Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen. Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.
Alte Hausnummer 97
beim Mesner

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Vermessungsamt Cham 5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_1831_Beilage_M2500_1_1-01 |
Seit dem Jahre 1651 ist das kleine Haus in der heutigen Herrenstraße als das Mesnerhaus bekannt und fast bis heran an die Gegenwart wohnte dort auch der Kötztinger Mesner. In früheren Jahrhunderten wurde dort auch Schule gahalten.
Durch den Verkauf des Hauses kennen wir auch die Familie, die vorher das Haus besessen hatte, es war dies die Familie der Parella.
Martin Parella
Der Name "Parella" deutet bereits auf eine italienische Herkunft hin und tatsächlich ist der erste Eintrag mit diesem Familiennamen ein "welscher" Mauerer mit dem Namen Martin Parella, der Vater unseres Oswald. Im Jahre 1908 taucht Martin Parella zum ersten ;Male in den Kötztinger Akten auf und, wie es sich für einen Mauerer gehört, im Zusammenhang mit Bauarbeiten.
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StA Landshut Rentkastenamt Straubing R 2479 Kastenamtsrechnung von 1608 |
"Martin Parell welschen Maurer von Ablöschung obangedeuths Kalchs, auch das er ein Tag am Padthaus bey Fyrstl: Schloß gearbeit Innhalt seines Zetl Nr. 12 verraicht
1 Gulden 17 Kreuzer 1 Heller"
1611 unterzeichnet er als ein Zeuge bei einer Schuldverschreibung des Mayr Adam von Simpering, die beim Kötztinger Vogtgericht beurkundet wurde.(StA Landshut Regierung Straubing A 4392)
Im Jahre 1614 ist sein Haus Tatort einer saftigen Beleidigung gegenüber einem Kötztinger Mitbürger.
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StA Landshut Rentkastenamt Straubing R 2331 von 1614 |
"Hanß Schöz burger zu Khözting, hat bey Marthin Parella wellischen Mauerer alda in bezechter Weiß geredt, Hannß Schindler hette alle Weyber außer 4 beschlaffen, Obwoln er nun hernach fürgeben, das er sich yhe (dann er aller bezecht gewest) dergleichen Reden nit zuerindern wisse, auch ein solliches auf ihme Schindler nit sagen khüne. Als sein solche Reden von Obrigkheit wegen aufgehoben, und er Schöz gestrafft worden per 1 fl 3 ß."
1619 tritt er als Bürge für eine Grundschulde über 20 Gulden von Seiten der Kötztinger Pfarrkirche für Blasius Brunner auf.
Oswald Parella und Eva
Es spricht vieles dafür, dass Martin Parella kurz nach dem Schwedeneinfall im November 1633 verstorben ist, denn im Jahre 1635 fordert der Sohn - Oswald Parella - vom Markt eine Kompensation für eine Bierlieferung, die seine Vater hatte zwangsweise hatte abgeben müssen.
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StA Landshut Markt Kötzting Marktrechnung von 1635 |
"Oswalden Parella, umb das sein Vatter seel. 4 Viertl Praunpier, so man einem Leuttenant nach Mosspach spendieren müessen für 7 Gulden hergeben, bezalt 28 Gulden."
Einschub
1 Viertl als Bierfassgröße entsprach lt. Reinhard Riepl damals 224 Münchener Maß. Der Betrag von 7 Gulden für solch eine Biermenge stimmt zumindest von der Größenordnung her überein mit den überlieferten Bierpreisen. Im Wirtshaus bekam man damals für den Gulden 20 Maß Bier. Ein Schadenersatz bei einer solchen "Großlieferung" - vermutlich war Martin Parella damals für die Kommunbrauerei zuständig - von 30 Maß pro Euro ließe sich dann bereits auf 210 Maß pro Viertl hochrechnen.
Einschubende
Der Kötztinger Pfarrer stellte, beginnend im Jahre 1636, eine Liste seiner verbliebenen Schäfchen nach dem verheerenden Einfall der "schwedischen" Truppen im November 1633 zusammen. Vermutlich fielen mehr als 2/3 aller Kötztinger Bewohner diesem Rachefeldzug zum Opfer.
Ein früherer - unbekannter - Archivar und Analyst der unterschiedlichen Handschriften in diesem "Status Animarum", also einer Seelenbeschreibung, konnte bereits herausstellen, dass an dieser Liste drei Personen im Zeitraum von ca. 20 Jahren gearbeitet hatten.
Wir haben hier nun zuerst eine "Familienbeschreibung ca. von 1636.
Bei Parella war dies sehr auffällig. Wir wissen, dass seine Ehefrau Eva geheißen hat.
1636 bestand die junge Familie erst aus den Eltern und einem kleinen Sohn, mit Namen Benedikt.
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Pfarrmatrikel Kötzting Band 1 "Oswalt Parella Eva ux (=uxor Ehefrau) Benedict inf: (=infans Kind)" Bei ihm, im selben Hausstand, wohnte offensichtlich Hannß Rab mit der Magd Anna (anc. = Ancilla= Magd) und seinen vier Kindern. |
Seit 1637 war Oswald Parella bereits der Besitzer eines Marktlehens im oberen Markt - später die Bäckerei Graßl in der Metzstraße - und der zweite Eintrag - nun mit anderer Handschrift stammt ca. aus dem Jahre 1655. Nun wohnte die Familie Parella bereits im Oberen Markt.
Hier steht "Oswalt Pareller ", ohne Ehefrau Frau, aber mit seiner Magd Veronica und drei Kindern. Hans mit 17, Ursula mit 20 und Margaretha mit 19 Jahren.
In den Kötztinger Geburtsmatrikeln finden sich Ursula (* 9.12.1637),
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Pfarrmatrikel Kötzting Band 1 vom 9.12.1637 "Nona hujus (also am neunten desselben Monats) Osvualdo Parella Baptizata est filia Ursula, Patrina Ursula Uxor Joannis Schreiners etc." Die Taufpatin war die Ehefrau des Hans Schreiner, Ursula. |
Margaretha (*18.6.1639)
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18. Osuwaldo Parella baptizata est filia Margaretha, patrina Usrula Uxor Joannis Schreiner pistoris. Auch bei der Tochter Margaretha war Ursula Schreiner die Taufpatin, nun ist der Beruf ihres Mannes angegeben: Pistor, also Bäcker. |
Geburt des Hans: (* 9.2.1642)
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"den 9. dito dem Oßwalt Parella, und Eva seiner Haußfrau ein Sohn getauft mit Namen Joannes, Patrinus ist genannt Hans Schreiner Peckh und Burger in Közting."
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Nun haben wir also auch den Namen der Mutter und Ehefrau bestätigt und wissen, dass der Ersteintrag aus dem Jahre 1636 mit Ehefrau Eva und Kleinkind Benedikt tatsächlich dieser Familie zuzuordnen ist und aus dem Jahre 1636 stammt.
Der zweite Eintrag kann somit grob dem Zeitraum von 1657 - bzw. 1659- zugeordnet werden, wie es der unbekannte Chronist auch bereits auf der Seite 1 der Seelenbeschreibung vermerkt hat.
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Handschriftenanalyse eines unbekannten Archivars über die Einträge in der Seelenbeschreibung
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Aus dem Jahre 1638, nun seit einem Jahr bereits ein
Am 5.8.1651 - die Familie wohnte schon lange in der heutigen Metzstraße - kam es zum Verkauf des Elternhauses. 460 Gulden bezahlte die "Kötztinger Kirchenverwaltung" unter verantwortlicher Leitung des "Äußeren Rats und Kirchenprobstes" Georg Vogl für die "Behausung am Kuerchwege zwischen Jakob Petwitsch und Paulussen Reimers Häusern liegent." Bei der als Mitbesitzerin genannten Margaretha Urban, Ehefrau des Wilhelm Urban, müsste es sich um die Schwester unseres Oswald gehandelt haben. In den Kötztinger Kirchenrechnungen des Jahres 1642 ist ein Wilhelm Urban als Gerichtsprokurator angegeben.
Und auch hier ist uns die Seelenbeschreibung eine Hilfe.
Gleich am Anfang der Liste steht, leider durch eine Reparatur leicht überklebt, das Ehepaar Urban und auch der Name der Ehefrau des Wilhelm ist noch ausreichend entzifferbar.
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Pfarrmatrikel |
Die Zuordnung dieses Hausverkaufes auf ein bestimmtes Haus war für mich eine gute Erfahrung, dass es keinen Sinn macht, ausschließlich von den heutigen (Besitz-) Verhältnissen auszugehen, wenn man ein historisches Gebäude lokalisieren will.
Es war für mich grundsätzlich schnell klar, dass es sich bei dem Haus um das spätere Mesnerhaus gehandelt hatte. ABER, dann müsste einer der beiden genannten Nachbarn der früher Besitzer des heutigen Hotels zur Post gewesen sein. Deren Besitzerreihenfolge war aber gesichert bekannt und ein "Reimer" kam nicht vor, da ich den Jakob Petwitsch bereits auf dem heutigen Gartneranwesen belegen kann. Die Lösung fand sich in den Briefprotokollen zwei Besitzergenerationen später, als zu Beginn des 18. Jahrhunderts der damalige Besitzer der Privatbrauerei, Johann Krieger, das Nachbarhaus kaufte und in seinen Gebäudekomplex integrieren konnte. Spätestens mit seinem Stiefenkel, Samuel Luckner, war das vorher einzelne Haus dann nicht mehr als ein solches erkennbar.
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Serwuschok 522 Das Haus mit dem Postkutschensgrafitti war früher ein eigenständiges Anwesen und beherbergt heutzutage eine Kaffeerösterei. |
Dass auch Oswald Parella bis zum Verkauf des Hauses noch Mitbesitzer gewesen ist, lässt sich gut aus der Übertragung der Grundschuld belegen.
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StA Kötzting Spitalrechnung von 1650 |
"Die bey Oßwalden Parella burgers alhir gelegene 20 fl Haubtsach, haben Georg Vogl und Marthin Mülpauer als unser lieben Frauen Gottshaus und Pfarrkürchen alda verordnete Kirchenpröbst, in Erkaufung deß Schuel: und Mößnerhauß zu bezahlen ybernommen und zallen hier zu Mitfassten den Züns". Die Kirchenverwaltung hatte - vertreten durch die beiden Kirchenpröbst - mit dem Kauf des Hauses auch die Grundschuld bei der Pfarrkirche übernommen.
Kirchenverwaltung
Der erste Mesner (und abwechselnd als Schulmeister bezeichnet), der nach dem Hauskauf in Kötzting dokumentiert ist, ist Michael Großkopf und seine Frau Maria, die wohl bereits verheiratet nach Kötzting gekommen waren und erst mit der Geburt ihrer Tochter Anna am 2.3.1653 "aktenkundig" werden.
Der nächste Kötztinger Mesner und Schulmeister wird ein Georg Freihammer, der offensichtlich bereits in den 1640er Jahren das Amt innegehabt hatte. (1656)
1657 ist ein Georg Kern als Mesner belegt und schon 1659 kommt der nächste Name: Christoph Weiß.
Mit dem Jahre 1660 kommt nun zum ersten Male ein Mesner nach Kötzting, der auch mal etwas länger auf seinem Posten bleibt.
Georg Peter (Piter,Pittrich) wird erst 1666 von Hans
Stangenstager ersetzt, der nun bis 1691 der Kötztinger Mesner ist.
Mit dem Jahre 1690 kommt nun eine Familie nach Kötzting und hier kann ich auf die wunderbare Vorarbeit von Ludwig Baumann zurückgreifen, der das für Kötzting so segensreiche Wirken dieser Familie bereits dokumentiert hat.
Ludwig Baumann
Die Brüder Prälisauer: Mesnersöhne, Mönche, Musiker
Um 1690 stellten die Benediktiner des Priorats zu Kötzting einen neuen Mesner ein, den aus Sachseln in der Schweiz zugewanderten Johann Joseph Anton Prälisauer. Der heiratete am 7. Juni 1691 Anna Maria Strigl, die Tochter des Schullehrers und Organisten. Elf Kindern schenkten sie das Leben. Von den acht, die nicht im Kleinkindalter starben, ergriffen fünf Söhne einen geistlichen Beruf, und sie förderten an ihren Wirkungsorten die Musikkultur in hohem Maße. Das musikalische Erbe hatte ihnen nicht nur die Mutter mitgebracht. Auch der Vater war aktiver Musiker, nur solchen wurde damals in Kötzting das Mesneramt anvertraut. Laut Kirchenrechnung von 1692 bekam der Mesner eine Jahreszulage, „daß er dem Schulmeister mit Abrichtung der Kinder uf die Music möglichst anhand gehen soll“. Aber auch die Benediktiner, deren Prioratsgebäude in der Herrenstraße direkt gegenüber dem Mesnerhaus stand, werden in den Buben mancherlei Interessen geweckt und Anlagen gefördert haben.
Pater Anton Prälisauer, Domkapellmeister zu Augsburg
Anton Simon Prälisauer wurde am 13. August 1692 vom Hofmarksverwalter zu Zandt zur Taufe getragen und vom Kooperator, Pater Otto Mellenberger, getauft. Über seine schulische Ausbildung ist nichts bekannt. Sichere Daten sind uns erst ab 1718 überliefert. Damals war der 26-Jährige, der in den Jesuitenorden eingetreten war, Organist in St. Michael zu München – dort in der Neuhauser Straße hat die Kirchenmusik heute noch einen hohen Stellenwert. Zugleich war Prälisauer Vizepräfekt am Seminar St. Gregor. Schon in dieser Zeit tat er sich als Komponist von Schultheatern hervor. Im Münchener Jesuitengymnasium hatte das Theater eine alte und große Tradition. Orlando di Lasso vertonte für die Tragödie „Samson“ die Chöre, und Jakob Bidermann verfasste den „Cenodoxus“ für die Jesuitenschüler. „Das Münchener Jesuitentheater ist ein Höhepunkt europäischer Bühnengeschichte“ (Benno Hubensteiner).
In diese Tradition reiht sich Anton Prälisauer ein. In den sechs Jahren seiner Münchener Tätigkeit schrieb er die Musik zu einem halben Dutzend Jesuitendramen, die in lateinischer Sprache gespielt und den Zuschauern mit gedruckten Theaterzetteln inhaltlich erläutert wurden: „Ichnographia Palatii Mariani“ (Grundriss des Marianischen Palasts, 1718), „Ingeniosa hominis nequilia“ (Angeborene Bosheit des Menschen, 1722), „Talandus“ (1724), „Jacob Patriarcha“ (1724), „David“ (1724) – alle in München aufgeführt. Dazu vertonte er für die Jesuiten in Regensburg St. Paul 1722 das Drama des „Manfredus, der über den zeitlichen Geschäften das Geschäft seines Seelenheils vergißt“.
Das Ansehen, das sich Anton Prälisauer als Organist und Komponist erworben hatte, verhalf ihm 1725 zum beruflichen Aufstieg. Er bewarb sich am Dom zu Augsburg um die vakante „Lektoratsstelle“ und bekam sie – und dazu ein Benefizium mit der Begründung, dass er im Orgelschlagen und im Komponieren über gute Erfahrungen verfüge. Im Klartext: Er war ab dieser Zeit Augsburger Domorganist und die rechte Hand des Domkapellmeisters Weiß mit den besonderen Aufgaben, bei der Anschaffung von Instrumenten und bei der Auswahl des Musikernachwuchses behilflich zu sein. Als im Oktober 1736 der Domkapellmeister starb, übernahm Prälisauer fünf Tage danach die Leitung der Dommusik. Beim Neubau der Evangelien-Orgel im Chor des Doms 1740 entwarf er die Disposition. In der Fachliteratur wird er als guter Orgelsachverständiger gewürdigt.
Aber auch auf seine Kompositionskünste wollte man in Augsburg nicht verzichten. 1726 und 1729 schrieb er für seine ehemaligen Münchener Kollegen die Musik zu zwei Jesuitenspielen („Noe“ und „Eclipsis illuminans“ – Glanzvoller Untergang). Und 1728 hatte er für die angesehene Marianische Kongregation der Augsburger Studentenschaft das Drama „Thriumphus Mariannae Charitatis“ (Triumpf der Marienliebe) komponiert. Danach vertonte er noch mindestens zwei Dramen für die Kongregation, „Absalon“ und „Leo Parthenii“ (beide 1743). Das letztere war für den „äußerst musikverständigen und musisch wohl am besten vorgebildeten Fürstbischof Joseph I.“ verfasst worden. Es wurde am 12. Januar uraufgeführt und fand bei dem sehr zahlreichen und vornehmen Publikum „beider Religionsparteien“ großen Gefallen. Am Tag darauf folgte eine Wiederholung, bei der der Fürstbischof wieder mit seinem ganzen Hofe anwesend war (Martina Schmidmüller). Außer Theatermusik komponierte Prälisauer auch Kirchenmusik. 1743 beauftragte ihn das Domkapitel, Choral-Antiphonen, Hymnen und Responsorien für die Feste St. Johann Nepomuk und St. Elisabeth zu schreiben.
