Der Kampf um die Verteilung der Zeltendorfer Gemeindegründe im "Stirzl"
4 Klein gegen 10 Großbauerne
So wie im vorherigen Beitrag der Kleinhäusler um seine Existenz in Weißenregen hatte kämpfen müssen, so wurde auch in Zeltendorf mit harten Bandagen gekämpft, als es anfangs des 19. Jahrhunderts darum ging, die Waldweidegründe, die im Gemeindebesitz gewesen waren, an alle Gemeindeglieder, egal ob große oder kleine Bauern, zu verteilen.
Im Staatsarchiv Landshut findet sich in den Akten des Landgerichtes Kötzting äO folgender Akt:
In Sachen des Anton Karl et. Cons. Kleingütler von Zeltendorf gegen Peter Gammer et Cons. Großbegüterte von dort wegen Abtheilung der dortigen Gemeindegründe abgehalten
Zeltendorf den 1ten September 1832
Vermessungsamt Cham Zeltendorf Uraufnahme NO_051_41_1831 das Dorf Zeltendorf ist unten rechts am Rande dargestellt |
Plan der Zeltendorfer Gemeindegründe aus: Staatsarchiv Landshut Rep 165 A 7103 |
Legende des Planes:
Plan
von
den Zeltendorfer Gründen
A: Gemeinde Birkenberg haelt 130 Tagw 41 Deci(mal)
B: Gemeinde Birkenberg haelt 53 Tagw 29 Deci
c: die Gemeinde Hirt Wies 1 Tagw 16 Deci
d: ebenfals ein Hirt Wiesl zu 34 Deci
e: ein Gemeinde Hirten Ackerl zu 89 Deci
f: ebenfals ein Hirten Ackerl zu 33 Deci
Summa der Gemeinds Gründe 186 Tagw 42 Deci
g: eine Grenz=differenz von 20 Deci
Zeichenerklärung:
Graenze der Gemeinde Gründe
Graenz Pflöcke
Birken mit wenig Fichten Unterwuches = rosa Fläche
Wiesen für den Gemeindehirten = blaue Fläche
Felder für den Gemeindehirten = hellgrüne Fläche
Unterschriftsliste der Kläger Hz=Handzeichen |
Hintergrund dieser Gemeindegrundsaufteilung ist die Neuordnung Bayerns zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Nicht nur die kirchlichen und religiösen Bedingungen wurden auf den Kopf gestellt, auch in den Dörfern, Märkten und Städten blieb vieles nicht mehr beim alten. Bis dahin galt das Verbot des Alleinehütens. Die Tiere der einzelnen Bauern mussten durch einen Gemeindehirten in einer Herde auf die Weide geführt werden, die im Besitz der Gemeinde als Ganzes war. Alleinehüten war bis damals bei strenger Strafe verboten und wurde auch regelmäßig bestraft.
Um den Sachverhalt zu prüfen wurde eine Kommission eingesetzt und führte eine mehrtägige Begehung der Zeltendorfer Wald und Feldflur durch.
Als erstes wurde nun der momentane Vieh- und Grundbestand der einzelnen Bauern ermittelt, den bereits erhobenen Zahlen von 1831 wollte man nicht vertrauen. Danach wurde der zu verteilende Gemeindebesitz aufgenommen.
In der Kommison waren vertreten:
von Landgerichtsseite:
Der k. Landgerichtskommissär Assessor Attenberger
Aktuar Plöderl
der Gerichtsdienersgehilfe Pösch
die beigezogenen Sachverständigen:
a: auf Seiten der Großbegüterten:
Georg Schirlitz Bauer aus Zittenhof
Michl Mühlbauer Austragsbauer von Blaibach
b: auf der Seite der Kleinbegüterten
Anton Gotz Söldner von Ramsried
Joseph Altmann Häusler von Bärndorf
c: von Seiten des Gerichts:
Georg Bauer Gütler von Grafenwiesen
Das Verfahren nimmt Rücksicht auf einen Gerichtsbeschluss von 1826, in dem von höchster Stelle festgestellt worden war, dass auch die Kleingütler bei der Verteilung der Gemeindegründe zuzulassen seien. Die zugrundeliegende Verordnung hatte allerdings bereits 1814 Gesetzeskraft erhalten.
Und so standen sich beim Ortstermin die beiden ungleichen Gruppen aus Zeltendorf gegenüber:
Anton Karl Häusler
Ander Simeth Häusler
Anton Amberger Ansiedler
Johann Wensauer Gütler
Wolfgang Vogel Söldner
Ander Wensauer für seine verwittibte Mutter Katharina
Ander Plötz ½ Bauer
Peter Gammer Söldner
Simon Wensauer ½ Bauer
Georg Hunger ½ Bauer
Joseph Fischer Söldner von da ehemals Paul Heller
Ander Plötz Söldner
Joseph Mühlbauer ½ Bauer
Der zehnte „Streitsgenosse“ – Georg Kreutz hatte seinen „Streitsabstand“ erklärt, er hatte also von dem Prozess Abstand genommen.
Nach der Begehung der Fluren, Aufnahme des Viehbestandes und der eigenen Grundstücke der Bauern und des genauen Umfangs der Gemeindegründe, mitsamt der dem Hirten überlassenen Wiesen und dem 1/64 Tagwerk großen Garten in der Ortsmitte wurden die beigezogenen Sachverständigen befragt:
1. Frage: ob die Großbegüterten durch eine Verteilung der Gemeindegründe insbesondere in ihrer Schaf- und Pferdezucht ein Schaden zugefügt werden würde.
