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Montag, 1. April 2024

75 Jahre Volksfest in Kötzting

Volksfeste hatten in Kötzting durchaus bereits Tradition. Allerdings wurden diese zumeist im Hochsommer im Zusammenhang mit Landwirtschaftlichen Bezirksausstellungen durchgeführt, die wiederum nur in mehrjährigen Abständen durchgeführt wurden.
Im Jahre 1949, also vor 75 Jahren, schritt der damalige Magistrat, der Marktrat - die Stadterhebung war noch Jahre entfernt -, zur Tat und änderte ganz massiv den Ablauf des Einritts beim Pfingstritt und manche andere althergebrachte Gewohnheiten (Zusammenlegung des Burschen- und Brautzuges z.B.).
Die Kranzlübergabe und die Ansprache des Kooperators wurden vom Bleichanger auf den Marktplatz verlegt und somit wurde die große Wiese vor der Turnhalle frei und ein  erster Versuchsballon mit  einem Volksfest mit Bierzeltbetrieb wurde gestartet.
Die Ansichten über diese Neuerung waren durchaus unterschiedlich und nur wenige - allen voran der Bürgermeister Hans Kroher - sahen das Potential für diese Veranstaltung ganz besonders an diesem frühen Termin im Jahr. Die Diskussionen um das für und wieder, ja sogar um das "ob", tauchten noch viele Jahre lang immer wieder im Vorfeld des Pfingstfestes auf.
Nachdem beim ersten Volksfest nur das Wochenende genutzt wurde, war es bereits bei der ersten Nachschau klar, dass diese Veranstaltung auf die ganze Woche aufgedehnt werden müsse, um überhaupt rentabel zu sein, und um den ganzen Aufwand des Aufbaus zu rechtfertigen.
23 lange Jahre hatte Kötzting nun warten müssen, bis es zum ersten Male wieder an ein "Volksfest" denken konnte.
Das letzte Kötztinger Volksfest war im August 1926.
Nun also können wir auf stolze 75 Jahre zurückblicken und selbst in den beiden traurigen Corona-Jahren war die Kötztinger Stadtverwaltung bemüht, ein klein wenig an Unterhaltung für die Kunden und Umsatz für -  zumindest einige - Fieranten zu ermöglichen


Das Volksfest wird 75 Jahre alt


Hier noch das Plakat des letzten Volksfestes, das von 1926. 


Festplakat des letzten Volksfestes in Kötzting


 Die früheren Volksfeste - vor 1926 - waren zwar auf dem Bleichanger, also dem heutigen Jahnplatz, aber traditionell in Verbindung mit der landwirtschaftliche Bezirksausstellung, die in einem mehrjährigen, unregelmäßigen Rhythmus in Kötzting durchgeführt worden war (vergleiche die Jahreschronik von 1905), oder aber es waren sogenannte Waldfeste auf dem Ludwigsberg.
Wir haben einige Fotos, dass Fahrgeschäfte, wie die Schiffschaukel und das Kettenkarussell auch auf dem Spitalplatz aufgestellt worden waren.

Volksfest 1905: ein tolles Zeitdokument aus der Sammlung Voithenleitner: der Festplatz auf dem Bleichanger beim Landwirtschaftlichen Vereinsfest im August 1905, deutlich zu erkennen sind die verschiedenen Bier- und Weinzelte, die Schiffschaukel
Nun war es wieder soweit, auch aus Gründen des Fremdenverkehrs, und, um die darbende Wirtschaft Kötzting anzukurbeln, wollte der Magistrat der Marktgemeinde Kötzting nun nach langer Zeit wieder ein Volksfest veranstalten, allerdings - anders als heute -, beschränkt auf das Pfingstwochenende.
Leider haben wir von diesen frühen Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nur sehr weniges an Dokumenten in unserem Stadtarchiv. Beide Zeitungen hatten damals noch keine Lokalausgaben, weshalb der Markt Kötzting in den jeweiligen Ausgaben für Regensburg und Straubing nur eine Nebenrolle spielten.


Foto Ehemann Siegfried: Screenshot aus einem kleinen Film vom Volksfest 1950

Foto Ehemann Siegfried: Screenshot aus einem kleinen Film vom Volksfest 1950


Das Kötztinger Kommunbrauhaus - nun unter dem eingetragenen Namen : Brauhaus Kötzting GmbH - 
bewarb sich erfolgreich um das Bierzelt.