Am 5. Januar 1746 starb Anton Simon Prälisauer. Im Kreuzgang des Augsburger Doms liegt er begraben. Seine Grabstelle ist bezeichnet mit den knappen Worten: „Ant. Sigm. Prelisauer aus Kötzting, Chorvikar und Kapellmeister, geb. 1692, + 5. Jan. 1746“.
Elf Jahre von Prälisauers Augsburger Zeit laufen parallel mit der Kinder- und Jugendzeit des in Augsburg geborenen und aufgewachsenen Leopold Mozart. Es gibt keinen Nachweis über ein Lehrer-Schüler-Verhältnis. Auch die Mitwirkung Mozarts in einem von Prälisauer geleiteten Chor kann nicht belegt werden. Trotzdem sind musikalische Begegnungen mehr als wahrscheinlich. Leopold Mozart war Schüler im Gymnasium und Lyzeum der Jesuiten. Während dieser Zeit wirkte er an sieben Schulspielen mit. Es darf vermutet werden, dass das eine oder andere von Prälisauer komponiert war.
Pater Cölestin Prälisauer, Komponist in Tegernsee
Der wortgewandte Abraham a Sancta Clara sagte von den Benediktinerklöstern: „Da jubiliert es, da geigt und pfeift es, und der Himmel hängt voller Baßgeigen.“ Die Benediktiner in Tegernsee ließen sich die Pflege der Musik, vornehmlich der Kirchenmusik, besonders angelegen sein. Wahrscheinlich auf Vermittlung der Kötztinger Benediktiner kam Franz Ildephons Prälisauer, der Zweitgeborene der Mesnersleute (getauft am 7. April 1694), mit neun Jahren ins Kloster Tegernsee, wo er mehrere Jahre als Sängerknabe eingesetzt war. Und er enttäuschte die Erwartungen seiner Gönner nicht. Im Kloster erhielt er die übliche humanistische Schulbildung und einen gediegenen Musikunterricht. Nach dem Philosophiestudium am Münchener Gregoriusseminar und dem Noviziat in Tegernsee legte er am 22. November 1716 die Ordensgelübde ab. Diesen Tag hatte man bewusst gewählt. Es war der Festtag der hl. Cäcilia, der Patronin der Kirchenmusik. Anschließend besuchte er die theologischen Lehranstalten der Benediktiner und feierte unter dem Ordensnamen Cölestin am 3. Oktober 1723, mit 29 Jahren, seine Primiz.
Danach durfte er sich ganz der Musik widmen. Begabung und Können waren Voraussetzung. Er war ein ausgezeichneter Sänger, ein gewandter Geiger und ein ebensolcher Organist. Als Leiter des Musikchores brachte er den Kirchengesang in Tegernsee zu hoher Blüte. Sein Ansehen als Musikpädagoge wuchs so sehr, dass viele Eltern ihre Söhne gegen eine Unterrichtsgebühr zu ihm ins Kloster schickten. Pater Cölestin brachte ihnen die Grundbegriffe in Latein bei und gab ihnen einen gründlichen Musikunterricht.
Auf seinen Rat richtete die Abtei vier Freistellen für musikalisch besonders Begabte ein. Kost, Kleidung und Wohnung waren frei, aber sonst wurde ihnen nichts geschenkt. Die Tagesordnung der Singknaben war hart: ¾5 Uhr Wecken, Ankleiden, Waschen, anschließend Beten und Studieren, 7 Uhr Messe, ½8 Uhr Suppe, 8–10 Uhr Schule, 10–11 Uhr Musikstunde, 11–12 Uhr Mittagstisch, 12–½1 Uhr Erholung, ½1–½2 Uhr Musik- oder Studierstunde, ¾2–2 Uhr Vorbereitung auf die Schule, 2–4 Uhr Schule, 4–5 Uhr Musikstunde, 5–6 Uhr Abendtisch, 6–½7 Uhr Erholung, ½7 Uhr bis zum Angelusläuten Studieren. Die Nachtruhe begann nach dem Abendgebet gegen 9 Uhr.
Für Pater Cölestin war Orlando di Lasso das große Vorbild. Seinen eigenen Namen machte er rühmlich bekannt durch die Vertonung mehrerer geistlicher Schauspiele, mit denen die Ölbergandachten in der Stiftskirche gestaltet wurden. Besonderes Aufsehen erregte sein Musikspiel „Ecce Agnus Dei“ (Siehe das Lamm Gottes), das in der Fastenzeit 1728 aufgeführt wurde. „Die Aufführung war so mustergültig und die Musik so einschmeichelnd, daß eine unglaubliche Menschenmenge nach Tegernsee wallte, um der frommen Darbietung beizuwohnen. Der Tondichter und seine Sänger und Schauspieler ernteten alle Anerkennung und allgemeinen Beifall“ (Ludwig Gernhardt). Abt Gregor Plaichshirn schaffte die Voraussetzungen, um diesen Ölbergvorstellungen einen würdigen und glänzenden Rahmen zu geben. Er ließ nach den Weisungen des Komponisten und Spielleiters Prälisauer Kostüme fertigen und nach den Plänen des kurfürstlichen Baumeisters Gunezrainer eine Bühne in die Kirche stellen.
Wie sein Bruder Anton in Augsburg schuf auch Pater Cölestin neben Theaterkompositionen liturgische Werke. Genannt werden ein feierliches Te Deum, Festgesänge auf verschiedene Tagesheilige, ein mehrstimmiges Requiem. Als sein bestes Werk rühmt Felix Joseph Lipowsky im 1811 erschienenen Bayerischen Musiklexikon die Responsorien zur Totenvigil – ein Werk „voll Ernstes und hoher Empfindung“. Nach Lipowsky „gab er nichts im Drucke oder Stiche heraus, ihm genügte, im Stillen genützt und etwas Gutes getan zu haben, am Lobe der Welt lag ihm nichts“.
Die große Jahrtausendfeier, die seine Abtei 1746 beging, erlebte Pater Cölestin nicht mehr. Als er sich am 4. Februar 1745 zur Frühmesse ankleiden wollte, wurde er vom Schlag getroffen. Da er an Wassersucht litt, brach er innerhalb 24 Stunden völlig zusammen und verschied am 5. Februar im Alter von knapp 51 Jahren. Die Festmusik zum Klosterjubiläum schrieb an seiner Stelle der jüngere Bruder, der seinem Beispiel folgend bei den Benediktinern in Rott am Inn eingetreten war
Zum Karfreitag Leidensgeschichte unseres Herrn Jesus Christus für vier Stimmen und Orgel von
Pater Cölestin Prälisauer (1694–1745), geboren in Kötzting, Benediktiner der Abtei Tegernsee, barocke Handschrift, Titelblatt und Sopranstimme (Stiftsbibliothek der Erzabtei St. Peter, Salzburg)
Kanonikus Andreas Prälisauer, Musikerzieher und Komponist in Polling
Der dritte Prälisauersohn (am 7. April 1699 in Kötzting getauft) führt uns ins oberbayerische Augustiner-Chorherrenstift Polling bei Weilheim. Dort wurde Andreas Prälisauer 1720 eingekleidet. Bei seiner Ankunft wird ihn der mächtige, harmonisch gegliederte Turm der Stiftskirche mit den drei Meter starken Mauern aus Tuffquadern beeindruckt haben. Dort wird er auch den Reichtum des Pollinger Reliquienschatzes bewundert haben, eine Sammlung von Heiltümern um das alte Tassilokreuz, das seit dem 16. Jahrhundert Mittelpunkt einer Wallfahrt war. Dort stand ihm auch eine Bibliothek zur Verfügung, die dann nach seiner Zeit bis zur Säkularisation von seinem Mitbruder, dem späteren Probst Franz Töpsl, mit 80 000 Bänden zur größten und bedeutendsten bayerischen Klosterbücherei ausgebaut werden sollte. Wie die Benediktinerklöster waren auch die Stifte der Augustiner-Chorherren Zentren der Musikerziehung und der geistlichen Musik. Sie sollte das Lob Gottes verkünden und die Gläubigen zur Andacht und zum Gebet bewegen.
Unter Probst Albert Oswald (1701–1744) wurde an Stelle der bis dahin üblichen täglichen Choralämter die Figuralmusik auf dem Musikchor der Klosterkirche eingeführt. Den „figurierten Gesang“, benannt nach seinen Notenzeichen (Figurae) und oft begleitet von Orgel, Blas- und Streichinstrumenten, besorgten im Stift hauptsächlich die Seminaristen unter der Leitung eines Chorregenten. Diese Stelle wurde jeweils einem besonders musikalischen Chorherrn übertragen. Der erste Pollinger Chorregent nach Einführung der Figuralämter war Kanonikus Andreas Prälisauer. Wie er in seiner Amtszeit als Chorleiter wirkte und was er erreichte, erfahren wir erst in seinem Nachruf, als er am 5. November 1743, mit nur 44 Jahren, verstorben ist: „Er versah durch viele Jahre das Amt eines ersten Musikpräfekten und hat in der Klosterkirche zur Ehre Gottes viel geleistet. Nicht wenige unserer Seminaristen hat er in der Kunst des Gesangs und des Orgelspiels so unterwiesen, daß sie Virtuosen darin wurden, wie man sagt. Sicherlich verdient er auch den Dank der Nachwelt für die musikalischen Schätze, die er uns hinterließ. Er hat sie zum Teil selbst komponiert, zum Teil von Verwandten, die sehr kunstverständig waren, abgeschrieben“ (Georg Rückert).
Wir dürfen annehmen, dass mit der letzten Textpassage auf seine Brüder angespielt wird. Offensichtlich hat er neben eigenen Kompositionen mehrere ihrer Werke kopiert. Von diesen Notenhandschriften blieb nichts erhalten. Sie gingen mit hoher Wahrscheinlichkeit während der Säkularisation (1803) verloren. Von Dr. Robert Münster, dem ehemaligen Leiter der Musiksammlung der Bayerischen Staatsbibliothek und exzellenten Kenner bayerisch-barocker Klostermusik, war zu erfahren, dass nur wenige ältere Musikalien und liturgische Chorbücher, die in den Klosterbibliotheken aufbewahrt waren, nach 1803 in die Münchener Hofbibliothek gelangten.
Pater Kolumban Prälisauer, Musikhistoriker in Rott am Inn
Der vierte Sohn der Familie Prälisauer wurde am 9. Januar 1703 geboren und zwei Tage später auf die Namen Joseph Bernhard getauft. Als Pate fungierte der angesehene Kötztinger Bürger und Ratsherr Andreas Passauer.
Zur gymnasialen Ausbildung kam Joseph an das Gregorianum der Münchener Jesuiten. Sein Bruder Franz ist dort schon zur Schule gegangen und der älteste Bruder Anton war Vizepräfekt im Seminar und Organist an der Michaelskirche. Joseph wirkte wohl bei einem Schulspiel mit, das sein Bruder 1718 vertont hatte. Jedenfalls konnte er mit seinem Aufnahmegesuch ins Kloster, zwei Jahre später, auch Theaterprämien vorweisen. In seinem Schulzeugnis vom Jahre 1719 werden ihm große Begabung bescheinigt, lobenswertes Betragen, beste Leistungen, es wird aber auch angemerkt, dass sein Eifer für die Schulfächer manches Mal hinter seiner Liebe zur Musik zurückstehen musste.
Im Herbst 1720 trat der 17-Jährige als Frater Kolumban in die Mutterabtei der Kötztinger Benediktiner Rott am Inn ein, vielleicht auf Anregung der benachbarten Patres in der Heimat. Nach der Profess (Ablegung der Gelübde) 1721 studierte er im Kloster Ensdorf Philosophie und seit 1725 Theologie in Rott selbst, wo damals die bayerische Benediktinerkongregation ein Studium commune (ordenseigene Hochschule für mehrere Abteien) eingerichtet hatte. 1728 hatte er als Repetitor, als eine Art Assistent, eine besondere Vertrauensstellung. Am 14. August 1729 wurde er zum Priester geweiht.
Kurz nach seiner Primiz ernannte der Abt den jungen Pater zum Leiter der beiden Chöre und zum Bibliothekar. Er betätigte sich als Historiker und schrieb eine verschollene Chronik seines Klosters. Bedeutend war seine Beschäftigung mit der Musikgeschichte. Auffallend und bezeichnend für sein Interesse am Historischen ist die spezielle, eingehende und in die Tiefe forschende Arbeit zur Geschichte des gregorianischen Chorals in einer Zeit, da der liturgische Choralgesang von der Figuralmusik in den Hintergrund gedrängt wurde. Frucht dieser wissenschaftlichen Tätigkeit, besonders auch der Analyse musikalischer Handschriften, war eine (heute verschollene) Musikpaläographie („Merkmale der Zeichen der alten Musik“) und eine ebenfalls nicht erhaltene Chorallehre („Anfänge des Choralgesangs“). Kenntnis von Prälisauers Forschertätigkeit haben wir durch vier Briefe, die er an seinen Freund, den gelehrten und späteren Abt von Ensdorf, Anselm Desing, schrieb. Sie sind in der Universitätsbibliothek München erhalten. Pater Kolumban teilte Desing unter anderem mit, dass er in Tegernsee einen alten Codex fand, der im 11./12. Jahrhundert angefertigt worden war. Er entdeckte und deutete in dieser Handschrift vergessene Zeichen der Notation (Leo Söhner).
Neben seiner Tätigkeit in Musikforschung und -praxis blieb Pater Kolumban noch Zeit zum Komponieren. Von seinen Schöpfungen sind aber weder Titel bekannt noch Notenmaterial erhalten. Der Klosterchronist weiß aber zu berichten, dass Pater Kolumbans Kompositionen auch von auswärts gerne angefordert wurden. Einen sehr ehrenvollen Auftrag erhielt er im Jahre 1746. Das Kloster Tegernsee feierte, wie erwähnt, das tausendste Jahr seiner Gründung. Da im Jahr zuvor der dortige Klosterkomponist, Pater Cölestin Prälisauer, verstorben war, bat man seinen Bruder in Rott, die Festmusik zu komponieren. Pater Kolumban schrieb für das dreiaktige lateinische Spiel, das formal vom Barocktheater der Jesuiten beeinflusst ist, Rezitative und Arien, ein Duett und Chöre. Der in Tegernsee gedruckte Text blieb erhalten. Das Notenmaterial ist verschollen.
Pater Kolumban Prälisauer hatte in seinem letzten Lebensjahr schwer an der Gicht zu leiden. Etwa vier Wochen vor seinem Tod begann sich auch sein Geist zu verwirren. Er starb, noch nicht 50 Jahre alt, am 23. November 1752. Neben seinem Zeitgenossen Plazidus Metsch wird er als der bedeutendste Rotter Musiker des 18. Jahrhunderts gerühmt.
Ochsenhauser Orgelbuch mit Fugen, Tänzen und gezeichneten Anleitungen zur Wahl der Register; Komponist vermutlich P. Robert Prälisauer
Pater Robert Prälisauer, Chorregent in Ochsenhausen
Ochsenhausen bei Biberach in Baden-Württemberg war ein uraltes und bedeutendes Benediktinerkloster: 1093 Gründung eines Priorats, 1392 Erhebung zur Abtei, 1495 Reichsabtei. Die weitläufig-imposante Anlage mit der dreischiffigen, ungewöhnlich langen (zehn Joche) Abteikirche im Zentrum ist nach einer umfassenden Sanierung bestens erhalten. Das 1803 der Säkularisation zum Opfer gefallene Kloster ist heute Sitz der Landesakademie für Musik.
In dieser schwäbischen Benediktinerabtei legte 1729 Martin Ämilian Prälisauer die Gelübde ab. Man gab ihm den Mönchsnamen Robert. Nach seinem Tod wird in der Rotula (Nachruf) von Ochsenhausen zu lesen sein, das schöne Beispiel seiner sieben leiblichen Schwestern und Brüder, die vor ihm Nonnen, Mönche und Kanoniker wurden, habe ihn ermutigt, bei den Benediktinern ins Kloster einzutreten. Geboren wurde er zu Kötzting am 4. November 1708 als zehntes und vorletztes Kind der Mesnersleute. 1734 wurde Robert Prälisauer zum Priester geweiht. Für ihn muss es eine doppelte Freude gewesen sein, dass ausgerechnet in diesem Jahr der Ochsenhausener Orgelbaumeister Joseph Gabler die große Orgel in der Abteikirche fertiggestellt hatte (Gabler baute weitere berühmte Orgeln in Weingarten, Maria Steinbach und Zwiefalten).
