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Freitag, 5. Februar 2021

Kötztinger Häuserchronik alte Hausnummer 14

  Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.
Die bereits veröffentlichten Beiträge der Kötztinger Häuserchronik können im "Inhaltverzeichnis" unter der Rubrik Häuserchronik nachgesehen werden.


Beim Pirzl  - alte Hausnummer 14

Ausschnitt aus der historischen Karte von Bayernatlas.de
Situation um 1830

Dieses Anwesen ist einer der Fälle, bei denen ich schon lange eine genaue Abfolge der Besitzer kannte. Ohne jedoch genau sagen zu können, auf welches Haus sich diese Besitzerfolge bezieht. Erst mit dem Anschluss an die Grundkataster konnte der Beweis geführt werden, dass die Kötztinger Hafner im 17. Jahrhundert - und das vermutlich schon viel länger - in der heutigen Brandstraße ihre Werkstatt und ihr Wohnhaus gehabt haben. Aufgrund dieses speziellen Berufes kennen wir aus dem 17. Jahrhundert sehr viel mehr an "Lebenszeichen" von den damaligen Besitzern als in all den Jahrhunderten später.


Vorgeschichte der Hafner in Kötzting



Bevor ich hier die komplizierte "Kollergenealogie" aufdrösele, möchte ich  auf einige Hafner von Kötzting eingehen, die vermutlich die Vorgänger Kollers auf dem Anwesen gewesen sind, möglicherweise hat Johann Koller auch eine Tochter des letzten Besitzers geheiratet. Diese mögliche Heirat liegt allerdings vor dem Beginn der Kötztinger Pfarrmatrikel.
Schon in den letzten Jahren des 16. Jahrhunderts finden wir einen Kötztinger Hafner - mit dem Namen Gabriel Graf - in verschiedenen Dokumenten erwähnt.
Da er in den Kirchenrechnungen als Schuldner auftaucht, kann als sicherer Nachweis gelten, dass er nicht in Miete gearbeitet hatte sondern selber der Hausbesitzer gewesen war. 
Maister Gabriel, Hafner allda von dreyen Öfen darunder der Im Thorstibl gar ernider
gefallen gewest. Aufzesezen und zu bössern geben 
5 Schilling Pfennig und 18 Pfennig 


Einschub: Währung


Im 16. Jahrhundert wurde noch mit einer anderen Währung bezahlt, in Schilling (Stückzahlenangabe) Pfennigen. Schon kurze Zeit später kam es dann zu den Zahlen mit Gulden, Kreuzern und Heller. Nur die Gerichtsstrafen wurden weiterhin noch in Pfund Pfennigen ausgesprochen, allerdings dann ebenfalls in Gulden umgerechnet.
Eine Standartstrafe von 1 Pfund Pfennigen war dann im Rechnungsbuch: 1 Gulden 8 Kreuzer und 4 Heller.

Einschub Ende

1606 besserte er dann nachweislich die Öfen im Schul- und Mesnerhaus aus. (Kötztinger Kirchenrechnung von 1606)
In der Kastenamtsrechnung von 1608 findet er sich wegen des Ofen im Schloss und 1612 in den Breurechnungen, weil er den Ofen im "Preustübl" von neuem gesezt" hat. 

Wir befinden uns immer noch vor dem Beginn der Pfarrmatrikel, daher kann eine Nachfolge nur indirekt belegt werden.
Im Jahre 1624 ist es der Hafner Graf Peter, der in den Baurechnungen des Pfleggerichts aufgeführt wird. Anders als bei dem Umbauten im Schloss- dort ist das Kastenamt zuständig - ist das Landgericht für die Umbaumaßnahmen im Amtshaus, sprich Gefängnis, zuständig.
Pfleggerichtsrechnung von 1624: Peter Graf Hafner alhir, hat den Ofen im Ambtshauß erforderter Notturfft willen, von Neuem aufgesezt, dem Inhalt seiner Zetl No. 3 entricht worden.
2 Gulden 30 Kreuzer
(nun schon die neue Währung)

Nun wird es Herbst 1633 und die Schweden kommen immer näher und so findet sich in den Kastenamtsrechnungen - für uns, die wir ja wissen, was folgt - ein bedrückendes Dokument.

