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Mittwoch, 1. Februar 2023

Steinbühl - ein Gedenkstein für Pfingstreiter

 Es geht weiter mit Bildern aus der Zeitungsredaktion der Kötztinger Umschau, welche alle über eine private Sammlung von Frau Renate Serwuschok dem Arbeitskreis Heimatforschung übereignet wurden und nun im Stadtarchiv Kötzting verwahrt werden.

Da wir zusätzlich auch eine fast vollständige Sammlung von Zeitungsausgaben aus den Nachkriegsjahren in unserem Bestand haben, können viele der Bilder dann auch einzelnen Zeitungsartikeln zugeordnet werden.
Hier geht es um die Verwirklichung einer Idee, für verstorbene und gefallene Pfingstreiter vor der Nikolauskirche in Steinbühl einen Gedenkstein zu errichten.
Wolfgang Kolbeck - Gams, bzw. Schwarzanderl Gang - transportierte den Brocken vom Hohenbogen nach Kötzting zum Steinmetz Hofmann und über die Kosten hatten sie die Akteure noch keine sehr großen Gedanken gemacht, außer dass Schwarz Sepp, einer der Beteiligten und seines Zeichens Oberzugordner unter den zukünftigen Pfingstreitern eine Sammlung durchführen wollte.


Es wird der 15. April 1972 und gerade noch vor dem großen Pfingstfest soll der Gedenkstein
eingeweiht werden. Die Bilderserie stammt von einem Reporter mit dem Kürzel khw.


Karl Höcherl und Alois Menacher auf der Brücke des Lastwagens


Herunten ist er nun schon mal, nun geht´s ans Aufrichten und ans Fixieren



Hier ist es nun Zeit, alle Beteiligten an dieser Arbeit aufzuführen: Alois Menacher, Karl Höcherl, Hans Brunner, Sepp Schwarz, Hans Neuhierl, Josef Schmuderer und Herbert Amberger.








Dann kam der große Tag der Enthüllung:




Mit den Fanfaren der Pfingstreiter wurde der neue Gedenkstein begrüßt.

Steinbühler Kinder bei der Enthüllung




In der Kötztinger Zeitung fanden sich noch zwei zusätzliche Bilder.




Sonntag, 22. Januar 2023

Der Kinderfestzug von Chamerau im Jahre 1963

 Im Stadtarchiv gibt es eine eigene Sammlung von Materialien des früheren Kreisheimatpflegers des Landkreises Kötzting KB Krämer, dem Redaktionsleiter der Kötztinger Zeitung, dem engagierten Feuerwehrmann und, und, und.
In vielen dieser Berufen - oder vielleicht besser Berufungen  - konnte er auch seine Fähigkeiten als Fotograf einbringen.
Viele seiner Bilder und Negative dürfen wir im Stadtarchiv verwahren - einen nicht unerheblichen Teil seiner Sammlung, der aus verschiedenen Gründen beim Landkreis Cham gelandet ist, versuchen wir zu unserer eigenen umfangreichen Sammlung hinzuzubekommen - und viele, vor allem die großformatigen Aufnahmen haben eine meisterliche Qualität.
Anfang Juli 1963 feierte Chamerau sein zehntes Inselfest und für dieses Jubiläum gabs dann sogar einen großen Festzug, bei dem historische Beiträge mit einem Kinderfestzug vermischt wurden und die  die Kinder waren mit Freude dabei.
Viele Chamerauer der mittlerweile "älteren" Generation könnten bzw. werden sich hier wiedererkennen.

Bild KB Krämer Stadtarchiv Bad Kötzting 




Bild KB Krämer Stadtarchiv Bad Kötzting

Kötztinger Zeitung vom 5.7.1963

Bild KB Krämer Stadtarchiv Bad Kötzting

Bild KB Krämer Stadtarchiv Bad Kötzting

Bild KB Krämer Stadtarchiv Bad Kötzting

Bild KB Krämer Stadtarchiv Bad Kötzting

Bild KB Krämer Stadtarchiv Bad Kötzting

Bild KB Krämer Stadtarchiv Bad Kötzting
Für mich eine der schönsten Aufnahmen der Bilderserie

Kötztinger Zeitung vom 5.7.1963
Auch die Anzeigen zu Inselfest geben uns einen Einblick in lange zurückliegende Zeiten.

Und am Ende noch einmal ein paar Bilder von KB Krämer:

Bild KB Krämer Stadtarchiv Bad Kötzting

Bild KB Krämer Stadtarchiv Bad Kötzting

Bild KB Krämer Stadtarchiv Bad Kötzting



Freitag, 13. Januar 2023

Michael Heigl - er ist wieder da Teil 8

 Michael Heigl

Die Jahre 1848 bis 1851

Zuerst jedoch ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:
Hier der link auf die bisher veröffentlichten Teile zum Thema Räuber Heigl

Im Herbst 1847, als kurz nacheinander seine damaligen zwei Kumpane, Josef Pongratz und Peter Penzkofer, geschnappt und eingesperrt wurden, zog es Michael Heigl vor, seine junge Freundin Therese Pritzl aus ihrem quasi überwachten Hausarrest zu lösen und zusammen mit ihr über die Grenze zu gehen.
Schon bald berichteten alle Polizeistationen und  die beiden Landrichter von Kötzting und Viechtach von einer "befriedigenden Sicherheitslage", zum ersten Male seit 4 Jahren.

