Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.
Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem
einleitenden Blog nachgelesen werden.
Alte Hausnummer 50
beim Melber
später: beim Scheijsslschreiner
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Dieses farbenprächtige Ölgemälde vom Kötztinger Künstler August Philipp Henneberger hängt an prominenter Stelle im Rathaus und zeigt einen Teil der Rathausgasse, hier mit der Schreinerei Brunnhofer, genannt Scheijsslschreiner |
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Ausschnitt aus dem Plan der Uraufnahme von bayernatlas.de |
Riederer Albrecht und Anna Maria
Bei diesem Haus haben wir zunächst nur einen ersten gesicherten Besitzernachweis zwischen den Jahren 1705 und 1738, als wir einen Albrecht Rieder auf dem Haus nachweisen können.
Sein Hausverkauf im Jahre 1738 ist unser Ausgangspunkt:
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StA Landshut Markt Kötzting P13
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"
Kauf Übergabs Beschreibung
pr 120 fl
Albrecht Riedrer Burger und Häusler alhir zu Közting, selbst gegenwertig und Anna maria dessen Eheweib, so aber aus erheblichen Ursachen nit erscheinen können sondern statt ihrer Johann Löchl verbürgerter Schneider M: daselbst mit Vollmachtiger Qualt abgeordert. Bekhennen und verkhauffen in Craft diss wie Kauf ybergab Rechtens auch diss orths sitt: und gewohnheit ist, nemblich ain zeithero ruhig ingehabtes Heusl zwischen des sogenannten Gaberl Girgls, und der Eiwöckhischen Wittib (Hausnummer 51) Heusl gelegen, dem erbahren Josef Gussterer als bereits aufgenommenen Burger und Anna dessen Eheweib umb, und per 120 Rechtspactierte Kaufsybergabssumme.....
60 Gulden der Kaufssumme hatte der neue Besitzer gleich bezahlt, die Restsumme soll er in Jahresraten von 10 Gulden begleichen. Gleichzeitig "seien die Erkhauffer schuldig und gehalten sein, dennen alten Leuthen die Lebens lengliche Hörberg uf der Stuben zuerstatten. Actum den 28ten April ao 1738.
Die Bürgerlisten, die aus den Jahrzehnten vorher vorliegen, bieten bei den Häuslern keine Struktur, die einen Beweis für einen Vorbesitzer liefern könnten."
Nun gilt es, weitere Belege aus dem Leben unseres Albrecht Rieders zu finden:
Der erste Nachweis für Albrecht Rieder stammt aus dem Jahre 1705, als er bei einer Schlägerei verletzt wurde.
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StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1705 |
"M
it ainem Fluderwiden solche Schlöl zuzefiefen warvon am Kopf peillen ervolgt.
Martin Hofmann des Rhats und Burger alhir zu Közting hat Albrechten Rieder alda mit ainer Fluder Widen solche Schlög angethann, warvon Rieder am Kopf Peillen yberkhommen, sich aber mit dem widerumben verglichen: und die Uncosten alleinig abzeführen ybernommen, warbey mann es zwar bewendten lassen, iedoch den Hofmann gestrafft per 1/2 Pfund Pfennige macht 34 xr 2 H."
Noch einen Nachweis für Albrecht Rieder gibt es, im Zusammenhang mit dem Spanischen Erbfolgekrieg.
StA Kötzting Marktrechnung von 1707
"
Mit denen von alhier weckhmarchiert Moscowitischen Truppen hat Albrecht Rieder bis nacher Haybichel nachts Zeit yber 2 starckhe Meill gehen, und denn Pothenlohn bezalt werden miessen 30 xr"
In der den Zeitraum zwischen 1727 und 1737 abdeckenden Liste der Kirchentracht findet sich der Häusler Albrecht Rieder.
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HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4 1727-1737
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Nachdem der Vorname "Albrecht" in Kötzting nur sehr, sehr selten vorkommt, gehe ich davon aus. dass auch die Vorkommen von Albrecht Riederer auf unseren Mann zutreffen, und mit dieser Annahme gibt es noch ein paar wenige weitere Lebensnachweise, die sich finden lassen.
Im Jahre 1696 findet sich eine Bürgeraufnahme eines Albrecht Riederer mit dem Beruf eines Tagwerchers, der 4 fl für das Kötztinger Bürgerrecht bezahlt. Die Tatsache, dass er überhaupt das Kötztinger Bürgerrecht hatte kaufen können, ist für sich selbst bereits ein Beleg, dass er sich auch ein Anwesen hat erwerben können. Ohne Grundbesitz gab es in Kötzting kein Bürgerrecht.
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StA Kötzting Marktrechnung von 1696 |
Zwei Jahre später finden wir den Bürger Albrecht Riederer als Angeklagten vor dem Landrichter.
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StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1699 |
"
So haben sich Marthin Billich und Albrecht Riederer beede Burger alhir weegen ainer mitainander gehaltenen schlechten Raufferey, warunder Billich dem Riederer einen pluetigen Rüzer im Angesicht versezt, verglichen, und die uncossten miteinander abzustatten ybernomben, Bei welchen man sye dan ebenmessig gelassen, iedoch armueth halber miteinander per 1/2 Pfund Pfennige Straff angesehen ist 34 xr 2 H."Erneut im Jahre 1706 taucht Albrecht Riederer in den Marktrechnungen auf, als er 1 Gulden Lohn dafür bekommt, dass er 4 Tage lang aushalf, die Wege und Stege Kötztings auszubessern.
Im Jahre 1739, er hat mittlerweile sein Haus bereits verkauft und wohnt dort nur noch in der Herberge,
konnte er sich mit dem Melbeln, also dem Abwiegen und Verkauf von Mehl, noch einen kleinen Zuverdienst sichern. Allerdings musste er dafür an den Markt eine Abgabe entrichten.
Einschub
In Wikipedia steht über den Melbler nur ein einziger kurzer Satz: "Melbler, auch Melber, war ein zünftig organisierter Verkäufer von Mehl, welcher teilweise auch Produzent war. Regional verkaufte er auch andere Waren. Eine Frau wurde als Melblerin bezeichnet"
Einschub Ende |
StA Kötzting von 1739 "Andres Kopp und Albrecht Rieder raichen ab dem Melblen als ieder 1 fl 30 xr zesammen aber 3 fl" |
Josef Gusterer und Maria Anna
Im Jahre 1733 kann er um 8 Gulden das Kötztinger Bürgerrecht erwerben.
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StA Kötzting Marktrechnung von 1733 |
"Joseph Gusterer Maurer von Weissenregen Inhalt Rhatsprotokoll fol 40 d ingleichen 8 fl"
Fast wie bei Albrecht Riederer sind auch die Belege für Josef Gusterer äußerst dünn gesät.
Einen Heiratseintrag gibt es nicht, weder in Kötzting noch in Blaibach, lediglich die Geburt eines Sohnes Wolfgang findet sich im Jahre 1741 in den Kötztinger Taufmatrikeln. Dieser Wolfgang wird allerdings bereits im frühen Kindesalter, 1743, versterben.
Allerdings ist ein Mauerer Michael Guster in Blaibach mit vielen Kindern vertreten.
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PfA Kötzting Matrikel Band 4 Seite 183 |
"Am 14. (März) wurde getauft Wolfgang, ehelicher Sohn des Josef Gisterer Bürgers und Mauerers hier, und der Anna, seiner Ehefrau. Der Taufpate war Wolfgang Schötz, Bauer aus Weißenregen und Bürger Blaibachs. Pater Udalricus."
Im Jahre 1744 bestätigt der Magistrat dem Mauerer Josef Gusterer - vermutlich zähneknirschend - die von "oben" erteilte Erlaubnis, schwarzes Brot zu backen.
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StA Kötzting Verhörsprotokoll 1739 ff |
"Verwilligung schwarzes Brod ufm Verkauf zubachen
Josephen Gusterer Burger und Heisler alhier zu Közting ansonsten dessen Handtirung ain Maurer zu Közting, ist auf das sub hodierno ybergeben gehorsamest anlangen, und bitten, in Ansechung dessen miserablen Handt, warunnent er seiner Profession nit mehr vorstehen kan, sondern auch weollen derselbe in der
"größten Noth sowohl vor die Französichen als Österreichische Völckher Brodt gebachen, die Obrigkeitlich gnädliglich verwilligung dahin erthailt worden, das derselbe auf ersuchen und widerrueffen schwarzes Brodt zum Verkauf bachen derffen, welches man disem Prothokoll pro informatione einverleibt haben will, actum ut supra"
Nachdem es ihm bereits sein "Untermieter" Albrecht Rieder vorgemacht hatte, verlegt sich nun auch der ehemalige Mauerer Josef Gusterer aufs Melbeln und das wird nun auch so bleiben, dass auch die zukünftigen Besitzer und Bewohner dieses Hauses ihren Lebensunterhalt sich mit dem Mehlverschleiß verdienten.
Im Jahre 1747 erweitert er seinen Arbeitsbereich und wird nun der Brothüter und übernimmt das "Salzausmesseln".
Einschub
Die Kötztinger Bäcker buken allesamt zuhause auf ihren Anwesen, hatten allerdings dort keine Verkaufsstelle, sondern mussten ihre Produkte im markteigenen Brothaus zum Verkauf anbieten, der vom Brothüter betrieben wurde. Derselbe nun übernahm auch das Abwiegen von Speisesalz.
Einschub Ende
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StA Marktrechnung von 1747 Seite 9 |
"
Ander Kopp und Joseph Gusterer Raichen ab dem Melblen aso ieder 1 fl 30 xr von beeden aber 30 fl
Kurz besagter Joseph Gusterer als nunmahliger Brodthietter ent(richt)....
"(ent)richt von dem ihme gleich dessen vorfahrers verwilligten Salzausmessen im Brodthaus 8 fl"
8 Gulden und zusätzlich 1 Gulden 30 Kreuzer sind keine geringe Summe, die der verhinderte Mauerer nun alljährlich von seinem Verdienst an den Markt abzugeben hat. Versucht man diese fast 10 Gulden in einer groben Rechnung auf heutige Verhältnisse umzurechnen, so kommt man sicherlich auf ein Äquivalent von 1500-2300 Euros.
In der Marktrechnung von 1752 findet sich eine klein zusammengefaltete Abrechnung des Josef Gusterer, mit der er vier Jahre nach seiner Brotablieferung an die Besatzungstruppen noch Jahre später offensichtlich versuchen musste, endlich zu seinem Geld zu kommen.
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StA Kötzting Marktrechnung 1752 beigelegt |
"Specification Per 25 fl 22 xr
Weillen dise Brodtschuldt H: Cammerer Fischer nit verrechnet, als hat Gusterer solche beim gnädigen(?) Marckht zesuchen
Sigl. dem 15. Marty ao 1746"
"Specification
Was ich endts unterschribner uf Anbefelchung des H: Cammerer Fischers alhir vor underschidliches Prodt habe abgeben miessen.
Verfasst den 12 Februarius anno 1746
Erstlich zu dennen Franzosen 115 Portionen iede a 4 xr 7 fl 40 xr
Vor die Knecht 26 Port 1 fl 44 xr
Vor die Ländtlerpaurn uf zweymahlen 22 Port 2 fl 12 xr
Dennen Muschgdirn so aus Böhamb gezogen 35 Port 2 fl 20 xr
Vor den Gemainen Marckht alda 110 Port 7 fl 20 xr
In das Saxgottische Lager nachher Playbach 30 Port 2 fl 16 xr
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zelt 25 fl 32 xr
Josef Gusterer alda den 18. Mrz Kötzting den Gusterer seiner protestion halber bezalt mit 5 fl
Druckmiller Cammerer"
Es sieht so aus, als hätte der Cammerer Fischer die Ware bestellt, aber der, als es ans Bezahlen ging, hatte der Cammerer Druckmüller (der Amtskammerer wechselte im 1/2 jährigen Turnus durch die vier Inneren Räte durch- manches Mal auch nur zwischen dem Amtskammerer und seinem Vize) nur einen teil der Rechnung akzeptiert.
Im Jahr 1752 jedenfalls, in welchem Rechnungsbuch nun die Auflistung beiliegt, war Druckmüller der Amtskammerer.