Aufgab auf Gepeu

Schloß Khözting

Nachdeme der Feindt nach Eroberung der Statt Camb, schir teglichen Partheyen gegen Khözting ausgeschickt, hab ich bey dem churfürstlichen Schloß Khözting die Postenthiern, Schießlecher, gäng, Thor, und Pruckhen aussbösernlassen, dem Mauerer und Zimmerleütten hiervon bezahlt

Einschub:
Zwischen der Eroberung der Stadt Cham und der Einäscherung Kötztings liegen ca. 2 Wochen. Wenn also die Schweden bereits mehrmals vor den Kötztinger Mauern wegen ihrer Forderungen gewesen waren, ist die Gegenwart des damaligen Schreibers gerade mal ein paar wenige Tage von der Katastrophe entfernt.
Einschubende


Als man alda zu Khözting, wegen besorgenter Feindts gefahr, bei dem Schloß und Markht alda teglichen in die 200 und mehr Persohnen wachten lassen, ist in der Wachtsstuben ein Neuer Ofen aufgesezt worden, dem Petter Graven Hafner daselbsten darfür bezalt.  4 Gulden 30 Kreuzer

Ich mache mir immer bewusst, dass dieser Eintrag im - handschriftlichen - Rechnungsbuch in der Mitte des Buches steht, dieses nach Fertigstellung noch mindestens 2 mal kopiert werden musste, was ja auch noch Zeit gekostet hatte. Da sich in den Akten des Pfleggerichtes keine alten - vor 1633 - Rechnungsbücher erhalten haben, sondern nur die Exemplare der Regierung in Straubing, gehe ich davon aus, dass der Bote mit der Bücherlieferung an die Regierung der letzte war, der heil aus dem Markt hinausgekommen ist.
Ende November, es herrschte bereits starker Frost, denn ein Augenzeuge berichtet vom Donnern der Pferdehufe der angreifenden Schweden auf dem gefrorenen Boden, dürfte dann auch die letzte Stunde der Hafnerfamilie Graf geschlagen haben.

In der ersten Seelenbeschreibung der Pfarrei Kötzting von 1636 - status animarum -sind alle Überlebenden aufgeführt, es findet sich kein Lebenszeichen der Familie Graf mehr. Es spricht manches dafür, dass das Hafnergebäude der Grafs, da am Rande des Marktes liegend, bei der Brandkatastrophe im November 1633 abgebrannt ist. Möglicherweise konnte Koller Teile der Werkstatt wiederaufbauen und an Ort und Stelle sein Gewerbe errichten. Beweisen kann ich es  - noch - nicht.

Belegt ist der erste Besitzer auf dem Haus mit der alten Nummer 14 mit

Hans Koller und Eva


In einer Kastenamtsrechnung von 1647 (das Kastenamt Kötzting war unter anderem auch für den Unterhalt einiger Bauten im Landgericht Kötzting zuständig) finden wir:.  
Weillen under dem vorüber gangen Bannierischen Feind, in dem, auf einem Thurm vorhandenen Stübl, der Offen eingeschlagen: und alle Kächel zertrimbert worden, hat die notturfft erfordert, ainen Neuen Khacheloffen widerumben alhir sezen zelassen, darfür ist dem Haffner Hannsen Kholler, Inhalt der Zettl No 20 bezalt 1 Gulden 24 Kreuzer
StaLa Rentkastenamt Kastenamtsrechnung von 1647



Die Hochzeit von Hans Koller mit Eva kann nur indirekt mit der ersten, nachgewiesenen Geburt, belegt werden.  
1638 noch ohne die Namensnennung einer  Mutter:
8. (März 1638) Joannii Koler, Haffner, baptizata est filia Catharina, Catharina Michel Ammanns uxor.
Am 8. wurde getauft, Katharina, Tochter des Hafners Johann Koller. Die Taufpatin war Katharina, die Ehefrau des Michael Amann. Kötztinger Pfarrmatrikel Band 1 Seite 290

1636, in der Namensliste des "Status animarum" waren sie allerdings bereits nachweislich verheiratet.
Hannß Kholler  Eva ux (uxoris=Ehefrau)