Foto Pongratz: das Laumer-Pritzl-Haus außerhalb von Gotzendorf. Hier stammte die Therese Pritzl ab.

Auch wenn die Situation für die Gendarmen  eher ruhig war, so waren sie doch auf der Hut und sich wohl bewusst, dass das Problem mit Michael Heigl noch lange nicht gelöst war.
Nur so ist es zu erklären, dass den Kötztinger Gendarmen die Nachricht zugesteckt wurde, dass Michael Heigl sich mit seinem Bruder Wolfgang treffen wolle und von diesem eine Hose bekommen wollte. Tatsächlich konnten sie Wolfgang Heigl, den kleineren Bruder,  mit einer Hose schnappen, was diesem einen 3-tägigen Arrest einbrachte.

Aus dem ganzen Jahr 1848 gibt es nur drei Kurzmeldungen von Seiten der Gendarmerie, die oben angesprochene mit der Hosenlieferung und danach ein tatsächliches Zusammentreffen mit der Gendarmerie.

Dieses Zusammentreffen liest sich im Amtsdeutsch folgendermaßen:
30. 1848 14.Mai
"Hat Heigl zwei ihn verfolgenden Gendarmen, die seine Concubine aufgreifen wollten mit dem Gewehre in Anschlag in vielfacher Weise bedroht und beschimpft." Am Rande steht noch: "Vergehen der Widersetzung"
Und noch einmal eine "Sichtung" des Michael Heigl, am 25. Juni soll er bei Miltach gesehen worden sein.
Gegen Ende des Jahres 1848 wird der Sicherheitszustand sogar als "sehr befriedigend" bezeichnet und wegen dieser guten Situation entschieden, dass die "aufsehenerregenden Maßregeln eingestellt" würden, da "Heigl, von dem man lange nichts gehört hatte, im Auslande sich befand."
Die nüchterne Darstellung des Zusammentreffens und die "Fundleere" in den beiden Jahren beschreibt auch Dr. Sommerfeldt in seinem Heiglbeitrag  und führt auch das kolportierte Gerücht an, dass Michael Heigl und seine Therese sich bis nach Ungarn durchgeschlagen hätten, wo er sogar als ein Weinwirt gearbeitet haben soll.
Dieses Gerücht, die Vermutung oder sogar die Erkenntnis darüber, wo sich Heigl in der Zwischenzeit aufgehalten haben soll, stammt aber nicht aus dieser Zeit, sondern wird von Tatortzeugen Jahre später der Polizei berichtet. Heigl hatte sich im Jahre 1852 vor dem Raub der Bäurin in Ecklshof bei den dortigen Inleuten aufgehalten, wo er, sich sicher wähnend, " seine im Jahre 1848 und 1849 in Ungarn als Weinwirth erlebten Abentheuer erzählte."



Ohne Michael Heigls Anwesenheit hier im Landkreis blieb die Situation noch lange Zeit ruhig, bis zum Paukenschlag am 6. Juni 1849 mit dem Überfall auf der Simmerleinöd.

1849


Insgesamt drei Einträge in sein "Strafregister" holte sich Michael Heigl allein im Jahre 1849 ab, auch wenn es beim Überfall auf der Simmeleinöd zunächst unsicher gewesen war, ob tatsächlich MH der Täter gewesen ist. Der zweite Raub war ein Diebstahl beim Häusler Mathias Bablick von Schönbuchen, und schlussendlich am zweiten Weihnachtsfeiertag 1849 kam es beim Häusler Liebl in der Rosenau zu einem gewaltsamen Zusammentreffen zwischen der Gendarmerie und MH, der sich mit Gewehrschüssen zur Wehr setzte und zusammen mit seiner Freundin wieder einmal entkommen konnte.
Doch der Reihe nach:

Der Überfall auf der Simmeleinöd


Das Landgericht Kötzting berichtete an die Regierung, " daß man am Sonntag den 3. Juni während des vormittägigen Gottesdienstes zwischen 8-9 Uhr von einem zur Zeit noch unbekannten, im Gesichte geschwärzten Burschen auf der Einöde Unterfreudeneck /:sogenannte Simmerleinöde:/ mittelst gewaltsammen Herausreissens des Stallfensterstockes in den Stall und von dort in die Wohnung eingedrungen, die allein zu Hause befindlich gewesene ledige Katharina Dachs, Schwester des ledigen Bauers Joseph Dachs, rauberisch überfallen, mißhandelt, an den Handen gebunden und gezwungen worden sey, den Räuber in die obere Stube hinaufzuführen, woselbst er aus dem Hängkasten, von denen er zwei gewaltsam aufsprengte, eine Baar Geldsumme von mehr als 1100 fl, ein paar Ringe und einen Jagdstutzen mit sich fortnahm. Nach versuchtem Raube versuchte er an Katharina Dachs auch noch die Notzucht, die jedoch nicht gelang, weshalb er sich endlich entfernte...... Das allgemeine Gerücht bezeichnet den flüchtigen Michael Heigl als den Thäter, weshalb man die Gendarmerie den thätigsten Eifer ...neuerdings eingeschärft habe."