Weiter hinten im Rechnungsbuch findet sich dann auch die folgende Auszahlung, vermutlich versucht der Markt seine Schulden abzustottern.
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"Josef Gusterer Brodthuettern dissohrts wurde zaig Beschainigung an seiner zustöllen habenten Forderungen, von erwehnten Krigsjahren her, Bermittls Abrechnung wider zur Habhafftwerdung angelassen 5 fl" |
Am 22.1.1756 nahmen Josef Gusterer und seine Frau Maria Anna 40 Gulden Grundschuld beim Kötztinger Spital auf. Beide hinterlegen ihr ganzes Vermögen, speziell ihr Haus als Sicherheit. Der Kötztinger Marktmüller Stephan Irlbacher bürgt für die Familie.
Josef Gusterer, immer noch als Mauerer bezeichnet, verstirbt am 28.4.1757.
Und bereits 3 Monate danach kommt es zu einem Zwangsverkauf des Hauses, wobei der obige Bürge, der Marktmüller Stephan Irlbacher hier als der Bevollmächtigter für die Gläubiger fungiert.
Das Haus wird an den Schwiegersohn Johannes Mossmüller verkauft, der zuvor die Tochter des Hauses Barbara Gusterer geheiratet hatte.
Der neue Besitzer und Schwiegersohn stammt aus Ruhmannsfelden und der Verkaufspreis beträgt 169 Gulden, wobei Mossmüller natürlich auch die Grundschuld beim Spital zu übernehmen hat.
Josef Gusterers Witwe überlebt ihren Mann um fast 10 Jahre und verstirbt erst am 24.4.1766.
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Johannes Moosmüller und Barbara Gusterer
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PfA Kötzting Band 14 Seite 162 |
"Augustus [16.8.1757]
Am 16. desselben Monats haben den Bund zur Ehe geschlossen der ehrenwerte Jüngling Johann, ehelicher Sohn Bürgers und Bäckers aus Ruhmannsfelden Franz Moosmüller und seiner Frau Christina, die beide noch am Leben sind, und die tugendsame Jungfrau Barbara, eheliche Tochter des verstorbenen Bürgers und Mauerers Josef Gusterer und seiner noch lebenden Ehefrau Anna. Die Trauzeugen waren der Bäcker Johann Georg Dreger und der "aserum nundinator" Michael Kollmaier, beide Bürger. Die Trauung vollzog Pater Ullrich."
Ein "nundinator" ist ein Krämer, Kaufmann und "aser" wird als Holzgestell, Ranzen, Tornister übersetzt. Ich würde den Michael Kollmaier also als wandernden Landhändler mit einer Kraxen bezeichnen..
Im Jahre 1760 schließen die beiden dann auch noch einen Heiratsvertrag, in dem eindeutig festgehalten wird, dass die Braut Barbara bei der Verheiratung "nit das geringste Heurathsguett gehebt" habe, daher sie beide das Haus gemeinsam "käuflich eingethan" hätten.
Auch in den Spitalrechnungsbüchern lässt sich der Besitzübergang belegen.
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StA Kötzting Spitalrechnung von 1758 |
Capital mit ainem Burgerhäusl und all inhabenten Vermögen verhypothetirt
Porgen: Hannß Georg Rääbl und Johann Gulder, beede burger derorthen
Johannes Moosmüller und seine Frau Barbara übernehmen die 40 fl Grundschuld, die der vater resp. Schwiegervater aufgenommen hatte.
Zum ersten Male bei diesem Hause lassen sich sowohl der Heiratseintrag als auch nachfolgende Kinder in den Pfarrmatrikeln finden. Insgesamt 9 Kinder wird das Paar zwischen 1758 und 1775 bekommen, von denen vier bereits als Kinder und Jugendliche versterben.
Der Ruhmannsfelder Bäckerssohn Johannes Mossmüller war ja praktisch vom Fach und so wird auch er bereits als Melber bezeichnet, als er sich 1759 gleich eine Gefängnisstrafe vom Magistrat einfängt. Sein Vergehen: er hatte sich unterstanden, Schmalz zu verkaufen.
Moosmüller wurde von einem anderen Krämer - Schützmeier - angezeigt, der sich auf neue Gesetze berief.
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StA Kötzting Marktrechnung von 1759 |
"......gegen Johannes Moosmüller Burger alhier unterstanden Schmalz zuverkeuffn, welches er selbsten nit widersprechen khönnen, so immediate in die Fragnerey einschlaget - Schmalz zu verkaufen gehörte zum geschützten Geschäftsmodelle der Krämer und Fragner -.
Als ist Mosmüller statt der in solchen genädigsten Geschäfft decretierten Straff, nemblich 5 Pfund Pfenning (!): seiner wissentlichen Unvermögenheit halber ain Tag in den burgerlichen Arrest gezochen worden id est "
Im Jahre 1762 musste unsere Hausbesitzerin sogar wegen eines entlaufenen Schweines für eine ganze Stunde in die "Geige"
Einnamb an Gefängnus-Straffen
Joseph Weiss burgerlicher Bierschenk derohrten hat die Barbara Mossmüllerin Melberin alhir, umb willen selbe hin: und wider aussgesprengt, Als ab er Weiss vermelt, das Hütterer Ihme sein zuverlust gangenes Schweinl aufgefangen, gestochen und geessen haben solle, welches aber der Wahrheit keines Weges gewesen, weillen er dergleichen von Hutterer weder geredet noch gedenckt, ordentlich Clagen wollen. Es haben sich aber beede Thaill dahin Güttlich verglichen, daß sye solches von ihr selbsten und ohne Grund ausgesprengt, folgsam dises mit Vorbehalt aller Ehren zuruck nemmen, und bekhennen wolle, daß sye sowohl von Weissen. als Hütterer nichts als alls Libß und Guttes, sodann ehrliches zusagen wisse. Dahero ist solcher Vergleich zwar obrigkeitlich beangordnet, und die Aussprengung
recht (unlesbar) und kraftlos declarirt andoch Mossmüllerin nebst ernstlichen Verweiß, in Ain stündige Antragung der Geigen zur Straf verföllt worden."
Barbara Mossmüller wurde also wegen übler Nachrede zur Geigenstrafe verurteilt.
Im Jahre 1766 gab es "frisches Geld" zu verteilen. Qualbert Löcker hatte bei seinem Tode 1500 Gulden der Pfarrkirche vermacht, damit mit den Zinsen aus diesem Kapitalstock wöchentlich für sein Seelenheil eine Messe in der St. Veitskirche gelesen werden konnte. Das Ehepaar Moosmüller konnte aus diesem Kapitalstock 100 Gulden sich ausleihen.
Drei Jahre später, am 1.2.1769, verkauften die beiden - die 100 Gulden Hypothek bei der Kirche und die 40 Gulden beim Spital wurden mitprotokolliert - ihr am 18.7.1757 gekauftes Haus "zwischen Josef Müller und Jakob Schitzmeier Häusern entlegen" um 380 Gulden an den Kötztinger Bürger Anton Grässl und dessen Frau Dorothea. Das Nutzungsrecht für ein kleines Wurzgärtl auf dem "Färberanger" - dieses gehörte eigentlich dem Markt - wurde ebenfalls mitverkauft.
Die Käufer hatten die Hypotheken zu übernehmen, die verbleibende Restsumme von 240 Gulden jedoch ging "zu Obrigkeits Händen", um die Verteilung unter "die vorhanden Mossmüllerischen Creditoren zu gewährleisten".
Dem Ehepaar Moosmüller verblieb nur für die nächsten 6 Jahre ein jährlicher Herbergszins von gerade mal 4 Gulden. Die Beiden lebten aber noch viele Jahre länger als diese vereinbarten 6 Jahre, in denen sie vom Käufer einen Herbergszins zu erwarten hatten.
Bevor es mit den neuen Besitzern hier weitergeht, nun noch ein Kapitel, was aus dem alten, weichenden Ehepaar mitsamt ihren 5 Kindern später in Kötzting geworden ist.
StA Landshut Regierung Straubing Nr. 4707: Hier zur Verdeutlichung der Situation in den nachfolgenden Gerichtsschreiben ein Lageplan aus dem Jahre 1826, in dem die Wohnhäuser der in den Schreiben erwähnten Personen dargestellt sind.
Der Besitzer links, Georg Schrank, war 1826 mit einer Enkelin des Samuel Luckner verheiratet, die Parzinger wohnten immer noch in dem kleinen Haus in der Gasse und
die Wuhn, in der damals Johannes Moosmüller lebte, war mittleierweile an Anton Magg verkauft worden.
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StA Kötzting AA V Stadelbau Johann Hofbauer |
In diesem Verfahren bei der Regierung Straubing aus den Jahren 1783 und 1784 geht es zunächst darum, dass der damalige Amtskammerer Luckner dem Inwohner und Mieter in einer der Wuhnwohnungen gekündigt hatte und diese Wohnung wiederum einem Wagner vermietet hatte.
Am 2. Dezember schrieb - bzw. ließ schreiben - der "bürgerliche Inwohner" - mit dem Verkauf des Hauses war er ja nun kein Bürger mehr - Johann Moosmüller an den "durchlauchtigsten Churfürst" und damit an die Regierung in Straubing.
" Es ist alhier eine Behausung, welche sich die Wuhn nennet, sonst aber zur gemeinen Marckt Kammer gehörig, in welches der Lobliche Magistrat einige Herbergs Leut gegen Verreichung des Herbergszinses aufnihmet. In dieser sogenannten Wohn Behausung befinde ich mich Endts untrthenigst gesezter samt Weib und 5 Kindern gegen Verreichung jährlich 6 fl Herbergsgelt bereits in die 3 Jahr....
Der Magistrat würde es nicht nur auch gerne sehen, wenn er weiterhin dort verbleiben würde und hätte ihm dies auch bereits zugesagt.
... Kammerer Luckner allein ist entgegen, der zu seiner bedürftigen Arbeitt einen Wagner hat und disen hat er meine Wohnung zugesagt, das ich auf Georgi schon ausziehen solle, dagegen mit Weib und 5 Kindern nicht weis, wo an noch aus, hinentgegen will der ganze Magistrat nicht geschehen lassen, das ein schlagender und hauender Professionist in diese Behausung ziehen solle, weillen solche durch das Schlagen und Hauen ruinös gemacht wurde, es hat auch dr Kammerer Luckner keine andere Ursach mich aus der Wohnung zuthun, als weillen meine ältere Tochter von einem Burgerssohn bedauerlich zu Fall gekommen ist, welches aber durch derley Verstossung nicht mehr zu ändern und derentwegen nicht auch ich samt Weib und übrigen Kindern zu strafen seyn werde, die Tochter aber hat ihre Straf schon ausgestanden, wie sie es verdient hat, dagegen bin ich schon ein alter Burger und habe selbsten eine Burgers Behausung samt der Melblersgerechtigkeit innen gehabt, um welches ich durch zufällige unglick gekommen, der Wagner aber ist nur ein Beysizer, mithin wird bey einer zur Marcktskammer gehörenden Behausung ein Bürger mehrers recht haben gegen Verrechnung des Zünses als ein beysizer."
Im übrigen war Moosmüller der Meinung, dass der Magistrat und die Bürgerschaft mehr Recht und Macht hätten, darüber zu entscheiden, wer in einer marktseigenen Behausung wohnen dürfte und bittet die Regierung den Magistrat aufzufordern, ihm solange in der Wuhn zu belassen, wie er seinen Mietzins regelmäßig bezahle.
