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Freitag, 23. Dezember 2022

Kötztinger Häuserchronik - Beim Straubinger Boten

 Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


alte Hausnummer 51

beim Straubinger Boten


Aufnahme Josef Barth ca. 1947

Uraufnahme von 1831- Detail aus Bayernatlas.de


Auch hier, wie bei all den Anwesen Kötztings, die nicht den Rang eines Marktlehens hatten - hier rechtlich erneut ein "Haus" -, ist der Nachweis einer Besitzerabfolge vor dem Einsetzen der Briefprotokolle - ab 1700 - von Zufällen abhängig und kann dabei nur rückwärts geschehen. Alte Steuerlisten helfen hier nicht, da diese Häusler nicht berücksichtigten.
Der erste Punkt, an den hier angesetzt werden kann, ist ein belegter Hausverkauf vom 21.10.1707, der uns gleich eine ganze Fülle an Informationen dokumentiert, die uns bei der "Rückwärtssuche" helfen können.
An diesem Tag verkaufte ein Johann Caspar Pichelmayr - verheiratet mit einer Katharina - sein von einem Herrn Engl gekauftes Haus an Adam Neudecker um 126 Gulden. Eine Grundschuld über 100 Gulden, aufgenommen beim Spital Kötzting, lasteten zusätzlich auf dem Gebäude.
Hiermit haben wir also einen Vorbesitzer namens "Engl", den es zu suchen gilt, um u.U. noch weiter zurück forschen zu können.
In den Kötztinger Spitalrechnungen klafft eines sehr ärgerliche Lücke zwischen 1702 und 1723, jedoch findet sich im Jahre 1701 eine Grundschuldeintragung eines Balthasar Engl, des Gerichtsprokurators beim Landgericht Kötzting.
StA Kötzting Spitalrechnung von 1701
" Johann Balthasar Engl churfrtk. Ghtsprocurator und burger alhir, und Maria seine Hausfrau ist 100 fl Capitall vorgelichen worden, welche sye dann auch auf ihrer aigenthemblich inhebenten burgersbehausung, an des Veithen Immerls Heusl stossent, mit Verzicht der Englin Weiblichen Sprichen und Gerechtigkeiten underm Dato 11. May 1700 der gethonnen Aufrichtung gemes zu geniegen Versichert aso davon zu H: Georgi Zins eingangen 5 fl"
Nun ist aber bekannt, dass der Schreiner Immerl zu dieser Zeit auf dem - heutigen - Anwesen Aschenbrenner gewohnt und gearbeitet hatte. was aber in Widerspruch zu der obigen "Ortsbeschreibung" stünde, denn DIESE beiden Häuser liegen schlichtweg nicht benachbart.
 Die Lösung dieses "Rätsels" findet sich in einer Verkaufsurkunde vom 8. Mai 1702, ganz knapp zu Beginn der Kötztinger Aufzeichnungen. 
Die beiden späteren Kötztinger Hausnummern 51 und 52 waren schlichtweg bis zum Jahre 1702 ein einziges Gebäude und das hier zu beschreibende Haus 51 war erst durch eine Abspaltung entstanden.
Wir haben hier also den seltenen Fall, dass es ein genaues Datum für die Entstehung eines der alten Anwesen Kötztings gibt, eben diesen 8.5.1702.

Balthasar Engl und Maria Magdalena


Der Kötztinger Gerichtsprokurator hatte erst im Jahre 1699 das Kötztinger Bürgerrecht um 3 Gulden erworben und war offensichtlich bereits verheiratet nach Kötzting zugezogen, weil das Paar in den hiesigen Pfarrmatrikeln erst mit - insgesamt 3 - Geburtseinträgen aufzufinden ist.
STA Kötzting Marktrechnung von 1699.
"Der alhiesig H: Ghtsprocurator Herr Balthasar Engl Crafft Rhats Prothocoll fol 32 3 fl."

Der Gerichtsprokurator jedenfalls machte es sehr schlau, er nahm 100 Gulden Hypothek auf sein Haus auf, trennte einen Teil ab, welchen er verkaufte, und entledigte sich damit auch der Grundschuld, die er dem neu entstandenen Häuschen und dem neuen Besitzerpaar aufbürdete.
StA Landshut Markt Kötzting P3

"Kauffeinschreibung Per 120 fl sambt 3 fl Leikauf
H: Johann Balthasar Engl H: Ghtsprocurator und Burger alhir, bekhent und verkaufft wie Kauf Rechtens ist, auf erlangt burgerlich obrigkeitlichen Consens, nemblich sein ein zeitlang ingehabtes halbes Burgersheusl, oben an das Albrecht Riederers Haus [alte Hausnummer 50] und unten an bemelt H; Engls noch inhabentes gemauertes Heusl stossent, sovill selbes mit Schar und Tach umbfangen und allerdings von selbsten im Gepeuwerch und der Dachung ordentlich entschaidet sich befündet, und dahero weither kheines abthaillen benöthigt ist...."
Auch soviel vom Keller wird mitverkauft, als es dem (oberirdischen) Teil des abgetrennten Hauses entspricht.
Das neue Besitzerpaar ist Caspar Pichelmayr mit seiner Frau Katharina. Neben dem Leikauf von 3 Gulden müssen die Käufer nur noch 20 Gulden sofort bezahlen. Den Rest der Kaufsumme in Höhe von 100 Gulden können sie entweder dem Spital rückbezahlen oder ebenfalls in den Schuldvertrag mit diesem einsteigen. 
Am Schluss enthält der Vertrag noch den Zusatz, dass, sollte ein zukünftiger Käufer des Englschen Teilgebäudes das Haus wieder komplett zusammenführen wollen, so wären Pichelmayr oder seine Nachklommen verpflichtet, diesem Wunsche nachzukommen und ihr Haus diesem wieder abzutreten.

Kaspar Pichelmayr und Katharina


Gleich unter der obigen Beurkundung stellte der Kötztinger Magistrat klar, dass eine Abspaltung eines Hauses - und damit eine Art von Neubegründung - auch bedeutete, dass "der neue Besitzer "seine gemains Pürthen und Ausgaben an Steuern und Anlagen zu tragen schuldig sein und sonsten weither khain Gerechtigkeit haben solle, als wie hiesigs Orth die Häusler von selbsten haben."
Hans Kaspar Pichelmayr wohnte offensichtlich bereits einige Jahre in Kötzting, da er im Jahre 1702 nur noch 2 Gulden Aufschlag für die Erlangung des Bürgerrechts zu bezahlen hatte. Den sogenannten Beisitz hatte er schon vorher erworben. Diese Zahlung wurde ihm bei der Erlangung des ganzen Bürgerrechts angerechnet.
Der Käufer Pichelmayr ist in allen Beurkundungen eben als Hans/Johann Caspar "Pichelmayr" geschrieben worden, auch in der sich zeitlich sehr nahe anschließenden Grundschuldeinschreibung.
Andere Vorgänge für diesen Namen sind zunächst nicht zu finden, aber, in diesem Vertrag muss er dann noch zusätzlich Bürgen stellen und bei diesen steht nun:

.... derselben Schweger und respektive leibliche Gebrüder als den Hanss und Sebastian Pachmayr beede Burger und Schuechmacher alhier .....
Eine Suche nach einer Hochzeit, bei der die Braut den Geburtsnamen Pachmayr bringt uns dann einen Schritt weiter.
Am 24.1.1700 hatte der Witwer und frühere Soldat Johann Caspar Piehlmayr der Schustertochter Katharina Pachmayr sein Eheversprechen gegeben und am 22.2. hatten die beiden dann geheiratet.
PfA Kötzting Band 3 Seite 614 Heiratseintrag Piehlmayr o-o Pachmayr

Im Jahre 1703 finden wir den neuen Hausbesitzer vor dem Landgericht, wegen Holzdiebstahls, was ihm als Strafe "ain Stund lang in dem Bockh" einbrachte.


Thomas Wanninger und Johann Caspar Piellmayr, beede Bürger von Kötzting haben sich unterstanden , Simon Vogl zu Peckhendorf in dessen gehilz nit nur allein ainen abgestöllten Schaarrünnen Paumb zu gipflen, aufzuarbeiten und hainweckh zutragen, sondern Nachdeme Vogl Sye hieryber erwischt und zu pfendten vermaint noch darzue des Pfaundts gewaltthettig zuverwaichen, wiedann der Piehlmayr gegen ihme Vogel sogahr mit der Hackhen aufgefahren und deme schlagen wollen, dahero mann Ihnen beeden weillen der Vogl vor dem aufgearbeiteten Baum weitters nichts verlangt, ihr Undernemben alles Ernnstes obrigkheitlichen verwisen und beede Arbuethshalber   ain Stund lang in ì
dem Bockh abgebiesst."
In den Unterlagen, die sich vom Spanischen Erbfolgekrieg erhalten haben, finden sich zwei kleine Einträge. Im Jahre 1704 erhielt Kaspar Pichelmayr 27 Kreuzer für einen "Gang nach Passau, ob ide Husarrn hinwekch marchiert" und im Jahr drauf wurde er und Hans Lehner mit 36 Kreuzer für Botengänge bezaht, "umb man selbe mit Briefen vom Obrist Wachtmaister nacher Konzeller, Mosspach und Pempfling abschieckhen miessen"


Schon zwei Jahre danach, am 21.10.1707 - und das war die Basis unserer Besitzersuche, ganz am Anfang dieses Beitrages - verkaufen die beiden Pichelmayrs das Haus um 126 Gulden an den kaiserlichen Tabak Überreither Adam Neudecker und dessen Frau Maria.
Hans Caspar Pichelmayr stieg ein wenig auf, kaufte im oberen Markt ein neues Haus (alte Hausnummer 28 und später im Deckeranwesen aufgegangen) und betätigte sich nun als Fragner (=Krämer) was ihm in dem vorherigen Haus nicht gestattet gewesen wäre.
Einschub
Durch die Besetzung Bayerns im Spanischen Erbfolgekrieg waren die vorher kurfürstlichen Beamten plötzlich kaiserliche geworden.
Einschub Ende

Adam Neudecker und Maria


Von dem im vorherigen Verkauf extra protokollierten Einstiegsrecht potentieller Käufer des Nachbarhauses ist in diesem Vertrag keine Rede mehr.
Adam Neudecker musste nun bereits 4 Gulden für das Bürgerrecht bezahlen und sich ein Urkunde für die Weiterreichung der 100 Gulden Grundschuld beim Spital ausstellen lassen.
Das neuerworbene Haus wird nun als "Bürgershäusl zunegst an das der Frau Koenigin entlegen" beschrieben. Anscheinend ist Adam Neudecker mittlerweile als "Tobacküberreither" in Landsberg tätig, denn bereits im Jahre 1710 ist es seine Frau, Maria, die das Kötztinger Haus verkauft.
134 Gulden erzielen die beiden nun beim Verkauf des "Häusl mit Abtheillung, anstossend an sogenannt Herrn Koenigs Haus". Die neuen Besitzer sind der Bürgersohn und Schuhmacher Hans Georg Eiwöckh und dessen Frau Anna Margaretha, eine geborene Raab, und ebenfalls eine Schuhmachertochter. Es ist also in diesem Vertrag noch angeführt, dass es sich bei diesem Haus um eine Abspaltung handelt.
Zusätzlich zu den 100 Gulden beim Spital sind nun weitere 30 Gulden an Schulden hinzugekommen, diesmal entliehen vom Herrn Leutnant König.