StA Landshut Rep. 168-1 Nr. 63944-I Räuber Heigl Akten 

Den Bericht an die Kammer des Inneren bei der Regierung von Niederbayern vom 6.6.1849 unterschreibt nun Carl von Paur gemeinsam mit seinem Assessor Dr. Schmid. Die ruhige Zeit für von Paur ist nun für lange Zeit vorbei und schon bald steht er mit dem Rücken zu Wand, weil die Regierung schlichtweg nicht fassen kann, dass Heigl nun schon fast 6 Jahre sich auf freiem Fuß befand.
Der Staatsanwalt beschreibt zunächst ebenfalls den Ablauf, kommt  jedoch zum Schluss, dass die " Verdachtsmomente nicht genügend" seien, jedoch "Heigl in jener Zeit im Landgerichtsbezirke war". Gleichzeitig notiert der Staatsanwalt, dass die schlussendliche Aufnahme der Tat ins Schuldregister Heigls auch auf seiner späteren Vernehmung beruhe, auch wenn zusätzlich damals der Verdacht zunächst auf den Bauer Amberger von Unterzettling gefallen war, weil dieser zur selben Zeit " große Zahlungen gemacht haben soll".
Zusätzlich kam später auch noch ein Wiedererkennen des Täters durch die Überfallene hinzu: "Die mißhandelte Person gab bei einer späteren Vernehmung an, daß sie nach der Beschreibung des Michael Heigl, die sie mittlerweile erfahren habe, nicht zweifelte, daß er der Thäter gewesen.

Raub in Schönbuchen


Auch beim nächsten "Bruch" hat die Staatsanwaltschaft nur die nachträglichen Aussagen des MH zur Verfügung. Es hat den Anschein, als ob Michael Heigl bei seiner Vernehmung - vielleicht wusste er aber auch nicht, dass die Gendarmerie bei einigen Taten noch keinerlei sichere Beweise auf seine Täterschaft besessen hatte -  bei vielen Punkten seine Täterschaft eingestanden hatte.
Der nächste Tatort ist beim Häusler Mathias Bablick in Schönbuchen. Nach einem gewaltsamen Eindringen und dem Aufbrechen von Kästen konnte der Täter mit 150 Gulden entkommen.
Der Geschädigte selber lenkte den Verdacht auf Michael Heigl, weil dieser "ihm schon einmal mit dem Erschiessen gedroht" hatte. Ausdrücklich steht auch hier am Ende des Eintrags: " Sonst keine Ueberführung. Beruht auf Vernehmung des Heigl".


Zusammenstoß in der Rosenau


Am 26. Dezember wurde " Heigl durch die Gendarmerie im Hause des Liebl von Rosenau unversehens getroffen. Dieser /:Heigl:/ zog sich in die an die Stube anstossende Kammer, verrammelte diese, schoß von diesem Verstecke zweimal auf die Gendarmerie ohne zu treffen, entkham endlich nach vielen Beschimpfungen derselben durch eine Hinterthüre nebst seiner Concubine. Diese Tatsache bestätigt durch die Lieblßschen Eheleute und 3 Gendarmen auf Diensteid."


Detail der Luftaufnahme des Waldrandes bei Gotzendorf und Hohenwarth aus Bayernatlas.de

Einschub
Blickt man auf diese Luftaufnahme, so kann man sehr leicht erkennen, wie leicht es für MH gewesen war, ungesehen bei seinen Unterstützern beim "Bergpritzl" aus- und ein zu gehen und den Überfall in der Rosenau zu verüben. Dies um so mehr, als die Waldsäume damals - anders als heutzutage - nicht als Hochwald, sondern aus sogenannten Birkenbergen bestanden, die zur Viehweide und zur Nutzung als Niederwald vorgesehen waren, und eine unvergleichlich bessere Deckung boten, als die heutigen Fichtenstämme.
Einschub Ende


Erneut muss das Gendarmeriekommando an die Regierung melden, dass es trotz eines Zusammentreffens mit MH nicht möglich gewesen war, diesen zu fangen meint aber, "eine Erhöhung der Aufgriffsprämie könnte die Furcht vor der Rache mindern" und die "mögliche Entdeckung leichter machen". Gleichzeitig stellt das Kommando aber fest: "Die Terrainverhältnisse bey gegenwärtiger Jahreszeit machen eine Streife für den Augenblick unmöglich..
Und auch Carl von Paur muss sich gegen Vorwürfe wehren und führt zu seiner Verteidigung mehrere Punkte an, bei denen es seiner Meinung nach hakte bzw., die es zu verbessern galt.

1.die ausgedehnte und kräftige Unterstützung, die der Verbrecher durch geheime Aufenthaltsgestattung und Verrat der auf ihn fahndenden Sicherheitsmannschaft bei den Bewohnern des diesseitigen Gerichtsbezirkes erhält.
2. Die geringe Besetzung der hiesigen Gendarmerie Brigade und der Gendarmerie Station Lam
3. Der Mangel an jungen kräftigen, tüchtigen und entschlossenen Brigadiers.
4. Der zu häufige Wechsel der Mannschaft bei der Station Lam und Brigade Kötzting
5. "Die Unterlassung allgemeiner großartiger Streifen unter Beiziehung der umliegenden Stationen aus dem diesseitigen Regierung und dem der Oberpfalz und Regensburg nämlich Eschlkam, Arnbruck, Viechtach, Furth, Cham, und das Zollschutzwach- und Forstpersonal.
6. "Die durch die Natur erzeugte beschwerliche Waldgegend in der sich der berüchtigt flüchtige Verbrecher umhertreibt".
7. Die zu geringe Belohnungsaussetzung von 25 fl. für die Ergreifung fdes MH
8. "Die Nichtexistenz einer hohen Entschließung vermög welcher sogleich nach Einlieferung des erwähnten Verbrechers die Auszahlung der festgesetzten Belohnung erfolgt und nicht erst abgewartet werden darf, bis über die eingelieferten Verbrecher rechtskräftig abgeurteilt oder gar die erwachsenen Untersuchungsakten aus der Tätigkeit der Kostenrevisionsstelle zurückgelangt sind und"

