Der folgende zusammengefasste Prozess lässt sich aus dem Rechnungsbuch des Landgerichts Kötzting vom Jahre 1735 rekonstruieren. Das Buch liegt im Staatsarchiv Landshut. So lebendig und ausführlich waren damals die heutzutage so nüchternen Rechnungsbücher.
Am 23. Oktober 1734 erhielt das Landgericht Kötzting Nachricht aus dem Königreich Böhmen. Von dort schrieben der Bürgermeister und die Räte der Stadt Klattau, sie hätten eine Schatzgräber Bande inhaftiert und von diesen Bandenmitgliedern würde behauptet, dass der "mitverstrickte Michael Altmann zu dem Hansen Pongratz (nicht verwandt oder verschwägert mit dem Schreiber dieser Zeilen, möchte ich schon festhalten.....) uff den Krottenhof gehen" und "deme underbringen muessen, dass er der Banda den Spiritum (Geist), welcher dem Altmann in ainem gläsernen Fläschl vorgezaigt und würcklich sehen lassen, gegen Bezahlung überlassen solle."
Altmann habe also beim Inmann Johann Pongratz vom Krottenhof einen Flaschengeist gesehen, welchen der Inmann auch verkaufen wollte.
Der Rat von Klattau forderte nun von den Kötztingern, um ihren eigenen Prozess vorantreiben zu können, die Untersuchung des Ganzen, sie nennen es die Inquisition, vorzunehmen.
Bereits am 25. Oktober wurde Hans Pongratz, Inmann in Krottenhof über die von Klattau geforderten Umstände ausführlich befragt und dann gleich verhaftet. In ihrem Antwortschreiben fordern die Kötztinger ihre Kollegen von Klattau auf, sie sollten Ihre verhafteten Bandenmitglieder nochmals ausführlich befragen, denn der inhaftierte Pongratz würde: "einen Spiritum zu haben fortissime negieren"
Anfang Dezember kam dann die Antwort aus Klattau, Taus und dem Markt Staab - auf diese Gerichtsorte waren die verhafteten Bandenmitglieder verteilt worden - die diese weiter verhört hatten: Die Abschriften der Verhöre von Ignaz Präserl, Jakob Pohlgust, Jacob Mayr, Mathes Kopf, Niclas Haupeckh, Jakob Brosch, Michael Altmann und Christoph Pfeffer belasteten den in Kötzting inhaftierten Hans Pongratz schwer. Für den Botengang dieses Schriftwechsels erhielt der Landgerichtsbote 36 Kreutzer.
NB: All das bis hier Geschriebene diente damals ausschließlich als Beleg dafür, dass dem Boten die 36 Kreutzer bezahlt worden sind. Zwei Seiten kleingeschriebener Text nur um die Ausgabe zu rechtfertigen. 36 Kreutzer könnte man grob auf 50 Euro umrechnen.
Die in Böhmen inhaftierten Gefangenen - es ist zu vermuten, dass diese für ihre Aussagen auch gefoltert worden waren - sagten aus, dass der Pongratz "zway mal zu dem Gerl in St. Catharina, bey deme die Banda öfter zusambenkonffte gehalten, gangen, und mit deren weegen das Spiritus in Handlung getretten, iedoch weillen weder der Geistliche von Regenspurg als welche gemelt Banda Erinderung nach den Geist zu Ausfiehrung ihres Vorhabens unendtpöhrlich benöttiget, gegenwerttig noch auch die 100 Dukaten gelt, so Pongratz hievor verlangt, bei handten gewest bedeutten Spiritum nit von sich geben. Under dem vorwandt dass er ohne gelt selben nit anlassen können und ausser des Geistlichen mit deme ohne das nichts auszurichten, weillen sye alle von dem Teufel nit sicher wären."
Die Konstruktion ist interessant, Pongratz könne, so sagen die böhmischen Angeklagten, ohne Anwesenheit eines Geistlichen den Geist nicht aus der Flasche lassen, weil sie sonst vor dem Teufel nicht sichern wären und ohne Geld ginge schon gar nichts.