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"Unterthänigst gehorsamster Johann Mpsmüller burgerlicher Inwohner zu Kötzting"
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Ganz rechts unten - roter Kreis - steht: "
Wartende Partei". Das bedeutet, dass der Klagebrief des Moosmüller von einem Boten abgegeben wurde, der in Straubing gleich auf die Antwort warten sollte, was auch glückte, denn das "Anwaltschreiben" und die Rückantwort tragen dasselbe Datum
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Anschreiben und Rückantwort an und von der Regierung Straubing |
"
Kötzting zur Chrufürstlich hochloblichen Regierung Straubing
Unterthänigst gehorsamstes Anlangen und Bittenvon
Johann Mosmüller burgerlichen Inwohner zu Közting
contra
dem loblichen Magistrat zu Kötzting
wegen
Herbergsgedultung in der Wuhn so anderem samt Duplikat
Rückantwort:
Denen von Kötzting mit Dupl: Einschluß zu befehlen, daß sie bey vorgeschriebener Beschaffenheit dem begehren statt thun, im widrigen aber sub ter 30 Tagen bey 3 Pfund Straff Brht. erstatten und den Empfang unter nämlichen Compelle bescheinen sollen den 2. Xber 1783"
praes. 30. Xbris 1783
Dem durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Herrn Karl Theodor, Pfalzgrafen eey Rhein. herzog in Ob: und Nidern Bajern, des heyl. Römisch: Reichs Erztuchsess und Churfürsten zu Jülich, Cleve und Berg, Herzogen, Landgrafen zu Leuchtenberg, Fürsten zu Mörß, Marquisen zu Bergen-Op Zoom, Grafen zu Veldenz, Sponheim, der Mark und Ravendberg, Herrn zu Ravenstein. Meinen Genedigisten Churfürsten und Herrn, Herrn
Straubing zur hochloblichen Regierung:
Während Moosmüller seinen Brief hatte schreiben lassen müssen, verfasste der Kammerer Luckner sein Schreiben eigenhändig, er bediente sich nicht einmal seines Marktschreibers. Luckners Handschrift ist durchaus bekannt.
Zu Beginn seines Berichtes - so war es damals durchaus üblich - bestätigte Luckner sämtliche an ihn bzw. den Magistrat gerichteten Befehle verstanden zu haben inkl. der Aufforderung fristgerecht zu antworten,.... und dann legte er los.
Wie in vielen seiner Prozesse und Anwaltsschreiben argumentierte Luckner zunächst formal:
Eigentlich sei nur er bei der ganzen Sache tangiert, denn sein "Nebenkammerer Schweizer, ebenso wie der Innere Rathssenior Weiß, zu dem Moßmüller ein gefatter, sohin einer wie der Andte zu proterciren ist, und die übrige Rathsglieder in cause presenti, wie nachstehend dgist zuvernehmen stehet, nicht zu sagen haben werden."
Mit anderen Worten: Die Einen sind befangen und der Rest hat nicht zu sagen!
Deshalb fügte er "soviel in möglichster Kürze an": "Wasmaßen hirorts ie: und allezeit übrlich und herkommens seye, das ein im Amt stehender Kamerer als imediate Kammer Verwalter und Rechnungsfihrer aller markts Einnahmen und Ausgaben, worfür er auch zu haften hat, mit beiziehung seines Nebenkammer: und Marktschreibers qua Protocollist vor Eintritt des Neuen Jahrs die Markts Stifften, exilus der übrigen Rathsglüder, als welche einem im Amte stehenden Kammerer, soviel die einstüfftende Persohnen bterüfft nichts, sondern nur wegen einer allenfahlsigen Verbesserung etwas einzuladen haben, vornehme"
Der jeweilige Amtskammerer, also hier er, Luckner, brauche in solchen Dingen niemanden um Zustimmung zu fragen und das tue er auch dieses Mal nicht. Und deshalb habe er, als Amtsträger, dem Johann Moosmüller die Stifft auf Georgi 1784 gekündigt und dem Wagnermeister Wolfgang Breu zugesagt und zwar aus folgenden Gründen.
1mo (Abkürzung für primo)
Ist bei mir Luckner eben in ao 1781 amtierender Kammerer vorkommen, das die älter-Moßmüllerische Tochter mit Georgen Parzinger Salliter Sohn alhir verdächtigen Umgang pflege, worüber in Abwesenheit des Vatters, deren Mutter herrufen lassen und ihr ein solches vorgestellt, mit der communication, sye Mosmüllerische Eheleit bey solcher Sündhafften Beschaffenheit nit längers mehr in dieser Hörberg zu gedulten, mit dem weittern sonderbaren Auftrag, das ihrige Tochter in anderweitige Dienste von hier abweck zu Abschneidung aller bösen Gelegenheit sich begeben solle Statt deme die Schuldige folge zu leisten Sye Moßmüllerin mit all bösen Mund ihrige Tochter auf das äusserste beschöniget, worauf dann endlich die Schwängerung gar erfolget. wie dann 2do (secundo = zweitens)
Einschub:
Luckner war bereits seit Jahren im Clinch mit der Familie Parzinger wegen deren "Salitergewerbes".
Die Saliter waren in Bayern besonders geschützt, weil sie das für die Herstellung des Schwarzpulvers notwendige Salpetersalz herstellten. Dafür sammelten sie Ausblühungen an den Mauerfundamenten - durften sogar per Dekret im Inneren von Wohnungen den Fußboden aufreißen, um an die Mauern zu gelangen. Das Auskochen dieser Ausblühungen und anderer Rohstoffe zur Herstellung des Nitratsalzes war allerdings durchaus eine feuergefährliche Angelegenheit und die Parzingers wohnten Wand an Wand mit Luckners Braustätte. Daher hatte Luckner bereits angeboten, diese Familie an den Ortsrand auszusiedeln, allerdings vergeblich. Dies erklärt vlt auch einiges am Verhalten Luckners bei den Familien Moosmüller und Perzinger
Einschub Ende.
2do solch Umgang noch fehrners dato fort gesezet werde, ein welcher es soweit gebracht, das man ihrigen Anhang Parzinger dem Militär übergeben, aber auch diser ist selber durch Flucht entgangen, ohne das man ihme im heimblichen Ab: und Zulauffen dato erwischen mögen. In der Sache aber, da die Wuhn gleich neben dem, Parzingerischen Häusl entlegen.....
Einschub
Es ist schon interessant, dass es dem damaligen Kammerer (=Bürgermeister) möglich gewesen war, einen missliebigen Bürgerssohn einfach "ins Militär" zu stecken.
Einschub Ende
... wo der Parzinger dem Unterschlupf bei seiner Mutter nimmet, sohin die Gelegenheit des unerlaubten Zusammentritts als zu gefährlich"
3tio Würde es nicht stimmen, dass den Mosmüllerischen Eheleuten kein anderes Quarier offenstehen würde außer in dieser marktseigenen Wohnung und
4to "Gibt der neu eingestifte Wolfgang Breu statt 6: des iahrs richtige 8: fl und unterhaltet noch dazu dem Offen nebst der Stuben......
Luckner hoffe, "ohne die mündeste Maßgab gethan zu haben,", dass die Regierung seiner Absicht zustimme, "was Gewissen und Pflicht zur Vorsorge und Ausrottung des Bösen und dann vermehrung der Kammereinkünfte" einforderte. Die Regierung solle also sowohl der Kündigung zustimmen als auch der Aufforderung, die Moosmüllertochter solle sich in Dienst begeben.
Kötzting den 27. Xbris 1783
Unterthänigist-gehorsabster
Samuel Luckhner derzeit
Ambtskammerer mp (manu propria =mit eigener Hand)
Dies ist nun einer der wenigen Fälle, in denen Samuel Luckner seinen Kopf nicht durchsetzen konnte.
Straubing ordnet an- und zwar gerichtet an "die von Kötzting" und nicht an den Kammerer Luckner.
In dem Akt, er stammt ja aus dem Bestand der Regierung Straubing, liegen nicht nur die jeweiligen Schreiben und Antworten, sondern es wurde auch, vermutlich für die Verhandlung, eine Zusammenfassung der Argumente erstellt und dort blickt man auch ein wenig genauer hin auf den Kötztinger Kammerer. Wörtlich heißt es in dem Zusammenfassungtext: "Luckner ist schon so schlaug und läßt von Berichterstattung den gesamten Rath nichts wißen, wo schließlich zuvermuthen, daß der gesamte Magistrat den Moßmüller in der Wohnung belassen will"
"Ich - hier spricht der Berichterstatter der Regierung - wäre also der mindesten Meinung dem Magistrat anzubefelchen, selber hätte den Moosmüller als einen alten verunglückten Bürger in der Wohnung Wuhn zu belassen" usw.
Schaut man sich das dann tatsächlich abgesandte Befehlsschreiben der Regierung an den Magistrat an, so folgte die Regierung in allen Punkten den Anregungen des Berichterstatters und zwar fast wortgleich.
Dem Schreiben beigefügt ist ein zusätzlicher Befehl, der zeigt , wie wenig man von Luckners selbstherrlicher Amtsführung in Straubing begeistert ist.
"Anmerkung
NB (=Nota Bene) Diser Befelch ist von dem Vicekammerer zu eröffnen und zu publicieren. Sodann in die Erfüllung zu bringen."
Diese Abfolge der Ereignisse wird dem Kammerer Luckner sehr schwer gefallen sein.
Dann geht´s an den Inhalt:
1. Es sei denen von Kötzting, auf dem von dem dasigen Kammerer Luckner in der Moosmüllerschen Herbergsduldungssache in einseitiger Weiß erstatten Bericht, zu bedeuten, selbe hetten dem Müsmihler als einen alten verunglickten Burger in der vorig alten Wohnung noch fernernhin gegen Abreichung des Zünses zu belassen."
Die Kötztinger hätten also nicht nur Luckner antworten lassen sollen, sondern eben auch die Gegenseite, eben Moosmüller, fragen sollen und dessen Antwort dann mit dem bericht mitsenden.
2. Dem Moosmüller aber " sei zu bedeuten, daß er seine Tochter ohne weiteres auf Lichtmessen oder lengstens bis Georgi in einen ehrlichen Dienst fortschaffen, efort zu ferner bessern Lebenswandl anmahnen solle"
3. Wenn der Kammerer Luckner schon ein "Vorwissen" davon hatte, dass sich der desertierte Parzinger bei seiner Mutter und bei den Mossmüllers aufhalten würde, so erhält dieser nun den Auftrag "wider diesen Deserten guette Amtsspech halten und selben handfest machen zelassen."
4. "Übrigens will man Ihnen gdist aufgetragen haben (also den Kötztinger Räten), daß sie dem Amtskammerer Luckner bey haltend offentlicher Session vorrueffen, und demselben in unsrem Nahmen seine unternommen einseitige Berichterstattung geschärfftist zu verweisen und beyr Straf fernerhin zu verbieten solt"
Datum 27.1.1784
Einschub
Luckners Bericht hat nicht nur einseitig seine Sicht der Dinge dargelegt, sondern ist an einigen Stellen in seiner Wortwahl - trotz der allerhöflichsten An- und Abrede - alles andere als unterwürfig, sondern einfach nur belehrend und arrogant. Nachdem Straubing bereits seit Jahrzehnten Ärger mit Luckner hat, ihn auch bereits darauf hingewiesen hatte, er möge sich in amtlichen Schreiben eines besseren Tones bedienen, fällt es Straubing hier leicht, den selbstherrlichen Kötztinger einzubremsen.
Einschub Ende
Mit demselben Datum geht auch ein Schreiben an das Landgericht mit dem Auftrag, "daß weillen vorkommt, daß der von dem gnädig Graf Wahlischen Infanterie Regiment meineydig desertirte Parzinger, Salitersohn daselbst, in der Stihle sich bey seiner Mutter wie auch bei demMosmihler alda sich aufhalte, selbige ahso gleichwohölen genaue Amtsspech bestehlen und selben auf Attrapiren Handfest machen lassen wolle."
Auch hier gewann also mal wieder David gegen Goliath, die Familie Moosmüller verblieb noch für lange Zeit in der Wuhn, auch wenn der Inwohner Johann Moosmüller 64jährig am 24.9.1792 verstirbt. Barbara Moosmüller, seine Witwe, findet sich noch in den Marktrechnungen von 1801 mit der bekannten Jahresmiete von 6 Gulden als Bewohnerin in der Wuhn, wird ganze 88 Jahre alt und verstirbt erst am 26.4.1811 an Auszehrung.
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StA Kötzting Marktrechnung von 1801 "Der Johann Moosmüllerisch Inwohners Wittwe die obere Wohnung gegen Erlag der pactirten Stifft ad 6 Gulden." |
Ein Sprung zurück um drei Jahre: Am 8.12.1782 kam ein kleiner Bub zur Welt mit Namen Anton Parzinger. Der Vater war der nun bekannte Salitersohn Georg Parzinger und die Mutter hieß Katharina Moosmüller. Nachdem von ihm kein Sterbeeintrag zu finden ist, könnte er möglicherweise, trotz der prekären Umstände um seine Geburt, das Erwachsenenalter erlebt und Kötzting dann verlassen haben.
