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Freitag, 19. April 2024

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 71 beim Kollmaier

   Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden. 

 

Alte Hausnummer 71

beim Kollmaier


Sammlung Serwuschok, Luftaufnahmen
Hier das mächtige, fast einem Vierseithof gleichende Anwesen Kollmeier/Meimer

Auszug aus der Uraufnahme von 1831 aus Bayernatlas.de


In diesem Beitrag zur Kötztinger Häusergeschichte gibt es auch ganz besondere Themenschwerpunkte,
unter Anderem

  • Die Entstehung und Baugeschichte des Kötztinger Ortsteils jenseits der Regenbrücke.
  • Der Streit des Regensburger Bischofs v. Senestrey mit dem Bürgermeister Christoph Kollmaier.
  • Die Verweigerungshaltung des Christoph Kollmeier beim Zusammenschluss der Eisenbahnen.
  • Die Diskothek Cockpit: Die Rechte der Anwohner contra die Wünsche der Disko-Besucher

Aber alles zu seiner Zeit
In den Gerichtsurkunden des Landgerichts Kötzting, die im Hauptstaatsarchiv in München liegen, ist einer der Zeugen beim Verkauf der Sagmühle - geschehen nach 1409 -  ein Mann namens "Peter der Lederer". Da aber das Anwesen, um das es hier geht, zu der Zeit noch gar erbaut war, muss dieser Lederer sein Gewerbe auf einem ganz anderen Haus ausgeübt haben.

Während es bei manchen vorherigen Anwesen schade gewesen ist, dass die Steuerlisten vor 1672 nur Marktlehner und Söldner - und keine Häusler - berücksichtigten, ist es in diesem Falle ein großer Vorteil, weil der Zusatz "Lederer" in den alten Steuerlisten hier eindeutig auf unser Haus zuzuordnen ist.
Der erste - sicher - nachgewiesene Lederer auf diesem Haus stammt aus einer Steuerliste des Klosters Rott aus dem Jahre 1586 und diese war ein Andreas Märkl.
HStA München Kl Rott 10  von 1586
Hier fehlt zwar der Zusatz Lederer, aber hier hilft der vergleich zur Liste von 1610 weiter, in der dieselbe Besitzerfolge, nun aber mit dem Zusatz Lederer sich findet.
Die Reihenfolge ist:
Sagmühle
Wiesmühle
Märkl
 
HStA München Kl Rott 113 von 1610
Dieselbe Reihenfolge
Sagmühle
Wiesmühle
Lederer Märkl

Andreas Märkls Kampf um seinen gerechten Anteil an den Kötztinger Marktfreiheiten
   oder
Wie und wann ist der heutige Spitalplatz bebaut worden?


Dieser Andreas Märkl ist für die Häuserchronik ein kleiner Glücksfall, weil er sich mit dem Kötztinger Markt einen Rechtsstreit liefert, der uns einen Blick auf Zeiten ermöglicht, als der heutige Spitalplatz noch Kötztings Neubaugebiet war.
Andreas Märkl beschwerte sich bei der Regierung in Straubing, dass der Kötztinger Magistrat ihm verbieten wolle, eine eigene Brauerei zu bauen und das Bier dann auch auszuschenken, obwohl dies seine Vorbesitzer bereits seit 20 Jahren gemacht hätten.

Andreas Märkls Angelegenheit wird in Straubing ganz oben verhandelt, weshalb auch der "Vizdomb" in Straubing, der direkten Vertreter des Münchener Herrscherhauses bei der Regierung in Straubing von beiden Seiten  angeschrieben wird.
StA Landshut Regierung Straubing A 4066

Die Antwort des Kötztinger Magistrats:  eingegangen in Straubing am 18.1.1588 richtete sich an den "wolgeborenen Herrn Christoff, Grafen zu Schwarzenberg, Herrn auf Sochenlandt Perg Vizdomb: auch andern wolgebornnen...." Der "Briefumschlag hat sich erhalten und auch die darauf formulierten Folgen: Dennen von Kötzting Berichtr


Der Magistrat, von Straubing zu einer Stellungnahme aufgefordert stellt zunächst fest, dass es im Markt nur drei Brauereien gäbe, das Marktbrauhaus, das des Michael Kiener und das eines Wolf Raab. Der Magistrat bestreitet auch die Angaben des Märkl, dass bereits seit 20 Jahren Bier auf dessen Haus gebraut worden wäre,  und führt dazu als Beleg die Baugeschichte des Hauses an. 
StA Landshut Regierung Straubing A 4066

"das solche Behausung allerwerts bei 30 Jahren ausserhalb des Marckhts Torr, Ennerhalb der Pruckhen, und des vor dem Marckht fürrinnenden Wasserstrambs der Regen genannt, durch ainen Namens Stefan Zackher so aber seihero im Beham gestorben, auferpauth worden...

Vor ungefähr 30 Jahren hätte also ein gewisser Stephan Zackher - der mittlerweile in Böhmen verstorben sei - das Haus erbaut und es an den Vater des Supplicanten - ebenfalls Andreas Märkl - verkauft, dort eine Lederwerkstatt errichtet und dort bis u seinem Tode als Lederer gearbeitet hätte.
Es sei zwar richtig, dass man seinem Nachfolger und dem Stiefvater des Antragsstellers, Hans Schlederer, vier oder fünf Jahre lang erlaubt habe, mit seiner eigenen Gerste im Marktbrauhaus den einen oder anderen Sud  Märzen oder Sommerbier zu brauen.
Und dann holen sie weiter aus:
StA Landshut Regierung Straubing A 4066

"Wie dann auch die Warrhaitt das aus seinem Schennkhen anderst nichta alls gross Ybel zuegewarten, das Gemaine Volkh, so zu Nachts von dem Drunckh aus dem Marckht haimbkhert, sich alleort in dises Lederhaus einnsezt ernstlich ....... "
Die Kötztinger "Innenmarktler" hatten also Angst, dass ihre Spätheimgeher unkontrolliert beim Lederer einkehren würden.

Einschub, es war damals bei einem offiziellen Schriftverkehr - vor allem mit öffentlichen Stellen - üblich bei jedem Antwortschreiben zunächst die Argumente der Gegenseite anzuführen - vermutlich um zu zeigen, dass man deren Argumentation zumindest inhaltlich aufgenommen habe, auch wenn man diese nicht teilte.
Bei Andreas Märkls Antwort - ihm wurde von Straubing das Schreiben des Magistrats zugeschickt, mit der Bitte um Stellungnahme -  geschah genau dies, jedoch mit dem Zusatz, ihm wäre die Antwort der Kötztinger Räte " der Lennge nach fürgelesen worden". Märkl konnte also weder lesen noch schreiben.
Einschub Ende

Dann meinte er es sei für ihn beschwerlich, von seiner Obrigkeit zu hören, dass diese ihm, als einen "bey Innen in Marckht erzognen Bürgerkind ...von der Freyhait, Nuz und Wolfart" ausschließen wollten.
Nur aus Missgunst wollt diese "die Preuung des Praunen Piers", die sein Stiefvater 15 und er, nicht  3 sondern bereits 5 Jahre lang "unverwehrt und ungeengt" betrieben habe, nun verbieten.
Märkl zitiert nun als zweites Argument Teile des Freiheitsbriefes, und zwar den Teil, der die Rechte eines Besitzers eines Burglehen - später Marktlehen genannt - genauer definiert und es solchen Marktlehners auch erlaubt " mehrerlei Handtierungen" - also Berufe - auszuüben, wie es im Übrigen andere Kötztinger Bürger auch machen würden.
Zum Dritten meint er, es gäbe im Markt, was das Bierbrauen anginge, keine Zunft und dieses wäre auch sowohl nach der alten als der neuen Polizeiordnung nach kein Handwerk.
Es wäre seiner Meinung nach also unwichtig, ob sein Anwesen jenseits der Brücke oder innerhalb des Marktes stehe, sondern es ist, wie jedes andere Burglehen auch, dem Marktmagistrat als Obrigkeit unterworfen, "wie dass auch außer deß Thorr woll Rhatsherrn sizen"
Zudem hätte zuerst sein Stiefvater und danach er auch das Weißbier ausgeschenkt und es hätte all die Jahre keinerlei Beanstandungen gegeben.
Märkls Antwort wiederum geht zurück an den Magistrat, damit diese auf seine Argumenten im Einzelnen eingehen konnten und so antworten sie Punkt für Punkt.
1. Märkl könne nie und nimmer beweisen, dass sein Anwesen ein Brauhaus gewesen sei. Kategorisch verneinen sie, dass in diesem Hause jemals - weder vom Vater, Andreas Märkl, der 9 Jahre auf dem Anwesen gelebt hatte, noch vom Stiefvater oder von ihm selber - "das preuwerch, vilweniger das Schanckhen oder Gastgöberey getieben" worden war.
Er habe "doch auch jerlich nur ain Preu oder 2 Sommerpier maistentheils seinem fürgeben nach zue Pössern Undterhaltung Reverendto deß Viechleins Im Gemains Markhts Preuhaus absiedten lassen".
Dies wäre ihm auch nur wegen "gueter Nachbarschaft"so gewährt werden, wie die Kötztinger es auch mit den "benachbarten Landsassen" so halten würden, die "zu deren Hausnotturfft ain Preulein im bedacht unserem Preuhause durch unseren bedingten Preumaister abzusiedten bevollmächtigt" würden.
Märkl müsse unter Eid bekennen, dass er erst in diesem Jahre angefangen habe, in seinem eigenen Hause auszuschenken.
2. Schon vor 30 Jahren habe der Markt mit Steffan Zagkher, der dieses Haus erbaut hatte, ein langwieriges  Verfahren geführt, am Ende dessen Zackher sein Vorhaben abgeblasen  und danach eine Rotledererwerkstatt errichtet hatte.
Märkl solle nur versuchen,  das Gegenteil zu beweisen.
3. Der Freiheitsbrief werde ihm wenig helfen, weil dieser nicht auf die "neuen vor dem Marckht ausserhalb Tors aufgerichte Heuslein, sondern auf die inn dem Marckht loigende Hausungen, welche nach vermög derselben vor Jaren nicht wenige Gevarn und Noth yberstehen müessen, mit Gräben, Polwerch umbfangen, oren zugeordneten Törrern eingeschlossen gemainth sein."
Wenn dem Märkl Recht gegeben werde, würde bei denen, "die vor und ausserhalb des Marckhts , Ja gar jehnseits der Pruckhen: und des Wassers steete Heuslein, welche all ganz auferbauth und derselben Innhaber alberaiths auf ererdterung diser Handlung warttren und hoffen" ein noch größerer Widerwillen entstehen und als Folge "die im Marckht habenten Heuser .... zur Abschleipfung gebracht."
4. Wäre im Ledererhaus erst ganz neulich ein Kötztinger Bürger - Wolf Pain mit Namen - ganz "ehrenrührig" angegriffen worden und sich auch "Tummolten und Aufruehren" sich zugetragen hätten und als die Obrigkeit einschreiten wollte, hatten sich die "Aufrührer davonn gemacht.".
Schließlich würde zur "Genuegthuung und Erhaltung guetter Ordnung  - auf ANordnung des fürstlichen Landrichters - .... nächtlich nach Leuttung des Hussaus oder umb die acht Uhrs inn die Wirtsheuser gehen sollen" .  Es wäre doch zu beschwerlich, wenn sie "gar aus dem Marckht für die Thorr ybers Wasser in dieses yezt strittige Haus gehen müssten", um dem landrichterlichen Auftrag zu genügen.
Nach Wiederholung aller vorheriger Argumente forderten die Räte, Märkl solle seine Forderungen mit Urkunden belegen und schlussendlich solle Straubing den Kötztinger Landrichter auffordern, sich vor Ort - beim Märkl - zu überzeugen dass dort nie ein Brauhaus existiert hatte.

Nun ist der Ball wieder zurück bei Märkl, der darauf besteht, dass er und sein Stiefvater sich, unter Berufung auf die Märktischen Freiheiten - und nicht nur auf Grund guten Willens von Seiten des Magistrats - , bereits seit über 20 Jahren Weißes und Braunes Bier ausgeschenkt hätten, was mit den Brauregistern wohl leicht zu beweisen wäre.
Darüber hinaus hätte er bei Erbauung des märktischen Brauhauses auch seine "Contribution" geleistet, die auf ihn fallende Scharwerk "mit Ross und menath" verrichtet, was beweise, "daß er der Gemain und nit den Auslendern zuegehöre".
Wenn dem so wäre, wie der Magistrat argumentierte, so bräuchte man dem Magistrat keinen gehorsam zu leisten. Man müsste ihm auch weder "Steuer noch Wacht oder andere Anlagen" geben und auch keine "Gräben oder Polwerch .machen".
Über das Argument des Magistrats mit dem Markttor (Auf  bzw. vor der Brücke) kann er sich nur lustig machen: "So ist in vill langen Jharn khain Thorr ingehenckht"
Sein Argument ist ziemlich schlüssig, dass er, wenn er schon allen Verpflichtungen aus dem Kötztinger Bürgerrecht nachkomme, er dann auch alle rechte davon in Anspruch nehmen dürfe.
Der Akt endet mit einem Schreiben der Regierung vom 4.Mai 1588, in dem es dem Rentmeister bei seinem folgenden Umritt aufgetragen wird, die Angelegenheit vor Ort zu überprüfen und auch zu entscheiden.
Auch wenn wir die endgültige Entscheidung des Gerichts nicht kennen, so bleibt doch festzuhalten, dass in der nächsten - überlieferten - Steuerliste des Klosters Rott das Anwesen des Lederers Andreas Märkl als ein sogenanntes Marktlehen aufgeführt ist, und des damit - neben der Handwerksgerechtigkeit - eigentlich auch ein uneingeschränktes Brau- und Schankrecht zugesprochen bekommen haben müsste. Ein Marktlehen ohne Braurecht gab es in Kötzting nicht.

