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Mittwoch, 23. Oktober 2024

Die nächste - schöne - Überraschung

 Zur Zeit kommen werden im Wochenrhythmus interessante Dokumente im Stadtarchiv abgegeben und gestern war es eine große - eine sehr große - Überraschung.
Als vor zwei Jahren im Zusammenhang mit der 100 Jahrfeier des 1. FC-Kötzting versucht wurde das alte Material zu sichten, gab es zunächst nur Fehlanzeigen und - durch schlechte alte Bürokopien belegt - die Sicherheit, dass es bereits von Anfang an Chroniken des Fußballvereins gegeben hatte.
Im Laufe von - tatsächlich - langjährigen Nachforschungen kam dann tatsächlich die erste Chronik des Julius Kirschner zutage zusammen mit vielen Leitzordnern mit Zeitungsausschnitten und Berichten aus vielen Spielzeiten.
Das Buch zum Jubiläum konnte fertiggestellt und Ende 2021 der Öffentlichkeit präsentiert werden. Diese erste Chronik des FCs deckte den Zeitraum seit der Gründung im Jahre 1921 bis zum Ende der sportlichen Aktivitäten mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ab.

Gestern nun landeten auf meinem Schreibtisch die Chroniken 2-7, die beginnend mit dem 1.8.1945 bis weit hinein in die 70er Jahre die vorhandenen Lücken füllen.

StA Kötzting 134/158 die Chroniken des FC-Kötzting

Natürlich enthalten diese fortlaufenden Chroniken im wesentlichen Spielberichte - nur für absolute Fußballfans interessant - dazwischen - und vor allem in der Anfangschronik - verbergen sich viele kleine Geschichten und Anekdoten, die einen ganz besonderen Blick auf diese Nachkriegszeit in Kötzting erlauben.

Vor allem die von Franz Oexler geführte 2. Chronik - also die erste nach dem Zweiten Weltkrieg - steckt voll von Leben und Kämpfen um den Erhalt des Fußballsports in Kötzting.

StA Kötzting 134-158 die Chronik Nr. 2 vom 1.8.1945

Gerade die Chronik 2, die den Neubeginn markiert und begleitet erzählt uns viel aus dem Spannungsfeld zwischen der amerikanischen Militärregierung - mit dem Wünschen der amerikanischen Soldaten nach einem Football-Platz - und dem aufkommenden Bedürfnis der jungen Kötztinger, sich sportlich zu betätigen.

Einschub:
Bei einem Treffen  - 30 Jahre nach diesem Neubeginn - das 1977 Haymo Richter im Hotel zur Post organisiert hatte, erzählte Franz Oexler unter anderem davon, dass in dieser Anfangszeit sogar zwei Kötztinger Spieler verhaftet worden waren, weil sie sich öffentlich auf dem Platz über die Leibesfülle des Amerikanischen Kommandanten lustig gemacht hatten. Später, so Franz Oexler, waren die Kontrahenten dann "beste Freunde" geworden.
Einschub Ende

Und aus dieser "Anfangs"chronik möchte ich die ersten und dann auch letzten Einträge veröffentlichen, um zu dokumentieren, mit welchen Schwierigkeiten - und pragmatischen Lösungen - der FC Kötzting damals zu kämpfen hatte.

Der erste und der zweite Gegner der Kötztinger Truppe war die Baumannschaft der 11.PD, der ja nach ihrer Kapitulation der Großraum Kötzting zur Übergabe zugeteilt worden war und von deren Soldaten im Spätsommer 1945 nur noch wenige vor Ort in Kötzting geblieben waren. 





Hier die Aufstellung der ersten Kötztinger Mannschaft nach dem Krieg und auch gleich eine kleine
"Sportgerichtsverhandlung"


Dann kam mit dem Viechtacher Fußballverein zum ersten Male eine gegnerische Mannschaft nach Kötzting und  zwei Wochen später wurde dann in Viechtach das erste Auswärtsspiel absolviert, bei dem es auch auf den Zuschauerrängen hoch her ging.


 und 

Der Anfang war gemacht, dann jedoch kam eine erste Hiobsbotschaft, die Amerikaner beanspruchten den Platz für sich alleine.