Hans Georg Eiweckh und Anna Margaretha Raab


Die Zeiten sind offensichtlich schwieriger geworden in Kötzting, denn innerhalb von 11 Jahren (1699-1710) stiegen die Gebühren für die Erlangung des Kötztinger Bürgerrechts von 3 auf 6 Gulden. Mit diesem Betrag steht Hans Georg Eiweck in den Kötztinger Marktrechnungen.
Einen sehr schön geschriebenen und ausführlichen Hochzeitseintrag gibt es von den beiden, mit dem ganz besonderen Hinweis: "copulavit in Arbore", was ich nicht anders deuten und übersetzen kann, als dass die beiden in der Kapelle in Schönbuchen geheiratet haben.

"Am 3. Juni haben geheiratet der ehrenwerte Jüngling Johann Georg Eiwöckh, Bürger und Schuster in Kötzting und Sohn des bereits verstorbenen Georg Eiwökh, Bürgers und ebenfalls Schusters in Furth und seiner noch lebenden Ehefrau Margaretha, und seine Braut Anna Margaretha, Tochter des ebenfalls bereits verstorbenen Bürgers und Schusters Jacob Raab und seiner Ehefrau Margaretha.
Die Ehe in Schönbuchen hat geschlossen Pater Gregor und als Trauzeugen fungierten der Gerichtsschreiber Abraham Lindtner und der Mesner Josef Prälisauer, beide aus Kötzting."
Auch in den Kötztinger Spitalrechnungen lässt sich der neue Besitzübergang belegen.
StA Kötzting Spitalrechnung von 1722
"Johann Caspar Pichelmayr iezt Georg Eibeckh, Burger und Schuhmacher alhier und Margaretha sein Eheweib....."
HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4 1727-1736

Hans Georg Eiweckh  und danach in der Liste:
Frau Magdalena Königin, seine Nachbarin


8 Kinder werden die beiden bekommen, bevor am 30.5.1732 der Schuster JG Eiweck verstirbt und die Witwe mit ihren Ratenzahlungen dann im Österreichischen Erbfolgekrieg stark in Verzug kommt.
Der Magistrat stellt im Jahre 1745 fest, dass sie bereits mit 3 "Jahresinteressen" in Rückstand ist.
Die Kräfte der Schusterswitwe Eiwöckh schwanden vermutlich und so übergab sie, 2 Monate vor ihrem Tode, das "Haus zwischen Prokuratoren Wagerers und Josefen Gürsters Häusern liegend" um 100 Gulden an ihre Tochter Anna Maria.  Sie starb, wie oben erwähnt, bald nach der Übergabe am 16.3.1748. 

Anna Maria Eiweck


Nur gut ein Jahr blieb die junge Frau in Besitz des Hauses, dann verkaufte sie es  - mit Beistand ihres Cousins, Hans Raab -  um 120 Gulden an den "bürgerlichen Lemonihandler" Jakob Schützenmeier
Von ihrer jüngeren Schwester Barbara findet sich noch ein Kuriosum in den Kötztinger Umrittsprotokollen von 1755. Hierinnen sind Beschwerdepunkte aufgelistet, die dem Rentmeister aus Straubing bei seinen regelmäßigen Umritten vorgetragen wurden/aufgefallen sind oder ihm schlicht bei Rechnungsprüfungen sich herausgestellt haben. Der nicht näher erläuterte Vorwurf lautete: "Rockaufheben"

StA Kötzting Umrittsprotokoll 1755
"Insimili Barbara Eywöckhin, wegen eingeclagter Rockhaufhebung, so gar in die Weisung volgsamb ad juramentum gerichtsseits eingeleitet worden."
Hier wurde also eine Untersuchung von Seiten des Gerichts eingeleitet, weil vermutlich die Reaktion des Marktes entweder zu gering ausgefallen war, oder aber der Rentmeister den Markt als nicht zuständig erachtet hatte.

Schützmayr Jakob und Weidner Anna Barbara


Schon vor dem Hauskauf hatten am 2.5.1746 Jakob Schützmeier aus Burgweinting und die Bäckerstochter Anna Barbara Weintner in Kötzting geheiratet. Zwei Kinder gingen aus dieser Ehe hervor.
In den Wirren des Österreichischen Erbfolgekrieges fand der Verkauf statt und als danach die Kosten, die der Markt mit den vielen Kontributionszahlungen hatte, bilanziert wurden, blieb dem Magistrat gar nichts anderes übrig, als die fehlende Restsumme auf seine Bürger zu verteilen, sodass wir eine komplette Bürgerliste aus dem Jahre 1749 im Archiv haben.
StA Kötzting IV-1

"Jacob Schizmayr Lemonihandtler und Neuheusler alhir 1 Gulden 15 Kreuzer"
.Im Jahre 1757 schlossen die beiden dann - 12 Jahre nach der Heirat - einen Heiratsvertrag, in dem klar festgehalten ist, dass beiden keinerlei Heiratsgut besaßen, sondern sich gemeinsam das Haus erspart und erworben hatten.
Im Jahre 1758 kam es zu einer Prozessserie vor dem Magistrat. Der Kötztinger Stiftkramer im Rathaus, Anton Schneider, hatte Jakob Schützmayr und seine Frau Barbara viermal wegen Beleidigungen angezeigt. Bevor die Sache aber verhandelt werden konnte, hatten sich die beiden Streitparteien wieder "dahin guettlich verglichen und vereinbahrt, daß Sye widerumben wie vorhin in guetter Verständnuss leben und auch Er Schizmayr, und dessen Eheweib von dem Schneider nichts als Liebs: und Guettes zusagen wissen."  Nun fielen aber trotzdem Gerichtskosten an, die den Schizmayrs dann 1 1/2 Pfund Pfennige kostete, so ungefähr 250-300 Euros umgerechnet, bei aller Problematik die Umstände überhaupt zu vergleichen.
Schützmayr, nun allgemein als Fragner - also Krämer - bezeichnet, hatte vor dem Landgericht Beschwerde sowohl gegen den Magistrat als auch gegen seinen Nachbarn Moosmüller eingelegt.
Moosmüller hatte, so die Beschwerde Schützmayrs als Melbler auch Schmalz verkauft, was ihm der Krämer Schützmayr - offensichtlich mit Recht - verbieten lassen wollte. Da der Magistrat nicht reagiert hatte, ging er zum Landrichter und dieser ordnete nun die Bestrafung des benachbarten Moosmüllers an. Eigentlich wäre eine Strafe - ungewöhnlich hoch - von 5 Pfund Pfennigen fällig gewesen. Der Magistrat beließ es aber bei einem Tag im bürgerlichen Arrest.
Am 14.3.1768 stirbt der Häuser Schützmayr Jakob und auch das Leben seiner Witwe geht dem Ende zu.
Am 25.7.1773 macht sie ihr Testament und bestimmt darin, dass sie "im oberen Friedhof neben ihrem Mann beigesetzt" werden möchte. Sie hat auch vor, das Haus zu verkaufen, und bestimmt, dass "vom Restverkaufsgeld des Hauses ihrer und ihre Mannes 6  Jahre von der Kanzel herab gedenkt werden" soll. Nur einen Monat, nachdem Barbara Schützmeier am 11.8.1773 verstorben war, kommt es bereits am 3.9.1773 zum Verkauf des Hauses "zwischen Herrn Verwalter Magerer und Anton Gressls Häusern entlegen , samt dem Wurzgärtl bei der Wuhn" an die ledige Bürgerstochter Martha Auzinger.
Der Verkaufspreis liegt bei 185 Gulden.

Martha Auzinger


Wieder ist es eine Steuerliste des Klosters Rott, die uns hier hilft.
Martha Auzinger steht in dieser Liste genau zwischen ihren Nachbarn, dem Melbler Josef Robel und dem Prokurator Lorenz Stoiber.



Und weiter geht´s mit dem Kaufen und Verkaufen. 13 Jahre lang behielt Martha Auzinger das Haus, bis sie es an den "Weisspeckhensohn" - und gleichzeitig Vetter - Josef Auzinger, nun um 300 Gulden, weiterverkaufte.

Auzinger Josef

Auzinger Josef scheint seinen Zahlungsverpflichtungen wohl nicht korrekt nachgekommen zu sein,. denn am 1.9.1801 kommt es erneut zu einem Hausverkauf und wieder ist die Verkäuferin die obige Martha Auzinger. Dieses Mal - der Verkaufspreis bleibt mit 300 Gulden gleich - geht es an den Vetter Paul Auzinger. Der ursprüngliche Käufer und der Bruder, Josef Auzinger, heißt es im Vertrag, habe sich nun in Viechtach niedergelassen.


Auzinger Paul und Kram Margaretha


Auzinger Paul, der Sohn des Kötztinger Bäckers Maximilian Auzinger hatte bereits am 21.1.1795 Kram Margaretha geheiratet, eine Kötztinger Inwohnerstochter. Nach dem Hauskauf 1801 kamen sie finanziell in große Probleme und konnten diese nur durch eine größere Kreditaufnahme schultern, diesmal bei der Pfarrkirche. 200 Gulden liehen sich die beiden, "zur Abzahlung andringend unversicherter Schuldposten".
Auch von dem übernommenen Wurzgartl bei der Wuhn, hier  als "Wurzgartl nägst der Anton Maggischen Bürgersbehausung" bezeichnet, trennten sich die beiden und verkauften es an den Webermeister Wolfgang Mang um 34 Gulden.
Im Jahre 1808 bewarb sich Paul Auzinger erfolgreich um den Posten eines "Lotto=Collecteurs". Um diese Stelle zu erhalten, musste er jedoch zuerst die Feuerversicherung auf sein Haus erhöhen und als "Sicherheit der königlichen Administration sowohl, als der Spiellenden," eine Kaution in Höhe von 300 Gulden nachweisen, zu welchem Zwecke er sein gesamtes Vermögen einschließlich seines Hauses zur Verfügung stellen musste. 