Pater Robert war wie seine Brüder musikalisch hochbegabt und bestens ausgebildet. Man übertrug ihm das Amt des Chorregenten. Daneben leistete er Aushilfe in verschiedenen Seelsorgestationen. In Steinhausen errichtete er die Sieben-Schmerzen-Bruderschaft. Drei Jahre wirkte er als „Missionar“ zu Schwarzach im Pongau. Danach war er „Statthalter“ eines nicht näher bestimmten Ochsenhausischen Klosteramtes, schließlich wurde er zum Prior ernannt. Zuletzt war er Pfarrer in Reinstetten, wo er nach der Predigt vom Schlag getroffen wurde und bald darauf, am 18. Oktober 1771, starb. Er war knapp 63 Jahre alt, seine Brüder hatten nur ein Alter um die 50 erreicht.
Die Totenrodel berichtet, er habe handschriftliche „Compositiones piarum Cantionum“ (Kompositionen geistlicher Gesänge) hinterlassen. Daraus geht nicht klar hervor, ob es eigene Kompositionen waren oder Abschriften von Werken etwa seiner Brüder. Die Hoffnung, dass der Nachlass Pater Roberts, der sich im Schwäbischen Landesarchiv der Universität Tübingen befindet, Kompositionen der Prälisauer-Brüder enthält, erwies sich als trügerisch. Ein Umschlag mit der Signatur B 370 und der Aufschrift „Prälisauer“ ist leer. 1735 schrieb ein unbekannter Komponist das Ochsenhauser Orgelbuch „Harmonia Organica“ mit Fugen, Tänzen und gezeichneten Anleitungen zur Wahl der Register. Das Original ist an der Yale University in New Haven (USA) aufbewahrt und wurde 2004 in Stuttgart als Faksimile herausgegeben. Möglicherweise ist P. Robert Prälisauer der Verfasser (Berthold Büchele).
Eine von den zahlreichen, aber verschollenen Kompositionen der Prälisauerbrüder konnte im September 1992 aufgefunden werden: eine handschriftliche Johannespassion aus der Feder des Tegernseer Paters Cölestin. Die Stiftsbibliothek der Erzabtei St. Peter zu Salzburg verwahrt sie unter der Signatur 1147.62. Es handelt sich um die sogenannten Turba-Chöre, also um die Stellen der Passion, in denen ein vierstimmiger Chor das Volk vertritt. Außerdem ist dazu die Orgelbegleitung erhalten, wie in der Barockmusik üblich, in einer Notenzeile mit beziffertem Bass. Der Kötztinger Kirchenchor studierte die Leidensgeschichte zusammen mit dem Kammerorchester ein und holte in Passionskonzerten die musikbegabten Mesnersöhne nach Jahrhunderten wieder in die Erinnerung zurück.
Quellen:
Pfarrarchiv Bad Kötzting, 307 (Kirchenrechnung 1692, fol. 19). – Pfarrmatrikel auf Mikrofiche.
Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Band 10, München 1989, Sp. 1589 f.
Eitner, Robert: Quellen-Lexikon der Musiker und Musikgelehrten, Band 8, Graz 1959, S. 40.
Hubensteiner, Benno: Bayerische Geschichte, München 1977, S. 230.
Schmidmüller, Martina: Die Augsburger Domkapellmeister seit dem Tridentinum bis zur Säkulari-
sation. In: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte, 1989.
Schenk, Erich: Wolfgang Amadeus Mozart, Stuttgart 1955.
Gernhardt, Ludwig: Der Musiker Zölestin Prälisauer aus Kötzting. In: Der Bayerwald, 1925, S. 275 f.
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Krinner, Roman: Florilegium sacrum (Mönchsbiographien 1636–1736), Handschrift clm 27148 der
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Lindner, Pirmin: Familia S. Quirini. In: Oberbayerisches Archiv, Band 50, S. 138–140.
Lipowsky, Felix Joseph: Bayerisches Musiklexikon, München 1811, S. 252 f.
Rückert, Georg: Musik im Kloster Polling. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, 1933, S.
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Söhner, Leo: Ein Choralforscher aus dem 18. Jahrhundert. In: Kirchenmusikalisches Jahrbuch, 1927,
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Fink, Wilhelm: Beiträge zur Geschichte der bayer. Benediktinerkongregation, München 1934, S. 92,
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Büchele, Berthold: Orgelmusik aus Oberschwaben. In: Ars Organi, 58. Jg. (2010), Heft 2, S. 78–83.
Joseph Prelisauer verstarb am 28.11.1711 und in seinem Sterbeeintrag heißt es :" Aedituus viginti annos", also dass er 20 Jahre lang der Kötztinger Mesner gewesen war.
Arent Johann Georg und Maria Katharina Aussendorffer
Am 26.2.1726 hatte der Kötztinger Mesner und Cantor Johann Georg Arendt die Chamer Maurerstochter Katharina Aussendorfer geheiratet.
Da alle diese die Kötztinger Mesner - es ging auch nicht anders, da sie keinerlei Grundbesitz in Kötzting hatten, was zum Erwerb des Bürgerrechts eine zwingende Notwendigkeit gewesen war - in Kötzting nur sogenannte Inwohner gewesen waren, tauchen sie in den Akten des Stadtarchives immer nun am Rande auf. Ganz anders allerdings in den Pfarrmatrikeln, wo die Mesner bei sehr vielen Geburts- oder Hochzeitseinträgen als Taufpaten oder Trauzeugen fungierten.
Selbst bei Beurkundungen des Kötztinger Pfleggerichts (vor allem Heiratsverträge) für Umlandbewohner wurde der Kötztinger Mesner gerne als Zeuge hinzugezogen, vermutlich auch deswegen, weil dieser schreiben konnte und gleich in der Nachbarschaft wohnte. (StA Landshut Briefprotokolle Pfleggericht Kötzting P2 und P3)
Heiratsbrief vom B: 20.2.1751 Peter Peter ½ Chamerau 00 Anna Maria (des Andreas Plötz Lb Zeltendorf und Maria) 200 fl.
Heiratsleuthe: Franz Geiger 1/1 Thenning, Hans Georg Kurz 1/1 Thenning, Hans Georg Prandtl 1/1 Zettisch
Johann Martin Daller Organist und Johann Georg Arent Mesner beide von Kötzting
Heiratsbrief vom 27.11.1751 Hans Fischer 1/1 Oberrappendorf zum dritten Mal verheiratet, nun Barbara Witwe des Hans Georg Kärgls, Inmanns zu Faustendorf, vor 14 Tagen geheiratet
Heiratsleute: Wolf Kolbeck von Unterrappendorf, Georg Gregori Oberrappendorf beide Söldner, Johann Martin Daller Schulmeister und Georg Arendt Mesner und Michael Mayr alle von Kötzting
Heiratsbrief vom 3.3. 1755 Hans Georg Pichel Söldner aus Harrling 00 Magdalena Holzapfel Söldnerstochter aus Dietersdorf
Heirathsleute Johann Martin Thaller Organist und Johann Arent Mesner, Johann Korher BzK Hans Georg Kurz 1/1 Thenning, Ander Seidenader Dietersdorf.
Heiratsbrief vom 14.8. 1756 per 150 fl Adam Baumgartner 1/1 Arndorf oo Katharina Tochter des Georg Silberbauer ½ Arndorf oo Maria Konsens des KLRO Loderer Probstrichter
Heirathsleut: Mathias Vogl ½ Hofern, Wolf Pöschl ½ Lam,
Martin Daller Schulmeister Hans Georg Arent Mesner Michael Mayr Schuhmacher von Kötzting, anschließend Quittung über Heiratsgut.
Viele der umliegenden Dörfer der Pfarrei Kötzting waren gegenüber dem Kloster Rott zehentpflichtig. Jede zehnte Getreidegarbe bei der Ernte fielen als "Zehent" an und diese Naturalleistungen in Form von Zehentgarben - auch Wurfgaben genannt -, wurden gerne gegen eine feste Summe an Geldgeber verstiftet.
Aus dem Jahre 1746 ist ein Streit - vor dem Landgericht Kötzting - bekannt, als der Kötztinger Mesner Georg Arendt alle Haibühler Bauern verklagte. Er hatte den Zehent im Dorfe Haibühl vom Kloster gestiftet, der üblicherweise gedrittelt gewesen war. Ein Drittel gehörte direkt dem Kloster Rott und die anderen beiden gehörten dem Kloster Oberaltaich. Die Haibühler hatten sich geweigert, ihm die ihm zustehenden Wurfgaben zu geben. Diese tun ganz unschuldig und wollen die Verträge zwischen Kloster und Mesner sehen. Die Bauern waren hier auf verlorenen Posten, denn das Gericht bestätigte die Rechte des Kötztinger Mesners und verpflichtete die Haibühler Bauern dazu, die verweigerten Wurfgaben nachzuliefern und diese auch künftig zu verreichen.
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StA Landshut Pfleggericht Kötzting P 45 von 1746 |
"
Clag
Hanns Georg Arendt Mösner alhir ctra Georgen Aschenprennen, dan Mathiasen Prizl, Hansen Aschenprenner....
"Waigerung weegen Verraichung der WurfGarben."
Am 27.7.1751 heiratete der Witwer und Mesner Johann Georg Arendt ein zweites mal. Seine zweite Ehefrau wurde die Kötztinger Gerberstochter Anna Maria Kollmaier, die ihm in einem Heiratsvertrag vom 2.9.1757 verspricht, 300 Gulden als Heiratgut mit in die Ehe einzubringen
Johann Georg Arendt und Anna Maria Kollmaier
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StA Kötzting Marktrechnung von 1757 |
Im Jahre 1755 wurde beim Umritt des Straubinger Rentmeisters - in etwa in einem 10 jährigen Turnus kam die Umrittskommission in jedes Landgericht um die Bücher zu prüfen und sich Beschwerden von und über die einzelnen "Behörden" anzuhören und zu berichtigen.
Diese Protokolle wurden in zwei Spalten geschrieben, bei denen auf der jeweils rechten Seite die Probleme und Auffälligkeiten aufgelistet wurden und in der linken Spalte dann die Vorschläge, Verbesserungen, Erläuterungen oder Entscheidungen festgehalten wurden.
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StA Kötzting Umrittsprotokoll von 1755 |
Hier nun zunächst im Zusammenhang die jeweils rechte Spalte dieses Vorgangs, im Tagesordnungspunkt vorher war es um "Sonderzahlungen" für den Pfarrer gegangen und nun kamen diese "Spezialtarife" auch für die Lehrer und Mesner auf den Prüfstand.
"
Von Schumeistern und Mesnern aber ist solch yberschreittung der Concordatmässigen Taxen so casualiter in Leichbegräbnissen clar zu belegen, also diesmafhl umfänglich Abstehlung gebeten würdet, wie sogar leztere der Mesner, nebblich Georg Arent sich unter wändet von Leithung der Grossen Glockhen in der Kürchen ab ainer Kündtsleicht, und all anderen Begrebnussen ain Gulden zu gescheinigen, andere Excessen vor sich anzusagen, welches Leithgerld wir worklich glauben villmehr dem Gottshauß gebühren möge, weill deme die Unterhaltung der Klockhen obligirt welches himit unseren Pflichten gemess und der es ohne dem das Publicum concerniert unerindert in Gwissen nit umbhin gehen lassen können, sondern villmehr aus umbVerfänglich remedur Unterthenig anzuflehen uns bemuessigt befunden"Hier lag also eine Beschwerde vor gegen die "Sondergebühren" bei kirchlichen Verrichtungen, die die Beschwerdeführer - Kammerer und Rat des kurfürstlichen Bannmarktes Kötzting - lieber in der Kirchenkasse als bei der Person des Mesners abliefern wollten
Hier nun der Endbescheid, den dann der Straubinger Rentmeister Franz Xaver Freiherr von Lerchenfeld und der Kötztinger Pflegskommissar von Francken siegelten und unterschrieben.
"Was aber den Mesner und Schulmaister anbetrifft, da haben selbe gleichwollen ex officio vor zu greiffen und deme aufhaltung der obig concordatenmässigen Taxen anzuweisen, weegen von Leitterung der grossen Glockhen bis dato abgereichten Gulden aber zuwissen, das besagte Concordata pag 43 ganz clar enthalten, daß solche Gulden dem Gottshaus, dem Mesner und Schullmaister aber mehr nit dan 3 Schilling Pfennig vor seine Völige Verrichtung Gebühr. Es hat aso der bürgerliche Magistrat genau darauf zu halten und diesen Gulden in Zukunft dem Lieben Gotteshaus zu verrechnen."
Der Kötztinger Mesner Arendt war offensichtlich auch handwerklich geschickt, denn in der Marktrechnung von 1757 heißt es: "
Georgen Arend Pfarr Mesner vor die Compactur (Bindung) der gemainen Marckts Saagpaurechnung bezalt. 20 Kreuzer"
Auch in den Folgejahren wird JG Arendt als Buchbinder tätig, 1765 sogar bei den gro0en und umfangreichen märktischern Brief- und Ratsprotokollbänden, für die er nun 50 Kreuzer erhält.
Im Jahre 1772 kommt es zu einer endgültigen Festlegung des mütterlichen Erbteils von seiner ersten Frau. In dem Protokoll des neuen Heiratsvertrages ist auch erwähnt, dass die Mutter seiner ersten Ehefrau - Katharina - eine "alte Goldschmiedin gewesen war, deren Haus JG Arent am 8.7.1744 erhalten hatte, seine Schwiegermutter jedoch lange hatte pflegen müssen.
Im Jahre 1774 suchte sich der Mesner Georg Arendt einen unangenehmen Gegner für eine ähnlich Klage aus, den Kötztinger mächtigen und durchaus auch streitsüchtigen Kammerer Wolfgang Samuel Luckner und dieser Konflikt wurde gleich eine Instanz höher ausgefochten, bei der Regierung in Straubing.
Vergleicht man die - einer von der Regierung angeordneten Zeugenvernehmung vorgelagerten - Schriftstücke von beiden Parteien, so stehen sich die Beiden in ihrer Redegewandtheit, ihren Pargraphenansammlungen und lateinischen Sinnsprüchen in nichts nach. Luckner hatte in Arendt lwohl einen fast ebenbürtigen Gegner gefunden.
Luckner hatte vorab versucht, die von der Regierung anberaumte eidliche Zeugenvernahme noch in letzte Minute zu verhindern, doch vergeblich. Mit dem Datum des "18ten Merzten 1774" wird ein Protokoll verfasst zum Thema der "streitigen Einsaag und Leutgarben"
Sehr umfangreich wird in der Einleitung des Protokolls beschrieben, dass der ursprüngliche Termin für diese Zeugenbefragung der 14. März gewesen wäre, "allein der Kammerer Luckner erschiene Tag zuvor in dem hiesig churfstl. Pflegschoß und vermeldete, daß weilen die Articuln nicht klar und deutlich seyen, somit er nichts abnehmen könne. was der Gezeug durch solche beweisen wolle"
Deshalb musse er - Luckner - darauf dringen, dass das Verfahren abgewiesen werde und zu bitten, "dass des Arents Articuln für Irrelevant und Impertinentes erkennet werden".
Dies war ein für Luckner typischer Schachzug, um Verfahren zu beeinflussen, womit er meisten auch durchkam.
Man hatte damals amtlicherseits Luckner geantwortet, dass er dieses dann auch schriftlich einbringen solle, was Luckner versprochen, dann aber doch nicht getan hatte. Nichts desto trotz hatte das Pfleggericht dem Mesner den Sachstand und den Widerspruch Luckners mitgeteilt und zunächst das Vorhaben der Zeugeneinvernahme gestoppt.
Nun aber klagte Arendt gegen diese Wendung und führte vor allem an, dass seine Zeugen so hohen Alters und zugleich krank seien, dass "periculum in mora" - also Gefahr in Verzug - sei, wenn Luckners Tricksereien nachgegeben würden.
Das Pfleggericht folgt dem Antrag und protokolliert zusätzlich in der Vorbemerkung, dass "keine einzige Ursache vorhanden sei, mitls welcher der Luckner das hiesige Pfleggericht perhorresciren (jemanden wegen Befangenheit ablehnen) könne, sondern viellmehr eine geflissentliche Trajnierung (Übung) am Tag lieget."
Zwischen diesen Zeilen kann man sehr wohl herauslegen, dass die Herren vom Kötztinger Pfleggericht einen Heidenrespekt vor dem Kötztinger Kammerer Luckner gehabt hatten.
Beim Verhör selber wurde nun auf Luckner verzichtet und dafür für die Vereidigung der >zeugen der Gerichtsprokurator Lorenz Stoiber herangezogen.