Bei der nächsten - dokumentierten - Geburt 1642 beim Sohn Johann ist dann die Mutter mit "Eva" vermerkt.
1645 kommt die Tochter Barbara, 1647 der nächste Johann, 1651 dann eine Ursula, 1654 ein Mathias, 1656 ein Eva und 1660 noch einmal ein Mathias. 
Es ist durchaus nicht unüblich, ein und denselben Vornamen Mehrmals zu vergeben. Dies kann manchmal ein Hinweis dafür sein, dass der erste Namensträger bereits verstorben ist. Es ist aber durchaus auch nicht ungewöhnlich zwei oder dreimal einen - lebendigen - Johann als Kind zu haben. Manchmal werden diese Kinder dann, selbst in Urkunden, als Johann der Ältere, Mitterne bzw. Jüngere bezeichnet.
Hier scheint einiges dafür zu sprechen, dass beide "Johannes" überlebt haben, denn in den Jahren 1674 und 1676 finden sich zwei Eheschließungen jeweils eines Koller Hans, beide Söhne des Hans und der Eva.
Doch dazu später:
Nun zuerst bei der ersten Generation der Hafnerfamilie Koller
Viele, viele Kleinigkeiten sind von ihm überliefert, oben am Kapitelanfang steht bereits sein Auftrag, im Schloss den Ofen neu aufzusetzen und mit kacheln zu versehen. Der obige Schaden wurde nicht durch die " Schweden" 1633 angerichtet, sondern passierte derst im Zusammenhang mit dem 2. "Schwedeneinfall" ab dem Jahre 1640 unter General Banier.
Hier nun eine Reihe von "Lebensnachweisen", die meisten aus Rechnungsbüchern der jeweiligen Auftraggeber.
1646 zahlte er 30 Kreuzer für einen Mannsstuhl in der Pfarrkirche.
1651 ist er beim Markt mit 15 Kreuzer in Zahlungsrückstand.
1651 "hat er in der Wohnstuben - des Schlosses, also Kastenamtsrechnung - den Ofen widerumb aufgesezt und 3 Kächel hergeben, auch den Ofen im Khündtstübel abermallen ingleichen den Ofen in der Paustuben ausgepessert." 
Im drauffolgenden Jahr gings im Schloss weiter: " hat im Padtsibl den Offen aufgesezt, hat auch im Thorstibl den Offen von Neuem aufgesezt darzue er 30 Kächeln hergeben".

Im Stadtarchiv besitzen wir ein Kleinod, einen dicken Band von Verhörsprotokollen aus den Jahren 1654 und 1655. Der Magistrat war damals auch eine Gerichtsinstanz und  (30 Jahre später hatte sich das Landgericht endgültig diese Fälle angeeignet und dem Markt damit entzogen) noch für Handwerksstreitigkeiten zuständig.
Dies ist solch eine gute Gelegenheit Handwerkssachen und deren jeweilige Monopolstellung im Markt zu erläutern, dass ich den Prozess komplett hier abbilde:
Es geht los:

Verhör gehalten en 11. Juny sein gesessen Wolf Vischer und georg Tenscherz beede Cammerer dann Sigmundt Raidt, Jacob Passauer und Hanß Schreiner des Eüssern Raths

Clag: Eintrag in Hafner Handwerch

Hanns Kholler Hafner, contra Michaeln Grueber Maurer, umb das sich derselbe unbefuegt understehe ihme an seinem erlernten Handtwerch intrag zuthuen, und die Öffen als ein Stimpler (Stümper!)  aufzesezen. Welche Stimplerey in der Wohlforsschnen Policey austruvckhlich verpotten, also dem, Cleger und seinen 5 khleinen Khündern das brodt vor dem Maull abschneidt, bitt deme solches abzeschaffen.

Antwort

Der beclagte sagt, das er nach disem vorybergangnen Khriegslauf, mit Georgen Hauser gewesten Mauerer alhir Öffen gesezt, die Kächel auf 5 Meull wegs herzue getragen, und durch die Burger solches zuthuen, gebetten worden und beschehen, dass man umb den Cleger gahr nichts gewisst, umb willen er nit zünfftig, nich anderwertig einkhaufft, als verhofft beclagter, man werde Ime disfals nichts abschffen, Seitemallen er nach dem Khrieg mit dergleichen Arbeith, weillen kheine Hafner alhir gewesen, vill Nuzen geschafft, wann aber Cleger sein Stimplerey in dem Mauererjandtwerch, als ofenfieß auszesezen, die Ofenhals lenger zemachen, Rauchfeng aufzefüehren und Pachöfen zemachen, verlässt, well er das Ofensezen auch bleiben lassen.

Replic

Cleger ist verstanden (hat die Argumentation des Beklagten verstanden), welle Ime das Beclagten Ausflicht nichts anfechten, beclagter habe nit allein ein guette Nahrung, sondern auch khein Khündt. Zuedeme habe re Cleger seinen lehr und geburtsbrief brüngen müessen, das habe beclagter bißhero noch nit gethan.


Duplic

Bleibt bei seiner Verantworttung

Bschaidt

 Dem Beclagten würdet auferladen, dem Hafner in seinem Handtwerch ainichen eintrag zethuen, herent gegen würdet auch dem Hafner die Mauer Arbeith abgeschafft, und solle der Beclagte zwischen hie und Weihnechten seinen Lehr- und Geburtsbrief zubringen schuldig sein.

Aus diesem Vorgang kann man nun indirekt schließen, dass Koller Hans erst nach 1633 nach Kötzting zugezogen ist und eher nicht in der Linie der Grafs eingeheiratet hat. Wäre es anders, wäre die Argumentation des Mauerers Gruber anders ausgefallen.





