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Montag, 16. September 2024

Erinnerungen an Altkötzting Teil 48 Reitverein Kötzting/Grafenwiesen

 In der Bildersammlung des Stadtarchives befinden sich viele Beispiele von damals tagesaktuellen Veranstaltungen oder Berichten über Handel und Gewerbe, die uns einen kleinen "Blick zurück" erlauben; zurück auf Menschen, die schon lange verstorben sind oder Orte und Plätze, die es ebenfalls schon lange nicht mehr gibt. Mit dieser Reihe an Blogbeiträgen soll diese Erinnerungskultur ermöglicht werden; eine Erinnerung an ein Kötzting mit viel Handel, Handwerk, Vereinsleben und Gasthäusern, mit Jahrtagen,  Bällen, und vor allem mit Menschen.

Der Anfang der 70er Jahre maßgeblich vom Kötztinger Eduard Meimer gegründete Reitverein in Grafenwiesen zog vor allem viele junge Kötztinger an, die dort ihre Reiterfahrungen begannen oder fortführten. Auch die Kötztinger Zugleistungsprüfungen - zunächst vom Viechtacher Reitverein begründet  - wurden lange Jahre von den Grafenwiesener Vereinsmitgliedern organisiert und durchgeführt.
Vom Herbst 1975 haben wir eine kleine Bilderserie vom "Kameradschaftstreffen der Reiter" im Birkenhof in Grafenwiesen. Die Kötztinger Kapelle Traurig spielte auf und viele Kötztinger kamen zum Tanz nach Grafenwiesen.
Die Aufnahmen und der Artikel stammen von Herrn Kühn, Kötzting.

Ich denke hier tanzt Frau Benitta Vogl, geb. Heigl, aus Grafenwiesen mit dem damaligen Reitlehrer des RuFV Grafenwiesen, Herrn Kassens (wenn ich den Namen richtig geschrieben habe.) Der junge Mann, der zwischen beiden durchblickt, ist Josef Aschenbrenner.

In der Bildmitte könnte Frau Guggenberger gewesen sein.

Die Kapelle Traurig im Hintergrund mit Hans Traurig am Keyboard,  Alfons Treitinger am Schlagzeug und Wack Traurig am Sax. Weiter zu erkennen, Heinz Schötz mit Wieser Hildegard und Hofmann Albert.



Donnerstag, 12. September 2024

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 81 die Wiesmühle

Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen. Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.

Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


Alte Hausnummer 81
 die Wiesmühle







Die Wiesmühle


Vermessungsamt Cham: 5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_2_1-01


 

Übersicht über die Kötztinger Wiesmüller

 

                1320                       Perthold Lang
                1445                       Wolfrat
                1584                       Hans Prändtl
                1593                       Wolfgang Prändtl
                1595- 1620             Wolfgang Robl
                1627                        Michael Hoehel
                1636                       Riederer Adam
                1639 – 1660           Georg Lärnbecher
                1660-1673               Georg Lärnbecher, der Bruder als Pächter
                1673-1726               Georg Lärnbecher, der Sohn durch Übergabe
                1726-1741               Reithmeier Ullrich durch Einheirat
                1741-1749               Reithmeier Barbara, die Witwe
                1749-1750               Johann Nepomuc Dominicus Graf durch Kauf
                1750-1755               Franz Xaver von Franck durch Heirat der Witwe
                1755- 1760             Rabenbauer Johann
                1760-1772               Rabenbauer Anna Maria, die Tochter
                1772 - 1787            Rabenbauer Johann Michael, der Sohn
                1787- 1819             Rabenbauer Balthasar
                1819-                    Kollmeier Balthasar durch Kauf
                1880                      Staudinger Anton  durch Einheirat

Die Anfänge der Wiesmühle

 

Auch wenn wir kein Datum für die Errichtung der Wiesmühle kennen, so können wir doch ein paar Aussagen über die Entstehungsgeschichte dieser markanten Mühle in Kötzting machen. Grundsätzlich gehören Mahl- und Sagmühlen, neben den Schmieden zu den lebensnotwendigen „Ersteinrichtungen“ bei der Besiedlung und Kultivierung neuer Gebiete und genau so muss man sich die Besiedelung unseres Grenzraumes im 11. Jahrhundert auch vorstellen. Ausgehend von Gründungskernen von Ministerialen der Grafen von Bogen sind viele Ortschaften im Nahbereich von Kötzting – auch Kötzting selber- entstanden und haben sich aus einem Anfangsbestand von wenigen Höfen entwickelt und sind gewachsen. 

Einschub Ministerialen
Was ist ein Ministeriale: Männer aus dem Kreis der Unfreien, die zu Kriegszeiten als bewaffnete Reiter auserkoren waren und für die Verwaltung des Königsgutes eingesetzt werden konnten. Der gesamte östliche Grenzsaum des „Deutschen Reiches“ war weitgehend Königsland und dort waren als Herrschaftsstrukturen in unserem Raum die Grenzmarken der Grafen von Cham und Bogen angesiedelt. Auch die kleineren Adeligen und Bischöfe machten es mit ihren leitenden Untergebenen nach und nach genauso und aus diesen unfreien Untergebenen, allerdings in gehobener Position, sozusagen die Abteilungsleiter im mittleren Management, entstand eine eigene Sozialschicht, die der Ministerialen. Diese Männer wurden teilweise auf ein Dienstgut versetzt, oder erhielten ein solches als Folge ihrer guten Führung oder als Dank für geleistete Dienste, siehe Azelin in Weißenregen. Diese von der Herkunft eigentlich unfreien Ministerialen wurden lehensfähig, heirateten in adelige Familien ein und so entstand im Laufe der Zeit der niedere Landadel. Im 13. Jhdt. war dann Schluss mit dieser Adelsschwemme, nur derjenige durfte noch adelig sein und sich nennen, der auch bereits adelig geboren wurde. 

Einschub Ende 

Für dieses Wachstum und die Ernährung der Bevölkerung waren Mühlen unerlässlich und meistens auch Teil von Verträgen, sogenannten Ehhaftordnungen.  In diesen Verträgen erhielten die jeweiligen Handwerker, zumeist Schmiede, Bader und Müller praktisch eine Monopolstellung – alle Grunduntertanen mussten zu diesen Handwerkern gehen. gleichzeitig wurde den Bewohnern auch deren Dienstleistung garantiert.

Einschub Ehaft
In der Schweiz und Bayern waren Ehaften zudem unter dem Feudalrecht entwickelte Realgewerberechte oder Realkonzessionen, d. h. an bestimmte Lokalitäten gebundene Gewerbe. Grundherren verlangten Konzessions- und Benützungsabgaben (Gebühren, Zinsen) für Einrichtungen (in der Regel mit Wasser- und Feuerrecht wie Tavernen, Mühlen, Schmieden,  Ofenhäuser usw.), die dem Gemeinwesen unentbehrlich waren und zu deren Benutzung sie die Gemeindeangehörigen zwingen konnten. Neue Ehaften wurden nur mit einem Bedarfsnachweis erteilt, wobei Inhaber benachbarter Ehaften einsprechen durften. Den Betreibern verschafften sie ein faktisches Monopol und eine sichere wirtschaftliche Basis. Im 19. Jahrhundert verschwanden die Ehaften allmählich aufgrund veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und industriell-gewerblicher Produktionsweisen. Die allgemeine Handels- und Gewerbefreiheit schaffte die Ehaften als Realrechte endgültig ab.
Einschub Ende

In Kötzting sind es  vier Mühlen, die bereits seit Jahrhunderten, lange bevor die schriftliche Überlieferung im Stadtarchiv einsetzt,  existiert haben müssen und zwar die Marktmühle, die Sagmühle am Gruber Bach, die Hammermühle und eben die Wiesmühle oder die Mühle in Wissing, wie sie früher genannt worden war.Bereits im ältesten   Herzogsurbaren – entstanden um 1240 ist unter der Vogtei Kötzting in Wising eine Mühle erwähnt. Damit kann davon ausgegangen werden, dass die Wiesmühle bereits an die, oder sogar mehr als, 800 Jahre alt ist

 

Wie man aus dem ersten Herzogsurbarium ersehen kann, sind die Mühle zu "Wising" und der "marcht ze Chosting" zwei getrennt aufgeführte und damit auch unabhängig voneinander Abgaben leistende Einheiten.
Solche Urbarien, also Besitzbeschreibungen des Herzogs wurden in regelmäßigen Abständen neu verfasst und bereits im vierten Niederbayerischen Urbar - entstanden um 1340 - erfahren wir den Namen des ersten Kötztinger Wiesmüllers: er hieß Perthold Lang.
Viertes Niederbayerisches Urbarium ca. um 1340

In diesem Urbar ist auch die Lage der Mühle in Wising bezeugt: es heißt, diese "liegt bei Chosting"

Vorher muss allerdings etwas über den Berufsstand der Müller gesagt werden. Die Berufsgruppe der Müller gehörte zu den unehrenhaften  bzw. unehrlichen Handwerksgewerben. Das hat mehrere Gründe:
Man war sich bei den (Mahl-)Müllern nie ganz sicher, ob man ehrlich bedient worden war,  Man gab einen Sack Getreide ab, und bekam viel weniger zurück. Dabei begriff man nicht auf Anhieb, dass Getreidemehl bei gleichem Gewicht ein viel geringeres Volumen hat. Es konnte auch nie genau nachgewiesen werden, ob der Müller nun seinen ihm rechtmäßig zustehenden Anteil genommen hatte oder noch ein Bisschen mehr. Da man dem Müller somit  Unehrlichkeit unterstellte, sagte man: „ In der Mühle ist das Beste, dass die Säcke nicht reden können".
Ein weiterer Grund: Viele Mühlen lagen außerhalb der Ortschaften. Während im Dorf z.T. eine sehr starke Kontrolle durch die Amtmänner stattfand, gab es außerhalb mehr Freiheiten. Nicht umsonst gibt es so viele Lieder über schöne Müllerinnen ...

Diesen Status – als unehrenhaft – teilten sich die Müller unter anderem auch mit den Badern , Abdeckern, Amtsleuten und Schergen. Auch wenn die Bader und Müller in Kötzting, sowie auch in anderen Orten, in der Regel hochangesehene Mitbürger waren, so bildete sich doch auch bei ihnen  – wenn auch nicht ganz so streng wie bei den Abdeckern und Schergen – große Familienverbände heraus, die alle miteinander irgendwie verwandt und verbandelt waren.  Heutzutage würde man von Müllerdynastien sprechen, damals war es eben so üblich, dass die Müllerfamilien unter sich heirateten und irgendwie alle zusammengehörten.

Soweit die allgemeine Einleitung nun zu den ersten nachgewiesenen  Besitzern der Wiesmühle


Perhtold Lang.


Aus dem Jahre 1340 kennen wir, wie oben angeführt, den ersten Wiesmüller mit Namen: Perhtold Lang.

Ein Sensationsfund vom Januar 2023 brachte ein bisher unbekanntes und auf Pergament geschriebenes  Salbuch aus dem Jahre 1370 zutage und auch dort findet sich die Mühle zu Wising.

HStA München KL Rott 2 von 1370

Die Höhe der Abgaben aus dem Jahre 1370 ist identisch mit denen aus dem Jahre 1445, aus dem der nächste überlieferte Band stammt.

HStA München KL Rott 112 von 1445

Wolfhart Müllner



Am Anfang dieses Salbuches sind die Kötztinger Marktlehner und Söldner einzeln aufgeführt und der Müller zu Wising ist zumindest in die Liste der Kötztinger Bürger eingereiht.


HStA München KL Rott 112 von 1445

"Item Wolfhart Mulner zu Wising hat ein ganz Lehen gibt 2 (Schilling?) Pfennige
Item er hat auch ain Seldn inne davon gibt er 10 Pfennige und von ainem Acker an der Leytten .... 

Der Wiesmüller Wolfhart war also im Markt begütert und besaß dort ein Marktlehen und eine Sölde. Zusätzlich hatte er auch die Abgaben auf seine Mühle zu verrichten.

"Item Wolfhart von Wising gibt von der Mül 1 Pfund Pfennige auf Michaeli"

 
Leider gibt es in der Überlieferung der Kloster Rottischen Archivalien eine große Lücke, sodass es erst im Jahre 1584 mit der nächsten Steuerliste weiter gehen kann. 

Hans Pränntl




In dieser Steuerliste von 1584 stehen dann die vier Kötztinger Müller gleich untereinander:
HStA München KL Rott 12 von 1584

"Georg Steger Marckhtmüller von der Müll und Halb Lehen   6 Schilling Pfennige
Gilg Steger von der Sagmüll                                                    2 Schilling und 6 Pfennige
Hannß Pränntl von der Wißmüll und Thail                              4 Schilling und 3 Pfennige
"

Wolf Präntl


In der Kötztinger Kirchenrechnung von 1593 steht gleich an erster Stelle - und das bedeutet, dass diese Schuldsumme bereits sehr lange auf dem Anwesen liegt - Wolf Prändtl, möglicherweise/vermutlich ein enger Verwandter des Vorbesitzer gleichen Familiennamens. 
PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1593 
"Einnam an Zinßungen von hingeliehenem oder aufliegentem Gelt
An vormemelten geltresst ist diß Jars in der Verzünsung in Summe 1205 GUlden gelegen die haben Zinß betragen wie volgt:
Itam Wolf Pränndl Wißmüllner von 40 fl Hauptsach die Jarsverzinsung 2 fl."

Wolf Prändtl kann nicht lange auf der Wiesmühle gelebt haben, dann in einem Akt der Regierung Straubing, bei dem es um das Fallrecht der Müller geht, wird im Jahre 1607 der neue Besitzer als Wolf Robl beschrieben und vor allem festgehalten, dass dieser bereits seit 12 Jahren auf der Mühle sei.
Der Wechsel von Prändtl auf Robl muss also um das Jahr 1595 herum sich ereignet haben.


Wolf Robl


Sogar der Name eines einer Mühlknechte ist verbürgt, es war ein Hans Schwarz.
Aus dem Jahre 1601 kennen wir eine Strafe, die über ihn verhängt wurde: der "Wißinger Mühlknecht"  Hans Schwarz saß für Tag und Nacht bei „Wasser und Prodt im Venkhnuss“, im Kötztinger Amtshaus  also in einer Keuche im Keller, weil er mit dem Schwarzfärber Hans Fischer einen „Hader und Raufhandl“ getrieben hatte.
Schon im Jahre 1603 stellte sich der Kötztinger Bürger und Wiesmüller Wolf Robl als Bürge für einen "Neuaufrichter" Hanns Mosmyller in Haselstauden zur Verfügung. 
Dieser Neuaufrichter ist ein "Eybischer gehn Hohenwarth gehöriger Underthan".Der neu errichtete Hof, um den es dabei geht befindet sich im "Hochwalldt Hudla" und hat den Hoffuß eines halben Bauernhofes, also durchaus eine respektable Größe.

StA Landshut Pfleggericht Kötzting B 19 
Wie oben bereits berichtet, gibt es einen Schriftverkehr mit der Regierung in Straubing aus dem Jahre 1907.

Der große Kötztinger Marktbrand von 1602 und seine Folgen


Wolf Robl beginnt sein Schreiben mit einer Ortsbeschreibung: "Ausser dess Marckhts doch im Burggeding Khezting besize Ich nunmehr über 12 Jahr ein Mill am Regen extempto, dabei ich zween Fääll: die Burgerschaft aber zue Khezting Alters hero dieße märtkliche Freyheit; daß allein dieselben Buerger und sonnsten niemands Prenholz und Schrett in selbigen Fluss, aufwärts des Regens in Auwasser genannt, herab schwemmenund bei unsre siben Millen und derselben erpauten Wasserfällen durchtreiben."
Er beschwert sich, dass er nicht nur zu dieser Zeit nicht arbeiten könne, sondern auch, dass seine Wasserbauwerke "offtmals ybel zerrissen" würden.
Seit "unfürdenklichen Zeiten" wäre es bei ihm und den oberliegenden 6 Müllern so Brauch gewesen, dass man bei jedem Fall oder jeder Mühle einen Baum oder Schrott eingefordert habe.
Nun aber, "dieweilen aber vast die gannze Buergerschaft zue Khezting negst verwichener 4 Jar an Haus und Hoff durch das feuer Laider vderdorben, hab ichdamit einer Burgerschaft als meinen negsten Nachbarn billich ein christliches mitleiden gehebt, und denselben von selbigemerlittenen Brunstschaden nit allain das Fallrecht ein Zeit lang nachbarlich hachgesehen, sondern auch ihnnen in meer weg geholfen."
Nun aber wollten die Kötztinger Bürger - und insbesondere der Magistrat - aus dieser menschlichen Geste eine Recht machen. Kammerer und Räte würden sowohl ihr "Privat: als auch das zu gemainen Marckhts Preuhauß Holz durchtreiben" und dagegen wolle er protestieren und unterschreibt mit:

StA Landshut Regierung Straubing A 4126 

"Wolf Robel an der Wißmill Burger zu Khezting."
Im Jahr drauf erhält der Wiesmüller Robl 8 Gulden 4 Schilling und 17 Pfennige und 1 Heller für den Zuschnitt einer Riesenladung an Brettern, die er für das Hofgebäude in Straing gedacht waren.

StA Landshut Rentkastenamt Straubing Kastenamtsrechnung von 1608
"Wolffen Robl Burgern und Müllern in Khözting von 727 Prettern, welche thails zu dem Frtl. Hoffgepeu gehn Straubing geliefert und verbraucht worden geschnitten Lauth Zetls Nro 19 zalt."
 
Auch von einem Sohn des Wiesmüllers erfahren wir, wir sind noch weit vor dem Beginn der Pfarrmatrikel. 
 
