahlt habe.
Im April 1719 bestätigt der Bürger und Witwer Georg Billich, dass er von der Barbara(!) Pachmayr, der Witwe des Schusters Hans Pachmayr, den ihm zustehenden Erbsanteil in Höhe von 42 Gulden bereits erhalten habe. Weitere 26 Gulden möchte er sich noch von der Witwe ausleihen und hinterlegt ihr dafür das "mit der negst antrettenden Heyrath ihme zuegehente Marktlehens Bürgers Behausung ufm regen zu negst des Kolmers Leederwerkchstatt stossent."
Wir wissen, dass am 4.7.1697 eine Anna Margaretha, als Tochter des Johann und der Anna Maria Pachmayr geboren wurde.
Wir wissen, dass der Schuster Johann Pachmayr am 12.3.1717 verstorben ist  und dass seine Witwe im Jahre 1725 mit unter dem Vornamen Anna eine Quittung für ihren "Tochtermann" ausstellt. 
Eine zweite Eheschließung des Johann Pachmayr mit einer Barbara ist in den Kötztinger Büchern jedoch nicht verzeichnet, jedoch wurde in anderen Einträgen die Schusterswitwe Pachmayr nur mit dem Vornamen Anna bezeichnet. Es spricht eigentlich alles dafür, dass die Vornamensverwendung "Barbara" in der obigen Urkunde eine Verwechslung darstellt.

 Georg Billich und Margaretha Pachmayr

 
PfA Kötzting Band 3
Heiratseintrag des Witwers und Bürgers Georg Billich mit der Margaretha Pachmayr
Mehrere Schuldverschreibungen unterschreiben die beiden in den nächsten Jahren und versichern mit ihrem Eigentum. Für 20 Gulden Kapital im Jahre 1720 hinterlegten sie den Gruberacker. 
StA Kötzting Spitalrechnung von 1721

Bei der Grundschuldeintragung beim Kötztinger Bürgerspital verschreiben die beiden ihr " besitzende Marktlehensbehausung zu negst des Kollmers Haus entlegen"
Am 1.10.1725 kommt es zu einem Weiterverkauf.
Für 330 Gulden kann der Kötztinger Bürger Andreas Bauer das Anwesen kaufen.

Andreas Bauer und Anna Perr


Dieser ursprünglich aus Reckendorf stammende Schneider Andreas Bauer hatte sich in Kötzting seit dem Jahre 1713 systematisch hochgearbeitet: Zunächst hatte er in das "Peerische Haus" - Hausnummer 17, beim Osl"  eingeheiratet und Jahre später - 1722 - mit dem Haus seines Bruders Christoph getauscht - alte Hausnummer 55, beim Klinger).
Nun also - 1725 - gelingt der Sprung auf ein Kötztinger Marktlehen. 
StA Kötzting Spitalrechnung von 1727

Umschreibung der Grundschuld über 40 Gulden von Georg Billich auf "Andree Pauer, des Rhats burger und Anna sein Hauswirthin" mit deren "Markhtlehensbehausung zunegst des Kollmers Haus entlegen."
Auch in der Liste der Kirchentrachtabgaben für das Kloster Rott stehen die beiden Nachbarn nebeneinander.
HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott B4
"H: Andreaß Pauer
H: Cristoph Kollmer Rottgärber
"

Der nächste Besitzwechsel fällt leider in eine Zeit, in der wir eine Lücke in den Briefprotokollen haben, jedoch durch einen Grundstücksstreit erfahren wir nachträglich vom ungefähren Termin

Fink Wilhelm und Anna Kurz


Der Bürger und Fluderer Wilhelm Finkh hatte seinen Fludererkollegen Johann Adam Greil am 8.7.1744 verklagt und in seiner Klagschrift erklärt, dass er das Bauersche Haus vor einem halben Jahr gekauft hatte. Der Beklagte habe jedoch das zu dem Anwesen gehörende Feld ihm streitig gemacht und einfach abgeerntet.
Im Jahre 1745 wird Wilhelm Fink von den "sammentlichen alhisigen Fluderern" verklagt, weil dieser "beständig Blöcher einzukaufen, schneiden zulassen, und solche zuverfludern" sich erlaube.
Dies würden den Marktfreiheiten widersprechen, die solches nur einem Marktlehner gestatten würden und es ihm als einem Söldner schlichtweg verboten sei.
Fink gibt nur eine ausweichende Antwort und bittet um einen eigens angesetzten Termin, um Zeit zu gewinnen, was ihm auch durch eine knappe Frist von 14 Tagen gewährt wird.
Leider ist auch, ähnlich wie im folgenden Fall der Endbescheid nicht überliefert, dürfte im Verfahren mit den Fluderern jedoch einfach zu lösen gewesen sein, da er nachgewiesener Maßen ein Marktlehen gekauft hatte und somit unzweifelhaft berechtigt gewesen war zu fludern.
Einschub
Trotz der eigentlich eindeutigen Lösung, bei allen bisherigen Verkäufen des Anwesens und den Einträgen in den Steuerlisten wurde das Anwesen immer als Marktlehen bezeichnet und auch so versteuert, steht Wilhelm Finck in einer Repartionsliste nach dem Österreichischen Erbfolgekrieg (Umlage der Restausgaben durch den Krieg auf alle Bürger entsprechend ihrem Vermögen/Status)
als Söldner.
StA Kötzting AA IV -1 von 1749