Auzinger Paul und Anna Maria Reininger



Die Magistratswahl 1806

Im Jahre 1806 fand in Kötzting eine normale Ratswahl statt, deren einzelne Wahlzettel aus eigentlich unverständlichen Gründen sich erhalten haben und unkommentiert als einzelner Akt den Weg ins Staatsarchiv Landshut fanden. Es ist dies für uns ein Glücksfall, weil wir dadurch nicht nur eine vollständige Bürgerliste - mit Zuordnung zu einzelnen Häusern - erhalten sondern sogar das Stimmverhalten UND das Prozedere des damaligen Wahlverfahrens überliefert bekommen.
Zur Wahl standen der Bürgermeister (nun heißt er auch in Kötzting so, der Begriff des Kammerers ist Geschichte), die Räte und der Ausschuss. Listen gab es keine, sondern jeder Wähler konnte seine Wunschpersonen für die jeweiligen Posten frei einsetzen.
Hier nun der Wahlzettel unseres Paul Auzinger. Natürlich waren nur die Bürger und Männer wahlberechtigt. Inwohner, Beisitzer egal ob Männer oder Frauen waren nicht wahlberechtigt.

StA Landshut LGäO Kötzting Nr. 793 Magistratswahlen

"Votum
von Paull Auzinger Nro 49
Georg Windorffer zu Kammerer 84
Zu Räthen
Wenzl Pauer
Johann Gulder
Leonhard Haaß
Ausschuß
Mathias Pfeffer
Kaspar Görnhuber
Heinrich Lesker
Lorenz Mühlbauer
"
Die Zahlen hinter den einzelnen Namen bedeuteten die damaligen Hausnummern, die sich jedoch von der späteren Zählweise teilweise sehr stark unterschieden.
Das Votum jedes einzelnen Wählers wurde in eine große Tabelle übertragen, war also alles andere als geheim.

Nach dem Tode seiner ersten Frau - sie war am 27.12.1808 mit gerade mal 36 Jahren an den Folgen einer schweren Geburt gestorben-  heiratete der Witwer erneut. Am 5.2.1810 nahm er die aus Eisenstein stammende Schneidertochter Anna Maria Reininger zur Frau, die ihm aber außer einem "aufgerichteten Bett" sonst nichts weiter in die Ehe mitbrachte.
Moderne Zeiten benötigen nun auch andere Dokumente, dem Heiratsvertrag der beiden beigelegt ist ein "Endlaßschein" des Amtes Eisenstein und eine beglaubigte Abschrift ihres Geburtseintrages vom dortigen Pfarrer.

StA Landshut Briefprotokolle LGäO Kötzting Nr. 924

Als im Jahre 1811 der erste Katasterband erstellt wurde - Liquidationsprotokoll genannt -, steht unter der damaligen Hausnummer 49 Paul Auzinger mit dem "gezimmerten Haus".
Bei der Abtrennung des Gebäudes gut 100 Jahre zuvor war das neue Anwesen offensichtlich aus einem hölzernen Anbau heraus entstanden.

StA Landshut Rentamt Kötzting B27
"Markt Kötzting Nro XLIX Paul Auzinger (Zusatz mit Bleistift: HNr. 51)
"Das gezimmerte Haus" und "Nutzungsantheil an den noch unvertheilten Gemeindegründen".
Franz Paul Auzinger und seine zweite Frau starben erst hochbetagt mit 84 bzw. 75 Jahren, wohnten aber zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr auf dem Haus, das sie bereits um 1820 verkauft hatten.
Im Umschreibeheft des Rentamts Kötzting steht der Besitzübergang ohne eine Datumsangabe.
Sebastian Weinzierl  war der neue Besitzer

Sebastian Weinzierl


StA Landshut Rentamt Kötzting B 28 Umschreibeheft 1811-1840

"Sebastian Weinzierl Fragner in Kötzting, kaufte auf der Gant das Paul Auzingerische Bürgerhaus mit dem Gemeinde Nutzen in Kötzting sonst ohne Veränderung"
Schon vom Jahre 1820 ist ein Vorgang beim Amtsgericht bekannt, als sich Sebastian Weinzierl bei Gericht über seinen Nachbarn Johann Kraus beschwerte, weil dessen Abfallwasser seinen Keller ruinieren würde.
Mit Sebastian Weinzierl kam nun auch der spätere Hausname zu dem Anwesen. Bei ihm war als Beruf  "fahrender Straubinger Bote" angegeben. Vor der Einführung eines regelmäßigen Postbetriebs stellte er nun eine dauerhafte und zuverlässige Verbindung zwischen Kötzting und Straubing her,  als reine Privatperson mit Konzession.
So erhält er zum Beispiel im Jahre 1820 1 Gulden 12 Kreuzer vom Magistrat bezahlt  für die "Überbringung der Maasse und Gewichte zur Visitation" von Kötzting nach Straubing.
Das Haus verkaufte er nach kurzer Zeit an seinen Stiefsohn Josef Harvoll weiter.

StA Landshut Rentamt Kötzting B 28 Umschreibeheft 1811-1840

"Den 7. Jänner 1822 hat Sebastian Weinzierl dessen Bürgerhäusdl zu Kötzting an seinen Stiefsohn Joseph Härvoll um 650 fl. übergeben ohne Änderung"

Joseph Harvoll und Theresa Prandtl



Josef Harvoll und seine Frau Theresa aus Zettisch hielten nicht nur den Fragnerbetrieb aufrecht, sondern betrieben auch weiterhin den Botendienst nach Straubing.
Hier im Kopfteil einer Schuldverschreibung über 350 Gulden wird er genau als das beschrieben.
StA Landshut Briefprotokolle LGäO Kötzting Nr. 940

"1. Schuldbrief ad 350fl
Joseph Harfohl bürgerlicher Fragner und fahrender Straubinger Bote in Kötzting und Theresia dessen Eheweib.....
"

Die Zeit der Familie Harvoll auf diesem Anwesen dauerte ebenfalls nicht sehr lange. Theresia Harvoll starb, wie so viele andere Frauen sehr früh , mit 34 Jahren am 8.6.1828, bei einer Entbindung. Ihr Kind, eine Katharina, lebte nur wenige Tage mehr und verstarb an der "Frais", einer damals sehr häufigen Todesursache bei Kindern, die mit schweren Fieberkrämpfen einher geht. 
Ob der Tod seiner Frau und seines Kindes die Ursache für den Verkauf des Hauses gewesen ist, wissen wir nicht, aber bereits 2 Monate nach den tragischen Todesfällen im Hause Harvoll kommt es zum nächsten Besitzwechsel.


Nun jedoch zunächst ein Sprung zurück zur Drechslerfamilie des Paul Auzinger, der ja auf seinem Anwesen "auf die Gant" gekommen war und dessen Haus dann zwangsverkauft wurde.
Vom Frühjahr 1847 haben wir zwei Kurzeinträge in den Kötztinger Vergleichsverhandlungen, die uns zeigen, in welch prekären Verhältnissen die Drechslerfamilie Auzinger hatte leben müssen.
StA AA VII-12: 2. März 1847: "Paul Auzinger Drechsler zu Kötzting  klagt gegen seinen Sohn Josef Auzinger, der die innegehabte Drechslereikonzession ausübe, den Werkzeug sich zugeeignet habe und ihm von den Verdienste keinen Kreutzer zukommen lasse. Nachdem er und sein Eheweib bereits alt und gebrechlich seien und Paul Auzinger die Profession selbst nicht mehr auszuüben vermag,  und dem Sohne an und für sich die Alimentationspflicht der Eltern obliegen dürfte, so bittet er den Sohn Josef Auzinger zu einer wöchentlichen Alimentation  von 42 kr. zu verhalten. Josef Auzinger erinnert dass der Verdienst äußerst beschränkt sei, die Konzession selbst auf ihn zur Zeit nicht übergetragen sei, so könne er sich zu keiner weiteren Unterstützung wöchentlich von 15 kr für seine Eltern herbeilassen.  Nachdem bei diesen Verhältnissen unter den Teilen eine gütliche Vereinigung nicht zu erzielen war so bittet Paul Auzinger eine Ausfertigung der erforderlichen Klage zur Verfolgung seiner Rechte. Jedoch einigte man sich schliesslich dahin, dass sich Josef Auzinger herbeilässt, seinen Eltern wöchentlich 21 kr. zu zahlen, wobei sich der Vater zufrieden gibt
29. April 1847: "Alois Deschermeier, Metzgermeister von hier, belangt den Drechsler Paul Auzinger wegen eines rückständigen Herbergszinses von 9 fl und bittet, den Beklagten zur Zahlung anzuhalten. Paul Auzinger erinnert, dass er aller Zahlungsmittel entblösst sei und daher die verlangte Herbergszinszahlung auch bei besten Willen nicht zahlen könne". Eine Einigung kam hier nicht zustande. 

Nun wieder zurück zum Haus Nummer 51.



Auch in den Kötztinger Gewerbekonzessionsakten lässt sich der Übergang von Harvoll zu Stoiber belegen..
StA Kötzting AA X-19

"Both fahrend nach Straubing - Joseph Harfohl; Hausbesitzer - 11.8.1823  -  Abgang - die Conzession vom Magistrat verliehen
Johann Stoiber, Hausbesitzer 7.8.1828 Zugang - dto"

Johann Stoiber und Baumgartner Therese


Dem 6. August 1828 hat Joseph Harvoll Bürger zu Kötzting seine Bürgersbehausung nebst den Schupfen an Johann Stoiber l. Bürgerssohn von Kötzting um 1600 fl verkauft, sonst ohne weitere Änderung..."
Mit dem neuen Besitz im Hintergrund schritt der junge Kötztinger Bürgerssohn gleich zur Heirat. Seine Braut war Baumgartner Theres aus Haus.
Lange schon vor dem protokollierten Kauf des Hauses stellt er bereits beim Magistrat ein Gesuch für eine Konzession als Straubinger Bote, die er am Tag nach seiner Heirat auch erhält, s.o. der Ausschnitt des Gewerbekatasters.
Als der zukünftige Besitzer geht er zum Magistrat -  bereits am 30.April 1828 - und bringt vor, dass er das Harvollsche Wohnhaus mit Stadel und dessen personalem Fragner und fahrenden Straubinger Botengewerbe um 1600 Gulden  erworben hatte und bringt gleich seinen Verkäufer mit, der bestätigt, dass er tatsächlich die fraglichen personalen Gewerbe an den Käufer abtritt.
Er trägt vor, dass er zur Ausübung des Fragnersgewerbe "hinlänglich Fähigkeiten" habe, weil er in Gesellschaft mit seinem Vater bereits einen Handel mit Salz und andern Fragnerartikeln betrieben habe.
"Zur Führung des Bothengewerbes ist er des Lesens und Schreibens wohl kundig, auch immer einer unbescholtenen Aufführung beflissen gewesen."
Er, "Stoiber, mache sich anheischig, die verordnungsmässig erforderliche Caution zu leisten."


Dieses Protokoll unterschrieben "auf Vorlesen Harfol Both ---- Johann Stoiber"

Der Magistrat stellt Bedingungen. Stoiber habe seinen Schulbesuch und auch seinen Religionsunterricht zu belegen, sein zum Ankauf vorgesehenes Vermögen offenzulegen, seine "Militärpflichtentlasung" und seine persönliche Befähigung zur Fragnereikonzession darzulegen.
Nach der grundsätzlichen Zustimmung zu diesem Antrag von Seiten des Magistrats und auch des Gemeindeausschusses fehlt zunächst nur noch die Zustimmung der Kötztinger Kaufleute, die aufs Rathaus gebeten wurden, um ein Protokoll zu unterschreiben.


