Eigentlich ist es ja eine Art Wiederverwertung bzw. Recycling, was ich hier betreibe. Die Pfingstbeilage "Kötzting vor 100 Jahren" kann ich hier zwar ein zweites Mal verwerten, allerdings, und das ist hier das Wichtigste, ich bin an kein Zeilenvolumen gebunden und ich kann soviel Bildmaterial einbringen wie ich möchte. Und diese Vorteile kann ich hier wirklich weidlich nutzen. Auch Kleinigkeiten, die ich in der Pfingstbeilage eher unter den Tisch fallen lasse, können hier wieder mit aufgenommen werden. Heuer z.B. die Widmung der Holzapfelstraße oder die neue Schubleiter der Feuerwehr Kötzting.
Im Endeffekt entsteht hiermit eine kleine, bebilderte, Chronik Kötztings.
Ich habe viel Unterstützung durch tolles Bildmaterial erhalten und möchte mich ausdrücklich bei Michi Zilk, Michael Traurig und bei unserem Arbeitskreis Heimatforschung also Frau Rabl Dachs und Frau Kretschmer bedanken, die mir schnell, teilweise blitzschnell, Bildmaterial zugeliefert haben. Also nun gehts los:
Das Jahr 1905
Wie eine Mischung aus BILD und Kötztinger Zeitung erscheint
aus heutiger Sicht der frühere Kötztinger Anzeiger[1]. Er
brachte – auf ein und derselben Seite - sowohl die Nachrichten aus der großen weiten
Welt als auch die alltäglichen Kleinigkeiten aus der näheren Umgebung. In der
ersten Ausgabe des beginnenden Jahres 1905 wurde noch von den letzten
Neuigkeiten rund um den Jahreswechsel und um Weihnachten berichtet.
So erzählten die Neukirchener, dass im nahen Rothenbaum in
Böhmen während der Christmette eine „solemne Rauferei“ mit Messern und
Revolvern ausgetragen worden war, in Folge derer die Andächtigen in wilder
Flucht aus der Kirche geeilt waren.
Chamerau amüsierte sich über einen Mann, der allein dadurch
bereits Aufsehen erregt hatte, dass er nach der Messe am Stephanitag mit einem
Strohhut durch die Menge am Friedhof geschritten war. Wenn man keine
Nachrichten hat, dann muss man sich eben welche machen.
Zwei große Ereignisse prägten das öffentliche Leben und die Berichterstattung
in Kötzting im Jahre 1905. Zum einen war das natürlich das Pfingstfest mit all
seinen Begleiterscheinungen, zum anderen wurde im Spätsommer ein großes
Landwirtschaftsfest mit Volksfest über mehrere Tage hinweg gefeiert.
Zuerst noch ein paar Kleinigkeiten:
Der am 3.06.1902 gegründete Bezirks=Fischerei=Verein wurde mit dem Jahreswechsel Besitzer des Hafenbrädlschen Fischwassers vom Wehr der Marktmühle bis hinauf zum Wehr der Hohenwarther Mühle.
Alle Kötztinger Vereine hielten ihre Faschingsbälle, der Burschenverein eröffnete den Reigen beim Burschenwirt Lemberger im Saal, heute Marktstraße 7. "Weiß man doch" schrieb der Chronist in der Zeitung über die Dekorationsvorbereitungen der Kötztinger Burschen, "daß der Ball des Burschen=Wanderer=Vereins immer einer der schönsten war und so verspricht derselbe besonders heuer ein recht amüsanter zu werden...." Der Turnverein tanzte beim Mühlbauer Georg (=Dimpfl, am hinteren Ende der Metzstraße)
beim "Dimpfl" Ecke Metzstraße - Brandstraße Bild: Arbeitskreis Heimatforschung |
beim "Leboid" Bild Arbeitskreis Heimatforschung |
Am ersten März schrieb der K.A. in Erinnerung an das Tänzelfest im Krähwinkel, gegeben von den Lichtenegger Rittern :
Und siehe da! Sie sind gekommen
Die Ritter und die edlen Frauen
Und haben Fräuleins mitgenommen:
Sie wollten männiglich ja schauen
Krähwinkels Pracht und seine Größe-
Das gab ein Lärmen und Getöse!
Fidele Stunden sind gewesen
Die ritterlich man hat genossen,.
In fernsten Zeiten wird man lesen: <<<<<<<<<<<<<<<<wie wahr, heute nach 110 Jahren
"Krähwinkel" wurd mit Bier begossen.
Dazu dann Tanz und Kurzweildinge:
Zu Hilf! Daß ich sie recht besinge.
Er hat die Dimpflburg gebauet wir viele Bilder und Aquarelle von
Krähwinkel selber und so weiter, Kötzting und seiner Umgebung aus
All was man staunend hat geschauet. den Jahren 1899 bis 1905
Es sei ihm Dank und Ehr erwiesen
und seine Kunst stets hochgepriesen!
Zu helfen kam zu Kurzweilspielen
Gar mancher Gast und mancher Ritter;
Wer könnt sie nennen aus den vielen,
Die trotzten Stürmen und Gewitter.
Auch ihnen Dank und allen Leuten
Die nicht den Weg zum feste scheuten.
Darum, ihr Ritter, helft zusammen;
Der Rittergeist uns stets beseele:
Und Allen, die zum feste kamen,
Ein "Gern Gedenken" niemals fehle!