Und dann schritt man zur Zeugenvernehmung:
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StA Landshut regierung Straubing A 7316 |
"Erste Persohn
Interrogatoria generale:
1mo
Wie Gezeug mit Ruf= und Zunamen heisse, und wie alt er seye:
Responsoria ad generalia ad 1mum
Joseph Mühlpauer heisse er bey etlich 80 bis 90 Jahr alt.
2do
Wo selber gebürtlig, wer seine Eltern, ob sie noch am Leben, oder alschon verstorben
ad 2dum>
Zu Tradersdorf hiesigen Gerichts, sein Vater, so sich Georg Mühlpauer geschriben, war daselbst ein ganzer Bauer und ist samt der Mutter vor mehr als 40 Jahren verstorben"
Die erste grundsätzliche Frage:
Ob es wahr sei, dass der Articulant (der Mesner Arendt) in der Pfarrei Kötzting "ab iedem Dorf, wo der Zehent gefängt wird, es mag jenes groß oder klein sein, von dem Zehent Herrn alle Jahr 6 Korn und 6 Haber als sogenannte Einsag garben vor 5 - 10 - 20 - 30 und mehr Jahren zurück erhalten hat"
Antwort: Ja, es ist wahr.
Frage: Welche Zehentherren dem Mesner die Einsaggarben gegeben haben?
Antwort: Derjenige, der den Zehent fängt.
Ist dies auch der Fall, wenn das Kloster Rott selber der Zehentherr ist?
Antwort: Das wisse er nicht genau, er wisse aber, dass "die Gotteshäuser, wenn sie Mitzehender sind, diese Abreichung thun müssen."
Frage: Woher er dies alles wisse?
Antwort: Schon vor 50 Jahren sei sein Vater der Kirchenprobst von Steinbühl gewesen, welche Kirche mit dem Pfarrgotteshaus im Wechsel, wie auch mit dem " Luckner Condezimator" gewesen war. Der hiesige Pfarrherr aber, proprie Kloster Rott sei der Hauptzehentherr gewesen.
Und so habe er öfter früher helfen müssen den Zehent zu heben und "also gesehen, dass ein zeitlicher Mösner die Einsaggarben von dem Zehent zu sich genommen" habe.
Frage, ob es auch war sei, dass auch von den Luckner lehenbaren Grundstücken in Kieslau, Traidersdorf und Bonried diese Garben schon seit 5 - 10 - 20 - 30 und mehr Jahren abgegeben worden waren.
Antwort: Ja ist wahr.
Frage: Ob es auch stimme, dass von den Lucknerschen Gründen bereits früher 2 Korn und 2 Hafergarben gezogen wurden?
Antwort: Ja, ist wahr, Luckner und dessen Vorfahren haben dies so getan.
Dieses alles wisse er deshalb, weil er selber bei dieser Zehentabgabe dabei gewesen sei.
Der zweite Zeuge ist ein Andreas Graßl, 79 Jahre als aus Thalersdorf und auch dieser bestätigt, wenn auch mit anderen Worten und anderen Erinnerungen das oben Gesagte.
Beim dritten Zeugen handelt es sich um Joseph Sturm, 51 Jahre alt aus Kieslau, der ebenfalls all die obigen Fragen im Sinne des Klägers bezeugt.
Leider endet der Alt der Regierung in Straubing mit diesem Protokoll, dessen Ergebnisse für Luckner eher nichts Gutes verhießen, was für diesen jedoch nicht bedeutete, dass er den Fall damit bereits aufgegeben hätte.
Einschub
Unser bekannter Heimatforscher Ludwig Baumann hat vor vielen Jahren bereits eine Kloster Rottische Archivalie zu diesem Thema ausgewertet und eine Zusammenfassung eines ähnlichen Streites geschrieben, die sich allerdings auf das Jahr 1534 bezieht. Dabei erfahren wir auch etwas über die Definition dieser Wurf- bz. Ortsgaben.
Er fand ein Schreiben des Straubinger Vizdom an Hans Poisl, den Vogtrichter zu Kötzting mit einem
Befehl, das dem Mesner die Ortsgarb nicht weggenommen werden dürfe.
Die Antwort des Vogtrichters: Er hätte dies nicht getan, sondern der Mesner habe die Zählweise zu seinen Gunsten verändert. Er wollte das Korn und den Weizen einzeln "werfen", es gehöre sich aber zusammen, sonst würde er zweifach Ortgarben bekommen. Nach einer längeren Ausführung über das Prozedere der Zehentfexung, kann man hier dann auch näheres erfahren:
Ort und Wurfgarben...... es ist kompliziert....
Weil es in dem/einem Ort so viele Zehentherren gibt, wird der Zehent nicht auf den Feldern sondern im Stock gefext, wo der Mesner auf den Stock steigt, die Garben zählt und ausruft:
- Pfarrkirche Kötzting eine, weillen (sie) nur eine zu fengen hat
- Erst aine und noch aine andere, wann nemblich das Closter bei einem Guett 2 Zehent Garben hat
Und wegen dies abzellen und herabwerffen, gibt ein Zehentherr, der 2. Tailzehent hat, dem Mesner bei jedem reichern Stadel 2 Garben, und der ain teil hat, nur ain garb korn oder habern, nit aber waizen oder gersten.
Wenn es aber eine Zahl ergibt, die nicht durch drei Teilbar ist, lassen die Zehentherren dem Mesner oft diese überzählige Garbe über, ohne den Rest auf den nächsten Stadel zu übertragen.
Bei Weizen und Gerste wird dieser Rest durchaus auf den nächsten Stall bei der Zählung übertragen.
Daher nennt man die Korn und Haferregelung Ortgaben, weil man diese von einem Ort zu andern nicht zählt
Es ist also kein Wunder, dass bei diesen komplexen und wohl auch von Dorf zu Dorf unterschiedlichen Regelungen und Gewohnheiten es fast zwangsläufig immer wieder zu Streitigkeiten kommen musste
Einschub Ende
Doch nun zurück zum Mesner Johann Georg Arendt, der im Jahre 1777 verstorben ist.
Wie sehr sich dieses oben erwähnte - "fehlende" - Bürgerrecht dieses Mesners, der viele Jahrzehnte in Kötzting gelebt und gearbeitet hatte, dann ausgewirkt hatte, zeigt sich nach seinem Tod im Februar 1777, als sich der Magistrat und das Pfleggericht in die Haare darüber bekamen, wer denn nun eigentlich für die Inventarisierung des verbliebenen Besitzes des Mesners zuständig sei.
Am 24.2.1777 - der Mesner war noch gar nicht eingegraben, die Beerdigung wird erst unter dem 26.2.1777 eingetragen - nahm der Magistrat - ohne sich darüber offensichtlich Gedanken zu machen - wie bei seinen Bürgern "Obsignation" im Hause Arendt vor und nahem die Schlüssel von 2 Kästen an sich.
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STA Kötzting AA XI 18 Nachlass des Mesners Georg Arendt "Im Flez haben sich 2 Kästen vorgefunden, welche aso verobsigniert, und die Schlißl abgenommen worden. So hat man nichts vorgefunden, so zu Verobsignieren gewesen wäre. Churftl. Panm: Közting" |
Die Reaktion von Seiten des Landgerichts ließ nicht lange auf sich warten und ziemlich unhöflich stellt das Gericht seinen Standpunkt in der Sache klar.
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"Nun wird demselben (dem Magistrat Kötztings) von selbsten bekannt seyn, das der Pfarr Mösner seel. das burgerrecht zu keiner Zeit an sich gebracht, somithin sich auch weder mediate noch immediate der Marckts Jurisdiction unterworfen hat, und Gleichwie defunctus als blosser Pfarrmösner ohnstrittig der gerichtlichen Jurisdiction unterwürfig gewesen." |
Anschließend forderte das Gericht nicht nur die Herausgabe der beiden konfiszierten Schlüssel, sondern auch die Übersendung der "Obsignation" der Verlassenschaft des Mesners.
Einschub
Der Streit darüber, wem die Kötztinger Lehrer und Mesner denn nun untertan wären, geht jedoch in Kötzting schon über viele Jahrzehnte.
1756 zum Beispiel beschwerte sich der Pflegskommissar von Franken in einem harschen Schreiben über den Magistrat. Demselben "seie zwar schon ohnehin bekannt, dass die hiesigen Kürchendiener, der Mesner und der Schulmeister, under churfürstlichen Schuz stehen. Sie haben sich ohngeacht dessen dem sicheren Anbringen nach schon öfters erkeckhet, durch den Marckhtdiener dem Mösner die Sistierung ufs Rhatthaus, alwo man selben zu Annehmung des burgerrechts woderrechtlichen anhalten will, auftragen zlassen."
Von Franck warnt den Magistrat vor den Folgen, sollten sie dies nicht sofort abstellen.
Sein Gegenüber war damals bereits ein selbstbewusster Samuel Luckner und dieser stellt fest, dass die beiden im Markt Grundstücke besäßen und daher sogar schuldig seien, das Kötztinger Bürgerrecht an sich zu bringen.
Bei Martin Daller, dem damaligen Schulmeister heißt es parallel dazu in den marlktrechnungen von 1755: "Johann Martin Daller, Organist und Schulmeister, ist das Bürgerrecht verliehen worden iedoch dergestalt das er in Aansechung dessen, weillen derselbe nunmehro bey die 39 Jahr die Music unumwürdig in Flor gebracht auch noch Dato darmit in seinem hochen Alter die Miehe sich sich gibt und die Jugent in christliochen Wandl und anderen lobwürdig einleitten, wie auch mit keinem unversorgten Kündt mehr versechen, hierfür nur ainen Maxdor mit 6 fl 50 xr erlegen solle."
Martin Daller erhielt also das Kötztinger Bürgerrecht zu einem Sonderpreis.
Der Magistrat legt in seiner Argumentation sogar noch nach, weil "die Behausung selbst mit aller Jurisdiction uns underworffen ist" und bittet darum wegen der guten Nachbarschaft solche Jurisdictionsstreitigleiten "dermahlen und künftig" zu unterlassen.
Wie man am obigen Falle erkennen kann, dachte das Pfleggericht gar nicht daran, einen Schritt zurück zu weichen.
Einschub Ende
Natürlich gibt der Markt in dieser Sache nicht auf - schließlich ist auch Wolfgang Samuel Luckner in Kötzting an der Macht und einer seiner "Lieblingsgegner" ist nun mal das Landgericht - und antwortet mit einer forschen Ablehnung. "Denn!", so schreibt Luckner, sogar mit einem Ausrufezeichen mitten im Satz versehen, "
Einem churfrtl. Lobl. Pfleg: und Landgericht kan nicht Anverpotgen sein, was es mit alhiesig lobwürdig Pfar: Und Marktsgottshaus vor eine Beschaffenheit hat.
Solches stehet nunmehro nach der bereits in anno 1748 erfolgten gdist geheimen Rhats Recession über die dem wohl. lobl. Rentämterm zuständige Privilegia .... dem allhiesig chfrstl Banmarkt gleich dem auch die Rechnung vom Markt aus verfasst..."
Da der Mesner zur Kirche gehöre, sei klar, dass auch dieser unter die Jurisdiktion des Marktes falle, weshalb es unnötig sei, ob der Mesner nun das Bürgerrecht erworben hätte oder nicht..
Da Luckner sein Schreiben auch mit den nötigen Paragraphen versehen hat, zuckt das Gericht nun doch ein wenig zurück und schlägt nun seinerseits nur noch die "Schätzleut" vor, die das Inventar über die Verlassenschaft des Mesners erstellen sollten. Es schlägt dafür den Kötztinger Bürger Waldmann und die beiden Schneidermeister Pfeffer und Eckmann vor. Doch selbst dies ist dem Markt nicht genehm, so dass am 12. Mai 1777 nun im Auftrag des Marktmagistrats der Hufschmied Michael Drunkenpolz und die beiden Schneidermeister Joseph Pfeffer und Adam Decker das "Inventarium erstellen.
"
InventariumSo auf Ableiben weiyl: Georgen Arent Pfarrmösners alhir seel hinterlassenes Vermögen in beisein der sammentlichen Theile in Persohn und per Anwald, anwesenden Erben dan statt der münderjährigen Kinder const. Vormünder mit zuziechung dess Magistrats cummulation vorgenommen worden dem 12ten Mai 1777
Beaydigte Schäzleith
Michael Drunkenpolz burgherlicher Hufschmied, Joseph Pfeffer: und Adam Decker beed burger. Schneider M: sammentl. alhir
Vermögen
1 Crucifix
1 Capsull mit ainem Muetter gemahlen
8 underschiedliche Bilder
1 Parometer
1 ahorner Tisch, samt dem Schubladen, darin
2 zinnerne
4 hölzerne und
3 paar Messer
1 Schlaguhr mit ainem hölzernen werb: und bleyernen Gewichten."
Und weiter gehts mit dieser sehr seltenen Beschreibung des Inventars eins Kötztinger Hauses aus dem Jahre 1777.
1 Commodkasten darauf
1 Altärl mit
9 Stuck underschiedlichen Bildnissen
1 Schlafsessel
3 hölzerne Lainstihl
2 Verspörte Kästl darin
Eiserne Schrauf
1 Zürkl
1 Messer Besteck
2 ??
1 paar lose Schall
1 blecherne Hand Latern
1 alt schlecht verspörrtes bult darinnen nichts
Im Verschlag
1 Himmelbötstatt
1 verspörrtes Kästl, darinnen nichts
1 zinnernen Weichprunnkässel
1 alter Schislkorb darinnen
8 Erdene Schisln
3 blechene Körzen Leichter
In dieser detaillierten Art geht es noch 7 Seiten weiter, bevor die Kommission - alles diese Einzelposten hatten einen Wert zugewiesen bekommen - dann das vorhandene "Vermögen" auf gut 218 Gulden hochgerechnet wurde.
Georg Arendt hatte auch selber Geld verliehen. So gab es Schuldscheine für ihn von dem Kötztinger Bürger Christoph Prantl, dem früheren Grafenwiesener Administator (Die ehemalige Hofmark Grafenwiesen gehörte zu der Zeit bereits dem Kloster Rott) Herrn Pater Maurus und dem Kötztinger Bürger Johann Matthias Scholl. Zusammen hatte Arendt 360 Gulden an diese drei Personen verliehen.
Zusätzlich fand man im Hause noch 346 Gulden und 30 Kreuzer Bargeld in "verschiedentlichen Sorten" vor.
Nun wurden auch noch Ansprüche protokolliert, die einzelne Kinder hatten bzw. die bereits abgelöst worden waren. Eine Tochter des Mesners - "dermallen unwissend wo sich aufhaltend"- habe bereits zu Lebzeiten des Vaters aus ihrem mütterlichen Erbe Geld erhalten und über die Katharina Lindner - "Baaderin zu S: Peter in dem Mühlfiertl in Oberöesterreich" - habe der Pfarrmesner bereits vor seinem Tode ausgesprochen, dass diese abgefunden sei.
Auch "Schulden herein" wurden protokolliert.
So erhielte der Kötztinger Pfarrer noch 12 Gulden für die vom verstorbenen vereinbarten - auf ein Jahr legierten - Wochenmessen.
Beim Schuster Martin Hofmann stünden noch 4 fl 30 xr an Arbeitslohn aus.
Benedikt Arendt würde noch 20 Gulden aus seinem mütterlichen Erbe zustehen und die Witwe hätte laut des Heiratsbriefes vom 15.4.1772 411 Gulden Heiratsgut und zusätzlich 200 Gulden Widerlage zu verlangen, also insgesamt 611 Gulden. Zur Morgengabe stünden der Witwe weitere 137 Gulden zu, auf welche sie aber verzichten würde. Sie würde aber auf die "Meublen in einer braun verspörrten Truchen", die auf 78 Gulden geschätzt worden war, bestehen, was ihr aber von den Miterben streitig gemacht wurde.
Am Ende erfahren wir sogar durch die Liste der Erben, die Zusammensetzjung der Familie Arnedt und was aus den Kindern so alles geworden ist.
"Erben
1. Benedict Arent ledig Stands .49. iahr alt und blind gebohren
2. Katharina Lindnerin, Baaderin zu S: Peter in Mühlfiert dess Landts Össterreich, so sich der Erbschaft begeben.
3. R:P: Petter ord: d. Bend: im Reichsstüfft Ochsenhausen in Schwaben
4. R:P: Heinrich ord: S.P: in dem Kloster Steingaden, welches Kloster dem Benedict Arent das anfählige Erbgut überlassen.
5. Anna Maria Arentin lands abwesend und ohnwissend wo sich aufhaltend. Die aufgegebene Ghrts Auftrag Joseph Majr burgerl. Schuchmacher dess orts vertretten.
