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Freitag, 4. November 2022

Michael Heigl - eine Dokumentation Teil 6

Michael Heigl wird zum Verbrecher

eine chronologische Zusammenstellung ab seiner Entweichung vom 25.4.1843

 Zuerst jedoch ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:

Zum Einstieg:  ein Bild und seine Geschichte: das Laumerhaus von Gotzendorf
Teil 1 der Dokumentation: Der Familienverband des Michael Heigl
Teil 2 Die Heigls in Beckendorf
Teil 3 Michael Heigl im Spiegel der Veröffentlichungen
Teil 4 Michael Heigl und seine Brüder geraten ins Blickfeld der Behörden
Teil 5 Michael Heigl und seine Unterstützer - die Entstehung einer prekären Unterschicht im Bayr. Wald


Foto Kretschmer: Historischer Festzug 900-Jahr-Feier 1985: Festwagen Kaitersberg mit der Räuber-Heigl-Höhle


Die Jagd beginnt

In den vorhandenen Akten der Untersuchungsbehörde liegen bereits zwei chronologisch zusammengestellte - ja man möchte sagen fast moderne tabellarische - Auflistungen   der eingelaufenen Anzeigen, Razzien, Untersuchungen und der weiteren behördlichen Maßnahmen vor, die es ermöglichen, den Umfang und den Ablauf seiner Taten nachzuvollziehen. 

In der ersten Zusammenstellung geht es ausschließlich um die Aufarbeitung der für den Strafprozess relevanten Straftaten sogar im Einzelnen mit Verweis auf die Vernehmung des MH nach seiner Festnahme. In Summe waren es 46 Straftaten, die die Untersuchungsbehörde für den späteren Strafprozess in Straubing für ihre Anklage vorbereitete. 


Chronologische Zusammenstellung der Polizeiübertretungen, Vergehen und Verbrechen 

In der zweiten, wesentlich detaillierteren Zusammenstellung geht es um die polizeilichen Verfügungen, mit denen Heigls Umfeld  "ausgetrocknet" werden sollte.
Darin geht es dann auch eher um Anzeigen wegen Hehlerei, Unterschlupfgewährung, Racheakte, zwischenzeitliche Verhaftungen von Unterstützern und auch um Berichte über andere Bandenmitglieder.

"Summarische Uebersicht über die polizeilichen Verfügungen des königlichen Landgerichts Kötzting
seit Ende des Jahres 1845 bezüglich der Verhaftung des flüchtigen Verbrechers Michel Heigl von Beckendorf und der Beseitigung seines Anhangs
"

Diese zweite Liste wurde für den Regierungskommissar, Herrn Assessor Christoph, zusammengestellt, der im Frühjahr des entscheidenden Jahres 1853 nach Kötzting gekommen war und alle Vertreter der umliegenden Gemeinden in den "Postsaal" zitiert hatte. Dort hielt er ihnen eine Bußpredigt und Standpauke und ließ sie anschließend auch alle eigenhändig unterschreiben - viele nur mit einem Kreuzchen -, dass sie nicht nur versprachen, zukünftig bei der Jagd zusammenzuhalten, sondern sich auch der Konsequenzen klar waren, wenn dies alles nicht zum Erfolg führen würde. 
Es steht durchaus zu vermuten, dass manche der angezeigten - zumeist - Diebstähle gar nicht von Michael Heigl verübt wurden bzw. ihm dann doch nicht nachgewiesen werden konnten. Die schiere Menge an Anzeigen aber, die im Zusammenhang mit MH standen, führten jedoch zu einem Zustand der Unsicherheit sowohl auf Seiten der Bevölkerung als auch der Behörden.  
Als Folge dieser Lage mussten die beiden hauptbetroffenen Landgerichte, Kötzting und Viechtach, regelmäßig Berichte über ihren Sicherheitszustand abliefern.
Mit dieser Auflistung der polizeilichen Maßnahmen wird auch erkennbar, wo sich MH in der Anfangszeit seiner Flucht aufgehalten hatte. Der Rechtspraktikant Adolph Desch schrieb in dieser zweiten Auflistung - mit Stichtag des 2.3.1850 - auch bereits von mehr als 40 Reaten (Anklagepunkte), die gegen HM bereits vorlägen, sodass mit einer Verurteilung des MH mit Sicherheit zu rechnen wäre.
Der Regierungskommissar fasste die schiere Menge der Akten folgendermaßen zusammen:

ber diese strafrechtlichen Untersuchungsakten und hierher gehörigen polizeilichen Untersuchungsakten sind beim k. Landgerichte dahier 42 Faszikel (=Aktenbündel) erlaufen, welche die Höhe eines Tisches einnehmen, von dem k. Regierungscommissär durchgesehen und mit der vom k. Landgericht Kötzting zunächst dem geprüften Rechtspraktikanten Adolph Desch mit größtem Fleiße und vorzüglichster Sachkenntnis so bündig als möglich angefertigten chronologischen Zusammenstellung vom 3. des Monats verglichen wurde, wobei man die Überzeugung gewann, daß diese Zusammenstellung auch vollkommen wahrheitsgemäß abgefasst ist.

Bei den folgenden Blogbeiträgen über den Räuber Heigl werden wir zunächst diese beiden Zusammenstellungen zusammenführen, also sowohl die polizeilichen und die strafrechtliche Auflistung. Dieses Datengerüst wird dann jeweils ergänzt durch die Berichte der Gendarmeriestationen, die Reaktionen von Seiten des Landgerichts mit all den manchmal sehr hilflosen Erklärungsversuchen, warum dieser Mensch noch immer nicht gefasst werden konnte.

Seit Ende April 1843, nach seiner Entweichung gesucht, kommt es im Wirtshaus von Schönbuchen zu einem ersten Aufeinanderprallen mit der Obrigkeit. 
Die Staatsanwaltschaft stellte den Sachverhalt kurz und prägnant so dar: "Verbrechen der Widersetzung in idealer Conkurrenz mit dem Vergehen der Körperverletzung, verübt an dem Gerichtsdienersgehilfen Stangl im Wirtshause zu Schönbuchen." Entsprechend dem damaligen Strafgesetzbuch forderte die Staatsanwaltschaft alleine dafür bereits 4-8 Jahre Arbeitshaus.

Im selben Jahr fanden sich bei einer Hausdurchsuchung bei dem Häusler Josef Amberger in Watzlhof "verschiedene Gegenstände", die Diebstählen zugeordnet werden konnten. Das Ehepaar und die Kinder gaben an, dass die Gegenstände von Einbrüchen des MH stammten und sie diese nur verwahrt hätten. Dafür spräche auch, so die Staatsanwaltschaft, "der häufige Aufenthalt des Heigl in diesem Hause und sein mit Mutter und Tochter unterhaltenes Concubinatsverhältnis."

Es wird 1844 und am 8.1. werden MH und seine Freundin Anna Maria Gruber im Wirtshaus zu Heitzelsberg gesehen und auch, dass sie anschließend in Richtung der "Bleiche" gingen, wo sie die Wäschestücke des Bauern Josef Schreiner entwendeten, die dort frei in der Sonne lagen. Bereits eine Viertelstunde nach der Beobachtung des Paares wurde der Diebstahl entdeckt. Aufgrund des Wertes der Waren wird dieser Diebstahl bereits als Verbrechen eingestuft.

In der Nacht vom 21. auf den 22. Juni 1844 kommt es zu einem Einbruch beim Metzger Wolfgang Zachmann in Grafenwiesen. Im Nachgang zu diesem Einbruch kam es fast zu einem Aufgriff.

Am 23. Juni d. Jhrs traff eine Gendarmerie=Patrouille beim sogenannten Bergpritzl den flüchtigen Verbrecher Michael Heigl und dessen Concubine, die durch die Flucht entkamen.
Man fand eine ziemliche Quantität Schaffleck daselbst vor nebst anderen Effekten. Kein Zweifel, daß sie von den dem erwähnten Metzger entwendeten Schafhammeln herrühren u. Heigl den Diebstahl verübte. Beruht auf der Vernehmung des Heigl"

Detail aus der Uraufnahmenkarte ca. um 1831 aus Bayernatlas.de
Hier das Laumerhaus und der "Bergpritzl" beide Anwesen stehen auch für die "Wohnstätten" der Therese Pritzl, heutzutage genannt die "Roude Res"