Bewerbungsschreiben des Kötztinger Brauhauses
für das Bierzelt
Auch Kötztings zweite Brauerei, der "Schmidtbräu" bewarb sich um den Ausschank auf der festwiese

Bewerbungsschreiben des "Schmidtbräus"
Brauerei Hotel zur Post


Der Autoscooter - ein unverzichtbarer Bestandteil der Fahrgeschäfte seither - ist ununterbrochen seit 1949 dabei und kündigte sein Kommen bei der Marktverwaltung sogar durch eine Telegramm an, das sich noch erhalten hat.

Hier das Telegramm für den Kötztinger Autoscooter,  - damals die Familie Poppek aus Schwandorf- schon seit 1949 ein fester Bestandteil des Kötztinger Volksfestes
 
Bewerbung um eine Verkaufsstelle für : "Liköre, Brot, Herringe, Ansichtskarten, Süßigkeiten und Rauchwaren", eine mehr als schräge Mischung......von Hans und Rosa Hamsa

Frau Maria Hartl von der Torstraße 157a (damals hatte Kötzting noch die alten Hausnummer, allerdings bereits in Kombination mit den Straßennamen)  beantragte einen Limonadenstand

Michael Röhrl bewarb sich für eine Wein und Kaffeebude am Festplatz


Selbst die Baupläne für die damaligen behelfsmäßigen Toilettenanlagen haben sich erhalten:



An was man nicht alles denken musste:



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 Der Videoschnipsel stammt aus einem Pfingstfilm von Siegfried Ehemann. In diesem Film werden eigene Aufnahmen aus den Jahren  1947 bis 1950 und solche des Kötztinger Hauptlehrers Josef Bock aus den 30er Jahren verwendet. Die Sequenz des Volksfestes könnte also auch aus dem Jahre 1950 stammen.


 


  
 In der Vorbereitung des 1950er Pfingstfestes gibt der damalige Bürgermeister Hans Kroher einen Rückblick auf die Hindernisse des 49er Festes und beschreibt die notwendigen Änderungen, die sich aus dem Verlauf des ersten Volksfestes ergeben hatten:
Er schreibt in der Rückschau: zum ersten Mal haben wir unserem heimischen Brauchtum eine besondere Note gegeben durch die Aufführung eines Festspieles, das ein einzigartiges Zeugnis gibt von der Treue zum Herrgott und unserer schönen Waldheimat. Dazu kam die viel umstrittene Veranstaltung auf dem Bleichanger (=Volksfest) und die Verleihung des Pfingstkränzchens bei der Veitskirche.  So konnten wir im Vorjahre ein Fest feiern, das als wirklich gelungen bezeichnet werden kann, und um das uns viele unserer Nachbarorte beneiden.....
....Ich weiß, es ist noch vieles zu verbessern, aber Ideen Anregungen und Veranstaltungen bringen immer nur das hervor, was die Menschen, die sie durchführen, aus ihnen machen. Und dazu möchte ich sagen, in diesem Punkte müssen wir uns einig sein, wir müssen soweit kommen, dass aus unserem Pfingstmontag, als Mittelpunkt unserer ganzen Veranstaltung, Festtage werden, die am Samstag beginnen und erst am darauffolgenden Sonntag enden. Wir hatten bald 25 Jahre lang kein Volksfest, wenn wir aber dieses Fest mit unserem Pfingstritt verbinden, dann wird auch das Volksfest zur Tradition werden, jedes Jahr kommen Verbesserungen und de reine oder andere Geschäftsmann wird sich auf dem Bleichanger seinen Platz sichern.

Ausschnitt aus dem Redemanuskript Bgm Hans Kroher über den Umfang des zukünftigen Pfingstprogrammes



75 Jahre also, wie sehr nun unser Volksfest im Laufe der letzten Jahre ein wirkliches "Fest" geworden bzw. geblieben ist, kann man vielleicht auch an der Entwicklung der Kleidung der Besucher erkennen.
Trachten und Dirndl, wohin man blickt. Aus dieser Entwicklung kann man zumindest eines zusätzlich ablesen. Dieses, unser Pfingstvolksfest lebt und entwickelt sich gleichzeitig immer weiter; wohin, das sollen die Kötztinger der nächsten Generationen entscheiden.  



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