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Samstag, 11. Mai 2024

Der Kötztinger Pfingstl

Beinahe 100 Jahre ist es nun bereits her, dass der Kötztinger Pfingstl das Licht der Welt erblickte. Conrad Krämer, genannt der Ostmarkonkel und seine Mannen vom - im März 1927 gegründeten -Kötztinger Trachtenverein waren Ende der 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Schöpfer dieser Figur, die sich allerdings auf Vorbilder stützen konnte. 

Der Ostmarkonkel Conrad Krämer d. Alte mit seinem Geschöpf, dem Kötztinger Pfingst.
Ölgemälde von dem Berliner Maler Weber aus dem Jahre 1935. Das Bild hängt im Rathaus Der Stadt.
Dass der Pfingstl - dem Wasservogelbrauch nachempfunden - hier bei uns keinen Vorläufer hatte, wird auch in den überlieferten Beschreibungen gar nicht abgestritten, wie sich aus den Zeitungsartikeln der 50er Jahre entnehmen lässt, die den ersten Auftritt unseres Pfingstls im Jahre 1929 in Straubing festhielten.

Zumindest in den mir zugänglichen Akten - auch in anderen  Archiven -  ließ sich kein Beleg finden, dass dieser Brauch bei uns - also Kötzting- vorher schon auf irgend eine Tradition hätte stützen können.
Allerdings gibt es doch einige Bilder und Berichte über solche Pfingstl/Wasservogelfiguren aus unserer näheren Umgebung, die jedoch alle aus dem  Anfang des 20. Jahrhunderts stammten. Anders sieht es jedoch bereits im Unteren Bayerischen Wald aus, wo es  Belege für diesen Brauch bereits im 19. Jahrhundert gibt.

Die folgenden Bilder stammen von unserem Volkskundler Oskar von Zaborsky, der bis zu seinem viel zu frühen Tode in Hinterleckern zusammen mit seiner Frau Grete ein Künstleratelier betrieb,  und diese zeigen die beiden Pfingstlfiguren von Wiesing und Wettzell.

Krämerarchiv K 175 

Wie auch immer, der Heimatler - ein früherer Name für an der Heimatforsching interessierte Menschen - Conrad Krämer entwickelte zeitgleich mit dem Erstarken der Volkstrachtenbewegung in Kötzting den Kötztinger Pfingstl, der dem überlieferten Brauch des "Wasservogelsingens" nachempfunden wurde.

Im Onlinemagazin Hogn.de wurde bereits im Jahre 2016 versucht, zusammen mit dem Kreisheimatpfleger Gerhard Ruhland, der Herkunft und den Hintergründen dieses Wasservogelsingens nachzuspüren. 
Der Kötztinger Wasservogel jedenfalls hatte beim Gäubodenfestzug in Straubing im Jahre 1929 seinen ersten Auftritt und ist seither von der Kötztinger Pfingstfestwoche nicht mehr wegzudenken, auch wenn es heutzutage die Kötztinger Festspielgemeinschaft ist, die den Pfingstl am Leben erhält.

Aus dem Zeitraum rund um das Jahr 1930 haben wir von Adi Sauerer aus Reitenstein eine Bilderfolge in unsere Sammlung aufnehmen können, die - auf gestellten Aufnahmen - das Ritual mit dem Wasservogel darstellte.
Die handelnden Akteure sind eindeutig Kötztnger Trachtler; den Ort dieser Auf- oder Vorführung herauszufinden war mir aber bisher noch nicht möglich.

DIA Repro 674 vorne rechts der Mann mit dem wallenden Bart ist Christian Bauer, der "Christianschneider" von der Schattenau. Links steht Conrad Krämer. Der Pfingstl wird hier noch in ein Blätterkleid gesteckt.

DIA-Repro 675, der Mann mit dem Rücken zum Fotografen und dem langen Trachtenmantel sollte Conrad Krämer selber gewesen sein. Der Pfingstl jedoch wurde hier sogar auf ein Pferd gesetzt.

DIA-Repro 676: Und dann gings ab und hinein ins kalte Wasser.
Der Mann rechts im Bild - der mit dem Wassereimer - könnte/Sollte der "Waldbua", Franz Schwarz gewesen sein, mit Intervallen der erste Vorsitzende des Trachtenvereins und vor allem ein
Allround-Musik-Talent, Dichter und Sänger.

1936, im Jahr der Olympiade in Berlin, gingen die Kötztinger Trachtler mit ihrem Pfingstl und offensichtlich sogar mit Pferden regelrecht auf eine kleine Deutschlandtournee, die sie am Ende sogar bei der Eröffnungsfeier ins Olympiastadion brachte.
Eugen Hubrich schrieb im September/Oktober Heft "Der Bayerwald" von 1936 in einem Jubelartikel - ich denke er war zu diesem Zeitpunkt auch bereits der Schriftleiter des Bayerischen Waldvereins - über die bejubelten Auftritte der Kötztinger. 



Hier der Ausschnitt über die Teilnahme an einem Festzug in Hamburg.

Hier der Abschnitt über den Einzug ins Berliner Olympiastadion



Als des darum ging, in den späten Fünfziger Jahren für Kötzting einen moderneren Fremdenverkehrsprospekt zu entwerfen, gingen Entwürfe von den Kötztinger Kunstschaffenden Henneberger, Voithenleitner und Graßl ein, aus welchen der Entwurf Hennebergers ausgewählt wurde und dann für viele Jahre den Prospekt schmückte.


Aus dem Jahre 1962 stammt der folgende Textentwurf von Eugen Hubrich für ein erstes Pfingstlspiel.

Krämerarchiv K 175 

Krämerarchiv K 175 



In den 50er und 60er Jahren war der Kötztinger Pfingstl nicht nur ein gerne gesehener Begleiter der Kötztinger Trachtengruppen sondern bei manchen überregionalen Gauveranstaltungen sogar ein Themenschwerpunkt, wie beim Gaufest in Miltach im Jahre 1962.
Krämerarchiv K 175 

Foto KB Krämer

Foto KB Krämer

Im Zusammenhang mit dem Jahrtag des Trachtenvereins im Jahre 1972 kam es dann zu einer großen Tanzvorführung der Trachtengruppe und dann sogar zu einem vielbeachteten Auftritt des Pfingstls auf dem Tanzpodest mitten auf dem Kötztinger Marktplatz.

Serwuschok SW 232-241
Serwuschok SW 232-241

Wenn mir jemand die tanzenden Trachtenvereinsmitglieder benennen könnte, würde ich die Namen gerne hinzufügen und damit für "alle Zeiten" festhalten.


Sperl Poidl

1972 war "der Wanninger" noch nicht geboren und "der Decker" war noch ein zentrales Gebäude am Marktplatz. Ebenfalls noch zu erkennen im Hintergrund "der Gruber", später eine Apotheke.

Der Pfingstl tritt auf - das sollte der Hauseingang vom Miethaner sein.









Hier noch ein paar Aufnahmen aus dem Fotoarchiv KB Krämers mit den beiden unterschiedlichen Kötztinger Pfingstln, dem einen mit und dem anderen ohne den Strohrück.

Krämerarchiv

Krämerarchiv




Heutzutage hat die Figur des Pfingstls ihre Heimat bei der Kötztinger Festspielgemeinschaft und wird dort im Rahmen des neu geschaffenen Pfingstlspiels - so ie es sich für einen Wasservogelbrauch gehört - auch richtig nass gemacht.
Die folgenden Fotos habe ich dem Internetauftritt der Kötztinger Festspielgemeinschaft entnommen.





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