Am 28. Juni 1844, also nur wenige Tage später, nutzt MH erneut die günstige Gelegenheit und schnappt sich in der Sonne zur Bleiche ausgebreitete Leinwandstücke. Interessant an dieser Sache ist besonders der Hinweis der Staatsanwaltschaft, dass solch einem Diebstahl als erschwerend angesehen werde, weil diese "Gegenstände unter einem besonderen Schutz des Gesetzes stünden." Der Geschädigte war der Bauer Paul Schlamminger aus Bärndorf.
Ein Tatzeuge beschrieb den Täter mit so genauen Einzelheiten, dass es keinen Zweifel darüber gab, dass es MH gewesen war, da "insbesonders diese Person im Gesicht zerkratzt war, und Heigl kurz zuvor bei einem rencontre mit dem Gerichtsdiensersgehilfen Stangl solche Gesichtsverletzungen erhalten hatte. Die Weibsperson glich der am 29. Juli d Jrs. eingelieferten Anna Maria Gruber."
Zusätzlicher Hinweis in den Akten : "Beruht auf seiner Habhaftwerdung beziehungsweise Vernehmung. Anna Maria Gruber befand sich also nun - zeitweise - in Polizeigewahrsam

"Diebstahl mit Einbruch - an sich Verbrechen - dem Betrage nach Vergehen 14 fl 34 xr zum Schaden der Bauerswittwe Walburga Weiß von Arndorf verübt am 15. Juli".
Überführt wurde MH in diesem Falle dadurch, dass die Mutter seiner Geliebten mit den entwendeten "Gegenständen" gesehen wurde.

Den nächsten "Bruch" musste er beim Kötztinger Hutmacher Josef Gulder verübt haben - Wert 33 Gulden. Überführt hatte ihn dabei die Tatsache, dass bei der Verhaftung seiner Geliebten, Anna Maria Gruber, sich bei Ihr Gegenstände fanden, die aus dem Einbruch stammten. 


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Das Haus des Hutmachers Josef Gulder - heutzutage mitten im Markt Kötzting am Spitalplatz gelegen - war damals ein richtiger Außenposten der Kötztinger Bebauung. Weiter draußen kam damals nur noch die freistehende Wiesmühle.

Der nächste Diebstahl fand in Vordereschlsaign statt, eine gewaltsamer Einbruch beim Bauern Josef Aschenbrenner. Auch hier gelang die Überführung durch Funde, die sich bei der Gefangennahme der Anna Maria Gruber ergaben und diese dabei nicht belegen konnte, dass sie diese Gegenstände legal hatte erwerben können.

Weiter geht´s in Grub, beim Gärtner Paul Dimpfl wird eingebrochen und auch von diesem Raubzug finden sich Gegenstände bei Anna Maria Gruber, die allerdings hier angab, sie hätte diese vom Michael Heigl geschenkt bekommen.

 Der letzte Tatort des Jahres 1744 befindet sich in Hohenwarth und der Geschädigte ist der Austragsmüller Dionys Höherl. Diesen Diebstahl hatte Heigl wohl zusammen mit mindestens einem Komplizen durchgeführt, denn einer seiner Mittäter - Simon Kreuzer mit Namen - hatte nach seiner Entlassung aus dem Arbeitshaus zugegeben, bei dem "Bruch" dabei gewesen zu sein und "seine genauen Lokalkenntnisse und Personalwissenschaft lassen an der Wahrheit seiner Behauptungen nicht zweifeln".

All diese bisherigen - detaillierten - Einzelbeschreibungen - kurz zur Erinnerung - sind Teil der Vorbereitung der Staatsanwaltschaft auf den Strafprozess - enthalten jeweils am Ende den Hinweis:  "Beruht auf der Vernehmung des Heigl"

Gleichzeitig gibt es natürlich auch noch die Protokolle der Gendarmeriestation, wo sich Anzeigen und Arbeitsnachweise vermischten.

31.1.1844 wurde der Bauer Josef Milbauer von Oberhudlach wegen nächtlicher Unterschlupfgebung des flüchtigen Michael Heigl durch Brigadier Hertwich angezeigt.

8.3.1844 wurde der Bauer Josef Karl von Kolmberg wegen nächtlicher Unterschlupfgebung des flüchtigen Heigl durch Brigadier Bichler angezeigt.

10.4.1844 wurde dem flüchtigen Heigl bei einer Verfolgung im Walde ein Mantel und sonstige Effekten durch Gendarm Bichler abgejagt und mittels Anzeige eingeliefert.

16.5.1844 wurde Michael Heigl wegen Uhr- und Schuhmacherwerkzeug Diebstahlverdachts zu 18 fl. Werts durch Brigadier Hartwich angezeigt

23.6.1844            wurde der Söldner Josef Geiger von Gotzendorf wegen Diebshehlerei und Unterschlupfgebung des flüchtigen Heigl mit Effekten durch Brigadier Hertwich arretiert.