"Wilhelm Finkh Söldner 4 Gulden"
Einschub Ende


In derselben Magistratssitzung wurde er von seinem Nachbarn, Christoph Kollmaier verklagt:
StA Kötzting Verhörsprotokoll 1739ff

"Christoph Kollmayr Burger und Rmiothgärber alhir, gtra Wilhelmben Finckh auch burgern derorthen als der Kleger jüngsthin in seiner redo: Stallung bey allschon andauernten kalten Nächten die Fennster vormachen wollen, auch zu dem Endte durch das becl. Haus, weillen er den Gartten mit ainem Stadl völlig verbaut nothwendig den Gang nemben miessen, Er becl. entgegen dem cleger nit nur allein die Fenster vorzuthuen gehindt, sondern auch noch anzue zuTrimmern herschlagen, und daryber hin gar mit gefehrlichen Schlögen, /:welch letzteres schon gehörigen Orts mit deme auszumachen wissen werdte:/ tractiert, daher bitt aso dem Becl. dahin zu verhalten dass weillen die Fenster allschon hergebrachtermassen sich in dem redo: Stahlmauer vorhandten bezaiget, daß er becl. Aintweders den cleger durch seine Hausflöz zu vorigen Endte gehen lassen, oder gestatten solle, daß er, wan er sich in der Mauer etwas schadhafft bezaigen solte, zu reparire"...  ung zulassen solle....
Weiter solle der Beklagte die zerschlagenen Fenster gutmachen.
Finck hatte anscheinend den zwischen den Beiden gelegenen Garten vollkommen überbaut, so dass Kollmaier gezwungen gewesen war, um in seiner rückwärtige Stallung die W9nterfenster einzusetzen, durch das Finck´sche Haus zu gehen.
Fink arbeitet - wie im vorigen Verfahren - mit einem Verfahrenstrick und möchte einen regulären Gerichtstermin angesetzt bekommen, was natürlich Zeit in Anspruch genommen hätte; inhaltlich hatte er sich überhaupt mit keiner Silbe zu dem Vorwurf geäußert.
Kollmaier sieht dies genauso und schreibt, dass der Beklagte den Vorgang nur "auf die lange Bank" zu schieben gedenke und bittet, "weil die hechste Nothwendigkeit" es erfordern würde dass der Magistrat entscheide, dass er entweder durch des Klägers Haus oder aber unter seinem Dachüberstand nach hinten gehen dürfe.
Fink bremst wieder, diesmal mit dem Argument, dass er seinen "gebrachten Beystand" noch nicht "genuegsambe Information" hatte können....... und er kommt mit seinem Verfahrenstrick durch, der Magistrat setzt einen eigenen Termin an.
Trotz seiner Argumentation wegen des Zeitmangels, reicht diese jedoch aus , dass Wilhelm Finck einen Gegenklage einbringen kann.
Fink klagt seinen Nachbarn an, dass dieser  "neulich einen Camin" aufgebaut habe, was er nicht "gedulten könne". Er fordert den Magistrat auf, einen Augenschein vorzunehmen, um zu erkennen, welche Gefahr von diesem Kamin ausgehe.
Kollmaier erklärte, dass er diesen Kamin bereits beim Kauf seines Anwesens dort gestanden habe und "ist kein Mensch wisslich, das dieser questionierte Rauchfang alda nit gestanden", was er jederzeit beweisen könne.
Das Gericht entscheidet, dass gleich "morgen nach der Fruehmess" der Augenschein vorgenommen werden solle, um dann schnell weiter verhandeln zu können.
Nach dem Ortstermin behauptete Finck in der anschließenden Magistratssitzung, Kollmaier solle beweisen, dass der Kamin - offensichtlich ein neu errichteter -  immer schon dort gestanden hatte. 
Kollmaier wiederum bringt vor, dass der alte Kamin "durchs Regenwetter zu Grundt gegangen" sei und er deshalb diesen wieder  - allerdings auf dem früheren Standort - wieder neu auferbaut hätte, was er durch Zeugen auch beweisen könne.
Finck möchte schriftliche Beweise und keinerlei mündliche Aussagen
Kollmaier meint etwas Schriftliches wäre gar nicht vonnöten, da er diesen Kamin bereits mit deinm ursprünglichen Hauskauf mit gekauft hatte. Er könne dies Beweise, nun solle Fink halt mit Zeugen belegen, dass dies nicht der Fall gewesen wäre.
Offensichtlich hat sich das Gremium bei dem Ortstermin auch die Situation mit den Stallfenstern angesehen, denn Kollmaier stellt erneut in der Sitzung den Antrag das Grundstück des Nachbarn zu diesem zwecke betreten zu dürfen.
Finck weigert sich erneut mit dem Argument, dies wäre noch nie so gemacht worden.
Kollmaier bittet darum, auch dieses mit Zeugen beweisen zu dürfen.
Leider folgt in diesem - nur dieses Buch hat die Zeiten überdauert - Protokollbuch nur noch ein einziger Eintrag, so dass wir das Ergebnis nur indirekt kennen, da WF in den Marktrechnungen von 1749 mit einer Strafzahlung von  1 1/2 Gulden erscheint, weil er "des Christoph Kollmayr resigniert Eyssern Rhats Verwandten und Rothgärber daselbst dessen in sein Finckhens Hof hinausgehente redo Stahl Fenster aigenmachtig einzuschlagen und zu zerbrechen sich unterstanden" hatte. 
Dieser eine - oben erwähnte und letzte -Eintrag im Protokollbuch aber betrifft jedoch ebenfalls unseren Wilhelm Fink.
Ein Mathias Grassl, Söldner aus der Sommerau, schwört vor dem Magistrat einen Eid, dass WF ihm aus einem Holzhandel noch gut 14 Gulden schuldig sei.
Dagegen wollte WF keinen Gegenbeweis anführen und daher wird er dazu verurteilt, dem Söldner aus der Sommerau seine offenen Posten zu bezahlen.