In jedem Monat einmal kommet!-
Wie´s Lichteneggern Rittern frommet.
bereits 1889 erweiterte Josef Wagner sein Lokal um eine Kegelbahn: in der Legende: K=Voithenleitner Haus M = Teil des alten Rathauses Bild Staatsarchiv Landshut |
nach dem Burschenball noch eine zünftige Kneipe am Faschingswochenende |
Wiedereinführung von monatlichen Viehmärkten
da "Schousta"Sepp aus Gehstorf am Saumarkt am Marktplatz Bild von Christa Rabl-Dachs Bild Arbeitskreis Heimatforschung |
Adelheid Plötz als Händlerin am Viehmarkt Bild Arbeitskreis Heimatforschung |
Noch in meiner Kindheit, so erinnere ich mich bis in die Mitte der siebziger Jahre hinein, dass an manchen Freitag sehr früh am morgen Schweinemärkte am Marktplatz unterhalb und seitlich des Marktbrunnens abgehalten wurden. Es standen die flachen Holzkisten, gefüllt mit Stroh und den quiekenden Jungschweinen, in Reih und Glied am Straßenrand. Als ich noch ein kleiner Bub war, so unter 4 Jahren, wurde ich von meinem Großvater hinaus auf den Marktplatz geschickt um ihm die an diesem Tage gültigen Schweinepreise zu überbringen, interessiert hatte es ihn sicherlich nicht, er machte ihm halt Spaß mich als "wichtige Person" mit den Viehhändlern verhandeln zu lassen.
die Holzapfelstraße
beide Ratskollegien waren sich einig und beschlossen zu Ehren des sich um den Markt Kötzting so sehr verdient gemachten Ehrenbürgers und kgl. Oberlehrers Karl Holzapfel die Straße vom Schlossermeister Haas bis zum Friedhof aufwärts "Holzapfelstraße" zu benennen. Diese teilweise hohlwegartige Gasse hatte bis dahin noch keinen Namen.
Die neue Schubleiter für die Kötztinger Feuerwehr
die 1905 angeschaffte Schubleiter als nostalgisches Schaustück Bild: Michael Traurig |
noch 1934 bei einer Einsatzübung erbrachte sie gute Dienste Bild: Michael Traurig |
die Neue Leiter wird stolz präsentiert, links daneben wohl eine der Leitern, die den Ärger mit Herrn Lindner verursachten |
Die Lokalbahn
Konzell Miltach
Nach 20 monatiger Bauzeit, über 14 Kilometer und 18 Brücken
hinweg, wurde die neue Bahnstrecke Konzell=Miltach Anfang Mai fertiggestellt. „Dem
Vernehmen nach werden die direkten Züge von Straubing=Cham und zurück mit
erhöhter Geschwindigkeit durchgeführt.“ Der Bau war im Jahre 1903 begonnen worden und hatte mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Am
27. Mai, rechtzeitig vor Pfingsten, wurde die Lokalbahnverbindung
Konzell-Miltach dann auch von einer Kommission der Generaldirektion eingeweiht und eröffnet. Somit ist eine durchgehende
Eisenbahnverbindung auch von Furth, Kötzting, Waldmünchen nach Straubing geschaffen. Dies wirkte sich auch gleich
noch im selben Jahr bei den Besucherzahlen beim Pfingstfest aus; 2050 Besucher
werden am Pfingstmontag auf der Strecke Cham-Lam befördert, 600 Personen mehr
als im Vorjahr. Die neue Bahnstrecke wird allein für 200-300 Personen
verantwortlich gemacht. (14.Juni)
Die Burschenfahne
Bild: Burschen und Wandererverein Bad Kötzting |
Das diesjährige Pfingstfest wird das erste sein, bei
welchem die herkömmlichen Burschenzüge von einer Fahne begleitet werden“,
steht in einem Vorbericht zu Pfingsten am 08.Juni. Leider war der erste Einsatz der Burschenfahne ein eher trauriger, noch vor Pfingstfest musste sie zuerst bei einer Beerdigung eines Burschenvereinsmitgliedes eingesetzt werden.
Pfingstritt 1905
Andreas Krämer und Elise Waldmann mit den beiden Begleitern Bild Arbeitskreis Heimatforschung |
Drei Geistliche im Chorrock ritten zusammen mit 200 Pfingstreitern nach Steinbühl, alle zu Pferde, letztere mit Blumen und Bändern geschmückt. Um 1/2 1 Uhr sah man in der Ferne die Pfingstreiter wieder kommen, alle Straßen und Plätze belagerten sich mit einer großen menge von Zuschauern - die Glocken läuteten, die Böller knallen, während die Pfingstreiter unter lautem Gebete einziehen - ein selten erhebender Anblick. Auf einem großen freien Platze vor Kötzting, dem so genannten Bleichanger. nahm die Prozession Aufstellung.