Im Oktober 1945 wurde dann endgültig aus der "Spielschar" der "1.FC-Kötzting" und Franz Oexler, der alte und neue Chronist,  berichtete von der Gründungsversammlung:




Die erste Mitgliederliste, ein "Who-is-Who" der Kötztinger Bürgerschaft



Es folgte eine große Weihnachtsfeier des Jahres 1945 mit einem ausführlichen Gedicht des Nikolaus  über die einzelnen Mannschaftsmitglieder.







Es konnte natürlich nicht nur aufwärts gehen, es gab Rückschläge und Streitereien in dem neuen Verein und im Sommer 1946 beendete Franz Oexler sein Engagement als Chronist und übergab den Bleistift an G. Rauscher.
Hier noch sein abschließendes Resümee, mit den Gründen für seinen Rückzug.







Montag, 21. Oktober 2024

Bildbericht Hochwasserfreilegung

Es geht weiter mit Bildern aus der Zeitungsredaktion der Kötztinger Umschau, welche alle über eine private Sammlung von  Frau Renate Serwuschok dem Arbeitskreis Heimatforschung übereignet worden waren und nun im Stadtarchiv Kötzting Stück für Stück gesichtet und digitalisiert werden. 
Da wir zusätzlich auch eine fast vollständige Sammlung von Zeitungsausgaben aus den Nachkriegsjahren in unserem Bestand haben, können viele der Bilder dann auch einzelnen Zeitungsartikeln zugeordnet werden.
Die heutige Bilderserie enthält zwar Aufnahmen von Kötztinger Ortsteilen, die alle bereits in anderen Zusammenhängen abgebildet worden sind, alle abgebildeten Gebäude sind aber mittlerweile der Hochwasserfreilegung zum Opfer gefallen und daher umso interessanter auch in der Wiederholung.
Hier der link zur Chronik derMarktmühle.
Die alte Oberberger bzw. Kollmaierbrücke im Februar 1977

Der Marktmüllerstadel 

Kötztings Schilderwald der autogerechten Straße

Auch die "alten" Autos sind hier interessant

Irgendwie ist es schon schade um dieses Kleinod


Die Oberbergerbrücke in ihrer ganzen Schönheit

Nicht nur ein Hindernis für den Begegungsverkehr sondern auch der Tatort für ein außergewöhnliches historisches Ereignis zwischen dem damaligen Bürgermeister Kollmaier und dem Regensburger Bischof v. Senestrey.



Hier der dazugehörige Zeitungsartikel.


Montag, 14. Oktober 2024

In Kötztings Untergrund

Manchmal braucht es einen Zufall, der einem die Nase auf einen Fund stößt, der eigentlich direkt vor Augen liegen sollte. Durch den Umbau des Rathauses - aus Platzgründen - gezwungen, temporär  Raum und Platz im Keller zu schaffen, kam vor Monaten Ordner zutage, der bereits einmal hier vorgestellt wurde. 

Worum gings bei diesem Fund? 

Im Jahre 1991 machte in Kötzting Walter Schneider, ein pensionierter Diplombergingenieur aus Zwiesel, (Arbeits-)Urlaub und benutzte diese Urlaubszeit, um seinem Hobby und Beruf gleichzeitig zu frönen, in die Tiefe zu steigen.
Das Ergebnis seiner Recherche in Kötztings Untergrund füllte 5 Schulhefte und war mir bisher nur in S/W Bürokopien bekannt.

Nun beim Auf-/Ausräumen kamen wir über seine Originalzeichnungen und - im ersten Heft - auch seine Erläuterungen über Kötztings Untergrund und die Entstehungsgeschichte der vielen Kötztinger Keller. 