Andter Ehe
6 Anna Maria 24
7. Joseph 23
8. Thekla 22 "
Dieser Joseph Arendt - oben noch als das Kind Nummer 7 auf der Liste - heiratete am 10.5.1784 die Kötztinger Lehrerstochter Klara Dorothea Schweikl.
Joseph Arendt und Klara Schweikhl
Bereits im Jahre zuvor hatte der Mesner Josef Arendt eine heftige Auseinandersetzung mit seiner Mutter Anna Maria, der gewesenen Pfarrmesnerin. Der Mutter ging es dabei aber nicht nur "um die Regulierung eines größeren Leibthums", sondern auch um die "Inhibition dessen vorhabend Verehelichung." Die Mutter wollte also mehr Geld und gleichzeitig verhindern, dass der Sohn sich verheiratete.
Der Akt beginnt gleich mit einem Aufforderungsschreiben des Straubinger Rentmeisters von Verger. Frau Arendt hatte den Fall also gleich ganz oben anhängig gemacht und von Verger ließ dem Sohn gerade mal 8 Tage Zeit zu reagieren und ein Schriftstück zu unterzeichnen. Im Weigerungsfalle solle der Pfarrer Coelestin Steiner aufgefordert werden, die Verkündigung und nachfolgend auch die Verehelichung des Josef Arendt nicht weiter zu verfolgen.
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StA Kötzting AA XVI-8 Kurfürstliche Rentdeputation Straubing Max Freiherr von Verger Rentmeister mp |
An der weiteren Verhandlung über diesen Fall waren dann auch der Pflegkommissar Franz Xaver v. Frank, der Pfarrvikarius und Prior P Cölestin Steiner, der Amtskammerer Samuel Luckner und der Markt- und Kirchenschreiber Magerer beteiligt.
Der Knackpunkt für die Witwe war, wie sie schreibt, dass vereinbart gewesen sei, dass sie "als Wittib mit" ihrem "Sohn Joseph Arent 6 Jahr den Dienst versehen und die Einkünfte an" sich "bringen dürfe".
Nach Ablauf dieser 6 Jahre habe nun die Kirchenverwaltung Kötzting 1783 den Sohn - ohne Rücksprache mit der Rentdeputation in Straubing - als Mesner an- und aufgenommen und ihr zum jährlichen "Absent 40 Gulden an Geld, dann 4 Ell Korn, 2 Ell Haber, 5 Pfund Schmalz und von Lichtmessen bis Martini täglich 1 Seidl Milch bestimmt."
Diesen Leibthum habe sie bisher angenommen, auch weil sie keinen rechtsbeistand gehabt habe und im Gegenteil der Amtskammerer Schweizer ihrem Sohn "durchgehend beygethan, ihr aber sehr abhold" gewesen sei. Nun stellte sie jedoch fest, dass ihr dieses "ausgeworfene Quantum nicht hinreichend" sei und bitte die Kirchenverwaltung ihr eine Erhöhung.
Da aber - offensichtlich war sie von der Entwicklung überrascht worden - der Sohn sich verheiraten wolle, was erst letzten Sonntag zum ersten Mal von der Kanzel verkündet worden war, und sowohl seine Braut als auch der Schwiegervater ihr "ständig abgeneigt" seien, bitte sie diese Verehelichung bis zur Klärung ihrer Ansprüche aussetzen zu lassen.
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"Anzaig Was ein zeitlicher Pfarrmösner von Begehung und auseinanderrichtung des jährlich anfahlenden Zehends an Wurf, Einsag, Leuth und Artgaben zu ziehen." |
Weitere Einnahmen:
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"Vom Gotshaus wir angewisen Geld samt dem Uhr aufzieger Lohn jährlich gezogen 90 fl Sital in solche Weg 3 fl 33 Kreuzer Bruderschaft 7 fl 43 Kreuzer Die Handwerchs Jahrtäg ertragen 8 Gulden Verbindnis, ist nicht wissend "
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Darüber hinaus erhielt er noch von den Messgeldern, den gestifteten Messen 80 Gulden jährlich. Weitere 60 Gulden fielen im Jahre 1783 von den Beerdigungen und 12 von den Hochzeiten an.
Die "Kindstaufen" schlugen mit weiteren 16 Gulden zu Buche.
Mit alle den Naturalabgaben summierte sich das Einkommen des Mesners im Jahre 1783 auf gut 580 Gulden, eine respektable Summe für die damalige Zeit.
In einer beigefügten Anmerkung werden noch weitere Einkommensarten aufgelistet, die der Mesner Arendt damals so nebenbei erhält, wie die Überlassung von Mist, Bezahlung für das Wetterläuten und "Miehewaltung" bei Prozessionen.
Trotz der detaillierten und vielleicht sogar begründeten Eingabe der Witwe Arendt von Ende April konnte sie die Verehelichung des Sohnes mit der unerwünschten Schwiegertochter nicht verhindern. denn - wie eingangs bereits berichtet - mit Datum 10. Mai 1784 ist die Ehe der Beiden in den Kötztinger Pfarrmatrikeln eingetragen.
Dass die Witwe Arendt zeitlebens an der Angelegenheit knappste, kann man an ihrem Testament erkennen, bei der viele Verwandte bedacht wurden, der Sohn Joseph jedoch ausdrücklich nichts von ihrem Restvermögen erhielt.
Doch nun zurück zum neuen Kötztinger Mesner, Joseph Arendt
Vielleicht war er durch die negativen Begleitumstände nach dem Tode des Vaters überzeugt worden; jedenfalls bewarb sich der Mesner Josef Arend schon im Jahre 1783 um das Kötztinger Bürgerrecht und dieses wurde ihm gerne erteilt, auch ohne großen Grundbesitz.
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StA Kötzting Marktrechnung von 1783 |
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Josephen Arent nunmaligen Pfarr Mößnern alhir wurde auf sein gestaltes Anlangen eben zu ausweichung aller besorglichen jurisdictions Strittigkeiten, das Burgerrecht gleich einem Häusler ertheillet. Daß aso ab solcher Ertheillung nach mehreren Inhalt des heurigen Rathsprotocol fol 39 zuvereinnahmen sind: 10 Gulden."
Im Jahre 1789 lässt die Mesnerwitwe Anna Maria Arendt ihr Testament aufsetzen und benennt - Hintergrund ist sicherlich der oben dokumentierte Streit zwischen Mutter und Sohn - auch den Grund hierfür.
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StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1789 "Letztwillige Disposition Anna Maria Arentin bürgerlich verwittibte Mesnerin derorten, befindet sich etwas unpässlich, und aso wünscht sie zu Vermeidung künftiger Irre, wegen ihren Vermögen die Sache auf gütliche Art noch bey ihren Lebszeiten beizulegen." |
Der protokollierende Landrichter fand die Frau Arendt "in ihrer Logie in der Marktmühl in einem Seiten Stiebel obenauf und fand die Disponentin im Bette liegend, doch bei vollkommenen Verstand lan." In dem Testament erwähnt sie ihren Kinder Joseph (Mesner in Kötzting), Anna Maria verh. Haas in Kötzting und die Thekla Kandler, eine verheiratete Baderin in Viechtach.
Vielen ihrer Kinder und Enkel - auch die Kinder der ersten Ehe des Mannes - bekommen unterschiedliche Geldsummen zugesprochen, nur beim Sohn Josef, der Mesner - möglicherweise auch wegen des Unterhaltsstreits weiter oben -, wird leer ausgehen.
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"Sechstens der Sohn Joseph Arent ist durch den erhaltenen Dienst ohnehin schon zum Überfluß satisfaciert, mithin kann, und solle er an ihrem Nachlassenten vermögen nichts zu fordern haben. |
Im Jahre 1794 geht es um größere Umbaumaßnahmen am Mesner- und Schulhaus. Nach einer Begehung liefern sowohl der Maurer- als auch der Zimmermeister ihre Kostenvoranschläge bei Cumulativ - heute würde man sagen Kirchenverwaltung - ab und offensichtlich besteht dringender Handlungsbedarf, weil man in dem Schreiben an die vorgesetzte Behörde von einer gefährlichen Situation spricht.
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StA Landshut Rentkastenamt Straubing A 96 von 1794 "Churfürstlich wohl Lobl. Cammeral Rennt Deputation Straubing Bey dem dißortigen Schull= und Mesner Haus welches mit dem Eigenthum der hiesigen Markts Pfarrkirche gehörig ist, bezeigen sich große Baufälle die beym Verschub der Reparatur gefährliche Folgen nach sich ziehen könnten."
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Leider hat sich nur der Kostenvoranschlag des Zimmermeisters Obermeier erhalten, die Regierung in Straubing gibt jedenfalls gleich "grünes Licht" für die Arbeiten im angebotenen Umfang.
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Es ist nothwendig gefunden worden, dem Mössner und Schullehrer, die Stuben und dem ersten die Kammer zu pühnen, die zwey Stüben in gleicher Größe a 20 Schuch und 18 breid, die Kammer in ne,blicher Länge, und 13 Breid, auch bei dem Mößner, in gemelter Stuben und Kammer einen Neuen Rohrboden zu machen, und eine neue Scharrünnen S:V: auf dem Stall aufzuziehen., und daß ganze Tach mit der Helfte neuen Legschindeln zu decken sey, wo zu erforderlich ....." |
Im Jahre 1798 erhalten die vier Arendtkinder eine überraschende Erbschaft aus München. Der Pfarrmesner Arendt Joseph erscheint vor dem Magistrat "gibt an, dass die verstorbene Frau Eßler Anna Maria, bürgerliche Handelsfrau zu München, seinen 4 Kindern als Enkel der Schweicklerin Florentine, Schullehrerin alhier, 400 fl letztwillig zugedacht habe." (StA Kötzting AA XI/26)
Als im Jahre 1811 der Häuser- und Rustikalsteuerkataster erstellt wurde fanden sich für das Haus zwischen "Decker" und "Schrank" unter der damaligen provisorischen Hausnummer XVIV - also 94 - der folgende Eintrag, ohne dass dabei das Haus selber aufgeführt war. Dies hatte den Grund, dass 1811 alle Anwesen, die sich im Besitz des Marktes und/oder der Kirche befanden, in der Auflistung übersprungen wurden. Daher weichen die Hausnummern des H+R Katasters von den später gültigen alten Hausnummern ab. Hier nun also die Grundbuchrechte, die der Schullehrer Schweikl und der Mesner Arendt im Markt Kötzting im Jahre 1811 besaßen.
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StA Landshut Rentamt Kötzting B 27 von 1811 |
"Joseph Schweikl Schullehrer - Inwohner in dem Steuer Haus Nro XCIV
Das gezimmerter kleine Schupferl zur Holzlege
Das Ackerl auf dem alten Galgenberg
Gemeindeantheil auf dem Herrenweiher ao 1803 zur Wiese cultiviert
Noch ein solchen Gemeindsantheil am Galgenberg ao 1803 zu Acker cutliviert
Joseph Arent Mesner - Inwohner in dem Steuer Haus Nro XCIV
Gemeindsantheil am Galgenberg ao 1803 zu Acker cultiviert
Der eigene Gemeindsantheil am Galgenberg ao 1803 zu Acker cultiviert."
Der Hintergrund dieses seltsamen Konstruktes, dass ein Inwohner in Kötzting Rechte an der Gemeinschaftsfläche hatte ist wohl der, dass der Markt die beiden - eigentlich vom Status "Inwohner" - nach den Streitigkeiten mit dem Landgericht zu Kötztinger Bürgern aufwertete und daher nach 1803 als solche auch Besitzrechte/-titel an den verteilten allgemeinen Feld- und Wiesenflächen des Marktes erhielten.
Einschub
Im Jahre 1819 war dann bereits der Sohn Heinrich Arendt als ein Schulgehilfe angestellt und mit seiner "Dienstauffassung" kam es dann zu einem Schriftwechsel mit der Regierung. Vordergründig ging es um um eine "verweigerte Chordienstleistung", ursächlich aber wohl um die Schwierigkeiten zwischen dem Lehrer Franz Paul Kroiß und dem Schulgehilfen Heinrich Arendt.
Heinrich Arent hatte den Antrag gestellt, aufgrund des Alters seines Vaters, selber den Mesnerdienst und seinen Job als "Nebenlehrer" vereinigen zu dürfen.
Der Magistrat - und auch der Rat der Gemeindebevollmächtigten - war nicht abgeneigt, legte aber einige/viel Bedingungen fest, mit denen sichergestellt war, dass Arendt zu jeder Zeit beide Berufe ausüben konnte, auch wenn dies bedeutete, dass er auf seine eigenen Kosten für Aushilfskräfte zu sorgen hatte, wenn die notwendig sein sollte.
Es hat aber den Anschein - der Akt endet ohne eine Entscheidung - als ob Heinrich Arendt sich mit seiner Hilfslehrerstelle hat begnügen müssen, denn sein Vater schreibt erst viele Jahre später in einer Petition von einer Absicht, zurückzutreten und bei dem folgenden Verhandlungen wird Heinrich Arendt ausschließlich nur als Hilfslehrer bezeichnet.
Einschub Ende
Im Jahre 1827 gibt es einen ganz besonderen Streit. Das Mesner Arendt betrieb wohl im Bereich Kötzting einen - wie schwunghaft auch immer - Buchhandel mit Schulbüchern und kam damit in Konflikt mit dem Kötztinger Schullehrer Gottfried Reisinger, der sich - wie er schreibt gegen eine ansehnliche Kaution - von der Regierung des Unterdonaukreises die Rechte am Filial=Schulbuch=Verlag für den Bereich des Landgerichtes Kötzting gesichert hatte. Reisinger bittet nun das Landgericht Kötzting, dem Arendt solches zu verbieten.
Im selben Jahr ist erneut eine größere Reparatur am Schul- und Mesnerhaus nötig und die In den Bauleistungen des Angebots geht es zunächst um einen neuen Rauchfang beim Mesner; als nächstes ist die Hauptmauer auf dem "Mesnerboden, gegen den Hof" bereits "ausgewichen sambt der alten Schlaudern".
Aus dem Angebot erfahren wir einige interessante Details des Anwesens, zum Beispiel, dass der "Pumpbrunnen im Hofe" eine beachtliche Tiefe von 42 Schuh hatte, also ca. 12 Meter tief in den Untergrund ging.
Die Holzschupfe, " wo das Holz gespaltet wird ... dürfte zur besser wiederhalt des Schlagens dieser Blatz mit drey zolligen Dillen gepünnt werden."
Da der Nachbar - Decker - sich dagegen gewehrt hatte, dass der Misthaufen direkt an seiner Hauswand angelegt würde, musste eine hölzerne Umrandung als Abstandshalter gebaut werden.
Der Backofen in der "Waschkuchel kann wegen Hineinsitzen des Dachtropfwassers vom Gangl aus nicht benutzt werden", weshalb er abgerissen und so neu errichtet wird, dass er vom Gang aus beschickt werden kann.
Mehrmals ist in diesem Akt von einem "Gangl" die Rede, jedoch zumindest an einer Stelle von einem Gangl gegenüber dem "Schrank", also dem heutigen Hotel zur Post, während die heute noch sichtbare Lücke aber zwischen den Häusern zwischen Mesner und Decker - sprich Gartner - ist.
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Foto Pongratz 2025 |
Schaut man aber auf einen Lageplan aus dem Jahre 1859, so kann man erkennen, dass es auch auf der anderen Hausseite einen schmalen, spitz zulaufenden Gang gegeben hatte, auch wenn dieser offensichtlich nicht bis zur heutigen Herrenstraße durchreichte.
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StA Landshut LGäO Kötzting Nr. 51 von 1859 |
Schon 1826 schreibt Joseph Arndt in einem Schreiben an den Magistrat: " Viele Jahre habe ich treu und redlich den Mesnerdienst versehen, da ich nun ein hohes Alter erreicht habe, so wünsche ich Ruhe und bin nun willens, den Mesnerdienst abzutretten, doch unter folgenden Bedingungen:
Ich verlange für mich und mein Weib von meinem Nachfolger monatlich 8 Gulden, jährlich 1 Schäffl Korn, täglich 1 Köpfl Milch von Lichtmessen bis Martini.
Für Entschädigung der Wurf -und Weislgarben erhalte ich ad dies vitae vom k: Rentamte monatlich 10 fl 10 xr, auch diese Entschädigung muß mir, solange ich lebe, verbleiben."