Kranzlübergabge 1905 an Andreas Krämer auf dem Bleichanger Bild: Arbeitskreis Heimatforschung |
Wahlkampf
Es ist übrigens jetzt Wahlkampfzeit und in Kötzting folgen
nach Pfingsten mehrere Wahlkampfversammlungen nacheinander. Aus heutiger Sicht
muss man feststellen, dass die Zeitung, sehr tendenziös und parteinehmend
berichtete und mit einer heutzutage unvorstellbaren Vermischung von Kommentar
und Nachricht zu Werke ging. Nur die Kandidaten des Zentrums wurden mit
positiven Eigenschaften beschrieben, die anderen entweder als liberal und
unschlüssig oder gar als „Pfaffenfresser erster Güte“ angeschwärzt. Dieser Dr. Becher schimpfte auch sehr deutlich über die Geistlichen, die die Schule vernachlässigten und doch über die Schule und die Lehrer herrschen möchten und diese nicht frei machen wollen von den niederen Geschäften als Mesner; daß sie die Mesnerhäuser nicht freigeben wollten sondern die Gemeinden zwingen neue Schulhäuser zu bauen; daß die Lehrer die Buckerl richtig machen,. All diese Aussagen erzeugten ein "Murren" im Publikum und veranlaßten den Redner mit seiner Hetze abzubrechen und in ein ruhigeres Fahrwasser einzulenken.
Lehrer Amberger, Marktmühle links Dreger Michael rechts Bild Arbeitskreis Heimatforschung |
Die Macht der lokalen Zentrumspartei war für den
Bauernbundkandidaten, dem Arzt Dr. Becher aus Teisnach, zu stark, es drohte ihm
der Verlust seiner Anstellung bei der Papierfabrik Teisnach und so zog er nach diversen Durchstechereien in verschiedenen Zeitungen und Gegendarstellungen seine
Kandidatur zurück. Als sein Nachfolger trat dann der Kötztinger Bürgermeister
und Kaufmann Liebl an.
Das Wahlrecht sah damals eine indirekte Wahl über Wahlmänner
vor. Die Zentrumspartei des Amtsgerichtsbezirks Kötztings gewann am 11.07.1905
die Wahl mit Pauken und Trompeten und erhielt sämtliche Wahlmänner für sich.
Der Sommer in
Kötzting
Die nun durchgehende Zugverbindung nach Straubing erschloss
dem Kötztinger Gastgewerbe nun ganz neue
Möglichkeiten. Schon 2 Monate nach Eröffnung der Bahnlinie Straubing – Miltach
– Kötzting meldete sich der Verein der SCHILDLER mit 600(!) Personen aus
Straubing zu einem Tagesausflug nach Kötzting an und der
Ortsverschönerungsverein wartete mit einem Riesenprogramm auf diese Besucher.
Eigens zu diesem Zweck wurde ein
Ganzseitiges Tagesprogramm veröffentlicht, dass eine
beeindruckende Vielfalt für solch einen Tagesausflug aufweist.
Landwirtschaftliches
Vereinsfest in Kötzting
20.-22. 08.1905
Das Vereinsfest beginnt, auf denn, liebes Kötzting, ziehe
dein schönstes Festgewand an, schmücke dich und begrüße alle, die in diesen
Tagen zu uns kommen.
Zu dem aufgebauten herrlichen Portal und der Tribüne, zu
Glückshafen und Schießstätte, zu den geräumigen Wirtsbuden sind nun noch
allerlei Schaubuden in vorzüglicher Qualität getreten: ein Zaubertheater, der
großartige Nürnberger Kinematograf, eine interessante Menagerie, die
Schiffschaukel, dazu die hochinteressante schön ausgestaltete schwankende
Weltkugel und Anderes – genug zum Schauen, zum Amüsieren. So also sah das
Volksfest vor 100 Jahren aus. Darüber hinaus ist ein Kinderfestzug geplant,
allein zum Tragen der Preisfahnen werden 40 „größere Knaben“ benötigt,
begleitet von „20 weißgekleideten Mädchen“.
stellte sich dann
der große Festzug auf.
Jeder der Festwägen hatte eine eigene Begleitung, was bei
dem bergigen Terrain des Ortes sehr nötig war. Voraus ein strammer Herold, hoch
zu Ross, darauf die bekannte Zugsentwicklung, eine Abteilung Feuerwehr,
Preisfahnenträger, Tambourmajor, Tambours, Marktkapelle, Turner von auswärts
und Festwagen des Turnvereins Kötzting (Huldigung an Vater Jahn), im
Hintergrund eine knorrige Eiche, vorne übende Turner; auch der Turnverein
„Ruhmannsfelden“ brachte einen schönen Turnerwagen.
Im nächsten Wagen die Vertretung des landwirtschaftlichen
Bezirksausschusses; darauf der herrliche Festwagen der Marktgemeinde Neukirchen
„die Jagd“ darstellend und allerlei Getiere, reizend gruppiert; unter einem
Baumstock lag sogar ein lebender Fuchs; hoch oben saß ein balzender Auerhahn;
ein Bild , das jeden Waidmann zu Herzen sprach.
In Festequipage folgten der Magistrat, Gemeindekollegium von Kötzting und das Lokal=Comitee, dem der vom Magistrate Kötzting gestellte Festwagen „Der Ludwigs=Turm“ nachfuhr. Wie freudig der Turm aus dem Waldesgrün herausgrüßte; auf dem obersten Sockel saßen ringsum den Turm 12 Gnomen munter und frisch in die Welt blickend, kleine Knaben von der St. Josephspflegeanstalt hier.
Die Gemeinde Traidersdorf zeigte einen mächtigen Baumstamm
mit Pickel und Hacke unter dem Thema Waldpflege und Jagdleben. Oben der
Auerhahn, in einer Höhle der Fuchs, auf dem Boden eine ganze Fichtenkultur und
ächte stämmige Waldler als Holzknechte und Jäger.