Was uns dieses Verfahren weiter noch übermittelt, ist, dass der ganze Bereich, den wir heute Spitalplatz nennen, erst im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts entstanden ist. Somit ist vermutlich auch erst in dieser Zeit die Wiesmühle - in den vorherigen Steuerlisten manchmal noch als Wissing bezeichnet - auch in die Zahl der Kötztinger Anwesen integriert worden.

Stefan Zacker



 Wir wissen durch diesen Prozess also, dass ein gewisser Stefan Zacker das Anwesen ungefähr um das Jahr 1555 im - vermutlich ziemlich sumpfigen - Bereich vor der Regenbrücke und außerhalb der Kötztinger Marktbefestigung errichtet hatte und sich mit dem damaligen Magistrat bereits einen Rechtsstreit geliefert hatte, was ihm als Kötztinger Bürger erlaubt sei zu arbeiten und was nicht.
Vermutlich nach seiner Niederlage hatte er die Ledererwerkstatt - eine andere Beschäftigung war ihm verwehrt geblieben -  an Andreas Märkl - dem Vater - verkauft.

Andreas Märkl


Andreas Märkl, der Vater des Petenten verstarb offensichtlich bereits früh und dessen Witwe heiratete, mit minderjährigen Kindern versehen danach Hans Schlederer, der in dem Akt laufend als Andreas Märkls Stiefvater bezeichnet wurde.

Hans Schlederer


Vin ihm kann man wohl sagen, dass unter der Zeit, als er dieses Anwesen bewirtschaftet hatte, er es schaffte - offensichtlich toleriert vom Magistrat - eine kleines Wirtshaus in seiner Ledererwerkstatt zu integrieren.

Andreas Märkl


Erst als sein Stiefsohn, Andreas Märkl, versuchte die Schraube noch ein Stück weiter zu drehen und eine eigene Braustätte zu etablieren, kam die Rote Karte von Seiten des Magistrats, der nun auch das Schankrecht dieses Anwesens in Frage stellte.
Wie oben bereits ausführlich dargestellt, wurde sein Wunsch zwar abgeschmettert, aber er konnte sein sich schleichend angeeignetes Schankrecht (und Braurecht auf dem Kommunbrauhaus) offensichtlich verteidigen.
In einem Gerichtsakt von 1688 findet sich die Abschrift eines Vertragsanteils aus dem Jahre 1595 zwischen dem damaligen Marktmüller Michael Höhel und den beiden Kötztinger Rotlederern Andreas Märckhl und Hans Khienner.
In diesem Vertrag wurde geregelt, unter welchen Bedingungen die beiden Lederer die Wasserkraft des durch die Marktmühle aufgestauten Regenflusses nutzen durften, um damit ihre Lohmühlen zu betreiben.

Die beiden Lederer, Märkl und Kiener finden sich auch im Jahre 1600 in den Kötztinger Kirchenrechnungen bei den Ausgaben für Beleuchtung; Unschlitt, also ausgelassener Talg war eine günstige Beleuchtungsmethode, vom Geruch wollen wir hier nicht reden.
PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1600
"Ausgab umb Insliecht
Erstlichen von dem Andreen Möärckhl erkhaufft 20 Pfund Innsliecht das Pfund per 6 xr thuet 2 Gulden.
Item von Hannsen Khüerner Rotlederer erkhaufft 27 1/2 Pfund Insliecht, das Pfund per 7 xr thuet
3 fl 1 xr 9 dn."

Georg Märkl


Im Jahre 1620 heißt der Kötztinger Lederer dann Georg Märckl.
HStA München KL Rott

Auch von ihm lässt sich nichts bestimmtes belegen, weil es in diesem Zeitraum auch noch einen anderen Georg Märkl im Markt Kötzting gibt, bei dem es sich aber vermutlich um seinen Sohn, einem Schuhmacher gleichen namens handelt. 
In den Spitalrechnungen von 1638 werden seine Erben genannt.
StA Kötzting Spitalrechnung von 1638

"Bey Georgen Märckhl gewesten Lederers seel Erben, darumben Sebastian Pillich vermög der Gemains Marckhts Insigl aufgerichter Verschreibung, guet lediger Porg Zins Zeit Georgi yber die behalten 25 fl noch 25 fl."
Nur aus einer späteren Gerichtsverhandlung - es ist ein Rosenkrieg zwischen Andreas Österreicher und seiner Ehefrau Eva - wissen wir, das diese eine geborene Märkl gewesen ist, weil ihr Bruder als der Schumacher Georg Märkl angegeben wird.
Es sieht also so aus, als ob Andreas Österreicher eine Tochter Georg Märkls, des Lederers, geheiratet hat.

Andreas Österreicher und Eva Märkl

Im Status animarum findet sich eine ganze Großfamilie für Andres Österreicher und dessen Frau Eva.
PfA Kötzting Matrikel Band 1 Status animarum
"Andre Essterreicher  Lederer                   Eva ux
Hans (Knecht)                                            Wolfgang  Kind
f. (Söhne) Andreas 12                               Anna Magd  
Andre 20 Jahre                                         Tochter Maria 15 Jahre
Wolf 22  "

Es ist bekannt, dass die Einträge im Status animarum von drei Personen - unterschiedliche Handschriften - in den Jahren 1636, 1659 und 1657 erstellt wurden. Hier sieht es so aus, als ob die Anfangsliste aus dem Jahre 1636 nur das Elternpaar und das Kleinkind Wolfgang eingeschlossen hätte. Der sich anschließende Familienbogen stammt dann von 1657 oder 1659.
HStA München Kl Rott von 1638

"Andre Össterreicher Lederer von zwai halben Lehen" 


Andreas Österreicher und Eva Märckl



Diese beiden "halben Lehen" wurden auch von  Adam Türrigl beschrieben und sind für mich zunächst nicht so eindeutig zu trennen. Schaut man jedoch auf die Kötztinger Grundsteuerkataster von 1840, so klärt sich das Bild. Auf der heutigen Spitalseite Kötztings sind im Jahre 1840 nur zwei Anwesen als Marktlehen bezeichnet und zwar die alten Hausnummern 71 und 72.

HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott B5 ca. von 1650:
"Ander Össterreicher burger und Rotlederer alhir, hat ain Behaußung und Ledrer Werkhstatt vor der Pruckhen, sambt dessen Zuegehörung, gegen Balthasar Schöllinger Schwarzfärbers, und sein Össtereichers annderer Behausung ligent, darzue gehört ain halb Markhtlehen mit vachvolgenten Grundt und Poden."

Aus der hier als Einfügung links außen angeführten "Lederer Werkhstatt vor der Pruckhen" wird Jahrzehnte später das heutige "Lukas-Anwesen"
Ander Österreicher besaß aber noch ein zweites Marktlehen auf der "Spitalseite" , dabei müsste es sich um die spätere Hausnummer 72 handeln.


HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott B5 ca. von 1650:
"Ander Össterreicher, hat neben erstgemelt seiner Lederwerchstatt vor der Pruckhen, und neben Wolfen Urman burger und Leinwebers Behausung auf dem Anger, ain Hauß, darzue gehört ain halb Marckhtlehen mit volgenten Grundstuckhen"
 
Es spricht vieles dafür, dass es sich bei der ersten Beschreibung um "unser" Anwesen handelt, da die Ortsbezeichnung "auf dem Anger" beim zweiten Eintrag auf den Schussanger verweist, der sich flussaufwärts befindet und die Hausnummer 72 liegt oberhalb 

Österreicher Andreas erhielt im Jahre 1636 das Kötztinger Bürgerrecht und bereits im Jahre 1637 steht in den Kötztinger Sterbematrikeln der Eintrag eines kleines Kindes der Österreicher. Im Jahr drauf - 1638 - steht der nächste Geburtseintrag eines Sohnes - Andreas -  von seiner Ehefrau Eva.
6 weitere Kinder wird das Paar in Kötzting bekommen.
StA Landshut Rechnungen Markt Kötzting von 1636:
"Einnamb an Bürgerrecht
Erstlichen von Andreen Össterreicher Lederern, welcher sich verburgert, yber den Reichstaller welcher denen vieren Innern Rhats gehörig, noch das Burgerrecht empfanngen 6 fl 30 xr.
"


PfA Kötzting Band 1 Status animarum

Im Status animarum, der Seelenbeschreibung der Pfarrei Kötzting, versucht der jeweilige Pfarrer - es sind zwei Handschriften mit ca. 20 Jahren Abstand zueinander - seine Schäfchen aufzuzählen.
Erste Handschrift ca. 1636
"Anndre Essterreicher Lederer        Eva  Ux: (Ehefrau)
Hannß  ser. (Knecht)                        Wolf (Inf: (Kleinkind)
                                                          Anna anc: (Magd)
zweite Handschrift ca. 1650-1655
"f: (Sohn/Söhne) Ander 12                  filia (Tochter) Maria 15 Jahr
Ander 20 Jahr
Wolf 22 "

Von unserem Lederer Andreas Österreicher haben wir viele Einträge - heutzutage würd man sagen in seinem Strafregister - in diversen Rechnungsbüchern, die auf einen ziemlich impulsiven Charakter des Herren schließen lassen, aber auch einige andere Fundstellen, die ihn wohl als einen wirtschaftlich sehr erfolgreichen Bürger Kötztings ausweisen. Allerdings findet er sich auch öfter auf der Seite des Klägers vor Gericht, nicht nur als Angeklagter.
200 Gulden - 1638 eine enorme Summe Geldes - lieh sich AÖ von der Pfarrkirche


"Auch zu genuegen verschrieben
Von Andreen Essterreicher burger und Rottgerber alhir, ab seinen undterm dato .16. Juny 1638 auf seiner Behausung und Lederwerchstatt vor der Pruckhen verhypothekisierten 200 fl die gilt zu Geörgi empfangen thuet 10 fl."
1639 kam dann der erste "Strafeintrag"

StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1639
"Bluetrunst
Andre Esterreicher Burger und Löderer zu Khözting, hat des Peter Öppen auch burgern und Schuhmachers Hausfrauen mit ainem Steckhen ainen pluetrunsten Schaden zugethan, deswillen sie sich zwar in der Guette miteinander verglichen, aber der Össterreicher gepisst umb 1 Pfund Pfennige thuet 1 fl 8 xr 4 H:
"
1640 war er wohl bereits als Kirchenprobst und ab 1643 auch als Spitalverwalter für die jeweilige dortige Rechnungslegung verantwortlich.
Vermutlich an einem Kötztinger Kirta kamen sich die beiden "Lederhandwerker" gegenseitig ins Gehege:
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1642
"Wolf Stainhauser burger und Rhiemer zu Viechtach, hat in bezächter weiß, an ainem zu Khözting gehaltenen Jarmarckht, den Ander Össterreicher läderern alda, ainen Schelmben, und Hundtsfott verscholten, obs zwahr hernach vor Gericht er Stainhauser in Unwissenheit und bezöchter weiß gezogen, mit vermeldten daß er vom Össterreicher nichts unrechts sondern alles Er, Lieb und guetts wisse. So ist er doch demnach  deshalben gebuesst worden umb 34 xr."