Nun aber weiter mit den neuen Hausbesitzern auf der Hausnummer 50:
Grassl Anton und Dorothea Millner
Auch hier wieder einmal der bei diesem Hause schon häufige Fall, dass das Paar erst durch einen Geburtseintrag in Kötzting in den Archivalien auftaucht. Zur Erinnerung, Seit 1769 sind die beiden die neuen Hausbesitzer und am 8.4.1770 kommt eine Tochter, Maria Anna, auf die Welt, deren Eltern mit dem Häuslerehepaar Anton und Dorothea Grassl angegeben sind. Dorothea ist eine geborene Simeth aus Weißenregen. Insgesamt 5 Kinder sind in Kötzting in den Pfarrmatrikeln verzeichnet.
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StA Kötzting Marktrechnung von 1769 |
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Einnahm an Burger Recht Geldern Antoni Grässl Inman von Weissenregen seiner Profession ein Müllknecht, sonst aber ein von Reilhof Gerichts Viechtach gebürtiger Pauens Sohn, ist gemäss Rhatsprotocoll fol 10 weillen er das Johann Mosmüllerische Burgers Häusel kaufflich eingetan, für ainen Burger an: und aufgenommen dahingegen aber von deme für Burgerrecht nebst ainer geschafft hölzernen Feuer- Handspritzen erlegt worden 10 Gulden."
Bereits gegen Jahresende des Kaufjahres sind die beiden in der Lage, den restlichen Kaufpreis zu bezahlen, und im Kötztinger Briefprotokoll wird eine Quittung eingebunden: "Gräßl Anton, Inhaber des Moosmüllerschen Hauses und Dorothea haben fristgerecht gezahlt und die Mossmüllerschen Creditoren stellen beide frei" mit Datum des 16.10.1769.
Als sie mit demselben Datum einen Heiratsvertrag abschließen, wird dort festgehalten, dass sie beide bereits vor 8 Jahren geheiratet hatten und Dorothea 1 Kuh und 12 Gulden mit in die Ehe gebracht hatte. Das nun gekaufte Haus hatten sie sich beide gemeinsam erspart.
Mit dem Hinweis auf ein genaueres Heiratsdatum kann man jetzt auch in den Nachbarpfarreien suchen und in Blaibach wurde ich fündig.
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Blaibach Matrikelband 6, fast nicht zu entziffern, aber eindeutig Hochzeit eines Grassl Anton im Jahre 1761 mit einer Dorothea.
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Der zu diesem Registereintrag passende Heiratseintrag war nicht weniger schwer zu finden, da der damalige Priester kunterbunt jedes frei Blatt in seinem Buch ausnutzte, am vorwärts und mal zurück.
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PfA Kötzting Pfarrei Blaibach Matrikelband 3 |
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29 9ber Antonio Gräsl des Rählhoff solutus molitor in Gmündt, et Dorothea Millerin de Weisenregen. testes Josephi Schisl lidimagister et Georg Miller alimentarius pater sponsae."
Grassl Anton hatte also als Müller auf der Mühle in Gmünd gearbeitet und der Vater der Braut fungierte neben dem Blaibacher Lehrer auch als Trauzeuge.
Wie bereits seine Vorbesitzer verdient auch Anton Grassl sein Geld in Kötzting mit dem Melblen und bezahlt dafür die übliche Gebühr an die Marktkasse.
Allzu lange bleiben die beiden nicht auf dem Haus. Bereits am 15.4.1780 kommt es zum nächsten Verkauf, wenn auch der Besitz zunächst in der Familie verbleibt. Georg Grässl, der Bruder aus Bächlern im Gericht Viechtach, erwirbt das kleine Haus um 430 Gulden.
Georg Grassl
Die Lage des Hauses wird nun als zwischen" Josephen Miller und Martha Auzingerin gleichmäßigen Burgershäusl entlegen" beschrieben. Bei dem Verkauf gibt es jedoch eine - vermutlich amtlicherseits angeordnete - Einschränkung. Der Verkauf erfolgt komplett "exklusiv der bei denen Feuerlaittern neu errichten redo: Dungetstatt bestellt ist, als wlche Dungetstatt widerum abweckh gethan werden mus".
Auch Georg Grassl muss nun seine 10 Gulden an den Markt bezahlen, um das Kötztinger Bürgerrecht zu erhalten.
Grassl Anton wird nun Müller in Eigenblut, taucht aber in den Marktrechnungen des Jahres 1787 mit einer kleinen Einzahlung in Höhe von 8 Kreuzern und 4 Heller auf, "zur Erhaltung seines Bürgerrechts"
Gerade einmal 2 Jahre verbleibt Georg Grassl, auch er wird Melber genannt, auf dem Haus, bevor er es an den Müllersohn von der Sagmühle Josef Robl um 500 Gulden weiter veräußert. Immer noch gehören zu dem Anwesen die 100 Gulden Schulden bei der Kirche, das Wurzgärtl auf dem Färberanger und ein kleiner Acker vom Strohhof in Grub.
Josef Robl und Anna Görgenhuber
Am 4.9.1782 wird der Verkauf protokolliert und bereits am 30.9. erhält das neue Besitzerpaar Josef Robl und Anna Görgenhuber von den Verkäufern eine Quittung ausgestellt, dass die 400 Gulden Verkaufssumme (abzüglich der zu übernehmenden Hypothek) restlos bezahlt sei.
Gleich zwei Tage später feierten die neuen Hausbesitzer auch Hochzeit.
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PfA Kötzting Band 15 Seite 10 |
"
Am 1 Oktober wurden nach dreimaliger Verkündigung durch mich, Pater Josef Saur, derzeit Kooperator in der Pfarrei, rechtlich ehelich verbunden der ehrenwerte Jüngling Josef, ehelicher Sohn des Lorenz Robl, Bürgers und Müllers von hier, und dessen Ehefrau Ursula, deren Vater wiederum Wolfgang Schreyer, ein Müller aus Chamerau gewesen ist, mit der mädchenhaften Maria Anna, eheliche Tochter des Kötztiner Topfers Georg Görgenhuber und dessen Frau Margaretha, deren Vater Egidius Herrnberger aus Roding gewesen war.
Die Treuzeugen waren der Schneider Johann Michel und der Häusler Anton Pirzl."
Die Geschichte der Töpfer/Häfnerfamilie Görgenhuber ist bereits in dieser Häuserchronik bearbeitet worden.
Und gleich findet sich der neue Hausbesitzer auch wieder als Melber in den Marktrechnungen. Der Betrag mit 1 fl 30 xr ist seit Jahrzehnten unverändert.
Erst im Jahre 1795 ändert sich zum ersten Male überhaupt diese Gebühr, die nun 2 fl beträgt und den Zusatz enthält, dass er das "Melblen auf Widerruf" erhalten habe. In den Folgejahren fällt der Betrag dann wieder auf die üblichen 1 fl 30 xr.
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HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B5 1777-1800
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In der Kirchentrachtliste des Kloster Rott finden sich die drei Nachbarn der heutigen Rathausgasse gleich nebeneinander: Josef Johann Millner Heusler (Hausnummer 49) Josef Robel Melbler (Hausnummer 50 ) und Martha Auzinger (Hausnummer 51)
Im Jahre 1807 findet er sich dann mit einer weiteren Abgabe von 1fl 36 xr für das Salzausmesseln.
":
Josef Robl burger in Kötzting für das Salz ausmässln im Brodhaus 1 fl 36 xr."
Im Jahre 1806 fand in Kötzting eine normale Ratswahl statt, deren einzelne Wahlzettel aus eigentlich unverständlichen Gründen sich erhalten haben, und unkommentiert als einzelner Akt den Weg ins Staatsarchiv Landshut fanden. Es ist dies für uns ein Glücksfall, weil wir dadurch nicht nur eine vollständige Bürgerliste - mit Zuordnung zu einzelnen Häusern - erhalten, sondern sogar das Stimmverhalten UND das Prozedere des damaligen Wahlverfahrens überliefert bekommen.
Zur Wahl standen der Bürgermeister (nun heißt er auch in Kötzting so, der Begriff des Kammerers ist Geschichte), die Räte und der Ausschuss. Listen gab es keine, sondern jeder Wähler konnte seine Wunschpersonen für die jeweiligen Posten frei einsetzen.
Hier nun der Wahlzettel unseres Josef Robl. Natürlich waren nur die Bürger und Männer wahlberechtigt. Inwohner, Beisitzer, egal ob Männer oder Frauen, waren nicht wahlberechtigt.
"Josef Robel Melbler Nro 48 ( 1806 wurden die Häuser noch anders druchnummeriert)
Wahl zum Bürgermeister
Josef Gerstl Weisgerber
Zur Ratsfreund
Paul Piendl
Adam Hollmayr Nro 60
Kraus Nro 63
Josef Amberger Nro 106
Gemeinsredner
Lorenz Milbauer Nro 59
Josef Decker Nro 80
Mathias Pfeffer Nro 85
Jos. Drückl Nro 93
Ist des Schreibens unkundig
macht dieses Zeichen
Martin Huber" (hat wohl für ihn geschrieben
Anschließend wurden die einzelnen Wahlzettel ausgewertet und in eine Liste übertragen.
Im Jahre 1811 wurde das erste Häuser- und Rustikalsteuerkataster zusammengestellt mit einer ersten Beschreibung des Hauses.
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StA Landshut Rentamt Kötzting B 27 |
"Josef Robl Hausnummer 48 (mit Blei HsNr 50)
Das gemauerte Haus mit Stallerl und dann
einem kleinen Gärtl"
Am 9.1.1820 heiratete der Grafenwiesener Häuslerssohn Johann Kraus Therese, die Tochter von Josef Robl und Maria Anna Görgenhuber.
Johann Kraus und Therese Robl
Bereits im Oktober 1819 wurde ein Übergabebrief über 4200 Gulden vor dem Landgericht unterzeichnet. Die Witwe Maria Anna Robl wurde von Kaspar Görgenhuber vertreten und verkauft das Haus mit der "Melber=und Grieserey oder Gräßlereygerechtigkeit".
Die Übernehmer haben aber nur 1200 Gulden zu bezahlen, "weil die übergebende Mutter von der dermal vorhandenen Baarschaft einige Erbtheile zu bezahlen übernimmt und bereits schon einige bezahlet hat."
1. 600 Gulden erhält die noch ledige Schwester Maria Anna, derzeit in Kelheim zu Diensten
2. Folgende Heiratgüter werden quittiert:
600 Gulden hatte bereits die Tochter Regina, nun verheiratete Löcker in Kötzting erhalten.
600 Gulden ebenfalls die Tochter /Schwester Anna Maria nun verheiratete Pertenhamer, deren Mann Josef ein Mitterschreiber am LG Kötzting war.
3. 1200 Gulden bleiben den beiden noch ledigen Töchtern Margaretha und Josepha zu einem Zinssatz von 3 Prozent gutgeschrieben.
4. Reserviert sich die Übergeberin zur lebenslangen Herberge "das Nebenstübel im Haus und wenn sie wegen übler Behandlung in selben nicht verbleiben könnte oder wollte, so müßten ihr jährlich 8 fl Herbergszins verabreicht werden."
Täglich fordere sie ein Seidl süße Milch und jährlich 6 Metzen Erdäpfel.
Den beiden unverheirateten Töchtern - und sollte sie erkranken auch die in fremden Diensten stehende 3. Tochter, solle der Aufenthalt im Hause solange gestatten werden, bis sie wieder in einen Dienst eintreten könnten.
Das "obrigkeitliche Handgelübd" wurde abgestattet, und unterschrieben hat diese Urkunde der damalige Landrichter von Pechmann, dem wir Kötztinger die Wiedereinführung des Pfingstrittes verdanken.
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StA Landshut LGäO Kötzting Briefprotokolle 1819-1820 "und das obrigkeitliche Handgelübg abgestattet wurde act: den 18ten October 1819 Pechmann" |
Auch wenn die Melbersgerechtigkeit auf dem HAUSE geschrieben war, musste der neue Besitzer dennoch zunächst versuchen, vom Markt die Melblerkonzession zu erhalten, und in diesem Akt erfahren wir auch, was ein Melbler so zusätzlich alles verkaufte.