Und siehe da, unter diesen Plänen befand sich auch eine Bestandsaufnahme der beiden Häuser am Marktplatz, die zum Anwesen meines Vaters gehörten, und darinnen war ein verschütteter Felsengang eingezeichnet.
Nun war ich zwar in meiner Kindheit so gut wie nie im Keller des Nachbarhauses, auch weil die Kellerräume den einzelnen Mietern als Lagerräume zur Verfügung gestanden hatten und abgeschlossen waren.
Heutzutage, als niemand mehr solche eher feuchten Kellerräume als Lagerplatz nutzen möchte, liegen halt zufällige Hinterlassenschaften früherer Mieter herum welche mir den Blick auf diesen möglichen Gang versperrt hatten und der mir doch tatsächlich unbekannt war.

Foto Pongratz

Hier der Plan über die Kellerlandschaft unter dem Hause Marktstraße 30.



Tatsächlich gibt es diesen Gang, der vielleicht zwei Meter weit zu sehen ist und offensichtlich in die Tiefe führt. Der Boden dieses Ganges ist mit Erde verfüllt. Der Gang selber scheint in den gewachsenen Felsen getrieben worden zu sein und harrt nun einer weiteren Erforschung.

Passend dazu ein Bericht aus der Mittelbayerischen über eine Kellerfreilegung in Waldmünchen.



Hier nun die weiteren Bilder von diesem "Gang"








Der Gang scheint abwärts zu führen in einen Bereich des Hauses, der ansonsten nicht unterkellert ist




Was mir jedoch hier dann doch - als Laien in dieser Hinsicht - auffällt ist die Tatsache, dass der abzweigende Gang einen gut bearbeiteten Überlegerstein erhalten hat, der selber dann mit Mauerziegeln gestützt wird.'
Mal schauen, ob daraus noch einmal etwas Interessantes werden kann.




Freitag, 11. Oktober 2024

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 83

  Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen. Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.

Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


Alte Hausnummer 83
beim Kaminkehrer


Detail aus den Luftaufnahmen Serwuschok
Die Häuser in der Reihenfolge von rechts: Lagerhalle der Sagmühle Höcherl - das Anwesen Baumgartner - das Haus des Wolfgang Ludwig - das "alte" Hoiss-Haus - das "Kaminkehrerhaus.
In der Kurve auf der anderen Straßenseite das in den Dreißiger Jahren neu erbaute Haus des damaligen Kötztinger Bürgermeisters Hoiss.

Detail aus Vermessungsamt Cham: 5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_2_1-01

Bild Sammlung Baumgartner: hier das "Haus des Kaminkehrers", wie es im 19. Jahrhundert genannt wurde, ganz links.




Michael Kreutzer und Elisabeth Fischer




Dieses Haus gehört zu den eher jüngeren unter den Kötztinger Häusern.
Aus dem Jahre 1783 haben wir einen eigenen Akt im Stadtarchiv:
Kreutzer Michael v. Straubing Antrag um Kaminfegergerechtigkeit.
Der Chamer Kaminkehrer Dominikus Marzy ist für Cham, Viechtach u Kötzting zuständig. Bei Feuersbrunst zu weit weg. Kreuzer wird auf 1 Jahr angestellt. In Straubing soll er in die Kaminkehrerlaad  als Meister eingetragen werden. 
Vor 100 Jahren seien in in Kötzting bereits Kaminkehrer vorhanden gewesen. Marty protestiert auf massivste Weise. Er versucht  auf alle alle Arten, Kreutzer zu vertreiben. 

In den Marktrechnungen von 1784 stellt sich dann dieser kurz protokollierte Vorgang - abschließend - so dar. 

StA Kötzting Marktrechnung von 1784 Seite 24
"Dominikus Marty Kaminfeger zu Kam hat zwar ehedessen wegen seinen allhier gaudierenten Bürgerrecht zum gewöhnlichen Jahresschilling 8x 4 H abgefiehret.
Nachdem aber anheuer, auf Speciales Antrungen der Burgerschaft ein eigener Kaminfeger, in der Persohn des Michaeln Kreutzer gelehrneter Kaminfeger gesöllens von Straubing aufgenohmen: mithin dem Marty das Bürgerrecht aufgesagt worden.