Hans Koller und Apolonia


1665 unterzeichnet er eine eigene Schuldverschreibung bei der Kirche in Kötzting, bei der erwähnt ist, dass er das Haus von seinem Vater übernommen hat. 24 Gulden beträgt nun seine Schuld bei der Kirche. Auch er arbeitet im Beruf des Hafners. Aus dem Jahre 1673 wird er vom Markt Kötzting bezahlt, für "im Wuhnstibl gesezten Ofen und hergeben Kaechl" 

Heiratseintrag Hans Koller mit Apolonia Raab am 25.4.1674. Es hat den Anschein, als wäre der Vater Hans Koller zum Zeitpunkt der Hochzeit noch am Leben. Apolonia ist die Tochter Wolfgang und Jacobe Raabs. PA Kötzting Matrikel Band 2 Seite 107

Die Zeiten sind streng, und im Rechnungsbuch des Pfleggerichtes Kötzting von 1674 finden wir folgenden Eintrag unter der Rubrik: "Fenkhnüs Straffen": Hannß Kholler burger und Hafner zuermalten Khözting, hat sein Eheweib Apolonia vor der ehelichen Copulation eines Khündts geschwengert, deswegen man iedes 8 tag im Ambtshaus mit geringer Aztung aus Armueth abgepiesst, aber an gelt: nihil 
Die damaligen Behörden waren gut im Rechnen - Rückwärtsrechnen - ob es bei Schwangerschaften auch mit den rechten Dingen zugegangen ist. Wenn nicht, dann war es entweder sehr teuer, oder aber äußerst unangenehm. Die Strafe 8 Tage (und Nächte) im kalten und feuchten Keller des Kötztinger Gefängnis - bei geringer Atzung, sprich wohl Wasser und Brot - zubringen zu müssen ist harte Kost.
Hätte das Paar Geld besessen, so wäre die Strafe bei über 4 Gulden gelegen, eine der höchsten Strafen im Katalog des damaligen "Strafgesetzbuches", bei exponentiellem Wachstum bei einer weiteren bzw. dritten Verfehlung in dieser Kategorie. (theoretisch Landesverweisung und Todesstrafe)
Bei einer (1674) Einnahme von gerade mal 32 Kreuzer für die Reparatur des Ofens im "Rat- und Brechhaus" konnte das Paar natürlich keine großen Sprünge machen und ging wohl lieber ins Gefängnis. Das Brechhaus lag am Ende der Ziegelgasse bei der Einmündung in die heutige Jahnstraße.
1676 sind es erneut die beiden Öfen im Brech- und Rathaus.  Im Jahr drauf finden wir eine Einnahme von 20 Kreuzer dafür, dass er  "Im Rosshueterhaus den Kachelofen ausgepessert und einen neuen Hafen samt Eckplatte" gebaut hatte. Dieselbe Leistung erbrachte er auch in der Marktdienerstube.
Das Rosshüterhaus verorte ich in der Zeit um 1700 an den Anfang der heutigen Hauser Straße und der Marktdiener wohnte damals im Rathaus. 
Der Ofen im Brechhaus, der ja sehr häufig in Betrieb war, war wohl eine Dauerbaustelle. 1677 musste Hans Koller diesen mit 18 Kacheln komplett neu aufsetzen. 
Die Leistungen, die der Hafner für den Markt erbringen durfte, ergeben eine gute und vollständige Liste all der Anwesen, di zu der Zeit  im Besitz des Marktes Kötzting gewesen waren.
So auch das nächste Beispiel, der Watzlhof bei Grafenwiesen. 2 Kachelöfen, Platten, Eckplatten und Kacheln musste Koller liefern und errichten und erhielt dafür im Jahre 1677 1 Gulden 44 Kreuzer.
Das Brechhaus 1680, ( Höllkästen und neue Kacheln), der Watzlhof1681 (Aufsetzen des Ofens ), wiederum das Brechhaus 1681 (mit 22 Kacheln den Ofen neu aufsetzen)
Eine kleine Randnotiz im Kötztinger Rechnungsbuch könnte vielleicht eine Erklärung bringen, warum der Ofen im Brechhaus in dem Zeitraum so häufig repariert werden musste: es gab Einquartierungen.
Ein Obristwachtmeister Penderl mit seiner Mannschaft lag im Markt. 
Im selben Jahr, am 20. Januar 1681, verstarb seine Frau Apolonia
zwei Jahre später heiratete der Witwer erneut.
Heiratsmatrikel Kötzting Band 2 Seite 161 Johannes Koller, "figulus und Witwer" heiratet Anna Hofer aus Hagendorf. 

