Michael Heigl
Die Jahre 1848 bis 1851
Zuerst jedoch ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:
Hier der link auf die bisher veröffentlichten Teile zum Thema Räuber Heigl
Im Herbst 1847, als kurz nacheinander seine damaligen zwei Kumpane, Josef Pongratz und Peter Penzkofer, geschnappt und eingesperrt wurden, zog es Michael Heigl vor, seine junge Freundin Therese Pritzl aus ihrem quasi überwachten Hausarrest zu lösen und zusammen mit ihr über die Grenze zu gehen.
Schon bald berichteten alle Polizeistationen und die beiden Landrichter von Kötzting und Viechtach von einer "befriedigenden Sicherheitslage", zum ersten Male seit 4 Jahren.
Foto Pongratz: das Laumer-Pritzl-Haus außerhalb von Gotzendorf. Hier stammte die Therese Pritzl ab. |
Nur so ist es zu erklären, dass den Kötztinger Gendarmen die Nachricht zugesteckt wurde, dass Michael Heigl sich mit seinem Bruder Wolfgang treffen wolle und von diesem eine Hose bekommen wollte. Tatsächlich konnten sie Wolfgang Heigl, den kleineren Bruder, mit einer Hose schnappen, was diesem einen 3-tägigen Arrest einbrachte.
30. 1848 14.Mai
"Hat Heigl zwei ihn verfolgenden Gendarmen, die seine Concubine aufgreifen wollten mit dem Gewehre in Anschlag in vielfacher Weise bedroht und beschimpft." Am Rande steht noch: "Vergehen der Widersetzung"
Gegen Ende des Jahres 1848 wird der Sicherheitszustand sogar als "sehr befriedigend" bezeichnet und wegen dieser guten Situation entschieden, dass die "aufsehenerregenden Maßregeln eingestellt" würden, da "Heigl, von dem man lange nichts gehört hatte, im Auslande sich befand."
Dieses Gerücht, die Vermutung oder sogar die Erkenntnis darüber, wo sich Heigl in der Zwischenzeit aufgehalten haben soll, stammt aber nicht aus dieser Zeit, sondern wird von Tatortzeugen Jahre später der Polizei berichtet. Heigl hatte sich im Jahre 1852 vor dem Raub der Bäurin in Ecklshof bei den dortigen Inleuten aufgehalten, wo er, sich sicher wähnend, " seine im Jahre 1848 und 1849 in Ungarn als Weinwirth erlebten Abentheuer erzählte."
1849
Insgesamt drei Einträge in sein "Strafregister" holte sich Michael Heigl allein im Jahre 1849 ab, auch wenn es beim Überfall auf der Simmeleinöd zunächst unsicher gewesen war, ob tatsächlich MH der Täter gewesen ist. Der zweite Raub war ein Diebstahl beim Häusler Mathias Bablick von Schönbuchen, und schlussendlich am zweiten Weihnachtsfeiertag 1849 kam es beim Häusler Liebl in der Rosenau zu einem gewaltsamen Zusammentreffen zwischen der Gendarmerie und MH, der sich mit Gewehrschüssen zur Wehr setzte und zusammen mit seiner Freundin wieder einmal entkommen konnte.
Der Überfall auf der Simmeleinöd
StA Landshut Rep. 168-1 Nr. 63944-I Räuber Heigl Akten |
Raub in Schönbuchen
Der nächste Tatort ist beim Häusler Mathias Bablick in Schönbuchen. Nach einem gewaltsamen Eindringen und dem Aufbrechen von Kästen konnte der Täter mit 150 Gulden entkommen.
Der Geschädigte selber lenkte den Verdacht auf Michael Heigl, weil dieser "ihm schon einmal mit dem Erschiessen gedroht" hatte. Ausdrücklich steht auch hier am Ende des Eintrags: " Sonst keine Ueberführung. Beruht auf Vernehmung des Heigl".
Zusammenstoß in der Rosenau
Detail der Luftaufnahme des Waldrandes bei Gotzendorf und Hohenwarth aus Bayernatlas.de |
Blickt man auf diese Luftaufnahme, so kann man sehr leicht erkennen, wie leicht es für MH gewesen war, ungesehen bei seinen Unterstützern beim "Bergpritzl" aus- und ein zu gehen und den Überfall in der Rosenau zu verüben. Dies um so mehr, als die Waldsäume damals - anders als heutzutage - nicht als Hochwald, sondern aus sogenannten Birkenbergen bestanden, die zur Viehweide und zur Nutzung als Niederwald vorgesehen waren, und eine unvergleichlich bessere Deckung boten, als die heutigen Fichtenstämme.