Die Gemeinde Arndorf resp. der Ortsteil Kammern stellte das
landwirtschaftliche Treiben dar, mit Bauernstube
und Getreidetenne. Die Miltacher zeigten einen durch Blumenflor lieblich
wirkenden Festwagen zum Thema „Gärtnerei“.
Nun folgte zuerst eine Musikkapelle und dann ein
Prachtszene. Der Krieger und Veteranenverein stellte ein schaurig ehrfürchtiges
Panorama zusammen: im Vordergrunde eine ergreifende Samariterdienstgruppe:
verwundete Krieger, gepflegt von Schwestern- im Hintergrund, hochthronend die
stattliche „Germania“ (Fräulein Elise Waldmann, die Pfingstbraut desselben
Jahres); umgeben war der Wagen von gefangenen Kürassieren, General und
sonstigen Kriegern zu Pferd; den Wagen begleiteten bayerische
Infanteriesoldaten, die den Gefangenentransport übernommen hatten. Wem fielen
nicht die heißen Augusttage von 1870 ein! Ein feierlicher Schauer ergriff alle,
welche die Prachtgruppe zu sehen Gelegenheit hatten.
Als bewusst gesetzter Kontrast folgte ein fideler
Schützenwagen mit der feschen Schützenliesl der Alt=Schützengesellschaft
Eschlkam.
Herr Rudolf Häfner als Herold des Lichtenegger Festwagens Bild aus der Sammlung Voithenleitner |
Den nächsten Prachtwagen führte Herr Häfner als Herold der Lichtenegger an. Der Wagen selbst stellte die Ruine Lichtenegg dar. Im Vordergrund war Frl. Fischer Else zu sehen, umgeben von drei Edelknaben in Prachtgewändern, begleitet von Rittern zu Pferd, Knappen und Lanzenträgern und als Abschluss folgte als passende Gruppe die Schützengesellschaft Kötzting verkleidet als alte Armbrustschützen.
Wenige Jahre zuvor hatte Kötzting einen Flottenverein
erhalten, was im Fasching nicht wenigen anderen Vereinen Stoff zum Spott und
Hohn gab, hier fanden sie sich mit drei Phantasiematrosen in Seidengewändern
ein, 1 Matrose und 2 Matrosinnen. Hinter ihnen fuhr ein voll
aufgetakeltes Segelschiff mit Namen , na wie heißt es wohl: „Kötzting“
Es lag auf blauen und grünen Wellentüchern; im Schiff
standen und saßen 6 Blaujacken mit freier Brust, keck die Matrosenmütze auf dem
Kopf, 6 Studenten, Söhne hiesiger Beamter und Bürger.
Den Schluss der Festwägen bildete die Huldigung der Gewerbe
an die „Bavaria“. (Frl. Mathilde Hastreiter) gestellt vom katholischen
Gesellenverein. Vertreter der einzelnen Gewerbe standen mit ihren Werkzeugen zu
Füßen der Bavaria.
„Durch das Portal – altdeutsches Tor, eine herrliche
plastische Täuschung, zog der Zug ein, gruppierte sich um die Festtribüne, auf
deren erhöhtem Podium, reichlich mit Blumen umgeben, die Büste Sr Kgl. Hoh.
unseres erhabenen Prinzregenten stand.
Bürgermeister Liebl begrüßte die Gäste und mit einem Hoch
auf den Prinzregenten schloss die Begrüßungs- und Huldigungsrede, worauf von
den Tausenden von Festteilnehmern die Königshymne gesungen wurde, ein Akt der
schönsten und hellsten patriotischen Begeisterung, die so recht zeigte welch
treue Bayern in unserem schönen Walde wohnen“.
Wie immer bei solchen patriotischen Feiern wurde ein
Huldigungstelegramm an den Prinzregenten geschickt, damit dieser auch ganz
bestimmt erfuhr welch brave Bürger hier feierten und vor allem, weil man
wusste, dass kurz nach dem Abschicken eine Antwort aus München zu erwarten war,
die man erneut der feierlich gestimmten Festgemeinde dann vorlesen konnte.
Wirtshaus Wolfgang Stoiber, später Franz Graßl, Bild: Arbeitskreis Heimatforschung |
Der
Gastwirt Wolfgang Stoiber zeichnete für das Telegramm an seine königliche
Hoheit verantwortlich und erhielt von Schloss Linderhof die huldige Antwort,
die die Festgemeinschaft dann wiederum gerührt zu Kenntnis nahm.
Seine königliche Hoheit der P r i n z=R e g e n t lassen
den anlässlich des landwirtschaftlichen Lokalfestes in Kötzting versammelten
Landwirten für die allerhöchst demselben in treuanhänglicher Gesinnung
dargebrachte Huldigung bestens danken.
Für viertausend Teilnehmer waren Festzeichen hergerichtet,
die aber bei weitem nicht reichten, so groß war der Sturm auf die Budenstadt
Heutzutage sind wir auf dem Volksfestplatz an ein zentrales
Bierzelt gewöhnt. Damals wurden vier Wirtsbuden und je eine Wein und Kaffeebude
errichtet. Der „Lindnersche Kinematograph“ wurde allgemein als die beste
Schaubude angesehen, wahrscheinlich waren zu diesem Zeitpunkt die ersten
Stummfilme eine Sensation in Kötzting.