Es geht munter weiter mit immer denselben Einträgen in den Rechnungsbüchern des Marktes. Die Einquartierung scheint über viele Jahre gegangen zu sein, weil auch 1685 vermerkt ist, dass "die Obristwachtmeisters Oefen in der heruntern Stuben" gerichtet werden mussten. Das Rosshüter und das Kuhhüterhaus ist erwähnt und 1686 erhielt die "Rathauskrambladenkuchl" einen "Khoestlofen"(?)
Was es mit dem Rathauskramladen für eine Bewandtnis hatte, kann man gut Blog über den Ecklshof im nachlesen.
Im Umrittsprotokoll des Jahres 1694 - eine Art Kontrolle des Geschäftsbetriebs aller Behörden und Unterbehörden des Landgerichts steht ein Satz über unseren Hans Koller, der sich auf eine Verurteilung durch den Magistrat bezieht, da dieser die ausgesprochene Geldstrafe nicht beigetrieben hat.
"(Seite) 33: Hansen Kholler, burgern und Hafnern, dann Hannsen Pareller des Rhats und burgern, Ihrer Künder in die Zucht zu halten 2 Pfund Pfennig Pöenfahl."
 
Rentkastenamt Straubing P 14 Umrittsprotokoll von 1694
Wie oben angemerkt, wird eine Geldstrafe noch in Pfund (Regensburger) Pfennige ausgesprochen.  
Auch wenn sich die Einträge inhaltlich ähneln, so kommen doch manchmal Details zutage, die es wert sind dokumentiert zu werden. 1693 muss wieder einmal ein Ofen in der Wuhn ausgebessert werden: diesmal ist es der Ofen im "Schlosserstibl". Im Erdgeschoss der Wuhn wurden zwei Werkstätten "vermietet".  1694 taucht zum ersten Male der Begriff eines Kötztinger Armenhauses auf, in dem Hans Koller den Ofen richten musste, möglicherweise identisch mit dem sogenannten oberen Spital in der heutigen Torstraße. 

Der Töpfer Hans Koller verstirbt am 15. Januar 1711 und 3 Monate später, am 25.4.1711, übergibt seine Witwe  - auch im Namen der drei Kinder Walburga, nochmal Walburga und Magdalena -  das "Bürgerhäusl sambt dem Hafnerwerkzeug" dem Sohn Hans, der seit dem Jahre 1703 bereits verheiratet ist. 36 Gulden muss Hans an Schulden - bei der Pfarrkirche - übernehmen, 20 Gulden der Stiefmutter als "hereingebrachtes Heiratsgut" zahlen und 10 Gulden der Schwester Walburga für ein mütterliches Erbe auszahlen bzw. sicherstellen. Die Kaufsumme beträgt 100 Gulden.
Anna Koller, die Witwe, verstirbt am 19.6.1720.

Hans Koller und Maria


Die übergebende Witwe und eine der beiden Töchter mit Namen Walburga müsse der Käufer "zwey Jahr lang uf der Stuben gedulten, oder dafern sye sich nit vertragen wuden, Khauffer selben des Jahres 1 Gulden 30 Kreuzer zu bezahlen." Nach Ablauf der 2 Jahre solle der Käufer weitere 3 Jahre schuldig sein, zumindest seiner Stiefmutter jährlich 1 Gulden zu bezahlen.
Am 9. Juni 1703 schlossen das Brautpaar ein Eheversprechen für die Zukunft: Johann Koller, Sohn des Johann und der Apolonia und seine Braut Maria Pachmayr, Tochter des Kötztinger Metzgers Andreas Pachmayr und der Maria. Am 18. Juni lösten sie dann obiges Eheversprechen ein. 


StA Landshut Pfleggericht Kötzting von 1714

In der Pflegegerichtsrechnung von 1714 findet sich folgender Eintrag über unseren Hafner: S:V: Schelmben und Diebs Iniurien.

Ebermassen hat Hans Koller Hafner alhir, Hansen Stehr Fluderman der orthen bey Hansen Denscherzen auch burgern diss orths bezechter weis ainen S:V: Schelbmen, und Dieb verscholten, sich aber mit deme widerumben guettlich verglichen, und beede die uncosten zugleich abzustatten ybernommen, warbbey man Sye dan, weillen der Stehr aines durchgehent bekhanten guetten berueffs und Leimueths ist, obrigkheitlich gelassen, iedoch mit Ex officio aufgehebter Iniuri miteinander per 1 1/2 Pfund Pfennige abgepisst machen 1 Gulden 42 Kreuzer und 6 Heller.