Handelsmann 
Firma Fabrici





Handeslmann
Firma Henneberger





Handelsmann
Firma Groß








Krämmer
Anton Adam von Kötzting 










Das Landgericht Kötzting war dafür zuständig, ihm eine Kautionsurkunde über 1000 Gulden auszustellen. Nicht nur Johann Stoiber haftet mit seinem Vermögen sondern auch seine Eltern, Michael und Anna Maria Stoiber, Fuhrmannseheleute in Kötzting, bürgen für den Sohn in dieser Urkunde.
Auch die Nürnberger Oberpostdirektion stellte sich hinter die Übernahme unter der Bedingung, dass Stoiber die "nämlichen Fahrttage beibehalten" müsse.
Schreiben der Oberpostdirektion am 1.7.1828


Rechtzeitig zum tatsächlich erfolgten Kauf des Hauses erhielt Johann Stoiber am 7.8.1828 seine "Gewerbs=Verleihungs=Urkunde."

Im Jahre 1840 entsteht nun der erste richtige Häuser- und Rustikalsteuerkataster und bei unserem gesuchten Haus steht eigentlich eine kleine Sensation. 
Das Häuschen, das erst knapp 150 Jahre zuvor durch einem hölzernen An-/Ausbau angelehnt an ein vorhandenes anderes Haus entstanden war, wird nun plötzlich als Marktlehen mit Tafernrecht bezeichnet.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5038

"Hausnummer 51 in Kötzting Johann Stoiber, Straubingerbothe
Lit A: Das Haus beym Both und Fragner
Marktlehen bestehend in dem Tafern und Kommunbraurecht:

Gebäude:
Wohnhaus mit Stallung aneinander
gemauerter Fragnerladen mit dem Haus unter einem Dach
Dunglage beym Pfefferschneider
"

Der "Pfefferschneider", Josef Pfeffer, Schneidermeister von Beruf, war damals in Besitz des Hauses an der Marktstraße, das wir heute als das der ehemaligen Metzgerei Graf (Hausname Emmeram Stadler) kennen. Dort wo sich heutzutage das mit schweren Granitsteinen begrenzte Blumenbeet befindet, lag vor 150 Jahren der Misthaufen des Johann Stoiber.





"Gebäude und Gemeinderecht laut Brief vom 5ten August 1828 von Joseph Harvoll mit Dareingabe um 1600 fl erkauft.
Das Marktlehen aber laut Brief vom 21. Februar 1839 mit den Besitzungen unter C. und D. der Wiese in der Gemeinde Arndorf und dem wiederverkauften Anwesen Hs Nr 29 von Joseph Malterer erkauft
." 
Und dort findet sich auch die Lösung des Rätsels, auch wenn es ÄUSSERST ungewöhnlich ist, dass der Magistrat solch einem Transfer tatsächlich zugestimmt hat.
Dieser Transfer hatte aber keinen Bestand; die festzementierte Kötztinger Bürgerstruktur ließ noch keinen solch gravierenden Eingriff in die herkömmlichen Besitztitel zu, wie sich bald herausstellen wird.
Woher aber stammte grundsätzlich dieses in Kötzting so kostbare Recht? 
Die Erklärung:  Für kurze Zeit war Johann Stoiber auch der Besitzer des Marktlehens in der Marktstraße mit der alten Hausnummer 29 gewesen - älteren Kötztingern als das Ring-Haus oder das des Dr. Angerer bekannt, nun Teil des Modehauses Frey -.
Dieses Haus war jahrhundertelang ein Marktlehen gewesen, hatte aber unter dem auf Stoiber folgenden Besitzer nur noch eine Fragnersgerechtigkeit auf dem Hause liegen; das Marktlehensrecht war danach offensichtlich einfach  auf das kleine Haus weiter unten in der Marktstraße übertragen worden, wie oben bereits angedeutet, war dieser Transfer aber nicht dauerhaft.
Im Jahre 1842 wurde auch ein Mieterkataster erstellt, das uns einen genaueren Einblick in Baudetails des Hauses gibt.
StA Landshut Grundsteuerkataster 5045

"Johann Stoiber, Fragner
/Hauseigenthümer/
1. Hauptgebäude:
Unter der Erde: ein kleiner Keller
I. 1 Wohnzimmer, 1 Gewölb und 1 Laden
II. 1 Wohnzimmer, 1 Kammer und 1 Getreideboden, dann der Boden unterm Hausdach
II 1 kleiner Backofen im Kamin

2. Nebengebäude:
PlNr. 256 Eine Wagenschupfe mit darin befindlicher Stallung und Futterboden

3. Nebengebäude
PlNr. 557 184 Eine Scheune mit Dreschtenne
Für obige Angaben bürgt
Kötzting am 22. Jänner 1842 Johann Stoiber"


 
Auch in den Kötztinger Vergleichsverhandlungen finden wir den Straubinger Boten JS.

StA Kötzting VIII-19 Vergleichsverhandlungen 

"29. Juli  1844: Johann Stoiber, Straubingerbote dahier, belangt die Ledererwitwe Anna Ludwig von hier um 10 fl 30 kr , welchen Betrag er an den Taglöhner Franz Parzinger für Baugestein ausbezahlt hat und die sich Ludwig eigenmächtig zugeeignet hat. Anna Ludwig kann die Abfuhr dieser Steine nicht in Abrede stellen und sichert die Bezahlung dieser 10 fl 30 kr zu." Unterschriften Johann Stoiber und Anna Ludwig.

Zu diesem Vorgang gibt es auch eine Vorgeschichte, die das Ganze transparenter macht.
5.Juni 1844: Johann Stoiber bürgerlicher Fragner von Kötzting belangt den Inwohnerssohn Franz Parzinger von da, weil der Letztere ihm mehrere Klafter Bruchsteine die er in seinem Auftrage gebrochen  und hierfür die Arbeitslöhne erhalten hat ohne sein Vorwissen und Einwilligung an den Lederer Ludwig veräussert habe und bittet ihn zur Rückbezahlung der in Empfang genommenen Arbeitslöhne im Betrage von 10 fl 30 kr zu verhalten.  Franz Parzinger sowie sein Bruder Josef Parzinger Maurergeselle von hier können die Empfangnahme der Arbeitslöhne per 10 fl 30 kr  nicht in abrede stellen, können aber zur Zeit die Rückvergütung desselben wegen Mangel an Mittel nicht bewerkstelligen, versichern aber deren Zahlung bis zum Herbst des heurigen Jahres. Kläger bittet um Ausfertigung des Klagszeugnisses.

Offensichtlich musste man sich zuerst ein "Klagszeugnis" ausstellen lassen, bevor man  den Prozessweg einschlagen durfte.  




"20. November 1845: Johann Stoiber bürgerl. Fragner und Straubingerbothe dahier hat gegen den Bäcker Johann Münsterer von hier eine Forderung für abgegebenes Getreide Haupt- u Nebensache zu 923 fl gutstehen und bittet denselben zur Bezahlung dieser Forderung innerhalb von 3 Monaten als den von ihnen gegenseitig festgesetzten Aufkündigungstermin zu verhalten. Der Beklagte bekennt die obige Schuld zu 923 fl in Haupt- u  Nebensache an und macht sich verbindlich, diese Summe innerhalb 
dieses Termins zu bezahlen. "
Unterschriften: Johann Stoiber und Münsterer

Sechs Kinder wird das Ehepaar Stoiber bekommen zwischen 1831 und 1845, wobei der spätere Pfingstbräutigam des Jahres 1851, JB Stoiber, angeblich geboren im Jahre 1829,  nicht in den Kötztinger Geburtsmatrikeln zu finden ist.

Am 23.9.1847 verstirbt seine junge Frau mit 38 Jahren an Lungenvereiterung, zwei Monate später heiratet der Witwer erneut, diesmal , am 22.11.1847, ist es die Kötztinger Hutmachertochter Theresia Gulder. 

Johann Stoiber und Theresia Gulder



Auch seine zweite Frau wird nicht alt, bereits 6 Monate nach der Heirat, am 18.5.1848, verstirbt  sie mit gerade mal 36 Jahren an Lungenlähmung.
Und erneut nur 4 Monate später, am 3.9.1848, kommt es zur nächsten Hochzeit, die dritte Frau kommt aus Mitterfels und ist die dortige Bäckerstochter Anna Kandler.

Johann Stoiber und Anna Kandler


In den Jahren 1851-53 kommt es immer wieder zu Beschwerden über den Zustand der Distriktsstraßen über Blaibach nach Miltach und weiter nach Straubing. (AAVI-66)
In dem Akt geht es zunächst um die Ausbesserung der Straße über Blaibach nach Miltach und weiter nach Stallwang.
Zustand 1850: Die Straße ist" sumpfig und grundlos, denn Bauern pflanzen die Straßenränder mit Felberstauden" (Felber = Salix - Salweide, Kätzchenweide),um "eine natürliche Einfriedung" zu bekommen. Dieses wiederum "hindert den Luftzug zum Austrocknen der Gräben und ist baupolizeilich verboten". Im selben Jahr werden Taglöhner bestellt, um die Straßendecke zu reparieren.
Auch 1851 folgen Aufrufe zur Reparatur.
1852 werden auf  allen unterhaltspflichtigen Straßen Kieshaufen angefahren.
1853 befinden sich erneut im Bezirk Kötzting unbefahrbare Straßen und der "Bote Stoiber, der Weizen und Gerste fährt, berichtet, dass die Strasse nach Straubing derart ruinös ist , dass es nur bei Gefahr
für Leib und Leben zu befahren ist" und er eine größere "Aufwendung wegen der doppelten Bespannung" betreiben muss.
Zu dieser Meldung passt gut, dass sich Jahre zuvor bereits Stoiber Johann um die Nutzung eines leerstehenden Getreidekastens bemüht hatte. (Rentamt Kötzting A 387 von 1834) 
Es geht in dem Akt um die Überlassung eines Getreidekastens im Landgerichtsgebäude an den Boten Stoiber, wobei keine genaue Ortsangabe angegeben ist. Es heißt nur, dass beim LG Gebäude ein Getreidekasten ist, welcher nicht benutzt wurde und ruinös ist. Stoiber jedenfalls kann den Kasten anmieten und hat wohl dadurch seinen Getreidehandel begründet.