Im Jahre 1844 bereits versuchte die Polizeibehörde - allerdings vergeblich - das Umfeld Heigls auszutrocknen, hatte aber noch keine Vorstellung davon, wie groß und umfangreich das Unterstützerfeld Heigls damals bereits (oder grundsätzlich) war.

In der Auflistung der Staatsanwaltschaft ist auffallend, dass vom Sommer 1845 bis zum Herbst 1846 keinerlei - nachgewiesene - Straftaten Michael Heigls aufgeführt sind.
Ähnlich gelagert ist es bei den Polizeiakten, auch dort gibt es eine "Fund"leere vom Sommer 1844 bis Herbst 1845. 

17.11.1845          Gendarmerieanzeige:  Verhaftung des Josef Dobmeier von Watzlhof der Verbindung mit Heigl verdächtig und wegen Müßiggangs angezeigt. War mit Heigl im Wirtshaus zu Thenning zusammen mit Josef Schuderer von Thenning.  beide wurden verhaftet:  Strafe Dobmeier  18 Tage im Gefängnis und 15 Rutenstreiche Schuderer 10 Rutenstreiche im Berufungswege erlassen aber sofort für 4 Monate ins Arbeitshaus

Dies passt nun zeitlich genau mit dem Amtsantritt des neuen Landrichters Carl von Paur zusammen, dessen Amtsantritt der Oktober 1845 gewesen war und offensichtlich schnell daran gehen wollte, den Problemfall Heigl sich vom Hals zu schaffen.

Carl von Paur, der neue Kötztinger Amtsrichter

Jede Person, der ein Kontakt oder Unterstützung des MH nachgewiesen werden konnte, wurde nun zum Ziel der Verfolgung.

13.12.1845          Michael Fechter ledig aus Gotzendorf des Umgangs mit Heigl dringend verdächtigt Strafe: muss sich innerhalb von 8 Tage um eine Bauernsarbeit annehmen bei Vermeidung körperlicher Züchtigung.
Einschub
Diese von Seiten des Landgerichts kategorische  - um eine körperliche Bestrafung zu vermeiden - Aufforderung, sich eine Arbeitsstelle zu suchen, steht im krassen Gegensatz zu der Lageanalyse desselben Landgerichts, dass es für die viel zu vielen heranwachsenden jungen Menschen im "Waldrevier" keinerlei Arbeitsmöglichkeiten gab und ausserhalb der Heimat auch nur in den Sommermonaten.
Einschub Ende

15.11.1845          Gendarmerieanzeige:  Heigl war am 12.11.im Wirtshaus zu Thenning , trank, aß und ließ sich aufspielen  durch die Musiker Wolfgang und Franz Brandl von Ansdorf. Strafe: Wirt Geiger 5 fl.  und in die Kosten des Beschlusses verurteilt, den beiden Musikern wurden die Patente entzogen und 3 Tage in Arrest. Dieses "Schurkenstück" Heigls in aller Öffentlichkeit war vermutlich der Grund, dass der neue Landrichter eine große Suchaktion gestartet hatte.

12.12.1845          "Johann Liebl, Inwohnerssohn von Hundzell, Gemeinde Ansdorf, angeschuldigt mit Heigl vom Wirtshause zu Thenning auf das Wirtshaus zu Schönbuchen in Gesellschaft von Musikanten gezogen zu sein.>>>> 8 tägiger Polizeiarrest und ein ganzes Jahr unter Polizeiaufsicht gestellt.

17.12.1845          Suche unter Leitung von Carl von Paur :  "unter größtem Eifer" von 2-8 Uhr früh mit Gendarmerie, Forstpersonal und Gerichtsdiener, Suche nach den Schlupfwinkeln in den Gemeinden: Gotzendorf, Arndorf, Grafenwiesen und Ansdorf. Erfolg: erfolglos

20.12.1845          Josef Schreil  Häuslerssohn von Reitenstein der Teilnahme und Verbindung mit Heigl verdächtig, wurde vernommen und anschließend unter strenge Polizeiaufsicht gestellt.