(StA Kötzting AA X/45) Kraus Johann, Häusler von Kötzting wegen Gesuch um Verleihung einer Melberkonzession.
Ein Melber verkauft auch andere Waren: Brein ( Hirse), Erbsen, gerollte Gerste (Graupen) Eier, Schmalz, Obst, Hanfkörner, Späne, Schwefelhölzer, Besen, Handtragkörbe u Bierhafen)
Johann Kraus hatte Theresia, die Tochter des verlebten Robl Joseph geheiratet, welcher eine Melberkonzession hatte. Die Kötztinger Bäcker haben nichts dagegen und so wird die Konzession erteilt. Wenige Jahre später, 1828, sucht er auch um die Verleihung einer Fragnerkonzession nach, die ihm ebenfalls erteilt wird.
Gleich als neuer Hausbesitzer plant Johann Kraus einen Stadelbau und stellt am 10.6.1820 beim Magistrat einen Bauantrag. Den Baugrund hatte er kurz zuvor dem Küfner Dirnberger abgekauft und dieser sei nahe des Gartens des Hutmachers Gulder.
Da dieser Bau außerhalb des Marktes zu stehen käme, sollte dem auch nichts entgegenstehen, Unterschrift Johann Kraus.
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StA Kötzting AA XI 68 von 1820 |
"Ansicht des neu zuerbauenden Stadl des Johan Krauß burgerlichen Melbers zu Kötzting, in der länge 25 in der breite 22 Schuh. Aufgenommen den 7. Juny 1820"
Auch die Gemeindebevollmächtigten mussten dem Bauvorhaben zustimmen, was sie auch einstimmig taten und mit ihren Unterschriften bestätigten. Dieses Gremium - praktisch eine zweite Kammer - mit seinen Mitgliedern ist regelrecht ein "Who-is-Who" der damaligen Kötztinger Bürgergesellschaft.
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Xaver Auzinger
Georg Fendl
Handzeichen des Michael Aubeck
Ander Dreger
Handzeichen des Michael Dreger
Lorenz Mühlbauer
Michael Dimpfl
Franz Lemberger
Ander Münch
Josef Harbeck
Georg Schrank
Michael Gräßl
Joseph Amberger"
Jahre später, 1841, bekam er eine zusätzliche Baugenehmigung, um den Stadel zu erweitern. AA XI 40
Wenige Jahre nach der Übernahme des Hauses wurde er von seiner Schwiegermutter wegen ausstehender Leibthumszahlungen verklagt. Nachdem die Sachlage eindeutig ist, vergleicht JK sich mit der Witwe Anna Robl und man einigt sich auf eine Ratenzahlung der ausstehenden Gelder.
Im Jahre 1841 wird das Grundsteuerkataster errichtet und dort finden wir - nun unter der "richtigen" Hausnummer 50 in Kötzting Johann Kraus: "Beim Melber"
In diesem Grundsteuerkataster wurden zum ersten Male auch die wohl damals gebräuchlichen "Hausnamen" mit protokolliert und so bekam dieses kleine Haus in der heutigen Rathausgasse seinen Hausnamen dokumentiert, wobei auf dem Hause sogar eine Melbergerechtigkeit eingetragen war.
Lit A: Das Haus mit realer Melbergerechtigkeit
Einschub
Die bedeutete: nicht eine Person hatte diese (personale) Melbergerechtigkeit, sondern der jeweilige Besitzer konnte mit dem Erwerb des Hauses die Reale Gerechtigkeit, die auf dem Hause ruhte, nutzen. Diese konnte auch nicht ohne weiteres übertragen werden. Ähnlich war es in Kötzting mit den realen Brau- und Tavernrechten. Auch diese stand den Marktlehnern nur solange zu, wie sie auch in Besitz eines Marktlehens waren.
Einschub Ende
Gebäude:
Wohnhaus und Stall unter einem Dache, dann Hofraum
Stall und Dunglage
Aus dem selben Jahr stammt auch der Kötztinger Mieterkataster und der gibt uns noch einen genaueren Blick auf dieses Haus.
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StA Landshut Grundsteuerkataster 5045 |
Johann Kraus Melber /:Hauseigenthümer:/
1. Hauptgebäude
Unter der Erde 1 Keller
Erdgeschoss: 1 Wohnzimmer und 1 Laden
I. Stock Wohnzimmer und Boden unterm Dach
2. Nebengebäude
1 Stallung mit Futterboden
3. Nebengebäude
1 Scheuer mit Dreschtenne
4. Nebengebäude
1 Holzschupfe
Unterschrift Johan Kraus
Therese Kraus, seine Ehefrau verstarb mit 41 Jahren am 27.6.1837 an Brustwassersucht und 4 Monate später heiratete der Melber JK erneut, diesmal Therese Feiertag, eine Wirtstochter aus Kollmberg.
Johann Kraus und Therese Feiertag
Im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts wurde das Instrument der Vergleichsverhandlung eingeführt, die im Stadtarchiv noch vorhandenen Kurzprotokolle geben uns einen lebendigen Einblick in manche Nachbarschaftsprobleme, dies ist umso bedeutender, als die Akten der manchmal daraus entstanden Zivilprozesse schon lange als "nichtarchivwürdig" vernichtet worden sind.
Beschwerde des Bürgerlichen Fragners Johann Stoiber und des Melbers Johann Krauß gegen Franz Futscher von Kötzting wegen Verbauen der Lichter in den Häusern des ersteren durch Erhöherung des Hauses des letzteren. Die Teile zur Sühne zu bewegen versucht, aber es war kein Vergleich möglich.
14. Oktober 1841 Der Bauer Jakob Wagner von Eck stellt Klage gegen den Bürger Melber Johann Kraus von Kötzting wegen 47 fl 7 xr rückständigen Holzkaufschilling. Nachdem Beklagter behauptet, den Kläger bereits vollkommmen bezahlt zu haben, konnte kein Vergleich herbeigeführt werden.
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8. Juni 1844: Josef Radlinger, Häusler zu Hohenwarth, tritt gegen die Mühlerwitwe Anna Maria Amberger, den Melber Johann Kraus, den Häusler Anton Müller, den bräuenden Bürger Kaspar Weiss, dann dem Sägmüller Josef Stoiber, den Seifensieder Wolfgang Mang deshalb klagbar auf, weil ihm diese, nahmentlich Wolfgang Mang 7 fl 34 kr und Kaspar Weiss 3 fl 6 kr Triftlohn vorenthalten, welche er für Herabtriften von Blochstämmen auf dem Weissen Regen an Arbeitslohn abverdient habe. Kaspar Weiss erlegt sogleich zu Händen des Josef Radlinger 3 fl 6 kr, welche derselbe sogleich in Empfang nimmt. Bezüglich des Mang wollen sich dieselben nicht gerichtlich vernehmen.
Bevor nun der nächste Besitzwechsel ansteht, hier zunächst das weitere Schicksal der Eheleute Kraus.
6 Kinder hatte Johann Kraus mit seiner ersten Frau bekommen, von denen bis auf eine Tochter alle früh starben. Nur eine Tochter Therese erreichte das Erwachsenenalter und heiratete am 16.10.1852 den Kötztinger Marktschreiber und Witwer Michael Grassl.
Diese Ehe sollte nicht lange andauern, denn bereits mit 41 Jahren verstarb der Kötztinger Marktschreiber am 31.8.1854. Zwei Kinder hatte er bereits in die Ehe mit eingebracht und ein weiteres Kind von seiner zweiten Frau konnte er gerade noch erleben, als er dann schon sehr früh verstarb.
Die junge Witwe stand nun mit einem eigenen Baby und zwei angeheirateten Kindern da und entschied sich wohl daher schnell, einen neuen Ehemann zu finden.
Dies glückte, und so heirateten am 27.6.1855 der aus Gotzendorf stammenden Vogl Josef, nun bereits Bürger in Kötzting, und die Witwe Therese Grassl.
Josef Vogl und Therese Grassl
Im Nachfolgeband des ersten Grundsteuerkatasters - nun ab 1860 - steht unter der Hausnummer 50:
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StA Landshut Grundsteuerkataster 5047 |
"Hausnummer 50 in Kötzting, beim Melber
Joseph Vogl
Lit A: das Haus mit realer Melbergerechtigkeit
Wohnhaus und Stall unter einem Dache, dann Hofraum
Laut Vertrag vom 16ten Juli 1855 durch Ehelichung der Theresia Kraus zum Miteigenthum, und auf Ableben derselben zum Alleineigenthum erhalten."
Hier ist bereits erkennbar, dass der frühe Tod schon wieder zugeschlagen hat.
Ein Blick in die Sterbematrikel der Pfarrei Kötzting zeigt uns, dass die junge Melbersgattin Therese Vogl am 26.5.1861 mit gerade mal 31 Jahren an der Lungensucht verstorben ist. Vorher hatte sie in dieser Ehe noch einmal 4 Kindern das Leben geschenkt und erst Anfang Dezember 1860 war sie zum letzten Male Mutter geworden.
Nun stand der junge Vater wiederum mit einer Kinderschar da und war auf der Suche nach einer neuen Partnerin.
Am 19.2.1862 heiratete der Melbler Josef Vogl, Sohn des Gotzendorfer Bauern Josef und seiner Frau Anna, die Moosbacher Witwe Walburga Achatz, eine geborene Bauerstochter Fischer aus Lichtenegg.
Auch diese Ehe war nun mit Kindern gesegnet, drei an der Zahl. Es dürfte in dem Haushalt sehr schwer geworden sein, die jeweiligen Väter und Mütter zu benennen.
Josef Vogl und Walburga Achatz
In einer der oben angesprochenen Vergleichsverhandlungen kommt es nun zu einem Unterhaltsstreit des Josef Vogl, mit den Eltern seiner ersten Frau, deren Haus er ja übernommen hatte.
16. Jänner 1862: Johann und Therese Kraus von hier haben gegen Josef Vogl Klage angemeldet wegen:15 fl Herbergszins 1861/62, 6 Köpfel Schmalz, 2 Köpfl Schmalz vom vorigen Jahr, 6 Pfund Seife, 4 Pfund Unschlittkerzen, 1 Pfund Schweinefett, 6 Klafter Holz von heuer und vom vorigen Jahr, 150 fl Fristen.
Josef Vogl erklärt hierauf: Ich gestehe zu, dass ich diese Forderung schulde, jedoch nach Brief von 15. Oktober 1852 sind die Alimentenreichnisse gemeinschaftlich abzutragen. Ich habe diese Reichnisse jahrelang alleine bezahlt und muss schon berechtigt sein hiervon die Hälfte in Abzug zu bringen. Das treffende Recht will ich sodann bis in 8 Tagen berichtigen. Die Kläger sind einverstanden.
Zunächst jedoch erst einmal ein Sprung zurück zu dem übergebenden Ehepaar Kraus.
Johann Kraus, der Melber, starb mit 77 Jahren am 24.1.1866 in Kötzting an Asthma - möglicherweise ausgelöst durch seine jahrzehntelange Hantierung mit Mehl.
Am 14. Oktober 1873 bat die im "Decker=Stifterhaus" im ersten Stock krank im Bett liegende Therese Kraus den Kötztinger Notar und als Zeugen den Wirtspächter Alois Rotzer und den Kammmacher Johann Zeitzler zu sich, um einen Nachtrag zu ihrem Testament zu protokollieren.
250 Gulden an die Pfarrkirche für vier Quatembermessen für sich, ihren verstorbenen Ehemann und den verstorbenen Bruder Josef Feiertag, gewesten Schenk im Kloster Metten.
Jeweils 100 Gulden und eine Riegelhaube an ihre beiden Schwestern Anna und Maria.
