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Montag, 13. April 2020

Die Schindlerkapelle

150 Jahre Schindlerkapelle

 1870-2020

Bild von 1940 vom Kötztinger Hauptlehrer Josef Bock

Eingezwängt zwischen Straßenkreuzung, Buschwerk und Sicherheitszaun der ehemaligen Bundeswehrkaserne, muss man schon genau hinschauen, um nicht, schupps, daran vorbeigefahren zu sein.
Dabei war es bis in die 60er Jahre ganz anders, weit draußen vor der Stadt Kötzting, noch hinter den städtischen Müllgruben stand einsam und allein eine kleine Feldkapelle. Der Standort war fast auf halben Wege nach Zeltendorf und am Rande einer lehmigen, unbefestigten Landstraße - eher einem Feldweg gleichend.
Schade, dass wir von diesem Zustand nur Zeitungsbilder mit einer schlechten Auflösung haben, aber selbst diese zeigen das, worauf es hier ankommt, überdeutlich...... dieser Weg war eine Zumutung und der Markt Kötzting war für die Zeltendorfer vor allem im Auswärts nur schlecht zu erreichen. An die Mühen der Schulkinder möchte ich hier gar nicht denken.
Es gibt im Internet die Seite Bayernatlas.de, auf welcher es möglich ist, kostenlos in die Karten der Uraufnahme von ca. 1831 einzusehen und, da die Auflösung sehr gut ist, auch entsprechend hineinzuzoomen.

Ausschnitt aus der historischen Karte von Bayernatlas.de: Knapp über dem "H" der Hütt Anger Felder befindet sich eine Wegemarkierung. An genau dieser Stelle wird 60 Jahre nach der Kartendarstellung die Schindlerkapelle errichtet.
Ich habe lange gesucht und auch bei Kollegen im Internet nachgefragt, was dieses Symbol denn bedeuten könne.
Nach einer lebhaften Diskussion auf FB war das allgemein anerkannte Ergebnis aus dem Landesvermessungsamt: das wäre der Standort eines Messtisches gewesen, also ein "geometrisches Signal"....sagen die Fachleute.

Der Hinweis auf einen Vermessungspunkt brachte mich auf die Idee der alten Gemarkungsgrenzen des früheren Marktes Kötzting.
Ich kann mich an Diskussionen bei der Ausweitung unserer Gemarkungsgrenzen bei der Auswahl des Pfingstbräutigams erinnern, als diese Grenze die Carl v. Paur Straße halbierte. Die "unterhalb" Wohnenden hätten für den Brauterer ausgewählt werden können, die "Oberen" wären draußen vor geblieben.
Auf dieser Grenzlinie nun könnte die Schindlerkapelle stehen. Wichtig ist hier nur, dass es diese 1831 noch nicht gegeben hat und die Überlieferung durch die Frau Dreger und Sonnleitner korrekt sind, Denn, aus Zeitungsauschnitten kennen wir auch noch andere, eben falsche, Darstellungen:

In dem Artikel ist die Rede davon, dass die Kapelle ein Kind des 17. bzw. 18. Jahrhunderts gewesen sei.

1995 schrieb Baumann Ludwig, nach einer Mitteilung von Frau Sonnleitner vom 20.7.1989, folgende Zusammenfassung:

Fräulein Anny Dreger, vulgo Schindler Anny, war die letzte Angehörige der alteingesessenen Kötztinger Familie Dreger (Schindler)
Bis zum Ersten Weltkrieg gehörte zum Anwesen (Bäckerei) das Haus gegenüber der Veitskirche (heute Liebl Therese, Marktstraße 37) mit den rückwärtigen Nebengebäuden (heute Sonnleitner, Gehringstraße 26 und Geschäftshaus W. Oexler, Holzapfelstraße 30).


KU SW Negative/Ordner Personen/Dreger Anne
Fräulein Anny Dreger, vulgo Schindler Anny
Die Äcker erstreckten sich von der Zeltendorfer Kreuzung bis zu den Kasernen entlang der großen Hohlgasse nach Zeltendorf.
Der Großvater von Anny Dreger, Michel Dreger, gelobte die Erbauung der Schindlerkapelle aus folgendem Anlass:
Als er 1865/67 von der Feldarbeit nach Hause fahren wollte, scheuten plötzlich die Ochsen. Er konnte sie nicht mehr halten und sie stürzten mit dem Wagen die 6-8 m tiefe Böschung in die Hohlgasse hinunter. Dreger geriet unter den Wagen. Er konnte sich aber selbst befreien und Hilf holen. Weder er noch seine Ochsen erlitten ernstlichen Schaden.
Er glaubte fest daran, dass er während des Sturzes die Muttergottes um Hilfe angerufen hatte und sie ihm auch half. Zum Dank wollte er eine Kapelle bauen.
Er hatte das Baumaterial (Holz und Zubehör) schon besorgt, als er 1869 plötzlich erkrankte und starb. Die Fertigstellung der Kapelle erlebte er nicht mehr.  Seine Angehörigen bauten sie um 1870/1872.
Woher die Muttergottesstatue stammt, konnten Fräulein Dreger nicht sagen. Sie starb im April 1988 im Altersheim Zandt.