Der Kellerbau des Johann Stoiber

AA XI-119: In etwa genau dieser Zeit versuchte JS auch einen großen Hauskeller anzulegen, was vermutlich seinem Versuch geschuldet war, den Status als ein Marktlehen auf dieses Haus zu transferieren.
In seinem Gesuch vom 6.1.1851 stellte er den Bau in der Art dar, dass der Keller unter "den Räumlichkeiten seines Fragnerladens" errichtet werden solle.
Der Zugang zu dem Keller - und damit auch der Aushub - solle in Richtung des Rathauses geschehen
Gegen den Keller an sich hatte der Gemeindeausschuss keinerlei Bedenken, nur, dass der Zugang rathausseitig erfolgen sollte fand keine Zustimmung, wie es auch die eingeschalteten Handwerksmeister (Obermayer als Zimmermann und Wilhelm als Mauerer) so protokollierten. 20.1.1851
Bereits mit Datum des 18.Februar stellten die beiden Sachverständigen fest, dass der "in Angriff genommene Kellerbau" bereits "in einer Länge von 30 Schuh gegen die Straße ausgegraben ist, von dieser Länge kommen 15 Schuh unter die Stoibersche Behausung zu stehen, während die weiteren 15 Schuh unter der Fahrstraße und dem Trottoir liegen"
Auch der märktischen Wasserleitung wäre der Bau bereits sehr nahe bekommen. Der Werksmeister versicherte jedoch, dass der "innere Bau der Art  mit Hölzern gestützt ist, dass eine Gefahr von Beschädigung nicht vorlieget."
Nach dieser Entdeckung schreibt ihm der damalige Bürgermeister Schrank, dass Stoiber, wolle er eine komplette Einstellung seines Bauvorhabens vermeiden, keinerlei weiteren Vortrieb in Richtung der Straße durchführen dürfe.
Der Bau wurde offensichtlich grundsätzlich fortgesetzt, nun stellt JS - am 7.4.1851 -  den Antrag, in Richtung zur Rathausgasse einen dauerhaften Zugang errichten zu dürfen, was der Magistrat sofort ablehnt und ihn daran erinnert, dass er das Marktpflaster wieder zu erneuern habe.
Ebenfalls am 7.4.1851 stellt JS einen weiteren Antrag. Diesmal schlägt er vor, auf eigene Kosten einen unterirdischen "Wasserabzugskanal" - offensichtlich hat er das Problem, das viele Kötztinger Anlieger im unteren Markt bis zur Sanierung in den 80er Jahren in ihren Kellern hatten: Wasser, viel zu viel Wasser - bis hin zum Hauseck des Johann Robel (Meidingerbeck) zu graben, ab welchem Punkt das Wasser dann oberirdisch die heutige Müllerstraße hinab bis zur Marktmühle abfließen könnte.
Gleich erhält der Marktmaurermeister Wilhelm vom Bürgermeister den Auftrag, die Situation des Wasserabzugskanals in diesem Bereich sich genauer anzusehen, was dieser sofort, noch am selben Tag, macht und davon berichtet.
Schrank bereitete die ganze Angelegenheit für den Gemeindeausschuss vor, jedoch war das Gremium bei der nächsten Sitzung nicht beschlussfähig, weil keine 2/3 der Mitglieder anwesend waren, weshalb dem JS erklärt wurde, dass er eine Entscheidung abzuwarten habe und den Bau nicht weiter vorantreiben dürfe, bei einer Strafandrohung von 10 Reichstalern.
Am 12.4. war das Gremium dann beschlussfähig und hatte auch grundsätzlich nichts dagegen, nur wollte sie jeglichen Schaden von dem Markt abgehalten sehen und den Kanalbau bis hinunter zum Regen - wohl auf Kosten des JS - machen lassen, um vor allem in der Winterzeit Eisplatten auf der Straße zu verhindern.
Nun kam es zu einer Ortbesichtigung. 
"Aus dem Ladengewölbe, wo die Eingangsthüre angebracht ist, führet eine sogenannte Schneckenstiege in denselben und ist bereits eingewölbt. Darneben stehet das Wasser 3/4 Schuch tief und kann nur durch Ausschöpfen entfernt werden. Das Wasser selbst sammelt sich tropfenweise an dem Gewölbe, sickert von der Erde oberflächig durch die Erdspalten nach unten"
Der Bausachverständige hält die Anlage eines "Pumpbrunnens " als Problemlösung für ausreichend und sieht  beim Kanal eher das Problem, dass bei der Einmündung desselben - wegen des hohen Wasserstandes - das Abwasser eher zurückgedrückt werden würde.
Dem Gutachten des Marktzimmermeisters Obermayer schließt sich das Gremium an und weist das Gesuch des JS zum Kanalbau zurück.
Nun folgt das nächste Gesuch JSs, nur wenige Tage nach der Ablehnung. Dieses Mal möchte er ein Fallgitter anbringen und reicht  sogar - in Duplo - zusätzlich einen Bauplan sowohl beim Magistrat als auch beim Landgericht ein
Dieses reagierte ebenfalls sehr schnell und wünscht die Nachbarn um deren Zustimmung zu befragen.
StA Kötzting AA XI-119

"Als Adjuncten (Anlieger) erscheinen nach dem Plan:
1. Advokat Müller
2. Metzger Sperr
3. Sattler Futscher
4. Bader Robel
5. Melber Kraus"

Carl von Paur, der Landrichter, verlangt vom Magistrat, JS zu informieren, dass er zwingend die Einverständniserklärungen der Anlieger benötige, und legt eine genaue Bauausführung für eine mögliche Kelleröffnung fest. 
Der Magistrat lässt nun zunächst den Bau einstellen.
Robl und Sperr sind mit dem Bau uneingeschränkt einverstanden.
Der Melber Kraus möchte in erster Linie sicherstellen, dass seinem Misthaufen nichts passierte. Eine Kelleröffnung in Richtung der Straße dürfte von Polizei wegen wohl nicht gestattet werden.
Die verbliebenen Anlieger Futscher und Müller erklären sich ebenfalls mit dem Kellerbau einverstanden, wehren sich aber gegen jeden Schaden, der von dem geplanten Kanale ausgehen könnte.
Anfang Mai muss nun JS reagieren und bittet um Verständnis für seinen geplanten Kellereingang.


"Mein Wohnhaus gestattet wegen beträchtlicher Engfängigkeit auf keine Weise eine derartige Stiege in den neu gegrabenen Keller anzulegen und Fässer hierin unterbringen zu können, sondern es führt mittels einer Fallthüre aus meinem Ladungsgewölbe nur ein schmaler Gang in Windungen in das Kellergewölbe auf welchem Wege man den Inhalt nur in kleinen Portionen aus dem Keller aufwärts befördern kann.....
.... Ich beabsichtige nun vom Straßenpflaster aus in den Keller eine Öffnung zu 6 Fuß im Quadrat anzulegen um die Fässer in den Keller ablegen zu können und würde zur Verhinderung allen Unglücks diese Öffnung mit einem starken Eisengitter und einer eichenen Fallthüre versehen. Nachdem ich zu dieser Öffnung von meinem Hause weg 4 Schuh von der Straße beanspruchen muss, stelle ich die Bitte mit hierzu die Genehmigung des Magistrates zu ertheillen.
Der Magistrat kann sich nicht gleich erklären, denn er muss zunächst die Gemeindebevollmächtigten dazu befragen und übersendet ihnen auch den Bauplan mit der genaueren Beschreibung, wie diese Kelleröffnung danach beschaffen sein solle..
Dieses Gremium spielt den Ball zurück und überlässt die endgültige Entscheidung dem Magistrat, möchte nur sicherstellen, dass keine Gefahr von diesem Bauwerk ausgehen könne. 
Nun erteilt der Magistrat am 24.5.1851 seine Zustimmung zu einer Falltüröffnung auf der Straßenseite.
Soweit, so gut, der Keller ist nun genehmigt und der Pumpbrunnen installiert.....jedoch wohin mit dem abgepumpten Wasser?
Eine schnelle Lösung war wohl, dieses hinein in die Rathausgasse ablaufen lassen und fort damit. 
Aber es dauerte nur sehr kurze Zeit - August 1851 - und die Nachbarn - Josef Weiß und JB Wensauer - standen im Magistrat vor der Tür und beschwerten sich, das die an Stoibers nördlichem Hauseck installierte Pumpe - gegen deren Bau sie bereits protestiert hatten - auf keinen Fall ihr Pumpwasser ins Rathausgässchen ablaufen lassen dürfte, sondern dieses "in den allgemeinen märktischen Wasserlauf in der Hauptstraße" abgeleitet werden müsse.
JS erklärte schriftlich, dass er gar nicht die Absicht habe, das Pumpwasser in die Rathausgasse rinnen zu lassen, sondern dies in das "Hauptrinnsal" (wohl die Marktstraße) einzuleiten gedenke.
Der mit so großem Aufwand durchgeboxte Kellerbau war schlussendlich unnötig, weil das vorher erworbene Tafern- und Kommunbraurecht dann doch nicht auf diesem Hause bleiben konnte und daher der Bierkeller überflüssig geworden war.
Einschub
Mein Vater hatte mir einmal erzählt, dass die Kötztinger Partygesellschaft in den 50er Jahren - sicherlich alles andere als nüchtern - nach Faschingsbällen in diesem Keller sogar "Boot gefahren" waren. Der große Keller war damals wie schon beim Bau fußtief mit Wasser angefüllt gewesen.
Einschub Ende

Weiter nun im "Zeitpfeil" mit den Protokollen der Mediationsverhandlungen:



"13. November 1854: Der hierortige Straubinger Bote Johann Stoiber bringt gegen den hierortigen Tuchmacher Jakob Niedermaier wegen einer Forderung von 300 fl Klage an. Jakob Niedermaier erklärt, dass er die Forderung des Boten Johann Stoiber anerkenne und macht sich verbindlich, diese 300 fl samt den laufenden Zinsen von 4 % bis Lichtmess 1855 zurück zuzahlen, Die Forderung beträgt 
bis Lichtmess 1855 in Haupt u Nebensache 309 fl. Bot Stoiber erklärt sich mit dem Anerbieten des Jakob Niedermaier vollkommen einverstanden " Unterschriften Jakob Niedermeier und Johann Stoiber
In weiteren Vergleichsverhandlungen geht es erneut um Schulden bei Johann Stoiber, die auch dieser Schuldner gleich zugesteht und eine Zahlung vorschlägt. Es ist auffallend und auch beeindruckend, welche Summen Stoiber offensichtlich erwirtschaften konnte mit seinem Fragner und Botengewerbe.
8. November 1859: "Johann Stoiber Bote dahier hat gegen Georg Irrgang Bäcker dahier Klage wegen Forderung erhoben . Heute bei der Vermittlung anwesend, einigten sich die Parteien dahin dass 
Irrgang bekennt, nach gepflogener Abrechnung an Stoiber den Betrag von 1125 fl 22 kr zu schulden und macht sich verbindlich, diese Summe bis Neujahr 1860 an Stoiber zu bezahlen, welches 
Anerbieten letzterer annimmt.  "
26. Juni 1860 "Johann Stoiber Bote hat gegen Johann Robl wegen einer Forderung von 228 fl Klage gestellt. Heute kam Vergleich dahin zustande, dass Stoiber einen an Robl verkauften Wagen in  Anschlag zu 115 fl  wieder zurücknimmt und dass der Rest von 113 fl in Vierteljahres Raten von Georgi beginnend zurück bezahlt wird". 
18. November 1861: "Hiesiger bgl Fragner Johann Stoiber hat Klage gegen den Melber Josef Vogl von hier wegen Forderung von 351 fl 15 kr angemeldet. Melber Vogl gibt die Schuld zu und verspricht binnen 4 Wochen die Hälfte an Stoiber zu bezahlen die andere Hälfte jedoch in weiteren 4 Wochen"