Auch wenn dieser Vorgang nicht ohne juristisches Nachspiel geblieben ist, so ist doch der Markt Kötzting um einen Bürger reicher geworden, der den von der Bevölkerung gewünschten Beruf mitbringt, den eines Schornsteinfegers.
Der Markt Kötzting ließ sich sein "Schutzgeld" für seinen neuen Mitbürger teuer bezahlen und doch war der neue Kaminkehrer nur ein sogenannter "Insasse", hatte also nur ein minderes Recht als Kötztinger Bürger. Dies lag vor allem daran, dass er keinen Grundbesitz nachweisen konnte. Erst sein Sohn Georg wird Jahre später einen Antrag auf Zuweisung eines Baugrundes stellen. Doch zunächst weiter mit der Elterngeneration
Im Jahre 1803 wurde nach Michael Kreuzers Tod eine Erbaufteilung vor dem Magistrat protokolliert. Der Grund für dieses Protokoll ist die Verehelichung seines Sohnes Georg.
StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1803: "Michael Kreuzer bürgerlicher Insaß und Kaminkehrer verstarb mit zurücklassung 2er Kinder benanntlich Georg und Katharina..."


In diesem Protokoll wird die vorherige - Michael war ja ein weiteres Mal verheiratet - Ehefrau, Barbara, erwähnt, und, dass Michael Kreutzer wegen seiner damaligen Mittellosigkeit weder mit der ersten noch mit seiner zweiten Ehefrau einen Heiratsvertrag abgeschlossen hatte.

Einschub
Am 4.2.1793 hatte  - der Kaminkehrer und Witwer der Barbara Spindler - Michael Kreuzer die Kötztinger Nagelschmiedstochter Elisabeth Fischer geheiratet.
PfA Kötzting Band 15: Heiratseintrag des Witwers Michael Kreuzer mit der Elisabeth Fischer


Die Ehe hatte allerdings nur eine kurze Dauer, denn bereits am 9.11.1793 starb Kreutzer Elisabeth, die "Kaminfegerin" im Alter von gerade mal 49 Jahren an einem Schlaganfall.
Kreutzer Michael selber verstarb am 13.3.1801 mit 57 Jahren
Einschub Ende


Sein ganzes Vermögen hätte aus 100 Gulden bestanden, welche beim Kötztinger Marktlehner Andreas Weiß (Weiß auf der "Höh") aufliegen würden. Diese 100 Gulden wurden nun gleichmäßig auf die Stiefmutter und die 2 Kinder, Georg und Katharina aufgeteilt.
Der nunmehrige Kaminkehrer Georg mache sich "anheischig" (macht eine Zusage), seiner Stiefmutter für einen Herbergszins alle Vierteljahr 2 1/2 Gulden zu bezahlen.
Gleich anschließend wurde ein Heiratsvertrag geschlossen zwischen dem Sohn Georg Kreutzer und dessen Braut, einer Barbara Sturm, Taglöhnerstochter aus Arndorf.
StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1803: "2. Heuratsbrief per 120 fl
Georg Kreuzer bürgerlicher Insass und Rauchfangkehrermeister in Kötzting in Judicio selbst anwesend bekennt in Kraft dis...."