Das obige Bild wurde dann später auch in der Bürgerfestbeilage der Kötztinger Umschau genutzt, vermutlich ebenfalls Herr Rektor Ludwig Baumann hat dann den text dazu verfasst:
Bericht über die "Schindler Anne"

Das, im Text beschriebene Schindleranwesen im oberen Markt, lässt sich in seiner Ausdehnung recht schön mit dem Plan der Uraufnahme erkennen.
Ausschnitt aus dem Uraufnahmeblatt des Marktes Kötzting von 1831
Das Anwesen mit der Nummer 142 ist das des Bäckers Dreger, der Hausname war Schindler.

Es ist dieselbe Nummer -142- , die auch in der Karte für die Kapelle auf der rechten Seite des Zeltendorfer Weges bezeichnet ist.
Michael Dreger also, der Großvater der Schindler Anny, hat die Kapelle vermacht und seine Familie hat diese dann erbaut.


Soweit die Geschichte, wie sich die Enkelin erinnern konnte:

In dem Beitrag über die Entstehung der Schindlerkapelle berichtet die "Schindler Anne", Fräulein Anna Dreger im Detail davon, dass ihr Großvater diese bei einem Unfall mit seinem Ochsenfuhrwerk vermacht, selber aber die Errichtung in den Jahren 1870/1872 nicht mehr erlebt habe, weil er vorher verstorben sei. Ich kann allerdings keinen Sterbeeintrag auf einen Kötztinger Bürger und Bäcker mit dem Namen Michael Dreger finden. 
Im Staatsarchiv in Landshut findet sich unter den Nachlassakten der entscheidende Hinweis. Es ist bekannt, dass autobiographische Erzählungen wichtige, ja unerlässliche aber manchmal eben auch im Detail unzuverlässige Quellen darstellen können. So ist es auch hier. 
Der Großvater von Frau Anna Dreger, von dem sie berichtet er sei VOR der Errichtung der Kapelle im Jahr 1870/72 verstorben, hat noch lange dieses Datum überlebt und wohl selber noch am Bau mitgewirkt.

Laut Nachlassakten (Sta Landshut Rep 166N-12 Schachtel 12 Nr. 88 von 1888) ist Michael Dreger am 7. Oktober 1888 vormittags um 10 1/2 Uhr im Alter von 66 Jahren im Hause Nr. 142 in Kötzting verstorben. Nun hätte es auch ein anderer Michael Dreger sein können, es gab ja mehrere diesen Namens. Im Akt ist aber die Witwe Katharina erwähnt und auch die erste, verstorbene Frau, Therese Drunkenpolz.



Arbeitskreis Heimatforschung DIA Repro 0278 Bild von Josef Bock. Die Schindlerkapelle am Rande eines Haferfeldes.
Eine Frucht, die man nur noch selten hier anbaut.
 Ein weiteres Bild aus dieser Serie, die Kapelle war aber auch zu schön als Vordergrund:
rechts im Hintergrund die frühere Ziegelfabrik Weixel

In der Schilderung des Unglücks, die zum Kapellenbau führte,  liegt aber mehr als nur eine Beschreibung des Herganges.
Dort ist auch die Rede von einer 6-8 m tiefen Böschung.
Im 20. Jahrhundert nun war man (die kommunale Behörde) genau auf der Suche nach solchen auffüllbaren Vertiefungen, um die anschwellenden Müllmengen auf, für sie, "elegante" Art und Weise ablagern zu können.


Kötztinger Zeitung vom 17.5.1957


Dieses Bild zeigt die einsame Schindlerkapelle, allein auf weiter Flur, und die Städtische Mülldeponie im Vordergrund, ich kann mich noch gut an die Zustände erinnern. Der Müll wurde dort abgelegt und, wenn einigermaßen brennbar, sofort angezündet, was bei unseren Bäckersäcken immer klappte, für meinen Vater und mich immer ein Highlight des Müllfahrens......
Was für mich als Kind lustig, und für meinen Vater eine normale Vorgehensweise war, stellte aber die Wanderer und auch die Bewohner des nördlichen Ortsrandes von Kötzting vor gewisse olfaktorische Probleme.
Frau Serwuschok beschrieb dies in ihrer Glosse, dem Scheinwerfer, im Jahre 1961:

Es war aber nicht nur der Müllablageplatz. In dem Bild von 1957 sieht der Feldweg noch einigermaßen befahr- und begehbar aus. Nach heftigen Regengüssen und vor allem im ausgehenden Winter, wenn der Frost aus den Böden wich, war das Bild ein gänzlich anderes. (Zumindest war dann aber der Gestank erträglich).
Wie und in welchem Zustand die Zeltendorfer Kinder in der Kötztinger Schule ankamen, mag ich mir gar nicht recht vorzustellen....
Vielleicht ist das der Grund, dass die Zeltendorfer Schüler gerne im Raith Stadel ihren Schultag verbrachten....