Hsta\Landshuter Abgabe KL Rott B4 1727-1736
Zehentregister der Kötztinger Bürger mit Hans Koller und sehr geringen Zehentauflagen
Vier Kinder hatten die beiden miteinander und am 28. Januar 1721 findet sich ein Sterbeeintrag für eine Bürgerin Anna Maria Kollerin. 
Bereits im Mai heiratet der Witwer und Töpfer Johann Koller die Further Weißgerberstochter Katharina Reithmeier. 
Im Jahre 1744 wird die Hypothek bei der Pfarrkirche auf die Witwe Katharina überschrieben. Sie selber verstirbt am 3. Mai 1749. 
Eine Woche vor ihrem Tod übergibt sie, unter Beistandsleistung ihres Schwagers Josef Sämer das Haus mit den 36 Gulden Schulden beim Kötztinger Gotteshaus der ledigen Tochter Anna Maria. Sie lässt sich noch die "lebenslange Herberge" eintragen, die genau 5 Tage lang Bestand haben sollte. 100 Gulden betrug ebenfalls ihr Kaufpreis. 

 

 Koller Maria Anna


Ziemlich genau 1 Jahr wohnte die überlebende Tochter auf dem Haus, bevor sie am 9.6.1750, erneut unter Beistand von Josef Sämmer, das Anwesen nun um 140 Gulden weiter verkaufte. Sie ließ  die "Seitenkammer und die lebenslange herberge uf der Stuben den Stiefgeschwistern Josef und Magdalena Koller (= Kinder aus Ehe Koller Hans und Maria) mit einem Wert von zusammen 34 Gulden in den Vertrag einfließen".

 

Michael Simeth und Anna Maria


Im selben Jahr erwarb Michael Simeth das Kötztinger Bürgerrecht um 9 Gulden. In den Kötztinger Marktrechnungen ist er als in Meinzing beheimatet angegeben, was aber keinen Widerspruch zu seinem Insassenstatus aus Beckendorf darstellt. Am 7.Februar 1747 hat Michael Simeth aus Meinzing seine Frau Anna Maria Späth aus Grub geheiratet. Zwei Kinder hatte das Paar bekommen, bei der Geburt des ersten Kindes, Anna Maria, war er noch Taglöhner in Beckendorf, beim zweiten, Anna Katharina, dann schon als bürgerlicher Taglöhner in Kötzting. Am 11.5.1772 stirbt Michael Simeth, der Markt Kötzting stellt fest, dass er noch Schulden beim Markt habe.
Die Witwe Maria verkauft nun das "am 9.6.1750 gekaufte Haus nebst Georg Engls Häusl entlegen" (siehe alte Hausnummer 13 - das Rosenhammer Haus)  im November 1778 an ihre Tochter Anna Maria um 200 Gulden. 

Laut der Rechnung im Markt Kötzting von 1778 erwirbt der Rimbacher Maurergeselle Anton Perzl das Kötztinger Bürgerrecht durch die Heirat der Tochter des Michael Simmeth. 


Perzl Anton und Anna Maria


Hier findet sich eine Ungenauigkeit in den Pfarrmatrikeln, weil fast zeitgleich ein Mauerer mit dem Namen Anton Engl, der mit Katharina einer Tochter des Michael Simeth verheiratet ist. So weit so gut.
Bei den Geburten von  Anton Perzl ist seltsamerweise der Vorname der Mutter ebenfalls immer mit Katharina, der Tochter des Michael Simeth angegeben.
Dieses  Rätsel um einen Schreibfehler werden wir nicht lösen können. Die Übergabe der Mutter auf die Tochter lauten jedenfalls auf den Vornamen Anna Maria. 
Anton Perzl steht in den Rechnungen des Marktes mit seinen Giltzahlungen und auch mit einer Bitte um Nachlass. 1801 steht er bei der Kirche mit Zinszahlungen von fast 5 Gulden im Rückstand und beschreibt sein Elend mit den Worten: Er habe "schon über 1 Jahr sein Weib auf dem Krankenbett"
Am 23. Januar 1804 stirbt die Häuslerin Katharina (!) Perzl an Auszehrung, sie wurde nur 49 Jahre alt.  
Wie sehr die Häusler unter ihrem Mangel an Grundstücken litten, zeigt ein Beispiel über einen grasigen Hang am Weißen Regen: Im Januar 1806 verkauft der "bürgerliche Hausbesitzer und Mauerer Anton Perzl" die "Abhäng bei der Saagschneiders Wohnung zwischen den Hafenberger Fahrtweg und dem Regenfluss" an den Saagschneider Joseph Mühlbauer. Dieser Bereich ist nunmehr in der Brauerei Lindner integriert. Solche unkultivierbare Hangflächen wurden nur wegen ihres Grasbewuchses gehandelt, um damit vielleicht eine Ziege ernähren zu können. Perzl bekommt für diesen Hang glatte 23 Gulden, im Marktgeding Kötztings waren freie Flächen rar. Perzls Schulden beim Markt addieren sich mittlerweile auf 100 Gulden, die er im Jahre 1805 auch verbriefen muss. 1808 stehen dort bereits 150 Gulden zu Buche. 
Im Rustikalsteuerkataster von 1811 ist Anton Perzl mit einem gezimmerten Haus (also einem, auch im Erdgeschoss, aus Holz gebauten Haus) mit einem kleinen Stallerl und einem Schätzwert von 297 Gulden vorgetragen. 
Am 17. Februar 1812 verstirbt Anton Perzl, wie seine Frau ebenfalls an Auszehrung, im Alter von 60 Jahren. 