Seine Freundin Anna Maria Gruber kommt wieder frei:

Die im Sommer 1844 verhaftete Anna Maria Gruber wurde danach verurteilt und ins Arbeitshaus gesteckt, wovon sie erst im Dezember 1845 wieder nach Hause zurückkehren durfte, dabei war es aber nicht geblieben: Lapidar heißt es in der Zusammenstellung der Gendarmerie:

Dezember 1845          "Die aus dem Arbeitshause zurückgekehrte Geliebte Anna Maria Gruber ledig von Reitenstein,  Gemeinde Arndorf, zog neuerlich die Aufmerksamkeit des Gerichts auf sich. Da sie in einem ständigen Dienst nicht treten konnte, wurde durch Beschluss vom 20.Dezember 1845 ihre neuerliche Einschaffung ins Zwangsarbeitshaus beschlossen und sie sofort dahin abgeliefert. Dieser Beschluss aber durch hohe Regierungsentschließung vom 14/19 Jänner 1846 außer Wirksamkeit gesetzt."

21.3.1846            "Anzeige der Anna Maria Gruber bei Amt, dass sie von Heigl, mit dem weiterzugehen sie sich geweigert, arg misshandelt worden und er im Berghäusl bei Arndorf sich aufhalte

8.10.1846            Anzeige durch Brigadier Haas, dass Heigl in Gesellschaft des Anton Pritzl, Dienstknecht beim Bauern Vogl in Gotzendorf gesehen worden sei.

9.10.1846            die beiden Dienstknechte Anton Pritzl und Michael Bilmayer von Gotzendorf wegen gefährlicher Verbindung mit dem flüchtigen Heigl durch Brigadier Haas angezeigt.

18.10.1846          wurde dem flüchtigen Heigl in einer Waldung durch die beiden Gendarmen Baumann und Süß durch Verfolgung eine Pistole und Effekten abgejagt und mittels Anzeige eingeliefert.

19.10.1846          wurde Michael Heigl wegen ausgestoßener gefährlicher Drohungen über die Gendarmerie durch Brigadier Haas angezeigt.

20.10.1846          wurde der "Wirt Josef Mühlbauer von Liebenstein wegen unangezeigter Aufenthaltsgestattung und verdächtigem Unterschlupfgeben der flüchtigen Michael Heigl und Pongratz durch Gendarm Baumann angezeigt".

22.10.1846          Anzeige der Gendarmeriebrigade Kötzting: Heigl und sein Komplize Josef Pongratz vulgo Maulaffenhiesl wurden durch Gendarmen Baumann im Wirtshaus zu Liebenstein angetroffen, konnten sich aber widersetzen und wegen der Hilfe der Wirtsleute entkommen.>>>> der Wirt Mühlbauer musste nach eingehender Untersuchung 3 Gulden Strafe zahlen.

25.10.1846          wurde Michael Heigl wegen mutwilligen scharfen Schüssen nach dem Häuslerssohn Michael Asam von Reitenberg durch Brigadier Haas angezeigt.

Bereits zwei Wochen vorher war Heigl bei einer Verfolgungsjagd eine Pistole "abgejagt" worden, kurz danach hatte er vor Zeugen Drohungen gegen den Brigadier Haas ausgestoßen und nun hatte er -aus Rache gegen diesen einen und gleichzeitig als Warnung an alle andere - sogar auf einen Menschen geschossen. Damit hatte er aber endgültig die Grenze zwischen einem kleinen Ganoven mit Gelegenheitsdiebstählen und einem Verbrecher überschritten.
Jetzt beginnt auch die Phase, ab der man von einer "Räuber Heigl Bande" sprechen konnte, denn ab nun ist er bei den vielen seiner "Aktionen" im Verein mit wechselnden Spießgesellen. Hier ist erstmals sein Komplize Josef Pongratz aus Kager, vulgo Maulaffenhiesl, aufgeführt, der allerdings schon im Jahre drauf aufgegriffen und auch separat abgeurteilt wurde.

Dass sich die Aufgriffe von jungen Männern - wegen Unterstützung des MH - im Landgericht Kötzting gerade immer im Herbst häuften, hatte sicherlich auch eine Ursache darin, dass diese, wie Carl von Paur in seinem unten folgenden Bericht beschrieb, im Sommer sich im Gäuboden verdingten, dann aber, nach der Erntezeit, mittellos und ohne jegliche Aussicht auf eine Verdienstmöglichkeit sich wieder in der Heimat einfanden.