Serwuschok Luftbilder der Raith Stadel am Zeltendorfer Weg




im Hintergund, unscharf zu erkennen, die Schindlerkapelle. (Aufnahme Frau Serwuschok)

Dieser Blick, in Richtung Stadt, zeigt, dass man am besten mit einem Kettenfahrzeug nach Zeltendorf fahren sollte.
Im Jahre 1961 bekam die Kapelle dann eine Renovierung.
Der "Stoibermaler" hatte bis vor wenigen Jahren seine Wohnung und Werkstatt am Ende der Metzstraße.



 Ab 1962 begann dann ein neues Zeitalter für die Schindlerkapelle, zuerst die Entscheidung für einen Bundeswehrstandort und dann auch noch die Ausweiung mehrerer neuer Baugebiete.
Plötzlich wars vorbei mit der Ruhe und Einsamkeit.
Im Juni 1962 wurde ein alternativer Standort für die Müllablagerung gefunden:



Und dann musste die Zeltendorfer Müllhalde rückgebaut werden.
Hier kann man gut erkennen, wie tief der Graben neben der Straße gewesen war, der nun wieder
ausgebaggert werden mußte, um eine Bebauung möglich zu machen.  Der LKW ist auf dem Niveau der Straße
rs. war Herr Rudolf Schampel

So nun geht es in großen Schritten zum jetzigen Zustand, dass man die Kapelle regelrecht suchen muss, um nicht dran vorbeizufahren.

KU SW 696

Dies ist, in einer unterbelichteten Aufnahme, die vom Stoibermaler
restaurierte Marienstatue.

Am Schluss nun noch ein Ölgemälde der Schindlerkapelle. Es wäre auch ein Wunder, wenn dieses ländliche Idyll mit malerischem Hintergrund nicht auch die Künstler angesprochen hätte.
Erich Stauber, unser Meisterphotograph, hat mir eine Reproduktion eines Ölgemäldes geschickt, das in Familienbesitz ist.
Die Schindlerkapelle von einem, mir unbekannten Maler, die Signatur
könnte Fuchshuber bedeuten


Schilderaktion

Historischer Wanderweg in Bad Kötzting

Menschen und Häuser - Stadt und Umland

Kötztinger Zeitung vom Juni 1950
Vermessungsamt Cham Ort_Koe_1831_K62 Uraufnahme Kötzting von 1831
Blau: Häuser bzw. Bauwerke
Rot: Personen


alte Hausnummer        Person bzw. Anwesen



1                                Die Torschmiede
2                                Bäckerei Liebl
3                                Amberger Hof
4                                das Parellaanwesen
5 +6                           Diermeier
7                                St. Veitskirche noch nicht bearbeitet
8                                Sattler Traurig   
9                                Der Voglhof 

Hausnummer 10 beim Leoboid
Hausnummer 11 beim Kronfelder
Hausnummer 12 der Ecklshof
Hausnummer 13 der Rosenhammer Schreiner
Hausnummer 14 Beim Pirzl - Wagerer Franz
Hausnummer 15 Beim Rabl Jakerl - Fleischmann
Hausnummer 16 Beim Wagner
Hausnummer 17 Beim Osl
Hausnummer 18 Beim Rebstöck
Hausnummer 19 Bäckerei Pongratz
Hausnummer 21 Beim Dachauerschmied
Hausnummer 22 Beim Dimpfl
Hausnummer 22a Der Stoibermaler
Hausnummer 22b Das alte Feuerwehrhaus
Hausnummer 23  Beim Hafner - Kasparofsky
Hausnummer 24 Die Fleischbank
Hausnummer 25 Der Graßlbeck
Hausnummer 26 Rabl Wirt wurde abgerissen
Hausnummer 27 beim Decker
Hausnummer 28 später im "Decker" aufgegangen
Hausnummer 29 beim Ring - Dr. Angerer
Hausnummer 30 beim Rablbauern
Hausnummer 31 beim Wolf Schneider
Hausnummer 32 beim Hollmaier Seiler
Hausnummer 33 Beim Heigl Schlosser
Hausnummer 34 beim Hastreiter
Hausnummer 35 beim Wieser Girgl
Hausnummer 36 beim Dengscherz
 