Dieser letzte Vorgang schmerzte Wilhelm Fink offensichtlich doch sehr, denn in einer Verhandlung vor dem Landrichter sehen sich diese beiden Männer wieder:
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1749

"Mathiassen Grässl Söldtner in der Sommerau wurde von Wilhelmb Fünckh burgerlicher Fluderman alhir zu Közting, das er Grässl schon mehrer Leuth S.V. betrogen, nit allein bezichtigt, sondern daryberhin mit dem redo: Fues auch ein Stos versetzt...."
1 1/2 Pfund Regensburger Pfennige kostete Wilhelm Fink sein Ausraster, das waren in der gültigen Währung 1 fl 34 xr 2 H..
Vor dem Landrichter stand WF auch im folgenden Jahr, weil er von Joseph Erber, dem Müller auf der Multersag (Später wurde daraus Sperlhammer)  ebenfalls wegen Beleidigung nageklagt worden war. Dass er den Müller einen Dieb genannt hatte, kostete ihn ein weiteres Pfund Pfennige.
Ein weiteres Pfund Pfennige - umgerechnet 1 Gulden, 8 Kreuzer und 4 Heller und somit grob 200-300 Euro gleichzusetzen - kostete ihn eine "Geräuf mit Blutrunsten" mit Balthasar Mühlbauer aus Haselstauden.


Hans Georg Räbel und Katharina Lärnbecher


Am 24.3.1757 erzwang der Magistrat den Verkauf des Anwesens wegen Überschuldung. 
Hans Georg Rääbl, ein bürgerlischer Fleischhackerssohn, erwarb zum Preis von 770 Gulden die am 24.4.1744 von WF gekaufte "Marktlehensgerechtigkeitsbehausung, welche am Regenfluss zwischen Christoph Kollmayr des Äussern Rhatts und Veiten Prädtls Häusern entlegen"
40 Gulden beim Spital und 198 Gulden bei der Pfarrkirche waren an Grundschulden mit zu übernehmen
Den Herrn Fink - uns als ein streitbarer Herr gut bekannt -  und "seinem Weib" müsse er "ad dies vitae" - also auf Lebenszeit - im "vorhandenen hintern Stibl gedulten".
Am 19.5.1756 hatte Georg Räbel die Gmünder Mülelrstochter Katharina Lärnbecher geheiratet, war lso beim Hauskauf bereits verheiratet.
Die Grundschuldumschreibungen ergingen kurz nacheinander, sie übernahmen also die 198 Gulden bei der Kirche und die 40 Gulden beim Spital erhöhten sie gleich auf stolze 200 Gulden, wofür sie ausdrücklich eine Genehmigung von Seiten das Landgerichts benötigten, welches die Aufsicht auch über die "frommen Stiftungen" hatte. Trotz der Genehmigung und der Hinterlegung seines Marktlehens, mussten HG Rabl und seine Frau noch zusätzlich 6(!) Bürgen stellen.
Bei dieser Beurkundung wird er als "Bierschenk" bezeichnet. Während Fink als sein Vorgänger seine Marktlehensrechte als Fluderer beanspruchte, geht Hans Georg Räbel in die Richtung eines Gastwirtes.
In den Marktrechnung von 1763 steht er mit einer "Strafe" von 8 Kreuzern (= ungefähr der Gegenwert von 2 1/2 Maß Bier).
StA Kötzting Marktrechnung von 1763 Seite 28
"Und endlichen hat sich Georg Rääbl burgerlicher Pierschenckh alda underwundten, dem Nicolaus Röhrl Söldnern zu Ärndorf alhiesig churfürstlich Pfleggerichts in ainem gehabten Wortt gezanckh aine Ohrfeigen zuversetzen;
Also ist Rääbl, obe schon Röhrl in Crafft dess zwischen Ihnen vorgangenen Vergleichs die Ohrfeigen indulgiert, und pro satisfactione nichts anverlanget, iedoch gestrafft worden zu 1 Schilling Pfennige abr 8 xr. 4 H.
"
Nachdem der Wirt Johann Georg Räbel am 23.8.1764 gestorben war, verheiratete sich seine Witwe erneut. Am 4.2.1765 heiratete die Witwe den ebenfalls verwitweten Veit Vest aus Kötzting

Veith Vest und Katharina Räbel


Veith Vest, ein Sohn eines Kötztinger Hirten war seit 1760 mit der Margaretha Häzner verheiratet gewesen. Nach deren frühem Tode hatte er ein außereheliches Verhältnis, das nicht ohne sichtbare Folgen geblieben war und uns zeigt, wie unbarmherzig die damalige Zeit gewesen ist.
Mit seiner ersten Frau hatte er - und das wurde hier durchaus strafverschärfend gewertet - vor ihrer Verheiratung auch bereits ein Kind gezeugt. Hier also zuerst sein "erstes Vergehen"
Marktrechnung von 1757, also drei Jahre vor der Eheschließung mit der Kindsmutter.
StA Kötzting Marktrechnung von 1757