Carl von Paur, der Kötztinger Landrichter 
9. Die Spezialkasse des Gendarmeriekommando Niederbayern bleibt für die tatkräftige Mannschaft hier vor Ort verschlossen. 100 Gulden sollte, nach Meinung von Paurs, die neue ausgesetzte Belohnung sein, "da dieser Verbrecher stets furchtbar bewaffnet und ihm kein Mittel zu schlecht ist sich dessen im Kampfe mit seinen Gegnern zu bedienen und sich aus der Gefahr der Gefangenschaft zu retten".
Er führt auch gleich ein Beispiel dafür an, wie es mit der "Fangprämie" eben nicht aussehen sollte:
"Am 4. Juli 1847, sohin über 2 ½ Jahre, wurde der ebenfalls flüchtige Verbrecher Joseph Pongratz, Inwohnerssohn zu Kager, vulgo Maulaffenhiesl, bei kräftiger und lebensgefährlicher Widerstandsleistung verhaftet und eingeliefert, ohne dass bis zur Stunde den Ergreifern die ausgesetzte Belohnung zu 25 fl zugekommen ist"…. Carl von Paur fordert, diese Belohnung zukünftig unabhängig vom endgültigen Abschluss der Verhandlungen auszuzahlen.
Carl von Paur scheint von den Vorwürfen an ihn also eher unbeeindruckt und setzt sich zur Wehr;  der bisherige Brigadier Haas allerdings muss gehen und wird durch den Brigadier Batzer ersetzt.




In den Frühling des Jahres 1850 hinein begannen nun auch die vom Kötztinger Landrichter von Paur gewünschten ausgedehnten "Streifpatrouillen". Der neue Kötztinger Brigadier Batzer hatte mit seinen Bemühungen ebenso wenig Erfolg wie sein Vorgänger und meldete an seine Vorgesetzten wie folgt:

"19.5.1850  Brigade Kötzting an Gendarmeriekommando Niederbayern vom 19.5.1850

"Streifpatrouille auf den flüchtigen Verbrecher Michael Heigl betr."

".....gestern Nachts von 11 bis heute vormittags 10 Uhr eine Streifpatrouille mit der gesamten Stationsmannschaft, Brigadier Kienzl von Viechtach und zwei Gendarmen von Eschlkam über die Ortschaften Beckendorf, Watzlhof, Bergpritzl, dessen Waldungen, Rosenau, Englmühle, Zittenhof und Fessmannsdorf abgehalten: obwohl es seine Lieblingsplätze sein sollen und demgemäß alle verdächtigen Häuser, Scheuern und sonstigen Gebäude genau durchsucht wurden, so ließ sich kein Resultat erzielen. Da diesem Verbrecher von den Bewohners der dortigen Gegend ohne Ausnahme ein jeder Unterschlupf gibt, ja sogar schon gestohlen und Verkehr mit den gestohlenen Sachen getrieben haben und Heigl selben Drohungen machte, dass er bei seiner Verhaftung jeden seiner Mithelfer am tage bringen werde, so wird er von Niemand verraten, obwohl gehorsamts Unterzeichneter es schon in dieser Hinsicht mit 30 bis 50, ja sogar mit 100 fl. Belohnung mit rechtlich und üblen Personen probierte. Heigl in weit und nahem Gerichtsbezirke ein wohlbekanntes Individuum, hat sich nach Aussage gut gesinnter Personen alljährlich Monate lang teils in der Gegend von Straubing, Landshut, Deggendorf, Viechtach, Cham und dem angrenzenden Staate Böhmen aufgehalten und dürfte nun sich zur Zeit wieder öfters in jenen Bezirke begeben oder begeben haben, weil in der hiesigen Brigade befindlichen Mannschaft der größte Muth und Eifer zur der schönen Arretierung und großen Belohnung herrscht und bei schon so vielen Streif und gewöhnlichen Patrouillen noch nie auf selben gestoßen sind.
Batzer Brigadier"

Das Kommando notiert am Rande des Rapports: Brigadier Batzer solle "bis auf weiteres alle 8 Tage eine Streife zusammen mit der Viechtacher Brigade unternehmen" 