41                             das Fischerpeter Haus
58                              Kommunbrauhaus
63                              Marktmühle
87                              Herrensäge Lindnerbräu
91                              Gschwandhof
93                              Freiherr von Armansperg
93                              der ganz alte Friedhof
93                              die Kirchenburg
97                              Gebrüder Prälisauer

98                              Wolfgang Samuel Luckner
100                             "oberes" Bad mit Badbrunnen
109                             Widtum und Fronfeste
119                             Wuhn
123                             Spital
129                             der große Marktbrand von 1867
140                             Stattler
141                             Miethaneranwesen
142                             die Liebl Schwestern  beim Schindler
157                             der obere Schwarzfärber
158                             ein Steuertagebuch aus ganz alter Zeit
158                             Beim Pongratzschreiner   



ohne Nummer             Bahnhof
                                    der Ludwigsberg mit dem Ludwigsturm
                                    Bollburggasse
                                    das Chamauer Tor
                                    das Decker Bräustüberl   
                                    die Schindlerkapelle
                                    der alte Friedhof


Personen                     Johann Bartholomaeus von Görring: die Gehringstraße
                                    Carl von Paur ein Glücksfall für Kötzting

Kötztinger Häuserchronik - Einleitung


Bei der Uraufnahme der Häuser Kötztings zu Anfang des 19. Jahrhunderts gab es in Kötzting 158 Anwesen, große, kleine, ganz große und winzige. Die fast einzigartige Struktur und Einteilung der Kötztinger Bürgerhäuser in Marktlehen, Sölden und Häuser lässt uns auch ein wenig die städtebauliche Entwicklung Kötztings bereits in der Frühzeit erahnen.

Ich habe nun vor - angeschoben durch die vielfältigen Möglichkeiten, die das Medium des Internetblogs bietet - in lockerer Folge ein Haus nach dem anderen hier vorzustellen. Um zu verhindern, dass die einzelnen Häuser im allgemeinen Kötztinger Geschichte(n) Blog verschwinden werde ich die Häuserchronik in einem eigenen Blog zusammenfassen und den jeweils einzelnen Beitrag beim Neuerscheinen im alten Blog verlinken. Zum zweiten wird der neue Blog ein etwas anderes, mehr tabellarisches, Erscheinungsbild haben um die einzelnen Häuser leichter finden zu können:

Aber zuerst einmal:



Die Struktur Kötztings nach der Aufteilung der Urhöfe:

Da die schriftlichen Quellen über Kötzting in den verschiedenen Archiven in der Mehrzahl mit der Neuzeit einsetzen, kann man leicht den Eindruck erhalten, die Struktur und Verteilung der Anwesen wäre über all die Zeit die gleiche gewesen. Es gibt aber einige Hinweise, die in manchen Fällen auf eine andere Häuserverteilung vermuten lassen. Vorab muss aber zum besseren Verständnis die Struktur der Kötztinger Einwohner beschrieben werden. Abgeleitet vom Besitz an Grund und Boden und damit abgestuft in den Rechten und Pflichten finden sich in Kötzting
·         Marktlehner
·         Söldner
·         Häusler
·         Inwohner
Schon im niederbayrischen   Herzogsurbar[1] (kurz nach 1301) ist Kötzting als Markt bezeichnet und aufgeführt mit 36 Lehen und 10 Sölden. In den Vorläuferbänden der Urbarien (1231 und 1237) ist noch von keinem Marktrecht die Rede, so dass, laut Piendl[2], von der Marktrechtsverleihung um 1255, nach der ersten Landesteilung, ausgegangen werden kann. Wenn Kötzting 1255 bereits groß genug und würdig war, ein Markt zu werden, dann kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Aufteilung der Urhöfe in die verschiedenen Anwesen schon lange zurück lag und Kötzting bereits eine zentrale Funktion für die Umgebung eingenommen hat. Dies gilt umso mehr, als ja bereits 1179 den Kötztingern eine Kirche[3] beglaubigt wird. Die historische Entwicklung und Ausbreitung des Ortes lässt sich nun anhand  vieler schriftlicher Quellen belegen. Diese Quellen lassen auch Rückschlüsse und Vermutungen auf die Lage der vier Urhöfe zu.
Im Marktrechtsprivileg Kaiser Ludwig des Bayern vom 11. November 1344 heißt es unter anderem: Von erst wan der Markt getheilt ist von dreu Höfen zu 36 Burglehen und in 12 Sölden, wollen wür, wer der Lehen eines mer oder minder inn hat, der soll arbeiten all die Arbeit, die den Markt angehört mit Fludern, Fleischwerken, mit Pachen, mit Schenken, mit Gastung und mit anderer Arbeit und Handwerken. [4]
 Aus dieser Anfangszeit stammt also die Aufteilung in 36 Marktlehen, 10 (an anderer Stelle 12) Sölden und 20 Teile. Dass diese sogenannten  "Teile" in Wirklichkeit die späteren Leerhäuser darstellen, kann später belegt werden.
Was war nun das Besondere an diesen unterschiedlichen Anwesen ?
Die Marktlehner waren gewissermaßen die Oberschicht in Kötzting. Ausgestattet mit allen Rechten, die das Marktprivileg erlaubte, einschließlich des uneingeschränkten Brau- und Schankrechtes. Das heißt in Kötzting hatten Besitzer von 36 Marktlehen und nur  diese die Erlaubnis im Kommunbräuhaus brauen zu lassen, ein Wirtshaus zu betreiben und sie nutzen dies auch weidlich. Die Söldner hatten dieses Braurecht nur eingeschränkt, das heißt, sie durften nur festgelegte Mengen brauen (1 Sud pro Jahr) und dieses Bier auch nicht ausschenken. Die (Leer)Häusler hatten weder Brau- noch Schankrecht, und nur wenn einer dieser Bewohner eine Handwerksgerechtigkeit besaß, so durfte er seinen Beruf in diesem Haus ausüben. Noch schlechter gestellt waren die Inwohner, die am besten als Mieter zu verstehen sind. Zu diesen Inwohnern waren auch die  Alteigentümer nach der Übergabe zu rechnen.
Am unteren Ende dieser abgestuften Rechtsskala standen die Knechte, Mägde und Kinder.
Außerhalb dieser Ordnung, aber mit ihren Rechten am ehesten mit den Inwohnern zu vergleichen, waren dann noch die Bewohner, die man heute als Beamte und Angestellte bezeichnen würde, also zum Beispiel die Angestellten des Pfleggerichts, der Messner, die Klosterherren (ab 1636), um nur einige zu nennen. 
Die Marktlehner und Söldner konnten auch Grundstücksverkäufe an Inwohner und Häusler verhindern oder einen bereits erfolgten Verkauf nachträglich zu ihren Gunsten rückgängig machen, sie hatten ein Einstandsrecht und übten dieses auch regelmäßig aus.. Sogar die Viehhaltung war bei den Häuslern stark eingeschränkt, teilweise ausdrücklich verboten. Dies hatte seinen Grund vor allem in den sehr stark begrenzten Weideflächen, die den Kötztingern zu Verfügung standen. Das Alleinehüten der eigenen Tiere war unter strenger Strafe gestellt und wurde auch regelmäßig bestraft. 
Nachdem die persönliche wirtschaftliche Stellung auch den Sitz im Magistrat und in den Ausschüssen beeinflusste, waren  die Marktlehner dort  sehr stark überrepräsentiert.
Wo lagen nun die Marktlehen, Sölden und Häuser? 

Wie aus Plan (1) und zu ersehen ist sind die Marktlehen insbesondere im oberen Markt versammelt. Davon abweichend war auch noch der sogenannte Gschwandhof (heute TCM-Klinik Hnr 91) ein Marktlehen. Zwei weitere Marktlehen (Hnr 71 und 72) lagen vor der Oberberger Brücke auf dem Spitalplatz. Die Hammermühle (Hnr 89) und das Eckhaus an der Herrenstraße, das heute das Kaufhaus Gartner beherbergt  (Hnr 96), waren auch noch Sölden. Es gibt einen Hinweis, dass das Mesnerhaus einmal ein Marktlehen gewesen ist (Hnr 97). Auch die Metzgerei Ritzenberger, beim "Weiß auf der Höhe" (Hnr 48), wird als Marktlehen ausgewiesen. Es bleibt aber das grundsätzliche Bild, dass der obere Markt vor allem aus Marktlehen gebildet wurde, und der Bereich unterhalb des alten Rathauses hauptsächlich aus Leerhäusern bestand.(Plan (2))