StA Landshut Kurbayern Hofkammer Ämterrechnung Pfleggerichtsrechnung von 1609
"Andreen Robl des Müllers Sun zu Wysing ist, gegen und wider Sigmunden Riederer Müller zum Haus, yber des Gerichtsambtmanns beschechenes Verschaffen von verhör  ungehorsamb aussenblieben, deshalben gestrafft per 1 ß 18 Pfennige"
Weiter geht es mit dem Salbuch von 1610.
HStA München KL Rott 113
"Wolf Robel von der Wißmüll und Thaill 1 fl 3 ß 8 dn"

1614 bekommt Wolf Robl - es scheint ihm finanziell sehr gut zu gehen, da er bereits Jahre zuvor "die Einöd am Eck von Hans Eiberger" gekauft hatte- "Post" von der Regierung, weil er bereits seit 3 Jahren das Gut - auf dem er 12 Jahre frei von Stiftsgebühren sei - besitze und immer noch keine Verbriefung durchgeführt habe. Mit Datum des 8.11.1618 holt er das Versäumnis nach
1615 hatte er erneut viel an der Sagmühle zu tun 21 Schilling 24 Bretter, also insgesamt 644 Bretter liefen in diesem Jahr durch seine Gatter alleine für das Kötztinger Kastenamt.
1616 erfahren wir von einer Viehweide am Hudlach.
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Kastenamtsrechnung von 1616
"Wolffen Robl Wißmüllner ist heurigs Jars die Viechwaidt von Hudla an den Khädersperg die Henng biß ann denn Ruckhen hinauß verlassen worden, davon hat er geraicht 4 fl."
1619 stehen wieder einmal Bauarbeiten am Kötztinger Schloss an - für dessen Unterhaltung ist auch das Kastenamt zuständig - und der Wiesmüller schneidet insgesamt 100 Bretter für diese Baustelle, für die er 5 Gulden Schneidlohn erhält.

Wolf Robl scheint in dem Zeitraum kurz vor 1620 verstorben zu sein, da im Salbuch von 1620 bereits von seinen Erben die Rede ist.


HStA München KL Rott 10 von 1620
1. Wolfen Robels Wißmüllers Erben von der Mill 1 fl 3 ß 8 dn
2.  Mer von3 Thaill                                                             22 dn 1 H"

Noch im Jahre 1621 steht er - als "gewester Wiesmüller seelig" bezeichnet mit der angepachteten Viehweide am Hudlach in den Kastenamtsrechnungen, allerdings mit dem Zusatz, nicht bezahlt zu haben. 

Michael Hoehel


1627 scheint Michael Hoehel sowohl die Wiesmühle als auch die Sagmühle betrieben zu haben, zumindest lässt seine Berufsbezeichnung diesen Schluss zu. Seit 1611 ist er aber auch durchgehend auch auf der Marktmühle belegt.

StA Landshut Rentkastenamt Straubing Kastenamtsrechnung von 1627
"Gleichfahls sein zu solchen Paufellen (beim Schloss in Kötzting) von Michel Hehel Wißmiller uf der Saag 9 Schilling Preter erkhaufft und für iedes 1 xr bezahlt worden thuet 4 fl 30 xr."


Adam Riederer 


Im Jahre 1636 ist es Adam Riederer, ebenfalls ein Mitglied einer Müllerdynastie im Umkreis des Landgerichts Kötzting, der als Wiesmüller in den Akten vorkommt.... allerdings als Schuldner eines erklecklichen Steuerrückstandes an die Marktkasse. Nach der Katastrophe des Schwedenüberfalls vom 29. November 1633 ist es kein Wunder, dass viele Kötztinger Bürger ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen konnten. 
StA Landshut Markt Kötzting Marktrechnung von 1636

"Einnamb an Zinßungen von dem auf Interesse ligentem Gelt
Erstlichen von Adam Riederer Müllern von Wißing ab 112 fl Haubtsuma, welche sein Vatter seel. Inn Hendig gehebt und zur Gemainen Marckht Schuldig gewest ain Jarszins eingenommen 5 fl 36 xr."

Im selben Jahr - 1636 - beginnen offensichtlich die Geschäfte der Kötztinger Sagmüller wieder anzuspringen, weil sie in der Lage sind, gleich mehrere Zahlungsposten zu erledigen.
StA Landshut Markt Kötzting Marktrechnung von 1636

"Gemaine Ainzige Einnamb
Erstlichen vom Hansen Riederer Müllern an der Sag, Adamen Riederer Müllern zu Wissing, Hannsen Khieninger, Hansen pfeffer Schneider, und Cuenz Daller als ausstehende Marckhtsteuer, so in ferttige Rechnung nit einkhommen empfangen:   15 fl 32 xr"

Weiter 1637: Interessant ist hier die neue Höhe der Marktsteuer, die offensichtlich erst in diesem Jahr eingeführt/bzw. neu festgelegt  worden war.
StA Landshut Markt Kötzting Marktrechnung von 1637

"Ingleichen Adam Riederer Müller zu Wißing hat Marckhtsteuer so ao 637 eingeführt worden sein solle bezalt 5 fl."
Ein letztes Mal kommt Adam Riederer in den Salbüchern vor. Im Jahre 1638 listet das Kloster Rott wieder einmal seine Steuerzahler auf:
HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott R1
"Adam Riederer von der Wißmühl und 3 Thail  1 fl 34 xr 1 H."


Auch Adam Riederers Zeit auf der Wiesmühle währte insgesamt nicht sehr lange, am 26.10.1639 heißt der Käufer einer Brandstätte: Georg Lärnbecher, Müller in Wiesing. Der Verkäufer wiederum ist der Pfarrer Billich aus Lam, ein Mitglied der großen Billichfamilie aus Kötzting. Die Billichs besaßen unter anderem die Marktmühle und den Gebäudekomplex, welcher heute das Haus des Gastes darstellt. Somit war der Verkäufer und Pfarrer auch ein Verwandter von Georgs Lärnbechers ersten Ehefrau, siehe der folgende Eintrag.


Georg Lärnbecher und Anna Billich

                                   Lärnbecher Georg     (+) 4.5.1660

                                    00 Billich Anna       (+) vor 1645           

                                    00 Susanna Altmann aus Furth  00 ca. um 1645  (+) 16.2.1658

                             Kinder:
                            Georg  1646
                            Anna 1647
                            Anna 1649
                            Katharina 1651
                            Georg 1652
                            Katharina 1655
                            Johann 1657

                                    00 Margaretha Obermeier aus Landsberg   am 27.1.1659

                                Kinder:
                                Anna Barbara 1659




Mit Datum des 2.3.1639 steht in den Kötztinger Heiratsmatrikeln die Hochzeit des Georg Lärnbecher aus Gmündt, mit der Kötztinger Kammererstochter Anna Billich. Es besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass Georg Lärnbecher kurz danach auch Kötztinger Bürger geworden ist. Es existieren jedoch diese Marktrechnungen nicht mehr.
5 Jahre danach verstirbt die junge Müllerin und vermacht der Pfarrkirche Kötzting 100 Gulden, die ihr Ehemann von nun an mit jährlich 5 Gulden als Grundschuld zu verzinsen hat.
Bei dieser Schuldverschreibung wird der Vorname der verstorbenen Ehefrau genannt mit "Anna". Die Kötztinger Matrikeln setzen in diesen Jahren erst sehr, sehr lückenhaft ein.

PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1645
"Georg Lärnbecher burger und Miller zu Wißing hat wegen Anna seiner Hausfrau seel verschafften 100 fl Kapital den uf kommente Lichtmessen verfallenten Zinß entricht mit 5 fl"

Die Verzinsung aus diesem Kapitalstock, den Anna Lärnbecher für den Fall ihres Todes vermacht hatte, diente zur Abhaltung eines ewigen Jahrtags.
PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1645
"Nit weniger wegen Anna Georgen Lärnpechers Millers zu Wißing gewester Hausfrauen:

"gehaltenen Jartag Herrn Pfarrer 1 fl 30 xr
dem Schuelmeister   30 xr
Meßner auch            30 xr"
In einer Musterungsliste der Kötztinger und Neukirchener Bürger findet sich im Jahre 1646 auch unser Georg Lärnbecher.
Im Jahre 1647, also ganz kurz vor dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, kam es erneut zu Einquartierungen und der Wiesmüller musste an "Ainem im Quartier zu Wissing liegenden Wachtmeister 3 Mezen Korn" abgeben, die er später vom Markt wieder mit gut 33 Kreuzern rückerstattet bekam.
Im Jahre 1655 begann der Kötztinger Probstrichter Adam Türrigl eine Bestandsaufnahme der Kötztinger Marktlehner zu schreiben, welche er aber leider nicht wirklich fertigstellte. In diesem findet sich auch ein Eintrag über GL.
HStA München Landshuter Abgabe B1 von 1654
"Wißmüll
Georg Lärnbecher burger und Müllner dasebst hat die Müll aigenthümblich Innen: darbey sein drey Mülgenng mit aller Zuegehör, dann zwo Saag zum Pretter und andere Notturfft schneiden."

 Weiter ist GL auch bei den besonderen Grundstücken erwähnt, dem "Goldhauffen"; dies ist eine Wiese, die ungefähr im Bereich des heutigen Friedhofes - in Richtung des Baches - gelegen war.

Goldthauffen
Georg Lärnpecher von der Wiß der Goldthauffen genant so zwischen.....

(hier bricht der Eintrag ab)
In den noch vorhandenen Briefprotokollen des Klosters Rott bzw. des Marktes Kötzting wird er als Zeuge aufgeführt (1650) oder bürgt er für den neuen Hammerschmied Gabriel Prändl(1651).
1654 steht ein großes Paket an landwirtschaftlichen Grundstücken zum verkauf und Gl schlägt zu, was ihn - für diese Zeit - stolze 280 Gulden kostete.
Von dem Chamer Bürger Wolf Raidt - dieser hatte die Grundstücke vom Kötztinger Kammerer Hans Raab geerbt - erwarb er am 31. Juli 1654:
"den Acker beim stainern Creuz so mit dem obern orth auf Georgen  Vogls Acker  mit dem undern orth auf Zeltendorffer Wiessmath  gegen dem tämpach furtt stosst und neben dem Zaun bei der Strass  liegt. 
Dann den halben Hopfengarten bei dem Egglhof 
Den ainen Agger in den Theillen von Hansen Schmuder herrierent, so  zwischen Hansen Vischer agger liegt , mit dem undern Orth die  Spitalwißen.
Widerumben den Zäcklagger, so zwischen der Egern bey  Herrn Pfarrers Hönigwiese und Margaretha Rossmannin Wittib Agger  ligt, mit ainem orth auf Jakoben Passauers Hitt(unleserlich) bey  der Hönigwiesen stosst,
Dann wider ainen agger bei der Urtl, so  zwischen des Wuhn und apoigerischen Äggern ligt, mit dem undern  Orth auf Herrn Pfarrers wißfleckh bei dem Raidtenweyer und mit  dem obern orth aus Vorermelten Jakoben Passauers agger stosst."

Auch die obere Torschmiede - heutzutage die ehemalige Kuglmeierschmiede - war in seinem Besitz.  
Am 3.2.1654 verstiftete er diese; „nichts ausgenommen als die hintere Stube samt der Kammer und dem Boden, welches sich der Verstifter ausnimmt“, an den Hufschmied aus Grafenwiesen Hans Müller, auf ein Jahr lang. Lärnbecher verlangt kein Stifftgeld, sondern will nur, dass der Schmied alle anfallenden Arbeiten bei der „Müllen, Saag und Hof zu Gadsdorf“ verrichten solle. Er gibt dem Schmied sogar noch 2 Metzen Weizen und 4 Ell Korn hinzu. Die gebräuchlichen Abgaben an den Markt solle aber der Schmied selber bezahlen. Den Garten im Graben (den Graben hinter dem verfallenen Palisadenzaun nutzen die Kötztinger alle brav als Gemüsegarten und nicht als Verteidigungsanlage) wollten beide Parteien gemeinsam nutzen

Im Jahr 1655 musste sich GL dem Magistrat als Gerichtsinstanz stellen, er war von Christoph Raab angezeigt worden.
StA Kötzting Verhörsprotokoll von 1655
Protokoll der Verhandlung über eine Schlägerei zwischen Georg Lärnbecher und Christoph Raab im Hause des Georg Zissler


"Clag Schlegerey

Christoph Raab ledig standts, Contra Georgen Lärnpecher burger und Müller alhir, umb daß er Kläger vor Pauli Bekherung bei Georgen Züstler ohne Ursachen mit einem Stöckhen bluedtrrünstig geschlagen, begehrt ergötzlichkeit dero Schäden und protestiert die uncosten.
"

Christoph Raab möchte also Schmerzensgeld und keine Verfahrenskosten bestreiten. Die Antwort ist kurz und bündig:

"Ist dero Schlägerey beständig, habs aber woll verursacht"

Raab meinte darauf:
"Nimmt das bestandtene vor bekhannt an und bitt nach wievor."

Worauf Lärnbecher nur antwortete:
"Ist verstanden."

Der Magistrat fällte dann ein knappes aber weises Urteil:
"Die Partheyen sollen sich in 14 Tägen mit einander vergleichen und da sie nit khönnen ainig werden soll dis wider Gebier neben Vorbehalt einer Straf verhandelt werden."

Also: sollten die zwei Streithähne sich nicht innerhalb von zwei Wochen untereinander verständigen, dann wird der Fall erneut hier verhandelt, aber dann muss mit Geldstrafen gerechnet werden.
Da eine weitere Verhandlung im Protokoll nicht anhängig ist, kann man davon ausgehen, dass der Wink mit dem Zaunpfahl geholfen hat.

Wie es sich oben bereits beim Grundstücksankauf angedeutet hat, scheint GL mittlerweile ein Großgrundbesitzer geworden sein, was auch einige "Übertretungen" mit sich brachte.

 Auch wegen eines "Schwarzbaues" wurde Georg Lärnbecher angeklagt: Einen ganzen Stall hatte er auf Kötztinger Grund errichtet. 8 Tage hatte er nun Zeit, diesen wieder abzureißen und,  ebenfalls mit Strafandrohung bewehrt, muss er zusätzlich noch seine schuldigen 2 Ledereimer (Ausrüstung der damaligen Feuerwehr)  beibringen.






Insgesamt dreimal wurde die Kötztinger Seelenbeschreibung - das Status Animarum -, also der Anfangsbestand der nach der Katastrophe langsam wieder entstehenden Pfarrei Kötzting zusammengestellt. Nach den unterschiedlichen Handschriften und den damit beschriebenen Lebensdaten kann man die drei Phasen auf 1638, 1654 und 1657 bestimmen. 


Die Familie Georg Lärnbechers - auch seine letzte, die dritte, Ehefrau war bereits verstorben sieht im Jahre 1658 wie folgt aus:

"Georg Lärnbecher                                     

Sohn      Georg 7 Jahre                                                  Tochter Anna 10 Jahre
              Hans   2 Jahre                                                               Catharina 4 Jahre
"

Bereits vor vielen Jahren hatte eine unbekannte Hand - es war aber auch dieselbe, die die unterschiedlichen Handschriften analysiert und notiert hatte - den Ausdruck "Wiesmühle" hinzugefügt.

Die zeitliche Zuordnung fällt in diesem Falle recht leicht, weil, als Georg Lärnbecher am 4.5.1660 verstarb, sogleich ein Inventarium erstellt wurde, in dem die Familienmitglieder aufgeführt sind, mit Angabe ihres damaligen Alters.

"Hierzu seint der Erben sechs nemblichen die Wittib Margaretha Georg Lärnbecher 9 Jar Alters Hans 4 Jahr Anna 12 Jahr Chatharina 2 Jahr Anna Barbara auf negstkhemment Martini 1 Jahr alt."


Die Nummer 6, Anna Barbara, war das Kind aus seiner letzten, der dritten Ehe, mit Margaretha Obermeier.

Dieses "Inventarium" Georg Lärnbechers, also eine Zusammenstellung seines Besitzes, seiner Außenstände und seiner Schulden diente dem Zweck, sein errechnetes Vermögen dem damaligen Brauch gemäß und den Regularien des Heiratsvertrages zufolge, genau gleichmäßig auf die Erben 
aufzuteilen. Leider haben sich im Stadtarchiv nur sehr wenige dieser Inventarien erhalten. 
Dieses jedoch - ein sehr umfangreicher und detaillierter Akt - hat die Zeiten überdauert und gibt uns einen tollen Einblick in die Lebensverhältnisse der sehr wohlhabenden Familie Georg Lärnbechers  auf der Wiesmühle im Nachgang des Dreißigjährigen Krieges.


Der Erbfall Georg Lärnbecher auf der Wiesmühle

(StA Bad Kötzting, Altes Archiv XI 14


 Am 4.Mai 1660 verstarb der Wiesmüller Georg Lärnbecher und hinterließ vier minderjährige Kinder aus erster Ehe und seine Witwe Margaretha, eine geborene Obermayer aus Landsberg. 

PfA Kötzting Matrikalband 1
"Den 4ten Herr Georg Lährnbächer von der Wismil alhir begraben worden."

Wie auch bei weniger begüterten Bürgern üblich, kam eine Abordnung des Magistrats in das Anwesen und erstellte eine genaue Liste aller Mobilien, Werkzeuge und Grundstücke, über den Warenbestand und die Anzahl der Tiere auf dem Hof. So ergibt sich nicht nur das Bild einer äußerst wohlhabenden Kötztinger Bürgersfamilie, sondern dieses äußerst selten überlieferte Inventarium liefert auch einen detaillierten Einblick in ein Wohnmobiliar und in die  wirtschaftlichen Verflechtungen einer Müllersfamilie mit seiner Umgebung.