2. Die geringe Besetzung der hiesigen Gendarmerie Brigade und der Gendarmerie Station Lam
3. Der Mangel an jungen kräftigen, tüchtigen und entschlossenen Brigadiers.
4. Der zu häufige Wechsel der Mannschaft bei der Station Lam und Brigade Kötzting
5. "Die Unterlassung allgemeiner großartiger Streifen unter Beiziehung der umliegenden Stationen aus dem diesseitigen Regierung und dem der Oberpfalz und Regensburg nämlich Eschlkam, Arnbruck, Viechtach, Furth, Cham, und das Zollschutzwach- und Forstpersonal.
6. "Die durch die Natur erzeugte beschwerliche Waldgegend in der sich der berüchtigt flüchtige Verbrecher umhertreibt".
7. Die zu geringe Belohnungsaussetzung von 25 fl. für die Ergreifung fdes MH
8. "Die Nichtexistenz einer hohen Entschließung vermög welcher sogleich nach Einlieferung des erwähnten Verbrechers die Auszahlung der festgesetzten Belohnung erfolgt und nicht erst abgewartet werden darf, bis über die eingelieferten Verbrecher rechtskräftig abgeurteilt oder gar die erwachsenen Untersuchungsakten aus der Tätigkeit der Kostenrevisionsstelle zurückgelangt sind und"
Carl von Paur, der Kötztinger Landrichter |
Er führt auch gleich ein Beispiel dafür an, wie es mit der "Fangprämie" eben nicht aussehen sollte:
"Am 4. Juli 1847, sohin über 2 ½ Jahre, wurde der ebenfalls flüchtige Verbrecher Joseph Pongratz, Inwohnerssohn zu Kager, vulgo Maulaffenhiesl, bei kräftiger und lebensgefährlicher Widerstandsleistung verhaftet und eingeliefert, ohne dass bis zur Stunde den Ergreifern die ausgesetzte Belohnung zu 25 fl zugekommen ist"…. Carl von Paur fordert, diese Belohnung zukünftig unabhängig vom endgültigen Abschluss der Verhandlungen auszuzahlen.
Carl von Paur scheint von den Vorwürfen an ihn also eher unbeeindruckt und setzt sich zur Wehr; der bisherige Brigadier Haas allerdings muss gehen und wird durch den Brigadier Batzer ersetzt.
In den Frühling des Jahres 1850 hinein begannen nun auch die vom Kötztinger Landrichter von Paur gewünschten ausgedehnten "Streifpatrouillen". Der neue Kötztinger Brigadier Batzer hatte mit seinen Bemühungen ebenso wenig Erfolg wie sein Vorgänger und meldete an seine Vorgesetzten wie folgt:
"Streifpatrouille auf den flüchtigen Verbrecher Michael Heigl betr." |
".....gestern Nachts von 11 bis heute vormittags 10 Uhr eine Streifpatrouille mit der gesamten Stationsmannschaft, Brigadier Kienzl von Viechtach und zwei Gendarmen von Eschlkam über die Ortschaften Beckendorf, Watzlhof, Bergpritzl, dessen Waldungen, Rosenau, Englmühle, Zittenhof und Fessmannsdorf abgehalten: obwohl es seine Lieblingsplätze sein sollen und demgemäß alle verdächtigen Häuser, Scheuern und sonstigen Gebäude genau durchsucht wurden, so ließ sich kein Resultat erzielen. Da diesem Verbrecher von den Bewohners der dortigen Gegend ohne Ausnahme ein jeder Unterschlupf gibt, ja sogar schon gestohlen und Verkehr mit den gestohlenen Sachen getrieben haben und Heigl selben Drohungen machte, dass er bei seiner Verhaftung jeden seiner Mithelfer am tage bringen werde, so wird er von Niemand verraten, obwohl gehorsamts Unterzeichneter es schon in dieser Hinsicht mit 30 bis 50, ja sogar mit 100 fl. Belohnung mit rechtlich und üblen Personen probierte. Heigl in weit und nahem Gerichtsbezirke ein wohlbekanntes Individuum, hat sich nach Aussage gut gesinnter Personen alljährlich Monate lang teils in der Gegend von Straubing, Landshut, Deggendorf, Viechtach, Cham und dem angrenzenden Staate Böhmen aufgehalten und dürfte nun sich zur Zeit wieder öfters in jenen Bezirke begeben oder begeben haben, weil in der hiesigen Brigade befindlichen Mannschaft der größte Muth und Eifer zur der schönen Arretierung und großen Belohnung herrscht und bei schon so vielen Streif und gewöhnlichen Patrouillen noch nie auf selben gestoßen sind.