Die Salbücher des Klosters Rott beginnen Anfang des 15. Jahrhunderts und führen in einer festen Reihenfolge, die von Band zu Band beibehalten wurde, die Besitzer der Marktlehen und Sölden auf. In manchen Bänden an diese Marktlehen anschließend, in anderen eingefügt in die Liste, folgen die sogenannten Teile, später (Leer)Häuser genannt.
Im Marktprivileg Kaiser Ludwigs des Bayern vom 11.11.1344[5] heißt es weiter dazu:
So ist ein Hof getheilt in 20 Theil in dem Markt, und derselben Theill einen oder mer soll kein Man nit haben, er habe dan ein Burglehen.
Max Piendl vermutet, dass diese Teile aus einem Hof in Grub entstanden sein könnten[6]. In späteren Jahren wurde tatsächlich der sogenannte Gruberhof vom Magistrat aufgekauft, das Hofgebäude vermietet und die Grundstücke anteilig auf die Grundbesitzer des Marktes verteilt, ohne dass diese Grundstücke fest an Häuser gebunden wurden. Diese Gruberhofanteile wurden bei jedem Hausverkauf in Kötzting in den Beurkundungen einzeln aufgeführt. Wie sich an anderer Stelle erweisen wird, sind es die, bis zum  15. Jahrhundert "Teile" genannten Anwesen, die in späteren Listen als "Häuser" aufgeführt werden und sie liegen inmitten Kötztings. Aus diesem Grund, und weil der Schriftwechsel, der zur Aufteilung des Gruberhofes geführt hat, teilweise noch vorliegt, kann diese Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass der vierte Urhof in Grub gelegen ist.
Wie könnte man sich also das Bild des alten Kötztings nach der Aufteilung der Urhöfe vorstellen. Im wesentlichen wird es die Bebauung zwischen dem oberen Markt und der Kirchenburg gewesen sein, also nur die 36 Marktlehen, 12 Sölden und 20 Häuser, auch wenn die Stückzahlen vielleicht geschwankt haben.. In einem Brief[7], gekennzeichnet als aus dem Jahre 1460,  in Wirklichkeit aber wohl erst nach 1470 geschrieben, bringen die Kötztinger Bürger ihre Sorgen an, die durch den Bau des von Herzog Albrecht geforderten Bollwerks entstanden waren. Sie schreiben unter anderem an das Kloster Rott:
Auch bringen wir Euer Gnaden an und dem wirdigen Convent, dass um den Kirchhof abgebrochen sind bey zwelf Heuser, da wir Abganck haben, Wacht Steuer und Manschaft von des Gepeus wegen.
Das heißt, dass von den 20 Häusern, die aus dem vierten Urhof entstanden waren,  allein zwölf um den Kirchhof herum errichtet waren. Nach deren Abriss dürften wohl die ersten gestreuten Ansiedlungen der Leerhäuser in den Bereichen vorm oberen Tor, am Pfeffergraben und im Bereich des Spitalplatzes entstanden sein. In Plan (3) sind 12 Häuser im Bereich des äußeren Ringes der heutigen Kirchenburg platziert, um zu verdeutlichen, dass der Platz für 12 Häuser auch wirklich ausreichend war, ohne dass  die genauen Orte belegt werden. 




Kötzting in der Neuzeit

Nach diesem Einschnitt aus der Zeit um 1470, als diese Häuserzeile abgerissen worden   war die Grundstruktur Kötztings angelegt und blieb auch so all die Jahrhunderte hindurch bis zum großen Marktbrand 1867. Der Bau dieses Bollwerks[8], so beklagten sich die Kötztinger in demselben Schreiben, nahm einen Platz von 8 1/2 Lehen ein, welcher Flächenverlust für den Markt auch einen Einnahmeverlust mit sich brachte.
Was sich änderte, und auch dies nur langsam, waren die äußeren Randbereiche. Sicherlich sind die Bewohner der abgerissenen Häuser an anderen, am Rande des Ortes gelegenen, Stellen entschädigt worden. Dies lag schon im ureigensten Interesse des Marktes, da ja mit jedem Bürger, auch Leerhäusler waren Bürger, Einnahmen verbunden waren. Der Bereich vor dem oberen Tor und vor der Oberbergerbrücke auf dem Spitalplatz scheinen die ersten "Neubaugebiete" Kötztings gewesen zu sein, da wir von  einigen Häusern aus diesen Bereichen sogar   die ungefähre Bauzeit kennen. In den Briefprotokollen 1655 und 1656 sind diese beiden Ortsteile (Spitalplatz und Torplatz, nach heutigem Sprachgebrauch) bereits mit Häusern bebaut später sind dann die "Neubauten"  auf den sogenannten Pfeffergraben konzentriert. Als Beispiel kann hier die Ausweisung eines Bauplatzes neben der Wuhn für einen Neubau  des Michael Juglreither dienen, der  1672 für ein Grundstück zunegst der Wuhn für ein Heusl 66fl[9] zahlte(Hnr 121). Dieser historische Bereich "Pfeffergraben" ist mit der heutigen Strasse namens Pfeffergraben aber nicht deckungsgleich. Der untere Bereich der heutigen Holzapfelstrasse wurde damals Pfeffergraben genannt. Der  Pfeffergraben der Gegenwart war damals noch  ohne Wohnbebauung.
Auch die Bebauung im unteren Markt war  gänzlich anders strukturiert, als man es heute kennt. Plan (4) verdeutlicht dies. 