Als Batzer dann eine Woche danach kurz und knapp meldet: "am 24.5. abends bis morgens 10 Uhr Station Kötzting und Eschlkam Streife nach Thenried, Rimbach, Waldung Hohenbogen, auch sämtliche verdächtige Häuser und Waldstätten durchsucht, nicht vorgefunden, Heigl vermutlich in auswärtigen Bezirken", nimmt,   nach nur einer Woche, das Kommando seine Anweisung zurück und befielt das genaue Gegenteil, dass nämlich die Brigade Kötzting die Patrouillen einstweilen nun wieder aussetzen solle.
In den Akten ist sehr schön nachzuvollziehen, wie die einzelnen Ebenen sich gegenseitig mit Argumenten unterstützen bzw. diese 1 zu 1 weiterleiten.
Die Punkte, die Carl von Paur angeführt hatte, werden fast wortgleich von der  Kötztinger Gendarmerie-Station an deren vorgesetzte Behörde, also das Gendarmerie- Kommando in Landshut , weitergegeben und diese wiederum reicht sie unkommentiert an das Innenministerium weiter.
Gleichzeitig vermeiden es die jeweiligen Behörden vor Ort, in Person des Landrichters und des Brigadiers, sich gegenseitig auch nur den Hauch eines Vorwurfes zu machen oder die Schuld am Misserfolg von sich auf den anderen zu schieben. Im Gegenteil, beide bekräftigen der jeweils anderen Seite, alles ihr Mögliche zu unternehmen, um MH zu fangen, und führen ausschließlich externe Gründe für das Versagen an.

Trotz der Anweisungen, die Patrouillen eher auszusetzen, ordnete der Brigadier Batzer solche, nach einer kurzen Unterbrechung im Juni 1850, ab dem Juli wieder in großem Umfang an und berichtet nach Landshut unterm 14.7.1850:

".....Seit dem 1.7 eine große Streife im Landgericht Viechtach, danach 3 Streifen nebst noch mehr Patrouillen auch durch den Unterschriebenen durchgeführt, ohne Ergebnis.

.....Nun hat er einen Bauern  von Reitenberg, wo Heigl sich schon öfters hat sehen lassen, auf seine Seite gebracht, wo dieser Bauer angab, dass das häufige Durchstreifen und Fahnden nur den Heigl verscheuchet, dass er oft 1/4 Jahr wegbleibt, man solle selbigen einige Wochen seinen Spielraum lassen dass er vertrauter wird. Da auch das bisherige Spähen selber fruchtlos war, wurde dieser Rath befolgt.

.....Am gestrigen Tag hat sich Unterzeichneter zu diesem Bewohner nach Reitenberg begeben und demselben sein Eheweib gab an, dass sie nun ganz gewiss durch ein Frauenzimmer von Hinterhudlach, welches im Patrouillenbereich Bezirke Lam liegt, erfahren hat, dass Heigl sich oberhalb Hinterhudlach in einem dicken Gebüsch mit seiner Konkubine aufhält und eine schon lange verdächtige Weibsperson v. Hinterhudlach demselben Lebensmittel zu trägt und könnte nur durch  am besten durch mehrtägiges Posten zu einen Resultate führen, weil er oft einige Tage abgängig sein soll.

Kenntnis zur Station Arnbruck und Lam wegen dieser Meldung am 19.7. früh um 2 Uhr bei Hinterhudlach mit 9 Gendarmen ein Zusammentreffen der Art bestimmt, dass außer dem Orte im Walde die Zusammenkunft ist, und von da wird die Mannschaft unweit dem Hause im Gehölz postiert und bei nicht erfolgtem Resultate ist der Unterzeichnete entschlossen mehrere Tage bei Tag und bei Nacht dieselbe Gegend besetzt zu lassen.

Christ. Batzer Brigadier:

Eine gute Woche später muss Carl von Paur leider melden, dass dieser "Dauerposten" bei Hudlach nichts gebracht hatte, will aber "Dem tüchtigen Brigadier und seiner tapferen Mannschaft" daraus keinen Vorwurf machen, im Gegenteil, er gibt sich gegenüber der Regierung überzeugt und  "glaubt im Hinblick auf den bewährten Diensteifer derselben die sichere Überzeugung aussprechen zu können, dass ein günstiges Resultat, im Falle, Heigl in dieser Gegend sein Verbleiben hat, in Bälde in Aussicht gestellt werden kann".
Der Tipp mit Hudlach war offensichtlich doch keine Falschmeldung, da in den Akten eine Meldung vom 7.September zu finden ist. 
Brigadier Batzer meldete, dass er "und Gendarm Jakob Gattinger am 6ten dies Mittag 11 3/4 Uhr bei einer Streifpatr. nächst Vorderhudlach im Walde auf den flüchtigen Verbrecher Michael Heigl von Beckendorf k. Landgericht Kötzting aufstießen, bei Vornahme dessen Arretierung hat sich derselbe wiedersetzt wo ihm der Unterzeichnete mehrere Säbelhibe an den rechten Arm und zwei Säbelstich versetzte. jedoch gelang es denselben mit seinem bey sich führenden Doppelgewehr einen Streich auf den Kopf der Art zu versetzen, daß derselbe für den Augenblick betäubt gewesen ist, und der Gendarm Gattinger grade zur Zeit über eine Felsen herunterstürzte, wo es denselben gelang, die Flucht zu ergreifen.
Bemerkt wird, daß Heigl nicht minder an Kopf und Armen verletzt wurde
.

Was die "Tippgeberin" mit ihrer Anzeige aber persönlich riskiert hatte,  zeigt ein Vorfall vom Mai desselben Jahres, als MH sich persönlich an einem Belastungszeugen rächt. Am 14.5.1850 verletzte er durch zwei Schüsse den Grafenwiesener Inwohnersohn, Josef Domaier, der ihn wegen verschiedener Diebstähle belastet hatte.