Natürlich weckte solch ein Reichtum auch den Argwohn der Verwandten und prompt kam auch ein Schreiben beim  Magistrat an, in welchem  Barbara Pichlmayer aus Viechtach, möglicherweise eine Schwester der verstorbenen zweiten Frau und damit die Tante der überlebenden Kinder, ganz unverhohlen der Witwe vorwarf, sich unberechtigterweise zu bereichern und schreibt an den Kötztinger Kammerer (= heutzutage der Bürgermeister).

Erfürchtiger, vorsichtiger, ersamber und weiser groß wohlgebiethender Herrn Cammerer,

es württet glaubwürttig in Erfahrung gebracht, daß die Lärnpecherin auf der Wüssmühl alles einbackht und zusambenraumbt und wüllens nach Straubing zeführen. Dahero mein erwürdiges Bitten an einen ersamben Cammerer und wohlweisen Rath sie wollen ihr doch solches nit alles verhelfen damit doch den armen Khindern nit alles hinweckh gonommen wertte. Alles wie mit Einwexlung des Gelts beschechen ist, Gott wertte solche zu seiner Zeit schon fintten. Es nimbt ja alle Leutt groß Wuntter, dass man der besagten Lährnbecherin ihr LeinwantCästen nit das geringste Inventarisiert hat, also wertten die armen Küntter von ihrem verstorbenen Vatter und Mutter ( die Kinder stammen vor allem aus der ersten Ehe) seel wenig bekhommen, es sey gleich in Gelt oder anderen Sachen. Man hätte wohl einen verzug halten können, dass doch etwan auf das Wenigst der Altmann von Furth und meinen Hauswürtt dabei gewest, so ist solches aber ohne ainigen Freindt beschechen. Anebens sey alles Gott befolchen neben freundlciher Begrüssung Gott legs denen auf die Waag, welche den Khünttern nit zum guetten hausen.
Actum Viechtach den 19. Julius Anno 1660 dienst gehorsabmste Dienerin Barbara Pichelmayrin

Die beschuldigte Witwe ist mit dem Einspruch gar nicht einverstanden. Auf dem Umschlag des Briefes ist mit kräftiger Handschrift vermerkt:  

die Lärnbecherin widerspricht dis Schreiben völlig. den 30.Juli 1660

Dieser Brief ist insofern rätselhaft, weil in dem amtlich ausgefertigten Inventarium ausdrücklich als Zeugen aufgeführt sind: 
Tobias Altmann, Bürger und Richter aus Furth im Wald UND Paulus Pichelmayr, Ratsbürger zu Viechtach.
Damit wären die Grundforderungen der Barbara Pichelmayr aus dem Klageschreiben eigentlich bereits erfüllt worden.  Aber Papier ist geduldig, vielleicht sind diese beiden Personen auch erst bei der Reinschrift und der Endkontrolle hinzugezogen worden. Allerdings trägt das Inventarium das Datum 11.May 1660. Die weiteren Zeugen waren „Georg Vogl des Rats“ und die beiden Vormünder der minderjährigen Kinder Adam Riederer und Mühlbauer Martin. Der Schreiber war der Kötztinger Marktschreiber Adam Türrigl, dem der Markt Kötzting Jahre später seine Gruberhof Anteil verdankte.

Da die Kinder GLs ja allesamt noch nicht volljährig gewesen waren, bekamen diese - wie damals üblich- Vormünder gestellt und diese hatten über ihre Vormundschaft genauestens schriftlich Rechenschaft abzulegen.  

Der Akt beginnt mit diesen Vormundschaftserklärungen:

"Vormundtschafts Rechnung
Weillendt des Errgeachten Georgen Lärnpecher, gewesten Burger und Millers zu Közting, uf der Wismühl sel. nachgelassense 4 Kinder mittlerer Ehe verordnete Vormünder: Herrn Wolfen Pachmair des Innern und Herrn Adamen Roeder, des Eissern Rats, beede burger zu vorernannten Közting, all Ires Einemung, und Ausgebens seit den 5. Aug 1666 abgelegten Rechnung
."

Es beginnt mit der "Einzahlung" des rechnerischen Erbteils, eine für damalige Verhältnisse außergewöhnlich hohe Summe Geldes: fast 950 Gulden pro Kind.


"Einnamb
Dise vier Pflegekhindter, Georg, Johannes, Anna, und Catharina
Vermög der vom 5. Aug 1666 von Cammerer und Rhat ratificirten Rechnung ist iedem Kindt, mit sambt den Grundstückhen und ufliegenten gelt, 949 fl 7 xs 3 dn 1 H. Zesamben aber gefallen 3769 fl 31 xr 2 dn  pro Memoria.
"

Als der Obere und der Untere Weyer abgefischt worden war, wurde der Ertrag ebenfalls als Einnahme auf die Kinder umgelegt.

"Allweillen annü 166 der Ober: und Under F Weyer gericht: Als ist zu der Pflegghinder mitterer Ehe, thaill gefallen, an Khärpfen 1 Cennten 56 Pfund. Auch iedes Pfund verkhaufft worden per 4 xr. Dann an Höchten 15 Pfund iedes zu 5 xr verkaufft und zesamben hirfür eingenommen worden 11 fl 39 xr."

Ähnlich akribisch wurden auch die Ausgaben für die Kinder - einzeln - aufgelistet.
Hier Auszüge aus der Abrechnung für den ältesten Sohn, Georg.

"Volgen dargegen die Ausgaben 
und erstlichen den Sohn Georg betreffend.
Den 24 Octb. 1666 ist ihme ain par Schuech erkhaufft und darfür bezalt worden 28 xr."
2 fl 30 xr fielen an als seine Ausgabe für/bei der Hochzeit seiner älteren Schwester Anna (nun gerade mal 18 Jahre alt) 
Einschub:  
Die Hochzeitsfeier der Tochter Anna am 7.11.1666 wurde im Gasthause des Cammerers Andreas Billich (heutzutage Haus des Gastes) gefeiert und kostete allein an „Zöhrung und anderen weegs“ stolze 45 fl 15 , der Hochzeitseintrag selbst ist in den Kötztinger Matrikeln nicht verzeichnet.

 Im selben Jahr heiratete der Kötztinger Bürger Pachmayr (saß auf dem Anwesen das heutzutage der Amberger Hof ist) eine Lärnbecher Regina, Tochter des Georg, Müllers aus Gmünd. Dieser Georg sollte/könnte/müsste der Georg Lärnbecher sein, der in dem Inventarium als Stiftsmüller auf der Wiesmühle und Bruder des Verstorbenen  angegeben ist, ob der junge Georg dann auch die väterliche Mühle übernommen hat oder diese dann in den Besitz seines  Onkels übergegangen ist, geben die Unterlagen nicht her….
Einschub Ende   

1 fl 13 xr erhielt der "Bürger und wällischer" Hanns Tieranck für "wulches Tuch für ein par Hosen", Bänder und Häfftl.
"Ainem Handtwerch der Müller für 2 Pfund Wax"
Im Februar 1667 erhielt der junge Mann, nun 15/16 Jahre alt 12 Kreuzer "uf die Fasenacht".
8 Kreuzer erhielt er "uf die österliche Zeit zum Beichten und Communicirn".
Auch nach Neukirchen auf die Wallfahrt war er unterwegs und erhielt dafür als Zehrpfennig 6 Kreuzer ausbezahlt.
Am 22.8.1667 war er Gast auf der nächsten Hochzeit - des Hans Schreiners Tochter - und durfte dafür 40 Kreuzer ausgeben.
An Weihnachten 1667 erhielt er 9 Kreuzer.
So geht es in der Liste immer weiter, es wechseln sich in munterer Folge Ausgaben für diverse Kleidungstücke ab mit Ausgaben für besondere Gelegenheiten.
Georg Lärnbecher jun. wurde wohl ebenfalls Müller: der Kötztinger Müller Paulus Hoffmann, "Miller an der Saag", bekam 1668 das halbe Lehrgeld (damals mussten die Lehrlinge noch das Lehrgeld zahlen und nicht umgekehrt) in Höhe von 15 Gulden. Im selben Jahr ist ein Betrag von 15 Kreuzern ausgewiesen mit dem Vermerk:“Ihme zu Rainhausen bey Regensburg zuegestellt.“
Möglicherweise hat er dort seine Wanderschaft als Müllergeselle begonnen, denn am Ende der Abrechnung steht ein Kapitel:

"Demnach der Pflegsohn Georg bei ainem Ersamben Handtwerch der Miller alhir widerumben frey- und ledig gestellt: Als ist bei dem HandtwerchsVatter Veith Raidten in Zöhrung ufgangen und vermög Schein Nro 3 bezahlt worden 5fl 32 xr."
Er erhielt also im Jahre 1668 seine Freisprechung als Müller.

Die Dreijahresabrechnung für Georg Lärnbecher ergab einen Gesamtbetrag von fast 90 Gulden.
Die detaillierten Auflistungen für die anderen Pflegekinder sind alle dem Akt beigelegt.

Die oben angegebenen Erbsportionen der Kinder und der Ehefrau beziehen sich auf das Inventarium vom 20. Juli 1660, das von Wolf Kolbinger und Jakob Passauer - beide Mitglieder des Äußeren Rats, und von Leonhard Vogl, Mezger, und Paulus Hofmann, dem Kötztinger Sagmüller, aufgestellt wurde.
"Die vorhandene Mühl sambt der Saag uf der Wißmühl genannt" wurde auf 1400 Gulden geschätzt.
Die Wiesmühle war in der damaligen Zeit sowohl eine Sagmühle als auch eine Mahlmühle. Dies belegen die zusätzlichen Berechnungen der „drei noch vorhandtenen unabgerichten Milstein“, die auf 9 Gulden geschätzt worden waren.


Im Viehstall waren:

3 Mannroß sambt einem Seigling
2 jährige Fühl
5 redo(reverendo=mit Verlaub) Khüe[1]
2 jährige Stierl
2 zwijährige Khalbin
2 zwijährige Stier
3 Schweinsmuetter sambt 8 Seugling
3 Schweinsfrischling

Einschub
Reverendo: mit Verlaub: anders als bei der Verwendung des Wortes Ross, wird bei Kühen ein unangenehmer Geruch und verbunden und daher wird – auch im Schriftverkehr – diese Wortfloskel benutzt. Manchmal auch bei Hosen, Strümpfen, Abfall, also allem was mit Gestank bzw. Unreinlichkeit verbunden ist.
Einschub Ende

Anwesen und Grundstücke 
aus der Erbmasse 

Nun folgen die Grundstücke und Anwesen, welche alle Georg Lärnbecher gekauft/besessen hatte, und da stecken auch ein paar Überraschungen drin:

Die Schmidtstatt beim obern Tor (Vorläuferbau der Schmiede Kugelmeier)
Das Pollmüller Haus  - zwischen Herrn Cammerer Raidten und Herrns Wolffen Pachmaier des Eußern Raths und Metzgers alhier gelegen - (Dies war die damals einzig mögliche Art und Weise die Lage eines Hauses zu beschreiben. Plannummern und genaue Kataster gab es erst ca. 200 Jahre  später,  heutzutage das Anwesen des stillgelegten Wirtshauses Rabl in der Metzstraße

Besitzanteil an der Raithischen Behausung (heutzutage im Kaufhaus Wanninger aufgegangen)
Der ½ Hof in Gadstorf sambt „Viech, Vahrnus, Traidt und anderes“, angeschlagen mit 308 Gulden.
Der Zehent zu Beckendorf (= das Recht von allen Bauern in Beckendorf die Zehentgarbe bei der Ernte zu fengen  =bei der Ernte am Feld oder aus den Stadeln abzuholen)

  

Viele einzelne Grundstücke, die nun als „Lärnbecherisch“ aufgeführt werden, weisen auf frühere Besitzer hin. Auch dies ein Hinweis, dass die Familie Lärnbecher von den großen Wiederaufbaumaßnahmen nach dem 30jährigen Krieg und der Zerstörung Kötztings deutlich profitiert hatte. 

Bei den früheren Besitzangaben waren oft „Theile“ mitangegeben, bei diesen „Teilen“ handelt es sich vermutlich um Grundstücke bzw. Anteilen, an denen der jeweilige  Besitzer nur die einmalige Nutzung als Wiese oder Acker hatte und auf dem dann nach dieser Ernte die Gemeindeherde eingehütet wurde.

Es ist die Rede von dem Wiesmüller „Teil“ am „Keidischpach“ aus 5 Äckern und 1 Wiese, von einem Teil aus 5 Äckern ohne Wiese, der von Hans Raab herrührte, ebenso von demselben stammte ein „Teil“ mit 4 Äckern und dem dazu gehörigen Krautgarten „negst der Strasse eby der Wißmüll“.  Ein weiterer „Teil“ mit 6 Äckern und einem Wiesenfleck wurden von der Raabfamilie und von Wolf Raidt zu Lam zugekauft. Ein Schmuckstück im Besitz der Lärnbecher  sind die 3 Weiher im Goldhaufen mitsamt der Wiese, die alleine auf 300 fl. angeschlagen werden, ein Betrag also mit dem alleine man damals einen veritablen Bauernhof hätte kaufen konnte. Weitere Namen von Flurstücken, in denen Lärnbecherische Grundstücke lagen waren: die Predlwiese, der Genskragen (heute Teil des Schwimmbades), die Leitten.
2 Äcker in der Urtl (heutzutage der Abhang des Schinderbuckels)


Ausstände und vergebene Kredite


Nach der Beschreibung der Grundstücke folgten nun in der Zusammenstellung  die Geldbeträge, die als Ausstände  bzw. Forderungen zu bezeichnen waren, dabei sind neben den Holzlieferungen offensichtlich auch viele Privatpersonen mit ansehnlichen Summen bei den Lärnbechern verschuldet bzw. bekommen noch Geld.
Als Beispiel hat das Kloster Oberaltaich eine Schuldverschreibung über 500 fl in Händen, welches das Heiratsgut der nunmehrigen Witwe gewesen war. Der Kötztinger Pfleger und Landrichter selber bekommt noch 140 fl von  der Familie.  Die Namen und Orte weisen auf starke Verflechtungen in unserem Raum hin:

Forderungen an die Familie:

Wolf Lärnbecherische Erben wegen des Goldhauffens
Frau Kholbinger zu Pirnprunn
der junge Pächl zu Perndorf wegen einer versetzten Wiese
dergleichen Adam Schiessl zu Weißenregen
Hans Heuglische Erben zu Zeltendorf
Adam Lärnbecher zu Gmundt
der „alten“ Lärnbecherin
Andreas Wolf, gewester Wirth zu Wettzell
Zum Gotteshaus alhier wegen des Lärnpöchers seelig ERSTEN Hausfrau der Billichin seel. gestifften Jahrtags.

Dieser Hinweis ist interessant:  
1. Beweist er doch, dass Georg Lärnbecher dreimal verheiratet war, also zuerst mit  N. Billich und danach mit Barbara Altmann und Margaretha Obermayr.
2. Mit der Einheirat in die Familie Billich sind die beiden wohlhabendsten Familien Kötztings der damaligen Zeit vereinigt. Die Billichs besaßen die Marktmühle und die Privatbrauerei, welche heute das Hotel zur Post darstellt, ein Marktlehen im Ort und diverse Bauernhöfe in der Umgebung.

Ebenso lang ist dann die Liste der Schuldner und Zinszahler:

Michael Sonnleittner zu Hinterwaldeck
Georg Zissler Bürger und Schuster
Die Herren von Kötzting, also der gemeine Markt
Auf der Prändlischen Behausung liegt noch eine Grundschuld
Paulus  Pichelmayr, Ratsherr in Viechtach
Hans Schreiner, Bürger und Bäcker aus Kötzting
Paulus Hofmann, Sagmüller
Tobias Altmann, Stadtrichter in Furth
Hans Vogl vom Straßhof, nun Georg Vogl in Kötzting
Meister Egidius, ein Schreiner aus Straubing
obiger Georg Vogl Ratsmitglied in Kötzting
Sebastian Peinkofer aus Beckendorf
Georg Plöz zu Gehestorf
Hans Loperger zu Arrach
Hans Lärnbecher zu Chamerau
Gabriel Müller zu Ärndorf
Michael Neumeier zu Ottenzell
der Schmied zu Rittsteig 

Interessant sind die Hinweise auf das Bargeld:

2 zöhenfache Ducaten                                                 60fl       
16 doppelte Ducaten                                                   96fl
48 ain fache Ducaten                                                144 fl   
1 doppelter Reichstaller                                              3 fl
63 gannze Reichstaller                                              91fl 30 xr
24 Guldentaller                                                        31 fl
Im Stadl in der Flaschen:

200 Reichstaller machen                                            300 fl


Auch die Beerdigungskosten für Georg Lärnbecher mussten bei der Aufstellung des Vermögens berücksichtigt werden. Diese Kosten für Pfarrer und Kirchendiener schlagen mit stolzen 31 Gulden zu Buche. Es sind zusätzlich auch noch Posten beim Apotheker in Cham offen für die Behandlung der verstorbenen ersten Frau, ein Vorgang der wohl Jahrzehnte zurückliegt. Der "Wällische" (vermutlich der Krämer Türanck) bekommt noch 14 Gulden für die Waren, die zur Trauerbekleidung notwendig gewesen waren.
Mit dieser Erbverteilung waren zumindest die finanziellen Anteile geregelt. Wie es auf der Wiesmühle weitergegangen ist, kann nun zuerst nur vermutet werden.
-  Georg Lärnbecher, vermutlich der Bruder des verstorbenen, auch, Georg Lärnbecher, war nun zuerst einmal Stiftmüller.
-  Georg Lärnbecher, der Sohn, lernte das Müllerhandwerk.
Da in den Briefprotokollen zu dieser Zeit eine große Lücke auftaucht, kann eine mögliche Besitzerfolge nur indirekt bewiesen werden .In den Hochzeitsmatrikeln der Pfarrei Kötzting gilt es nun die Ehen, die Ehepartner und die verschiedenen Kinder dieser drei Lärnbecher Georg auseinanderzudividieren.
In der Kirchentrachtrechnung von 1670 kann man diese Aufteilung noch gut nachvollziehen.
Georg Lärnbecher ( der Pächter) zahlt für die Mühle und die Vormünder der Kinder reichen die Abgaben für ihren Teil.
 
HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott R1 von 1670

"Georg Lärnpecher von der mihl und Thaill                                           1 fl 53 xr 2 dn
Lährnpecherische Vormundter der Riederer gibt von 2 Thaill.                       4 xr 2 dn
"

Zwei Jahre später haben die Vormünder diese Flächen wohl weiterverpachtet, denn nun heißt es:
HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott R2 von 1672

"Georg Lährnpecher von der Mill und 2 Thaillen
Wolf Purl burger und Mühler zu Viechtach von ainem alhiesigen Thaill
"

Auch wenn Georg Lärnbecher hier nur als Stiftsmüller den Betrieb übernommen hatte, so ist es doch er, der führend bei einem Prozess der Kötztinger Müller aufgetreten war. Als nämlich im Zusammenhang mit einem großen Kriminalprozess beim Landgericht Kötzting - bei dem man bereits bei Prozessbeginn wissen konnte, dass Todesurteile ausgesprochen werden würden - die Notwendigkeit erkannt worden war, die Galgen zu erneuern, stellte das Landgericht das Ansinnen an die Kötztinger Müller - angeblich wie früher auch - das "Hochgericht"  auf Handwerkskosten zu errichten.
Die drei Kötztinger Müller, der Sagmüller Paulus Hofmann, der Wiesmüller Georg Lärnbecher und der Marktmüller Georg Billich, unterschrieben nun für das „gesamte Handwerk alda“ und führten an, sie hätten die Aufforderung, ein Hochgericht errichten zu müssen, „mit Verwunderung“ vernommen.
Sie bezeichneten diese Aufforderung als eine „Servitut und Neuerung“, der ihren „Nachkhämlingen zu unwiderbringlichen praejudiz und Nachfluech geraichen würdte
Aus diesem Grunde würden sie gegen diese Aufforderung Protest einlegen. Die Müller machten auch klar, dass, sollte das Landgericht darauf bestehen, sie dieses dann „als Partei“ ansehen würden, was nicht anderes hieß, als dass sie es auf einen Prozess ankommen lassen würden, in dem das Landgericht dann halt versuchen müsste „zu probieren [=beweisen}, daß nur ainmahl: geschwaiges öffter dergleichen Aufrichtung aines Hochgerichtes von uns beschechen seye, dann ob zwar vorgewentt: und nachmals hierauß Erzwungen werden will, daß solches an thailß Orthen ain altes Herkhommen.
Die Kötztinger Müller, allen voran eben Georg Lärnbecher, weigerten sich standhaft und durch viele Eingaben, verstärkt mit vielen Zeugenaussagen, konnten sie bei der Regierung ihre Ziele durchsetzen und der Landrichter musste die Galgen auf Kosten des LGs errichten lassen.
Im Einzelnen kann dieser Streit im Band 40 der "Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham" auf Seite 61 nachgelesen werden.
Georg Lärnbecher - der zwischenzeitliche Kötztinger Bürger und Stiftsmüller, der hier so vehement für die Kötztinger Müller eintrat, verstirbt am 6.4.1675.
Fast zwei Jahre vorher hatte Georg Lärnbecher geheiratet und vermutlich zu diesem Zeitpunkt mit gerade mal 22 Jahren das Erbe seines Vaters angetreten.
Einschub

 

Georg Lärnbecher und Regina Weingärtner


 Am 26.6.1673 heiratete Georg Lärnbecher eine Frau Regina Weingärtner aus Ruhmannsfelden

PfA Kötzting Band 1 Seite 260

"Den 26. Juny sein copuliert worden der ehrenzichtige Jüngling Georgius Lährnpecher des ehrsammben Georg Lährnpechers gewesten Burgers und Millner seel. an der Wismühl zu Khezting, Susanna seiner Ehefrauen seel. hinderlassner Ehelicher Sohn, dann die Ehrentugentreiche Jungfrau Regina Weingärtnerin des ehrsamen Georg Weingärtners gwesten Burgers und Lederers seel zu Ruemansfelden und Rosina seiner Ehehausfrauen noch im Leben eheliche Tochter. In beysein der Zeigen Herrn Andreen Billichs und Adam Riederers, beede Cammerer alhir zu Khezting
P: Thomas
"

Das Müllerehepaar wird zusammen 6 Kinder bekommen:
1674 Johann Georg
1676 Anna Margaretha
1677 Johann Jakob
1679 Anna Maria
1685 Johann Stephan
1689 Anna Barbara

HStA München Kötzting GL Fasc 1829/62/6
In der nächsten überlieferten Kirchentrachtliste wird er nur noch als "Müller zu Wising" bezeichnet, ohne eine eigene Namensangabe.
Auch in allen Geburtseinträgen wird der junge Vater durchgehend als der "Wiesmüller bezeichnet".  Damit ist leicht zu entscheiden, dass die Mühle, nach dem kurzen Intermezzo durch seinen Verwandten gleichen Namens, später dann in den Besitz des Sohnes übergegangen ist.
Ebenso wie sein Vater, so taucht auch der junge Georg Lärnbecher in diversen Rechnungsbüchern als Holz- bzw. Bretterlieferant auf: 1677 kauft der Markt „42 Schwartling zur Eindeckhung der Brunnchoer“, also billige baumrunde Bretter, um die Brunnen im Markt winterfest zu machen.  1678 wird derselbe Georg mit 34xr 4 H gestraft, weil er „Wolf Paumann von Zenching einen Schelmen und Pernhietter“ genannt hatte. Dies stand deshalb in den märktischen Rechnungsbüchern als Einnahme, da  diese Beleidigungen auf dem Gebiet des Marktes Kötzting passiert waren und daher auch vom Magistrat abgeurteilt wurden. Die ausgesprochenen Geldstrafen tauchten dann in den märktischen Rechnungsbüchern auf.
1685 war’s dann schon eine kleine Rauferei, allerdings ohne größere Folgeschäden, und daher wurde ebenfalls in Kötzting verhandelt, da er : „
Georg Pachmayer mit Stessen angefallen“ hatte. Die Strafe waren ebenfalls erneut 34 Kreuzer und 4 Heller. 
Im Jahre 1690 kommt es wieder einmal zu einem Streit über das Fallrecht bei der Wiesmühle, da GL offensichtlich einen Unterschied macht, ob es sich um privates Brennholz oder Holz zum Verkauf handelt, denn ersteres lässt er unentgeltlich durch, für Hausnotdurft. 
Aber um 100 Klafter durchschleusen zu lassen, verlangt er aber entweder jeweils  einen "Klafter in Natura" oder soviel "in Geld wie jedes Klafter in Verkauf einbringt" Es heißt im Akt des Magistrats, der sich von 1690 bis 1693 hinzieht, dass wiederholt eine Sitzung einberufen, aber kein Beschluss gefasst worden wäre. 
Als es im Jahre 1698 wieder einmal zu Einquartierungen in Kötzting kommt, legt der Magistrat fest, dass GL wegen seines außergewöhnlich Vermögens eine höhere Abgabenlast tragen müsse.
Im selben Jahr muss er sich dem Landrichter vor Gericht stellen, weil er seinen Mitbürger Martin Hofmann beleidigt hatte mit der Aussage, " wenn dieser nicht wäre, so wollte er seiner Tochter 200 Gulden mehr Heiratsgut geben".  Die Antwort Hofmanns war dann schon direkter: "wann Lährnpöcher dises rede, seye er khein präfer mann nit". Eine Retourkutsche, die GL dann mit Fäusten beantwortete. Da Martin Hofmann davon ein "Veilchen" bekam, musste die ganze Angelegenheit vor den Landrichter, der GL dann mit 1 Pfund Regensburger Pfennige für dessen Anteil an den ganzen Vorgang bestrafte.
Der Streit jedoch war mit den "blauen Augen" des Martin Hofmann noch nicht zu Ende gewesen, denn Martin Hofmann wollte sich so leicht nicht geschlagen geben:.
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung Kötzting von 1698
"Entgegen hat sich obiger martin Hofmann nach solch in bemelter Schmid Antonischen Würthsbehausung von dem Lährnpächer empfangenen Schlögen zur Stuben hinaus begeben, Ihme den Rockh ausziehen lassen und volglich widerumben in die Stuben hineinkhommen, den Lährnpächer nut nur allein ins Haar gefahlen und ebenmassen mit Schlögen tractiert, sondern darbey auch noch betroht, er solle Ihme heunt nit aus em Marckht khomben
Für seinen Anteil an dieser Rauferei und der Drohung durfte nun auch Martin Hofmann ein Pfund Regensburger Pfennige berappen.Für solch ein Pfund Regensburger Pfennige hätte er fast 23 Maß Bier erhalten, also keine allzu kleine Geldstrafe in der damals so bargeldarmen Zeit.

Gleich zu Anfang des Spanischen Erbfolgekriegs taucht er erneut in den Rechnungsbüchern Kötztings auf, als er den Abmarsch der Preußischen Truppen 4 Tage lang mit seinen Fuhrwerk begleitet hatte. 
Auch in den Folgejahren können wir den Wiesmüller noch bei der einen oder anderen Verhandlung belegen.
1706 steht er erneut vor dem Landrichter, dieses Mal wegen der Beleidigung des Kötztinger Kammerers. Er habe  "Johann Märckhl des Inneren Rhats Cammerer diessorths ohne Schuldt und Ursach nit nur ainen S:V: Hundtfott verschmecht, sonntern noch darzue mit einen Fluederhackhen etliche Straich ybern Ruckhen versezt". Die Strafe: 1 Pfund Pfennige
1708 wurde wieder einmal ein kleines Haus in Kötzting an den Meistbietenden verkauft, weil der Vorbesitzer auf die "Gant" gekommen war. Das kleine Haus mit der alten Hausnummer 107 ist heutzutage im Komplex des Hotels Zur Post aufgegangen und befand sich in dem kleinen Gäßchen hinter der heutigen Drogerie Kretschmer. GL hatte zunächst das höchste Gebot mit 160 Gulden abgegeben und den Verkauf auch bereits vor dem Magistrat beurkunden lassen. In all diesen Zwangsverkäufen war jedoch eine Frist vereinbart, innerhalb derer der Verkauf rückgängig gemacht werden musste, wenn - trotz Beurkundung - ein höheres Gebot eingereicht werden würde. Dies geschah - ausgerechnet sein Widersacher bei der Rauferei - durch Martin Hofmann und der Verkauf musste rückabgewickelt werden, allerdings ohne finanziellen Schaden für GL.
Am 27.7.1725 verstarb Regina Lärnbecher. Georg Lärnbechers Sterbeeintrag ist in Kötzting nicht zu finden.

Ullrich Reitmeier und Barbara Lärnbecher


Am 11. Februar 1726 heiratete der von der Englmühle stammende Ullrich Reithmeier die Tochter Barbara von Georg und Regina Lärnbecher. Georg Lärnbecher wird im Heiratsdokument bereits als "ehemaliger Müller" und der Bräutigam bereits als der "Wiesmüller bezeichnet.
"Am 11. desselben Monats [Februar] haben den Bund der Ehe geschlossen der ehrenwerte Jüngling Udalricus Reittmayr, Bürger und Müller auf der Wismühl, ehelicher Sohn des verstorbenen Müllers auf der Englmühle Andreas Reittmayr und seiner Frau Ursula, mit seiner Braut, der mädchenhaften Jungfrau Barbara, Tochter des ehrenwerten Herrn Georg Lärnpecher, Bürgers und ehemaligen Müllers auf der Wismühle und seiner verstorbenen Ehefrau Regina. Die Trauzeugen waren Franz Waldherr und Christoph Kollmayr, beide Bürger von Kötzting.
Pater Emmeram hat die beiden verheiratet
."
Im Kirchentrachtregister des Klosters Rott über die Bewohner des marktes Kötzting finden wir gleich an erster Stelle auch die "Wüssmihl"
Diese Liste, die Abgaben auf Erntemengen auflistet, zeigt uns, dass Ullrich Reitmayr Weizen, Roggen, Gerste, Hafer und Flachs angebaut hatte


1728 taucht Reithmeier Ullrich als Müller auf der Wiesmühle auch in den Rechnungsbüchern auf und wird aktenkundig damit, dass er „8 Fluder Saagpaumb aus dem Wätzlholz“ gekauft hatte, aus dem Wald also, der dem Markt Kötzting als Gemeinschaft gehörte.
1741 ist Reithmeier Ullrich ohne Vertrag und Testament verstorben - auch in den Kötztinger Sterbematrikeln ist er nicht zu finden - und hinterließ als Erben neben seiner Witwe Barbara auch noch seine Geschwister, den Reithmeier Johann, Müller aus Zenching, und als Schwäger die beiden Kötztinger Bürger: den Schreiner Philipp Clinger und den Fluderknecht Veith Prandl. Alle zusammen schlossen dann einen Vergleich über das Erbe.  
1742 war die Witwe gezwungen wegen der Brandschatzungsforderungen des Barons von der Trenck, der kurz zuvor die reiche Stadt Cham eingeäschert und geplündert hatte, eine Anleihe aufzunehmen um diesen auf sie fallenden Verpflichtungen nachkommen. Noch 1747 wird Barbara als Besitzerin der Wiesmühle aufgeführt und der Betrieb wird vermutlich in dieser Zeit verstiftet worden sein, denn als Frau konnte/durfte sie solch einen Betrieb über solch lange Zeit wohl nicht halten.
 
Ein Hinweis, wie schwierig es für die Witwe war diesen Betrieb am Laufen zu halten, gibt eine Schenkung aus dem Jahre 1747 (STA Landshut Briefprotokolle Markt Kötzting von 1747), als sie eine kleine Wiese, die als Pertinenz – und somit eigentlich ein Grundstück, dass unlösbar mit dem Anwesen verbunden ist und grundsätzlich nicht vom Hauptanwesen abgetrennt und verkauft werden durfte um den steuerlichen Wert eines Anwesen nicht zu schmälern – an den „freundlich geliebten Schwagern Johann Balthasar Schöllinger, Färber daselbst, auch all dessen Erben Freundt und Nachkommen" schenkte: "in Ansehung ihr Selber unter dem währenden Wittibstand viel Hülff und Guett thatten erwiesen". Damit der Wert der Wiesmühle aber erhalten blieb, widmete sie eine kleine Wiese, die eben nicht als Pertinenz- in ihrem Privatbesitz gewesen war, zu einer solchen um und alle, auch das „Finanzamt“, waren zufrieden.

Johann Nepomuk Dominikus Graf und Maria Josepha Mausöhrl

Am 3.Februar 1749 verkaufte "Anna Barbara Reuthmayrin , verwittibte Bürgerin und Müllerin uf der Wißmihl alhir“ mit Beistandsleistung ihres Schwagers Johann Balthasar Schöllinger , die „durch Übergabe an sich gebrachte Mahl: und Schneidtsaagmihl“ zu gedachten Wißing cum omnibus(allen) Pertinentiys, dann 2 aaigenthumblichen Thaillen…… an den Hochedl gestrengen Herrn Johann Nepomuc Dominico Graf J:v:Titl: dann der churfürstlichen Durchlaucht in Bayern Pfleg: und Landgerichts commissario derorthen dan der auch hochedlgestrengen Frau Maria Josepha…benanntlich um 3300 fl rechtspactierte Khauffs summa". Die Kaufssumme und zusätzlich noch 12 „Specias duggaten“ als Leikauf legte der Käufer gleich bar auf den Tisch und die Verkäuferin quittierte den Erhalt sofort und gültig für alle Zeiten. Protokolliert wurde der Vorgang durch die beiden Gerichtsprokuratoren.
Maria Josepha Mausöhrl, seine Frau, wird als aus Landshut stammend in den geburtsmatrikeln angegeben.
Die Kötztinger Pflege war für eigentlich bestimmten Pfleger und Landrichter viel zu unbedeutend und viel zu weit in der Provinz, so dass sich die jeweiligen Pfleger mit der Vergabe dieser Stelle an Pflegskommissare ganz einfach aus der Bredouille zogen.
Interessant ist hier auch, dass der neue Besitzer der Wiesmühle sich um das Kötztinger Bürgerrecht bemühen musste, selbst als kurfürstlicher Pflegskommissar war er im Markt Kötzting eher ein Niemand. Erst mit dem Grundbesitz und der Zahlung von 30 Gulden für das Kötztinger Bürgerrecht stiegt er in die oberste Bürgerschicht auf.
Dominicus Grafens Familie taucht auch in den Matrikeln auf, gleich drei Kinder sterben kurz hintereinander in den Jahren 1747-1749. Leider war den beiden das Glück auch als Paar nicht hold, am 22.November 1750 verstarb der Viceprätor Johann Nepomuk Graf und seine Witwe Maria Josepha heiratete einfach den Nachfolger im Amt des Pflegskommissars Franz Xaver von Frank.
PfA Kötzting Band 18 von 1750
"Am 22. desselben Monats [November] wurde  - mit allen Segnungen versehen - begraben der ehrenwerte und leuchtende Herr Dominicus Johannes Nepomuk Graf, Viceprätor (Pflegskommissar) hier."