Zeitgleich mit den Verhandlungen mit dem Magistrat schickte die Familie Arendt ihre Petitionen auch an die Regierung, in deren Akten sich teilweise dieselben Schriftstücke wiederfinden lassen, wie sie auch im Stadtarchiv vorliegen. In seinem Anschreiben an die Regierung wurde er aber sehr viel deutlicher, was seine Gesundheit anbelangte:
Er schrieb: "Ich leide, wie das gehorsamst angewidmete landgerichtsärztliche Zeugnis darstellt, an schwächlicher Körperskonstitution, an grauen Star, an Schwerhörigkeit, und an chronischen Fußgeschwüren, bin sohin bei diesem äusserst krankhaften Zustande und meinem hohen 74 jährigen Lebensalter nicht mehr im Stande diese beeden Dienste fernershin entsprechend versehen zu können."
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StA Landshut RegvNB KdI Nr. 6058 Pfarrmesner von Kötzting von 1828 Zeugnis des Kötztinger Amtsphysikus über den Gesundheitszustand des Josef Arendt |
Dieses Angebot - zurückzutreten und das Amt an seinen Sohn Heinrich zu übergeben - blieb natürlich nicht verborgen und gleich schreibt der Kötztinger der Lehrer Reisinger ein vielseitiges Memorandum, wohl vor allem in der Absicht eine schnelle Amtsübergabe von dem Vater auf den Sohn zu verhindern. Reisinger schreibt, dass ein zukünftiger Kötztinger Mesner zugleich auch den Chormusikerdienst ausfüllen und selber dabei die Bassistenstelle übernehmen solle. In der Schule - wo die dritte Lehrerstelle dringend benötigt würde - könne er dann gleich noch diese Lücke ausfüllen. Seitenweise beklagt der Lehrer Reisinger den Zustand der Kötztinger Chormusik und kommt immer wieder darauf zurück, dass " bei jedesmaliger Chormuskik .... bald ein Tenorist, bald ein Bassist, bald beide zugleich fehlen" würden, was ihm die gute Gelegenheit gibt, gegen Heinrich Arendt kräftig auszuteilen.
"Wird aber diese Bassisten Stelle dem Lehrer Heirnich Arendt mitunter eingeräumt, so ist dem obbesagten Bedürfnis wenig abgeholfen, denn
a Soll er Baß singen, so ist der Tenor unbesetzt-
b Indem er, wie es scheint, aus zu ängstlicher Besorgniß, er könnte, wenn er sich im Singen insoweit anstrengete, als es wesentlich notwendig wäre, seine Lebensfrist vielleicht um ein paar Jahre abkürzen - beim Tenor=Singen, so ihm ganz eigen ist, und ihm leicht ankömmt, beizeiten nicht leisten man, was er leisten sollte - was würde er erst als Bassist leisten, wozu er seine Stimme wahrhaft verkünsteln, seine Brust ungleich mehr anstrengen, und er noch schlimemre Folgen befürchten müsste. Es ist daher nichts reatsamer, als was ich wieder unterthänigst gehorsamst bitte, vom Lehrer Arent, welcher wähnt, als Tenorist seine Schuldigkeit hinlänglich zu thun, wenn er alle Quartale 1mal ein Tenor =Solo von sich hören läßt - bei der Kirchenmusik gar keinen weiteren Gebrauch zu machen."
Der Magistrat entschied, dass der Mesner- und Cantordienst vorerst nicht abgetrennt werden würden. Wenn Joseph Arendt dann verstorben sei, würden diese Aufgaben aufgeteilt und der Cantor=Dienst "einem 2ten Lehrer verliehen werden".
Auch der Magistrat und das Pfarramt legen wohl keinen großen Wert auf die Mesnerdienste des Sohnes. Im Detail heißt es:" Notorisch ist der 2te Lehrer Heinrich Arent kein Liebling von Dienstverrichtungen in der Kirche, ja selbst ein auffallend lauer Christ , von dem man auf keine Weise voraussetzen darf, daß er als Mesner mit eigener Hand der Kirche Dienste leisten würde; und man lebt vielmehr der bestimmten Überzeugung, daß er als Mesner die Kirche so verlassen stehen lassen wird, als selbes seit einiger Zeit von seinem Vater geschieht. Und er selbst äussert unverhohlen, dass er sich den Mesnerdienst nicht verlangt, wenn ihm der Cantorsdienst zur Verbesserung seines Einkommens überlassen wird."
Es hat den Anschein, als ob der Magistrat hier einfach entscheiden wollte und - offensichtlich ohne Rücksprache mit Heinrich Arendt und dessen Rechtsstellung - den Posten im Kreisblatt ausschrieb. 13 Anwärter auf den Posten bewarben sich.
Georg Mang, ein Schneider und Kötztinger Bürgersohn
Josef Wällisch, ein Schreiber beim Hüttenamt in Bodenmais
Franz Xaver Pinzinger, eine Lehrer und Organist aus Landau
Gottfried Reisinger, Schullehrer und Organist in Kötzting, >> der Verfasser des obigen Memorandums
Anton Esterl, Schullehrer und Mesnersohn von Langdorf
Michl Pröls, Schulgehilfe aus Viechtach
Paul Obermeier, Musikant und Schneidergehilfe aus Kötzting
Michl Mühlbauer, Schuldienstpräparand aus Traidersdorf
Heinrich Arent 2. Lehrer aus Kötzting
Franz Xaver Pöringer Schuldienstpräparand aus Pilsting
Michl Graßl, prov. Lehrer in Vilzing
Stephan Hofmann Chorbassist in Neukirchen
Wolfgang Auer Mesnersohn und Schulgehilfe von Steinach
Ganz so einfach, wie es sich der Magistrat vorgestellt hatte, verlief das Ganze aber dann doch nicht, denn das Amt und die Stelle eines Kötztinger Mesners UND Cantors war offensichtlich bereits im Jahre 1797 den Kindern erster Ehe des Joseph Arendt - also Heinrich Arendt - urkundlich zugesichert worden, wie Heinrich Arendt in einem langen Schreiben im August 1828 anführt. Er wäre mit den finanziellen Folgen, die sich aus dem Entwurf des Magistrates über die Dienstaufteilung ergäben, ganz und gar nicht einverstanden, die er übrigens nur beiläufig erfahren hätte.
Ähnlich wie weiter oben der Lehrer Reisinger über die musikalischen und sängerischen Fahigkeiten des Heinrich Arendt herzog, zweifelte nun Heinrich Arendt am Können der Bewerber und brachte seitenweise Einwände vor gegen den Sieger der Ausschreibung, Georg Mang.
Mang sei "weder ein Sänger, noch viel weniger ein guter Bassist. Er ist wohl ein mittelmäßiger Violinist und ebensolcher Flötenspieler". Und wieder geht es um die Bassistenstelle, die anscheinend im Kötztinger Kirchenchor wirklich eine Problemstelle gewesen war: "Auch ist auf den Chor ein nur etwas leidentlicher Bassist um so unentbehrlicher, als außer dem Titl Assessor Zizler, u. einem 1 1/2 Stunde von hier entfernter Bauer, welche nur als Diletanten an Sonn= und Feiertagen den Chor besuchen, kein frequentierender Bassist sich in Kötzting befindet."
Weiter urteilte er über Mang: Eben so arm u. unzureichend sind auch seine intellectuellen Kenntnisse als Schulmann, da er aus Kötzting nie hinausgekommen, selbst als Schulknabe mitten im Schuljahr aus Furcht vor einer gerechten Strafe unter der Schule entfloh, also die gesetzlichen Schuljahre nicht erstreckte, nie eine Feyertagsschule besuchte, u. während der Zeit in der Schreibstube eines Advokaten es höchstens zu einem blossen Abschreiber brachte, wo er sich also um das Schulfach weder bekümmern noch sich darin nur mittelmässig ausbilden konnte."
Enggeschriebene 10 Seiten lang ist sein Beschwerdebrief über den Magistrat und dessen Entscheidung, den er dann unterzeichnete und an das Innenministerium schickte.
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"Allerunterthänigst, treugehorsamster Heinrich Arent Mädchenlehrer" |
Seinem Beschwerdebrief legte er auch noch ein Zeugnis bei, ein ausgezeichnetes Zeugnis des Kötztinger Pfarrers Plöd.
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Zeugnis "Der Mesnersohn und Mädchenlehrer Heinrich Arent zu Kötzting wird auf Ansuchen bezeugt, daß man bei der pro 1827/28 vorgenohmmenen Schulvisitation an ihm einen Schulmann von besonderer Geschicklichkeit und Fleiß fand, da von seinen Schülerinnen in den vorgeschriebenen Gegenständen überzeugende Beweise gaben und besonders das im gemeinden Leben so nützliche Kopfrechnen, worin sich seine Schule auszeichnete, bemerkt zu werden verdient. Sein sittliches Betragen ist aller Empfehlung würdig. Kötzting am 18. August 1828 Königliche Distrikts Schulen Inspektion Kötzting Jopeph Plöd Pfarrer" |
Grundsätzlich aber bot er an, auf den Mesner und Cantordienst zuj verzichten, wenn er vom Magistrat die bisherig frei Wohnung weiterhin zugesichert bekam und so endete dann die Zeit der Arendts auf dem Kötztinger Mesnerposten.
Georg Mang und Platl Antonia
Gleich die Nummer 1 auf der Liste, Georg Mang, wird vom Magistrat in Übereinstimmung mit dem Pfarramt und der Schulinspektion als der neue Mesner übernommen.
96 Gulden jährlich muss der neue Mesner nun seinem Amtsvorgänger Josef Arendt und dessen Frau von seinem eigenen Salär abgeben. Auch die Neuaufteilung der Wohnungen im Mesnerhaus sind Teil seines Dienstvertrages.
Dem Akt ist auch eine Abschrift des "Diensteides" beigefügt und
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StA AA XVI-9 "Nach Vorhalt und Gewarnung über Meyneid Mesnerdiensteid etc." |
Das Protokoll vor dem Magistrat unterschrieben dann der neue Mesner Georg Mang und für den Magistrat der Bürgermeister Henneberger
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Unterschriftenliste |
Auch wenn der Kötztinger Mesner Georg Mang bei seiner Verheiratung in den Matrikeln als Joseph vorgetragen ist, so besteht kein Zweifel, dass es sich bei dem Ehemann der Antonia Platl aus Runding um unseren Georg Mang handelt, weil die folgenden Kindern des Paares mit dem Vornamen "Georg" für den Vater eingetragen wurden.
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PfA Kötzting Band 9 Seite 50 Carolina Leopoldina - Hebamme Costa - Mang Georg, Mesner zu Kötzting - Antonia Platl |
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PfA Kötzting Band 9 Seite 50 "Gütlerstochter - Bachling (=Runding) - 12ter Jänner (1834) 1 1/2 - 12 Jänner im Hause - Dr. Müllner Die Taufpaten sind etwas ganz besonderes für einen Kötztinger Bürger: Titl. Leopoldina Freyherrin von Frankenstein von Ullstadt und eine Theres Platl, eine Schwester der Mutter. |
Jahre vorher hatte bereits ein Baron Karl von Frankenstein die Stelle eines der Taufpaten eingenommen.
Aus dem Jahre 1840 erfahren wir durch die Erstellung des Grundsteuerkatasters genaueres, wie die Aufteilung des Hauses - grundsätzlich im besitz der Kirchenverwaltung - genauer geregelt war.
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StA Landshut Grundsteuerkataster 5038 |
"Die Lehrer= und MesnerwohnungenGebäude
Wohnhaus mit Stallungen und Schweineställen aneinander, Hofraum und besonderer Stadel.
Hiervon gehört
Die Gebäudeabtheilungen sind
a) dem Lehrer
der untere Stock, dann gemeinschaftlich der Backofen und Seichtlofen(?)
Hofraum und Brunnen
zwey separierte Keller, Viechstall und oben einen Heuboden.
Dann der Hausbogen unterm Dache gemeinschaftlich, aber durch Bretter getrennten Flez über eine Stiege. Die Dienstbotenkammer und vom Stall den linken Theil"
Uebertrag
b) für den Meßner
über 1 Stiege die Wohnung, abgesonderte Stallung, Hausboden, am Stadl den rechten Theil, Keller und Schweinestall, dann gemeinschaftlichen Hofraum, Backofen, Sechtlofen(Waschkessel, Ofen) und Brunnen"
Ein Jahr später wurde für Kötzting ein sogenannter Mieterkataster aufgestellt, durch den wir näheres über die innere Struktur des Hauses erfahren..... und diese war kompliziert.
Miethertrags=Steuerfassion
und
Eigenthümer die Pfarrkirchenstiftung Kötzting des Hauses Nummer 97 in Kötzting im dritten Viertel in der Herrenstraße
1. Franz Paula Führlbeck - Lehrer und Chorregent - /:Mieter:/
1. Hauptgebäude:
Unter der Erde Einen Kellerantheil
I 2 Wohnzimmer. 1 Küche, 1 Magdkammer und 1 Kabinett, Antheil an derKüche und vom Hausboden
2. Nebengebäude
Eine Holzlege im Stadel. Antheil der Stallung mit Scheune
Unterschrift: Fr. v. P. Führlbeck
2. Georg Mang Cantor und Mesner /:Mieter:/
II 2 Wohnzimmer., 1 Küche, 2 Kammer und Antheil vom Hausboden unterm Dach
I Antheil an der Küche
Unter der Erde: EInen Kellerantheil
ad 2. Nebengebäude:
EIne Scheune mit Dreschthenne
3. Nebengebäude
Eine Stallung mit Futterboden
Unterschrift Mang, Mesner
Georg Mang ist der erste Mesner beim Pfingstritt, dessen Name wir kennen. In der marktrechnung von 1836 sind 48 Kreuzer eingestellt, für "das Pferd des Mesners Georg Mang" und weitere 1 Gulden 12 Kreuzer für seine Begleitung.
Am 23.9.1848 verstarb der junge Kötztinger Mesner mit gerade mal 48 Jahren an einer Lungenvereiterung.
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StA Landshut RegvNB KdI Nr. 6058 Pfarrmesner von Kötzting |
Nach seinem Tode versah offensichtlich seine Witwe Antonia die Kötztinger Mesnerstelle, die sich erst 1852 bei der Regierung beschwerte, bei der Bezahlung durch den Nachfolger zu lurz gekommen zu sein.
Antonia Mang, die Mesnerwitwe, starb am 27.5.1854 mit 49 Jahren und 10 Monaten an einer "Entzündung der Unterleibseingeweide", sicherlich ein sehr schmerzhafter Tod.
Karoline Mang, deren Geburtseintrag wir oben dokumentiert haben, verheiratete sich am 26.11.1851 mit dem Altreichenauer Schulprovisor Joseph Eidenschink.
Die Kötztinger Mesner und Cantoristenstelle wird im Jahre 1852 an den Schulprovisor Karl August Schwarz vergeben, erneut einem Kötztinger Bürgersohn. (Eltern: Anton Schwarz und Therese Schreil).
Schwarz Karl August und Pitzner Mathilde
Im Sommer 1852 erhält er die Mesnerstelle und am 25.8.1852 heiratet er in Kötzting die Garmischer Landgerichtsarzttochter Mathilde Pitzner.
Bereits im Jahr drauf stehen große Reparaturmaßnahmen am Haus an und von diesen Maßnahmen haben sich nicht nur die Handwerkerleistungen erhalten, sondern auch die Baupläne, ein selten früer Fall.
Ein Lageplan des Bauaktes wurde bereits weiter oben zur Verdeutlichung genutzt. Hier die Pläne im Zusammenhang.
Zuerst geht es um den Mesnerstadel:
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StA Landshut LGäO Kötzting Nr. 51 |
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Ein interessantes Detail ist hier die kleine Deckersche Freilufttoilette an der Hauswand. |
Lange Jahre noch zierte der "Mesnerstadel" als potentielle Anschlagtafel den Kötztinger Ortseingang.
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Der Mesnerstadel KU SW628 |
Im Jahre 1860 kam dann das Wohnhaus an die Reihe und es wurden äußerst detaillierte Pläne gezeichnet:
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StA Landshut LGäO Kötzting Nr. 51
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Man beachte die damals noch vorhandenen BEIDEN Durchgänge, links und rechts des Mesnerhauses und die Heiligenfigur an der Frontseite. Alle Häuser in Kötzting waren damals noch mit Schindeln bedeckt und offensichtlich mit Steinen eingeschwert.
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StA Landshut LGäO Kötzting Nr. 51
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Das Erdgeschoss:
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StA Landshut LGäO Kötzting Nr. 51
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Der erste Stock:
In den Jahren 1856 bis 1861 kommt es in Kötzting zu einer weiteren Entwicklung im Schul- und Mesnerwesen. Es wird eine 2. Schulstelle entwicklet und die Aufstellung eines 2. Schulgehilfen bei der Schule zu Kötzting durchgesetzt. Gleichzeitig kommt erneut der Vorschlag, die Kantor- und Mesnerstelle aufzutrennen. Der Ehemalige Schulprovisor Schwarz Karl August wird zum 2. Lehrer ernannt. Er behält aber die Mesnerdienste bei und Obermayer Paul wird ihn bei den Kirchendiensten ergänzen. Ein Frey Peter Paul wird der 2. Schulgehilfe in Kötzting. Dieser Obermayer Paul sollte mit dem Johann de Paula Obermayer aus der obigen Bewerberliste für den Mesner- und Cantordienst identisch sein, dem ja dann Georg Mang vorgezogen wurde.