Jedes der drei Vogl-Kinder, Anna, Monika und Josef, erhält 100 Gulden
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StA Landshut rep166N/12 Schachtel 1 testamente der Therese Kraus |
"x x x Handzeichen der Theresia Kraus
Aloys Rötzer
Johann Zeitzler
der königliche Notar Widmann"
Dieser Testamentsänderung liegt auch noch das erste Testament bei:
In ihrem Originaltestament vom 13.3.1873 listet sie auch ihr Vermögen auf, darunter
1700 Gulden, die sie dem Marktmüllerpaar Amberger geliehen hatte
450 Gulden an Andreas Alt von Wolfersdorf
100 Gulden habe sie an Bargeld zuhause
12 Gulden 30 xr beziehe sie im Vierteljahr vom Kramer Josef Loibl - im Vorgriff, das ist einer der nächsten Hausbesitzer)
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Hier das Originaltestamet der Melberswitwe Therese Kraus, geborene Feiertag |
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Mit diesem Amtssiegel des Kötztinger Notars war das Testament verschlossen |
Als ihre Universalerbin setzte sie die ledige Marktschreiberstochter Therese Grassl ein.
In diesem ersten Testament möchte sie noch wöchentlich eine Messe lesen lassen, aber auch die Kinder erster Ehe des Melbers Josef Vogl werden berücksichtigt
Als sie dann im Jahre 1889 tatsächlich verstirbt, findet sich in ihrem Akt ein drittes, noch neueres Testament.
In ihrem Nachlassakt nach ihrem Tode, am 12.8.1889, sie gesundete also offensichtlich und lebte noch lange nach ihrer ersten Testamentserweiterung, wird auch ersichtlich, was unter dem "Decker=Stifthaus" zu verstehen war. Es ist das Haus mit der alten Nummer 66, heute bekannt als der Oberberger-Metzger, war damals in Besitz des Familienverbandes Decker und offensichtlich auch vermietet.
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StA Landshut Nachlassakten Rep 166N-12 Schachtel 32 von 1889 Nr. 65 Kraus Therese Melberswitwe |
"
Therese Kraus - 86 Jahre - Melberswitwe - verwittwet - 13. August 1889 nachmittags 9 3/4 Uhr
Kötzting HsNr. 66"
Im Jahre 1880 hatte Frau Kraus erneut den Notar zu sich gebeten und noch einmal eine Änderung am Testament vorgenommen. Diesmal fand der Notar sie "auf dem Kanapee sitzend in ihrem Wohnzimmer" vor. Die beiden Nachbarn Winter (Schneider) und Amberger (Marktmüller) waren dieses Mal als Zeugen geladen.
Nun wird nur mehr die ledige Therese Grassl bedacht, die sie allerdings bis an ihr Lebensende "warten und pflegen" solle. Es sei auch der Erbin überlassen, ob und wie sie ihre Stiefschwester an den zu erbenden Kleidungsstücken beteiligen würde oder wolle.
Die früheren Testamente erkläre sie hiermit für aufgehoben. Auch diese Testamensabänderung als ihren "Letzten Willen" überlebte die Melberswitwe noch um ganze 9 Jahre,
Wie bei vielen anderen Anwesen Kötztings geht es auch auf diesem Hause sehr turbulent zu in dem Jahrzehnt vor 1870.
1860 und 1861 finden wir noch Josef Vogl auf dem Haus
1864 steht im Grundsteuerkataster, dass Georg Amberger am 16.11.1864 das Haus gekauft hatte und nur 3 Jahre später, am 30.5.1867 sind Josef Leibl und seine Frau Kresenz als die neuen Käufer und damit Besitzer im Grundbuch eingetragen.
Mit Datum des 9.1.1898 finden sich Franziska Wiesmeier als Besitzerin - durch Kauf - und ein Jahr später am 13.12.1899 heißt der neue Besitzerin Barbara Fredl, deren Mann, Franz Xaver, ein Bäcker ist und aus Reisbach stammt, während sie, eine geborene Graßl aus Bärndorf ist.
Amberger Georg und Möckl Aloisa
Im Rechnungsbuch des Jahres 1865 steht, dass der Kötztinger Müllersohn Georg Amberger das Kötztinger Bürgerrecht erwerben hat können und dafür ganze 28 Gulden bezahlt hatte.
Bei seiner Hochzeit am 15.1.1865 wird er, der Sohn des Kötztinger Marktmüllers Amberger und seiner Frau Anna Maria, als Melber bezeichnet. Er heiratet Aloisia Möckl, eine Gerichtsdienerstochter aus Schönberg. Der Melber Georg Amberger stirbt ebenfalls bereits in sehr jungen Jahren mit 31 Jahren am 14.10.1865 an der Lungensucht und seine junge Witwe behält das Anwesen noch eine kleine Weile.
Bei seiner Konzessionslizenz ist eine umfangreiche und genaue Auflistung all der Waren aufgeführt, die er nunmehr vertreiben darf.
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Stadtarchiv AA X 26 vom Dezember 1864 |
"Er erhielt die Lizenz zum Vertrieb in Kötzting von
Alabasterwaren, Asche, Backstein, Beinschwärze, Berlinger Blau und rot, Besen aus Reisern, Bettfedern, Bleistifte, Bleiweiß, Buchdruckerschwärze, Cement, Cichorie. Cigarren, Darmsaiten, Essig, ungefärbter Leinenfaden, Federschwamm, Feuersteine, Geflechte aus Haar, Weiden, Schilf, Rohr, Bast, Stroh und dgl. Glanzruß, Griffel, ungemahlener Gips, Gipsfiguren, Hadern, Harz, Hefe, Holzwaren als Schachteln, Wannen, Mulden, Backtröge, Rechen und Schaufeln, Gabeln und andere zum oekonomischen Gebrauch dienende Waren, Holzteller, Holzschuhe, Spielwaren ausd Holz, Holzwerkzeuge, Peitschenstiele, Stöcke, Reifen, Sattelbäume, Fourmiere, Schindelspäne, Leisten, Goldrahmen, Kacheln, Kaffeesurrogate, Kalk, Kartoffelmehl, Sage und Stärke, Knochenmehl und andere künstliche Düngemittel, Kohle, Lampendochte mit Ausnahme Baumwollene, Lampenruß, Leim, Leinöl, Leinwand, Moosbürsten, Mühlsteine, Nähfäden, Papier, Pech, Rauchtabak, Rothstift, Schiefertafel, Schleifsteine, Schnitzarbeiten aus Holz, Knochen oder Bein, einschlüssig der sogenannten Ammergauer und Berchtesgadener Waaren, Schnupftabak, Schreibfedern, Senf, Speise- und Baumöl, geschliffene und geschnittene Steine, Steingut, Tinte und Tintenpulver, Unschlittlichter, Wagenschmiere, Waschblau, Wetzstein, Wichs- und Wurzelbürsten, Ziegel, Zinkweiß, Zünder, Zündhölzchen
Kötzting den 29.12.1864 Magistrat Kötzting"
Josef Leibl und Kreszenz Neuhierl
Mit Datum des 25.6.1873 findet sich im Stadtarchiv ein "Baugesuch des Melbers Josef Leibl Hauserweiterung: hier Eindeckung"
Im Jahre 1878 stellt Josef Leibl ein "Brandweinschenkgesuch" beim Rentamt
Der Magistrat schrieb zu Beginn an das Rentamt:
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(StA Landshut Rep 164-8 Nr. 4791 Konzessionen |
"Nachdem sic ergeben hatte, daß verschiedene hiezu nicht Berechtigte, d.h. nicht conzessionierte Personen den Kleinhandel mit Branntwein trieben, wurde dieser unerlaubte Gewerbebetrieb eingestellt und zwar auch bei dem Fragner Josef Leibl."
Loibl protestiert und beruft sich dabei auf ein auf seinem Anwesen ruhendes sogenanntes "Bischofsrecht zum Branntweinausschank".
Kötzting 26.7.1878
ProtokollErscheint Herr Josef Leibl, Fragner und erklärt:
Mir wurde das Brandtweinausschenken untersagt, angeblich wegen Mangel einer Conzession.
Hingegen protestiere ich, weil es ein altes auf meinem Hause ruhendes Recht ist, daß dort selbst geistige Getränke ausgeschenkt werden dürfen.
Schon vor mehreren Jahren sollte der Vorbesitzerin Louise Amberger dieses Recht entzogen werden, doch hat sich die Berechtigung herausgestellt. Beim Rentamt soll es eingetragen sein, als altes Bischofsrecht."
Um den Fall zu klären, werden auch bei den noch lebenden Vorbesitzern nachgefragt und damit erfahren wir noch ein Stückchen mehr, was so bei einem Melber verkauft und gemacht wurde.
"
Protokoll
Frl Theres Groß(?) erklärt Namnes ihrer Mutter Melberswittwe Theres Kraus, welche vor ca. 25 Jahren das Leiblsche Anwesen besaß:
Auf diesem Anwesen wurde damals nur Mehl u. Schmalz und dergleichen getrieben nicht aber auch mit Schnaps.
Der Ehemann der Kraus trank gerne Schnaps und ging deshalb zu Weiß und um dieses abzustallen, kaufte die Theres Kraus für ihren Mann immer eine Maß Schnaps holen(?) und wenn dann gerade ein bekannter kam, erhielt er auch ein Gläschen.
So bürgerte sich das Schnapsschenken auf diesem Anwesen ein.
Eine Conzession wurde nie erworben.
Theres Groß(?)
Auch die nächste Besitzerin wurde befragt und gab zu Protokoll:
"
Frau Louisa Amberger, Fragnerswittwe erklärt. Ich besaß mit meinem 1865 verstorbenen Ehemann das Leiblsche Anwesen von 1864-1869 und hatten wir es vom Melber Vogl erkauft.
Bei unserem Einzuge wurde schon Schnaps geschenkt und schenkten wir denselben unbeanstandet fort. Eine Conzession erwarben wir nicht. Luise Amberger"
Im September 1878 legt Josef Loibl noch einmal nach und beschreibt die Schanksituation wie folgt:
"Schon seit vielen Jahren wird auf meinem Anwesen Schnaps geschenkt, d.h. Branntwein in kleinen Quantitäten sowohl an Gäste im unteren Zimmer als auch über die Gasse verkauft."
Nachdem in diesem Konzessionsakt des Bezirksamtes nach Leibl ein Schreiben der nächsten Besitzerin beiliegt, kann man davon ausgehen, dass Leibl seinen Schnapsausschank wieder hat aufnehmen dürfen.
Am Nachmittag des 20.1.1898 verstirbt in Kötzting auf der Hausnummer 50 die 57jährige "Branntweinschankinhaberin" Creszenz Leibl, geb. Neuhierl.
Offensichtlich/möglicherweise hatte sich das Ehepaar Leibl bereits getrennt, denn beim Ehemann Josef Leibl ist vorgetragen, dass er in München in der Baderstraße 8 im Rückgebäude wohnen würde und als sein Beruf ist Hausmeister angegeben.
Drei erwachsene Kinder waren vorhanden, von denen die Therese ebenfalls in München arbeitete, als Köchin in der Lindwurmstraße.
Der Sohn Johann war "Metzger und Schenkkellner in Kötzting" und die andere Tochter war in Nürnberg verheiratet.
Die beiden noch minderjährigen Kinder waren Mathilde, eine Wäscherin in Kötzting, und Hubert, ein Metzger und ebenfalls in München.
Vor dem Amtsrichter in München wurden der Witwer und seine volljährige Tochter einbestellt und Josef Leibl erklärt, dass er seine Kinder als Miteigentümer des Hauses in Kötzting einsetzen würde, wenn diese im Gegenzug auf die Auszahlung des Muttergutes verzichteten. Therese folgt gleich der Anregung und unterschreibt in München das Protokoll. Krezenz Giel, die Tochter in Nürnberg, ist da etwas vorsichtiger, erklärt sich grundsätzlich zu dieser Lösung bereit, möchte allerdings vorher die Meinung der Kötztinger Geschwister hören, weil diese die Situation besser einschätzen könnten.
Aus den Händen der Erbengemeinschaft Leibl geht das Haus dann an Franziska Wiesmeier weiter.
Herr Josef Loibl wird Jahre später dann noch einmal ein klein wenig in die Geschichte des Hauses eingreifen.
Franziska Wiesmeier
Von ihr wissen wir wiederum fast gar nichts, aber da sie sich ebenfalls um eine Konzessionierung des Schnapsverkaufes - erfolgreich - beworben hatte, musste sie dabei zumindest ihre Personalien offenlegen.