Der oben beschriebene Festzug war der Höhepunkt des ersten
Tages, des Sonntags, der auf dem Festplatz sehr spät endete. Der Montag aber
gehörte der Landwirtschaft. Morgens schon begann der Zutrieb der zumeist
schönen Tiere und mit Eifer und unparteiischer Geschicklichkeit walteten die
Preisrichter ihres Amtes.
Preise wurden vergeben:
für die auswärtigen Prachtwägen (nur 1. Preise)
für die Kötztinger Festwägen (Ehrendiplome)
für Leistungen bei der Durchführung des Festes
(Ehrendiplome)
für landwirtschaftliche Produkte und Gartenerzeugnisse
(Diplome)
für die Bezirkstierschau (Geldpreise mit Preisfahnen)
Und, meinte der Redakteur, abends wieder spät
hinein, Oktoberfeststimmung – wir gingen auf „unsere Wiese“.
Die Kötztinger wollten faire Gastgeber sein und vergaben bei
den Festwägen nur erste Preise, für die eigenen Wägen nur Diplome, hatten aber
die Rechnung ohne die Neukirchener gemacht. Die Kötztinger mussten lesen,
vermutlich im Hohenbogener Boten, dass die Steller des Wagens dadurch
beleidigt worden wären, weil man sie mit den anderen Festwägen auf eine Stufe
gestellt habe.
Bitte seid keine beleidigte Leberwurst!, meinte der
Kötztinger Anzeiger.
Kötzting rechtfertigte sich, dass erstens jeder der Wägen
etwas besonderes dargestellt habe, der eine mehr im Originellen, der andere
mehr im Ausputz, die Kötztinger Vereine sogar, trotz der erheblichen Ausgaben
ganz auf einen Geldpreis verzichtet hätten. Und noch dazu:
originell war der Neukirchener Wagen trotz seiner Schönheit
nicht mehr, da Neukirchen beim letzten Vereinsfest auch einen „ähnlichen
Jagdwagen in Neukirchen“ gestellt hatte. Andere Festwägen mit „von Hunden gezogenen
Böhmerwägerl“ auf eine Stufe zu stellen, war billige aber unfeine
Pressleistung. „Von einer Zurücksetzung Neukirchens kann gewiss keine Rede
sein, aber wir müssen ganz entschieden gegen den Ton der von Neukirchen in der
Presse angeschlagen worden ist, Verwahrung einlegen“ So endete das große
Fest also mit einem kleinen Misston, aber das Resümee fällt sehr positiv aus:
derselbe Kinderfestzug im unteren Markt: Sammlung Voithenleitner , man beachte den Marktbrunnen vor dem alten Rathaus nun der Pfingstreiterbrunnen |
182 Kinder folgten in vielen Gruppen und Bildern den Marktfahnenträgern. Dargestellt wurden Bilder aus dem Volksleben, vom Wirt über die Handwerker bis hin zum Rettich- und Krennweib.
das sind alle Häfnerkinder der Reihe nach Sammlung Voithenleitner |
Andere Nationen kamen auch nicht zu kurz und sogar die vier Jahreszeiten wurden dargestellt. Ein Kinderschützenzug und das edle Burgfräulein von Lichtenegg mit Waldgeistern, Gnomen, Zwergen und Bergleuten bildeten den Abschluss.
drei der in der Zeitung erwähnten Jahreszeiten wurden von den Schwestern Liebl (Bankgeschäft), Schwestern der später geborenen Frau Paula Dietrich dargestellt |
Das Fest neigte sich dem Ende zu, „Alles noch voller Leben und Treiben auf „unserer Wiese“
Nun wurde endlich Nacht und das Brillantfeuerwerk
abgebrannt, Nummer für Nummer wurde mit Beifall aufgenommen, besonders schön
soll der Lichteffekt am Regen gewesen sein, und somit war ein würdiger
Abschluss des Festes geschaffen worden, auch wenn in den vollbesetzten Buden
noch lange weiter gefeiert worden war.
„Wir haben ein schönes Fest gefeiert, dank allen denen ,
die mitgearbeitet haben. Nun aber schmiedet das Eisen, so lange es warm ist.
Der Lokalverein werbe neue Mitglieder, verstärke sich, sammle einen Fond an,
dass in kürzerer Folge wie bisher (etwa alle 3 Jahre) solche feste gefeiert
werden können.“
6500 Personen wurden allein am Kötztinger Bahnhof an den
drei Tagen gezählt.
Tourismus in Kötzting
Diese enorme Anzahl an auswärtigen Besuchern war die
Ursache, dass Kötzting bei den Gästezahlen im Jahr 1905 solch einen großen
Sprung nach vorne gemacht hatte. Im September erstellte der Magistrat eine
kleine Statistik anhand der ausgestellten Fremdenlisten und summierte für das
Jahr 1905 12577 Personen, die als Touristen, Sommerfrischler oder sonstige
Gäste Kötzting besucht hatten, nachdem im Jahre 1904, obwohl dies damals
ebenfalls eine Rekordzahl gewesen war, nur ca. 5500 Gäste anwesend gewesen
waren.