Beim Drunkenpolzhaus und dem Spital (Hnr 123 und 124) endete die Marktgasse und drehte in die Herrengasse, hin zur Pfarrkirche. Im unteren Markt konnten die Fuhrleute also anders als heute nicht gerade aus dem Markt hinausfahren; die Fuhrwerke mussten an der Kirchenburg vorbei fahren. Dort, wo jetzt die Marktstraße in gerader Linie bis zur Bahnhofstraße reicht, stand damals, aus der jetzigen Sicht mitten in der Straße, auf der Höhe des Anwesens Schötz, die Wuhn (Hnr 119) Die Wuhn war eine alte Brauerei, möglicherweise sogar die älteste Brauerei Kötztings. Die Wuhn, früher sogar ein Marktlehen  kam zu Anfang des 17. Jahrhunderts in den Besitz des Marktes Kötzting[10], welcher das Haus in zwei Hälften teilte und jede einzeln verstiftete  Die Bewohner der Wuhn hatten zu dieser Zeit den Status als Inwohner und damit nur eingeschränkte Rechte in der Gemeinschaft. Der Markt blieb bis zur Verwaltungsreform zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Besitz der Wuhn. Wie viele andere Gebäude und Grundstücke im Besitz des Marktes  so musste auch die Wuhn versteigert werden. Andere Häuser, die damals versteigert wurden, heute würde man von Privatisierung sprechen, waren z.B. die Fleischbank (Hnr 24) das zentrale Schlacht und Verkaufshaus der Kötztinger Metzger und  die Herrensäge (Hnr88)[11] heute der Lindnerbräu
Somit stehen im unteren Markt, herein bis in die Zeit vor dem großen Marktbrand, nur die drei Häuser vom Greiner bis Schuhhaus Liebl (Hnr 102-105) Am 14. Februar 1804 wurde das  Eckhauses geteilt, seit daher also 4 Häuser an dieser Stelle.[12] Die Wuhn (Hnr.119) und zurückgesetzt zum Pfeffergraben hin das Spital(Hnr. 123) schlossen den Markt ab. Im heutigen Pfeffergraben selber stehen zu dieser Zeit  nur noch zwei sehr kleine Häuser auf der hangabwärts zeigenden Seite. Den Abschluss der Gasse bildete der Schlosser Haas und, freistehend, im Schlossgarten hatte der Schlossgärtner sein Haus (Hnr116). Dieser Ablauf der Entwicklung, nämlich einerseits ein unveränderter Ortskern und andererseits eine sehr allmähliche Ausweitung der Häuserbebauung am Rande prägte das Bild Kötztings über Jahrhunderte.
Es ist zu vermuten, dass solch ein Wachstum in vielen anderen Orten Bayerns in dieser Zeit nach demselben Muster abgelaufen war. Nach einer Brandkatastrophe oder kriegerischen Einwirkungen wurden die Anwesen an denselben Stellen wieder aufgebaut und erhöhten sich nicht in der Zahl. In einigen wenigen Fällen wurden Anwesen zertrümmert und so entstanden wohl die einzelnen Leerhäuser, die zwischen einigen Marktlehen eingestreut sind.
Hinter der Marktbefestigung, dem Graben und dem anschließendem Bollwerk, folgten Nutzflächen, Schupfen und Gärten. Zwischen diesen und noch vor den Wirtschaftsgebäuden verlief dann eine kleine Gasse. Auf Plan (6) ist diese Bollburggasse skizzenartig eingezeichnet[13].
Diese Gasse begann hinter der Drunkenpolzschmiede (Tabak Liebl Hnr 124 ) und verlief bis zum Torplatz herauf. (jetzt Schmiede Kuglmeier).


[1] PIENDL, MAX : Kötzting in seiner geschichtlichen Entwicklung, in : KÖTZTING 1085-1985 Herausgegeben von der Stadt Kötzting anlässlich der 900-Jahr Feier S.28
[2] PIENDL, MAX : Das Landgericht Kötzting . Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern Heft 5(1953) Seite 59
[3] Bayerisches Hauptstaatsarchiv München (im folgenden BayHstA) KU Rott am Inn 8
[4] KÖTZTING 1085-1985 Herausgegeben von der Stadt Kötzting anlässlich der 900-Jahr Feier S.29

[5] KÖTZTING 1085-1985 Herausgegeben von der Stadt Kötzting anlässlich der 900-Jahr Feier S.29
[6]  PIENDL, MAX : Kötzting in seiner geschichtlichen Entwicklung, in : KÖTZTING 1085-1985 Herausgegeben von der Stadt Kötzting anlässlich der 900-Jahr Feier S.28