Am 18. Juli 1850 schreibt der den abwesenden Landrichter von Paur vertretende Beamte Adlmanseder

"Die hiesige Brigade ist mit einem tüchtigen Brigadier besetzt, der allen Anforderungen entspricht, allein ungeachtet dessen ist derselbe ohne seine Schuld, das oben bemerkte Haupthindernis [die schwierigen Terrainverhältnisse und die Unterstützung Heigls durch Teile der Bevölkerung] ausser Stand. Auch der ihm untergebenen Mannschaft kann kein gerechter Vorwurf bezüglich ihrer Leistungen gemacht werden. Nach unmaßgeblichen diesseitigen Dafürhalten kann jenem Haupthindernisse nicht anders mit Erfolg gesteuert werden, als daß eine große Streife gegen den flüchtigen Verbrecher Michael Heigl angeordnet werde.
der kgl. Landrichter l.i.
Adlmannseder" 




Erneut hat es den Eindruck, als ob Heigl dem Verfolgungsdruck im Landgericht Kötzting ausgewichen wäre, denn nur mit dem Verdacht eines Kleindiebstahls bei der Häuslerstochter Katharina Mühlbauer in Reitenberg über 16 Gulden steht Michael Heigl in den Akten.

In den Akten und Berichten herrscht nun Ruhe für fast ein ganzes Jahr. Michael Heigl schein untergetaucht zu sein. Am 6. September jedoch erhält die Kötztinger Brigade von Martin Fendl aus Reitentein die Mitteilung, das MH an diesem Tage auf dem Predigtstuhl bei Hudlach sich aufhalten solle. Dr. Sommerfeld hat die dramatische Situation, die sich daraufhin am Predigtstuhl ereignete, sehr lebhaft und detailreich geschildert.




Als im Jahre 1973 von Studenten der Münchner Kunsthochschule eine "Räuber-Heigl-Film" gedreht wurde, war diese Kampfszene eine der beeindruckendsten Teile des Filmes, auch wenn die Filmschaffenden MH hier sogar schießen lassen, was er in Wirklichkeit offensichtlich vermieden hatte und es nur zu einem Kampf mit Säbeln und Gewehrkolben kam.
Screenshot aus dem "Räuber-Heigl-Film" von 1973
Der Räuber Michael Heigl schießt aus einer erhöhten Position auf die Kötztinger
Gendarmen

Karl Höcherl als der Räuber Michael Heigl im Film von 1973

Im nüchternen "Beamtendeutsch" wird das Zusammentreffen folgendermaßen geschildert.
36.    1851
Verbrechen der Widersetzung gegen die kgl. Gendarmerie ideal konkurrierend mit Verwundung des Brigadiers Batzer am 6. September 1851.
Durch Martin Fendl. ledig von Reitenstein verrathen wurde Michael Heigl an diesem Tage auf dem s.g. Predigtstuhl bei Hudlach, wo ein aufsteigender Rauch seine Anwesenheit verrieth, von der Gendarmerie getroffen.
Durch Brigadier Batzer und Gendarm Gattinger nach vorheriger furchtloser Aufforderung sich zu ergeben, angegriffen, ergab Heigl, mit Doppelgewehr versehen, sich nicht - es entstand ein wechselseitiger viertelstündiger Kampf, wobei das Gewehr des Brigadiers Batzer zerbrach und die Bajonettspitze umgebogen wurde, dieser erhielt eine Kopfwunde durch Heigl.
Trotz mehrerer Säbelhiebe und Kolbenschläge entkam Michael Heigl.
Die gewehre der beiden Gendarmen versagten, da sie vernässt waren. Die subjektive Thäterschaft des Heigl gewiß, da 3 Gendarmen und Martin Fendl etwas weiter mit dem dritten Gendarm entfernt stehend Augenzeugen waren. St.G.B. art. 316 act 1 mit allen gesetzlichen merkmalen ist gegeben.
Strafe 4-8 Jahre Arbeitshaus.
Beruht auf der Habhaftwerdung und Vernehmung des Heigl."

Seitlich am Rande ist auch die Beteiligung der Therese Pritzl erwähnt:

"Die Geliebte des Heigl entkam mit dessen Gewehr, das er, an den Armen verwundet, fallen ließ"


Die Regierung beginnt nun auch langsam die Daumenschrauben für die Bewohner in den "verdächtigen Orten" anzuziehen, indem die Kosten für die Gendarmeriestationen vor Ort auf die Bewohner umgelegt werden. Zu diesem Zwecke werden Steuer- und Einwohnerlisten angefertigt, die uns einen seltenen Einblick in die Steuerkraft der verschiedenen Bauern und Dörfer geben.
Hier eine Liste für Traidersdorf.
Zunächst die Liste der Bewohner, vermutlich in der Reihung, wie sie seit Jahrhunderten in den Salbüchern beibehalten wurde.
Hier die Bewohner/Bauern von Wölkersdorf, Bärndorf und Himmelreich von 1848

In der zweiten Liste nun die Bewohner von Traidersdorf, Höfing, Kieslau, Buchberg und Bonried

Als Quintessenz dieser Listen stellte der Gendarm Gradl nun die größten Steuerzahler dieser Traidersdorfer Teilortschaften.