"Kündtsimprägnation, worauf sich keine zusammen Verheurathung ergeben.
Dann so haben Veith Fest Fleischhackherknecht beim Ignaty Dimpfl burgrelichen Fleischhackern alsda mit Margaretha Häznerin ledige burgerstochter derohrten sich miteinander fleischlichen versündiget, wordurch erfolgt, das Häznerin würckhlich eines Kindts impraegniert worden. Also Thätte mann beede als erstmahlige Fornicanten, und wo keine zusambenheurathung sich ergeben, umb 5, als ihme per 3 und Sye ad 2 Pfund mulitieren betragen: 5 fl 42 xr 6 H.
Sonderbahr dem Fest 3 täg in Eisen,  Sye entgegen 5 Täg in der Geigen bey Hauß."
Die Mutter hatte er dann zwei Jahre später doch geheiratet, diese war jedoch sehr schnell verstorben und Veith Vest fand Gefallen an der nächsten Dienstmagd.

Weiter geht´s somit in der Marktrechnung von 1763:
"... und Veith Fest verwittibt burgerlicher Insass und Schweinshändler alhier, dan Walburga Prantlin lediges Dienstmensch bey Michael Kollmayr, burgerlicher Fludermaister alda in Diensten seint gleichfahl in die S:V: Unlauterkheit geraten und habeneffectiert daß die Präntlin darüberhin hohen Leibs geworden. Also man dieselbe qua andertmallige verpröchen als ihme, per 6, sye aber ad 
4 Pfund mulitiert mit dem an geld ausmachenten 11 Gulden 25 Kreuzer 5 Heller.
Noch anzue dem Fessten 16 täg in Eisen, sye Prantlin aber 10 Tag in der Geigen bey Haus."
 Mit Datum des 7.9.1763 findet sich die Taufe einer Anna Walburga, als Vater ist angegeben Veith Vest und die Mutter eine Walburga Mühlbauer; sie hatte anscheinend noch rechtzeitig vor der Geburt heiraten können.
Soweit die Vorgeschichte Veith Vests.
Im Jahre der Heirat mit Katharina Räbel schließen die neuen Eheleute auch einen Ehevertrag, in dem Veith Vest 300 Gulden mit in die Ehe einzubringen zusagt.
Am 6.7.1769 machen die beiden Nachbarn, Veith Vest und Christoph Kollmaier einen deal, zusammen erwerben sie den zum Verkauf anstehenden churfürstlichen Weißbierkeller zu gleichen Anteilen. Im Jahre 1783 gibt dann Veith Vest seinen Anteil an den Nachbarn ab.
Katharina Vest - ursprünglich eine geborene Lärnbecher aus Gmünd - stirbt bereits mit 48 Jahren am 11.4.1783.  und als sich der erneut verwitwete Veith Vest wiederverheiraten wollte, musste es zuerst um eine Vereinbarung mit ihren Familienangehörigen im Hintergrund gehen.


Veith Vest und Anna Maria Weindl



Am 15.5.1786 heiratet der Witwer Veith Vest erneut, seine nächste Ehefrau ist Anna Maria Weindl aus Windbach.
HStA München Landshuter ABgabe Kl Rott B5 von 1777-1800

Eine weitere Steuerliste des Klosters Rott hat sich erhalten und auch hier stehen die beiden Nachbarn Vest und Kollmaier untereinander. Was man deutlich erkennen kann - anhand der Abgabemengen -, ist, dass Kollmaier mittlerweile einen wesentlich umfangreicheren Grundbesitz hat als Vest.
Veith Vest verstirbt, mittlerweile nur noch ein Leibthümer, am 1.11.1807 mit 79 Jahren an Entkräftung.
 Schon im Jahre 1800 hatte er sein Anwesen an seinen Sohn, dem Tuchmacher Josef Vest übergeben, der sich das Kötztinger Bürgerrecht für insgesamt 22 Gulden sichern konnte und für sein elterliches Anwesen am 24.1.1800 am Ende stolze 1600 Gulden zu bezahlen hatte.

Vest Joseph und Machtlinger Walburga


Wie durchaus üblich zu dieser Zeit fielen die Übergabe und die Heirat fast zusammen. Am 18.2.1800 heiratete der junge Hausbesitzer Walburga, die Tochter des Viechtacher Rats und Färbers Mathias Mächtlinger. 800 Gulden brachte seine Braut mit in die Ehe ein.
Als im Jahre 1806 in Kötzting eine neue "Komunalwahl" anstand, wurden die Wahlscheine - aus welchem Grunde auch immer - aufbewahrt und liegen nun im Staatsarchiv in Landshut.
StA Landshut LGäO Kötzting Nr. 793
Josef Vest hat zwar nicht - wie alle anderen Wähler - unten unterschrieben, aber anhand seiner unbeholfenen Schreibweise können wir sicher sein, dass er sich beim Ausfüllen des Scheines keinerlei fremder Hilfe bedient hatte.
"Nr. 65 ich ehrwele    Joseph Vest
Schäpperl  Burgermeist 56
Rete: gestl
graus
mulbauer
wintorfer

Ausschus  deker
leske
beffer
H. Obermayr"

Der Kötztinger Marktschreiber hat anschließend Vest´s Namen in eine Liste übertragen und entschlüsselt.