Batzer Brigadier"
Das Kommando notiert am Rande des Rapports: Brigadier Batzer solle "bis auf weiteres alle 8 Tage eine Streife zusammen mit der Viechtacher Brigade unternehmen"
In den Akten ist sehr schön nachzuvollziehen, wie die einzelnen Ebenen sich gegenseitig mit Argumenten unterstützen bzw. diese 1 zu 1 weiterleiten.
Die Punkte, die Carl von Paur angeführt hatte, werden fast wortgleich von der Kötztinger Gendarmerie-Station an deren vorgesetzte Behörde, also das Gendarmerie- Kommando in Landshut , weitergegeben und diese wiederum reicht sie unkommentiert an das Innenministerium weiter.
Gleichzeitig vermeiden es die jeweiligen Behörden vor Ort, in Person des Landrichters und des Brigadiers, sich gegenseitig auch nur den Hauch eines Vorwurfes zu machen oder die Schuld am Misserfolg von sich auf den anderen zu schieben. Im Gegenteil, beide bekräftigen der jeweils anderen Seite, alles ihr Mögliche zu unternehmen, um MH zu fangen, und führen ausschließlich externe Gründe für das Versagen an.
Trotz der Anweisungen, die Patrouillen eher auszusetzen, ordnete der Brigadier Batzer solche, nach einer kurzen Unterbrechung im Juni 1850, ab dem Juli wieder in großem Umfang an und berichtet nach Landshut unterm 14.7.1850:
".....Seit dem 1.7 eine große Streife im Landgericht Viechtach, danach 3 Streifen nebst noch mehr Patrouillen auch durch den Unterschriebenen durchgeführt, ohne Ergebnis.
.....Nun
hat er einen Bauern von Reitenberg, wo
Heigl sich schon öfters hat sehen lassen, auf seine Seite gebracht, wo dieser
Bauer angab, dass das häufige Durchstreifen und Fahnden nur den Heigl
verscheuchet, dass er oft 1/4 Jahr wegbleibt, man solle selbigen einige Wochen
seinen Spielraum lassen dass er vertrauter wird. Da auch das bisherige Spähen
selber fruchtlos war, wurde dieser Rath befolgt.
.....Am
gestrigen Tag hat sich Unterzeichneter zu diesem Bewohner nach Reitenberg
begeben und demselben sein Eheweib gab an, dass sie nun ganz gewiss durch ein
Frauenzimmer von Hinterhudlach, welches im Patrouillenbereich Bezirke Lam
liegt, erfahren hat, dass Heigl sich oberhalb Hinterhudlach in einem dicken
Gebüsch mit seiner Konkubine aufhält und eine schon lange verdächtige
Weibsperson v. Hinterhudlach demselben Lebensmittel zu trägt und könnte nur
durch am besten durch mehrtägiges Posten
zu einen Resultate führen, weil er oft einige Tage abgängig sein soll.
Kenntnis
zur Station Arnbruck und Lam wegen dieser Meldung am 19.7. früh um 2 Uhr bei
Hinterhudlach mit 9 Gendarmen ein Zusammentreffen der Art bestimmt, dass außer
dem Orte im Walde die Zusammenkunft ist, und von da wird die Mannschaft unweit
dem Hause im Gehölz postiert und bei nicht erfolgtem Resultate ist der
Unterzeichnete entschlossen mehrere Tage bei Tag und bei Nacht dieselbe Gegend
besetzt zu lassen.
Christ. Batzer Brigadier:
Eine gute Woche später muss Carl von Paur leider melden, dass dieser "Dauerposten" bei Hudlach nichts gebracht hatte, will aber "Dem tüchtigen Brigadier und seiner tapferen Mannschaft" daraus keinen Vorwurf machen, im Gegenteil, er gibt sich gegenüber der Regierung überzeugt und "glaubt im Hinblick auf den bewährten Diensteifer derselben die sichere Überzeugung aussprechen zu können, dass ein günstiges Resultat, im Falle, Heigl in dieser Gegend sein Verbleiben hat, in Bälde in Aussicht gestellt werden kann".