2. Frage: ob die Großbegüterten zukünftig ihren Viehbestand überhaupt behalten würden können.
Der Sachverständige Altmann, Häusler, sieht keinen Nachteil für den Viehbestand und Schaf und Pferdezucht kämen in der Gemeinde Zeltendorf ohnehin nicht vor. Klein und Großbegüterte hätte für ihren Viehbestand eher einen Vorteil wenn die Gründe aufgeteilt werden würden. Die Verteilung würde großen Nutzen bringen, weil der einzelne Eigentümer auf seinen Anteil gehörig Aufsicht pflegen würde, anders als wenn die Weide allen gemeinsam gehören würde. Auch der Viehbestand der Großen könnte gleichbleiben, weil nun die Gründe durch ihre neuen Besitzer verbessert werden würden.
Der zweite Sachverständige Anton Gotz, Söldner, meinte, dass durch die Verteilung beiden ein großer Schaden zuwachsen würde., denn einer würde kultivieren , der andere nicht. An Streu gibt es eh einen Mangel, fehle es noch mehr an Streu, so würde auch der Dünger vermindert und wenn dann auch noch die Weide abgetrennt würde, so musste zwangsläufig auch der Viehbestand darunter leiden.Nach der Begehung der Fluren, Aufnahme des Viehbestandes und der eigenen Grundstücke der Bauern und des genauen Umfangs der Gemeindegründe, mitsamt der dem Hirten überlassenen Wiesen und dem 1/64 Tagwerk großen Garten in der Ortsmitte wurden die beigezogenen Sachverständigen befragt:
1. Frage: ob die Großbegüterten durch eine Verteilung der Gemeindegründe insbesondere in ihrer Schaf- und Pferdezucht ein Schaden zugefügt werden würde.
2. Frage: ob die Großbegüterten zukünftig ihren Viehbestand überhaupt behalten würden können.
obere Hälfte des Plans aus dem Gerichtsakt, übertragen auf den Plan des Vermessungsamtes, Uraufnahme Gemarkung Zeltendorf NO_051_41_1831 |
Der Sachverständige Altmann, Häusler, sieht keinen Nachteil für den Viehbestand und Schaf und Pferdezucht kämen in der Gemeinde Zeltendorf ohnehin nicht vor. Klein und Großbegüterte hätte für ihren Viehbestand eher einen Vorteil wenn die Gründe aufgeteilt werden würden. Die Verteilung würde großen Nutzen bringen, weil der einzelne Eigentümer auf seinen Anteil gehörig Aufsicht pflegen würde, anders als wenn die Weide allen gemeinsam gehören würde. Auch der Viehbestand der Großen könnte gleichbleiben, weil nun die Gründe durch ihre neuen Besitzer verbessert werden würden.
Der dritte Sachverständige war Georg Schierlitz, Bauer vom Zittenhof, dieser hatte in die Familie Robl vom Zittenhof eingeheiratet und war ein Abkömmling der Schierlitz von Thenried.
(HStA München Ger. Kötzting Lit 5) Auch dieser meinte einen großen Schaden für den Viehbestand vorherzusehen, weil die Kleinbegüterten aus den Birkenbergen Wiesen und Felder machen würden, weil es Ihnen vor allem daran mangeln würde und daher den Großen die Weideflächen dadurch vermindert würden. Auch er bemängelt den Verlust an Einstreumöglichkeiten.
Anschließend äußerte sich noch Michl Mühlbauer, Austrägler aus Blaibach zu den Fragen:
er befürchte größten Schaden und beruft sich dabei auf seine Erfahrungen bei der Aufteilung der Gemeindeflur in Blaibach. Zwar sieht auch er, dass von Schaf- und Pferdezucht in Zeltendorf keine Rede sein kann. Auch er sieht die Umwandlung von Waldweideflächen in Äcker und Wiesen durch die Kleinbegüterten als großen Nachteil für den Viehbestand der Bauern. Er sieht eine problematische Abwärtsspirale aus Streumangel - weniger Mist und damit Dünger - geringere Ernteerträge auf den vorhandenen Flächen der Bauern.
Georg Bauer als der letzte Sachverständige schlägt in dieselbe Kerbe und sieht nur Nachteile und sieht in der Forderung der Abteilung durch die Kleinbegüterten ganz klar nur die Absicht diese Flächen zu riedern und unter den Pflug zu nehmen, meint aber, dass die Zeltendorfer im Verhältnis zu ihren Privatgründen einen viel zu großen Viehbestand hätten.
Nach diesen Sachverständigenaussagen beschließt die Kammer des Inneren der Regierung des Unterdonaukreises in Passau am 21.1.1835
Die Kleinbegüterten seien in dem Gemeindegebieten "zum Genusse der Laubstreu in den sogenannten Laubbergen zuzulassen, als denselben für ihr eigenes Vieh, welches sie zur Hausnothdurft gebrauchen...wozu aber das zum Verkauf gehaltene Vieh nicht gehört."
Es war also ein Sieg 2. Klasse, nicht ein Eigentum an den gemeindegründen konnte durchgesetzt werden sondern nur ein Nutzungsrecht. Offensichtlich war den Beteiligten die Gefahr zu groß erschienen, dass die Häusler aus der Waldweide Felder machen könnten.
Die Archivalien stammen alle aus dem Bestand: Staatsarchiv Landshut Rep 165 7103
Das Kartenmaterial stammt vom Vermessungsamt Cham Uraufnahme NO_051_41_1831