StA Landshut LGäO Kötzting Nr. 793


Aus dem 1811 erstellten Häuser-+ Rustikalsteuerkataster erfahren wir auch zum ersten Mal einiges über die Grundstücke, die von ihm zu bewirtschaften gewesen waren.
Rentamt Kötzting Rep 300 B 27

"Markt Kötzting Nro LXVIII  (63, 1811 wurden die Gebäude Kötztings in kirchlicher oder märktischen Besitz übersprungen. Erst 1840, bekamen auch diese Objekte Hausnummern und daher wird 1840 aus der vorherigen, provisorischen Hausnummer 63 die Nummer 72).
Joseph Vest
Das gemauerte Haus mit hölzernen Stall und Stadel
das Schmied Marter Ackerl
das Saagmühler Ackerl (spätere Plannummer 896)
das Galgenbergerfeld (Plnr 958)
die zweimähdige Wiese bei der Käßwiese (Plnr 542)
Gemeindsantheil am Galgenberg ao 1803 zu Wiese und Acker cultiviert (PlNr. 854 a+b)
Nutzsntheil an den noch unvertheilten Gemeinde Gründen
Von dem vertheilten Strohhof bei Grub
a 1 Acker 
b 1 Wiesel"

Im Gewerbekataster von 1809 wird Joseph Vest als Wirt aufgeführt.
Im Sommer 1826 möchte der Nachbar (alte Hausnummer 73)  und Schneider JB Lanzl sein Haus erweitern und stößt auf heftigen Widerstand seiner beiden Nachbarn, Josef Vest und Christoph Kollmaier.
StA Kötzting AA XI-77
JB Lanzl möchte "auf der einen Hälfte seines Heußls ein oberes Zimmer von Holz errichten und bittet darum aufbauen zu dürfen" und in diesem Circular werden die Nachbarn aufgefordert, ihre Zustimmung zu diesem Bau durch ihre Unterschrift zu geben.
Kollmaier hatte große Einwände und auch Josef Vest erklärte seinen Widerstand gegen den Bau genauer.
" Joseph Vest bräuender als nächsten Adjuncten erinnert: es sey der höchste Muthwille, der sich nur denken läßt, da Lanzl ohnehin hinlängliche Wohnungen in seinem Hause hat. Der beantragte Bau sey nach Ansicht des Planes höchst feuergefährlich. und despektirlich, indem der Rauchfang hinächst dem Aufbau in einiger Entfernung zu stehen kommt, was von Polizeiwegen wohl nicht gebilligt werden dürfte; auser der Aufbau würde durchaus gemauert, und mit einem eigenen Rauchfang versehen.
Vest protestiert also gegen den Antrag des Lanzl und unterzeichnet."
 
 Am 15.5.1840 kommt der nächste Wechsel, Fraz Vest, der Sohn wird - kurzfristig - den besitz des Vaters annehmen.

Franz Vest


StA Landshut Rentamt Kötzting Rep 300 B28
"Den 15. May hat Joseph Vest in Kötzting seine ludweigene Realitäten in Kötzting als
das gemauerte Haus mit Statt und Stadel - sub Nr. 556 wieder verkauft
das Schmiedmarterackerl
das Galgenbergfeld
die zweimahdige Käswiese
den Gemeindetheil am Galgenberg
den Nutzantheil an den unvertheilten gemeindegründen
das Ackerl vom vertheilten Strohhof nebst dem im Steuerdistrikt Grafenwiesen gelegenen Schwarzholztheil vom Watzlhof um 1425 fl an seinen Franz Vest ohne sonstige Aenderung."

Xaver Raimer

Gerade mal 6 Wochen blieb das Haus in Besitz des Sohnes, dann verkaufte Franz Vest das Haus - und nur das Haus - um 1600 Gulden weiter. Die Grundstücke behielt er sich.
Der Hintergrund für diesen schnellen Verkauf ist, dass Franz Fest bereits im Herbst des Vorjahres die Bürgerswitwe Franziska Dreger geheiratet hatte und nun selber auf einem großen Marktlehen oben im Markt (heutzutage der Amberger Hof) wohnte und arbeitete. Die Grundstücke konnte er natürlich gut gebrauchen, nicht jedoch das Haus mit einem Braurecht.
556: den 31. July 1840 hat Franz Vest in Kötzting sein ludeigenes Wohnhaus mit den Nebengebäuden und Braurecht an Xaver Raimer aus Furth um 1600 Gulden ohne sonstige Änderung.
Durch den Kauf des Marktlehens konnte sich anschließend Xaver Rainer auch das Kötztinger Bürgerrecht aneignen und bewirbt sich auch um eine Gewerbeanmeldung.
X 83 1840 In dem Eintrag im Gewerbekataster heißt es kurz und bündig: "Xaver Raimer led. Tuchmachergeselle aus Furth ersucht um Verleihung des Tuchmachergewerbes des Adam Müller v K. (Anwesen Franz Vest). Raimer bringt alle Zeugnisse und Entlassschein vom Militär, gewandert, macht Meisterprüfung mit sehr gut bestanden. Hat Genehmigung bekommen die Tuchmachergerechtigkeit des Adam Müller und das Vestische Bürgerhaus erworben. Bewilligt. Will Katharina  Karolina Eberl led bürgerl. Mühlerstochter von Furth heiraten, bringt 1000 fl Heiratsgut und hat Schulbesuch und Leumund gut.  Genehmigt. 
Im Jahre 1840 wurde der Grundsteuerkataster in Bayern aufgestellt.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5038