Georg Kreuzer und Barbara Sturm


Im gleichen Jahr seiner Heirat - 1803 - wurde auch dem Sohn das Kötztinger Bürgerrecht verliehen, ebenfalls als ein "Insasse", er wäre also bei der anstehenden "Kommunalwahl" nicht wahlberechtigt gewesen.
Im Jahre 1806 - offensichtlich hatte er im Vorjahr einen Bauplan und ein Gesuch eingereicht, um am "Schusterbergl" eine Stück Gemeindegrund ausgewiesen zu bekommen -   wird von Seiten des Magistrats aber sehr dezidiert festgehalten, dass Georg Kreutzer "Schupfen und Backofen auf Gemeindegrund gebaut und Haus doppelt so groß wie der Plan" errichtet hatte.
36 Schuh lang und 26 Schuh breit war ihm ein Platz angewiesen worden und seinen Antrag hatte er damals damit begründet, dass es wichtig sei, "daß er Kaminkehrer einen bestimmten Wohnplatz habe, wo man ihn im Nothfall aufsuchen" könne. 
Auf sein Ansuchen wird ihm aber dezidiert mitgeteilt, dass er über den reinen Bauplatz hinaus - der Baugrund bleibe sowieso Besitz des Marktes - "keine Grunderweiterung unter keinem Titel einen weiteren Anspruch" hätte. Selbst der Backofen müsse - zur Vermeidung neuerer Umstände - "an der Kuchel angebaut werden."
Das Haus müsse aus Steinen errichtet werden, das Dach mit Schindel bedeckt und der Brandversicherungsgesellschaft müsse beigetreten werden.
Auf die noch unverteilten Gemeindegründe habe Georg Kreuzer keinen Anspruch, dürfe jedoch sein benötigtes Wasser aus dem Brunnen bei der "Wilhelm Finkischen Behausung" schöpfen.
Er und alle seine Nachkommen müsse "sich der Viehhaltung, wie diese Namen haben mag, gänzlich enthalten, nicht eine Henne zu halten, weniger mehr, ist ihm verstattet."
Dieses Protokoll unterschrieben Georg Kreutzer und Georg Frisch (als Beistand der Ehefrau)
StA Kötzting AA V 24 
Georg Kreuzer
Georg Frisch königl. Landgerichts Procurator als Beistand dess Eheweib

Offensichtlich wollte der Kaminkehrer Georg Kreuzer dann später doch noch mehr, denn der damalige Landrichter v. Pechmann forderte mit Datum des 19.1.1807 vom  Magistrat eine Stellungnahme zu einer Eingabe, die Kreuzer gleich direkt beim Landgericht gemacht hatte.
Unterschrift des Landrichters v. Pechmann
Die Antwort des Magistrats ließ an Deutlichkeit nichts mangen:
"Wenn man es vorgesehen hätte, dass Kreuzer Wohltatten mit verschlagener Münze (also mit Falschgeld) solcher Art bezahlen würde, so hätte er Kaminkehrer und zugleich Insaß bleiben können und er hätte seine dermalige Beschwerde von selbst entübrigt."
Nun aber, da man ihm auf sein Gesuch einen Bauplatz unentgeltlich überließ, "wird er wortbrüchig und will im fremden Eigenthum seine Habsucht sättigen."
Das Haus sollte bis zum Dachstuhl gemauert werden, nun jedoch ist nur der erste Stock gemauert und er Rest aus Holz aufgebaut.
Der Hausplan beschränkte sich auf die Familie des Kreuzer, nun jedoch ist das "Gebäude für die Aufnahme 3er Inwohnerfamilien geeignet".
Der Backofen stünde frei 60 Schritt vom Hause entfernt und sogar eine Kuh würden die Kreutzers in einem an das Haus angebauten Stall halten.
Die Vorwürfe enden mit dem Satz: " So handelt der Kreuzer mit der hiesigen Marktgemeinde
Man ließ geschehen, dass er sich nahe beim Haus einen Brunnen richtete, daß er auf der oestlichen Seite ein kleines Wurzgärthchen anlegte und die S.V. Dungstätte nebst dem Abtritt hinter dem Hause anbrachte. Als er jedoch einen Schupfenbau versuchte, konnte man aber seinen willkürlichen Ausgriffen nicht mehr gleichgültig zusehen."
Platz für die Holzschupfe brauche er nicht, Holzlege habe er genug am Platz, wo er "Zinsleuthe halten will." Seine "Feuerleuttern - höchstens 10 Schuech lang - kann er im hausfelz gemächlich und gesichert unterbringen."
Nun folgt ein Absatz über die damalige Nutzung des Schusterbergl, der interessant ist:
"Das Schusterbergl ist ein Eigenthum der Gemeinde, es ist dieses für den gemeinnützigen Zweck eines beschränkten S.V. Schweinstrieb bestimmt und nebenher wird da Beschütt zur Straßenreparatur genommen man kann dises also nicht so geradehin dem Kreuzer zu seinen Launichten gemeß überlassen."
Der Magistrat bitte, dass die Beschwerde Kreuzers zurückgewiesen werde.
Pechmann reicht den Vorgang an seine vorgesetzte Behörde in München weiter und erhält von dort die Antwort, er solle erstinstanzlich entscheiden, wie mit dem Gemeindegrund verfahren solle und bis dahin müsse der beantragte Abriss des Schuppens unterbleiben. 
Da der Akt damit endet, steht zu vermuten, dass, wie in vergleichbaren Fällen auch, das Markt hier seltsamerweise am kürzeren Hebel war, und Kreuzer seinen Ausbau behalten durfte. 