Im Jahre 1860 wurde der erste Folgeband des Grundkatasters errichtet und nun ist das Anwesen wieder auf seinen ursprünglichen Status zurückgestuft worden. Da haben sich wohl die Prinzipien und die jahrhundertelangen Traditionen  des Marktes Kötzting durchgesetzt, dass das "Tafern- und Kommunbraurecht" eben ein "reales", das heißt fest an ein Anwesen gebundenes Recht ist, und nicht zu einem "personalen" und damit übertragbaren Recht heruntergestuft werden darf.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5047
"Haus Nummer 51 in Kötzting Straubingerbothe Johann Stoiber
Lit A: Das Haus beim Bothen
Wohnhaus mit Stallung aneinander
gemauerter Fragnerladen mit dem Haus unter einem Dache
Dunglage beim Pfefferschneider"
Die Beschreibung des "Basisbesitzes" ist ansonsten identisch mit der des Jahres 1840 mit Ausnahme der fehlenden resp. zusätzlichen Charakterisierung als Marktlehen.
Johann Stoiber war es jedoch gelungen, im Laufe seines Berufslebens einiges an Grundstücken zu seinem Besitz hinzukaufen zu können und diesen so beträchtlich zu erweitern.

Vermessungsamt Cham: 5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_Beilage_M2500_1_1-01
256 Stadel - 181 Anwesen - 186 Düngelage



PlNr. 256 Stadel hinterm Spital
PlNr. 1119 im Kreuth Gemeindeteil vom Jahre 1803
PlNr 1072 die Auwiese am Wechsel
Den Stadel bzw. den Baugrund hatte er 1832 um 260 Gulden von Xaver Gulder erworben. Die Wiese im Kroith war Teil seines eigenen Heiratsgutes von seinem Vater Michael Stoiber und die Wiese in der Au stammte von Anton Schreil und kostete JS 1835 ganze 260 Gulden.


Weiter geht's mit der Plannummer 764, dem Kreuzacker, der aus dem Besitz des Josef Malterer (21.2.1839) stammte. (Das Ringanwesen bzw. Dr. Angerer). Aus derselben "Quelle" stammten auch die nächsten Grundstücke: PlNr. 1096 die Kreutwiese und 1097 der Kreutacker.
Es geht weiter mit den Plannummern 557 1/4 und 557 1/3  und einem Stadel und einer Wiese auf dem "Richtanger", die er beide 1840 von Joseph Gulder gekauft hatte.
Der Richtanger ist ungefähr der Bereich unseres jetzigen AQACUR-Parkplatzes.
Einschub:
Der Schupfenbau auf dem Richtanger:
Aus dem Januar 1842 kennen wir einen Bauantrag des JS zum Bau einer "Schupfe" auf dem Richtanger, die er an seine bereits bestehenden Stadel anbauen wollte.
StA Kötzting AA V 50

"Plan
Für Joh: Stoiber Both von Koetzting zur neuer Erbauung einer Holzschupfe
aufgenommen im Okt. 1841.
Planbeschriftung:  Ansicht zum Stadel - Ansicht der Schupfe
Stadl - Grundriß von der Schupfe
Situationsplan:
1 Bauplatz
2 Stadl 
3 Schupfe des Johann Kraus Melber
5 Wassergraben
6 Straße 
Obermair Zimmermeister"
Stoiber erhält die Zustimmung zu diesem Bau mit der Auflage jährlich 6 Kreuzer an den Markt bezahlen zu müssen. Nun beruft er sich auf eine Regierungsverordnung vom 13.2.1826 und bietet dem als Ablösungssumme eine Einmalzahlung vom 30fachen des Jahresbetrages an. Da die Verordnung für solch geringen Summen eigentlich nur einen 20fachen Betrag vorsieht, sieht sich der Markt in Person des Bürgermeisters eindeutig im Vorteil und empfiehlt dem Gemeindeausschuss, dem Gesuch des Johann Stoiber stattzugeben.
Einschub Ende



Es folgt nun eine große Liste an weiteren Anteilen am Gemeinbesitz des Galgenbergs, der im Jahre 1803 an alle Kötztinger Bürger ausgeteilt wurde. Diese Grundstücke hatte er nun einzeln anderen Kötztinger Bürgern abgekauft.










Johann Stoiber, der offensichtlich finanziell sehr erfolgreiche "Straubingerbote", überlebte schlussendlich sogar seine dritte Ehefrau.
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 20 Nr. 44 Stoiber Anna Botenswitwe von 1876


Aus der  Mitte des 19. Jahrhundert stammen einige Sammlungslisten für Wallfahrten, die sich im Stadtarchiv erhalten haben, und diese geben einen kleinen Einblick über einige der damaligen Wallfahrten und deren Hintergründe. Auf all den folgenden Listen findet sich auch der Bote Johann Stoiber als Spender, durch seine Unterschrift, wobei die Überlieferung der einzelnen Listen ins Archiv wohl eher dem Zufall geschuldet ist, und sicherlich keineswegs vollständig erscheint.
1844 Sammlung für eine Wallfahrt nach Arnbruck mit der "Bitte um schönes Wetter"
1846 Sammlung für eine Wallfahrt nach Schönbuchen mit der "Bitte um gedeihliche Erntezeit"
1849 Sammlung für eine Wallfahrt nach Furth im Wald wegen "Feuersgefahr"
1851 Sammlung  "St. Sebastiani Mess" in Kötzting zur "Verhütung von epidemischen Krankheiten".
1855 Sammlung für eine Wallfahrt nach Furth wegen Feuersgefahr
1856 Sammlung für eine Wallfahrt nach Schönbuchen erneut mit der "Bitte um gedeihliche Erntezeit"



Johann Stoiber - Pfingsten und die Pferde




Im Jahre 1851 finden wir Johann Stoiber als den Pfingstbräutigam, seine Braut war Anna Schrank.
Die Liste der damals bekannten Pfingstbrautpaare, erstellt für den großen Jubiläumspfingstritt im Jahre 1912, gibt uns die Sicherheit, den richtigen "Stoiber" gefunden zu haben, auch wenn die Geburt des JB Stoiber in den Kötztinger Matrikeln nicht zu finden ist. In den Testamenten und Verfügungen der Eltern ist er allerdings aufgeführt.


10 Gulden erhält der Bürgerssohn Johann Stoiber im Jahre 1851 vom Magistrat für seinen Aufwand als Pfingstbräutigam.
Dass sein Sohn der Pfingstbräutigam des Jahres 1851 geworden war, ist aber nicht das Einzige, was Johann Stoiber mit dem Pfingstritt verbindet. Als "fahrender Straubinger-Bote" hatte Stoiber immer auch Pferde und mit diesen tauchte er nicht nur in diversen Mobilmachungslisten des Militärs auf, sondern auch für die Bereitstellung der Pferde für den Pfingstritt.
Im Jahre 1859 stellte Johann Stoiber 4 Reitpferde für "Priester, Mesner und 2 Trompeter" und erhielt dafür  gut 3 1/2 Gulden vom Markt. In den Jahren 1863 und 1864 steht er erneut mit jeweils 3 Pferden für den Pfingstritt in den märktischen Rechnungsbüchern.

Anna Stoiber verstarb am 24.3.1876 im Alter von 62 Jahren und als ihr Erbe wird eben unser Johann Stoiber genannt, nun als "Austragsbote" in Kötzting bezeichnet. Von den 600 Gulden, die die Braut damals mit in die Ehe einbrachte, müssen nun 200 Gulden an den "Rückfallserben", den Mitterfelser Bäcker Johann Kandler hinausbezahlt werden, was Johann Stoiber auch mit seiner Unterschrift garantiert.





Franz Stoiber und Maria Dachauer


Im späteren Nachlassakt unseres Franz Stoiber liegt auch der Übergabevertrag zwischen Johann Stoiber und seinem Sohn Franz vom 23.3.1864 über das Haus Nummer 51 mit vielen Grundstücken UND auch das Haus Nummer 100, ebenfalls mit einigen dazu gehörenden Grundstücken. Die Kaufsumme liegt bei 12000 Gulden. 4000 Gulden darf er sich als Elterngut anrechnen lassen, 4000 Gulden Elterngut für seine Schwester Maria bleibt bis zu deren Volljährigkeit mit einer Verzinsung von 3 Prozent auf dem Hause liegen.
Die letzten 4000 Gulden nimmt sich der Übergeber als "Zehrpfennig" aus, die ebenfalls mit drei Prozent an ihn zu verzinsen seien. Was hiervon übrig bliebe, solle unter die anderen Kinder Johann, Theresia, Anna und Anna Maria zu gleichen Teilen aufgeteilt werden.
Johann - der oben angeführte Pfingstbräutigam des Jahres 1851 - , Therese und Anna seien bereits verheiratet und ausbezahlt worden. Bei Anna Maria, der letzten Tochter, ist die Rede von Unterschlupf, Krankenwart, Krankenkost und Heilkosten; was uns den Hinweis gibt, dass diese wohl gesundheitlich stark eingeschränkt ist.
Das Haus mit der Nummer 51 behielte er sich als Alterssitz zur unbeschränkten Nutzung und wegen der "Caution bezüglich der  Stellwagenfahrt zwischen Kötzting und Straubing" verlasse er sich auf die Entscheidung des Sohnes.
Neben weiteren umfangreichen Übergabedetails steht ein interessanter Satz: "Ich behalte mir bevor mit meinem Sohn Franz beliebig lange fortzuwirtschaften, und nehme mein Leibthum erst aus, sobald ich vom Gute abtrete, und hat sich dieser mein Sohn zu allem zu verstehen, was ich in dieser Beziehung beanspruchen werde, solange ich mit ihm forthause..."
Am 23.3.1864 jedenfalls übernimmt der Bote Franz Stoiber zumindest formell auch das Haus von seinem Vater und wenige Jahre danach, im Juni 1867,  kommt es in Kötzting zu einem verheerenden Großbrand.
Stoibers Stadel hinter dem damaligen Bürgerspital wurde ein Raub der Flammen. 

Die Plannummer 256 war der Stadel des Herrn Stoiber, die roten Nummern sind die alten Hausnummern. 123 in rot bezeichnet das Kötztinger Bürgerspital.  Die rote "51" über der schwarzen"256" zeigt die Zugehörigkeit der Plannummer 256 zur Hausnummer 51 auf.