Der Tipp mit Hudlach war offensichtlich doch keine Falschmeldung, da in den Akten eine Meldung vom 7.September zu finden ist.
Brigadier Batzer meldete, dass er "und Gendarm Jakob Gattinger am 6ten dies Mittag 11 3/4 Uhr bei einer Streifpatr. nächst Vorderhudlach im Walde auf den flüchtigen Verbrecher Michael Heigl von Beckendorf k. Landgericht Kötzting aufstießen, bei Vornahme dessen Arretierung hat sich derselbe wiedersetzt wo ihm der Unterzeichnete mehrere Säbelhibe an den rechten Arm und zwei Säbelstich versetzte. jedoch gelang es denselben mit seinem bey sich führenden Doppelgewehr einen Streich auf den Kopf der Art zu versetzen, daß derselbe für den Augenblick betäubt gewesen ist, und der Gendarm Gattinger grade zur Zeit über eine Felsen herunterstürzte, wo es denselben gelang, die Flucht zu ergreifen.
Bemerkt wird, daß Heigl nicht minder an Kopf und Armen verletzt wurde.
Was die "Tippgeberin" mit ihrer Anzeige aber persönlich riskiert hatte, zeigt ein Vorfall vom Mai desselben Jahres, als MH sich persönlich an einem Belastungszeugen rächt. Am 14.5.1850 verletzte er durch zwei Schüsse den Grafenwiesener Inwohnersohn, Josef Domaier, der ihn wegen verschiedener Diebstähle belastet hatte.
Am 18. Juli 1850 schreibt der den abwesenden Landrichter von Paur vertretende Beamte Adlmanseder
"Die hiesige Brigade ist mit einem tüchtigen Brigadier besetzt, der allen Anforderungen entspricht, allein ungeachtet dessen ist derselbe ohne seine Schuld, das oben bemerkte Haupthindernis [die schwierigen Terrainverhältnisse und die Unterstützung Heigls durch Teile der Bevölkerung] ausser Stand. Auch der ihm untergebenen Mannschaft kann kein gerechter Vorwurf bezüglich ihrer Leistungen gemacht werden. Nach unmaßgeblichen diesseitigen Dafürhalten kann jenem Haupthindernisse nicht anders mit Erfolg gesteuert werden, als daß eine große Streife gegen den flüchtigen Verbrecher Michael Heigl angeordnet werde.der kgl. Landrichter l.i.
Adlmannseder"
Screenshot aus dem "Räuber-Heigl-Film" von 1973 Der Räuber Michael Heigl schießt aus einer erhöhten Position auf die Kötztinger Gendarmen |
Karl Höcherl als der Räuber Michael Heigl im Film von 1973 |
Durch Martin Fendl. ledig von Reitenstein verrathen wurde Michael Heigl an diesem Tage auf dem s.g. Predigtstuhl bei Hudlach, wo ein aufsteigender Rauch seine Anwesenheit verrieth, von der Gendarmerie getroffen.
Durch Brigadier Batzer und Gendarm Gattinger nach vorheriger furchtloser Aufforderung sich zu ergeben, angegriffen, ergab Heigl, mit Doppelgewehr versehen, sich nicht - es entstand ein wechselseitiger viertelstündiger Kampf, wobei das Gewehr des Brigadiers Batzer zerbrach und die Bajonettspitze umgebogen wurde, dieser erhielt eine Kopfwunde durch Heigl.
Trotz mehrerer Säbelhiebe und Kolbenschläge entkam Michael Heigl.
Die gewehre der beiden Gendarmen versagten, da sie vernässt waren. Die subjektive Thäterschaft des Heigl gewiß, da 3 Gendarmen und Martin Fendl etwas weiter mit dem dritten Gendarm entfernt stehend Augenzeugen waren. St.G.B. art. 316 act 1 mit allen gesetzlichen merkmalen ist gegeben.
Hier eine Liste für Traidersdorf.
Hier die Bewohner/Bauern von Wölkersdorf, Bärndorf und Himmelreich von 1848 |
In der zweiten Liste nun die Bewohner von Traidersdorf, Höfing, Kieslau, Buchberg und Bonried |
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