Die Liste der 18 "potentesten" Steuerzahler der Gemeinde Traidersdorf. Interessant sind hier die Bezeichnungen "Bauer" und "Halbbauer"; es gab damals einen sogenannten Hoffuß: 
Bauernhof - Halbbauer - Sölde  (1/4-1/16 Hof) - Häuser


Sonntag, 8. Januar 2023

Eine Sensation aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv

Kötztings älteste Bürgerliste aus dem Jahre 1377


Ich habe jetzt fast als 40 Jahre Heimatforschung auf meinem Buckel, was mit Hunderten von  Archivbesuchen  - v.a. in München, Landshut und Amberg - verbunden ist, und trotzdem gibt es tatsächlich noch Überraschungen, und was für welche.
Doch der Reihe nach.

In Vorbereitung der Jahreschronik von 1953 fand sich unter den Dokumenten, die im Stadtarchiv aufbewahrt sind, auch ein Schriftwechsel mit dem damaligen Archivrat - und späteren Thurn- und Taxischen Archivdirektor -  Max Piendl aus Gehstorf.
Dieser bot an, als eine der Rahmenveranstaltungen im Zusammenhang mit der Stadterhebung Kötztings, auch eine Ausstellung mit herausragenden historischen Dokumenten aus dem Hauptstaatsarchiv München zu organisieren, und stellte dabei gleich eine Liste der möglichen Ausstellungsobjekte zusammen.

HStA München KL Rott 2 von 1377




Wie es sich gehört, um später nicht noch einmal die Signaturen heraussuchen zu müssen, verfasste er gleich einen Auszug aus den Repertorien und schrieb sogar die Signaturen der Archivalien dazu.

Nun ist es aber so, dass eigentlich alle Salbücher und all die anderen wirklich alten Archivalien des Klosters Rott sich fast an zwei Händen aufzählen lassen und wir - auch eigentlich - gedacht hatten, diese alle bereits gesehen zu haben und diese sogar in digitaler Kopie bereits zu besitzen.
Über die Archivalie KL Rott 2 allerdings wird im Repertorium, welches man in München einsehen kann,  nur aufgeführt, dass es die Besitzungen des Klosters im Bereich von "Pillersee" - liegt in Tirol - auflistet, was für uns nun einfach unwichtig gewesen war, und deshalb  niemand - außer eben Max Piendl im Jahre 1953 - sich veranlasst sah, in dieses Buch mal genauer hinein zu blättern.

In Kenntnis der Münchener KL-Rott Archivalien war ich auch zunächst sehr, sehr skeptisch. Nach einem Telefonat mit dem Archivoberinspektor - und Kötztinger -  Markus Frauenreuther im Hauptstaatsarchiv und dessen Recherche, war es klar, dass es diese Archivalie zumindest gibt. Dass bei der Erstellung einer Inhaltsangabe für das Repertorium die gegen Ende des Salbuches  beschriebenen Besitzungen rund um - und in - Kötzting einfach übersehen worden waren, war plötzlich die wahrscheinlichere Lösung.
Der Rest ging dann schnell. Da die Signatur bekannt war, konnte ich per E-Mail einen Fotoauftrag erteilen, in dem ich gleichzeitig gebeten hatte, wenn zulässig,  das Original auszuheben und ein farbiges Digitalisat zu erzeugen. Gleich im Neuen Jahr kam dann die Antwortmail aus München mit einem link zu einer riesigen Datei in der Dropbox.
Und los gings mit Pillersee, Pillersee und noch einmal Pillersee. Kein Wunder, dass die Archivare vor langer Zeit das Buch komplett der Hofmark Pillersee zugeordnet hatten.
Gegen Ende kamen aber dann tatsächlich die Besitzungen des Klosters im Bayerischen Wald.
Zunächst aber galt es einen Hinweis zu finden, wie alt die Archivale wirklich ist. Auf der Innenseite des Buchdeckels hatte vor vielen Jahren - oder, wie es in Kötzting heißt, vor unvordenklichen Zeiten -  schon einmal ein Archivar notiert - der Schrift nach im 18. Jahrhundert -, dass er dieses Urbarium auf das Jahr 1377 schätzen würde und beruft sich bei dieser Schätzung auf die Erwähnung zweier Orte in Verbindung mit alten Klosterurkunden.
Hier die Einschätzung auf das Jahr 1377


Die bisherig bekannten Salbücher - mit Kötztinger Bürgerlisten - des Klosters Rott  waren, in absteigender Abfolge: 
KL Rott 10 von 1620
KL Rott 113 von 1610
KL Rott 12 von 1584
KL Rott 111 von 1462
KL Rott 112 von 1445

Nun also das Salbuch von 1377, nur wenige Jahrzehnte nach der Bestätigung der Kötztinger Marktrechte im Jahre 1344.
Hier nun einige Auszüge des Inhalts.
Nicht nur der Markt Kötzting wurde mit seinen Abgaben beschrieben, sondern auch einige Dörfer, die zum Teil überraschend - im Vergleich zur Aussage in der Legende zur Pfingstrittsentstehung -  bereits sehr viele Bauernhöfe enthielten.

Was also kommt vor, soweit ich die historischen Namen auch korrekt lesen kann.... ich bin eher der Spezialist für die Kanzleischrift ab 1600 und nicht für die Frakturschrift Jahrhundnerte vorher.