 

Vermessungsamt Cham Liquidationsprotokoll
Schaut man sich diese Detailaufnahme genauer an, so finden sich eigentlich auf der ganzen Karte Wald und wieder Wald. Inmitten des Waldgebietes, das fast die komplette Karte ausfüllt, finden sich ein paar kleine Inseln von Besiedelung.
Aus dem Laumer/Pritzlhaus stammte seine spätere Freundin Therese Pritzl, ihr Vater war schon vorher einer von Heigls Hehlern und Unterschlupfgeber gewesen. In Waid, beim Schillinger wohnte zeitweise seine erste Geliebte Anna Maria Gruber, mit der er sich übrigens später offensichtlich wieder weitgehend versöhnt haben musste, da sie im großen Heiglprozess auch eine der Angeklagten gewesen war. 
Dann gab es da noch sein Lieblingslokal in Schönbuchen und dazwischen jede Menge an Wegen, Schleichwegen, Gebüsch, Wald und damit gute Versteckmöglichkeiten.

Am 12.11.1846 schrieb Carl von Paur an das Gendarmeriekommando von Niederbayern und bat um Verstärkung seiner Gendarmeriemannschaft.
Zuerst bedankt sich v.Paur beim Kommando, dass diese Behörde ihm bereits bei seiner Ankunft eine so gut ausgebildete Gendarmeriemannschaft zur Verfügung gestellt hatte, jedoch "vermag die Brigade ungeachtet der rastlosesten Anstrengung kaum die Masse des liederlichen und diebischen Gesindels im Zaume zu halten. Daher der Antrag einer Station mit 3 Mann im Markte Neukirchen."
Weiter führt er aus: 
"…dass das Gerichtsbezirk mit sehr hohen Bergen und vielen großen zusammenhängenden
Waldungen
durchzogen für den Kontrolldienst insbesondere im Winter bei der sehr tiefen Schneelage einer der beschwerlichsten Bezirke im Kreise ist. Dieses so ungünstige Terrain Verhältnis erschwert den Sicherheitsdienst wesentlich und ,macht es dem arbeitsscheuen und diebischen Gesindel möglich sich der Aufsicht zu entziehen, und so allein nur ist es erklärbar, dass sich Diebe und Verbrecher als namentlich Michael Heigl von Beckendorf und Josef Pongratz, vulgo Maulaffenhiesl, von Kager, 5 Jahre lang größtenteils im Freien halten und dem Aufgriffe sich entziehen konnten. Derlei Gesindel bewohnt Höhlen und Schluchten auf den Waldbergen, die nicht leicht auf findig und schwer zugänglich sind.

Es wurden im heurigen Sommer und erst jüngst wieder solche Schlupfwinkel auf dem Hohenbogen
 von der k. Gendarmerie entdeckt und zerstört. Ferner ist ein großer Teil der jüngeren Bevölkerung namentlich die Söhne der Inwohner den Winter über beschäftigungslos, da die Bauern dieser Gegend, nur sehr wenige ausgenommen, keine Dienstboten halten und ihre ökonomischen Arbeiten größten
Teils durch die Inleute verrichten lassen. Die Söhne dieser Inleute fuhren den Sommer über im Flachlande Verdienst als Ökonomietaglöhner, oder sie arbeiten bei Eisenbahn und Festungsbauten und kehren im Spätherbst in die Heimat zurück, in der Regel ohne Ersparnis, und leben zudem von unsicherem Erwerbe.
Die vielen Inwohner sind ein wesentliches Hindernis der Sicherheit, da sie die Diebereyen durch Diebshehlerei oder Verschleppung gestohlener Effekten begünstigen.
Weiters ist zu berücksichtigen, dass das Landgericht einer größten Ausdehnung nach an die böhmische Grenze anliegt, an welcher der sehr demoralisierende Schmuggelhandel bei Tag und Nacht betrieben wird, der viele Einwohner, namentlich rüstige Burschen, vom ehrlichen Verdienste ab und zu einer vagierenden Lebensweise hinzieht.
Den unter Polizeiaufsicht gestellten Personen angemessene Beschäftigung zu geben ist teils wegen Mangel an Arbeitsgelegenheit teils wegen Scheu der Gefahr bei Aufnahme solcher Personen in ein ordentliches Haus gar nicht möglich, sie sind daher mehr oder minder auf unsicheren und unredlichen Erwerb angewiesen.
"

Nun wurde, noch im Herbst 1846, angeordnet, dass bei der Reparatur der Distriktstraße von Kötzting nach Lam, welche die von Heigl gefährdeten Bereiche durchschneidet, die Auslichtung des an die Straße stoßenden Waldes auf die verordnungsmäßige Distanz von 15 Schritten zu geschehen habe.



Am Ende noch der link auf die bisher veröffentlichten Teile zum Thema Räuber Heigl

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