Hier zunächst die Beschreibung vor dem Großfeuer.
StA Landshut Rep 164-8 Nr. 1570 Der Brand in Kötztingl
"XLI
Stoiber Johann Bote und Fragner Haus Nr: 51
1. Das zweistöckige Wohnhaus beim Rathhause, massiv von Stein erbauth u. mit einem Legschindeldache versehen.

2. Der zweistöckige Stadel am Pfeffergraben, war von gemischter Umfaßung u. mit einem Scharschindeldache versehen gewesen. Die übrigen in diesem Folium aufgeführten Gebäulichkeiten haben vom"
 
"Feuer bei der weiten Entfernung nicht gelitten. Das Resultat der Schadensbesichtigung u. Schadenserhebung vide Tabelle No. 5 
Johann Stoiber
"
Hier nun der Auszug aus der Schadenstabelle unter der Nummer 5.


StA Landshut Rep 164-8 Nr. 1570 Der Brand in Kötzting

In  der Schadensaufnahme ist immer noch Johann Stoiber als Besitzer aufgeführt.
Stoiber Johann Bote und Fragner
" 5 - 51 : Die Beschreibung der Gebäulichkeiten vor dem Brande vide Protokoll sub Nro XLI
Befund:
ad 1: Von diesem Gebäuden wurde nur die Legschindeldachung in Folge der Löschversuche in Unordnung gebracht. Schaden partial.
ad 2. Von diesem Gebäude besteht noch die eingewölbte Stallung, welche sich zum weitern Gebrauch
erhalten hat, und theilweise Umfassungsmauerreste aus Bruchsteinen, welche wertlos erscheinen.
Schaden total, da nur das Verbrennbare versichert war und solches vom Feuer gänzlich zerstört wurde.
"
Im Mai 1870 erhält er vom Magistrat die Heiratserlaubnis, nachdem er bereits mit der Bezahlung von 50 Gulden sich das Kötztinger Bürgerrecht hatte sichern können.
Am 4.8.1870 heiratete der neue Besitzer, der Bote Franz Stoiber, Sohn des fahrenden Boten Johann Stoiber und seiner Frau Baumgartner Theres die Kötztinger Schmiedtochter Maria Dachauer aus der heutigen Metzstraße. (später die Bäckerei Vogl) 
Was hier manches noch kompliziert macht, ist die Tatsache, dass der Vater, Johann Stoiber, schon kurz vor dieser Zeit auch das sogenannte "obere Bad" - alte Hausnummer 100 und später das Lebensmittelgeschäft Oexler-Kellner in der Herrenstraße - gekauft, einige Zeit besessen und an seine Kinder weitergegeben hatte. 
Am 28.12.1875 schlossen das junge Ehepaar nachträglich einen Ehe- und Erbvertrag, in dem Franz Stoiber ebenfalls als Besitzer des Hauses mit der Nummer 100 aufgeführt ist, welches er als Gegenstück zu ihrem Heiratsgut von 2000 Mark in die Ehe einbringt. 
 
Franz Stoiber, der Sohn und seine Frau lebten beide nicht lange. Franz verstarb am 26.2.1880 und seine Frau, Maria, am 23.11.1882. 
Franz Stoiber, der von seinem Vater beide Häuser übernommen hatte, verstarb im Haus mit der alten Nummer 100. 
Nach seinem Tode wurde, wie in solch einem Falle üblich, ein umfangreiches Inventar ausgefüllt und  in diesem Falle sogar die Heiratsverträge und Verkaufsurkunden mit aufgenommen.
Interessant sind hier auch die Beschreibungen der einzelnen Räume, die uns einen seltenen Einblick in die Wohnverhältnisse im 19. Jahrhundert geben können.
 
Nachlassakten\Rep 166N-12 Schachtel 23 von 1880 Nr. 30 Stoiber Franz Bote

"In der Wohnstube
ein Tisch sechs Stühle, ein Kanapee, eine Bank, ein Tischchen, zwei Kommoden
ein dergleichen, ein Spiegel, drei Bilder, ein Kruzifix, zwei Wanduhren, ein Fußschemel, zwei Kelten, vier steinerne Krüge und ein Barometer.
In der Küche
Ein Tisch, zwei Bänke, drei Stühle, ein weiterer Tisch, ein Speiskasten, ein Schüsselkorb mit irdenen und Porzellangeschirr und eine Anricht
Ein weiterer Schüsselkorb mit irdenem Geschirr, ein Spiegel, zwei Tafeln, sämtliches Küchengeschirr, fünf kleine Krüge. 


Als im Jahre 1882 dann auch noch die Mutter im Alter von 41 Jahren stirbt, sind es die beiden Großväter der Kinder, also Johann Dachauer und Johann Stoiber, die für ihre jeweiligen Enkel verantwortlich zeichnen.
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 25 Verlassenschaftsakten von 1882 Nr. 92 Stoiber Maria Botenswitwe
Unterschriftenliste: Xaver Dachauer - Johann Stoiber - Johann  Dachauer

In den Nachlassakten findet sich auch eine kuriose Beschwerde und Forderung des Gotzendorfer Häuslers Franz Mühlbauer vom 17.3.1883. Worum geht es? Es handelt sich um verschwundene Käselaibe.
Vor einigen Jahren hatte er aus Traunstein 7 Käselaibe zugeschickt bekommen, die vom Dienstknecht der nun verstorbenen Botenswitwe ihm als Frachtgut von Cham nach Kötzting mitgenommen worden waren. 2 Wochen lag das Fass mit den Käselaiben in Kötzting und als er den Käse abholen wollte, fehlte ein Laib, was für ihn ein Schaden von 34 Mark bedeutete. Als er erneut eine Lieferung erhielt, hatte er das Fass selber geöffnet und festgehalten, dass die Lieferung vollständig gewesen war..
Er hatte jedoch das Fass bei der AM Stoiber belassen und aus diesem Fasse gab die "Ledererstochter Anna Lukas im Auftrage der Bötin Maria Stoiber an eine ihr unbekannte Person, welche von mir beauftragt sein wollte einen halben Laib Käs ab, wodurch mir ein Schaden von 6 M. zuging."
Wegen dieser beiden Vorgänge fordere er nun 40 Mark aus der Erbmasse der AM Stoiber.

Die drei Kinder - Franz Paul, Maria und Katharina, alle minderjährig - bildeten zunächst wohl eine Erbengemeinschaft für die Hausnummer 100 - von der Mutterseite -  und Hausnummer 51 - aus dem väterlichen Erbe.

Am 11.12.1888 stirbt dann einer der drei Kinder, Franz Paul Stoiber. Dieser wird zwar in seinem Nachlassverfahren als Miteigentümer des Hauses mit der Nummer 51 angegeben, dessen Wert es unter die zwei verbleibenden Geschwister zu verteilen gilt; das Haus mit der Nummer 100 wird in diesem Nachlassverfahren nicht mehr aufgeführt. Es hat den Anschein, als ob das Amtsgericht in Zusammenarbeit mit den Vormündern sämtliche Passiva der Erblasserin auf das Haus Nummer 100 gepackt und dieses bald danach veräußert hatten, um die Kinder beim Haus Nummer 51 schuldenfrei zu stellen.  Auch wenn die Geschwister 1888 nur noch beim Haus Nummer 51 als Erbengemeinschaft im Grundbuch stehen..... verstorben ist Franz Paul allerdings tatsächlich im Hause Nummer 100. 
Seine beiden Schwestern sind Maria, 18 Jahre, und Katharina, 17 Jahre alt. 
In diesem Nachlassverfahren ist sogar noch ein "Aktivarest" für den Austragsboten Johann Stoiber - also den Großvater der Kinder - in Kötzting in Höhe von 10285 Mark ausgewiesen. Somit sollte der Großvater im Jahre 1888 noch am Leben sein.
Stoiber Johann, der Austragsbote, stirbt tatsächlich erst am 17.4.1890 im hohen Alter von 84 Jahren.


Huber Michael und Kreszenz Wensauer

In den turbulenten Jahren, als die Eltern der minderjährigen Geschwister so kurz hintereinander verstorben waren, und auch der Großvater dann verstarb, kam es zu mehreren kurz aufeinander folgenden Verkäufen des Hauses.

 
Im Umschreibebuch des Grundsteuerkatasters stehen nacheinander
Stoiber Johann
Stoiber Franz
Bogner Kreszenz, nun Riedl Johann, nun Zachmann Franz
Huber Michael und Kreszenz
Huber Michael

Am 25.2.1868 heiratete in Kötzting der Nagelschmied und Strickerssohn aus Straubing Michael Huber die Voggendorfer Bauerntochter Kreszenz Wensauer, aus deren Ehe am 11.6.1869 deren einziges Kind auf die Welt gekommen war, Franz Xaver Huber, später ein praktischer Arzt in Fladungen.
Huber Michael, nun Kaufmann genannt, heiratete nach dem Tode seiner ersten Frau noch ein zweites Mal.


Huber Michael und Mühlbauer Katharina


Am 18.5.1893 heiratete der Straubinger Kaufmannssohn Michael Huber - in zweiter Ehe - die Watzlhofer Häuslerstochter Katharina  Mühlbauer, eine verwitwete Aschenbrenner. Mit demselben Datum erscheint er auch als der neue Besitzer des Hauses Nummer 51 im Grundsteuerkataster.
Von Michael Huber existiert auch ein Familienstandsbogen im Stadtarchiv.
StA Kötzting 024  Familienstandsbögen Buchstabe "H" 


Aus dem Lageplan, der dem Bauakt seines Nachbarn, des Bäckers Fredl, beigelegt war, kann man gut erkennen, dass die beiden Anwesen nicht so genau getrennt waren, wie es in dem Sechser-Häuserblock sonst den Anschein hat.
Das Anwesen des Fredl - im Plan einzeln mit den Buchstaben a,b und c gekennzeichnet -  griff weit herüber um das Haus des Kaufmanns Huber herum, hier mit "d" bezeichnet.
Ungefähr aus dem Jahre 1900 stammt das nächste Bild, das den Textilladen gleich neben dem Rathaus noch mitabbildet.
Arbeitskreis DIA-Repro 940


In den Jahren 1900-1911 finden wir den Kaufmann Michael Huber als Mitglied der gewählten Kirchenverwaltung.
Arbeitskreis Repro 0136 Bei den beiden Personen, die so selbstbewusst vor ihrem Laden posieren,  handelt es sich laut Beschriftung des Bildes aber bereits um die Besitznachfolger , also das Ehepaar Wensauer.


Es ist nicht viel, was sich in den Akten vom Kaufmann Michael Huber erhalten hat, als dieser im Jahre 1911 verstarb, war er gerade mal 18 Jahre Besitzer dieses Hauses.