"Kötzting, den 27. September 1898
Erscheint heute Franziska Wiesmaier, ledige Hausbesitzerin in Kötzting und bringt vor:
Ich habe das Anwesen NsNr 50 dahier, in welchem bisher eine Branntweinschenke betrieben wurde, von Peter(?) Leibl käuflich erworben.
Ich bin gesonnen, diese Branntweinschenke auf dem erworbenen Anwesen weiterzutreiben und stelle die Bitte um persönliche Konzession hirzu.
Ich bin geboren am 18. Januar 1868 in Arndorf, als Tochter der Hausbesitzerseheleute Franz und Franziska Wiesmaier, geb. Kuchler, ersterer in Arndorf verstorben, letztere bei mir in Kötzting wohnhaft.
Unterschrift: Frzka. Wiesmeier
II. Zur Magistratssitzung
Magistrat Kötzting Drunkenpolz
Zusatz: Ist wieder weiter verkauft worden."
Sie war ja nur ein Jahr auf dem Anwesen, denn danach kamen die Bäckerseheleute Fredl.
Fredl Barbara, geborene Graßl
Im Markte Kötzting wurden um die Jahrhundertwende 1900 sogenannte Familienbögen angelegt, die auch ganz genau festhielten, ob einzelne Bewohner im Markt auch das Heimatrecht genossen.
Diese Familienbögen (im Stadtarchiv lagern um die 2000 Stück davon) sind häufig eine ganz besondere Quelle der Familienforschung.
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StA Kötzting 024 Familienbögen Buchstabe "F" |
Am 8.10.1898 wurde das Formular für den Bäcker Franz Xaver Fredl ausgefüllt, in dem sein Geburtstag (18.10.1866), sein Geburtsort (Schöllnach), seine Eltern (Franz Xaver Fredl und Maria), der Ort, von dem er sein Heimatrecht bezog(Schöllnach, AG Hengersberg) und das Kötztinger Wohnhaus (hier eben die Hausnummer 50) aufgelistet sind.
Seine Frau Barbara war eine geborene Graßl und war am 23.6.1866 im Bärndorf, Gde Traidersdorf, geboren worden.
Ihre Mutter wiederum stammte aus Blossersberg und der Vater aus Oberkreuzberg AG Grafenau.
Auch Franz Fredl bemüht sich um die nämliche Konzession für seinen Besitz - genauer, den seiner Frau - und lässt sich vom Magistrat - die Konzession muss ja beim Bezirksamt beantragt werden - ein Zeugnis ausstellen.
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Unterschrift: Franz Xaver Fredl |
"Zeugnis
Es wird hiermit bestätigt, daß gegen Franz Xaver Fredl, Hausbesitzer und Bäckermeister dahier, geboren am18. Oktober 1866 zu Schöllnach, Thatsachen nicht vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß er das Gewerbe des Branntwein Ausschankes zur Förderung der Völlerei, das verbotenen Spieles, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit missbrauchen werde.
Fredl ist einmal bestraft, und zwar vom Amtsgerichte Dingolfing unterm 17. Februar 1896 wegen (Entwendung lies) Felddiebstahl zu 5 M Geldbuße, ev. 1 Tag Haft.
Am 24. Oktober 1898
Magistrat Kötzting
Drunkenpolz."
Frau Barbara Fredl, hatte vor ihrer Ehe bereits eine uneheliche Tochter in Blossersberg geboren - Franziska Graßl -.Für diese Tochter versuchte Barbara Graßl nun das Kötztinger Heimatrecht zu erreichen und argumentiert damit, dass diese eben keine Kinder habe, die dann zusätzliche Kosten bedeuten würden. Kötzting schreibt an die Gemeinde Schöllnach, wo Fredl ja sein Heimatrecht genoss, um in Erfahrung zu bringen, ob auch die - von ihm allerdings anerkannte - Tochter seiner Frau nicht auch dort bereits ihr Heimatrecht begründete.
Im Jahre 1903 landete eine Anfrage von der Gemeindeverwaltung Wörrishofen auf dem Schreibtisch des Kötzting Bürgermeisters, die konkret Auskunft über Fredls Vermögensverhältnisse erbat.
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StA Kötzting 024 Familienbögen Buchstabe "F" |
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Schreiben zurück
Auf gesch. Zuschrift vom 28. v. Mts sei Ihnen mitgeteilt, daß Fredl ein vermögen nicht besitzt; Anwesen, Bäckerei und alles Zubehör ist im Alleinbesitz der Ehefrau desselben:
Kötzting, 3.Okt. 1903 Magistrats Liebl"
Hintergrund ist eine Geldforderung eines Wörrishofener Hausbesitzers - genauer Villenbesitzers - bei dem sich Franz Xaver Fredl für geplante 5-6 Wochen eingemietet hatte.
Der Hausbesitzer fiel vom ersten Stock der Villa herab, als er das Gebäude anlässlich einer Denkmalenthüllung für den Pfarrer Kneipp dekorieren wollte, und brach sich ein Bein.
Als der Hausbesitzer nun in Türkheim weilte, um sich kurieren zu lassen, nutzte Fredl die Gelegenheit und reiste ab.
Sylvester Kreitmair, so hieß der Villenbesitzer, schickte nun eine Rechnung an den Herrn Fredl, die dieser sicher erhalten haben müsse, denn 8 Tage später fand er den Brief wieder in seinem Postfach, die Annahme war verweigert worden.
Kreitmair bittet nun
1. den Magistrat herauszufinden, warum Fredl nicht zahlen wolle,
2. wie es eigentlich um seine Verhältnisse stünde, ob er Besitzer oder Pächter sei und
3. würde er den Vorstand bitten, Herrn Fredl vorzuladen, um den richtigen "Aufschluß" zu erhalten.
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Hochachtungsvoll Sylvester Kreitmair Villabesitzer Wörrishofen |
Im Jahre 1903 reichte der Bäckermeister - eigentlich seine Frau, denn, wie oben angeführt, diese ist die Hausbesitzerin - einen Bauantrag ein, um einen neuen Laden zu errichten.
Im Vorgriff auf das folgende Kapitel kann man sehen, dass von den ursprünglich vorhandenen zwei schmalen Gassen durch den Neubau nun bereits eine unterbrochen werden wird.
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Rep 162-8 Sch. 22 Nr. 3374 Fredl Huber Hofbauer Wensauer 1903 |
Legende:
a: Bauplatz der jetzigen Stallung mit überbautem hölzernen Bodenraum.
b: jetziger hölzerner Abort
c: Wohnhaus des Bauherren mit Bäckerei
d: Wohnhaus des Michael Huber
e: Wohnhaus des
Georg Bachlf: Magistratsgebäude
h: Wohnhaus des Johann Wensauer
i: Wohnhaus des Ludwig Hofbauer
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Vergleicht man die Frontzeichnung mit dem Ölgemälde am Bloganfang, dann kann man nun bereits eine Ähnlichkeit sehen. |
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Offensichtlich wurde Fredl mit seinem Bauvorhaben etwas eingebremst, was die Abänderung seiner gewünschten neuen Baulinie anbelangt. |
Auch sein Hauptnachbar winkte das Bauvorhaben nur unter der Maßgabe durch, dass der Weg nicht nur verengt werden würde.
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Ohne Erinnerung, unter der Bedingung daß Fredl nicht weiter in die Gasse hinaus baut, als der bisherige Stadel stand. dann dass Fredl keine Vortreppen anbringt, wie überhaupt die schon sehr schlechte Ausfahrt aus dem Gäßchen in keiner Weise beengt. Georg Bachl. |
Nachdem Fredl au seiner Nordseite expandieren konnte, gibt es auf der anderen Seite, dem zweiten kleinen Gässchen, schnell Ärger mit dem Nachbarn.
Der Nachbarschafts-Grenzstreit mit JB Wensauer
In dem Block aus -damals - 6 Häusern zwischen der heutigen Rathausgasse und der Müllerstraße befanden sich jeweils zwischen zwei Häusern Verbindungswege zwischen eben der Gasse und der Straße. Früher hatten alle diese Häuser offensichtlich auch Eingangstüren, die auf diese sehr schmalen Gassen hinausgingen.
StA Kötzting 631/38: Am 26. April 1907 stellt Johann Baptist Wensauer der Nachbar und Goldarbeiter - und spätere Kötztinger Bürgermeister - beim Magistrat den Antrag, das kleine Gässchen zwischen ihm (Hausnummer 46) und dem Bäcker Fredl käuflich zu erwerben.
Die Fläche mit 1/2 Dezimal würde er kaufen, er sei " um die Differenzen mit Fredl hintanzusetzen, bereit, diesen Gemeindegrund zu kaufen und biete hiefür pro Dezimal 100 M".
Im Juni schrieb dann der Magistrat an das Ehepaar Fredl, die beiden sollten die "Gegenstände", die sie in dem Gässchen angehäuft hatten, binnen 3 Tagen entfernen, ansonsten würde Anzeige erstattet werden.
Dies ging nun Johann Baptist Wensauer zu weit, er erklärt, es sei ihm nicht darum gegangen, die Fredls zu bestrafen, sondern er wolle nur sich und sein Haus vor Schaden bewahren, da durch die "Lagerung von Pferde- und Schweinemist, der mit Odel durchtränkt ist" sein Haus geschädigt würde, indem "abgesehen vom Gestank der besonders bei Regenwetter ablaufende Odel in die Mauer dringt", weil sein "Haus so 1- 1 1/2 m tief in der Erde steckt".
Dieses Gässchen sei seit Menschengedenken frei gewesen und es wurde auch auf stetige Reinlichkeit geachtet. Als Fredl 1898 das Haus gekauft hatte, hatte er seine Düngerstätte in dem Gässchen zwischen ihm und dem Huberschen Haus (Hausnummer 51), welches Fredl nach einigen Jahren aber überbaut hatte und nun, nachdem er sich neu Vieh angeschafft hatte nutzte er das untere Gässchen zu seiner Mistablage.
Das Gitter an dem Gässchen ist seinerzeit von den Besitzern, seinem verstorbenen Vater und dem nunmehr in München wohnhaften Leibl angebracht worden, allerdings "lediglich aus dem Grunde, um Verunreinigungen des Gässchens seitens der Kinder vorzubeugen. Das Gitter war noch niemals versperrt, sondern wird nur von einer Kinder nicht erreichbaren Vorrichtung zugehalten, so daß im Bedarfsfalle bei Brandfällen u.s.w., der Durchgang sofort benutzt werden kann.
Seit 1845, in welchem Jahr mein [also Wensauers] verstorbener Vater das Haus kaufte, wird von den Besitzern der beiden Häuser die Straße beim Tünchen der Häuser, beim Hervorräumen des Schnees usw. benutzt, ohne daß einer der beiden Hausbesitzer ein spezielles Eigenthumsrecht an der Straße geltend gemacht hätte".
Der Magistrat beschloss, da diese Gasse auch im Interesse der Nachbarschaft sei, diese nun zu befragen und zu einer Stellungnahme aufzufordern.
Der Bäcker Fredl geht aber einen Schritt weiter und beginnt eine Mauer zu errichten, zunächst nur durch loses Aufschlichten von Mauersteinen.
Nun fordert auch Wensauer eine Bestrafung seines Nachbarn und fordert eine Augenscheinnahme durch Sachverständige, vor allem um Schaden von seiner Mauer abzuwenden.
Sechs Tage nach dem Anwaltsschreiben Wenauers kontern die Fredls und behaupten, der Abort des Wensauer würde sich teilweise auf deren Grund befinden. Sie fordern ihn auf, diesen zu entfernen, da sie vor hätten, dort eine Mauer zu errichten.
Nun treffen sich die Besitzer der Häuser 50,53 und 54, also Wensauer, Futscher und Krämer, und stellen fest, dass Fredl das Gässchen an seiner unteren Seite vermauert hätte, so dass der Durchgang zwischen den vier Häusern nicht mehr offen sei.
Dieses Gässchen sei seit Jahrhunderten wegen der öffentlichen Sicherheit offen gewesen und diente zum allgemeinen Durchgang. Jeder der vier Hausbesitzer habe bzw. hatte einen Ausgang in dieses Gässchen hinein.