Georg Kreuzers kleiner Sohn Mathias starb mit gerade mal 12 Monaten an Pocken am 24.8.1805 und der Vater folgte ihm nur zwei Jahre später, am 19.12.1807 ins Grab. Mit 27 Jahren verstarb er an Faulfieber. 
Ein Jahr vor seinem Tod konnte Georg Kreutzer nun als Hausbesitzer - wenn auch genau zu dieser Zeit im Streit mit dem Magistrat - auch an der Bürgermeister- und Ratswahl teilnehmen und sein handschriftlicher Wahlzettel hat sich erhalten.
StA Landshut LGöO Kötzting Nr. 793

 "Votum
Vom Georg Kreutzer   Haus Nr. 72 1/2
Wahl zum Bürgermeister
Johann Georg Wintdorfer   Hausnummer 81  

Wahl zum Ratherrn

Peter Kraus  Haus Nr. 3
Anton Mack   Haus Nro 99
Johann Nepomuk Schebberl  Haus Nro 56
Heinrich Lesser  Haus Nro 44

Wahl zum Ausschuss

Leonhard Has  Haus Nro 91
Andreas Fischer  Haus Nro 87
Xaveri Auzinger   Hausnro 77
Joseph Reithmeier Haus Nro 67
"

Die von ihm damals - und auch im später folgenden Häuser- und Rustikalsteuerkataster - angegebenen Hausnummer stimmen noch nicht mit den späteren sogenannten "alten" Hausnummern überein, weil bei der Durchnummerierung der Kötztinger Anwesen zunächst sämtlich Gebäude in kommunaler bzw. kirchlicher Hand übersprungen und damit ausgelassen worden waren.  Mit dem Grundsteuerkataster von 1841 erhielten auch diese Objekte (z.B. Veitskirche, Rathaus, Kirche, Kirchenburg, Widtum u.ä.) eine eigene Nummer.


Karl Diermeier und Kreutzer Barbara



Den damaligen Sitten und Bräuchen entsprechend, betrug die Wartezeit für eine Wiederverheiratung ein ganzes Jahr - außer es wären viele kleine Kinder zu versorgen gewesen - und so kam es nach gut 13 Monaten zur neuen Eheschließung der Kaminkehrerswitwe, die aber in den Matrikeln unter ihrem Mädchennamen - Barbara Sturm  - eingetragen wurde. Kötztings Kaminkehrerstelle war also nun nicht mehr vakant.

Im H+R Steuerkataster von 1811 ist bereits Karl Diermeier als der Besitzer eingetragen.

"Nro LXXIX 
Karl Dirmaier  Das zum Theil gemauerte, zum Teil gezimmerte Haus mit einem kleinen Gartl.
Nro LXXX      Dessen kleines Staderl
Nutzantheil an den noch unvertheilten Gemeindegründen.
"

Im Grundsteuerkataster von 1840 ist dann auch immer eine "Hausname" vermerkt und dieser ist hier: " beim Kaminkehrer", auch wenn die Linie der Kaminkehrer auf diesem Hause bereits in wenigen Jahren zu Ende sein wird. 



StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5038
"Haunummer 83 in Kötzting  beym Kaminkehrer, Karl Diermayr
Ein Haus
Gebäude
Wohnhaus, Backofen und Schupfe, dann Hofraum

Garten
Wurz, Gradgarten und Baumfeld, der Hausgarten"



Lauf Brief vom 17. Jänner 1809 durch Heirat seiner Ehefrau, der Witwe Barbara Kreutzer im Anschlage zu 900 fl erworben.
Aus dem Jahre 1841 findet sich im Stadtarchiv der Bauakt für den Neubau eines kommunalen Baustadels,  der - selten für diese frühe Zeit - sogar mit einem Bau- und einem Lageplan vorhanden ist und dessen Begründung uns einen weiteren schönen und seltenen Einblick in das Leben in Kötzting von vor 200 Jahren gibt.
Das Bedürfnis eines Baustadels der Gemeinde Kötzting betreffend:
Es besteht zwar bei dem sogenannten Eggelshofe der Kommune Kötzting ein behälsnis zur Aufbewahrung des Abfallholzes bey Kommunalbauten, alleinig daßselbe ist zur Asservierung eines nöthigen Holzvorraths zu Brückenbauten nicht geeignet, theils wegen der weiten Entlegenheit vom Regenfluße, theils wegen des steilen Bergabhanges durch den Markt.
Die Nothwenigkeit erheischt es, daß immer Brückhenhölzer, Läden, Bretter s.a. an Hölzern vorräthig angekauft werden sollen, damit nicht, wie heuer gleich wieder der Fall ist, schon in Saft bestandene Holzstämme um einen enorm theuern Preiß angekauft und zu Endsbäumen auf der mittern grössern Brücke eingemacht werden mussten, welche nur wenige Jahre herhalten können, weil sie bald in Faulung übergehen."
Nun solle also zwischen den Häusern des Rauchfangkehrers Diermeier und Franz auf Gemeindegrund und in der Nähe des Flusses ein neuer Baustadel entstehen und der Magistrat bittet das Gremium der Gemeindebevollmächtigten um dessen Zustimmung, die auch prompt erteilt wird.
.
StA Kötzting 912-1
Situationsplan
Erklärung
a Bauplatz zum Baustadel
b Stall des Karl Diermeier
c Wohnhaus des Diermeier
d Schupfe des Martin Fleischmann
e Wohnhaus des Jos. Franz
f Wohnhaus des Jos. Zag
g Vicinalstraße

Der damalige Maurermeister Hummel (Kamplmacherhaus) bezifferte die Baukosten einschließlich der Löhne auf gut 380 Gulden.

Kurz vor seinem Wegzug im Jahre 1842 wurde in Kötzting ein Mieterkataster erstellt und darin erfahren wir mehr über den Bauzustand und auch, dass der Vorbesitzer und Bauherr Georg Kreutzer seinen Bauantrag mehr als nur ausgefüllt hat.

"Karl Diermeier Kaminkehrer /:Hauseigenthümer:/
1. Hauptgebäude
I Wohnzimmer, 1 Kammer und 1 Stube
II 3 Wohnzimmer und 1 Kammer, Hausboden unterm Dach

2. Nebengebäude 
Ein Backofen

3. Nebengebäude
Eine Schuppen

4. Nebengebäude
Ein kleiner Keller

Unterschrift Karl Dirmeier"

Im Jahre 1842 übergab der Kaminkehrermeister Karl Diermeier sein Haus an den Sohn - ebenfalls Karl Diermeier und ebenfalls ein Kaminkehrer - verstarb aber erst am 4.7.1846 mit 77 Jahren an Lungensucht. Seine Frau, Barbara Diermeier, geborene Sturm, wurde 88 Jahre als und starb am 15.4.1856 an Altersschwäche.