Den Abschluss der regelmäßigen Veranstaltungen im
Jahresverlauf bildete erneut das Weihnachtsfestspiel der
Sankt=Josef=Pflege=Anstalt. Die Kinder übten unter der Anleitung der Schwestern
mehrere Theaterstücke und Singspiele ein. Der Höhepunkt war ein großes
„lebendiges Bild“, genannt der
Kinderfreund. Diese Aufführungen des Josefsheims waren traditionell sehr
gut besucht und stellten in der
Berichterstattung ein Bindeglied dar,
das aus der besinnlichen Weihnachtszeiten heraus zu den Berichten über
Vereinsversammlungen und fröhliche Faschingsfeiern des neuen Jahres 1906
hinüber führte.
Ein Nachtrag zu diesem Überblick über die Zeitungsausgabe von 1905:
die jüdische Familie Kirschner und ihre Verwandtschaft in Kötzting:
die
Familie Häfner war um die Jahrhundertwende bereits sehr fortschrittlich
und hat viele Kötztinger Feste abgebildet. Da der Photograph der Familie sehr
häufig aus dem eigenen Haus- bzw. hier aus dem alten Rathaus- heraus
photographiert hat ist, ist automatisch das gegenüberliegende Haus
sehr häufig der Hintergrund ihrer Bilder. Da ich zZ, das heißt eigentlich
schon seit zwei/ drei Jahren dabei bin die Spuren unserer früheren
Kötztinger jüdischen Mitbürger zu sammeln und zu erforschen, fiel mein
Blick sofort auch auf die Menschengruppe vor dem Kirschner Anwesen. Die
Geschichte unserer jüdischen Mitbürger und ihre Schicksale muss einer
eigenen und für das Internet viel zu umfangreichen Veröffentlichung
vorbehalten bleiben, aber angesichts der tollen Aufnahme aus der
Sammlung Voithenleitner möchte ich eine kurze Bildanalyse hinzuliefern:
dies ist ein vergrößerter Ausschnitt aus dem Kinderfestzugbild von weiter oben: |
Das Bild wurde 1905 aufgenommen, die Kirschners, die den Laden betreiben, sind 15 Jahre zuvor - die ersten Kinder sind noch in Böhmen geboren - aus Modlin in Böhmen zugewandert. Das bayerische Heimatrecht haben sie Alle erst mit dem Kauf des Gebäudes 1894 erhalten. Zu sehen ist also das Geschäft des Moritz Kirschner, einer der Buben ist der spätere Mentor, Gründer und Finanzier des 1.FC Kötzting, ein anderer ist Max Kirschner, der noch im Herbst 1914 am Anfang des Krieges für das Deutsche Reich im Krieg gefallen ist. Eines der Mädchen ist Ida Kirschner, die Frau des späteren Kötztinger Kreisbaumeisters Hermann Seiler, Ida Seiler. Zwei der anderen Mädchen sind in die USA ausgewandert. Eines der Mädchen hatte später als verheiratete Freiwirth 2 Buben, die den Naziterror überlebt haben und später in England und den USA lebten.
Interessant ist die Personengruppe am oberen Ende der Eingangstreppe. Vor allem der bärtige Mann ganz oben scheint eine typisch jüdischen Hut zu tragen. Da ich mit Frau Anna Rosmus in den USA mehr oder weniger regelmäßig Kontakt habe, habe ich ihr gleich den Bildausschnitt zugesandt und um Ihre Meinung gebeten, ob ich mit meiner Vermutung richtig läge. Frau Rosmus hat sich an ein paar Spezialisten für jüdische Kleidung in den USA gewandt und wenige Wochen später kam die Bestätigung:
"The dark hat may be a
Shtreimel. Basically, this is a hat worn by Hasidic men on
special occasions. It is traditionally made of fur. That is my guess.
The other man may also have some type of Hasidic dress on. I am
sending you some pictures to look at comparisons. Of
course this is only my educated speculation."
Da
wir den Familienverband der Kirschners um die Jahrhundertwende genau
kennen, war es wohl so, dass sich Besuch aus Böhmen angekündigt hatte,
um das Kötztinger Spektakel zu bewundern. Die Mädchen und Buben,
festtäglich gekleidet, waren sicherlich nicht in der Kötztinger - katholischen - Volksschule
eingeschult und daher auch nicht Teilnehmer des Kötztinger
Kinderfestzuges.
Dieser
Bildausschnitt ist ein unbezahlbarer Beleg für die damaligen jüdischen
Mitbürger, die sich hier sichtlich gefreut haben und den Festzug und die
festlichen Tage in Kötzting sicherlich genossen haben.
Gerade mal gute 30 Jahre später - ein zeitlicher Katzensprung - und der politisch gesteuerte Hass auf jüdische Menschen zeigte auch in Kötzting Wirkung:
Ausschnitt aus der Kötztinger Umschau vom 29./30. Januar 1983 |
Ergänzung zur Jahreschronik von 1905:
Streit um eine Formalie und der beleidigte Magistrat
In Archiv gibt es einen Bestand "002/1 Familienstandsbögen und Einbürgerungen bis 1912 von A-Z und dort findet sich im Buchstabenbereich "L", den ich im Moment bearbeite, eine Vorgang aus dem Jahre 1905. Die Hauptdarsteller sind Herr Karl Lindner Senior auf der einen und der gesamte Magistrat mit Ausschuss auf der anderen Seite.Der Magistrat forderte ultimativ, Herr Lindner solle seine beleidigenden Äußerungen mündlich oder schriftlich zurücknehmen und drohte andernfalls mit einem Gang vor Gericht. Herr Karl Lindner sieht die Vorwürfe nicht ein und weigert sich in seinem dreiseitigen Brief ausdrücklich seine Anschuldigungen zurückzunehmen.