Franz Xaver von Franck und Maria Josepha Graf

Es steht zu vermuten, dass der neue Ehemann mit der ebenfalls angeheirateten Mühle nicht viel am Hut gehabt hatte. Jedenfalls verkaufte die Pflegskommissarin Maria Josepha von Franck am 27. Mai 1755 auf Anweisung und Beistandsleistung ihres Ehemannes,  die Wiesmühle an das Rabenbauersche Ehepaar Hans und Barbara aus Untergschaid, aus der Baron Schönbrunnerischen Hofmark Miltach,  um 3240 Gulden. Im Kaufbrief ist ausdrücklich erwähnt, dass auch eine Schweinsmutter und 1 Ober- und Unterbett mitverkauft worden sind. Ob Ihro Gnaden, Herr und Frau Pflegskommissario, jemals in den Betten geschlafen hatten, geht daraus nicht hervor.

eigenhändige Unterschrift des Franz Xaver von Franckhen

Vier Monate später quittiert die Pflegskommissarin den Erhalt der Kaufsumme und damit ist der Besitzwechsel rechtsgültig und unverrückbar abgeschlossen und Kötzting hat einen neuen Bürger und Müller. Für das Bürgerrecht in Kötzting musste er übrigens 30 Gulden bezahlen, eine respektable Summe zu dieser Zeit.

Hans Rabenbauer und Eva Barbara


Ähnlich wie der Pflegskommissar Graf, musste auch Johann Rabenbauer stolze 30 Gulden für das Kötztinger Bürgerrecht bezahlen.  
Gleich bei seiner ersten Mühlbeschau - eine frühe Lebensmittelkontrolle und durchgeführt von einem Mitglied des Äußeren Rats - noch im gleichen Jahr fällt er durch - oder auf - und wird mit 30 Kreuzern dafür bestraft, dass sein "mittlerer Mahlgang um 1/2 Zoll zu weith" gewesen war.
Hans Rabenbauer kaufte der Frau von Francken auch noch andere Grundstücke ab, die diese von ihrem ersten Mann erhalten hatte, so zum Beispiel den halben Herrenweiher um 250 Gulden.
1760 erwischte es ihn dann heftig: Am 11.02.1760 brannte es in seinem Kamin und er musste zugeben, diesen nicht richtig gesäubert zu haben, was eine Strafe von 1 Gulden, 8 Kreuzer und 4 Heller zur Folge hatte verbunden mit einem strengen Verweis. Auch die Kaminbeschau war eine Aufgabe des Äußeren Rates, aber die Herren konnten schließlich nicht überall sein, vor allem nicht im Winter, wenn jeder Kamin brannte.
Auch wenn es nicht der Wiesmüller selber war, so ist es doch eine Nachricht aus dem täglichen Leben aus dem Umfeld der Kötztinger Wiesmühle Mitte des 18. Jahrhunderts:
Hans Georg Heigl, der Hofbauer von der Hofmark Wettzell, und Thadeus Kolbeck, Mühlknecht auf der Wiesmühle, hatten "ain gemeinsames Geräuf gehalten, wobei Heigl Agressor gewesen, "welcher dem Kolbeckh ain Maas Pier anfänglich ins Angesicht geschittet und das Leibl zerrissen, wo hinach selbe zusammengefahren und ordentlichmiteinander geraufft." Diese Raufferei war unblutig abgelaufen, denn sonst hätte sie nicht vor dem Kötztinger Magistrat verhandelt werden dürfen, also alles halb so schlimm…

Anna Maria Rabenbauer




Schon am 6. Februar 1768 verkaufte das Rabenbauersche Ehepaar die Wiesmühle an die Tochter Anna Maria. Mitverkauft wurden die „Behausung, 2 alte Pferde, 2 Khue, 2 Stierl, 1 Schweinmutter und 3 Schaaf“. Die Ausnahmsregelung für das alte Müllerehepaar bestand in der freien Herberge „ auf dem obern Stübel und Kämmerl daneben“. Neben den Vereinbarungen über Brennholz und Nahrung sollte er noch eine Kuh unter die anderen stellen dürfen und auch die Mitbenutzung im Garten hinter dem Stadel wurde geregelt. Vier Seiten lang ist die Liste der Verpflichtungen und Wünsche der Übergeber an die Nachfolger und vieles ist genauestens geregelt und aufgeschrieben. Sicher ist sicher, man weiß ja nie wie der neue Bauer mit den Schwiegereltern klar kommen wird. Die Kaufsumme beträgt 3000 fl. 1000 Gulden sollte sie sich als Heiratsgut anrechnen lassen und 1000 Gulden davon an ihren Bruder, den Kötztinger Bürger und Fluderherr Johann Michael Rabenbauer, auszahlen.
Eine Zusatzbedingung war: sollte sie die Mühle vor Ihrer Verheiratung verkaufen wollen, so müsse sie diese zuerst ihrem Bruder Johann Michael zum Preise von höchstens 3000 Gulden anbieten, diese Summe durfte unter keinen Umständen überschritten werden.
Weniger als zwei Wochen nach dem Verkauf verstarb der Wiesmüller Johann Rabenbauer am 17.2.1768.


Johann Michael Rabenbauer und Lecker Anna Margaretha

Es kam aber alles ganz anders: ein Cessionsbrief vom 18.März 1772 gibt Auskunft. Frau Anna Maria Rabenbauer hatte nicht nur nicht geheiratet, sondern war als Frau Maria Floriana ins Kloster Säben in Tirol gegangen und so kam es nun zu einem  Verkauf und , da das Benediktinerkloster  Säben beim Heiligen Kreuz in Tirol ihr einen Kötztinger Prokurator als Anwalt zur Seite gestellt hatte, gab es keinen Deal sondern der Preis war mit 3000 Gulden festgesetzt, unverhandelbar.  1000 Gulden solle an das Benediktiner Kloster gezahlt werden und für die Mutter Eva Barbara solle nun der Bruder alleine und lebenslang aufkommen.
Der neue Besitzer der Wiesmühle war nun der Herr Johann Michael Rabenbauer, des inneren Rats und bürgerlicher Fludermeister zu Kötzting, einer der Gegenspieler des zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Höhepunkt seiner Macht stehenden Kötztinger Kammerers Wolfgang Samuel Luckner, mit dem er bereits heftig aneinandergestoßen war und noch viel Ärger haben sollte, denn Michael Rabenbauer „vergriff“ sich an Wolfgang Samuel Luckners persönlicher Ehre:

Wir schreiben das Jahr 1785 und Luckner wird von vielen Seiten angefeindet. Michael Rabenbauer vergreift sich in der Hitze des Gefechts, „auf dem Rathaus “ in aller Öffentlichkeit in seiner Wortwahl und nennt Luckner einen Dieb.
Das kommt ihn teuer zu stehen. Luckner zieht vor das Pfleggericht und klagt dort Michael Rabenbauer, den Wiesmüller, wegen „Diebs ausbrechung“ an und verlangte 100 Dukaten Schadenersatz. Er, Luckner, wolle lieber diese 100 Dukaten, also 300 Gulden verlieren, als diese Beleidigung erdulden und „auf seinem Rücken herumtragen“ zu müssen.
Rabenbauer verstand nicht, weshalb ihm „per Bausch 100 Dugaten“ abverlangt würden. Luckner blieb hartnäckig und wollte diesmal, ganz anders als sonst, einen schriftlichen Prozess verhindern. Er drängte im Gegenteil darauf, dass in der mündlichen Verhandlung, und nur diese wurde protokolliert, das Pfleggericht von Rabenbauer einen Eid abverlangte, damit dieser sofort nach Verurteilung seine von Luckner diktierte Strafe auch wirklich bezahlte.
Nun war es an Rabenbauer, mit juristischen Tricks den Prozess zu verlängern und das schaffte er auch.  Mit dieser Verschleppung des Prozesses aus der mündlichen Verhandlung heraus, verschwindet allerdings auch der Vorgang aus den Protokollbüchern, so dass nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, wie der Prozess endete. 
Der Hintergrund dieser hitzigen Debatte war der Streit im Lager der Kötztinger Bürger um die sogenannten Reitensteiner Anteile, welche einige Kötztinger Bürger gegen den Willen des Kammerers Luckners an sich gebracht hatten und nun über Jahrzehnte gegen den Kammerer zu kämpfen hatten um wieder zu ihrem Geld zu kommen, daher auch der Vorwurf des Diebstahls an Luckner. Michael Rabenbauer traf es nun doppelt hart, denn  1762 bereits hatte er Anna Margaretha Lecker, die Tochter des Kötztinger Bürgers Qualbert Löcker geheiratet, besaß damit sogar zwei Kötztinger Marktlehen und sicherte sich folgend auch zwei Anteile an den Reitensteiner Gründen. 
Rabenbauer war also bei all den folgenden finanziellen Querelen gleich doppelt belastet.

Der Kampf um die Reitensteiner Anteile


 16 Kötztinger Bürger landeten zusammen mit dem "leitenden Beamten" bei der Regierung in Straubing einen Coup, indem sie zusammen die Grundstücke der Hofmark Reitenstein, die nach dem Tode Bartholomaeus von Göhring eigentlich an den Markt Kötzting als Universalerben gefallen waren, mit Privatkrediten und einem Großkredit zu Lasten des marktes Kötzting erwarben und sich davon eine finanzielle Vorteile erhofften.
Leider hatten sie die Rechnung ohne den Kammerer Luckner gemacht - der Deal mit der Regierung war eh nur möglich gewesen, weil Luckner bei der Blitzaktion der Anteilseigner nicht in Kötzting gewesen war - und dieser machte nun in Zusammenspiel mit den Bewohnern von Reitenstein den 16 Anteilseigner ihr Leben zur Hölle.
Die einzelnen Details dieses Streits, der über viele Jahrzehnte hinweg die Kötztinger Bürger in zwei Lager aufspaltete, welche er erst nach dem Tode Samuel Luckners - 1794 - langsam wieder zueinander fanden, kann in den Berichten über  Wolfgang Samuel Luckner,  und  Johann Bartholomaeus von Gehring auf Hochentreßwitz nachgelesen werden.


Rabenbauers Kampf um eine Privatbrauerei

 

Johann Michael Rabenbauer kämpfte aber auch an einer anderen Front gegen den Marktkammerer Luckner UND zugleich auch noch gegen seine Kötztinger Mitbürger. Nun als Besitzer eines zusätzlichen Marktlehens - und damit brauberechtigter Kötztinger Bürger -  versuchte er im Jahre 1785, aus dem Verband der Kommunbrauer auszusteigen und sich eine eigene Brauerei zu bauen. An der Person Luckner konnte er ja die finanziellen Folgen solch einer Privatbrauerei  gut nachvollziehen. Da in Kötzting sämtliche Marktlehner das uneingeschränkte Braurecht besaßen, stellte er sich das ganz einfach vor. Allerdings lief er damit im Magistrat gegen eine Mauer der Ablehnung sämtlicher mitbrauberechtigten Bürger.

Rabenbauers Vorgänger als Besitzer der Wiesmühle "von Franck" musste als Pflegskommissar die Beschwerden der Kötztinger Mitbrauer behandeln. hier dessen Unterschrift

In seinem Antrag begründete Rabenbauer sein Vorhaben damit, dass  für alle 36 Marktlehner im Kommunbrauhaus nur eine einzige Braupfanne vorhanden wäre und er dadurch in seinem Brauwunsche sehr stark eingeschränkt wäre. Er dürfe nie so viel Bier sieden, wie er auf den anderen Seite an auswärtige Wirte verkaufen könnte. Seine Mitbürger wären dadurch seine Privatbrauerei nicht betroffen, weil einige aus Unvermögenheit gar nicht und andere auch nur auf den Haustrunk brauen würden. Er würde sich halt ausschließlich auf die auswärtigen Wirte beschränken. Allerdings beschrieb  er in seinem Antragschreiben an das  Kötztinger Pfleggericht schon im Vorhinein seine Erwartung, dass in Kötzting „gewisse Vorurtheile und Leidenschaften, wodurch einem Dritten sein besseres Fortkommen  beneidet und missgönnt wird“ auftreten könnten. Michael Rabenbauer unterschrieb seinen Antrag mit der Angabe: Marktlehner und Hopfenhändler, also auch in dieser Hinsicht seinem großen Gegenspieler und wohl auch Vorbild Samuel Luckner ähnlich.


Rabenbauers eigenhändiger Antrag, eine Privatbrauerei bauen zu dürfen. StA Kötzting AA XII Nr. 5


 Der Magistrat, um eine Stellungnahme gebeten, reagiert regelrecht fassungslos über solch ein Ansinnen. Jahrhundertelang hatte der Magistrat mit Erfolg erreicht, sich gegen auswärtige Brauversuche durchzusetzen und nun kommt der Angriff auf dieses Privileg ausgerechnet aus dem Inneren des Marktes.  Den Wunsch eine „Ganz Nagl Neue Braustatt errichten zu dürfen“ nannte der Magistrat einen „ ganz unglaublichen und niemals vermuethlichen Schritt , welcher „ die allerniederträchtigste Denkungsart des Rabenbauer  und die mit Schaden der übrigen Gleiches Recht habenden Mitbürgern suchende Vermehrung seiner besitzend hinlänglichen Mitteln klärlichen Veroffenbart“.
Sämtliche Abschriften der Kötztinger Freiheitsbriefe, also der des von Kaiser Ludwig und der von Kurfürst Maximilian werden beigefügt und so bleibt dem Pfleggericht gar nichts anderes übrig, als, nach Rücksprache mit der Regierung in Straubing, dem Rabenbauer eine eindeutige Absage zu erteilen. Pflegskommissar Franz Xaver von Franck unterschrieb die entsprechende Absage  "den 27. Ostermonath 1785".

Michael Rabenbauer aber war aber zunächst gar nicht verlegen und wandte sich straks an die nächste auswärtige Brauerei; in diesem Falle die in Blaibach, welcher Ort damals zur Hofmark Runding gehörte und damit primär nicht der Gewalt des Pfleggerichts unterworfen war. Dort orderte er den nächsten Sud und versuchte halt sein Bier auf diesem Umwege zu erhalten und auszuliefern.
Erneut aber hatte er die Rechnung ohne die auf ihr Recht pochenden Kötztinger Marktlehner gemacht. Die Kötztinger Bürger Johann Dachs, Georg Seiderer und Andreas Münch fingen die Bierladung ab, zerschlugen die Fässer und ließen das Bier in der Straße auslaufen.
Da der von Rabenbauer angerufene Magistrat nicht recht zur Verhandlung schreiten wollte – der Magistrat hatte ja wie oben bereits  beschrieben zu dieser Zeit auch noch die Funktion eines Gerichtes – wandte sich Rabenbauer an das Pfleggericht und dieses wiederum forderte den damaligen Kammerer Luckner auf, dazu Stellung zu nehmen.
Luckner schrieb an den Rand des Aufforderungsschreibens, dass er dieses gelesen habe, sah aber keine Notwendigkeit schnell zu reagieren sondern redete sich auf die "österliche Beichtzeit heraus, in der es nicht schicklich sei, leicht verschiebliche Gerichtshandlungen vorzunehmen, wie es fast bei allen Gerichten üblich ist". Luckner verwies auf die eh anstehende Ankunft des Herrn Landrichter und wollte den ganzen Vorgang bis dahin aufschieben.
In einem weiteren Schreiben antwortete die Hofmarksherrschaft in Runding auf die Anfrage des Pfleggerichts, wie es denn käme, dass Blaibacher Bier so einfach nach Kötzting eingeführt werden würde. Diese - also die Hofmarksverwaltung Blaibach - ruderte sogleich zurück und spricht davon, niemals den Kötztingern schaden zu wollen,  auf gutnachbarliche Beziehungen Wert zu legen und dass Rabenbauer nur hätte  Bier sieden wollen in Blaibach. Niemals hätten sie daran gedacht, dass dieser das Bier in den Markt Kötzting führen wollte. 
Rabenbauer hätte nur deshalb in Blaibach nachgefragt, weil er in Kötzting als Allerletzter zum Sieden eingeteilt gewesen und sein Bier dann bei der einsetzenden Hitze sehr früh sauer geworden wäre. Um diesen Schaden abzuwenden, wandte er sich an den Blaibacher Braumeister.
Rabenbauer hätte seine Abgaben und den Braumeisterlohn auch in Kötzting bezahlen wollen, aber es half nichts, der Zwang zum Brauen im Kötztinger Kommunbrauhaus war für alle Marktlehner obligatorisch. Da die nachfolgende Untersuchung auch noch ergeben hatte, dass die infrage kommenden Wirte nur beim Rabenbauer und nicht auch bei allen anderen auch eingekauft hatten - so der Wirth in der Sommerau -, konnten die Kötztinger Brauberechtigten ihren wirtschaftlichen Schaden belegen und Rabenbauer musste seinen Plan aufgeben.
Auch in all diesen Schreiben der Jahre 1885 und 1886 setzte  Wolfgang Samuel Luckner als Kammerer und Vizekammerer seine Handzeichen unter die Dokumente.
Berücksichtigt man, dass Michael Rabenbauer einerseits Teil der Prozessgemeinschaft gegen die Kötztinger Bürgermehrheit in Sachen Reitensteiner Anteile  und andererseits aber mit einigen Marktlehnern, die auch in dieser Prozessgemeinschaft waren, in langwierige Prozesse wegen des Braurechtes verwickelt war,  so kann man diesem Wiesmüller ein ähnlich anstrengendes Leben nachsagen, wie es Wolfgang Samuel Luckner führte, nur mit dem Unterschied, dass Rabenbauer nur ein kurzes Intermezzo im Magistrat hatte und bald als Ratsherr wieder ausschied, politisch war er also in Kötzting nicht mehr präsent.