Perzl Katharina.


Im Liquidationsprotokoll von 1840 heißt die Besitzerin Katharina Perzl, die das Haus als Gutsnachfolgerin von Anton Perzl am 14.4.1820 um 500 Gulden übernommen hat. 
Im Jahre 1838 finden wir die ledige Häuslerin Katharina Perzl in einem Grundstücksstreit um eine Grundmarkierung auf dem Galgenberg. 
Unter dem Datum vom 29.12.1855 findet sich eine Sterbeanzeige für eine Häuslerstochter (also ist sie noch ledig) Katharina Perzl, sie stirbt mit 74 Jahren an Altersschwäche. 

Im Katasterband des Rentamtes steht im Jahre 1859 unter der Nummer 14 ein Wagerer Johann und im Jahre 1860, mit dem Zusatz "Beim Weber" ebenfalls Johann Wagerer.
Hier wird eine Auftrennung sichtbar. Die "alte" Nummer 14 steht für mich bis heute unter dem Hausnamen "Wagerer". Das kleine Haus zwischen dem Wagerer Haus und dem Feuerwehrhaus, die Heimstätte vom "Weber Luck" gehörte offensichtlich früher ebenfalls zum Hauptanwesen Wagerer.
Ich bleibe hier aber zuerst einmal bei der Linie Wagerer


Die Liste der Wagerer Abstammung sollte, nach meinen Unterlagen folgendermaßen sein:
Wagerer Johann und Theresa 

Wagerer Johann heiratet 1855 Silberbauer Theresa

Wagerer Johann und Sporrer Julia

Deren Sohn Wagerer Johann, ein Bräugehilfe, heiratet 1883 Sporer Julia, eine Fabrikarbeiterin aus Kötzting. 
Im Jahre 1899 kommt es zur letzten Brandkatastrophe im Markt Kötzting und auch das Haus Nummer 14 ist davon betroffen. Auch Johann Wagerer muss sein Haus neu aufbauen und in seinem Lageplan kann man die Entwicklung der Brandstraße klar erkennen.
StA Landshut Rep 162/8 Sch. 22 Nr. 3128 Lageplan des Bauaktes.
Legende: a: Brandstätte und Bauplatz des Wohnhauses
b: Brandstätte und Bauplatz der Holzremise
c: Gartengrund des Anwesens
d: Armenhaus der Gemeinde Kötzting
e: Brandstätte vom Stadel des Alois Kermer
(Dies wird später der Bauplatz der Familie Weber)
f: Wohnhaus des Peter Reibl
g: Brandstätte vom Stadel des Josef Mühlbauer
h: Brandstätte der Gebäuligkeiten des Josef Mühlbauer
i: Gemeindegrund und Fahrt
k: Wiese und Brandstätte vom Stadel des Münch









 
Unterschrift des Johann Wagerer


Dia Repro Nr. 1984 Frau Wagerer ca. 1940 Großmutter von Franz Wagerer, damit sollte dies Wagerer
Julia, eine geborene Sporrer sein. 




Wagerer Joseph und Hofmann Mathilde

Wagerer Joseph, ein Aushilfspostbote und Sohn der Vorbesitzer heiratet Hofmann Mathilde, eine Hausbesitzerstochter aus Kötzting im Jahre 1919. Nachfolgend ein Bild der Familie der Braut.
Arbeitskreis Heimatforschung DIA Repro Nr. 1989 Familie Hofmann ca. 1923 hintere Reihe von links : Fanny, davor Karl, Mich, Naz, Sepp, Heiner, Anne, vordere Reihe: Maria, Maria Hofmann (Mutter) ,Wolfgang, Josef  Hofmann (Vater) Mathilde (Mutter von Wagerer Franz). Kind in der Mitte Franz.