Michael Obermayer und Mathilde Kollmaier
Michael Obermayer, 1869 bereits als Kötztinger Mesner bezeichnet und Sohn des oben erwähnten Hilfsmesners Paul Obermayer, heiratete am 6.2.1869 die Kötztinger Marktlehnerstochter Mathilda Kollmaier. Das Paar hatte aber vermutlich zunächst nicht im Mesnerhaus gewohnt, sondern im Pfeffergraben ihr Haus besessen, das aber beim großen Marktbrand von 1867 komplett abgebrannt war.
Aus dem Jahre 1874 kennen wir eine amtliche Beschwerde des Meßners Obermayer über die Kötztinger Lehrer: Sie würden zu wenig Schule halten. Durch den freien Donnerstag kommen manchmal nur 8 bis 10 Wochenstunden zusammen. Die Mädchen lernen im Handarbeitsunterricht nicht mal mehr Socken stricken. Alle kämen ungeordnet zum Schulgottesdienst und die Kinder tobten durch den Ort. Der Meßner Michael Obermaier beschwert sich massiv gegen diese Zustände. (StA 212/2)
Als der Kötztinger Pfarrmesner Michael Obermayer am 2.7.1904 in seinem Haus in Kötzting verstarb, war sein Sohn, Karl Obermayer - Mesner-Karl -, auch bereits Pfarrmesner.
Gut 50 Jahre später, beim Umbau des Anwesens für die Lokalredaktion der Kötztinger Umschau veröffentlichte Georg Rauscher, der Kötztinger Stadtschreiber, eine kleine Geschichte des Hauses und er Herrenstraße.
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Kötztinger Umschau von 1969
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Kötztinger Umschau vom Mai 1957. Der Bericht über das "Brothaus", das im Mesnerhaus untergebracht war, also die Verkaufsstelle für alle Kötztinger Bäcker gemeinsam. Den Bericht hatte noch jemand geschrieben, der selbst diese alte Tradition noch miterlebt hatte. |
In unserer Sammlung befindet sich ein ganz besonderes Foto - es ist eines von nur 3 Bildern, die wir von der früheren Kötztinger Begräbnisstätte rund herum um die Pfarrkirche haben. Und in diesem Falle gibt es sogar noch eine Bildunterschrift, weil es als Ansichtskarte verschickt wurde.
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DIA-Repro 2567 alter Friedhof bei Pfarrkirche als Ansichtskarte verschickt an Maria Staudinger Hilfslehrerin in Weissenburg; Aufschrift Grab von Tante Mathilde. ...... Es grüßt dich herzlich Marie Obermayer. Da der rechte Grabstein/Kreuz sich ja noch erhalten hat und heute - frisch renoviert - neben der St. Anna Kapelle steht und der Familie Decker zuzuordnen ist, kann es sich bei dem Grabe der Mathilde Obermayer, geb. Kollmayer nur um das Grab links daneben handeln. |
Karl Obermayer - der "Mesner Karl"
Mit Datum des 1.7.1904, also einen Tag bevor sein Vater dann wirklich verstarb, bewarb sich der "Vicemesner" Karl Obermayer um das Amt des Kötztinger Pfarrmesners.
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StA Landshut Rep 164/8 Nr. 268 von 1904 Handschriftliches Bewerbungsschreiben des Vizemesners Karl Obermayer
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Wie einer hochlöblichen Kirchenverwaltung bekannt, ist seit sieben Monaten der Vater des ganz ergebenst unterzeichneten, der bisherige Pfarrmesner in Kötzting, Michael Obermayer schwer erkrankt, und die Aussicht auf eine Wiedergenesung nach ärztlicher Aussage ausgeschlossen....."
Ausführlich schildert der Sohn die finanziellen Schwierigkeiten der Familie ausgelöst durch die langwierige Krankheit des Vaters und die schlimmen Aussichten für die Witwe - 58 Jahre alt und lt. ärztlichem Attest erwerbsunfähig - mit noch 6 unversorgten Kindern, sollte die Mesnerstelle nicht an ihn, den Sohn gegeben werden.
3 Tage nach dem Tod des Vaters schickt er eine erneute Bewerbung - dieses Mal an den Magistrat - mit der Bitte, ihm die Stelle seines Vaters zu übergeben.
Dieses Mal gibt er auch seinen bisherigen Lebenslauf an:
Geboren am 7.4.1877
Werktagsschule in Kötzting von 1883 bis 1890
landwirtschaftliche Winterschule von 1892 bis 1893
Vom 15. Lebensjahr an ist er als Stütze bzw. Gehilfe des Vaters im Mesnerdienste tätig gewesen.
Schon am 6.7.1904 beschießt das Pfarramt, den Vizemesner Karl Obermayer nun als Kötztinger Mesner anzustellen und schreibt dieses auch an den Magistrat und ab dem 1.8.1904 wird Karl Obermayer, Sohn des Michael Obermayer, dann der neue Kötztinger Mesner, der diesen Aufstieg auch von der Regierung bestätigt bekommt.
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StA Landshut Rep 164/8 Nr. 268 von 1904 Betreff Erledigung der Pfarrmesnerstelle in Kötzting Bestätigung durch das Innenministerium in Landshut |
Gerade mal 5 Tagwerk und 96 Dezimal an landwirtschaftlicher Fläche, also weniger als 2 Hektar standen dem Mesner zur Verfügung, um seine Viehhaltung aufrechtzuerhalten.
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StA Landshut Rep 164/8 Nr. 268 von 1904 |
Die meisten dieser Teilflächen befanden sich im Bereich der unteren Auwiese, weshalb dann auch in den 1889er Jahren dort ein Feldstadel errichtet worden war.
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StA Landshut LGäO Kötzting Nr 51 |
Der Standort des Stadel ist ungefähr an dieser Stelle, an der heutzutage der Optiker und die Apotheke unterhalb des Kötztinger Bahnhofs stehen.
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DIA Repro 2253: Pfarrer Rosenheimer mit Bischof Michael Buchberger , links hinten Mesner Karl Obermayer ca. 1938 Nachlass Schreinerei Rosenhammer | |
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Obermayer Karl als Kötztinger Pfingstbräutigam, Pfingstrittmesner und Jubelreiter
Im Jahre 1900 war Karl Obermayer der Kötztinger Pfingstbräutigam an der Seite von Anna Staudinger.
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DIA-Repro 713 Pfingstbrautpaar des Jahres 1900 v.l. Leopold Januel - Anna Staudinger - Karl Obermayer - Georg Dreger |
Beide waren unverheiratet geblieben, weshalb der Pfingstbräutigam im Jahre 1950 noch einmal ein ganz besonderes Tugendkränzchen überreicht bekam und beide im Burschen- und Brautzug besonders geehrt wurden.
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Der Eintrag ins "Goldene Buch" vom Pfingstfest 1950
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Bild Josef Barth - Pfingstbräutigam Georg Krämer und Jubelpfingstbräutigam Karl Obermayer während der Festpredigt |
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Mesner Karl bekommt eine besondere Auszeichnung für 60 Rittteilnahmen und ein Ehrenpfingstkränzchen |
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Bild Josef Barth -Karl Obermayer und Anna Staudinger im Landauer - zugestiegen in der Bahnhofstraße aus dem Anwesen Gmach.
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Sammlung Obermayer: Recht Karl Obermayer wohl beim beim Bierzelteinzug |
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Sammlung Obermayer: 1950 mit seinem Ehrenpfingstkränzchen am Kötztinger Marktplatz |
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Bild Josef Barth - Ehre wem Ehre gebührt - 50 Jahre Pfingstgeschehen 1900 und 1950 |
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Photo Siegfried Ehemann - Die "Jubler" im Landauer |
Schon beim Pfingstritt des Jahres 1920 erhielt Karl Obermayer eine Auszeichnung für seine 25malige Teilnahme am Pfingstritt.
Viele Jahre war Karl Obermayer auch als Pfingstrittmesner im Einsatz. Hier am 2. Evangelium auf der Anhöhe zwischen Bärndorf und Wölkersdorf.
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Karl Obermayer beim 2. Evangelium in seiner Eigenschaft als Pfingstrittmesner |
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Sammlung Obermayer |
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Sammlung Obermayer |
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DIA Repro 1008 : Ansichtskarte 1949 Waldfrieden mit Regen, gelaufen 19.3.1949. Fremdenheim und Gaststätte Waldfrieden Regenstein bei Kötzting, Erbaut 1866 von Maximilian Schmidt, Bayerwalddichter, Inhaber Maria Obermayer. An Herrn Josef Plötz, Bürgermeister v. Gehstorf von d. Geschw. Obermayer-Lenzsch zum Namensfest. |
Tod einer Institution - der Mesner Karl stirbt.
Für viele Kötztinger kam des Tod des Karl Obermayer sehr überraschend.
Karl Obermayer, der mittlerweile bei seinen beiden Schwestern - der "Mesnermare" und der Frau Lenzsch - im Hause Waldfrieden wohnte und wohl residierte, verstarb plötzlich zwei Jahre, nachdem er noch einmal im Mittelpunkt des Kötztinger Pfingstgeschehens gestanden hatte, im November 1952.
Noch im April 1952 war anlässlich seines 75. Geburtstag eine Würdigung seiner Lebensleistung veröffentlicht worden.
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Die Kötztinger Zeitung ehrt den "Mesner=Karl" zu seinem 75. Geburtstag |
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Nachruf der Kötztinger Umschau |
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Nachruf KÖZ |
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Bericht über die Beerdigung in der Kötztinger Zeitung |
Wie nur bei wenigen vergleichbaren Fällen, gaben bei der Beerdigung des Karl Obermayer - vulgo Mesner Karl - ihm viele "Brauterer" die Ehre und Mädchen tragen seine zusätzlich zwei Pfingstkranzl.
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DIA-Repro 71231 Beerdigung des Herrn Karl Obermayer |
Zahlreich waren die Kondolenzanzeigen in den beiden Kötztinger Zeitungen
Ludwig Volkholz, damals sowohl Bundestags als auch Landtagsabgeordneter, schlug sogar vor seinem Freunde und Gründungsmitglied der Bayernpartei zu Ehren, ein eigenes Pfingstdenkmal für ihn zu erschaffen.
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Foto Pongratz |
Einschub
Von Herrn Dr. Dieter Casaretto habe ich in diesem Zusammenhang auf Nachfrage erfahren, dass er als kleiner Bub hinter dem Sarg - bei der Überführung des Toten vom Haus Waldfrieden in Regenstein hinauf zum Kötztinger Friedhof - mit einer Blechlaterne gehen durfte/musste und sich dabei gehörig die Finger verbrannt hatte.
Darüber hinaus erzählte er mir noch von vielen Besuchen, die er regelmäßig mit seiner Tante im Haus Waldfrieden machen durfte - mit einer Biskuit-Roulade vom Kerscher-Bäck und einem gelben Kracherl dann ruhiggestellt - und sich oft die Geschichten vom "Mesner=Karl" und der Mesner=Mare anhören durfte.
Karl Obermayer war danach in seiner aktiven Zeit bei den Kindern gefürchtet, weil er am Palmsonntag mit einer Säge an der Brücke zur Kirchenburg stand, und die zu langen Palmgatten radikal einkürzte, um zu verhindert, dass diese oben an den Lampen Schaden anrichteten.
Von seiner Schwester erzählte er mir, dass diese sich sehr um die Renovierung der Magdalenenkapelle annahm und für diese Aufgabe unter Geldmangel litt. Als sie im Zusammenhang mit dieser Aufgabe einmal die Heiligenfiguren der Kapelle mit einem Leiterwagen den Regen entlang hinunter auf dem steilen Endstück zum Haus Waldfrieden beförderte, ist ihre Ansprache an die Heiligenfiguren überliefert: "Wenn´z ses s´Geld net bold aftreibts für die Renovierung, nand wirf i eng alle in Reng owe!"
Einschub Ende
Noch ein paar Anekdoten über und mit dem Mesner Karl, die sich bei Conrad Krämer, dem Ostmarkonkel gefunden haben:
Das operierte Wern.
Alle die Leo von Sperl kannten, wussten, dass Leo seit Jahren ein verhärtes Geschwür am linken oberen Augenlid hatte (im Volksmund Wern genannt). Leo hatte schon manchen Spezialisten aufgesucht, um sich das schon von weit sichtbare Wern wegoperieren zu lassen, welche alle von einer Operation abrieten und so trug Leo das Geschwür noch lange Jahre mit sich herum. Eines Abends kam noch spät der Obermeier Karl zum Gumbierl und setzte sich an den hinteren Tisch, wo allein der Leo saß. Es dauerte nicht lang und die beiden gerieten in Streit (Obermayer Karl hatte auf einer Treibjagd am Hohen Bogen eine Geis geschossen) spitze Reden wurden geführt, das Wortgeplänkel wurde immer schärfer, auf einmal zog der Karl die rechte Hand, (an welcher er einen goldenen Siegelring trug - ein Erbstück seines Großvaters und haute mit geballter Faust dem Leo grad auf das linke Auge. Ich und meine zwel Brüder Philipp u. Julius u. Forster spielten in Ruhe unseren Schaffkopf. Als ich den Aufschrei des Leo hörte, sah ich wie ihm das Blut durch die vor gehaltenen Hände rann. Trotz sofortiger Essigumschlage konnte ich das Blut nicht stillen und bat Frau Wagner mit einen, reinen Handtuch einen Druck auf das Auge zu halten. Eilig sprang ich heim, holte Verbandstoff und machte , dem Leo einen vorschriftsmäßigen Druckverband. Kein Arzt wurde gerufen wegen der Ursache und ich bat Leo, am nächsten Tag zu mir zu kommen. Als ich am nächsten Tag dem Leo den Verband abnahm, konnte ich feststellen, dass das Auge selber unverletzt, jedoch des Geschwür vollständig ausgelaufen und nur ein dunkler Flecken an dessen Stelle war. Ich sagte zu Leo: "Du Leo, jetzt derfst glei zum Mesner Karl vor gehn und Dich bedenken, dass er Dir eine so saftige g'schmirt hat."
Der verlorne Costa Rout
Alle Jahre machte der Burschen-Wanderer-Verein, eine Schlittenfahrt nach Niederndorf zum Gasthaus Drexler: Es war Mitte der neunziger Jahr, als man mit 4 Schlitten und drei Goass'ln dle lustige Schlittenpartie durchs schöne Zellertal machte. Es waren dabei: Lindner Karl, Schmidbrau Karl und Franz, Drunkenpolz Sepp, Marktmüller Hans, Schödlbauer Hans, Costa Andre da Raot, Dietl Hans, Lukas Hans u. Ludwig, Obermeier Karl, Dreger Karl, Jackabecker Andrel, Decker Sepp, Rabl Mich und Sperl Schorsch und als Spaßmacher da Schreil Tonerl.
Dass es beim Drechsler in Niederndorf hoch herging, kann man sich leicht vorstellen, lauter junge gesunde Bürgerssöhne und so wurde gezecht, bis es dunkel wurde und man richtete sich zur Heimfahrt: In Wölkersdorf ( In da Reim, wurde nochmals Station gemacht und als man beim alten Gregori Platz genommen, fehlte der Costa Raot----Ja er is doch mit eig´stiegn sagte der Lukas Hans der muas do ch dabei sei. Man wartete eine kurze Zeit da entschlossen sich einige und fuhren nochmals im langsamen Tempo nach Niederndorf, immer die Straße im Auge habend. Da bei dem Birkenwäldchen kurz vor Niederndorf, fanden Sie den Costa schlafend auf der linken Straßenseite. Er wurde sofort in den Schlitten gepackt und in schneller Fahrt ging es zum Reimwirt, wo sie alle recht herzlichst empfangen wurden.
Der Costa hatte einen solchen auf, dass er gar nicht bemerkte, dass er aus den Schlitten gefallen war und es gab Anlass eine feste Maß auf sei Wohl zu trinken. Wer den Schaden hat braucht nicht flür den Spott zu sorgen und Costa musste des Öftern spitzfindige Reden entgegen nehmen.
Hier nun ein noch Sprung zurück in den April 1945, ans Ende des Krieges.