 

Balthasar Rabenbauer und Katharina Millner

In all diese nervenaufreibenden und verlustreichen Kämpfe und Prozesse waren am Ende zwei Generationen Rabenbauer eingebunden.  Denn Michael Rabenbauer übergibt mitten in diesen unruhigen Zeiten 1787, nun als Witwer - seine Frau Eva Barbara war bereits am 15.1.1775 verstorben -, die Wiesmühle und das angeheiratete Marktlehen mit einer großen Anzahl an Grundstücken und Gärten, verteilt in ganz Kötzting, an den Sohn Balthasar, der sich seine Braut wieder  bei einem anderen Müller ausgesucht hatte. Er heiratete die Tochter Katharina des Georg Millner, Müllers auf der Stockmühle; eine Heirat, die ihm 3000 Gulden an Mitgift durch seine neue Ehefrau einbrachte. Für die Mühle alleine musste sich der neue Besitzer allerdings 3500 Gulden anrechnen lassen, eben soviel dann für das Marktlehen im Markte. Mit diesen beiden Marktlehen erkaufte er sich aber auch zwei Anteile - und Ärger -  an der Grundstücken der früheren Hofmark Reitenstein und war somit doppelter Anteilseigner an der Prozessgemeinschaft.
Sollte Balthasar Rabenbauer die Mühle oder das Marktlehen verkaufen wollen, so habe die Schwester unbedingt das Vorkaufsrecht. Eine schöne Regelung gibt es noch für die mögliche Verheiratung der Schwester: „ falls die Schwester sich alhier oder in de Refier verheuratet, sohin aus dem väterlichen Häusern dem Kirchgang zu nehmen hette, so hat derselbe ihr vertragenter Bruder die sogenannte GäglHenn Ihrem Stand gemäss ohne das Entgelt auszurichten.

Einschub Gaglhenn

Im Internet findet sich ein  Brauchwiki, in welchem dieser Brauch erklärt wird:

Als „Gagelhahn“ oder „Gagelhenn“ wird laut Johann Andreas Schmellers Bayerischem Wörterbuch (2. Ausgabe, München 1872-1877, Sp. 877) ein Hahn oder eine Henne bezeichnet, „welche der Brautführer beym Abholen der Braut aus ihrem väterlichen Hause lebend in das des Bräutigams mitnimmt, wo sie am dritten Tag … verzehrt wird“. In Bezug hierzu steht im Bayerischen Wald der Begriff „Gagelhenn“ für „das Frühstück, mit welchem so Braut als Bräutigam, jedes seine respectiven Hochzeitgäste in seinem Hause, zu bewirthen pflegt, worauf dann beyde Parteyen mit Musik ins Wirthshaus ziehen und dort unter Tanzen den Ruf der Glocke zum Zug in die Kirche erwarten.“

Einschub Ende

Der übergebene Besitz ist absehnlich, die zusätzlichen - also außerhalb der Pertinenzien liegenden - frei verkäuflichen Grundstücke - und zumeist aus dem Erbteil seiner Mutter stammend - waren im Einzelnen:
ein Acker am Pfeffergraben
der Rauscher Garten
das Reitensteineräckerl
das Ziegelhüttengärtl an Joseph Dregers Gärtl stossend
der Märklischen Teil so in 6 Äckern und einer Wechselwiese besteht
der Zandhofacker nach Geltolfing und die Wiese auf der unteren Au
der Galgenacker
der Christlacker
der Dachauergarten
der Voglacker
ein kleines Gärtl auf der Au
das Zwerchäckerl
der Voglacker oberhalb dem Gehsteig gegen Zeltendorf
die Hönigwiese
die Hiernerin, die zweite Hälfte gehört dem Weiss Joseph
die Scheibelwiese
das Vogl Schwarzhölzl
der Reitensteiner Anteil

HStA München Landshuter Abgarbe Kl Rott B5 1777-1800
In der Steuerliste über die Kirchentracht des Klosters Rott - eine Tabelle, die von 1777 bis 1800 reicht - ist der Wiesmüller erneut mit einer umfangreichen Ernte an Getreide aufgelistet und, der Besitzwechsel von Michael auf Balthasar ist ebnfalls dokumentiert.

Balthasar Rabenbauer nimmt nun am 20.5.1790 800 Gulden Hypothek bei der Pfarrkirche Kötzting auf und unterschreibt einen – heutzutage würde man sagen notariellen – Schuldbrief über diese Summe.  Er benötigt diese Summe: zur Beförderung „ihres treibenden Hopfenhandels“  und zur Rückzahlung einer „älteren Schuldpost.“  Zur Absicherung dieser Schuldsumme versichert das Ehepaar mit der Wiesmühle und dem Marktlehen. Die Ehefrau verzichtet sogar auf ihre „weiblichen Freiheiten“, das heißt die Hypothek ist in der Rangfolge sogar noch vor ihrem Heiratsgut eingetragen. Die nächsten Jahre waren offensichtlich wirtschaftlich sehr hart für Rabenbauer Balthasar, denn in fast jedem Jahr finden wir eine neue Schuldverschreibungen und ebenfalls alljährlich steigen die Schuldsummen, weil er offensichtlich auch den Zins und die Tilgungen nicht bedienen konnte. Aus 1000 Gulden Hypothek im Jahre 1790 wurden dann bis 1805 mehr als 2000 Gulden, sowohl bei der Kirche als auch beim Markt Kötzting. 

Aus dem Jahre 1806 haben sich sogar die einzelnen handschriftlichen Wahlzettel der damaligen "Kommunalwahl" erhalten. Wahlvorschläge gab es damals noch nicht, jeder Wähler - sprich Mann mit einem Hausbesitz im Markt Kötzting - konnte seine Wunschliste nach Gutdünken zusammenstellen.
Hier der Wahlschein von Balthasar Rabenbauer aus dem Jahre 1806:

Sta Landshut LGäO Kötzting Nr. 793
"Votum
von Baltasar Rabnbauer Nr 71 (die später endgültigen Hausnummern wurden erst 35 Jahre später vergeben)
H. Bürgermeister:
H. Döker (=Decker)
Rat:
Joseph Deker
Better Kraus
Heinrich Lesche (Leszkier)
Paulus Gross

Ausschuss
Mathias Pfefer
Wolf Mang
Babist Länzl
Joseph Schedlbauer"

Im selben Jahr noch -1806 - hilft ihm sein Schwiegervater, der ehemalige Stockmüller Miller Georg mit 1500 Gulden ein wenig aus der Schuldenfalle, trotzdem ist er 1807 immer noch beim Markt Kötzting mit 1300 Gulden in der Kreide. 1815 starb dann der Wiesmüller Rabenbauer und 1819 folgte ihm seine Frau Katharina, die ehemalige Wiesmüllerin, als Todesursache ist Wassersucht angegeben.

Im Stadtarchiv Kötzting gibt es im Zusammenhang mit frühen rechnungsbänden und Belegen einen Vorgang mit der "Rabenbauer Balthasar Gantsache" (AA XVII/10 Gantsache Rabenbauer). In dem Akt sind die einzelnen Schuldenposten aufsummiert. Josef Huber erwirbt das Anwesen mit 11.000 Gulden und bezahlt die Schulden. In der Zeit, als Balthasar Rabenbauer die Wiesmühle in Besitz hatte, muss er einen Abstieg von einem der wohlhabendsten Bürger Kötztings zu einer Verganterung - allerdings nach seinem Tode -  durchmachen.

Im Häuser- und Rustikalsteuerkataster von 1811 taucht seltsamerweise die Wiesmühle nicht auf - vermutlich wegen der bereits angelaufenen Verhandlungen wegen der Rabenbauerschen Überschuldung.
In den danach folgenden Umschreibeheften können wir jedoch die Wiesmühle wieder festmachen.
Im Jahre 1820 hatte Balthasar Kollmaier von Josef Barkenstein ein Haus in der heutigen Metzstraße - frühere Bäckerei Graßl - um 900 Gulden erworben. 
Josef Huber, der die verganterte Wiesmühle um 11000 Gulden hatte ersteigern können, gibt diese nun 1821 an den Kleinaigner Müller Josef Riederer um 11500 Gulden weiter.
Und nun kommt es zu einem Tausch: Balthasar Kollmaier und Josef Riederer vertauschen ihre beiden Anwesen.

StA Landshut Rentamt Kötzting B28 Umschreibeheft

"Balthasar Kollmeir Bürger in Kötzting vertauscht den 11. Jänner 1822 dessen Bürger Behausung sammt allen dazu gehörigen Gründen alda an Joseph Riederer Bürger in Kötzting  um dessen sogenannte Wießmühle derorten, ohne sonstige änderung

Joseph Riederer Bürger in Kötzting vertauscht den 11. Jänner 1822 dessen durch Kauf an sich gebrachte Wießmühle derorten an Balthasar Kolmer alda um dessen Bürgersbehausung zu Kötzting, sonst ohne Änderung."


Balthasar Kollmaier und Aschenbrenner Franziska


Schon beim Kauf seines Hauses im oberen Markt und mit der Erlangung des Kötztinger Bürgerrechts hatte sich Balthasar Kollmaier verheiratet. Am 29.5.1820 standen vor dem Kötztinger Traualtar Balthasar Kollmeier, ein Sohn des Kötztinger Lederers Christoph Kollmaier und dessen aus Thenried stammenden Ehefrau Therese Amberger, und Franziska Aschenbrenner, Tochter des Wolfgang Aschenbrenner und dessen Frau Maria Franziska, einer geborenen Auzinger.
Mit der Erstellung des Grundsteuerkatasters im Jahre 1840 werden die neuen Verhältnisse festgeschrieben.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5038

"Hausnummer 81 in Kötzting - beym Wiesmüller - Balthasar Kollmeier

Das Haus mit realer Mahlmühl- und Schneidgerechtigkeit
Wohnhaus mit Mühlwerk von 3 Mahlgängen aneinander, dann Saag mit 2 Gängen, Stallung besonderer Stadl, Backofen und Hofraum.
"
In der Liste der Grundstücke befinden sich nun auch die Angaben der nunmehr gültigen Plannummern, so dass die "sprechenden" Namen nun auch eindeutig einzelnen Grundstücken zugeordnet werden können. Hier die Listes der "Äcker"



 

Ähnlich sieht es bei den Wiesengrundstücken aus:


Viele der Grundstücke lagen sehr nach an der Wiesmühle; anders als bei den meisten Kötztinger Bürgern, die ihre Grundstücke sehr stark verstreut im gesamten Umkreis Kötztings hatten.
Auffallend ist hier jedoch - im Gegensatz zu heute - dass sich die große Wörthinsel in Besitz von 7-10 unterschiedlichen Kötztinger Bürgern befand.
Ab dem Jahre 1825 finden wir Balthasar Kollmaier in der Liste der Gemeindebevollmächtigten, Kötztings zweite Kammer der Abgeordneten. Auch auf der Liste der "wählbaren Bürger" für die Ständeversammlung - heutzutage der bayr. Landtag - steht BK als Kötztinger Vollbürger im Jahre 1830.
Sieben Kinder werden die beiden bekommen bis zum Jahre 1829, als die junge Wiesmüllerin ein halbes Jahr nach ihrer letzten Geburt - eine Totgeburt - am 27.5.1830 mit 29 Jahren an Auszehrung stirbt.
Nur 4 dieser Kinder überleben die Kinderzeit.
Zwei Jahre später verheiratet sich der Witwer BS mit der von der Ammermühle stammenden Theresia Fink. Bis zum Jahre 1852 kommen nun weitere 7 Kollmaierkinder auf die Welt, die allesamt Zeit der Kindersterblichkeit überleben.

Pfingsten im Hause Kollmaier



In der 1912 erschienenen Liste der Pfingstbrautpaare heißt der Pfingstbräutigam des Jahres 1846 Josef Kollmaier, ein Sohn aus der ersten Ehe Balthasar Kollmaiers.

Dies deckt sich mit dem Eintrag in den Kötztinger Geburtsmatrikeln, in denen er als Brauers und Bäckerssohn bezeichnet wird, da zur Zeit seiner Geburt der Vater - Balthasar Kollmaier - sein Anwesen in der Metzstraße noch nicht mit der Wiesmühle vertauscht hatte.


10 Gulden - ungefähr 1000-1500 Euro in heutiger Währung - erhielt der Pfingstbräutigam damals als "Beitrag zur Bestreitung der Unkosten"

Doch nun zurück zur Geschichte der Wiesmühle

Mit einer ganz speziellen Angelegenheit kommt der Wiesmüller Balthasar Kollmeier gewaltig mit seinen Mitbürgern in Konflikt, mit dem „Alleinehüten“.   Zu Mitte des 19. Jahrhunderts war es noch bei strenger Strafe verboten seine eigenen Haustiere frei und selbstständig grasen zu lassen, auch nicht auf den eigenen Grundstücken. Diese Tiere mussten gemeinsam mit der Marktherde vom Hirten auf die Gemeindeweide verbracht und dort behütet werden.  Selbst von und auf den eigenen Äckern durfte ein Besitzer nach der Ernte keinen Weidegebrauch machen, auch hier war es die Marktgemeinschaft, die das Weiderecht hatte.

Um dieses Verbot zu überwachen, gab es in Kötzting einen eigenen Flurwächter und natürlich konnte auch jeder Betroffene einen „Flurfrevel“ zur Anzeige bringen, was dann Verhandlungen vor dem Landgericht bzw. manchmal auch vor dem Magistrat zur Folge hatte. Der Kötztinger Flurwächter war „Angestellter“ des Marktes Kötzting. Das Pfleggericht hatte seinen Eigenen, zuständig für die außerhalb Kötztings liegenden Grundstücke.  Balthasar Kollmeier nun wurde mehrmals mit dem Einhüten sogar auf fremden Grundstücken erwischt und so gibt es einen umfangreichen Akt aus dem Jahre 1861, wo er beschuldig wird – teilerweise gibt er den „Frevel“ zu, teilweise weigert er sich zu unterschreiben – abwechselnd Enten, Hühner, Gänse und Großvieh auf fremden Wiesen und Feldern einhüten habe lassen.  Um nun weiteren Strafen zu entgehen, suchte Kollmeier, allerdings vergeblich, um eine Erlaubnis zum Alleinehüten nach

"verhandelt den 20. September 1860
Magistrat Kötzting  gegen Kollmayer Balthasar - Müller dahier -
wegen
Einweiden von Enten"

Einen für die Wiesmühle interessanten Akt gibt es im Stadtarchiv aus dem Jahre 1864. Hier geht es um das Fahrtrecht hinüber auf die Wörthinsel und zeigt uns, wie kompliziert die damaligen Wegerechtsverhältnisse gewesen waren und wo und wie man damals den Regenfluss querte.

Ergebnis der Ortsbegehung, so sollen die neuen Wegerechte über den Bleichanger sein.


Es geht um das Fahrtrecht über den Bleichanger – heutzutage der Jahnplatz –  und sehr schön die damaligen Verhältnisse in diesem Bereich skizzenartig verdeutlicht.  Der auf dem Bild oben links erwähnte Hamberger Keller befindet sich unter dem Privathaus  unseres ehemaligen Bürgermeisters Wolfgang Ludwig. Die angedeutete  Hohlgasse nach links oben führt demzufolge in den Bereich des jetzigen Schulberges und war damals eine stark benutzte Sandgrube.  Sehr schön ist auch dargestellt, wie die Wiesmühle in all die Flussarme unseres Regenflusses eingebettet liegt.

Bereits im Jahre 1844 verstarb der älteste Sohn erster Ehe - und sicherlich der als Nachfolger aufgebaute - Balthasar Kollmaier, schon ein gelernter Müller. Er wird nur 21 Jahre alt.
Da ihm von seiner verstorbenen Mutter ein ansehnliches Muttergut auf der Wiesmühle fest geschrieben war, musste bei der Übergabe der Wiesmühle an den nächsten Sohn ein eigenes Nachlassverfahren über das Vermögen des bereits vor Jahrzehnten verstorbenen Bruders eröffnet werden. 
Balthasar Kollmaier der Übergeber musste nun in einem rechtsgültigen Verfahren diese Erbschuld aufgearbeitet werden.
Unterschrift des Vaters, Balthasar Kollmaier


Diese "Grundschuld"  musste nun im Jahre 1877 neu dokumentiert und aufgeteilt werden.
Aus diesem verfahren erfahren wir auch nebenbei, wie die Kollmaier-Familie  1877 aufgestellt war:
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 21 Nr. 46 Kollmeier Balthasar Müllersohn von 1877


Geschwister:
Josef Kollmaier Müllergeselle, ledig  Müller beim Clement in Eschlkam (Vermerk: auf der Höllhöhe bei Neukirchen)
Franziska Wiesmeier Gastwirtswitwe in München /: Schillerstraße:/
Halbgeschwistrerte:
Theres Franz Brauersehefrau in Regen
Michl Kollmeier, Müller in Kötzting
Anna Kollmeier, verehelicht an den Bierbrauer Plötz in Cham
Philomena Kollmeier, ledige Beschließerin in Budapest
Mathilde Obermeier, Meßnersehefrau hier
Maria Kollmeier, ledig in Kötzting
Johann Kollmeier, Trainsoldat in Ingolstadt
Katharina Mühlbauer, Bäckersehefrau in Kötzting

516 Gulden und 20 Kreuzer betrug das Muttergut des verstorbenen Balthasar Kollmaier.
Als Folge der Übergabe vom Vater auf seinen Sohn aus zweiter Ehe wurde auch noch die auf der Wiesmühle liegende Grundschuld aus dem Muttergut Franziska Wiesmeier aus München  gelöscht.
Am 24.12.1886 stirbt der Austragsmüller Balthasar Kollmaier an Altersschwäche mit 93 Jahren und 6 Monaten, ein gesegnetes Alter.
Seine zweite Frau Therese, eine geborene Fink überlebt ihn um ein paar Jahre und verstirbt am 2.9.1891 in Kötzting in der Wiesmühle. Auch von Ihr wird natürlich ein Nachlassverfahren eröffnet in dem wir erfahren, was so alles aus den Kindern zweiter Ehe geworden ist..

StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 33 Nr.  68 Kollmeier Theres Wiesmühle
Theres Kollmaier - 79 Jahre - Austragsmüllerswitwe - verwittwet - 2. Septr. 1891 vorm. 4 Uhr - Kötzting HsN 81 

"Die Verlebte soll kein Vermögen hinterlassen haben - der Austrag ist im Hypothekenbrief für das Anwesen HsNr 81 dahier eingetragen"


Kinder und Erben:
1. Michael Kollmaier, ledig dahier   <<<<<<< das war eigentlich der Betriebsnachfolger gewesen
2. Mina Kollmaier, ledig dahier
3. Mathilda Obermaier, Mesnersehefrau dahier
4. Maria Staudinger Müllersehefrau dahier  <<<<<<<<<< so ist dann der Betrieb auf die Schwester übergegangen
5. Johann Kollmaier zZ in München
6. die Kinder der verlebten Bierbrauersgattin Theres Franz in Regen
7. die Kinder der verlebten Bäckermeistersehefrau Kathi Mühlbauer dahier
die Kinder der verlebten Bierbrauersehefrau Anna Plötz aus Cham

Das Protokoll, welches bei der Nachlassverhandlung aufgesetzt wurde,  wurde anschließend von allen Beteiligten unterschrieben. Somit haben wir auch eine Unterschrift von Maria und Anton Staudinger, den nunmehrigen - 1891 - Besitzern der Wiesmühle




Kollmaier Michael 


1877 lässt sich Balthasar Kollmaier in der Nachlasssache protokollieren, dass die fraglichen Grundschulden "auf dem Anwesen meines Gutsbesitzenden Sohnes Michael Kollmeier" lägen.
Im Jahre 1880 nun heiratet der aus Seugenhof stammende Müller Anton Staudinger die Wiesmüllerstochter Maria Kollmaier und übernimmt dann auch die Wiesmühle. Sein Schwager Michael Kollmaier bleibt ledig und war vielleicht auch nur der Strohmann des Vaters für eine bessere Lösung. Genauso stellt es sich auch im Umschreibeheft des revidierten Grundsteuerkatasters von 1860 bis 1910 dar.
Reihenfolge im Umschreibeheft:
"Kollmeier Balthasar
Kollmaier Michael
Kollmaier Maria und Staudinger Anton
"

Staudinger Anton und Kollmaier Maria


Aus dem Jahre 1889 gibt es einen Schriftverkehr mit dem Markt Kötzting, es geht um die "Wiederherstellung der Stauvorrichtung an der Hütwöhr durch den Müller Anton Staudinger". Die Hütwöhr ist das Stauwehr, das wir vom alten Kötztinger Schwimmbad noch gut in Erinnerung haben.
 
DIA-Repro 2570 die Wiesmühle und oben das Haus der Maria Staudinger.
 
Das Wehr - Hütwöhr genannt - am südlichen Ende des früheren Kötztinger Schwimmbads regelte die Anstauung für das Kraftwerk Staudinger. Hier die Bilder von vor und nach der Kötztinger Hochwasserfreilegung.

KU-SW 936

Foto Pongratz 2024




DIA-Repro 2571: links stehend  Anton Staudinger aus Seugenhof, vorne die beiden Töchter Anna und Maria, rechts vermutlich Sohn Michael geb. 1883. Anna war 1900 Pfingstbraut, also müsste das Foto um 1895 gemacht worden sein

Pfingsten im Hause Staudinger Anton:




Die Mesnerfamilie Obermaier und die Familie Staudinger waren über die Kollmeier-Vorfahren eng verwandt und so fiel die Wahl des Pfingstbräutigams Karl Obermeier auf seine Cousine.
s
DIA-Repro 913 Georg Dreger - Anna Staudinger - Karl Obermeier - Leopold Januel



DIA-Repro 1046: Auf diesem Bild erkennt man halb rechts Karl Obermeier mit Zylinder und Pfingstkranzl, damit ist die Zuordnung des Bildes auf 1900 sehr einfach..


Der Pfingstbericht des Jahres 1900:




Pfingsten 1900 im Kötztinger Anzeiger 

Im Jahre 1950 wurden die beiden als Jubelbrautpaar erneut ausgezeichnet.



Bereits in den Jahren 1902 und 1903 war Michael Staudinger Brautführer gewesen und 1907 war er es. der als Pfingstbräutigam im Mittelpunkt des Kötztinger Pfingstgeschehens gestanden hatte.



DIA-Repro 719 Franz Amberger - Anna Schötz - Michael Staudinger - Michael Hastreiter






Stadtarchiv Bad Kötzting Pfingstakten von 1907 Pfingstplakat
Seit dem Pfingstritt 1906 gelten für die Aufstellung neue, genauere Regeln, das Protokoll der Sitzung des Pfingstkommitees vom Mai 1906 liegt - vermutlich um Doppelarbeit zu vermeiden - im Akt des 1907er Rittes und dieses legt fest, dass der Aufstellungsort der Reiter vor der Veithskirche in der Torstraße beginnt und der Priester dann von zwei Reitern am Pfarrhof abgeholt wird. Mit dem Eintreffen dieser Rittspitze beginnt dann der Pfingstritt. Die Zugordner, durch Achselschleifen kenntlich gemacht, mögen bitte dafür Soge tragen, dass die sich aufstellenden Pfingstreiter nicht bis vor die St. Veithskirche vordringen sollten. Feuerwehrmänner an den Eingangsstraßen des Marktes postiert sollten den eintreffenden Pfingstreitern den Weg zum Aufstellungsort zeigen. Interessant ist hier eine Platzanweisung für einen der Feuerwehrmänner: "1 M(ann) auf die Straße beim sogenannten Auwasser".
Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Michael Staudinger und Anna Schötz

Ich vermute, dass es sich dabei um die Furth handelt, an der jetzt die Brücke vom Hallenbad hinüber zum Jahnplatz führt, kann es aber nicht beweisen nur beurteilen, dass man unterhalb des Marktmüllerfalles eher noch nicht vom Auwasser sprach, auch wenn noch weiter regenabwärts die Auwiesen kommen. Es gibt aber in Kötzting den Begriff der "Auwasserer" und damit sind meines Erachtens alle Regenanlieger ab Fessmannsdorf/Grafenwiesen bis hinauf nach Arrach bezeichnet.


Weiter wünschte das Komitee, dass die in den Vorjahren ausgezeichneten Pfingstreiter ihre Ehrenfahnen mit brächten und vor allem solle der Zug bis zum Eintreffen bei der Pfarrkirche beisammen bleiben.  Die Veitskirche und der umliegende Platz solle besonders effektvoll dekoriert werden und im Markte hauptsächlich auch bei der Veitskirche und am Bleichanger Triumpfbögen aufgestellt werden. Wenn nötig kann auf dem Platze bei der St. Veitskirche am Vorabend während des Zapfenstreiches bengalisches Feuerwerk angezündet werden. Das Abbrennen von bengalischen Hölzern durch Kinder ist gegen Strafe verboten. Weitere Regeln betreffen die Aufstellung der Hengste und Anweisungen für den Bräutigam und die Gendarmen. Diese 1906 aufgestellten Regeln werden für 1907 übernommen, aber natürlich traf sich das Pfingstkomitee auch im Jahre 1907, welches, geleitet vom Bürgermeister Liebl und dem Pfarrer Elser auch aus den Magistratsräten Stauber und Stoiber, den Herren Drunkenpolz, Carl Lindner, Georg Dreger, dem Commandanten Karl Vogl, Franz Schmidt und abschließend noch aus Karl Obermeier bestand



Die unterschriebene Einverständniserklärung Michael Staudingers
Pfarrer Elser wählte aus der Vorschlagsliste des Magistrats den Elektrizitärsbesitzerssohn Michael Staudinger aus, der sich die Bürgerstochter Anna Schötz als Pfingstbraut auserkor.
Im Stadtarchiv befindet sich die Einverständniserklärung, unterschrieben vom neuen Pfingstbräutigam, darin erklärte er sich bereit: die Pfingsthochzeit am Pfingstdienstag pünktlich um Mitternacht beenden zu lassen und den (offensichtlich früher immer üblichen) Ausflug aller am Pfingstgeschehen Beteiligten am Dreifaltigkeitssonntag nach Grafenwiesen zu unterlassen. Darüber hinaus hat er Sorge zu tragen, dass sich die "Brautführer und sonstige junge Leute in der Behausung der Pfingstbraut" nicht "zu größeren Unterhaltungen zusammen gesellen" und dass keine auswärtigen Personen zur Hochzeit eingeladen würden.
Unterschrift: Staudinger

Die Wahl fiel auf Michael Staudinger, schrieb Pfarrer Elser in seiner Stellungnahme, weil er erstens einer der beiden vorgeschlagenen Kandidaten des Magistrates gewesen war und weil zweitens der Andere schon längere Jahre ortsabwesend sei. Es müsse in Aller Interesse sein, dass nur ein Jüngling ausgewählt werde, "welcher sichere Garantie für ein einwandfreies Vorleben gewährleiste. Das kann aber nur geschehen, wenn die Genannten auch hier unter den Augen der Bevölkerung leben, so daß die Wahl eines nicht Würdigen möglichst ausgeschlossen erscheint."

Es folgte noch eine Bekanntmachung von Seiten des Magistrats nach Aufforderung durch das Pfarramt. Hintergrund ist wohl das Ärgernis für den Pfarrer, dass die Gäste der verschiedenen Wirtshäuser am Marktplatz den Feldgottesdienst bei der Veitskirche wohl gerne aus den Fenstern heraus betrachteten, womöglich auch nicht mit einem Glas oder einer Flasche Bier in der Hand.
Jedenfalls mussten alle Wirte am oberen Markt:
Stoiber
Irlbeck  (Apotheke Adamek)
Korherr
Kermer (Bäckerei Pongratz)
Greisinger
Mühlbauer (Osl)
Decker (Kaufhaus Wanninger)
Miethaner
und Amberger (Amberger Hof)

diese Bekanntmachung unterschreiben und es stand weiterhin die Drohung im Raum, dass bei erneuter Zuwiderhandlung es niemals mehr eine Feldmesse auf dem Marktplatz geben würde.

  
Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Ausritt 1907

Erneut war in diesem Jahr Kooperator Späth der amtierende Geistliche, der hinter der Spitze des Zuges, gebildet von Kreuzträger, 2 Signalisten und 2 Laternenträgern, die Wallfahrt der mehr als 200 Pfingstreitern um ½ 8 Uhr anführte.
„Die Feldmesse musste heuer wegen der vorherrschenden regnerischen Witterung unterbleiben, jedoch wurde eine hl. Messe in der Pfarrkirche gehalten. Gegen ½ 1 Uhr kam die Prozession wieder aus Steinbühl nach Kötzting zurück, wo eine Menge Menschen anwesend war. Die Glocken läuten, die Böller knallen während die Pfingstreiter unter lautem Gebete einziehen – ein seltener erhebender Anblick. Auf dem sogenannten Bleichanger nahm die Prozession Aufstellung, allwo der amtierende Geistliche Herr Kooperator Späth, eine Ansprache hielt und am Schluße seiner Rede die Überreichung des Tugendkranzes (Filigranarbeit aus Gold) an den Bürgerssohn Michael Staudinger von hier, vornahm Außerdem wurde eine Ehrung durch den Magistrat zuteil Herrn Franz Kirschbauer von hier für 40 jährige und Herrn Josef Bergbauer von Gmünd für 25jährige Beteiligung am Pfingstritte. Der Zug nahm seinen Weg bis zur Pfarrkirche wo er sich auflöste. An diese Feierlichkeit reihte sich die Pfingsthochzeit. 


Der dekorierte Jüngling erwählte sich die Bürgerstochter Fräulein Anna Schötz als Braut. Gegen 5 Uhr nachmittags folgte der übliche Burschen- und Brautzug und abends der Ehrentanz. Wenn auch die regnerische Witterung viele vom Besuche des Pfingstrittes abhielt, so war die Beteiligung doch eine gute“.

 
Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Burschenzug abmarschbereit am Spitalplatz

Bild aus dem Bestand des Arbeitskreises für Heimatforschung, Burschenverein beim Pfingstbräutigam 1907
 

Für unsere Bildersammlung des Kötztinger Arbeitskreises haben wir von Frau Lucia Staudinger eine Postkarte erhalten, die sowohl von der Vorder- als auch von der Rückseite für uns von Interesse ist.
Dies ist ein Bild des alten Kötztinger Friedhofes rund herum um die Kirchenburg mit der Aufschrift: "Grab von Tante Mathilda". Dabei sollte es sich um Mathilda Obermayer, geborene Kollmaier handeln.
Dies ist eines von nur zwei Bildern, die wir vom diesem Friedhof überhaupt haben.


DIA Repro 2567. Der alte Friedhof innerhalb der Kirchenburg



Doch nun weiter mit der Wiesmühle.

Die in Landshut noch vorhandenen Bauakten geben uns einen guten Überblick über den Ausbau der Wiesmühle ab dem Zeitraum, als diese in Besitz der Familie Staudinger gewesen war.
Der erste erhalten gebliebene Bauakt stammt aus dem Jahre 1887 und betrifft den Bau eines Backofens mittendrin im Baukomplex der Wiesmühle.
StA Landshut Rep 162-8 Nr. 3174

1892/93 kam es offensichtlich zu einer Brandkatastrophe in der Wiesmühle, die einen Neubau notwendig machte.

StA Landshut Rep 162-8 Nr. 3247 von 1893/1894
"Anton Staudinger Mühlermeister in Kötzting zur Wiedererbauung der abgebrannten Schneidsäge"







DIA-Repro 2573
Aus dieser Anfangszeit haben sich auch noch zwei bereits stark vergilbte Aufnahmen in Familienbesitz der Familie Staudinger erhalten:
DIA-Repro 2574 Der Eingangsbereich des Wohnhaues in der Wiesmühle

DIA-Repro 2575 das Wohnhaus der Wiesmühle



Im Jahr drauf wurde das Wohnhaus repariert und gleich um ein Stockwerk erhöht- die Villa Vera existierte damals noch nicht.





Hier das dazugehörige Foto. Das sich rechts anschließende Gebäude war ein Stallgebäude.

DIA-Repro 2574

DIA-Repro 2582

Aus dem Jahre 1900 erfahren wir, dass bei Herrn Anton Staudinger sich eine "Geflügelzuchtstation" befunden hatte.

KA vom 2.1.1900

Im März desselben Jahres erfahren wir auch, um welche Geflügelarten es sich hierbei gehandelt hatte. Bei Karl Lindner wurden "Italienerhühner" und bei Anton Staudinger "Pekingenten" gezüchtet.


Was nun zu Anfang des 20. Jahrhunderts für die Familie Staudinger folgte, war ein beeindruckender Aufstieg in Kötzting als Energielieferant. Anton Staudinger erkannte sehr früh - für die Verhältnisse im Bayerischen Wald – die Wichtigkeit der Strom und so wurde er bereits im jungen 20. Jahrhundert DER Versorger Kötztings mit der neuen und revolutionären elektrischen Energie. Der Markt Kötzting gönnte sich eine elektrische Straßenbeleuchtung und auch in den Häusern und Gewerbebetrieben fand bald diese saubere und - relativ - sichere Energie ihren Einzug. Allerdings zeugen zeitgenössische Berichte noch aus den 50er Jahren davon, dass zur Abendzeit, wenn die landwirtschaftlichen Betriebe ihre „Gsodtmaschinen“ anwarfen, die Lichter in den meisten Kötztinger Bürgerhäusern zu flackern begannen. Zur Wiesmühle gehörten bald eine ganze Reihe von kleinen und kleinsten Gewässerturbinen und Stauwerken, die alle fast als Familienbetrieb betrieben und gewartet worden.
Mit Datum des 15.9.1901 erscheint das Elektrizitätswerk des Anton Staudinger zum ersten Male in den Kötztinger Beschlussbüchern. Im Jahre 1904 dann finden wir die elektrischen Anlagen auch in den Kötztinger Akten, allerdings eher im Zusammenhang mit Beanstandungen wegen mangelnder Sicherheit und der Beschaffenheit der Strommasten. 3 Tage blieben dem Betreiber, die Mängel zu beseitigen.
Manche der Zustandsbeschreibungen der Stromleitungen geben einen interessanten Einblick in die Anfänge der Kötztinger Elektrifizierung:
StA 861/2

"II. Freileitung
1. die Masten für die Hauptleitung sind größtenteils morsch.
2. die Masten für die Überspannung des Regens sind viel zu schwach, so daß einer derselben schon stark gebogen ist.
3. Ein Mast hinter dem Kommunbrauhaus ist abgebrochen und wird nur noch durch eine Verankerung gehalten.
4. Eine Reihe von Isolatorstützen ist infolge zu geringer Festigkeit schief gezogen.
5. Beim Uhrmacher Weissenbach (=unterer Oexler) haben die Drähte nur mehr einen ganz geringen Abstand vom Dache.
6. Beim Deckerkeller (=Monokel) sind die Entfernungen der Masten voneinander viel zu groß.
7. Die Leitungen haben nicht überall den vorgeschriebenen Abstand vom Fußboden.
8. In der Marktmühle sind die Drähte ohne irgendwelche Isoliervorrichtung durch das Dach geführt."