Im Jahre 1650 - vermutlich anlässlich seines Umritts - benötigte der Herr Rentmeister ein zusätzliches Pferd als Vorspann, welches AO lieferte und dafür vom Markt 1 Gulden erhielt.
1650 musste AO sich erneut eines Vorwurf erwehren, dieses Mal gings um den Vorwurf des Ehebruchs.
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1645

"Hanns Khieninger burger und Metzger zue Khözting, hat Andreen Össterreicher auch burger und Lederern alda, in Zohrn unguetlich eines ehepruchs bezügen, weillen ers aber auf widerspröchen des Össtereichers nit beweisen khunden, und der Össterreicher ain scharpfes handwerch, von welchem ainer, einer schlechten Ursach wegen, entsözt werden khann, als ist Khieninger gestrafft worden umb. 2 fl 17 xr 1 h:"
Einschub
AÖ war also in einer "scharfen" Handwerkerzunft. Wäre der Vorwurf des Ehebruchs bewiesen worden, so hätte es sein können, dass AÖ von seiner Zunft ausgestoßen werden würde, daher die hohe Strafe für den Beleidiger.
Einschub Ende
Im Jahr drauf - 1653 - finden sich gleich drei Einträge nacheinander im Pfleggericht.
Es geht los, mit einem eher skurrilen Eintrag über "Hören Sagen" und "Gesehen haben."
Ander Österreicher, Bürger und Lederer zu Kötzting "hat an verschienen unser lieben Frauen Geburttstag zu Weissenregen, gegenüber Jakoben Passauers auch Bürger und Lederer alda Knecht, offentlich vermelt, wo die vergangene Nacht sein Herr gewest, seithemallen er deme vergangene Nacht zwischen 3 und 4 Uhr gegen den Tag durch sein Gassen fahren und mit ainem grossbrennenten Schäb Stro voran leichten gesechen , also in ungleichen verdacht gehalten.
Da er dies aber nicht hatte beweisen können wurde ihm solche Bezichtigung verwiesen und er mit 34 xr. und 2 H. bestraft.
Jakob Passauer war offensichtlich nicht erfreut über diese Unterstellung und " hat gedachten Andreen Österreicher hunderruckhs vor einen khallen und schlimmen Hundt außgerueffen, in sein Esterreichers Behausung geloffen, und umb ihme in Unguetten gefragt, gleichwoll nit angetroffen..."
Strafe 34 xr 2 H.
Als sich beide wegen der Beleidigungen aber gegenseitig - und ohne Einschaltung des Gerichts - miteinander verglichen hatten, wurden beide "wegen ihrer verybten ungebühr zugleich gestrafft per 2 fl 17 xr und 1 H:". Dieses Vergleichen ohne den Richter war das Vergehen, dass die beiden die größte Strafe einbrachte. 
Aus dem Jahr 1654 finden wir einen - für diese Zeit eigentlich unerhörten Vorgang, den Versuch einer Ehescheidung.
Die Vorgeschichte kennen wir zwar  nicht, jedoch scheint sich das Paar wohl gegenseitig Schläge angedroht zu haben und so kommt dann eins zum anderen.....
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1654
"Ander Österreicher burger und läderer zu Khözting  ist bei nacht seinem Schwagern Georg Märkl Bürger und Schuhmacher fir das haus khommen und sein Weib, des Märkls Schwester, weliche 
ihm selbiges mahl wegen betrotten straich entloffen, gesuecht und heraus begehrt, auch in der Gassen auf: und ab geloffen und forthan mit Leib: und Lebens betreffenden Iniurien den Hexerey wider sye geschmecht. hierdurch dann der Märckhl bewegt worden, sich ermelt seiner leiblichen Schwester anzenemmen, dieselb zu defendieren, un den Österreicher, damit man riuehe und Fridt haben möge hinweckh zebringen. Zue solchem Endte mit ainem Steckhen auß dem Haus zu Ihme herauß..."



"Gangen, alldorth sye beede zeraufen khommen, derentwillen sie sich aber hernach miteinander durch andere Leith gietlich vergleichen lassen, yedoch ist offt gedachter Österreicher dessthalber (aber des Märckhl fencknuss straf hernach folio 10 einkhommen) gewandelt umb 1 Pfund Pfennige in Münz 1 fl 8 xr 4 H:"
AÖ konnte also seine Strafe abbezahlen, während Georg Märckl, der Schuhmacher, armutshalber einsitzen musste. 2 Tage saß er "mit geringer Aztung" im Amtshaus.
Nun wird die Sache ernst, denn AÖ zieht vor den Magistrat: "seine Frau Eva habe 2 Messer auf Ihme erkaufft, mit denselben vor seinem Tisch gestanden, sie wolle solches offt in ime stechen, so oft sie es gwünnen kann.
Er habe weder Tag noch Nacht rueh, so hat sie widerumben auf ein neues Truchen und Cästen ausgelärt.
Die Beklagte widerspricht.
Er muss für die Sicherheit der Frau Bürgschaft leisten und wegen der Scheidung werden sie an das Consistorium in Regensburg verwiesen.
Weil er aber keine Bürgschaft geleistet hatte und auch nicht in den Arrest gegangen ist >>>>> : 3 fl Strafe
Abermalen auf die Herrenstrafe gelegt worden, welcher abermallen widerspenstiger weiss ausgerissen: >>>> gestraft worden per 3 fl

Andreas Österreicher und Maria Vogl




Im Jahre 1664 kam es im Hause der Ledererfamilie zu einer Doppelhochzeit. Am 25.8.1664 heiratete Andreas, Sohn des Andreas und der Eva Österreicher, die aus Kummersdorf stammende Maria Vogl und bereits am 4.2.1664 hatte der aus Schönbuchen in Böhmen stammende Hans Markhardt die Tochter Anna Maria geheiratet.
In diesem Doppelereignis sehe ich auch die Ursache für die Besitzaufteilung der beiden Marktlehen, die bis dahin Andreas Österreicher alleine in Händen hatte, ein Marktlehen geht an den Sohn und das andere an den Schwiegersohn. 

Der junge Andreas Österreicher wurde nicht glücklich in seinem Ehestand, schon wenige Monate nach seiner Hochzeit, am 12.1.1665 verstirbt Österreicher Ander, der jünger, und noch im Sommer desselben Jahres wiederverheiratete sich seine Witwe mit Johannes Passauer, den Sohn des anderen Kötztinger Lederers, Jakob Passauer, der damals im oberen Markt im Hause mit der späteren Hausnummer 140  wohnte und arbeitete.

Hans Passauer und Maria Österreicher


 Und so sehen wir nun in der Liste zwischen Markt- und Wiesmühle plötzlich zwei Namen mit den Steuerbeträgen für jeweils ein Marktlehen.
 
HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott R2
In den Schuldverschreibungen der Pfarrkirche Kötzting jedenfalls heißt der Nachfolger Andreas Österreichers schon seit 1665 Hans Passauer.

Zwischen den beiden verschwägerten Paaren war nicht alles Eitel Sonnenschein im Verhörsprotokoll von 1669 findet sich ein Eintrag über folgenden Streit:
HStA München GL Fasc. 1818
"r"


Einschub
Auch Hans Markhardt wurde nicht alt, schon am 15.2.1683 verstarb er und seine Witwe verheiratete sich mit dem ebenfalls verwitweten Adam Türrigl aus Arndorf.
Bei diesem Adam Türrigl nun handelt es sich um den Bruder des vormaligen Kötztinger Probstrichters selben Namens, der die für unsere Häuserchronik so entscheidende Beschreibung der Kötztinger Marktlehen und Sölden geschrieben hatte.
Einschub Ende



8 Kinder bekamen die beiden zusammen, darunter auch eine Zwillingsgeburt.


PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1673

Capitalia 200 fl
Hanns Passauer burger und Lederer alhir, und Maria sein Hausfrauen haben in Erkhauffung Andreen Esterreichers Lederer werchstatt vor der Pruckhen 200 f: ybernommen, welche Sye lauth briefs de dato 26.9bris anno 1665 uf angeregter Werchsatt sambt denen darzue gehörigen halben Marckhtlehens Grindten mit Verziechung weiblicher Freiheiten widerumben annemblich versichert zallen zu Georgii Zinß 10 fl .
"
Von Hans Passauer haben wir einen interessanten Eintrag in der Strafrubrik der Marktrechnungen.
StA Kötzting Marktrechnung von 1675
Zusammen mit dem Hufschmied Hans Prändl zechte HP offensichtlich bei sich zuhause und dabei kamen die beiden vom Streit direkt in eine Rauferei, bei der es auch um den Spruch des Prändl ging: "Solange er, Passauer, ebenso lange im Amthaus liegen müsse, wie er selber, (hier erfolgt ein kleiner Hinweis, dass der eine oder der andere Geld für eine "Schatzgräberei" hergeliehen hätte), dann sei ihm das ganz Recht." 
Da Prandl bei dieser Geschichte den Anfang gemacht hatte, wurde er auch verurteilt und durfte einen Tag und eine Nacht im Gefängnis des Rathauses verbringen.
Hans Passauer findet sich in diesen Jahren als Spitalverwalter und als Marktabgeordneter, der die im Watzlholz geschlagenen Bäume für einen neue Marktwasserleitung zu kontrollieren hatte. Ab 1681 ist er auch als Kirchenpropst nagewiesen, was einer heutigen Kirchenverwaltung entsprechen würde.
 Erneut, wie bereits bei Ander Österreicher wurde auch bei Hans Passauer wegen eines "Lehenpferdes" nachgefragt, für dessen "Ausleihe" auf 4 1/2 Tage nach Straubing HP 1 fl 30 Kreuzer erhielt.
Bereits im Jahre 1676 hatten die beiden 100 Gulden ihrer Grundschuld tilgen können, und es ist schon auffallend, dass das beliehene Anwesen zwar als mit Marktlehensgründen versehen beschrieben ist, aber ansonsten nur als eine "Ander Österreichische Ledererwerchstatt" bezeichnet wird.
HStA München GL Fasc. Nr. 1829
In dieser Liste finden wir eine Reihenfolge an Hausbesitzern, wie sie auch in der Natur aufeinander folgen.
Preuhäußlin  (Markhardt Hanr 72)
Hanß Passauer (Hanr. 71)
Georg Oberstainer (in Hanr 70 aufgegangen)
Schrollinger Färber (Hanr 70)
Wolf Immer (Hanr 69)
Andrä Passauer (Hanr 68)

Im Januar 1688 verstarb der "Innere Rat" Johann Passauer, wird in den Kirchenrechnungen von 1690 aber noch - zusammen mit seiner Frau Maria - als der Schuldner bezeichnet..

Andreas Passauer und Barbara Lärnbecher

Am 23.11.1683 hatte Andreas Passauer, Sohn des Ratsbürgers Jakob Passauer und dessen Frau Margaretha - und damit der Bruder des Hans Passauer - die Müllerstochter Barbara Lärnbecher aus Gmünd geheiratet und das Paar übernahm das kleine Haus am Regen. (Hausnummer 68 und die untere Lederwerkstatt genannt))
Nach dem Tode des Bruders - Hans Passauer auf der 71 - wechselten Andreas und seine Frau auf das große Marktlehen weiter regenaufwärts. 
Zumindest die Umschreibung der Grundschuld erfolgte am 7.10.1695, die Eigenthumsübetragung vermutlich bereits Jahre vorher. Die Grundschuld bei der Pfarrkirche, die auf - nun - "Hans Passauers Leederswerchstadt vor der Pruckhen .....sambt denen darzue gehörigen Markhtlehensgrindten" eingetragen wurde, liegt nun wieder bei stolzen 200 Gulden.
Nun, in einem Marktlehen mit einer eigenen Lederwerkstatt angekommen, konnten die beiden auf  die "untere Passauerische Lederwerkstatt" leicht verzichten und verkauften diese. 
Aus den Eintragungen der Schuldzinsen bei der Pfarrkirche Kötzting kann man folgende Entwicklung rückschließen. In einer eigenen Schuldverschreibung des Andreas P. und seiner Frau Barbara aus dem Jahre 1697  ist die Rede, dass sie diesen Kredit in "Erkauffung ihrer herobern Hanns Passauerischen Leederwerchstadt" (=Hanr 71) übernommen hätten.    
PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1697
Schuldverschreibung des Andreas und der Barbara Passauer, die auf ihre untere Werkstatt 200 Gulden Grundschuld aufgenommen hatten, um das Marktlehen des verstorbenen Bruders kaufen zu können.
Einschub
Da aus der Familie Passauer einige der berühmtesten Kötztinger abstammten, hatte in früheren Jahren ein Kötztinger Pfarrer bereits den Familienbogen der Passauer - im Status animarum - kommentiert.

PfA Kötzting Matrikel Band 1 

Familienbogen der Passauer, mit den Söhnen Hans und Ander und dem Hinweis, dass "diese zweite Handschrift" vom Jahre 1659 stammen würde.
Der Hinweis auf "nun Kollmayer" bei Jakob Passauer ist vorschnell, weil erst Hans Passauer auf das Haus wechselte, dass man später dann als "den Kollmaier" beeichnete.
Jakob Passauer, der Stammvater verstarb im hohen Alter von 84 Jahren am 17.12.1695.
Im Jahre 1701 konnte sich Andreas Passauer vom Markt ein Grundstück auf dem Schussanger kaufen und bezahlte dafür 24 Gulden.
Nach dem Tode zunächst seines Vaters und danach seines Bruders kam Andreas Passauer auch in Besitz des großen Marktlehens mitten am Marktplatz (heute Zimmerer) und verkaufte dieses an den Kötztinger Marktmüller Wolf Billich zum Preis von 650 Gulden.
Am 5.11.1704 verstarb der Bürger und Kammerer Andreas Passauer und drei Jahre später verkauften seine Erben die "Bürger und Marktlehensbehausung  zunegst an des Hans Pachmayers Haus vor der
Pruckhen am Regenfluß stossend, samt der Ledererwerkstatt" um 2214 Gulden (siehe Vergleich zum verkauf des Marktlehens des Vaters um nur 650 Gulden) an den Kötztinger Neubürger und Rotgerber Martin Lanckhes.


Martin Lanckhes und Barbara Passauer


Martin Lanckhes - eine Lederer aus Brunnendorf -  hatte sich bereits im Jahre 1705 das Kötztinger Bürgerrecht gesichert, bevor er  Barbara Passauer, die. Witwe Andreas Passauers, am 14.9.1705 heiraten konnte. 

StA Kötzting Marktrechnung von 1705

"Marthin Lanckhes vor ainen Burger aufgenommen wordten und behalt Rhats verhörs Prothocoll
fol. 67 zum Burgerrecht bezalt 16 fl."
Am 22.8. gaben sich dann die beiden ein öffentliches Eheversprechen, welches am 14.7. zur tatsächlichen Eheschließung führt. 