"Hausnummer 72 in Kötzting  Xaver Rainer
Lit A: Das haus mit Marktlehen bestehend in dem Tafern und Kommunbraurecht dann reales Tuchmacherrecht
Wohnhaus, Stadl und Stallung aneinander dann Hofraum."
Ein Jahr drauf wurde ein Mieterkataster aufgestellt:
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5045

Interessant sind hier die beiden Angaben: "drittes Viertel" und die Straßenangabe: "vor der Brücke"

"Franz Xaver Reiner
Tuchmacher /:Hauseigenthümer:/ 
1. Hauptgebäude
unter der Erde 1 Keller
I. 1 Wohnzimmer, 1 Kammer, 1 Küche und 1 Laden, dann
der Hausboden unterm Dach.
Unterschrift Xaver Reiner

2. Joseph Vest, Austrägler, /:Miether:/

I. 1 Wohnzimmer und Bodenantheil
Unterschrift Joseph Vest

3. Fr. Xaver Reiner /:EIgenthümer:/  2. Nebengebäude
Stallung

3. Nebengebäude
Eine Scheune mit Dreschtenne
Unterschrift Xaver Reiner"


Josef Greindl und Therese Klinger


Auch Xaver Reiner bleib nicht lange auf dem Anwesen sitzen. Im Kötztinger Vermittlungsamt findet sich folgender Eintrag:
16. Februar 1844: Xaver Reiner Häuslbesitzer und Tuchmacher v K stellt gegen  seinen Anwesensauskäufer den Wirtssohn Josef Greindl von Perastorf deshalb Klage, weil der Letztere an ihn den bedungenen Kaufschilling per 2800 fl bisher nicht in Abführung brachte und müsste er Reiner daher die Bitte zu stellen, dass Josef Greindl beauftragt werde, innerhalb der kürzesten Frist den 
Kaufschilling zu erlegen oder aber von dem bereits in Besitz genommenen Anwesen abzuziehen. Josef Greindl erinnert sich, dass er bereits 300 fl zu Händen des  Xaver Reiner  bezahlt habe und wird er die nach dem Kaufvertrage bestimmte Zahlung mit noch restigen 700 fl sogleich erlegen, wenn seine Bürgeraufnahme erfolgt sein wird. Nebenbei bemerkte er, dass diese Tage sein Vater Nikolaus Greindl eintreffen werde und bitte bis dahin die Verhandlung zu verassumieren (?) womit der Kläger einverstanden ist. 
Wenige Monate später stellt auch der Vor-Vorbesitzer, Josef Vest, Klage beim Vermittlungsamt. Offensichtlich hatte Xaver Raimer beim Weiterverkauf die Altrechte von Josef Vest nicht berücksichtigt.

"30. Mai 1844: Josef Vest Austragsbürger zu K. belangt den bräuenden Bürger Josef Greindl wegen einer Leibtumsforderung, welche derselbe vermöge des gerichtlichen Übergabsvertrages vom 31. Juli 1840 auf dem Anwesen zu suchen hat. Josef Greindl erinnert, dass ihm sein Gebkäufer, Xaver Rainer, von den fraglichen Leibtumsansprüchen nicht in Kenntnis setzte und ihm auch in seinen produzierten Kaufbrief nicht  einbedungen wurde, weshalb er sich auch auf die Enteignung dieses Anspruches nicht herbeilassen könne. Kläger bittet daher um Klagsgenehmigung."
Am 12.11.1844 heiratete der Bürger Josef Greindl die Kötztinger Bürgertochter Theresia Klinger und am 30.10.1845 trennte er sich bereits wieder von dem Anwesen und verkaufte es an den Austrägler Andreas Dreger.

Andreas Dreger

StA Landshut Grundsteuerkataster 5041 Umschreibeheft ab 1843
"Den 30. Okt 1845 - 64 - Josef Gründl. HsNr. 72 von Kötzting verkauft an Andr. Träger, Austrägler v.da.
das zum k. Landgerichte gerichtsbare u. eigene, jedoch zum Rentamte mit 20 x 2 H Grundstift belastete Haus mit Marktlehen u. Gemeinderecht, HsNr. 72 zu 
"Kötzting, Lit A-.... ohne Abänderung um die Summe von 2944 fl
Unterschrift
Josef Greindl
Andr. Dreger
"

Am 13.11.1854 verstarb der Austragsbürger - mit dem erneuten Hauskauf war aus dem  reinen Austrägler Andreas Dreger wieder eine Art von Kötztinger Bürger geworden - Andreas Dreger im Alter von 74 1/2 Jahren an Altersschwäche.
In seinem Nachlassverfahren befinden sich mehrere Testamentsfassungen in der aber im Wesentlichen immer wieder seine zwei Kinder berücksichtigt werden.

StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 3 Dreger Andreas
Vor dem damaligen k. Landrichter Carl von Paur legte Andreas Dreger seinen Letzten Willen ab.
In Punkt II heißt es: "Ich habe zwei bereits versorgte Kinder, nämlich 
a: Andreas Dreger, Bäcker dahier
b: die Magdalena Geispieler, Wirtin in Falkenstein.
Außer diesen habe ich keine Nachfahren und sind beide bei ihren Ansässigmachungen bereits mit über die Pflichtgebräuchnis bedacht und befunden worden."
Hier die auch aus anderen Fundstellen bekannte Unterschrift Andreas Dregers zusammen mit der von Carl von Paur und dessen Dienstsiegel. Im Jahre 1850 gab es noch keine Trennung von Verwaltung und Justiz und damit auch noch keine Notare. In der Person des Landrichters waren alle diese Funktionen vereinigt, er war Verwaltungsschef, Polizeichef (Siehe die Jagd auf den Räuber Heigl) und Richter zugleich.
In einer ersten Testamentserweiterung bereinigt er einige Ungenauigkeiten in Bezug auf das, was er seinen Enkeln vermachen wollte und bestätigt alle - von der Übergabe - rückständig gewesenen Beträge von seinem Sohn erhalten zu haben.
In seiner nächsten Ergänzung geht es darum, seiner Dienstmagd Katharina Wensauer, die er auch mit dem Auftrag ins Amts schickte, dass sich eine "Gerichtskommission" zu ihm ins Haus begebe, um einw weiteres Protokoll aufzunehmen, "zweye Betten als Legat" zu vermachen.
Einschub
Mit "Betten" sind hier idR. nicht die Bettgestelle sondern die Federbetten selber gemeint, die offensichtlich einen gewissen Wert darstellten, obwohl es damals so etwas wie eine Federnreinigung noch lange, lange nicht gab.
Einschub Ende
Sowohl bei der zweiten wie auch bei dieser letzten Überarbeitung des Testaments, war Carl von Paur selber vor Ort und hatte danach auch die beiden Urkunden unterschrieben.


Magdalena Geispieler


Magdalena Geispieler, die Tochter von Andreas Dreger wurde nach seinem Tode die Besitzerin des Marktlehens am Regen. 
Im renovierten Grundsteuerkataster von 1860 finden wir die Erbin.
StA Landshut Grundsteuerkataster Kötzting von 1860

"Haus=Nummer 72 in Kötzting
Magdalena Geispieler
Das Haus mit sogenannten Marktlehen, bestehend in dem Tafern und Communbraurecht
Wohnhaus, Stadel und Stallung aneinander dann Hofraum.
(In roter Tinte ist vermerkt, nachdem gleichzeitig die Marktlehensrecht durchstrichen worden sind) "zu 70"
Den Gesamtbesitz lt... Erbschaftszeugnissen vom 26ten Juli 1856 mit den Besitzungen in den Steuergmeinden Arndorf, Haus und Voggendorf von Andreas Dreger um 3575 einschließlich des wiederveräußeten Objektes Plan Nr. 340ab, erhalten."


Georg Rötzer

Mit Datum des 4.10.1860 ist Rötzer Georg als der Besitzer im Umschreibeheft eingetragen und der eigentlich kurze Zeitraum, in dem Magdalene Geispieler die Besitzerin gewesen war, reichte offensichtlich aus, um dem Hause ihren Namen zu geben, denn in einem Wegerechtsstreit aus dem Jahre 1871 geht es  um die "Öffnung des Gäßchens zwischen Brunner und Geispillerhaus". Das ganze könnte auch daran liegen - um die Situation eindeutig zu beschreiben -, dass zeitgleich (ein) Georg Rötzer am Marktplatz ein großes Anwesen besaß. Der Magistrat beschloss jedenfalls,  dass "Georg Brunner Hausbesitzer ... den Weg zwischen seinem Haus und dem Haus des Georg Rötzer zu öffnen" habe. Es ist aus den Akten nicht zu erkennen, weil es bei diesem haus aus dieser Zeit nur wenige Dokumente gibt, ob es sich bei dem Georg Rötzer um denselben handelt, der zeitgleich ein/sein großes Wirtshaus im Markt betreibt.
Am 18.2.1876 jedenfalls geht das Anwesen an einen Josef Amberger über.


Josef Amberger


Als Christoph Kollmeier 1891 sein Wasch- und Backhaus am regen errichtete, musste er mit seinem Bauantrag auch einen Lageplan einreichen, in dem unser Josef Amberger genannt wird.
StA Landshut Rep 162-8 Sch. 21 Nr. 3114 Kollmeier  
"c: Gebäulichkeiten des Jos. Amberger
d: detto des Jos. Holzapfel."

Mit dieser Namenskombination "Joseph Amberger" geht es uns aber ähnlich wie beim obigen Georg Rötzer, es gibt zeitgleich mehrere Kötztinger Bürger dieses Namens von den Besitzern der Marktmühle angefangen, bis hin zu mindestens drei weiteren Kötztinger Anwesen. Was wir gesichert wissen, ist, dass er sein Anwesen nicht hatte halten können, denn mit Datum des 17.9.1883 heißt es im Umschreibeheft, dass der Nachbar, Christoph Kollmaier, das Anwesen durch "Ersteigerung" erworben hatte. Erst mit diesem Christoph Kollmaier betreten wir wieder sicheren Boden. 


Christoph Kollmaier und Katharina


Vom vermögenden und energischen Nachbarn, dem Lederermeister Christoph Kollmaier gab es ja bereits in der Chronik des Nachbarhauses viel zu berichten.
Mit diesem Hause hatte er aber etwas ganz besonderes vor. Das Haus, welches ursprünglich nur aus einem Erdgeschoss bestand, wurde nun - 1891 - um ein Stockwerk erhöht und in Parterre eine Gastwirtschaft eingerichtet.
StA Landshut Rep 162-8  Sch. 22 Nr.  3239 Kollmaier Christoph 

"Plan
zur Erbauung eines Stockwerkes nebst Umwandlung vom Legschindel zu einem Blechdache
und Anlage eines Abtrittes für Herrn Christoph Kollmaier Lederermeister und Gastgeber in Koetzting."