Die Situation bei den Hausanschlüssen ist in manchen Fällen nicht weniger provisorisch:
.."einmal angebrachte Provisorien wurden nicht wieder beseitigt.
.. vielfach sind Leitungen mit Kalk überzogen, welcher die Isolation zerstört.
.. viele Verbindungen von Drähten sind nicht verlötet
.. eine Reihe von Leitungen ist statt zweipolig nur einpolig geführt.
.. die Leitungen sind mehrfach mit brennbaren Gegenständen (Holz, Bilder, Vorhänge etc.) in Berührung.
Die Beanstandungsliste der Hausanschlüsse ging an die Kötztinger Schlosser mit dem Zusatz:
"daß bei künftigen Installationen solche Mängel zu vermeiden sind und eine etwaige Außerachtlassung strafrechtliche vrfolgung wegen Übertretung feuerpolizeilicher Anordnungen und eventuell ja nach Lage der Sache wegen fahrlässiger Brandstiftung oder Körperverletzung nach sich ziehen kann."
.. 

Ende des Jahres 1910 begann dann in Kötztings Straßen auch die neue Zeit, die alten Straßenlampen, die allabendlich angezündet werden mussten, wurden von elektrischen Straßenlampen abgelöst.

Kötztinger Anzeiger vom September 1910
Nun war es wohl an der Zeit, die Leistung der Anlage zu erhöhen und Anton Staudinger investierte.
StA Landshut Rep 162-8  Sch. 24 Nr. 3513 Staudinger Anton Gasmotorhaus 1912
  


Noch im selben Jahr - 1912 - kam es zu einer Erweiterung des Kesselhauses




Am 4. Februar schreckte die Kötztinger der überraschende und frühe Tod des Kötztinger Elektrizitätspioniers Anton Staudinger.


 
Foto Pongratz: das Staudinger-Grab im Alten Friedhof



Beim Staatsarchiv Landshut befindet sich der Nachlassakt für Anton Staudinger.
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 58 Nr. 11 von 1916 Anton Staudinger Hanr 81
"Anton Staudinger - Mühl- und Elektrizitätswerksbesitzer - verheiratet - + 2. Februar 1916 - Kötzting HsNro 81 - Ehevertrag beim kgl Notariat Kötzting im Jahre 1880 
Ehefrau: A. Maria geb. Kollmeier
Kinder:
Staudinger Anna Kötzting
Staudinger Michael Kötzting
Staudinger Maria Lehrerin in Waltendorf"

 Von den Kindern Anton Staudingers existieren ein paar wenige Bilder:
Aus Michael Staudinger Schulzeit existiert eine Aufnahme - vermutlich aus dem Gymnasium in Straubing:
DIA-Repro 2569: Schulklasse vermutlich Gymnasium Straubing 1893 1. Reihe 2.v.l. Michael Staudinger, geb. 5.8.1883. Die Buben sind alle sehr gut gekleidet mit Anzug und Schleife, alle haben Schuhe an


 DIA-Repro 2580 2 Damen mit Auto Nr. II C 429  Maria Staudinger mit Brille, Wiesmühle, Lehrerin mit Lina Michl, geb. Kollmaier.

DIA-Repro 2579 Maria Staudinger vor der Wiesmühle mit Motorrad, war Lehrerin.



DIA-Repro 2581 Maria Staudinger mit ihrer Schulklasse


Von der Lehrerin Maria Staudinger gibt es einen handschriftlichen Brief aus einem Schriftwechsel mit Herrn Albert Grünhut aus der direkten Nachkriegszeit. Herr Albert Grünhut besaß zusammen mit seinem Bruder Max unter anderem die Fabrik in Harras und wurde - ähnlich wie die beiden Kötztinger Familien Kirschner und Hahn - im November 1938 zwangsweise enteignet. 


StA Landshut Spruchkammer Kötzting Nr. 244



Die Familie Staudinger, vermutlich insbesondere Frau Maria Staudinger, suchte im Jahre 1946 den Kontakt mit Albert Grünhut, der nach New York auswandern hatte können, und schildert in ihrem Brief vom 1.8.1946 auch ihre Situation in Kötzting in der Nachkriegszeit.

"Wenn Sie hier wären, könnten Sie gar viele Ungerechtigkeiten verhüten.
Wir haben immer gehofft, Sie kämen nach dem Kriegsende sofort. Es ist ja wahr, Sie haben es ja besser in Amerika, aber Ihnen ginge es auch in Deutschland nicht schlecht. Was das tägliche Leben anbelangt, geht es uns jetzt schlechter als während des Krieges. Sie werden vielleicht lachen und es nicht glauben, wenn ich Ihnen sage, daß wir gar oft hungern, es fehlt hauptsächlich an Fett und Zucker und jetzt an Brot: Gemüse u. Kartoffel sättigen nicht so
."

"Ich bin in Kötzting als Lehrerin verwendet, leider sind die ganzen Schulhäuser z Zt. mit Flüchtlingen aus der Tschechei besetzt."
"Herzliche Grüsse u. alles Gute für die Zukunft.
Maria Staudinger
Wo ist Ihre Familie?  Was macht Gunther?
"

Staudinger Michael und Veronika Brandl



Aus den Akten des Nachlassverfahrens kann man schließen, dass spätestens im Jahre 1918 Michael Staudinger die Besitznachfolge angetreten hatte.
StA Rep 166N-12 Schachtel 58 Nr. 11 von 1916 Anton Staudinger Hanr 81
Unterschrift Michael Staudinger




StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5054 Umschreibeheft ab 1910

Am 25.1.1919 hatte der Sohn und Nachfolger Michael Staudinger die aus Simpering stammende Bauerstochter Veronika Brandl geheiratet, deren Mutter wiederum eine geborene Glasschröder aus der Sommerau gewesen war. Die beiden Treuzeugen waren der Gütler Joseph Geiger von der Großmühle und Heinrich Brandl, Gutsbesitzer von Haselstauden.
In der direkten Nachkriegszeit des Ersten Weltkrieges mit seiner Hyperinflation musste natürlich auch das Elektrizitätswerk Staudinger seine Preise den explodierenden Gestehungskosten anpassen und veröffentlichte regelmäßig neue Preistabellen in der Kötztinger Tageszeitung. Hier ein Beispiel vom September 1921.
Kötztinger Anzeiger von Anfang September 1921
Einschub
Kötztings Stromversorgung
Die Stromversorgung Kötztings lief laut Vertrag mit dem Markt Kötzting bis herauf ins Jahr 1951 durch das Elektrizitätswerk Staudinger. Es kam dann jedoch bereits im Jahre 1947 eine Übernahme dieser Grundversorgung durch die Energieversorgung OBAG zustande, nachdem Michael Staudinger verzichtet hatte.
Ab 1956 wurde in Kötzting schrittweise auf Leuchtstoffröhren umgestellt. (StA Kötzting 631/87)
Einschub Ende

KA vom Oktober 1922
Auch der Strompreis ging Rasant in die Höhe:
KA vom Oktober 1922








Im Jahre 1922 reichte Michael Staudinger einen Bauplan beim Bezirksamt ein, um in Grub eine "Turbinenhaus mit Wohnung" neu zu errichten. Dies KÖNNTE die Lösung für eine altes Bild sein, das wir seit mehreren Jahren in unserer Sammlung haben.
Hier zunächst der Neubau aus dem Plan von 1922:
StA Landshut Rep 162-8 Sch. 25 Nr. 3602 Staudinger Michael Turbinenhaus mit Wohnung in Gde Arndorf Grub 1922



Das folgende Bild von Heilmeier - entstanden um 1900, also weit vor der Ausführung des Neubaus - 
ist mit "Grub" gekennzeichnet und steht sicher nicht am Gruberbach.


Arbeitskreis Heimatforschung: Foto Mathias Heilmeier ca. 1900



Ebenfalls im Jahre 1922 reichte Michael Staudinger einen   Bauantrag für den Neubau des neuen Wohnhauses auf der gegenüber liegenden Straße ein.




StA Landshut Rep 162-8 Sch. 25 Nr. 3592 Staudinger Wohnhaus 1922



DIA-Repro 2572: Haus der Schwestern Anna und Maria Staudinger. Lamer Straße, abgebrochen, jetzt Haus Dr. Schlossbauer
 
Sammlung Gerstl Traudl: im Hintergrund das Haus von Anna Staudinger



1924/5 dann erhielt die Familie Staudinger einen eigenen Neubau, die Villa Vera. Dem Stil des Bauplanes zufolge sollte der Bauplan vom Architekten Michael Herre gewesen sein.
StA Landshut Rep 162-8 Sch. 25 Nr. 3611 Staudinger Wohnhaus Villa 1924







DIA-Repro 2568: Haus Staudinger Lamer Str 7 Villa Vera mit Buick II C 2425 mit Chauffeur und Vera Staudinger, geb. Brandl von Simpering.


 DIA-Repro 3065: Familie Staudinger Wiesmühle Weihnachten
v. links hinten Dr. Leis mit Tochter, Vera Leis  geb. Staudinger, Michael Staudinger Vater, Anton Staudinger 1929 - 1998,
vorne sitzend Tochter Maria verh. in Straubing, Mutter Staudinger, Rita Staudinger verh. Dr. Schmid geb. 1926

DIA-Repro 585:  Marianne Thiel Familie Staudinger, links Ehepaar Dr. Schmidt (Frau Rita geb. Staudinger) rechts Anton Staudinger

Seit dem Jahre 1927 war Michael Staudinger Vorstand der Freiwilligen Feuerwehr Kötzting und wurde bei vielen Jahrtagen und Namenstagen auch groß gewürdigt und gefeiert.
Hier einige Berichte aus der damaligen Tageszeitung, dem Kötztinger Anzeiger.
Kötztinger Anzeiger vom Juni 1933



KA vom September 1934
Michael Staudinger als Vorstand der Kötztinger Feuerwehr
 




Aus einem Zeitungsbericht vom Juli 1932 erfahren wir von einer ganz besonderen musikalischen Aufführung Kötztinger Schüler und Schülerinnen und mitten unter ihnen auch drei Mädchen aus der Staudinger-Familie, Vera, Maria und Rita.

KÖZ vom Juli 1932. 



Im Jahre 1935 konnte der Markt Kötzting von Michael Staudinger ein Teilgrundstück erwerben (PlNr 531), um darauf das Kötztinger Flussschwimmbad errichten zu können. 

Als sich in der Nachkriegszeit in Bayern ein Heimat- und Königsbund gegründet hatte, war Michael Staudinger im Januar 1950 der erste Vorstand und auch Ludwig Volkholz, damals Mitglied des Deutschen Bundestages für die Bayernpartei, hob in einer Rede die Ziele dieses königstreuen Bundes hervor, der von Kötzting aus eine Grußadresse nach München schickte.
KU vom Januar 1950

 
KU vom Januar 1950




Am 23.8.1957 starb Michael Staudinger und in seinem Nachruf wird er als hilfsbereiter, stiller und weit über die Grenzen des Kreisgebietes hinaus bekannter Bürger beschrieben. Mehrere Jahre war er Mitglied des Marktgemeinderates gewesen und fungierte bei der Verwaltung auch als 2. Bürgermeister.
Besonders wurden seine Verdienste um die Kötztinger Feuerwehr hervorgehoben.


KÖZ vom August 1957


Am 30.10. 1960 dann der nächste Todesfall im Hause Staudinger:



KU vom 3. November 1960

Im drauffolgenden Jahr verstarb dann mit Anna Staudinger die Pfingstbraut des Jahres 1900, die an der Seite ihres Pfingstbräutigams Karl Obermayer 1950 noch ganz groß ihr 50jähriges Jubiläum hatte feiern können.

TA von der Kötztinger Zeitung

Nachruf aus der Kötztinger Umschau

 
Foto Rabl-Dachs: Untere Reihe von links nach rechts: Staudinger Vera, N.N., Gruber Rosa, Dreger Maria, Staudinger Maria.


Anton Staudinger und Lucia Pilz



Schon viele Jahre zuvor, nach dem Tode seines Vaters Michael Staudinger, hatte 1957 Anton Staudinger den elterlichen Betrieb übernommen.
Besser als bei der Laudatio, als er im Jahre 1996 die Kötztinger Bürgermedaille erhalten hatte, kann man seinen privaten und wirtschaftlichen Lebensweg nicht zusammenfassen.
Hier das Redemanuskript des damaligen Kötztinger Ersten Bürgermeisters Wolfgang Ludwig.



 
Foto Sammlung Tina Wühr.
Vorne Mitte, Anton Staudinger, genau hinter ihm sein Sohn Michael Staudinger. In der hintersten Reihe mit dem hellen Jackett, Dr. Stefan Hager.






 
Sammlung Tina Wühr: Anton Staudinger




Foto Rabl-Dachs. Der Kötztinger Bürgermeister Karl Seidl und Anton Staudinger




DIA-Repro 2064 Anton Staudinger mit einem Modell von Ischia, einer Thermenanlage, die bereits zur Zeit der Römer existierte hatte.

Archiv Serwuschok: Anton Staudinger bei einer seiner vielen Auszeichnungen

Im Jahre 1974 musste Anton Staudinger ein großes Brandunglück in der Wiesmühle miterleben.
Sammlung Serwuschok Nov. 1974





Foto Tina Wühr: die Familie Staudinger
Im Hintergrund die Kinder des Paares: v.l. Angelika, Michael, Lucia, Anton und Martina







Endgültig nach dem Tode des Seniorchefs Anton Staudingers wurde die Unternehmensgruppe auf einzelnen Familienmitglieder aufgeteilt und damit endet in gewisser Weise die zentrale Kötztinger Hand.
 
Foto Sammlung Tina Wühr:
v.l. Anton, Martina - verh. Wühr-, Lucia - geborene Pilz -, Lucia, Michael und Angelika - verh. Wanninger. 





Fünf Kinder hatten Anton und Lucia Staudinger und drei von ihnen teilten auch die Kötztinger Pfingsttradition.

Pfingsten im Hause Anton Staudinger



Archiv Serwuschok 

Archiv Serwuschok: Eintrag im Ehrenbuch der Stadt Kötzting
Archiv Serwuschok: die "alte" und die "Neue" Pfingstbraut Angelika Staudinger, nun verheiratete Wanninger, und Elisabeth Karg, verheiratete Zelzer.



Archiv Serwuschok: Vorbereitung beim "Hauserbader"


Archiv Serwuschok: Der Burschenverein beim Brautzug in der Villa Vera

Archiv Serwuschok: Der Brautzug am Pfingstmontag 1972
v.l. Franz Wanninger - Angelika Staudinger - Hans Gerhard Gmach - Bepp Held

Archiv Serwuschok: Eine Perspektive auf den Brautzug, den es nie mehr geben wird.

Das Pfingstbrautpaar 1972 am Pfingstdienstag
Angelika Staudinger und Hans Gerhard Gmach
im Hintergrund Franz Wanninger und Held Bepp

Bei ihren Einladungsbesuchen kamen sie auch beim Jubelbräutigam Franz Heigl vorbei.
Archiv Serwuschok: KUSW057

Der nächste Besuch, der nächste Jubelbräutigam: Franz Liebl, Bräutigam 1912

v.l. Hans Gerhard Gmach - Wieser Heinrich - Franz Liebl - Held Bepp - Angelika Staudinger - Wolfgang Ludwig - Franz Wanninger
Beim Treffen der Pfingstbrautpaare im Jahre 1985 finden wir das nunmehrig verheiratete Paar Staudinger/Wanninger

 
v.l. Franz Wanninger - Angelika Staudinger - Hans Gerhard Gmach - Bepp Held


Foto Sammlung Stadt Kötzting: Die Pfingstbraut in bunt

Foto Sammlung Stadt Kötzting: die Braut in weiß.





Foto Sammlung Stadt Kötzting: Martina Staudinger, verheiratete Wühr, Pfingstmontag 1980

Foto Sammlung Stadt Kötzting: Martina Staudinger, verheiratete Wühr, Pfingstdienstag 1980


Foto Sammlung Stadt Kötzting: Pfingstbrautpaar 1980: v.l. Graßl Franz - Tina Staudinger - Michael Plötz - Xaver Ritzenberger

Foto Sammlung Stadt Kötzting: Pfingstbrautpaar 1980: v.l. Graßl Franz - Tina Staudinger - Michael Plötz - Xaver Ritzenberger




Nun verging wieder ein Jahrzehnt, bevor Anton Staudinger, der jüngste Sohn des Hauses, der Kötztinger Pfingstbräutigam wurde. Er wählte sich die Nachbarstochter Martina Schullerer zur Pfingstbraut.




Foto Sammlung Stadt Kötzting: Pfingstbrautpaar 1991

Foto Sammlung Stadt Kötzting: Der Brautzug 1991
 v.l. Hans Traurig - Martina Schullerer - Anton Staudinger. Joachim Roiger fehlt dabei, da der wegen eines vorherigen Unfalls auf Krücken angewiesen war.


Aus meiner eigenen Fotosammlung hier noch ein paar Bilder von der Bewirtung beim Pfingstbräutigam im Garten der Villa Vera.

Foto Pongratz: rechts im Bild Franz Wanninger und Am Tisch Kellner Max und Luzia Staudinger


Foto Pongratz 

Foto Pongratz: Graßl Franz und Plötz Mich

Foto Pongatz: Dr. Guido Weixel, der unermüdliche Chronist des Kötztinger Burschenvereins



Auch in der nächsten Generation der Staudinger-Familie gibt es eine Pfingstbraut.


Foto Sammlung Stadt Kötzting: Brautzug 2016 - Pfingstmontag 2016
v.l. Karl-Josef Weber - Christina Staudinger - Johannes Kugler - Andreas Hackl

Foto Sammlung Stadt Kötzting: Brautzug 2016 - Pfingstdienstag 2016
v.l. Karl-Josef Weber - Christina Staudinger - Johannes Kugler - Andreas Hackl