Mit dem Einmarsch der Soldaten der 90. Infanteriedivision am 26. April 1945 endete für die Kötztinger der Zweite Weltkrieg. Am heutigen Rathaus - damals noch das Landratsamt - übergaben der Bürgermeister Hans Kroher und der Landrat Fiesenig den Markt Kötzting kampflos an die Amerikaner, die danach eine Militärregierung einsetzten, viele Häuser in Kötzting beschlagnahmten und vor allem die komplette Herrenstraße als "OFF LIMITS" für die Zivilbevölkerung deklarierte.
Es existiert eine Liste der beschlagnahmten Kötztinger Anwesen und darunter auch das Mesnerhaus des Karl Obermayer.
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StA Kötzting Militärregierung 680/1
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Der Graßl- Mesner 1920-1982
Nach dem "Mesner-Karl" war es der nächste Pfarrmesner, Herr Rudolf Graßl, Graßlmesner genannt, der in Kötzting eine markante Persönlichkeit wurde.
Im Jahre 1948 hatte Rudolf Graßl seinen Altardienst begonnen und 25 Jahre später erschien in der Kötztinger Umschau eine ganzseitige Würdigung seiner Verdienste um die Pfarrei Kötzting. Frau Renate Serwuschok schrieb darin über die Veränderungen seiner Arbeitsbedingungen, seine Leistungen und seine Familie.
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Graßl Mesner Sammlung KU-Ordner Personen |
Ähnlich wie sein Vorgänger, war auch Rudolf Graßl eine begeisterter Pfingstreiter.
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DIA-Repro 7095 Pfingstritt in der Marktstraße vor dem Anwesen Voithenleitner. Rudolf Graßl als Pfingstmesner mit dem geistlichen Offiziator Haltrich. |
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Foto Ehemann: Rudolf Graßl als Pfingstmesner mit dem geistlichen Offiziator Haltrich.
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Foto Kretschmer: Pfingstritt 1973 beim 2. Evangelium |
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DIA-Repro 2045: Kartenspielen im Pfarrheim: v.l. Graßl Rudolf, Frau Fanny Hastreiter, die Pfarrhaushälterin des Stadtpfarrer Augustin, Stadtpfarrer Augustin. |
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Foto Traurig: Pfarrer Augustin und Mesner Graßl vor der St. Veitskirche beim Palmumzug. |
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Sammlung Stadt Kötzting : Autokorso mit Weihe auf dem - autogerechte umgebauten - Marktplatz: rechts am Bildrand Stadtpfarrer Josef Augustin und sein Mesner Rudolf Graßl. |
Immer noch befand sich das Haus in Besitz der Kirchenstiftung und wurde im ersten Stock von den jeweiligen Mesnersfamilien bewohnt. Der Nachfolger Rudolf Graßl war dann Herr Stammberger.
Das Erdgeschoss wurde umgebaut und danach für lange Jahre die Heimat der Kötztinger Umschau mit ihrer Chefin Frau Renate Serwuschok, der wir viele Bilder zu verdanken haben.
Die Kötztinger Umschau:
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StA Kötzting IMG_1512 |
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Detail aus der obigen Aufnahme |
Zum 70jährigen Jubiläum dieser Lokalredaktion veröffentlichte Alois Dachs seine Erinnerungen an die seine Anfangszeit als junger Redakteur bei der Kötztinger Umschau.
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Sammlung Ludwig, Foto Kretschmer: Nimmt man das Alter des Taferlbuben (Ludwig Wolfgang) mit vielleicht 11-12 Jahren an, so müsste noch 1963 die Redaktion im alten Zustand gewesen sein. Kinderfestzug in der Herrenstraße. |
Die Geschichte der Kötztinger Umschau von Alois Dachs:
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Redaktion Kötztinger Umschau: Frau Renate Serwuschok und Alois Dachs, der junge Reporter |
Sieben Jahrzehnte ist die Kötztinger Umschau mittlerweile Nachrichtenquelle für viele Bürger im Gebiet des Altlandkreises Kötzting. Kaum eine Branche hat sich seitdem so verändert wie die Tageszeitung. 49 Jahre dieser Entwicklung habe ich hautnah miterlebt, journalistische Höhepunkte und so manchen tiefen Fall in der Nachrichtenwelt. Die Erfahrung daraus: Es gibt (fast) nichts, was es nicht gibt!
Mein Vorstellungsgespräch in der damaligen Redaktion der Kötztinger Umschau in der Herrenstraße ist mir noch heute gut in Erinnerung. Gemeinsam mit meinem Klassenkameraden Eugen Mühlbauer, der sich noch mehr als ich für den Journalistenberuf interessierte und auch als „Chefredakteur“ der damaligen Schülerzeitung an der Realschule schon mehr Erfahrungen hatte, trat ich bei Redaktionsleiterin Renate Serwuschok und einem bärbeißigen alten Herrn, dem Chefredakteur Andreas Albrecht, zu einem Briefing an, wie man es heute nennen würde.
Am 1. August 1969 ging es los
Auf Empfehlung des Chefredakteurs (der mir später als väterlicher Freund über viele Jahre im Beruf half) wurde ich der Redaktion Kötzting zugeteilt, während mein Schulkamerad zeitgleich am 1. August 1969 seinen Dienst in der Nachbarredaktion Cham antreten durfte. Renate Serwuschok war bis dahin „Alleinunterhalterin“, mit ihrem gelben VW Käfer (Kennzeichen KÖZ- H 681) und ihrem Redaktionshund „Wuschl“ bei jedem Termin anzutreffen. Nun kam ich als nichts ahnender 16-Jähriger dazu, ohne Fotokenntnisse, mit guten Noten in Deutsch und Englisch, das war mein ganzes „Kapital“.
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Frau Serwuschok in ihrem Dienstkäfer
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Serwuschok821: Redaktionsgebäude mit dem Dienstkäfer KÖZ-H-681 |
Es war für mich ein Glücksfall, dass wenige Woche nach meinem Ausbildungsstart mit Eberhard Weiß ein gelernter Fotograf und Volontär im zweiten Ausbildungsjahr zu uns kam, der mich lehrte, mit meiner bei Foto Schubert neu erworbenen Pentaflex SL-Spiegelreflexkamera brauchbare Fotos zu schießen.
Meine schreiberischen Fähigkeiten reichten nach Ansicht meiner Chefin gerade aus, um sogenannte Garmond-Meldungen zu verfassen, einspaltige Informationen zu verschiedenen Terminen. Als „Redaktionsangestellter“ mit guten Schreibmaschinenkenntnissen kam mir aber eine wichtige Aufgabe bei der Nachrichtenübermittlung zu: Wenn mit der von Linienbussen beförderten „Mittagspost“ Berichte aus dem Lamer Winkel und dem Hohenbogen-Winkel eintrudelten, die aktuell mitgenommen werden mussten, „durfte“ ich die oft kaum leserlichen, manchmal sogar noch handschriftlich verfassten Meldungen in einen schwarzen Kasten tippen, der unter viel Lärm und mit denkbar hartem Anschlag einen geheimnisvollen Lochstreifen stanzte. Der wurde in ein Übertragungsgerät der Firma Siemens&Halske eingelegt und als Fernschreiben nach Regensburg übertragen.
Per Express nach Regensburg
Dieses Gerät lernte jeder von uns Volontären richtig hassen, wenn am Sonntagabend unter Zeitdruck Spielberichte und Fußballergebnisse „gehackt“ werden mussten, die von den Gruppenspielleitern Haymo Richter und Otto Wiener im Hause Richter verfasst wurden. „Findet statt“ und „man“ waren die „Unworte“ unserer Redaktionsleiterin, die neben ihrem unermüdlichen Schreiben noch Zeit fand, uns eine fundierte Ausbildung zu gewähren (die sie selbst übrigens nie genossen hatte).
Aus dem „Ein-Frau-Büro“ war im ehemaligen Mesnerhaus damit eine richtige Redaktion geworden, mit Redaktionsleiterin, zwei Volontären und dem Lamer Geschäftsstellenleiter Heinz Welz, einem glühenden Verehrer der großen deutschen Philosophen Arthur Schopenhauer, Immanuel Kant und Johann Gottfried Herder, deren Erkenntnisse er stundenlang rezitieren konnte. Es dauerte auch nicht lange, bis die ersten Abendtermine zum Pflichtprogramm gehörten. Ein großer Heimatabend in der Jahnhalle bot mir schon Ende August die Gelegenheit, meine neu erworbenen Foto- und Schreibkünste einer großen Leserschaft zu präsentieren.
Zeitungsarbeit war in den Zeiten des Bleisatzes noch richtig anstrengend, weil „unendlich“. Feste Zeiten waren die Aufgabe des Mittagsexpresses. Bilder des Tages, die als Negativstreifen in einem Holzkoffer am Bahnhof aufgegeben werden mussten, und so genannte Anzeigenmatern, waren der Inhalt.
Die Anlieferung geschah fast immer in der allerletzten Minute und unter der dringenden Mahnungen des Bahnpersonals, endlich die Zugabfahrtszeiten einzuhalten. Mein auf die Stadt beschränkter Aktionskreis erweiterte sich schlagartig, als ich mit 17 Jahren vorzeitig den Führerschein machen konnte.
Ende Oktober 1970 kam auch der erste „große Fall“, ein dreifacher Mord in Atzlern bei Neukirchen b. Hl. Blut. Der Täter war einige Tage auf der Flucht und verhalf der Umschau unfreiwillig zur exklusiven Meldung seiner Verhaftung, weil ausgerechnet an diesem 1. November 1970 die Konkurrenzzeitung nicht erschien.
1971: Im zweiten Jahr der Ausbildung wurde Alois Dachs dann zur weiteren Ausbildung nach Regensburg „abkommandiert“, wie er es selbst nennt, neue Volontäre rückten nach.
Nachfolger: Unter den neuen Volontären war auch Hans-Peter Kühn, der von Mitte der 1970er-Jahre bis zu seinem krankheitsbedingten Ausscheiden im Jahre 1984 als zweiter Redakteur mit Renate Serwuschok in der Kötztinger Umschau arbeitete.
Kollegen: Längst war die Kötztinger Umschau zu einer Art „Kaderschmiede“ der Mittelbayerischen Zeitung geworden. Vom heutigen Chefredakteur Manfred Sauerer über den Politikchef Dr. Christian Kucznierz, die frühere Feuilleton-Chefin Susanne Wiedamann, die jetzige Leiterin des Diözesanmuseums Regensburg, Dr. Maria Baumann und den jetzigen Richter am Landgericht, Dr. Thomas Strauß – um nur einige der „Umschau-Azubis“ zu nennen – wurden viele Persönlichkeiten in jungen Jahren in Kötzting auch mit für ihr späteres erfolgreiches Berufsleben geformt und darauf vorbereitet. (kad)
Bis Ende der 1980er-Jahre ging unbemerkt auch so manche technische Revolution durch die Redaktionsstube, angefangen bei der Einführung des ersten Faxgerätes, in das noch jedes Blatt von Hand eingelegt werden musste, über den Kauf der ersten elektrischen Schreibmaschinen, denen schon bald die ersten Computer mit dem unvergesslichen, weil häufig nicht funktionierenden Programm „RESY“ folgten. „Heute spinnt die RESY wieder“, wurde zum geflügelten Wort, wenn wir etwas nicht so auf die Reihe gebracht hatten, wie es gewünscht war.
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Schwer fiel allen Beteiligten – seit den frühen 70er-Jahren war Heinz Welz durch die Lamerin Ingrid Neumaier in der Geschäftsstelle abgelöst worden, die später den Redakteur Hans-Peter Kühn heiratete – im Jahr 1991 der Umzug der Redaktion in neue Räume in der Müllerstraße 7. Viele schöne Erinnerungen verbanden sich mit dem alten Mesnerhaus, in dem jeden Faschingsdienstag der legendäre Redaktionsfasching gefeiert wurde.
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Redaktionsfasching in den Räumen der "Umschau" V.l. Karin Huber, x.x., Wellisch Xaver, Karl Höcherl, Costa Helmut. |
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Redaktionsfasching: links Alois Dachs. |
Die Brötchen von Erna Schampel mit Sardellenbutter gehörten dazu ebenso wie Sekt in großen Mengen und alle Mitarbeiter mit stilvoller Maskerade. Da wurden Büttenreden gehalten und stundenlang über die „Faschingszeitung“ gelacht, die wir in tagelanger Nachtarbeit mit einfachsten Mitteln produziert hatten. Stets als „Lebedame“ in jährlich wechselndem, prächtigen Kostüm im Mittelpunkt war Renate Serwuschok. |
Sammlung Serwuschok: Die Chefin Frau Renate Serwuschok als "Lebedame" |
Sie hatte der Kötztinger Umschau seit den frühen 1950er Jahren – als Nachfolgerin des Kötztinger Redakteurs Vitus Oexler senior, der mit seinem Bruder Karl später wieder die Druckerei Gebrüder Oexler führte – ihren Stempel aufgedrückt und wurde mit ihrem „Scheinwerfer“ auch zur unerbittlichen Streiterin für Gerechtigkeit. Sie stachelte an und kritisierte. Ohne verklärenden Rückblick darf heute behauptet werden: Ohne Renate Serwuschok und ihr entschiedenes Eintreten wäre das alte Rathaus wohl schon vor Jahrzehnten verkauft worden. Ohne ihre Empfehlungen und ihr Nachbohren gäbe es heute wohl kaum die Festspielgemeinschaft am Ludwigsberg und die Wiedereinführung der Lichtenegger Spiele unter Führung ihres Protegés Johannes Reitmeier. Trotz harter persönlicher Anfeindungen erneuerte sie immer wieder ihre Forderung zur Ansiedlung eines HNO-Arztes in Kötzting. Und ohne ihr unaufhörliches Drängen wäre Kötzting wohl kaum Kneipp-Heilbad geworden. Renate Serwuschok war Lokalredakteurin bester Prägung.
Elf Jahre nach dem Umzug in die Müllerstraße fiel auch eine Entscheidung, deren Tragweite noch heute spürbar ist: Mit der Einführung eines zentralen Newsdesks (zu deutsch „Neuigkeitentisch“) in Cham wurde ein Teil der mittlerweile fünfköpfigen Belegschaft in die Kreisstadt verlagert. Akzidenz, Fotografieabteilung und Korrektorat in Regensburg wurden aufgelöst, hoch qualifizierte Setzer und Drucker mussten andere Tätigkeiten übernehmen.
Die Einführung von Internet-Angeboten stellte auch die Tageszeitungen vor Herausforderungen, während das gewinnträchtige Anzeigenaufkommen geschmälert wurde. Der Umzug in die Marktstraße ist letztlich wohl auch die sinnvolle Konsequenz aus dem räumlichen Überangebot, das für wenige Mitarbeiter in der Müllerstraße inzwischen Realität geworden war.
1991: Der Neustart mit Alois Dachs als Redaktionsleiter geschah im Zeichen der digitalen Vernetzung. Schaltkästen und Computerkabel transportierten Informationen in Schrift und Bild.
Fotografie: Schnell wurden auch keine Filme mehr entwickelt. Die erste Digitalkamera sah zwar futuristisch aus, ihre 1,3 Megapixel entlocken Fotofreunden heute aber ein Lächeln.
Überschwemmung: Die Freude über die technische Entwicklung währte nur bis zum 13. August 2002. In der Nacht steigerte sich das Hochwasser in Kötzting so extrem, dass die gesamte Müllerstraße – trotz Hochwasser-Schutzmauer – unter Wasser stand. Im Keller unter der Redaktion wurden Öltanks aufgeschwemmt, das Wasser stand 70 Zentimeter hoch in den Redaktionsräumen.
Schaden: In diesem Gemisch gingen fast alle Möbel kaputt, wurden große Teile des Pfingstritt-Archives zerstört. Schließlich mussten sogar die Außenmauern des Gebäudes stückweise abgetragen und neu hochgezogen werden, weil sich im Mörtel Ölreste fanden. Für Wochen musste die Kötztinger Umschau ins Mietshaus der Familie Graßl am Spitalplatz umziehen.
Anschließend noch ein paar Bilder aus der Anfangszeit der Umschau in Kötzting unter der Ägide von Frau Serwuschok, die für ihre Verdienste später auch mit der Kötztinger Bürgermedaille ausgezeichnet wurde.
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KB Krämer und Renate Serwuschok zwei Profis der Schreiberzunft. |
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Ein Arbeitsplatz nicht nach der Arbeitsplatzverordnung..... |
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Frau Serwuschok und Bürgermeister Karl Seidl. |
Wie im Artikel bereits erwähnt, folgte im Jahre 1991 der Umzug in die Herrenstraße und der Verkauf des Anwesens von der Kirchenstiftung an die Familie Meimer, die heute noch das Haus besitzt.
Als Mieterin befindet sich nun im alten Mesnerhaus "Silberbauers Stodheisl" und nur noch die Heiligenfigur über dem Hauseingang erinnert noch an frühere Mesnerszeiten.
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