Arbeitskreis Heimatforschung Dia Repro 1983 vorne das Wagerer Haus, hinten
anschließend das Weber Haus




Wagerer Franz, ein leidenschaftlicher "Tauberer"


Reisetaubenvereinigung  kurz: die Tauberer

Meine ganze Kindheit begleiteten mich die Kötztinger "Tauberer", da mein Vater einerseits in der Vorstandschaft war und andererseits bei uns die Vögel "eingesetzt" - also beringt und in Körbe verpackt - wurden.
Viele Urkunden, Bilder, Pokale, Ringe und Medaillen waren in unserer Wohnung präsent. Nach der kollektiven Eichung der Uhren beim Kollmaier und dem Einsetzen der Tauben, der Abholung der Transportkörbe durch eine Spedition, der kurzen Radiomeldung am Sonntagmorgen mit Angabe der Uhrzeit der "Auflassung" der Viecher, hieß es dann den ganzen Sonntagnachmittag im Taubenschlag zu warten und hoffen, dass der Vogel, wenn er dann endlich angekommen war, nicht zu lange auf dem Nachbarhausdach sich von der langen Reise ausschnaufte.
Es ging um den Ring, den die Taube am Fußgelenk trug, den der Besitzer haben wollte, dem Vogel abnahm, diesen in eine Metallkapsel steckte, das Ganze dann in die Taubereruhr (ein hässlicher würfelförmiger Kasten), eine Umdrehung mit einem Schraubenschlüssel und die Uhr drückte einen Ankunftsstempel auf einen Papierstreifen, der bewies, wann die Taube in ihrem Taubenschlag angekommen war.
Jeder Taubenschlag der Reisetaubenvereinigung war auf den Meter genau eingemessen und so konnte die Reisegeschwindigkeit der Taube ermittelt und so dann  auch der jeweilige Sieger auf Orts, Kreis und Verbandsebene ermittelt werden.
Das Einsetzen kostete eine Gebühr.
Mit den Bildern von diesem Einsetzen bei uns im Hof habe ich auch ein der wenigen Ansichten unseres baufälligen Hinterhofs erhalten, den meine Mutter immer als "Berliner Hinterhof" bezeichnete. 

Die Teilnehmer brachten ihre "Renntiere" in kleinen Transportkäfigen. Wagerer Franz sitzt in der Mitte an der kleinen fußbetriebenen Beringungsmaschine. Besitzer mit den Nummern der Taube werden in ein Protokoll eingetragen und dann kommt der Vogel in den großen, flachen Transportkäfig, der eine Normgröße hatte. (ein Exemplar habe ich noch bei uns auf dem Speicher). Diese Käfige wurden von Spezial-LKWs angeholt und konnten alle auf einen Schlag geöffnet werden. Und dann hieß es für die Tauben "ab nach Hause"








KU SW 845. Brieftaubeneinsetzen im Hinterhof der Bäckerei Pongratz.
Mitte mit der Lederjacke Franz Wagerer


Ein Zufallsfund: beim Durchstöbern alter DIAs habe ich im Bild die "Taubereruhr" meines Vaters 
gefunden. Deutlich sichtbar ist der kreuzförmige Schlüssel, mit dem bei einem - einem Wettflug vorgelagertem - Treffen die Uhren aller Teilnehmer geeicht, welche anschließend verplombt wurden.
Mit demselben "Schlüssel" wurde nach dem Eintreffen der Reisetaube und der Sicherstellung des Gummiringes, dieser in einer Kapsel verschlossen. Diese Kapsel konnte in die Uhr gesteckt und dort versperrt werden. Ein Dreh mit dem Schlüssel und es wurde noch ein Papierstreifen als Protokoll bedruckt. Diese Uhren waren ein immerwährender Begleiter in meiner Kindheit.


Das Weber Haus





Ich kann den Kötztinger Zeitungen nur dankbar sein, dass sie immer wieder auch Rubriken einführten, die uns heute einen Blick weit zurück in Kötztings Vergangenheit geben.
Das Ehepaar Weber, Josef und Katharina, seit Anfang des 20. Jahrhunderts in Kötzting ansässig und offensichtlich Gründungsmitglieder beim Kötztinger Trachtenverein, wurde im jahre 1950 in der Kötztinger Umschau ausführlich vorgestellt.




Weber Luk





Trachtengruppe  Meidinger Max neben Pumpbrunnen, Personen: unter Kranz mit Bändern i. Trachtenjacke und Hut Franz Schwarz ( Waldbua ), vorn Mitte im weißen Hemd Weber ( Wegmacher ) Luk, rechts hinter Frau m. Mädchen Weber ( Maurer ) Franz, rechts außen mit weißen Kniestrümpfen Conrad Krämer ( Ostmarkonkel )

 
KU SW587 mit Atemschutz und Weber Luck

Ehrung Weber Ludwig durch den Vorstand Michl Traurig
KU SW 209


KU SW 208 


Dieses abschließende Bild stammt aus der Ausstellung des Arbeitskreises zum Thema der Kötztinger Häuser und Handwerker- 


Das "Weberhaus" im Februar 2021






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