Auch der Vorbesitzer des Fredlschen Hauses, der in München lebende Josef Leibl, wurde befragt und bestätigte schriftlich, dass dieses Gässchen eigentlich nur zum Wasserablauf genutzt wurde und nie be- oder überbaut worden war.
Der Kötztinger Bautechniker Windisch schrieb an die Kötztinger zurück, es läge nur am Magistrat zu entscheiden, ob dieses Gässchen als ein öffentlicher Durchgang anzusehen sei. Dann allerdings dürfe dieser nicht durch Zäune abgeschlossen werden. Gleichzeitig dürfe dann in dem Gässchen auch nicht das Geringste gelagert werden.
Die Fredls wollten aber anscheinend nichts an dem Zustande ändern, denn noch im Jahre 1909 wurde der Kötztinger Polizeidiener Meidinger aufgefordert, eine Kontrolle durchzuführen, und schrieb kurz und knackig an den Magistrat: "daß die Fredl`schen Eheleute an dem gerügten Zustande nichts änderten."
Nachdem die Bäckerseheleute Fredl aber ab dem Jahre 1909 als die neuen Besitzer auf dem Haus Nummer 72 jenseits der Brücke auftauchen, hat sich das Problem wohl auf diese Weise einfach erledigt.
Von Franz Xaver Fredl haben wir sogar ein Altersbild, das ihn allerdings vor seinem neuen Anwesen auf der anderen Regenseite zeigt.
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Repro 2325 Links Alois Rackl geb. 9.6.1909 in Gradis gest.10.7.1947 in Kötzting, rechts Franz Xaver Fredl geb. 18.10. 1866 in Schöllnach gest. 21.8.1937 in Kötzting. Vor dem Anwesen "Am Regen" Fredlbäck, Bäckerei, |
Auch sein Grabstein existiert heute noch.
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Foto Pongratz Grablege Franz Xaver Fredl im Alten Firedhof |
In einem neuen Mieterkataster des Jahres 1911 findet sich Franz Fredl, der seine Bäckerei nun bereits über den Regen hinüber verlegt hatte, noch als "Mineralwasserfabrikant", seine Bäckerei in der Rathausgasse hatte er wohl dabei vermietet.
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StA Landshut Grundsteuerkataster 5058 Mieterfassion 1911-1936 |
"Franz Fredl Mineralwasserfabrikant als Hauseigentümer
1. Josef Dachs Bäckermeister Parterre 1 Zimmer 1 Küche Keller,Laden, Backstube
2. Josef Gmeinwieser Inwohner 1. Stock 1 Zimmer
3. Barbara Koller Inwohnerin 1 Stock 2 Zimmer
Und wie gehts nun weiter im 20. Jahrhundert?
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StA Landshut Grundsteuerkataster 5055 |
das Grundsteuer-Kataster-Umschreibeheft zeigt uns Genaueres.
Nach Barbara Fredl kommt die Schreinerfamilie Brunhofer, bei der in der Erbfolge die Tochter, nun eine verheiratete Kolbeck, das Haus erbt und es dann an in der Nachkriegszeit an die Nachbarsfamilie Schödlbauer verkauft.
Brunhofer Wolfgang und Rosina Mauerer
Bevor wir auf Wolfgang Brunhofer im Detail eingehen, gilt es zunächst die Verbindungen zwischen den beiden Häusern 46 und 50 darzustellen.
Rosa Kolbeck, die mit Anton Kolbeck verheiratete Tochter Wolfgang Brunhofers, hatte erst im November 1951 das in der Rathausgasse gelegene Haus von ihrem Vater, dem Schreinermeister Wolfgang Brunhofer - genannt Scheijsslschreiner - erhalten. Offensichtlich in einer Art von Ringtausch verkaufte Rosa Kolbeck das Elternhaus an die Frau Schödlbauer (Textil-Schödlbauer) und erwarb zeitgleich das Eckhaus (alte Hausnummer 46) in der Rathausgasse. Auch in der Karteikarte der ältesten vorhandenen Einwohnermeldedatei der Stadt Kötzting ist gut zu erkennen, wie die Bewohner/Besitzer die Straßenseite gewechselt hatten.
Stadtverwaltung Bad Kötzting Einwohnermeldeamt
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Arbeitskreis Heimatforschung Rathausgasse 3 In der Sammlung des Arbeitskreises haben wir eine tolle Aufnahme des Wolfgang Brunhofer - Schejßlschreiner - und seiner Tochter Rosa Kolbeck, Die Bilder hatte damals Frau Kretschmer gemacht.
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Am 5. Mai 1906 hatte der Kötztinger Schreiner, Sohn des Schreiners Martin Brunhofer und seiner Frau Anna, einer geborenen Kirschbauer, Rosina Mauerer aus Siegersdorf geheiratet. Zwischen 1911 und 1924 bekamen die beiden 9 Kinder, von denen Rosa Brunhofer die Älteste gewesen war.
Nach einem weiteren Mädchen, Anna, kam dann der erste Sohn, Wolfgang, der spätere Pfingstbräutigam des Jahres 1937.
Mit dem Datum ihrer Hochzeit veröffentlichte Rosina Brunhofer eine Geschäftsanzeige im Kötztinger Anzeiger.
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KA vom 5.5.1906 |
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Arbeitskreis Repro-3411 Familie Brunhofer/Schejssl v.l. Rosa Brunhofer (Kolbeck), Eltern Brunhofer, Wolfgang Brunhofer Pfingstbräutigam 1937, ? . |
Von Wolfgang Brunhofer senior lassen sich umfangreiche Aufzeichnungen im Militärarchiv in Ingolstadt finden, die durch die der Mormonen in den USA - wegen deren religiöser Einstellung zu Familienforschung - digitalisiert wurden und gegen eine monatliche Gebühr online im Internet abrufbar sind.
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Ancestry.com militaria |
Wolfgang Brunhofer, geboren am 8.4.1882 in Kötzting Hausnummer 50 - verheiratet mit Rosina geborene Mauerer hat (1918) 4 Kinder.
Wolfgang ist 1,69 m groß, hat eine schlanke Gestalt, ein ovales Kinn und eine große nase und Mund. Seine Haare sind blond und er trägt einen Schnurbart. Als besonderes Kennzeichen ist eine "Narbe a.r. Goldfinger" erwähnt.
Wolfgang wurde am 1.2.1915 zur Ersatzreserve eingezogen und bereits 4 Wochen später gings ins Feld.
Er wurde mit dem Militärverdienstkreuz III. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet und in seinem Kriegstagebuch sind eine ganze Reihe von Einsätzen verzeichnet, die seine Einsatzorte gut nachvollziehen lassen.
Von Anfang an war er zunächst an der Ostfront eingesetzt, schon zwei Tage nach Ankunft im Feld ist bereits ein erster Kampfeinsatz dokumentiert. Im Osten geht´s Schlag auf Schlag weiter, bis er plötzlich von Juli bis September mit Kämpfen an der Somme und bei Rovy-Nayan gelistet ist.,
Durch den Kriegseintritt Rumäniens und dem mittlerweile äußerst prekären Zustand der K.und K. Österreichischen Armee musste die Deutsche Oberste Heeresleitung reagieren und verlagerte erneut seine Truppen.
24.10.16-15.7.1917 hieß es bei WB ganz allgemein "Kämpfe gegen Rumänien"
Rumänien war Ende 1916 der Entente beigetreten und begann dann tatsächlich am 27.8. mit den Kriegshandlungen.
Bereits am 28. 8. hatte der deutsche General August von Mackensen den Oberbefehl über die bulgarischen, deutschen, österreichischen und teilweise die osmanischen Truppen übernommen, die zusammen die Heeresgruppe Mackensen bildeten. Am 23.10.1916 begann Mackensen seine Zentraloffensive, was sich mit der obigen Eintragung bei WB gut in Deckung zu bringen lässt.
2 bayerische Divisionen waren unter General von Falkenhayn mit von der Partie.
Erst am 24.1.1919 wurde der Schreiner Wolfgang Brunhofer aus dem Militärdienst nach Kötzting entlassen.
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Brunhofers Unterschrift bei seiner Entlassung aus dem Militärdienst am 24.1.1919
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Wolfgang, der älteste Sohn und unser Pfingstbräutigam des Jahres 1937, hatte ebenfalls Schreiner gelernt und hätte vermutlich den väterlichen Betrieb einmal übernehmen sollen, er fiel jedoch im Jahre 1941 als Obergefreiter während des Zweiten Weltkrieges.
Es ist nicht viel, was wir von ansonsten der Familie Brunnbauer wissen, aber Frau Christa Rabl-Dachs hat 1997 mit Herrn Zimmerer (alte Hausnummer 47) ein Interview geführt und bei diesem Gespräch über Alte Zeiten hatte der Glasermeister auch vom Schreiner Brunnbauer erzählt.
Das Gespräch dreht sich zunächst um die Suche nach einem geeigneten Haus, das der Vater des Interviewten kaufen wollte, das erwähnte "Lesßzkier-Anwesen" ist es ja dann später auch geworden.
Ihm hätte damals schon das Lesszkeur-Haus (Goldschmied Lesszkeur/heute
Zimmerer) gut g'falln, weil dort der Hof dabei war. Und daweil, so hat er g'sagt, ist der Krieg ausbrochen. Der Wensauer vorn, das wo heute der Textil-Schödlbauer ist, hat allerweil g'sagt: "Franz, nimm doch mein Haus, wennst kimmst!" D'Liese (Schwester) ham's dann firma (Firmung) lass'n und alle Tag' ist der Wensauer zu uns rüberkommen, so wie der Schejßl-Schreiner alle Tag'zum Dietl-Back
(Meidinger/Marktstraße 14) vorkommen ist, mit seinem Schnupftabak. Das war so:
Der Schejßt hat herhinten (Haus gegenüber vom Ladeneingang Zimmerer) an Schnupftabak auf d'Hand affedo, is fire aufs Eck ganger, hat lange Zeit g'schaut, was sich so alles tut; dann erst ist er zum Dietl-Bäck runtergangen und bei denen in der Stub'n drin hot er erst g'schnupft. Der Meidinger Max (Vater vom jetzigen Besitzer Max Meidinger) hat ja beim Schejßl-Schreiner g'lernt. Gebacken haben nur seine
Eltern damals - aber nur Semmeln, Weckl und a Brot. Der Max heute ist zwar wieder Bäcker, aber selber backen tut der auch nicht mehr. Der Schejßl-Schreiner und der Mutscherl-Mauerer (Josef Breu, Gehstorf) haben das beste Zeugnis g'habt von der ganzen Schul' damals. Zufalligerweis hat mein Vater vom Kirschner - der hat Altpapier, Alteisen und Boiner (Tierknochen) g'handelt und das alles, hat er
hintennaus (zur Gehringstraße hinaus) gelagert - ein altes Schulheft von 1893 bekommen, in dem das stand. In das Heft hat der Vater immer die alten Geldscheine hineingelegt ,und durch das haben wir eine Geldsammlung von alten Scheinen, bis zu einer Billion, daheim gehabt.
Der Schejßl-schreiner hat sich seine Maschinen alle selber g'macht. Der alte Meidinger Max (Dietl-Bäck) hat bei ihm als Schreiner g'lernt; dann der Letzte war der Stockatschouster Hans von Lederdorn. Alle ham's was g'lernt vorn Schejßl-Schreiner, weil der hat wos kinna und jeder hot g'sagt: "Sapparalot! Trotz seiner selberg'machten Hobelmaschinen und so weiter".
Pfingsten im Hause Brunhofer
Wolfgang Brunnhofer war Anfang Mai vom Magistrat vorgeschlagen und vom Pfarrer ausgewählt worden, sah sich aber zunächst nicht in der Lage diese Ehre anzunehmen, weil er bei der damals noch bei der Wehrmacht diente und schickte zunächst eine Absage an den Magistrat.
Vermutlich kam es zu einer Intervention von seiten des Marktes bei den Militärs..... jedenfalls hieß der Pfingstbräutigam des Jahres 1937, trotz der anfänglichen Absage, dann doch Wolfgang Brunnhofer.
Der Aufruf des Marktes in der Zeitung bezüglich der Dekoration war eher im Befehlston gehalten und spiegelt den Durchgriff der Partei wieder, die Eindruck "schinden" will.