Was war nun der Anlass des Streits?
ganz einfach: eine Leiter
Nun benutzte die Kötztinger Feuerwehr bei dem Löschvorgang eine kräftige Leiter und diese verblieb auf der Brandstätte, da sämtliche Lindnerschen Leitern mitverbrannt waren. Ein Jahr ging übers Land und die Leiter stand immer noch beim Lindner, woraufhin der Kötztinger Feuerwehrkommandant beim Magistrat anklopfte und dieser einen knappen Brief an Herrn Brauerei- und Sägewerksbesitzer Lindner schrieb, er solle die Leiter endlich abgeben, widrigenfalls der Magistrat diese von einem märktischen Mitarbeiter abholen lassen würde.
Das war nun offensichtlich genau der Tonfall, den Herr Lindner nicht hören wollte und so gab er den Herrn Markträten wohl einige Namen an seinem eigenen Wirtshaustisch in froher Runde.
Dies erfuhren die Kötztinger Räte und daraufhin forderten die Markträte eine öffentliche Entschuldigung in mündlicher oder besser sogar in schriftlicher Form im Kötztinger Anzeiger.
Herr Lindner sah die Sache natürlich ganz anders, und in einem dreiseitigen Brief versuchte er seine beleidigenden Aussagen vom Wirtshaustisch zu rechtfertigen bzw. insofern abzuschwächen, als ihn die Erinnerung an die Brandnacht immer noch umtreiben würden, dies umso mehr, als in seiner Erinnerung der Ablauf der Brandmeldung zumindest suboptimal gewesen war.
Zuerst aber stellte er klar: meine Äusserungen, wodurch sich der Magistrat beleidigt fühlt und die ich zurücknehmen bzw im Kötztinger Anzeiger widerrufen soll, nehme ich nicht zurück und widerufe ich auch nicht.
... daß mich immer noch ein äußerst schmerzliches Gefühl beschleicht, wenn ich an den Brand denke ist leicht erklärlich, um so mehr als ich zu meinen Leitern nicht mehr konnte, das Wohnhaus in äußerster Gefahr stand vom Feuer auch ergriffen zu werden und Niemand im Markte vom Brand etwas bemerkte, erst meine Sohn Karl in den Markt laufen und die Leute aufwecken mußte zum Lärmmachen durch Läuten, durch Trompetensignale, so daß bis Hilfe kam, die Säge mit den
Einrichtungen als verloren angesehen werden mußte, ebenso ein Theil fertiger Waare und Hilfe nur zur Rettung des Hauses angebracht erschien. Ich ersuche nunmehr hiervon Kenntnis zu nehmen und meinen Gemütszustand bei der Rückerinnerung an diesen traurigen Fall auch in Berücksichtigung zu ziehen, mir die Leiter noch kurze Zeit zu belassen und füge nochmals an, daß diese gut verwahrt ist und in ihrem guten zum gebrauch fähigen Zustande erhalten wird.
Karl Lindner
Der im Brief erwähnte Sohn Karl Lindner, ist der spätere Artillerieoffizier Karl Lindner,
Das aber reichte den Markträten nicht und wehrten diese sich gegen seine Beleidigungen mit der erneuten Forderung nach einer Entschuldigung, die wohl auch schlussendlich erfolgte, auch wenn die Forderung nach einer Entschuldigung in der Zeitung nicht mehr erhoben wurde:.Hier der Entwurf des Schreibens:
Hiermit beehren wir uns mitzuteilen, daß der Magistrat in seiner heutigen Sitzung, bei welcher sämtliche Mitglieder anwesend waren, beschlossen hat, die von Ihnen am 18. Mai gemachten beleidigenden Äusserungen sind mündlich oder schriftlich von Ihnen zurückzunehmen.......
Die Leiter können Sie einstweilen bis zur Beschaffung einer neuen Leiter noch behalten.
Magistrat
Liebl
Bürgermeister
Wie in dem Bericht weiter oben zu lesen, hat die Kötztinger Feuerwehr ja im Jahre 1905 eine hochmoderne Feuerwehrleiter erhalten, die beim Lindner deponierte Leiter war dann wohl für den Einsatz verschmerzbar
Die soziale Absicherung 1905 und eine Eingabe beim Königshaus
Bild von Mathias Heilmeier, Waschtische bei der Marktmühle im Regenfluss |
Im Stadtarchiv findet sich ein sehr großer Bestand
Akten über die Heimatrechtsverleihungen., sozusagen die damalige
Sozialversicherung. Heimatrecht bedeutete, dass der jeweilige Heimatort, der einer Person und deren Nachkommen das Heimatrecht verliehen hatte, sich um die
(aller)notwendigsten Mittel kümmern musste, so dass seine
Schutzberechtigten überleben konnten.
In vielen Fällen glich diese Hilfe jedoch mehr einer Unterstützung, um nicht sterben zu müssen.
Passend für das Jahre 1905 fand ich ein besonderes Beispiel solch eines Schicksals.