"Am 22. desselben Monats gaben sich ein Versprechen auf eine zukünftige Heirat: der ledige Martin Lanckhes, Sohn des bereits verstorbenen lederers aus Brunnendorf bei Cham und seier ebenfalls bereits verstorbenen Ehefrau Sabine und Frau Barbara Passauer, die zurückgelassene Witwe des verstorbenen Rats in Kötzting.
Die Trauzeugen waren der Schmied und Rat Johann Daller und  der Kötztinger Custos (Amtsträger eines Klosters) Josef Praelisauer.
Die Ehe wurde dann am 14.September (7bris) von Pater Gregor geschlossen.
"
Wie üblich, wurden zunächst die Passauerische Hypothek auf Martin Lanckes umgeschrieben, der nun ebenfalls der Kötztinger Pfarrkirche für 250 Gulden Zinsen zu bezahlen hatte.

Viele Jahre blieben dem Paar nicht in ihrem Ehestand, denn bereits am 5.5.1712 verstarb "Martin Lanckhes, des Rats und Coriarius" und die seine Frau Barbara, eine geborene Lärnbecher, war zum zweiten Male Witwe geworden.
Mit der Hilfe ihres Bruders, des Müllers Andreas Lärnbecher verkaufte sie nun am 21.7.1718 "die sogenannte Passauerische Ledererwerkstatt dann Marktlehens  Behausung mit allzu gehoerig Grundt und Poden, auch neuerpauthe  Stadl zu negst am Regenfluss vor der pruckhen liegend und an des  Hans Pachmayers Schuesters seel hinterlasene Behausung stossend" um 1850 Gulden an den Lederer und "lieben Vetter " Christoph Kollmaier. Der Grund für den günstigen Kaufpreis steht in der Urkunde, denn der Verkauf beinhaltete auch das gesamte "Haus- und Paumannsfahrnis" sowie "1 Pferd und widerumb 1 Rößl" was alles " so gedachte Lanckhesin dem Kollmayr geschenkcht und dahero zu diesem Erkauf nit zu ziehen seye nenanntlichen per 800 fl."
An - außer den fest zum Marktlehen gehörigen Grundstücken waren zusätzlich erwähnt: 
der Henngeracker
zwei Zannhofsäcker (=Sand bzw. Zandhofäcker)
die Rabenwiese
der "Genskragen" und
ein "Krauttgarten"

Die Witwe behält sich die freie Wohnung in dem "Nebenhausflez Stibel" auf ihr Leben lang.
Christoph Kollmaier hatte bereits auf dem Lanckesschen Anwesen gearbeitet


Kollmaier Christoph und Mühlbeck Martha 



Christoph Kollmaier musste für sein Bürgerrecht nur - anders als Martin Lanckes - 14 Gulden bezahlen und hatte - wohl noch vor 1718 - Martha Mühlbeck geheiratet. Eine Heiratseintrag für die beiden ist in den Kötztinger Kirchenbücher nicht zu finden, jedoch ist im Juni 1719 die Geburt des ersten Kindes protokolliert.
StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1718
"Heirathsabredt im Namen der allerhocheilligisten Dreyfaktigkeit Gott Vatter Sohn und Heyll. Geist Amen"
Zum Zeitpunkt der Unterschrift unter diesen Heiratsvertrag - am 23.9.1718 - war das Paar bereits verheiratet, denn er spricht bereits von seiner Ehefrau Martha Kolmer.
und sie versprach ihm - mit Einschluss von 200 Gulden "paraphernal Guett" - 600 Gulden als Heiratsgut in die Ehe einzubringen.
Es folgt die übliche Umschreibung der Grundschuld, bei der CK die Gelegenheit nutzt und die Hypothek auf 350 Gulden erhöhen lässt.
In der Kirchentrachtsteuerliste des Klosters Rott von 1727-1736 steht Christoph "Kollmmer" mit einer beeindruckenden Abgabensumme. 
HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott B4

Erst aus einem Eintrag im Jahre 1733 erfahren wir den Geburtsnamen von Martha Kollmaier, nämlich "Mühlbeck".  Ihre eigene Mutter, nun verwitwet und in Kötzting lebend, gab unter diesem Datum eine Erklärung vor dem Magistrat ab, in der sie feststellt, dass ihre Tochter ihr vor 19 Jahren, als diese noch ledig gewesen war, 100 Gulden gegeben hatte, eine Summe, die sich im Laufe der Jahre auf 164 Gulden erhöht hatte. Offensichtlich hatte Frau Mühlbeck später - 1725 - den Kollmaierschen Eheleuten 200 Gulden gegeben. Von dieser Schuldsumme konnten die beiden nun die 164 Gulden abziehen. 
Bei einem Wegerechtsstrei im September 1739 tritt Christoph Kollmaier als Kirchenprobst auf und wird noch als Rotlederer und Rat in Kötzting bezeichnet.
Ebenfalls als Kirchenprobst verkauft Christoph Kollmaier stellvertretend für die Pfarrei den "vorm obern Tor stehenden alt paufaelligen Stadel" der Pfarrei an den Weißbäcker Johann Georg Dreger um 40 Gulden.
Ab dem Jahre 1740 pachtet CK den Gruberbach gleich für die nächsten 8 Jahre und bezahlt dafür eine Jahrespacht von 1 Gulden 30 Kreuzer.
Im Jahre 1742 - wir sind am Beginn des Österreichischen Erbfolgekrieges - drohte von der Trenck von Viechtach aus den Kötztingern mit einem ähnlichen Schicksal wie den Chamern und so beeilten sich die Kötztinger Bürger, den Forderungen nachzukommen. 
571 Gulden sollten die Kötztinger - für den Markt und den zum Markt gehörigen Gruberhof - "bei Vermeydung Feuer und Schwerdts zu Viechtach gewiss erlegen".
Die Marktkasse war leer und der einberufene Bürgerausschuss stellte fest, dass es sinnlos sei den Betrag über einen allgemeine Anlage (=Steuer) gleichmäßig von allen Bürgern zu erheben. So fiel der Beschluss, der Markt möge sich Bargeld von den Kötztinger Bürgern vorschießen lassen, die sich das leisten konnten. Während sein Nachbar Hans Schöllinger dem Markt - gleich dem mächtigen Wolfgang Samuel Luckner - glatt 100 Gulden vorstrecken konnte, streckte Christoph Kollmaier bei dieser Gelegenheit nur 10 Gulden vor.

Aus dem weiteren Verlauf des Österseichischen Erbfolgekrieges haben wir einen interessanten Streitfall zwischen Samuel Luckner und Christoph Kollmeier.

Rhat gehalten den 9. 8bris 1744

Clag
H: Johann Christoph Kollmayr des Rhats alhir contra Samuel Luckner Pierpreu daselbst. Es ist Markht kundig das der Cleger für den Beklagten 3 drei Malen ain Pferd , da Ihro Dchlt. Fuerst Lobkowitz seinen March das 4te mal, da auch sr: Drtl. Prinz Carl hierdurch marchiert, forgespannt, gleichwie nun aber dero dem beclagten seine hiervon ausständige Lähnungen ze Dato in giette nit haben können als bittet Cleger umb die obrigkeithliche Verhelffung."

Luckner meinte, dass er sich nicht erinnern könne, dass der Kläger ihm gleich drei Mal seine Pferde auf die Post zur Hinwegbringung seiner Durchlaucht v. Lobkowitz hergespannt habe. Wenn aber Kläger  aufrichtig zugeben wolle, dass er "nit öfters als 1 Mal" abgestellt habe, so sei dies mit einem zwischen beiden getroffenen Ochsenhandel eh abgeglichen. Was den zweiten Fall anginge (Prinz Carl) so habe der Beklagte von diesem eh nur 20 Gulden an Postgeld erhalten und von dieser Summe habe er dem Kollmaier dessen proportionalen Anteil mit 1 fl 29 Kreuzer "würklich in sein Haus nachgeschickt", was dieser aber nicht akzeptiert habe.
Kollmaier beharrt auf seinen Zahlen und meint, dies auch beweisen zu können.
Luckner gibt auch nicht nach, erinnert aber daran, dass es von Amts wegen ausgemacht gewesen sei, dass "die Marktlehner, so mit Pferdten versehen, allwegen zu der Post concurrieren sollen, so aber gar wenig observiert worden, sohin der beclagte die Post mehrentheils allainig bestreitten, auch deme hievon von 263 Gulden ainen Ausstand anhafftet." Luckner habe also, nach seiner eigenen Aussage, die allermeisten Anforderungen an den Markt, Vorspann zu leisten ( hier Post genannt) mit seinen eigenen Pferden durchgeführt, wofür er noch viel Geld aus der Marktkasse zu bekommen habe.
Luckner bittet daher, den Kläger abzuweisen.
Kollmaier besteht auf seiner Sicht der Dinge.
Auch Luckner wiederholt ebenfalls seine Argumente und danach ergeht ein vorläufiger "Beybschaidt", in dem die beiden Parteien aufgefordert wurden, ihre Sicht der Dinge innerhalb einer Frist von 3 Wochen zu beweisen, also Zeugen zu benennen.
Am 24.4.1742 verstirbt die Bürgerin Martha Kollmaier, sechs Kindern hat sie das Leben geschenkt, darunter auch ein Christoph, der am 8.3.1721 geboren ist und auch noch ein älterer Bruder, Michael mit Namen.
An diesen Sohn übergibt der Witwer Christoph Kollmaier am 5.9.1750 seine "am 21.07.1718 durch Übernahme von Barbara Lanckhus übernommene Rotgerbergerechtigkeitsbehausung" zusammen mit den folgenden eigenen Grundstücken :
2 zandhofacker
2 zusammengeschlagene Genskragen
1 Urttlacker
1 Krauttgartten hinter dem Bräuhaus
die sogenannte Rabenwisen
 Der Kaufpreis beträgt 2336 Gulden.
 
Einschub
Die Teilsummen, die die Kötztinger Bürger, unter anderem auch Christoph Kollmayr sen., dem Markt vorgeschossen hatten wurden lange Jahre einfach als Schulden des Marktes fortgeschrieben. Erst mit der Übernahme des Kammereramtes durch Wolfgang Samuel Luckner und seiner Entscheidung die sogenannte Herrensäge zu errichten und zu verpachten, füllte sich der Säckel des Marktes wieder und so konnten die Schulden langsam abgetragen werden,
In den Marktrechnungen von 1756 stehen die Teilsummen noch aufgelistet.
StA Kötzting Marktrechnung von 1756
"Christoph Kollmayr der alte seel. oder villmehr dessen Erben anietzo 10 fl so gleich hinach fol Nr. zubefündten abgetragen worden"

"Von Christophen Kollmayr gewesten Rothgärbers alhier seelen ist in der 1744ten Cammerrechnung fol. 9 zufündten, zu bestreitung des Franz und Carl Lothringischen recrouten transport=march portionen 25 fl 41 xr entnommen wordten, warvon sie aber wie hinach fol 75 zuentnemmen per Abschlag 7 fl 9 xr 24/4 Heller erhalten also noch 18 fl 31 xr 6 2/4 H zu pretendieren habe."
Einschub Ende


Kollmaier Christoph und Magdalena Stadelwieser


Am 25.5.1750 hatte Christoph Kollmaier die Lamer Färberstochter Magdalena Stadlwieser geheiratet.
Fast zwei Jahre später, im Dezember 1751 schließen die beiden einen Heiratsvertrag über eine jeweilige Mitgift bzw. Absicherung über 800 Gulden. In diesem Vertrag ist auch die Mutter seiner Frau, eine Katharina Gierstl aus Lam erwähnt, die im Falle, dass die nunmehrige Frau Kollmaier früh und ohne Kinder versterben würde, einen Anspruch auf 50 Gulden hätte
Aus demselben Jahr haben wir in den Kötztinger Briefprotokollen eine interessante Quittung, die uns einen Teil der "Kollmaierverwandtschaft" übermittelt.
Die Kinder der verstorbenen Zwieseler Metzgerin Anna Gstöttner, die von ihrem Kötztinger "Vätter" Michael Kollmaier rechtlich vertreten werden, quittieren ihrem anderen Kötztinger "Vöttern" Christoph Kollmayer die 150 Gulden an Erbe gutgemacht zu haben.
Bei Michael Kollmayer ist weiters vermerkt, dass er  "Bürger und Bständner im Gschwandhof" sei, was bedeutet, dass eines der Kinder des vorherigen Christoph Kollmaier, der ja mit Samuel Luckner sich vor Gericht gestritten hatte, nun von demselben sich den Gschwandhof gepachtet hatte.

Im Jahre 1759 - es steht der Umbau und Ausbau des Kötztinger Rathauses an - wird Kollmayr Christoph der Ziegelverwalter des Marktes Kötzting und als solcher muss er 4250 Dachtaschen und 4592 Ziegelsteine für die Marktdienerwohnung liefern und erhält dafür 67 Gulden 45 Kreuzer.