Gleich beim ersten Dorf muss im vorerst passen, mit "Oenerstorf" kann ich im Moment (noch) nicht anfangen, ich vermute aber Anstorf, wegen der Stellung in der Liste. Allerdings muss es in diesem Dorf eine Zoll- eher Mautstation gegeben haben, denn der vorletzte Anwesensbesitzer wird als "thelonisator", also Zöllner, Mautner bezeichnet
Danach aber kommen beim ersten Zahlungstermin die Dörfer mit der Angabe der Bauernstellen in Form der "curia/Curiae" (= ganzer Bauernhof) und mit der Angabe der Besitzernamen.:
Also Anstorf 5 Bauernhöfe
Thenning 4 Höfe
Zettling mit 6 Anwesen
Gutendorf mit 3 Anwesen
Matzelsdorf mit 1 Anwesen, das aber in drei Teile geteilt worden war
Traidersdorf mit 5 Anwesen
Eintrag für Traidersdorf


Bärndorf mit 6 Anwesen
Wölckersdorf mit 4 Anwesen 
Grub 1 Anwesen
Friesendorf 1 Anwesen 
Arndorf  3 Anwesen 
Beckendorf 6 Anwesen
Zeltendorf 6 Anwesen
Gadsdorf 3 Anwesen

In Gadsdorf wohl ein Fechter - ein Präntl - und ein Kranberger

Diese Liste lief unter dem Stichpunkt: "Census estivalis", also die Sommerabgabe, zur Abgrenzung der folgenden Liste, die die Herbstabgabe "autumalis" kennzeichnete.

"Erste sommerliche Steuerschätzung - Zensus"

Gesamtsumme der sommerlichen Steuerschätzung

Nun folgte die Steuerliste für den Herbst.
Census autumnalis  .... die Herbststeuerschätzung


Hier folgen nun die Dörfer - zumeist dieselben und in derselben Reihenfolge wie im Sommer-, die im Herbst ihre Abgaben zu zahlen hatten:

Sindorf  2 Bauernhöfe,
Gutendorf - Matzelsdorf - Traidersdorf - Bärndorf, diesmal ausführlich - Wölckersdorf
Grub - Arndorf - Friesendorf (Friesenhof, eingegangen ) - Ansdorf - Thenning - Zettling - Zeltendorf 
Gradis - Gadsdorf

Nun schließt sich die Steuerschätzung für die adeligen Personen an.
Census nobilium
 
Bei den adeligen Familien z.B. wird unter anderem auch ein Steuerstreit mit den Erben von Fessmannsdorf erwähnt, und dann folgt endlich der Markt Kötzting.
Dieser Eintrag beginnt zunächst mit einer zweiseitigen und wunderschön geschriebenen Festlegung der Einkünfte und Rechte des Rottischen Amtmannes in Kötzting.

Hier der Anfang dieser Einleitung:
... des ersten hat der Amptman in dem Marct ze choesting von ieder Flaispanch auf Sand michels tag .5. pfenn und auf di weunachten von ieder protpanch .5. pfenn und auf den aufert tag von iedem chram .5. pfenn un an dem selb tag von iedem chram di nur huetten auf dem martt stet .1. pfenn und auf unser fraun tag in dem herbst von iedem schuester und von iedem Ledraer der in dem marct ze choetzting ein stet habent oder haben wellent si sein darin gesezzen hausleichn oder nicht .5.pfenn und von iedem vloder (Fluder) der auf dem weizzen regen herab rinnt, es sei ab den pergen oder aus panhoeltzn .2. pfenn .....

Und danach folgen die einzelnen Kötztinger Bürgerlisten:
Hier zunächst alle Landgüter "paedia" hier 35 an der Zahl, was vermutlich den späteren Marktlehen entspricht.  




Nach einer Liste von Pächtern einzelner Felder werden die Kötztinger Söldenbesitzer aufgelistet.



Am Schluss werden viele der Teilsummen zusammengezogen und ganz am Ende heißt es noch:
"De Lviij curijs in officio chötzsting vij char habern und vier gestrichen aechtling und Lxij huener"
Von den 58 ganzen Bauernhöfen im "Amt Kötzting" (werden noch) 7 Kar und 4 gestrichene Achtling hafer und 57 Hühner (abgeliefert).
I Kar Hafer waren ungefähr etwas mehr als 1800  Liter und ein Achtling betrug ca. 120 Liter als Hohlmaß.

In diesem Salbuch stecken noch einige Details in Latein, die es wert sind, genauer angesehen zu werden.
Auch wenn wir diese Namen - zunächst mit einer Ausnahme - nicht mit heutigen Häusern in Kötzting in Verbindung bringen können, so ist es doch interessant, das die meisten Altkötztinger bereits mit zwei Namen in der Liste aufgeführt sind.
Nachdem dieser Hinweis von Max Piendl sich bereits als  korrekt herausgestellt hat, werden wir auch die zweite, bisher unbekannte Archivalie ausheben und digitalisieren lassen, die Beschreibung der Gewerbetreibenden und der Marktstände von 1420 und die Pergamenturkunde, die den Ullrich Quantel betrifft, aus dem Jahre 1378. 


Dieser Ulrich Gswantel vom Gschwanthof ist zunächst der einzige, den wir mit einem bestimmten Gebäude in Kötzting festmachen können, und der auch in der Bürgerliste erscheint, nämlich ganz oben an erster Stelle. Der Gschwandhof ist die heutige TCM- Klinik von Anton Staudinger und bisher kannten wir den ersten bekannten Besitzer erst ab dem Jahre 1450 benennen.
Primo ulr Squant  : als erster Ullrich Squant

Lassen wir uns überraschen, was die zu erwartenden Archivalien aus München noch bringen werden.