In dem kleinen, quadratischen Häuschen, hingeduckt zwischen dem Amberger Wohnhaus der Marktmühle und dem Anwesen Winterschneider - alle drei Anwesen nun aufgegangen im Mietshaus Penner - wohnte das alte Ehepaar Müller. Das Haus spielte übrigens schon um 1760 eine armseelige Rolle, als das Abfallwassers des Prioratsmisthaufens regelmäßig deren Wohnbereich überflutete. Siehe "Der Odel ist ein schleziges Wesen" in den Gelben Bänden
Die Familie Müller wurde im November des Jahres 1905 noch als Musterbeispiel in der Zeitung herausgestellt. Durch den Tod des Mannes war die nun 86 jährge Witwe sozial im freien Fall, sie bat um Unterstützung, weil all die Geschenke, die sie für ihr 50 jähriges Hochzeitsjubiläum erhalten hatten nun bereits für die Beerdigung des Ehemannes verbraucht würden.
Die Familie Müller wurde im November des Jahres 1905 noch als Musterbeispiel in der Zeitung herausgestellt. Durch den Tod des Mannes war die nun 86 jährge Witwe sozial im freien Fall, sie bat um Unterstützung, weil all die Geschenke, die sie für ihr 50 jähriges Hochzeitsjubiläum erhalten hatten nun bereits für die Beerdigung des Ehemannes verbraucht würden.
Die Flößerswitwe Anna Müller schreibt am 19. November 1905 an den königlichen Prinzregenten Luitpold: "unser Besitztum besteht aus einem kleinen Hause mit 2/3 Aar Grundstück zur notdürftigen Ernährung einer Kuh" Der Besitz ist wegen der schon lange eingetretenen Erwerbsunfähigkeit so stark mit Hypotheken belastet, dass er für sie keinen Gegenwert mehr hat.
Aufgrund der im Zeitungsausschnitt angesprochenen einmaligen Begegnung des Verstorbenen mit dem späteren Prinzregenten schöpft sie wohl den Mut um an Allerhöchster Stelle um Unterstützung zu bitten, denn so endet sie: " sehe ich einer bitter traurigen Zukunft entgegen.. "Unter Bezug auf die anhängende Zeitungsnotiz und der öfteren Erwähnung der Güte und bekannten Wohlwollens richtet sie die allerhöchst unterthänigste Bitte um eine momentane aussergewöhnliche Unterstützung".
Am 12. Dezember antwortet die königliche Hofkasse und schreibt dem Marktmagistrat Kötzting, dass der Prinzregent 20 Mark für die Bittstellerin zur Verfügung stelle und verlangt vom Mgistrat eine Quittung über diesen Vorgang. Am 13. Dezember, also sofort nach Ankunft des Briefes, quittiert der Bürgermeister Liebl die Auszahlung des Betrages.
Die bereits 1905 hochbetragte Flößerswitwe lebte noch viele Jahre, denn es sind amtliche Schreiben übermittelt, die den schlechten, ja katastrophalen Bauzustand des Hauses beim Magistrat anmahnen und um Abhilfe auffordern: Der Kamin, inner und außerhalb des Hauses sei nicht feuersicher, sowohl die Treppenunterkonstruktion als auch die Dach und Dielenbretter seien verfault und müssten dringend ausgetauscht, bzw. unterstützt werden. Im Dezember 1913 wurde der Anna Müller der Beschluss eröffnet und 1915 schreibt der Bürgermeister Wensauer für den Magistrat an den Rand, dass nichts geschehen sei.
Aus dem Jahre 1892 existiert ein Plan, in dem die Entwässerung des BZAgebäudes eingezeichnet ist und der exakt den Bereich aufzeigt:
Zusage für 20 Mark aus der königlichen Hofkasse |
Am 12. Dezember antwortet die königliche Hofkasse und schreibt dem Marktmagistrat Kötzting, dass der Prinzregent 20 Mark für die Bittstellerin zur Verfügung stelle und verlangt vom Mgistrat eine Quittung über diesen Vorgang. Am 13. Dezember, also sofort nach Ankunft des Briefes, quittiert der Bürgermeister Liebl die Auszahlung des Betrages.
Die bereits 1905 hochbetragte Flößerswitwe lebte noch viele Jahre, denn es sind amtliche Schreiben übermittelt, die den schlechten, ja katastrophalen Bauzustand des Hauses beim Magistrat anmahnen und um Abhilfe auffordern: Der Kamin, inner und außerhalb des Hauses sei nicht feuersicher, sowohl die Treppenunterkonstruktion als auch die Dach und Dielenbretter seien verfault und müssten dringend ausgetauscht, bzw. unterstützt werden. Im Dezember 1913 wurde der Anna Müller der Beschluss eröffnet und 1915 schreibt der Bürgermeister Wensauer für den Magistrat an den Rand, dass nichts geschehen sei.
wenige Jahre später moniert das Bezirksamt (=Landratsamt heutzutage) den gefährlichen Bauzustand des Hauses am Regen |
StA Landshut Rep 164-8 Nr. 40 von 1892 |
[1] Bayerische Staatsbibliothek München,
4Eph.pol.3cel 1900 ff
[2] aus dem katholischen
Gesellenverein entstand später die Kolpingsbewegung
Eine wirklich toller, interessanter Beitrag. Bitte mehr davon.
AntwortenLöschenInteressant für mich persönlich wären die Kinderfestzüge der Jahre von
1962 bis ca. 1969. Habe davon leider nur zwei, drei Fotos.
mfg. Karola Leisegang