1760 finden wir dann eine respektable Schlägerei in den Räumen des Lederers nach dem sogenannten "Drescherbier".
"Michael Paur gemainen Mann unter den churfrtl Lobl Herzog Clemenischen Infanterie Regiment under der Hauptmann Vorlschen Compag: in der Garnision zu Straubing liegend und dermahlen alhier ist Ander Röhrl, Söldtnerssohn zu Ärndorf alhiesig Pfleggerichts, Joseph und Georg Schuechnagl bey Ulrich Anthoni Schillinger, Färbern, in Diensten, item Thomas Sturmb, auch in diensten bey Christophen Kollmayr Burgerlichen Rothgerbern alda, von darummen ordentlich conveniert wordten umb sich Röhrl anfänglich underzochen dem Paur in obgedachten Kollmayers Behausung bey dem sogenannten  gehaltenen Dröscher Pier ain S.V. Hundts: Spüzbueben und S.V. Schwanz zu intitulieren , welches er zwar nit erdulet sondern dem Röhrl hierauf eine Ohrfeigen versetzet, waryberhin aber Sye samentlich an ihme gerathen  und deme mit Feusten abgepriglet und beim haaren gezogen."
Im Jahre 1772 muss der Kötztinger Magistrat den Pfleger einschalten, weil Christoph Kollmaier, eigentlich ein Ratsmitglied, die Ratssitzungen einfach nicht besucht, andererseits aber auch nicht um seine Entlassung nachsucht. Der Vorwurf lautete genau: er "hat die Rhatssessionen nicht frequentiert noch weniger aber in Ansehung der gestandtene Ratsfreund Kollmayr nun gleichmässig gdste Entlassung undterthenigst einkhommen, hat man mit der Rhatswahl für den abgewichenen Jahr allschon gdst demitierten Martin Lanzinger bis zu Erfolg der Kollmayrschen Resolution zugewardtet, indem wegen ainen allein eine sonderbahre Wahl vorzunehmen dermallen die Mihe vast nicht gelohnt"
Der Martin Lanzinger wurde also gebeten, mit seinem Rückzug als Rat zu warten, bis die Angelegenheit des Rücktritts Kollmaiers vor dem Pfleger entschieden sei, weil eine vorgezogene eigene Wahl nicht der Mühe wert gewesen sei.
Die im Jahre 1756 neu errichtete "Markhts Herrn Sag" wurde nacheinander an die verschiedensten Kötztinger Bürger verpachtet. Nach Dirnberger und Luckner folgen im Jahre 1775 die beiden Gebrüder Michael und Christoph Kollmayr. 
1781 steht der Sagmüller Kollmaier gleich zweimal wegen der Herrensäge in den rechnungsbüchern.

StA Kötzting Marktrechnung von 1782
Die mit wissen und hocgdigem Consens eines churfürstl. hochlobl. Rentamtes Straubing, in anno 1756 neuerpaut Gemeine Markts Schneidsag, ist nach mehrer Inhalt des fertigen Ratsprotokoll fol 35 et a: widerum Christophen Kollmajr, burgerlichen Marktlehner und Ledern alhir verstüftet worden.



"Dem sogenannten untern Wörth hat man für aneuer widerum dem SagStifter Christophen Kollmair zur Lagerung der Sagbaummen anlassen müessen, sohin disem nicht verstüften können. Das aso hier wegen Zuverrechnen -.-.-."

Kollmaier Christoph, in manchen Jahren sogar der Mitkammerer des Wolfgang Samuel Luckner und jedenfalls uneingeschränkter Parteigänger von dessen Kampf gegen die Reitensteiner Anteilskäufer
Bei einer Zeugenbefragung nach einer Schlägerei, die in diesem Zusammenhang stand, gab er 1783 im Alter von 60 Jahren zu Protokoll, die "Bürgerschaft habe durch die 17 grossen Schaden" gehabt habe. 16 Bürger hatten sich damals zusammengeschlossen und - in Abwesenheit Luckners - mit der Regierung einen Deal gemacht und auf eigene Kosten und auf Schulpapiere des Marktes sich die Grundstücke der Hofmark Reitenstein auf 17(!) Anteile aufzuteilen und sich so zu sichern.
Dieser Coup hatte einen Keil in die Kötztinger Bevölkerung getrieben, der lange nicht geheilt werden konnte. Erst beginnend mit dem Rücktritt als Kötztinger Kammerers (1790) und noch mehr nach seinem Tode (1794) glätteten sich die Wogen langsam wieder.
Genaueres kann hier nachgelesen werden.
Auch das nächste Entwicklung Kötzting kann bereits in einem eigenen Blogbeitrag nachgelesen werden. Nach der Aufgabe des Weißen Brauhauses in Kötzting durch den Kurfürsten, war auch der Weißbierkeller obsolet geworden und wurde meistbietend verkauft, zunächst an ein Käuferpaar zusammen mit Christoph Kollmaier, der später seinen Mitkäufer auszahlte und der alleinige Besitzer des Bierkellers wurde. Dieser Keller ist heute Teil der Bärwurzerei Liebl.


Der nächste Besitzwechsel steht an und erneut ist es ein Christoph Kollmaier, der nun um 2400 Gulden von den Eltern das Anwesen übernimmt.

Christoph Kollmaier und Anna Maria Amberger


Er übernimmt am 15. Februar 1785 - zu dem Zeitpunkt noch ledig - das Marktlehen und die  Lederwerksstattsgerechtigkeitsbehausung, vor der Pruckhen, zwischen Veithen vest und Anton Schöllingers Schwarzfärbers Behausung" um 2400 Gulden.
Zwei seiner Schwestern, Katharina und Anna, muss er bei deren "Hausveränderung" jeweils 500 Gulden hinausbezahlen, bis dahin aber nur mit 3 Prozent verzinsen.
Am selben Tag gilt es auch einen "Leibthumsvertrag" mit seinen Eltern abzuschließen.
Seine Eltern erhalten die lebenslange Herberge im Seitenstübel einschließlich von 5 Klaffter Brennholz zu deren Behölzung. Dieses Holz muss vom Käufer unentgeltlich "an die Wand gebracht werden"
Zur "notwendigen Leibs Sustentation" erhalten die Altenteiler 1 Schäffel Weizen (nach Landshuter Maß 600 Liter), 3 Schäffel Korn und 1 Schäffel Hafer, sauber "gebuzt und Kastenmessig".
Eine Kuh solle ihnen gefüttert werden und "fünf Bifang Krautt, fünf Bifang Erdäpfel und sieben Bifang Rüben angelassen" werden. 2 Metzen Linsen. Von jedem Sud Bier erhalten die beiden einen halben Eimer abgereicht.
Als Sicherheit, dass sich der junge Käufer auch an die Vereinbarung hält, behalten die Eltern noch die beiden Zandhofäcker und den Garten beim Dampfbach als Unterpfand.

Einschub
Wenige Monate nach der Übergabe stirbt Christophs Mutter, Magdalena Kollmaier, im Alter von 62 am 27.8.1785. 
Am 18.2.1787 heiratet der junge Lederer die Thenrieder Bauerstochter Anna Maria Amberger. Christoph Kollmaier, wiederverheiratet sich am 19.12.1787 mit der Kötztinger Färberwitwe Franzsika Hueber. ihr überlebender Ehemann und Gefolgsmann Samuel Luckners, wird sehr alt und stirbt erst 89 jährig am 13.1.1807 an Schlagfluss.
Einschub Ende

Auch in der Kirchentrachtsteuerliste der Jahre 1777-1800 ist Christoph Kollmaier mit ansehnlichen Abgaben verzeichnet, die auf einen großen Grundbesitz verweisen.
Im Jahre 1798 wird Christoph Kollmaier zum ersten Male in den Magistrat gewählt. 1799 sitzt er dann zum ersten Mal ein komplettes Jahr als Äußerer Rat im Magistrat und erhält dafür einen Jahressold von fast 7 Gulden.
Anna Maria Kollmaier, die junge Marktlehnerin, stirbt bereits mit 50 Jahren am 9.1.1800 und, da Kinder vorhanden sind, muss eine amtliche Erbverteilung durchgeführt werden, die uns einen Familienbogen der Restfamilie Kollmaier überliefert.
Es geht um die Sicherstellung des mütterlichen Erbes in Höhe von 6000 Gulden an die Kinder - Joseph 11 Jahre, Franziska 8 Jahre, Magdalena 7 Jahre, Balthasar 6 Jahre, Maria 4 Jahre und Anton 1 Jahr alt - bevor sich der verwitwete Vater erneut verheiraten kann.
Angesichts der vielen unversorgten Kinder ist es kein Wunder, dass sich der junge Vater bereits am 29.5.1800 erneut verheiratet. Seine zweite Frau wird die Häuslerstochter Anna Hartl aus Kleinaign.

Christoph Kollmaier und Anna Härtl


Natürlich kann Anna Härtl nicht den Gegenwert des Marktlehens in die Waagschale werfen, gerade mal 200 Gulden beträgt ihre Mitgift, für die ihr ihr neuner Ehemann 500 Gulden und die Zusicherung einer lebenslangen Herberge widerlegt.
Im Jahre 1801 beginnt Carl von Paur mit seiner Chronik Kötztings und er berichtet davon, dass in diesem Jahre CK als Mitglied des Äußeren Rats den Regiebetrieb des markteigenen Ziegelofens übernommen hatte.
1803, als im Zuge der Säkularisation in Bayern auch das Priorat des Klosters Rott in Kötzting verschlagen wurde, konnte sich CK eine Wiese, die Angerwiese genannt, mit der Größe von 1 Tagwerk um 77 Gulden sichern.
Im selben Jahr tritt CK auch als privater Geldgeber auf, er verleiht an Joseph Holzer und dessen Frau Anna 100 Gulden, zu deren Absicherung die beiden ihr "Haus am Regenfluss" (alte Hausnummer 75) versetzen.
Im Jahre 1806 kam es in Kötzting im Zuge der grundsätzlichen Neuorganisation der Städte und Gemeinden in Bayern zu einer Neuwahl. Den alten Titel "Kammerer" gab es nicht mehr, auch Kötzting bekam nun einen Bürgermeister, einen Rat und einen Ausschuss. Anders als heutzutage gab es keinen Wahlvorschlag und auch keine Wahllisten sondern jeder konnte seine Wunschnamen für die einzelnen Ämter einsetzen..... solange es Männer waren und natürlich konnten auch nur die männlichen besitzenden Bürger Kötztings zur Wahl schreiten.
StA Landshut LGäO Kötzting Nr. 793
Hier das Wahlergebnis CKs in Reinschrift:
Christoph Kollmaier wählte als Bürgermeister Peter Kraus, für den Rat Wenzeslaus Bauer, Wolfgang Aschenbrenner, Franz Piendl und Adam Hollmaier.
Im Ausschuss wollte er Kaspar Görnhuber, Karl Reinhold, Josef Decker und Michael Stadler sehen.
Hier der eigenhändig geschriebene Wahlzettel Christoph Kollmaiers mit seiner Unterschrift.

Aus dem Jahre 1810 haben wir im Archiv aus einer privaten Abgabe ein "Gewerbs=Zoll=Patent für Christoph Kollmaier, wohl eine Art von gewerbeschein.

 
StA Kötzting 325/3


.
Bei der Erstellung des Häuser- und Rustikalsteuerkatasters im Jahre 1811 kann man wieder gut erkennen, mit wie außerordentlich vielen Grundstücken dieses Marktlehen begütert war.
StA Landshut Rentamt Kötzting Rep 300 B27
"Markt Kötzting Nro LXVII (67, diese Nummer wird später auf 71 abgeändert)
Christoph Kollmaier das gemauerte Haus mit Stall, Stadel, Schupfe und einem kleinen Gärtl
dessen Walk, eigentlich Lohstampf
dessen Kellerhaus
Das Ackerl bei dem Dampfbach (spätere PlNr. 406)
der Steinacker bei der Schmidmarter (spätere PlNr. 485)
der Acker in der Langwiese (spätere PlNr. 567)
der hintere Schwarzweiheracker (spätere PlNr. 707)
der Sandhofacker (spätere PlNr. 692)
das zweimähdige Gartenwiesel
die zweimähdige Königsfeld=Wiese (spätere PlNr. 566 1/2)
die einmähdige Wiese bei der Multersag (spätere PlNr. 521)
"


"Nutzantheil an den noch unvertheilten Gemeindegründen
von dem vertheilten Strohhof bei Grub
1 Acker
1 Wiesel (spätere PlNr. 727(spätere PlNr.)
das Ackerl beim Keller (spätere PlNr. 421)
das Laimgassenackerl
das Ziegelhüttenackerl (spätere PlNr. 406)
die aus den Pfleggründen erkaufte Angerwiese (spätere PlNr. 566 1/2)
die aus den Klostergründen erkaufte Angerwiese (spätere PlNr. 566 1/2)"

Einschub
Als Christoph Kollmaiers - selber am 8.11.1818 verstorben - zweite Frau, Anna, eine geborene Härtl,  am 17. November 1845 mit 82 Jahren verstirbt, musste der Kötztinger Pfarrer für ihre Nachlassakten ein Schema genealogicum, also eine kleine Abstammungsstammtafel erstellen, um den Überblick über die einzelnen Kollmaierkinder aus der zweiten Ehe nicht zu verlieren. Josef, der Sohn aus erster Ehe, hatte ja das Anwesen erhalten.

StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 6 Nr. 287 Kollmeier Anna Ledererswitwe Kötzting Familienschema

"1. Anna Kollmaier geboren den 31ten 3.1801 und gestorben den 24.2.1826 war verheiratet mit Johann Nepomuk kraus, dem bürgerlichen Färber mit welchem sie folgende Kinder erzeugte:
a) Johann Nepomuk, geboren den 16.5.1820, ledig noch am Leben
b) Maria Anna, geboren den 21.7.1821 , ledig, noch am Leben
c) Theresia, geboren den 18.7.1823 verheurathete Holzapfel von hier noch am Leben
d) Ignaz, geboren den 28.5.1825, ledig noch am Leben
2) Christoph Kollmaier, geboren 17.2.1804 und gestorben den 2.10.1834 ledigen Stands als Rechtspraktikant dahier ohne Hinterlassung eines Kindes
3. Johann Kollmaier, geboren den 15.10.1805 verheurateter Lederer in Bodenmais, noch am Leben
..... Kötzting en 4.2.1846 
das katholische Pfarramt Kötzting Franz Henneberger Pfarrer
."


Einschub Ende



Joseph Kollmaier und Kolbeck Anna



Im Jahre 1819 dann der nächste Besitzwechsel: es bleibt in der Familie, Kollmaier Joseph erwirbt das Kötztinger Bürgerrecht und heiratet am 24.6.1819 Anna Kolbeck aus Enklarn.
4 Kinder bekam das Paar zwischen 1821 und 1826. 
Am 22.11.1828 verstarb der junge Lederermeister im Alter von 42 Jahren an Lungensucht.
PfA Kötzting Sterbeeintrag des Joseph Kollmayr


Am 19.5.1829 heiratete die Witwe Anna Kollmaier den Fessmannsdorfer Lederergesellen Wolfgang Ludwig.

Wolfgang Ludwig und Anna Kollmaier


Wolfgang Ludwig hatte bereits viele Jahre vorher beim Lederer Christoph Kollmaier gelernt und war später ab 1822 auf Wanderschaft gewesen, wie es aus seinem  Wanderbuch hervorgeht.
StA Kötzting AA X 18 Wanderbücher

Wanderbuch für Wolfgang Ludwig aus Feßmannsdorf, 32 Jahre alt und ein Lederer.
Statur untersetzt
Nase spitzig
Gesicht breit
Haare braun
Augen blau
sonst ohne besondere Kennzeichen.
Unterschrift: Wolfgang Ludwig


Eintrag des Kötztinger Landrichters Pechmann über die Ausstellung des Wanderbuchs für Wolfgang Ludwig, der 43 Wochen zur Zufriedenheit beim Lederer Kollmaier gearbeitet hatte und nun über Cham nach Straubing ziehen würde.


Einträge aus Furth, Waldmünchen, Regensburg und Straubing

Im Jahre 1829 stellt Wolfgang Ludwig beim Magistrat den Antrag auf Verleihung einer realen Lederergerechtsame. Kollmaier Anna, verwitwete Ledererin, will Ludwig Wolfgang, Lederergesellen ehelichen. Ludwig bringt alle Nachweise seiner Befähigung bei 8-jährige Wanderschaft mit, weshalb sein Gesuch genehmigt wird.
Fast 28 Gulden muss er in die Marktkasse einzahlen, um das Kötztinger Bürgerrecht zu bekommen und zusätzlich noch die Feuertaxe (1 fl) und Schreibgebühren bezahlen.
StA Kötzting AA X-69
"Zeugnis
Dem Wolfgang Ludwig Bauerssohn und Lederergeselle von Faßmannsdorf  wird auf Ansuchen bezeugt, daß er nach vorgenommener Prüfung zur selbstständigen Ausübung des Lederergweerbes als vollkommen tüchtig befunden worden sey.
Viechtach den 4. May 1829
Die Prüfungscommission
Personenbeschreibung:
Wolfgang Ludwig ist 29 Jahrealt,. mittlerer Größe, hat dunkelbraune Haare, längliches gesicht und einen untersetzten Körperbau.
Zur Beglaubingung am 4. May 1829"

Sogar der Lehrbrief des Ludwig Wolfgang von 1806-1809 beim Lederermeister Christoph Kollmaier hat sich erhalten.

In den Jahren nach der Einheirat findet sich Wolfgang Ludwig bei vielen Grundstückstransaktionen, mal kauft er ein Grundstück und mal verkauft er ein anderes. Erwähnenswert ist vielleicht der Verkauf einer Wiese bei der Multerersag 1836 an Albert von Sperl, dem Besitzer des Sperlhammers.
In den Protokollen des Kötztinger Vergleichsamtes finden sich ein paar Einträge mit oder gegen Ludwig Wolfgang in den Jahren vor 1844
Nr. 274:  Klage der Färberswitwe Theresia Krauß v K gegen Wolfgang Ludwig, Lederer v K wegen angeblichen Eigentumsrecht auf einen Backofen, konnte ein Vergleich nicht zustande gebracht werden. 
 sich zur Liquidität der Forderung, erklärt aber zugleich seine augenblickliche Unzahlbarkeit und will die Schuld bis Allerheiligen in Abführung bringen. Vogt gewährt bis dahin Nachsicht. 
Nr. 276:  Klage der Anna Ludwig Lederin v K gegen Theres Krauß Färberswitwe v K wegen Eigentum und Benützung eines auf Gemeindegrund früher gemeinschaftlich erbauten Backofens hat sich in Begleitung ihrer beiderseitigen Kinder Vormünder, nämlich der Klägerin  Josef Windorfer bürgerlicher Handelsmann und Balthasar Kollmaier Mühler an einer, dann für die Beklagte in der Person des bürgerlichen Handelsmann Decker v K :
nachstehender Vergleich wurde erzielt:
1) Es gestattet die Klägerin der Beklagten die Benützung des bisher gemeinschaftlich benützten Backofen auf 6 Jahre.
2) Nach Verfluß derselben Zeit leistet die Krausin und der Vormund Decker auf die weitere Benützung ausdrücklich Verzicht.
3) Dagegen verpflichtet sich die Ludwigin mit Einwilligung ihrer Vormünder für ihre Kinder der Krausin die gemeinschaftlich zur Erbauung des fraglichen Backofens verwendeten Kosten per 20 fl zur Hälfte mit zehn Gulden im Laufe dieser bedungenen sechs Jahre zurückzuvergüten. Der Vergleich wird genehmigt. 




Im Jahre 1839 kam es zur Wahl von Wahlmännern für die Abgeordneten der Ständeversammlung, bei der Ludwig Wolfgang als einer von dreien gewählt wurde.
Schaut man sich das Grundsteuerkataster - Urkataster - von 1840 an, so wird deutlich, dass Frau Anna Kollmaier zwar nun den Namen Anna Ludwig führte, der große Besitz jedoch in Händen der Frau geblieben ist.

StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5038
"Hausnummer 71 in Kötzting beym Ludwig  Anna Ludwig

Das Haus mit dem Marktlehen bestehend in dem Tafern- und Kommunbraurecht mit realer Lederergerechtigkeit.
Gebäude
Wohnhaus, Werkstatt und Stallungen aneinander, Stadl, 2 Hofräume dann 2 Backöfen unter einem Dache
Nebengebäude: den Lohstampf
Garten
Wurzgartl beim Haus
In der Kommentarspalte heißt es, dass sie das Anwesen durch Ehelichung des verstorbenen Ehemanns am 14.6.1819 erhalten habe. Kein Wort über den Ehemann Wolfgang Ludwig.
Am 22.2.1844 verstirbt der Lederermeister Wolfgang Ludwig im Alter von gerade mal 54 Jahren.
Nach dem Tode ihres zweiten Ehemannes blieb Anna Ludwig nichts anderes übrig, als zunächst weiterzuarbeiten, bis sie ihr Anwesen an den Sohn Christoph weitergeben konnte.


Christoph Kollmaier und Groß Katharina

Am 26.10.1848 war es soweit, Anna Ludwig konnte ihre umfangreiches Anwesen an den Sohn übergeben
 
StA Landshut Grundsteuerkataster von 1860
9500 Gulden kostete es den Sohn Christoph, das elterliche Anwesen zu übernehmen.
Noch bevor er im Jahre 1851 heiratete, war Christoph Kollmaier im Jahre 1849 der Kötztinger Pfingstbräutigam und steht mit einem Zuschuss aus der Marktkasse in Höhe von 10 Gulden in den Marktrechnungen.
In Detail ließt sich der Eintrag so: "Kollmaier Christoph, Lederersohn, welcher von Seiten des k. Pfarramtes mit dem Sittenpreise belohnt wurde, erhielt als Zuschuss zur Bestreitung der Kosten den
bewilligten Zuschuss mit 10 fl"

In obiger Zusammenstellung finden sich auch bereits Teil seines späteren Lebenslaufes als Bürgermeister, welches Amt er gleich zweimal innehatte. 
1851 erst wurde Christoph Kollmaier das Kötztinger Bürgerrecht erteilt, für das er 32 Gulden zu bezahlen hatte und im selben Jahr, am 20.5.1851 konnte er dann Kollmaier auch vor den Altar treten und seine zukünftige Ehefrau, Katharina Groß, heiraten, eine Viechtacher Metzgertochter. Seine Mutter, Anna Ludwig, stirbt am 22.3.1855 67 Jahren an Schlagfluss.
Die Ehe der neuen Kollmaiergeneration erbrachte 12 Kinder in den Jahren bis 1866.
In den Jahren 1856 bis 1860 versucht der Markt die Straße von der Brücke bis zur Wiesmühle zu erhöhen, um die - unhaltbaren - Zustände wegen der schlammigen Straße zu überwinden. Der Straßenkörper soll erhöht werden und die Anlieger sollten bezahlen.
Blickt man auf die Hochwasserbilder der letzten Jahre, so kann man sich gut vorstellen, wie notwendig solch eine Maßnahme im 19. Jahrhundert gewesen ist.
Hier ein Bild von Nik Heinrich vom Hochwasser des Jahres 2002
 
Foto Nik Heinrich Sommer 2002 der SPitalplatz unter Wasser


Es hat den Anschein, als ob es ursprünglich die Aufgabe der Anlieger gewesen war, die Straße in Stand zu halten, als dies nicht geschehen war, wurden die Arbeiten vom Magistrat veranlasst und nun entfielen auf den Anlieger Kollmaier 94 Gulden und auf Holzapfel gut 8 Gulden. 50 weitere Gulden wurden dann vom Bezirk übernommen.
1856 musste er sich einen Baustopp durch den Landrichter von Paur gefallen lassen, da er sich beim Neubau eines Stadels vorher keine Genehmigung eingeholt hatte. 
Daraufhin erschien Christoph Kollmaier vor dem Magistrat und erklärte:
"Durch einen den 5. des Monats entstandenen Brand hatte ich das Unglück, daß mein Wohnhaus mit Nebengebäuden ein Raub der Flammen wurde. Theils um nur schnell wieder wegen des nahenden Winters, theils auch um die noch stehen gebliebenen Gemauer und Gewölbe vor dem Eindringen der Nässe zu bewahren, bin ich genöthigt, hierauf ein Nothdach zu errichten. Dasselbe wird aus Brettern und Legschindeln konstruiert und werden die disfalsigen Verrichtungen in der Weise getroffen, daß nicht die mindeste Feuergefährlichkeit zu besorgen ist."
Unterschrift: Kollmaier
1859 geht es erneut um die Feuersicherheit im Kollmaierschen (Not)Neubau, als er ultimativ aufgefordert wurde, Teile seiner Dachkonstruktion mit Eisenblech zu versehen. Diese Aufforderung von Seiten des Magistrats wurde im Hintergrund mit einem strafbewehrten Schreiben Carl von Paurs befeuert.
Als es im Jahre 1861 zur Aufforstung des Ludwigsbergs kam, spendete Christoph Kollmeier 2 1/2 Schaffel Samen zu dieser Anpflanzung.
Aus dem Jahre 1866 gibt es einen Plan, der Kollmaierschen Lohmühle auf dem Bereich des Schussangers, der uns einen seltenen Einblick in diese kleinen Wasserkraftwerke gibt.
StA Landshut Rep 164/8 Nr. 957

Wie im obigen Kurzbeitrag über den Pfingstbräutigam Kollmaier bereits kurz angesprochen, war Christoph Kollmaier auch Kötztinger Bürgermeister und als solcher bei seiner 2. Amtszeit dann auch Mittelpunkt einer Affäre, die weite Kreise schlug und Kötzting in die überregionale, ja internationale Presse brachte.