Karl Diermeier und Therese Schwarz 


Am 18.4.1842 hatte Karl Diermeier - der Sohn - die Kötztinger Marktschreibertochter Therese Schwarz geheiratet.  3 Tage vorher hatten Vater und Sohn den Hausverkauf/Übergabe protokollieren lassen
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5041 Umschreibeheft ab 1840
angemeldet HsNro 83 von Kötzting übergibt an seinen Sohn Karl Diermayer
1. Das ludeigene theils gemauerte, theils gezimmerte Wohnhaus mit Backofen, Schupfe und Hofraum PlNr. 147
2. den ebenso ludeigenen jedoch zur Marktkammer Kötzting mit 36 kr Rekognition belegten Wurz_ und Grasgarten, der Hausgarten genannt PlNr. 148
3. den ebenso ludeigenen Galgenbergantheil /Wiese und 1 madig/ PlNr. 856 , ferner
4. den Nutzantheil an den noch unvertheilten Gemeindegründen um die paktierte Über-"

"nehmens Summe von 1750 fl
Laut Unterschrift
Karl Diermayer
"

Lurz nach dieser Übergabe wechselte das junge Kötztinger Bürgerpaar auf das Haus mit der alten Hausnummer 5, gleich oberhalb der Veitskirche, wo dieser Karl Diermeier Jahrzehnte später eine überregional bekannte Rolle beim "Kötztinger Kirchenkampf" spielte; siehe der Beitrag zur Kötztinger Häuserchronik.  
Das nun frei gewordene Haus am Regenfluss bleibt jedoch bis zum 4.9.1852 in Familienbesitz und wird dann erst verkauft.

StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5041 Umschreibeheft ab 1840
Angemeldet den 3. Sept. 1852
Karl Diermeier Kaminkehrer zu Kötzting verkauft an Anna und Katharina Geiger dann Theres Haimerl das Haus 
"eigen 1 Tg 01 dez dann Lit B die Kaswiese mit 0Tg 39 dez um die Summe von 2280 fl 
Diermeier
Hz (Handzeichen) der x Anna Geiger
Katharina Geiger
Hz + der Theres Haimerl
"

Geiger Anna und Katharina - Therese Hammerl 



Im ersten renovierten Grundsteuerkataster ist die weitere Entwicklung zu sehen. 
Nach den drei Hausbesitzerinnen sind eingetragen - in dieser Reihung:
Schrank Ignatz (Gschwandhof)
nun Windorfer Theres (Hammerbesitzer von Harras)
nun Dreger Georg (Marktstraße alte Hausnummer 129, früheres Gasthaus Dreger)
nun Dreger Karl

Im Umschreibeheft nach 1911 ist dieser Besitzübergang genauer aufgeschlüsselt:



Auch wenn der Name "Dreger" auf den ebenfalls in diesem Areal gelegenen sogenannten "Dregerkeller" verweisen KÖNNTE, so ist dies nur ein Namenszufall. Der Dregerkeller lag noch ein Stück weiter in Richtung Zellertal in der heutigen Pfingstreiterstraße und erhielt die Katasternummer 82 1/2 b.

DIA-Repro 900 Bewirtung Pfingsten 1948 Wolfgang Ludwig
Die drei Häuser nebeneinander v.l. Dreger - Hoiss - Ludwig


Aus diesem Wohnhaus entstand dann im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts der erste Teil des Kreisbauhofes.  Als im Jahre 1970 der - auch heute noch bestehende - moderne Kreisbauhof errichtet wurde, blieb der Baukörper des alten Bauhofes zunächst noch stehen. 

Hier das Bild des "alten" Kreisbauhofes.

AKH Dia-Repro 97 der alte Kreisbauhof in der Pfingstreiterstraße 




Erst als der große neue Anbau funktionstüchtig war, wurde auch der alte Bauhof abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Auf dem folgenden Foto kann man im Hintergrund rechts noch diesen alten - von der Garagengröße her unmodernen - Bauhof erkennen.
Serwuschok 579 Rechts im Hintergrund der - bereits in teilen renovierte - alte Kreisbauhof



Für diesen großen Neubau musste dabei dann auch noch der sogenannte Dregerkeller weichen.
Hier zum Abschluss noch ein Foto von den umfangreichen vorbereitenden Erdarbeiten. 
Baugrube in der Pfingstreiterstraße, nach dem Abriss des Dregerkellers. Im Hintergrund die Kötztinger Konservenfabrik 

Der Rohbau des neuen Kreisbauhofes.