[7]  BayHstA KL Rott am Inn 80 S.46
[8] BAUMANN, LUDWIG und PRANTL,GEORG Altkötzting, Chamer Tor und Marktbefestigung, in Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham (im folgenden BGLC) Bd. 14 (1997) S. 59-74
[9] Stadtarchiv Kötzting (im Folgenden StadtA Kötz) Marktrechnungen Band 1 S.3
[10] Staatsarchiv Landshut (im Folgenden StA La) Rep 97e Nr 187
[11] PONGRATZ, CLEMENS  Ansicht von Kötzting von 1653, in: BGLC Bd.15 1998 s. 25-29
[12] StA La Briefprotokolle Kötzting Bd. 66 Seite 7
[13] BayHSstA GL Fasz. 1836/75

Sonntag, 12. April 2020

Das Stadtarchiv Bad Kötzting als Unterhaltungsbeilage 1-13

Es geht weiter mit Bildern aus der Zeitungsredaktion der Kötztinger Umschau, welche alle über eine private Sammlung von  Frau Renate Serwuschok dem Arbeitskreis Heimatforschung übereignet wurden und nun im Stadtarchiv Kötzting verwahrt werden.


Da wir zusätzlich auch eine fast vollständige Sammlung von Zeitungsausgaben aus den Nachkriegsjahren in unserem Bestand haben, können viele der Bilder dann auch einzelnen Zeitungsartikeln zugeordnet werden.
Nachdem der Arbeitskreis Heimatforschung schon eine umfangreiche Datenbank an personenbezogenen Bildern hat wäre es für uns schön, wenn wir bei einigen der folgenden Bildern, vor allem bei den Personengruppen, Hinweise und Namenslisten erhalten könnten, die wir dann anschließend in unsere Datenbanken einpflegen könnten. Manche allerdings auch nicht und so wäre es schön, wenn wir bei dem einen oder anderen Bild auch eine Rückmeldung erhalten würden.


Wir sind im März des Jahres 1971 Signatur Serwuschok Umschlag 48

 
Die Jury, von Stadt, Kreis, Lehrerschaft und der Presse bestückt.
Dabei auch Frau Serwuschok, welcher wir den Erhalt der vielen Negative verdanken, die mir nun zur Verfügung stehen.
links Costa Fritz, im Hintergrund Frau Gabi Oexler, später verheiratete Serwuschok und rechts neben ihr Herr Gerald Häring, der Mann, der mir viele meiner Rechtsschreibfehler korrigiert...).
Rechts K.B. Krämer von der Kötztinger Zeitung


Die Preisträger mit Franz Oexler

Schade, dass sich von den "GuS Rockets" kein Photo sondern nur dieser Zeitungsartikel
erhalten hat.
Wieder mal die Müllproblematik der damaligen zeit, für heute unvorstellbar, wurden viele Vertiefungen genutzt, um den Hausmüll so einfach zu entsorgen. Hier die Probleme der Gemeinde Blaibach:


Ex und hopp

Bilder, die wir so nicht mehr kennen.



Drei "alte" Kötztinger Feuerwehrmänner:


Grassl Franz, Huber Xaver und Michl Traurig



Es geht zurück nach Blaibach. An der Regenbrücke übt die Bundeswehr:








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DAS große Thema 1971, die Gebietsreform:
Kötztings Alptrum, amputiert und Zusammenschluss mit Viechtach






der Wunsch war ein selbstständiger, um Furth und Viechtach erweiterter grenzlandkreis Kötzting bei Niederbayern




die Politiker kämpften zT mit harten Bandagen


Bei dem Vortrag sind viele, viele altgediente (Lokal)Politiker versammelt



So nun habe ich noch ein paar Bilder aus Kötzting, ohne die dazugehörigen Artikel im März 1971 gefunden zu haben.
Überschrift: Kreishandwerkermeister


Jakob Hauser als Kreishandwerkermeister

links Franz Kirschbauer, rechts Kerscher Bepp
Noch einmal im März hat der Winter - bzw. der Raureif zugeschlagen. Ein schönes Bild einer Birkenallee - ich würde sagen Auwiese, Blickrichtung Fußballplatz.
Es gibt eine Anmerkung, das wäre eher der Blick in Richtung Hammermühle, der Schuppen solle zum Lindnerbräu gehören.







Dann noch eine Diskussionsrunde in Lam mit dem Kaplan Konrad Dietl:





Lamer Jugendliche
Und ganz am Ende noch ein Artikel über die Kötztinger Naturfreunde, für die sich keines der Negative erhalten haben, schade eigentlich.


Auch wenn das Repro nur unscharf ist, kann man doch die meisten der Personen erkennen.