Der Kötztinger Bürgermeister und der Bischof v. Senestrey

Zur Vorgeschichte dieses speziellen Streitfalles gehört ganz am Anfang das Erste Vatikanische Konzil, das am 8.12.1869 eröffnet wurde und im Sommer 1870 ein Lehrdokument über den katholischen Glauben, den päpstlichen in Lehrdokument über den katholischen Glauben, den päpstlichen Jurisdiktionsprimat verabschiedete und damit die Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes „bei endgültigen Entscheidungen in Glaubens- und Sittenlehren“ definitiv zum Dogma erhob. Aus dem Widerstand gegen diese Beschlüsse ging die alt-katholische Kirche hervor.
Die altkatholischen Kirchen in Deutschland entstanden aus Protest gegen diese dogmatischen Definitionen des Jurisdiktionsprimats und vor allem der päpstlichen Unfehlbarkeit.  Diejenigen römisch-katholischen Christen, die die neuen Dogmen ablehnten, wurden exkommuniziert. Sie nannten sich – unter Bezugnahme auf die Alte Kirche – „Alt-Katholiken“, um sich von der aus ihrer Sicht „neuen“ römisch-katholischen Kirche abzugrenzen. (aus Wikipedia: die alt-katholische Kirche)

In Kötzting kam der Hammer jedoch ganz speziell durch eine andere Änderung, nämlich die ab nun geforderte neue geforderte Form des Umgangs mit dem Allerheiligsten im öffentlichen Raum. Diese neuen Regeln sehen wir heutzutage noch bei den Fronleichnamsprozessionen. Der Priester geht unter einem von vier "Himmelträgern" getragenen Baldachin, im Rauchmantel und vor allem mit einem Velum, also einem Schultertuch, mit dem er beim Gehen die Monstranz mit dem Allerheiligsten zu/verdeckt...... und damit sind wir beim Kötztinger Pfingstritt, bei dem von aller Anfang an der Priester - hoch zu Pferd -  das Allerheiligste, in einer Reitermonstranz um den Hals gebunden, nach Steinbühl hinein trug. Dass es im Verhältnis zwischen der Kötztinger - männlichen - Bürgerschaft und dem Pfarramt schon Jahre zuvor geknirscht hatte, verschärfte die Situation noch weiter.
 
Von Herrn Ludwig Baumann gibt es zu dem Thema bereits einen Beitrag in den sogenannten "Gelben Bänden" aus dem Jahr 1993 (Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham, Band 10, Seite 205 ff), den ich hier mit seiner Erlaubnis anführe. 


Ludwig Baumann

Der Kötztinger Kirchenkampf in den 1870er Jahren

Karl von Paur, der tatkräftige, umsichtige und sozial lenkende Bezirksamtmann, der treffliche und verdienstvolle Chronist des Kötztinger 19. Jahrhunderts, rühmte die Jahre von 1833 bis 1860 als „eine Periode besonderer Geselligkeit infolge besten Einvernehmens zwischen Beamten, Geistlichen, Bürgern und den übrigen Einwohnern." Manch fremder Geschäftsreisende hätte seinen Aufenthalt in Kötzting um ein paar Tage verlängert, „um an den Ortsvergnügungen Theil zu nehmen." Dies habe sich schlagartig geändert. In den 1860er Jahren „nahm die Geselligkeit immer mehr ab und artete zuletzt in Folge der politischen und kirchlichen Ereignisse in Partheyungen aus, die ein ferneres geselliges Zusammengehen der verschiedenen Einwohnerklassen nicht mehr zuließen."[1] Was war geschehen? In Kötzting tobte eine Art Kirchenkampf, der das Bürgertum spaltete, das Pfarrvolk entzweite. Als die Auseinandersetzungen den Gipfel erreichten, traf gestandene Kötztinger die Exkommunikation, wurde der Bischof vor den Kadi zitiert, durften die Kirchenglocken dem eben genannten Karl von Paur nicht ins Grab läuten. Den Anlass für die Entzweiung lieferte der in den Tiefenschichten der Kötztinger Seele wurzelnde Pfingstritt. Eingriffe in Tradition und Ordnungsgefüge des Pfingstbrauchtums treffen ins Mark.

Vorgeplänkel


Im Jahre 1859 hatte der Magistrat, wie all die Jahre vorher, dem Pfarramt eine Liste mit drei Bürgerssöhnen übergeben, die für die Überreichung des Ehrenkränzchens in Frage kamen. [2] Nach bisheriger Gepflogenheit war der an erster Stelle Genannte der Wunschkandidat der Marktverwaltung.

Zu aller Überraschung überreichte Kooperator Koller nicht dem ersten das Kränzchen, sondern dem an zweiter Stelle gesetzten Xaver Dachauer.
Die Empörung war groß. Der Magistrat beschwerte sich beim Bischof und behauptete, das königliche Pfarramt habe es nur darauf abgesehen, „das Ansehen des Magistrats in ein schiefes Licht zu stellen und denselben gegenüber der zugeströmten ungeheuer großen Menschenmasse dem allgemeinen Hohn preiszugeben." Ein solches Gebaren von einer geistlichen Behörde könne „zu einer so kritischen Zeit, wo freundliches Zusammenwirken doppelt Pflicht ist", nicht hingenommen werden.
Pfarrprovisor Maurer, der nach dem Tod von Pfarrer Henneberger vorübergehend die Pfarrei leitete, begründete die offensichtlich zuvor abgesprochene Handlungsweise des geistlichen Offiziators mit folgenden Argumenten:
  • Der Erstgenannte, Rabl, habe sich am Pfingstritt nicht beteiligt, um Vorbereitungen für die anschließenden Feierlichkeiten zu treffen. „Wer nicht mitreitet, hat keinen Anspruch auf den Ehrenkranz."
  • Die Mutter des Rabl habe dringend gebeten, ihrem Sohn den Ehrenpreis nicht zu geben, „weil diese Auszeichnung so viel koste
Im übrigen kreidete der Pfarrprovisor dem Magistrat an, dass in diesem Jahr schon drei Tage vor Pfingsten die entsprechende Sitzung war. Bislang wurde sie erst am Pfingstmontag unmittelbar nach der Feldmesse gehalten, „um die Bürgerssöhne aufzumuntern, recht zahlreich sich am Zuge zu beteiligen". Gerade die geringe Beteiligung der Bürgerssöhne beklagte der Pfarrprovisor. Außerdem die wenig erbauliche Andacht der Mitreitenden, so dass bei den Evangelien die vorgeschriebenen Zeremonien „nicht beobachtet werden". Der Landrichter habe geäußert: „Es ist gut, dass wir von Andersgläubigen nicht beobachtet werden, sie könnten sich des Lachens und der Verwunderung nicht erwehren" [3]
Da wird doch ein gravierendes Missverhältnis zwischen religiösem Anspruch und Wirklichkeit des damaligen Pfingstritts offenbar!
Mangel an gutem Einvernehmen kennzeichnet auch die folgende Episode. Auch sie betrifft das Pfingstgeschehen.
Im Mai 1865 richtete der Kaminkehrer Karl Diermayer in seiner Eigenschaft als Hauptmann der Landwehr-Compagnie an Pfarrer Lehner (seit 1864 in Kötzting) die schriftliche Bitte, die Kirchenverwaltung möge den Freialtar an der Veitskirche, auf dem alljährlich am Pfingstmontag die Feldmesse gelesen wird, reparieren lassen. Der Pfarrer antwortete knapp:

  • Die schadhaften Ecken des „sog. Altars" werden bei Feldmessen mit dem Altartuch abgedeckt.
  • Für eine so geringe Reparatur sei kein Maurer zu bekommen.
  • Überhaupt habe die Pfarrei jenen Altar nicht nötig.

Der Pfarrer muss von Diermayer, der in unserer Geschichte noch eine Rolle spielen wird, nicht allzu viel gehalten haben. In seinem Brief hatte er ihm, wie einem Schulbuben, mit Rotstift die Rechtschreibfehler angestrichen. [4]

Im Jahr darauf nahm die Auseinandersetzung schärfere Konturen an.
Eine Woche vor Pfingsten bat Diermayer in einem Schreiben an das Pfarramt, dass am Pfingstmontag um 8.00 Uhr nach dem Ausritt eine Feldmesse gehalten werde. Der Pfarrer erwiderte, es gäbe keine Feldmesse, außer die Landwehr Kompanie würde wieder, wie in früheren Jahren, bei Prozessionen, wie etwa an Fronleichnam, das Allerheiligste begleiten.
Postwendend kam folgende Antwort: Es besteht keine derartige Verpflichtung. Sollte aber eine solche Begleitung bei der Landwehr beantragt werden, verschließe man sich dem Wunsch nicht. Die Behauptung, die Landwehr würde „die schuldige Ehrerbietung und Verehrung des höchsten Herrn außer Acht lassen", wies Diermayer scharf zurück.
Jetzt war der Pfarrer in der Zwickmühle. Die schriftliche Erwiderung muss ihm sehr schwer gefallen sein. Nicht weniger als sechs Entwürfe liegen bei den Akten. Schließlich schrieb er: Da es dem Hauptmann Diermayer nicht um Verständigung gehe, verbiete er sich weitere Zuschriften.
Wenn er etwas von ihm wolle, solle er das Gespräch suchen.[5] Ob es dazu kam, wissen wir nicht. Offenbar blieben Abneigung und Mißtrauen bestehen, schwelte der Streit weiter, bis er nach drei Jahren zu neuen Dimensionen eskalierte.

Kampfansage


Damals (1869) wurden in Kötzting neue liturgische Vorschriften bekannt, die den Pfingstritt insgesamt in Frage stellten. Im zeitigen Frühjahr trug man an Pfarrer Lehner wiederholt die besorgte Frage heran, ob die „Prozession zu Pferde" auch heuer wieder durchgeführt werden dürfe oder ob Änderungen vorgeschrieben würden. Der Magistrat verfasste eine ausführliche Petition, legte Abschriften aus der Ortschronik und aus alten Marktkammerrechnungen bei und bat „untertänig" um Aufrechterhaltung der „Prozession, wie dieselbe seit unfürdenklicher Zeit bestanden hat" [6]

Der Pfarrer gab das Gesuch an den Bischof weiter, schilderte den Pfingstritt aus geistlicher Sicht in allen Einzelheiten, machte darauf aufmerksam, dass jede Änderung „den Böswilligen ein sehr willkommenes Mittel (sei), um die Geistlichen beim Volke zu verdächtigen" und befürchtete, dass man Änderungen dem Pfarrer in die Schuhe schieben würde. Er erbat oberhirtliche Anweisungen und Verhaltensregeln.[7]
Die Antwort verrät, dass man in Regensburg sehr verschwommene Vorstellungen vom Kötztinger Pfingstritt hatte. Das Ordinariat verlangte „durchgreifende Änderungen", um den Forderungen der liturgischen Gesetzgebung zu genügen:
Der geistliche Offiziator sollte, mit Rauchmantel und Velum bekleidet, das Allerheiligste zu Fuß nach Steinbühl und zurück tragen.
Die Prozessionsteilnehmer sollten ebenfalls zu Fuß gehen. Lediglich vor dem Kreuz und am Schluss des Zuges dürften Männer zu Pferd als Ehrenwache mitreiten. Die Uberreichung des Ehrenkränzchens müsse nach Prozession und sakramentalem Segen in der Pfarrkirche vorgenommen werden.[8]
Es ist kaum vorstellbar, dass der Pfarrer diesen Brief den Kötztingern bekannt machte. Ein Hohngelächter wäre die Folge gewesen.
Brechen doch diese kirchenamtlichen Vorschläge mit jeglicher Pfingstritt-Tradition, nach der der Geistliche, mit Chorrock und Stola angetan, ebenso hoch zu Ross sitzt, wie alle Prozessionsteilnehmer.
In dieser Monstranz trug der geistliche Offiziator bis zum Jahre 1868 das Allerheiligste beim Pfingstritt mit. Das Tugendkränzchen umschloss den Glasbehälter mit der Hostie. Foto: L. Baumann

In seiner Erwiderung rückte Pfarrer Lehner dann auch einiges zurecht.
Vor allem verwies er darauf, dass die Ritteilnehmer nicht als Ehrengeleit zu verstehen seien, sondern die Prozession selbst bilden und dass es für den Geistlichen unmöglich sei, den weiten Weg zu Fuß und noch dazu in vollem Ornat zurückzulegen.
Schließlich nahm an diesem denkwürdigen Pfingstmontag des Jahres 1869 die Sache ein Ende, das den Bischof (Ignatius von Senestrey) voll zufrieden stellte [9], das unter den Kötztingern aber tiefe Missstimmung hervorrief. Nach jahrhundertelangem Brauch hatte bis zu diesem Jahre der geistliche Offiziator in einer kleinen Monstranz das Allerheiligste mit-getragen. Das Tugendkränzchen hatte den Glasbehälter mit der Hostie umschlossen. Erstmals in diesem Jahr trug der Geistliche statt der Monstranz ein silbernes Kreuz auf der Brust. Daran war, wie heute noch, das Ehrenkränzchen befestigt.
Voll Kummer schrieb Pfarrer Lehner danach an den Bischof: „Zu jetziger Zeit bieten [...] Änderungen in altherkömmlichen Ceremonien und Gebräuchen der sog. Fortschrittspartei und den offenen und verkappten Feinden der Religion und somit auch der Geistlichkeit eine sehr willkommene Gelegenheit, die Geistlichen zu verdächtigen, das Vertrauen auf dieselben zu untergraben." Aber dann versichert er trotzdem dem Bischof seinen Gehorsam mit den Worten: „Wenn auch jede Anderung immerhin die Aufregung und Missstimmung erhalten und zu jährlich sich wiederholenden Schmähungen und Verdächtigungen Anlass geben wird, so wird stets ein geistlicher Pfarrer den oberhirtlichen Anordnungen gehorchen."[10] Die Schmähungen und Verdächtigungen wollte der Pfarrer nicht mehr lange ertragen. Ein halbes Jahr später ließ er sich nach Hohenthan bei Kelheim versetzen. [11]