Dieses Schreiben ist am 22. Dezember eingetroffen aber die Gerichtsherrn konnten erst im Januar weitermachen, es waren ja die Christferien, interessant, dass auch vor 300 Jahren die "Beamten" Weihnachtsferien hatten und zwar gings ausdrücklich wegen der Christferien erst wieder am 5. Januar weiter. Also dauerten diese Ferien damals wie heute auch zwei Wochen.
das Amtshaus, wie es wohl zur Zeit des Johann Pongratz ausgesehen hat |
Im Text heißt es nun dass der Johann Pongratz "guet und zugleich ernst" ausgefragt worden war, er habe aber alles geleugnet, es wäre nichts an der Sache, der ganze Vorgang wäre nur eine "lautter Fopperey oder Gespäß" gewesen. Und er widerspricht damit auch der zweiten wiederholten Aussage des Altmanns, welcher seine erste bestätigte, nämlich, dass er zweimal den Geist beim Pongratz gesehen habe.
Wieder ging eine Schreiben nach Klattau, diesmal durch den Warzenrieder Amtmann Oswald Zadler, der die Amtspost bei Gelegenheit nach Klattau mitnahm. Kötzting wollte nun Details wissen, wo er den Flaschengeist genau gesehen habe und vor allem wie er ausgesehen habe. Und, wollten sie weiter wissen, ob nicht der "alte Pongratz" von Atzlern, der Vater des Johann, (Hoppala, jetzt wirds wohl doch verwandtschaftlich, meine Pongratzvorfahren stammen aus Atzlern ab) "hirumb ebenfalls wissen getragen", dieser Mann war durch die letzten Verhöre ebenfalls "zimblich graviert worden.", also belastet worden.
Plan der Keuchen unterhalb des Kötztinger Amtshauses |
Inzwischen waren in Tauss auch die beiden Gebrüder Gerl aus St. Catharina verhaftet worden, da sich die Bande wohl zumeist bei diesen getroffen hatte. Die Schreiben aus Böhmen vom 26. Februar 1735 brachten aber keine Neuigkeiten und so übergab das Landrichter von Kötzting den Vorgang am 6. März an die Regierung in Straubing und diese antwortete bereits am 10. desselben Monats.
Hans Pongratz solle noch einmal ernstlich, aber gütlich, (das heißt also ohne ihn zu foltern) zu examinieren und das Ergebnis wiederum nach Straubing zu berichten. Den alten Pongratz sollten sie noch zurückhalten. Johann Pongratz blieb hartnäckig bei seinen Aussagen und dieser Bericht ging nun sowohl nach Straubing als auch ins Böhmische in den Markt Staab, wo der Altmann einsaß.
Staab antwortete, dass Altmann seine Befreiung verlangt hatte und nach Deschenitz nach Hause gegangen war. Staab wolle dem Hauptmann von Bistritz, dem für Deschenitz zuständigen Amtmann, bei Gelegenheit schreiben.
Nun waren dann die Osterferien "eingefallen und er (der Gerichtsbote) also darmit nit fruehzeitiger nit Aufbrechen können" also gings erst wieder am 14. April weiter.
Der Hauptmann von Deschenitz schrieb, dass der Altmann am 22. März, versuchen würde, trotz seiner Unpässlichkeit, in Kötzting zur Confrontation zu erscheinen.
Ganz nüchtern steht es im Buch, dass er sich aber weeder am selben noch ainem anderen tag derorthen eingefunden, sondern es wäre allein am 2. May ein Brief angekommen in dem stand, dass der Altmann immer noch krank darnieder läge, auch nit mehr wisse ob Pongratz ainen Spiritum gehabt und er den bei ihm gesehen hätte.
Angesicht dieser Faktenlage blieb dem Gericht in Kötzting nichts anderes übrig, als dieses nach Straubing zu berichten und auf ihr Schreiben vom 5. May kam dann am 12. May der Beschluss aus Straubing, Johann Pongratz aus der Haft zu entlassen.
Am Schluss folgte dann die finanzielle Schlussabrechnung diese Prozesses.
Der Kötztinger Eisenamtmann erhielt:
für das Einsperren am 25. Oktober 34 xr 2 h xr=Kreutzer h Heller
für das dreimalige Vorführen zur Vernehmung 25 xr 5 h
für die Verköstigung vom 25.10. bis 12.05. 28 fl 34 xr 2 h
Eisengeld 14 xr