Zu diesem Zeitpunkt - 1891 - war also gleich das ganze Areal in Händen der Großfamilie Kollmaier.
Hausnummer 70 besaß sein Bruder Balthasar und die beiden Häuser 71 und 72 gehörten Christoph selber.
Nach seinem Tode 1906 wurden "Kollmaier Mina und Wild Fanny" auf dem Wege der Erbfolge die neue Besitzerin.

Kollmaier Minna und Wild Fanny


Am 14.10.1909 kaufte der Bäcker Franz Xaver Fredl das Haus, das damit bis zu seinem Abriss im 21. Jahrhundert den Hausnamen "Fredlbeck" bekam.




Franz Xaver Fredl und Barbara Graßl


Die beiden betrieben vorher bereits eine Bäckerei in Kötzting, im Hause mit der alten Hausnummer 50 in der Rathausgasse, dem späteren "Scheijsslschreiner".
Nun erwarben die beiden - in der Rathausgasse kam es vermutlich wegen der räumlichen Enge mit den Nachbarn zu mehreren Streitigkeiten - das Anwesen am Regenfluss, bei dem sie auch Nebengebäude hatten.
Schon bei seiner ersten Betriebsansiedlung in der Rathausgasse hatte sich Franz Fredl bemüht eine Konzession für seinen Besitz - genauer, den seiner Frau, denn das kleine Haus war damals auf seine Frau geschrieben  - zu erhalten und ließ sich deshalb vom Magistrat - die Konzession musste beim Bezirksamt beantragt werden - ein Zeugnis ausstellen.

Unterschrift: Franz Xaver Fredl


"Zeugnis
Es wird hiermit bestätigt, daß gegen Franz Xaver Fredl, Hausbesitzer und Bäckermeister dahier, geboren am18. Oktober 1866 zu Schöllnach, Thatsachen nicht vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß er das Gewerbe des Branntwein Ausschankes zur Förderung der Völlerei, das verbotenen Spieles, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit missbrauchen werde.
Fredl ist einmal bestraft, und zwar vom Amtsgerichte Dingolfing unterm 17. Februar 1896 wegen (Entwendung lies) Felddiebstahl zu 5 M Geldbuße, ev. 1 Tag Haft.
Am 24. Oktober 1898
Magistrat Kötzting
Drunkenpolz.
"
 
Von Franz Xaver Fredl haben wir sogar ein Photo, das ihn als stolzen Besitzer zusammen mit seinem Schwiegersohn vor seinem Haus  am Regen zeigt.
Repro 2325 Links Alois Rackl geb. 9.6.1909 in Gradis gest.10.7.1947 in Kötzting, rechts Franz Xaver Fredl geb. 18.10. 1866 in Schöllnach gest. 21.8.1937 in Kötzting. Vor dem Anwesen "Am Regen" Fredlbäck, Bäckerei,



In einem neuen Mieterkataster des Jahres 1911 findet sich Franz Fred zusätzlich noch als "Mineralwasserfabrikant", seine vorherige Bäckerei in der Rathausgasse hatte er wohl dabei vermietet.
StA Landshut Grundsteuerkataster 5058 Mieterfassion 1911-1936

"Franz Fredl Mineralwasserfabrikant als Hauseigentümer
1. Josef Dachs Bäckermeister Parterre  1 Zimmer  1 Küche  Keller,Laden, Backstube 
2. Josef Gmeinwieser Inwohner  1. Stock 1 Zimmer
3. Barbara Koller Inwohnerin     1 Stock 2 Zimmer

Im Jahre 1913 stellte Franz Fredl einen Bauantrag für einen neuen Backofen am Spitalplatz. Der Plan stammte vom Kötztinger Maurermeister Franz Kirschbauer.

STA Landshut  Rep 162-8  Sch. 24 Nr. 3538 Fredl Franz Backofen 1913





Im zweiten Halbjahr 1923 stellte Franz Fredl offensichtlich - wie viele andere Gewerbebetriebe auch-,  wegen der Unwägbarkeiten durch die Hyperinflation seinen Geschäftsbetrieb ein und begann erst im Frühjahr 1924 wieder mit seiner Bäckerei zu arbeiten und verkündete dies mit einer Anzeige im Kötztinger Anzeiger. 





Im August 1937 verstarb Franz Fredl und sein Schwiegersohn - Alois Rackl -  übernahm die Bäckerei. Danach kamen noch einige Pächter auf das Haus;  der Name "Fredlbeck" blieb jedoch bis zum Abriss vor wenigen Jahren erhalten.

Foto Pongratz Grablege Franz Xaver Fredl im Alten Firedhof

 

Alois Rackl und Fredl


Nach dem Tode des Franz Fredl übernahmen die Tochter des Hauses und der oben bereits abgebildete Alois Rackl die Bäckerei.




 
Bei der Hochwasseraufnahme aus den 70er Jahren kann man bereits eine neue, modernere Fassade erkennen.



Im Zuge des "Umbaus" von Teilen des Spitalplatz - vor allem der Regenanlieger - als Folge der Kötztinger Hochwasserfreilegung, wurde das Gebäude des Fredlbecks abgerissen und an dessen Stelle liegt nun ein schnöder Parkplatz für ein benachbartes Appartementhaus.

Foto Pongratz



Foto Pongratz 2023: auch von der Vorderseite blieb von dem früheren Marktlehen nur noch die Zufahrt zu dem rückwärtigen Parkplatz.



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