Im Staatsarchiv Landshut befindet sich sein Nachlass: Rep 166N-12 Nachlassakten\Rep 166N-12 Schachtel 53 Nr. 75 

In seiner Todesanzeige sind die Details angegeben.
Huber Michael, der verheiratete Kaufmann, ist am 22.9.1911 im Alter von 74 3/4 Jahren in seinem Haus mit der Hausnummer 51 in Kötzting verstorben.
Das Anwesen HsNr. 81 besaß er gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Katharina Huber, geborene Mühlbauer und als Sohn ist Franz Huber, Doktor und praktischer Arzt in Fladungen angegeben.
In dem gemeinsamen Protokoll vor dem Kötztinger Amtsrichter ist auch die erste Ehe benannt; Huber Michael war zuvor mit Kreszenz, einer geborenen Wensauer, verheiratet und aus dieser Ehe stammte auch der Sohn Franz.
Wegen dieser Konstellation stehen auch dem Sohn Franz 3/4 des Nachlasses und der zweiten Ehefrau nur 1/4 zu.
Die Witwe gibt zu Protokoll, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung der beiden, auf dem Hause lt. Grundbucheintragung eine "reale Nagelschmiedsgerechtigkeit" gelegen habe und der Ehemann ein "Tuch- Weiß- und Wollwarengeschäft" geführt hatte.
Die beiden Erben lehnten einen gerichtliche Vermittlung bei der Erbauseinandersetzung ab und erklärten schriftlich, sich außergerichtlich einigen zu wollen und zu können.




Im nächsten Umschreibebuch des Grundsteuerkataster kann man ersehen, dass das Amtsgericht dem Wunsche der Erben gefolgt ist und Dr. Franz Huber und seine Stiefmutter als Erbengemeinschaft ins Grundbuch hat eintragen lassen.

Nacheinander finden sich als Besitzer:
Huber Katharina, Witwe, und Franz Huber, Dr. Sohn
Huber Franz, Dr. in Fladungen
Wensauer Johann und Kunigunde
Wensauer Johann
nun Steinbauer Emilie
Schödlbauer Anna

Wenauer Johann und Kunigunde 

Arbeitskreis DIA-Repro 624 um 1925 



Nach der Familie Huber war es also die - fast benachbarte - Goldarbeiterfamilie Wensauer, die das Haus erworben hatte. 



Nach dem Tode von Kunigunde Wensauer, einer geborenen Moller, war das Haus zunächst im alleinigen Besitz des Witwers, bevor es nach ihm dann an die Nichten seiner Frau überging. (Steinbauer-Linie)
Erst nach diesen turbulenten Besitzerwechseln wurde das Haus von Frau Anna Schödlbauer erworben, mit der der Aufstieg und die Erfolgsgeschichte der Textilfirma Schödlbauer auf diesem Anwesen begann.

Hans Schödlbauer und Anna Traurig


Am 25.7.1934 heiratete der Kaufmann Johann Schödlbauer, Sohn des Kötztinger Schuhmachermeisters Johann Schödlbauer - und bis zur Machtergreifung der NSDAP in Kötzting auch der Kötztinger Bürgermeister - und seiner Frau Elisabeth Waldmann seine Braut, Anna Traurig, die Tochter des Sattlermeisters Franz Traurig und seiner Frau Anna, einer geborenen Moser.

PfA Kötzting Band 42
Als Trauzeugen fungierten der Vater des Bräutigams und der Goldschmied Johann Wesnauer, also der Vorbesitzer ihres Hauses.
Nur eine Woche später, am 1. August 1934, wurde in dem neu erworbenen Hause das "Schnitt-Weiß-Woll- und Kurzwarengeschäft Hans Schödlbauer" gegründet
Arbeitskreis Repro 385: 
Auf der  Hausbank vor Haus Traurig Schattenaustraße ca. 1935, v.li. Anna Bauer(spätere Frau von Costa Fritz)Tochter von Christiane Bauer, stehend Josef oder Ludwig Fleischmann,Therese Fleischmann (verh. Wagner), Christian Bauer jun.,Karl Schnabel aus München, Neffe von Brunnhofer Rosel, Sepp Hösl, Traurig Anni (verh. Schödlbauer Textil) stehend Hans Hösl (Schreiner),Traurig Franzerl. Familie Hösl wohnte bei Traurig.

Anna Schödlbauer ist hier die Frau rechts im Bild und sitzt vor ihrem Elternhause.


DIA-Repro 603 BWV von 1929
In der dritten Reihe von Oben: Bäckergeselle Bäckerei Pongratz , Richter Schorsch, Brunner Heinz, Barth Karl, Forster Georg(Marktschreiber), "Schmiedl Schorsch, Schödlbauer Hans, Waldmann Karl, Sperl Schorsch (Buchbinder), Dullinger Josef, Hofner August, Liebl Ferdl, Hofmann Josef (Naze), Aigner Ignaz Riedersfurth, Lindner Karl, Zach Wolfgang(Zaubauer) , Vogl Michl 
Hier ein Ausschnitt::

Hintere Reihe v.l. Schmiedl Schorsch, Schödlbauer Hans, Textil Schödlbauer, Waldmann Karl, Sperl Schorsch (Buchbinder),
Vordere Reihe: v.l.  Schödlbauer Josef (Bruder, Schuhhaus Schödlbauer), Traurig Michl, Schwarz Franz (Waldbua),

Johann und Josef Schödlbauer waren beides Söhne des von den Nazis im Frühjahr 1933 zum Rücktritt gezwungenen Kötztinger Bürgermeisters Hans Schödlbauer. Der damalige Bürgermeister Hans Schödlbauer und seine Fraktionkollegen von der BVP Clemens Pongratz, Wilhelm Oexler und Leopold Januel wurden aus ihren gewählten Ämtern vertrieben und standen fast ausnahmslos bis zum bitteren Ende dem Nationalsozialismus ablehnend bis gegnerisch gegenüber. Hans Schödlbauer wurde sofort nach dem Einmarsch der Amerikaner als Bürgermeister wieder eingesetzt.
Johann Schödlbauer wurde am 17.7.1933 wegen "Ministerbeleidigung" vom damaligen Kreisleiter - und Bürgermeister-  Hoiß beim Amtgericht Kötzting angezeigt, bei dem er ausgerechnet Julius Kirschner, einen jüdischen Bürger und Kaufmann Kötztings, als einen der Zeugen benannte.
Josef Schödlbauer wurde mit Datum desselben Tages wegen Beamtenbeleidigung ebenfalls von Herrn Hoiß angezeigt, dieses Mal aber in seiner Eigenschaft als Kötztinger Bürgermeisters

StA 024/22

StA 024/22

Einschub
Zu beiden Vorgängen ist zu bemerken, dass es zu keiner Anklage gekommen ist. Ganz anders, allerdings bei dem Nachbarssohn Dr. Max Hahn - einem Mitglied der zweiten jüdischen Bürgersfamilie Kötztings -, dieser wurde ziemlich zeitgleich wegen einer ähnlichen Aussage gegen die Regierung unter den neuen verschärften Regeln angeklagt und mit 3 Monaten Zuchthaus bestraft. Inwieweit seine ungerechte Behandlung und der daraus resultierende Zuchthausaufenthalt letztendlich die Ursache war, ist nicht bekannt; jedenfalls nahm Dr. Max Hahn sich in der Silvesternacht 1933/34 in München das Leben.
Pikant an der zweiten Anzeige ist, dass derselbe Bürgermeister Hoiß zwei Jahre später - nach dem Konkurs des Bankhauses Liebl - von der NSDAP aufgefordert worden war, die Persönlichkeit des Alfons Liebl - seines Bürgermeistersstellvertreters - zu schildern und Hoiß über Alfons Liebl  reihenweise negative Beispiele seines Benehmens in der Öffentlichkeit aufführte.
Einschub Ende

Auf einer Fotografie des Nachbarhauses, kann man sehr gut auch die Auslage des Textilhauses Schödlbauer erkennen.

Arbeitskreis Heimatforschung Repro 1409

Aus einem Bauakt Mitte der dreißiger Jahre - damals hieß die vorherige und heutige Marktstraße für kurze Zeit Hindenburgstraße - stammt ein Umbauplan. 







Auch diese Ansicht der Rathausgasse dürfte in dieser Zeit entstanden sein.
DIA-Repro 1399 


Und nun in lockerer Folge einige Hausansichten aus den folgenden Jahrzehnten.


Bild Josef Barth ca. 1948/49


Foto Josef Barth. Nach der Einführung der DM und der Währungsreform frisch renoviert geht's hinein in die 50er Jahre. Hier gut zu erkennen, wie sehr die beiden benachbarten Häuser noch verzahnt ineinandergriffen. Wenige Jahre später kam es ja dann zu einem Aufkauf des Nachbarhauses.

Foto Josef Barth Pfingstfestspiel 1949 oder50


Wenige Jahre später sah dann die Hausfassade bereits ganz anders aus.


Im Rahmen des Bürgerfestes von 1987 fotografierte Frau Serwuschok den ganzen Häuserblock 
vermutlich aus dem Rathausfenster.
Aus den 70er Jahren haben wir aus der Sammlung Serwuschok folgendes Schaufensterbild an Weihnachten.
Serwuschok735



Serwuschok390 gut zu erkennen, wie nun das vorher nur schmalbrüstige Gebäude nun den Häuserblock dominiert.


Vom Further Architekten stammt diese Aufnahme, entstanden gleich nach 1985 und der abgeschlossenen Sanierung der Marktstraße und vor allem des Rathauses.
Und zum Abschluss noch ein neue Aufnahme, Pfingsten 2022, aufgenommen nach der Pfingstkneipe des Burschen- und Wanderervereins.




Natürlich darf auch das Thema Pfingsten hier nicht fehlen.
Hans Schödlbauer - die nächste Generation - war im Jahre 1953 - zusammen mit Schwarz Sepp - Brautführer des Pfingstbrautpaares Otto Gerstl und Hilde Liebl.

Foto Kretschmer Pfingstmontag 1953 auf dem Alten Friedhof: v.l. Hilde Liebl - Otto Gerstl - Hans Schödlbauer

Foto Kretschmer: Pfingstdienstag 1953 v.l. Schwarz Sepp - Hilde Liebl - Otto Gerstl - Hans Schödlbauer

1974 und erneut 1985 veranstaltete die Stadt Kötzting ein feierliches Treffen der ehemaligen Pfingstakteure und von diesen Veranstaltungen haben wir einige Bilder im Stadtarchiv.
Arbeitskreis Heimatforschung Bild Nr. 4756 v.l. Hans Auzinger, Elisabeth Auzinger, Marianne Irlbeck, Hans Schödlbauer, Hilde Frauenreuther geb. Liebl, Erich Frauenreuther 


Arbeitskreis Heimatforschung Bild Nr. 4776 v.l. Haymo Richter, Hans Schödlbauer, Helga Schödlbauer, Hilde Frauenreuther geb. Liebl, Franz Liebl, Sepp Schwarz 




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