Trennung


Ab 1871 trat der Kötztinger Kirchenkampf in sein entscheidendes Stadium. Ein weltkirchliches Ereignis schlug im Markt hohe Wellen, höhere als andernorts in der Region: das Erste Vatikanische Konzil (1869/70).
Die meiste Zeit der Konzilssitzungen und die größte Aufmerksamkeit nahm die Frage nach der Unfehlbarkeit des Papstes in Anspruch. Die Kampfeswogen um dieses Thema gingen im Konzil und auch außerhalb hoch. Die Versammlung war in zwei Lager gespalten. Zur ansehnlichen Minderheit, die gegen die Verkündung dieses Dogmas eintrat, gehörten 13 deutsche Bischöfe. 12 von ihnen reisten mit Erlaubnis des Papstes vorzeitig von Rom ab, um der Schlussabstimmung auszuweichen. Die überwältigende Mehrheit stimmte schließlich für die Erklärung, dass der Papst bei endgültigen Lehrentscheidungen über Glaube und Sitte unfehlbar ist (Abstimmungsergebnis 533:2).
Ein in hohem Maße aktiver Befürworter der Unfehlbarkeitsentscheidung war der Regensburger Bischof Ignatius von Senestrey [12] (Er hatte den Kötztingern verboten, das Sanctissimum beim Pfingstritt mitzuführen).
Er ist der Vollender der Regensburger Domtürme. Er machte sich um die Priesterbildung hoch verdient. Er trägt aber auch die „Verantwortung für die Zuspitzung der Gegensätze, für die Spaltung innerhalb des Konzils"  (K. Hausberger) [13]
Und er wurde von einer neurotischen „Seherin" in seinem Handeln stark beeinflusst. Obendrein war er ein Opfer langjähriger Erpressung, eine schillernde Persönlichkeit. [14]
Der schärfste Gegner des Unfehlbarkeitsdogmas unter den deutschen Gelehrten war der hochangesehene Münchner Kirchenhistoriker, Theologe und Priester Ignaz Döllinger. In der „Augsburger Allgemeinen Zeitung" schrieb er eine sehr kritische und leidenschaftliche Artikelserie gegen das Konzilsgeschehen unter dem Pseudonym Janus. Damals war er Dekan der Theologischen Fakultät München. Da sich Döllinger dem Konzilsbeschluss (Unfehlbarkeit) nicht unterwarf, musste Erzbischof Scheer über ihn die Exkommunikation verhängen (Ausschluss von den Sakramenten, Entbindung von allen kirchlichen Funktionen). Keine leichte Aufgabe für den Bischof, der noch während des Konzils als Gegner des Unfehlbarkeitsdogmas aufgetreten war.
In der Öffentlichkeit blieb Döllinger anerkannt. Die Universität wählte ihn zum Rektor, noch jahrelang war er Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Schließlich wurde er in den Adelsstand erhoben. [15]
Am Ostermontag 1871 versammelten sich die Anhänger Döllingers im sog. Museum in der Münchner Promenadenstraße 12. Sie richteten eine „Adresse" an die Staatsregierung. Das war eine Art Bittschrift für Döllinger mit einer Unterschriftsliste. In Fachkreisen ist sie als „Münchener Museumsadresse" bekannt.[16]
Mit diesem Schriftstück greift das weltkirchliche Geschehen in die Kötztinger Lokalgeschichte ein.
Noch im gleichen Monat (April) heftete Pfarrer Jäger (in Kötzting 1870-1877) eine gesiegelte Erklärung mit folgendem Wortlaut an die Kirchentür:
"Es wird hier und in der Umgebung eine Adresse zur Unterschrift verbreitet, welche sich für den von der katholischen Kirche abgefallenen Professor und Priester Döllinger von München und gegen das letzte allgemeine Consilium ausspricht. Vor Unterschrift wird hiermit pfarramtlich gewarnt. Denn wer diese Adresse anerkennt und unterschreibt, erklärt seinen Austritt aus der katholischen Kirche und ist der Exkommunikation und den damit verbundenen Kirchenstrafen verfallen.
Kötzting den 20ten April 1871
M. Jäger Pf."
[17]
Am Abend des gleichen Tages trafen sich die beiden Gremien der Marktverwaltung zu einer gemeinsamen Sitzung (der Magistrat mit Bürgermeister Kollmayer hatte 7 Mitglieder, die Gruppe der Gemeindebevollmächtigten mit Vorstand Diermayer zählte 18 Mitglieder).[18] Während oder nach der Sitzung wurde über die „Museumsadresse" gesprochen. Schließlich reichte man sie zur Unterschrift herum. Alle unterschrieben, mit Ausnahme des Magistratsrats Lukas.[19]
Pfarrer Jäger war geschockt und berichtete dem Bischof. Die Bestürzung war umso größer, als sich herausstellte, dass die „Adresse" im Bayerischen Wald und in ähnlich großen Marktflecken kaum Beachtung gefunden hatte. Der Pfarrer errechnete, dass entsprechend dem bayerischen Durchschnitt in Kötzting nur sechs Unterschriften hätten geleistet werden dürften. Es waren 24! [20]
Jetzt waren die Befürchtungen, die Pfarrer Lehner zwei Jahre zuvor ausgesprochen hatte, eingetroffen: Die sog. Fortschrittspartei suche nach Gelegenheiten, um das Vertrauen in die Geistlichkeit zu untergraben. Und an ein Zweites muss erinnert werden. Die Leute, die wortführend für die herkömmliche Form des Pfingstritts gekämpft hatten, standen jetzt in vorderster Reihe der Kötztinger Opposition gegen den Konzilsbeschluß. Zum Beispiel Karl Diermayer. Als sich die Unterzeichner der Museumsadresse zu einer von der katholischen Kirche getrennten Glaubensgemeinschaft, den Altkatholiken, formierten, kam Diermayer eine Führungsaufgabe zu.
Er wurde von den Kötztinger Altkatholiken als Delegierter nach München geschickt zu einer Art konstituierenden Versammlung der „altkatholischen Reformbewegung" (Karl von Paur). [21]

Das Pfarrarchiv Kötzting verwahrt den Brief eines prominenten Mannes, Maximilian Schmidt gen. Waldschmidt, der die damalige Situation trefflich erhellt. Der Volksschriftsteller hatte 1869 eine Papierfabrik in Regenstein bei Kötzting gegründet und wohnte mit seiner Familie zeitweise im Haus „Waldfrieden"

München den 181en Januar 1872

Euer Hochwürden!

Eine durch einen unglücklichen Fall herbeigeführte Krankheit an meinem Arme hinderte mich bis jetzt ihr wertes Schreiben vom 25ten November, welches Sie in Betreff meiner Eingabe als Vorstand des Altkatholiken-Aktionscommités Kötzting an die dortige Kirchenstiftung an mich zu richten die Güte hatten, bis jetzt zu beantworten, umsomehr ich vor hatte, mit Ihnen mündlich diese Angelegenheit, soweit sie meine Persönlichkeit betrifft, zu besprechen.

Da sich dies zu verzögern scheint, erlaube ich mir, um allenfalsigen Missverständnissen über mein Schweigen vorzubeugen, ganz ergebenst nachfolgende Entgegnung auf ihre werthe Zuschrift. Der Standpunkt der Altkatholiken Kötztings wie der ganzen Welt ist - daß wir die glaubenstreuen Katholiken sind; von einer Convertierung unsererseits kann keine Rede sein, denn nicht wir haben uns geändert, sondern die Neukatholiken, die Anhänger des Unfehlbarkeitsdogmas. Aus diesem Grunde verwahre ich mich Namens des Aktionscommités gegen den Vergleich mit Protestanten [...]. Was die persönliche Bemerkung betrifft, welche Sie gegen mich zu machen beliebten, da ich speziell nicht in Ihre Pfarre gehöre [22], so habe ich lediglich im Auftrag des Aktionscomités gehandelt, welches mich mit der Vorstandschaft betraute.
Wenn dieses Aktionscomité jetzt auch ein kleines Häuflein bildet, darunter wohl die Mitangesehensten des Marktes Kötzting, so wird sich dasselbe wie überall gar bald vergrößern, denn die Leuchte des wahren Glaubens, welcher wir bis daher treu gefolgt, muß ihre wohlthätigen Strahlen immer weiter verbreiten - nicht als eine Brandfakel des Unfriedens, wie Euer Hochwürden glauben, sondern als himmlischer Bote des Friedens, der schließlich uns alle wieder vereinigen wird. Meine Person ist zu unbedeutend, um hierzu etwas beitragen zu können, so wenig als Euer Hochwürden dieser fortschreitenden Bewegung einen Damm entgegenzusetzen im Stande sind und Drohungen, wie sie zum Schluß Ihres Schreibens enthalten sind, können einem Manne doch wohl nur ein Lächeln entlocken. Doch jeder schreibt von seinem Standpunkte aus und schließt dieß nicht aus, daß ich Ihnen die Versicherung meiner vorzüglichen Verehrung gebe und mich zeichne mit hochachtungsvoller Ergebenheit

Max Schmidt, k. Hauptmann a. D., und Gutsbesitzer
[23]



Bischof v. Senestrey

Beleidigung


Blenden wir noch einmal auf 1871 zurück. In diesem denkwürdigen und ereignisreichen Jahr sollte in Kötzting wieder eine Firmung stattfinden.
Bischof Senestrey ließ den Pfarrer wissen, „dass es von der katholischen Stimmung und Gesinnung der Gemeinde Kötzting abhängt, ob in diesem Jahre die hl. Firmung daselbst werde gespendet werden und dass hierauf auch der Umstand von Einfluss sein wird, ob die Unterzeichner der fraglichen Adresse reumütig in sich gehen, und das gegebene Ärgernis sühnen. Es hat daher der Herr Pfarrer über diese beiden Punkte speziell anher zu berichten" [24]
Als der Pfarrer auftragsgemäß die Gesinnung der Kötztinger Marktführung in Erfahrung bringen wollte, bekam er eine knappe, aber deutliche Abfuhr. Beide Gremien schrieben zurück, „dass es unmöglich im Wirkungsbereich des Magistrats [bzw. der Gemeindebevollmächtigten] liegen kann, Bürger in politischen oder in Glaubenssachen auszuforschen und dieselben beim Pfarramte zu denunzieren" [25]
Bischof Senestrey kam dann doch zur Firmung (5.7.1871). Er kam und kanzelte ab. Pfarrer Jäger hielt die Grundgedanken dieser Predigt in einem Gedächtnisprotokoll fest:
Diesmal sei er, der Bischof, mit tiefbetrübtem Herzen nach Kötzting gekommen. „Denn ein entsetzliches Unglück hat sich unter Euch zugetragen, ein großes Verbrechen ist begangen worden. Euer Bürgermeister hat die bekannte Adresse zu unterschreiben Euch eingeladen; und es haben sich einige, wenn auch nur wenige gefunden, welche diese Adresse unter-schrieben; darunter die Vertreter der Gemeinde. Dies ist Aufruhr, ein Verbrechen gegen den Sohn Gottes. [.../ Welch ein Frevel! Es kann keine größere Sünde geben, als diesen Frevel gegen den Sohn Gottes! Daher sind von jeher die schärfsten Kirchenstrafen auf solchen Frevel gesetzt und vollzogen ...]. Jene, welche die Adresse unterzeichnet haben, können die Stelle eines Firmpathen nicht übernehmen ....]. Als Oberhirte, als Nachfolger der Apostel Christi warne [ich] Euch vor den falschen Propheten. Solche falschen Propheten sind die Zeitungen unserer Zeit. Sie haben kein Recht, Reine Gewalt, nicht die nötige Wissenschaft, um Euch in Glaubenssachen belehren zu können. Sie stellen diese Sachen im falschen Lichte dar und viele Gimpeln lassen sich fangen. Die Augsburger Abendzeitung lesen sie, aber sie können das Wahre vom falschen nicht unterscheiden. Seid treue Kinder der Kirche!" [26]

Bgm Christoph Kollmaier

Wie in Kötzting heute noch allgemein bekannt ist, verklagte Bürgermeister Kollmayer den Bischof wegen Beleidigung und „Ehrenkränkung". Am 
9. Oktober 1871 kam es zur öffentlichen Verhandlung vor dem königlichen Landgericht Kötzting. Der Bischof, persönlich nicht anwesend, ließ sich durch den Advokaten Stegerer aus Deggendorf vertreten. Das Urteil lautete auf Freispruch. Kollmayer legte Berufung ein. Darauf verurteilte das königliche Bezirksgericht in Straubing am 9. Dezember 1871 Bischof Senestrey zu einer Geldstrafe von 75 Gulden und zur Tragung sämtlicher Kosten. [27]

Karl von Paur vermerkt in seiner Chronik dazu: " Des Bürgers Ehr`, geschützt vor den Gesetzen, darf auch ein Prietser lieblos nicht verletzen." Und dann fügt er hinzu: „In Folge dieses Strafverfahrens gegen den hochangesehenen Herrn Bischof, und da überdiß ein altkatholischer Religionsverein sich constituiert hatte, entstanden Parteyungen, gegenseitige Verdächtigungen und vielfältige Verdrießlichkeiten, sohin eine bedauerliche Störung des Friedens in der sonst ruhigen Gemeinde. " [28] Karl von Paur war selbst Altkatholik. Zwei Jahre später gab seine Beerdigung Anlass zu noch größeren „Verdrie
ßlichkeiten"

 
1. Karl von Paur, Gedenkblätter zur Ortsgeschichte des Marktes Kötzting. Von 1800 bis 1971, Manuskript im Stadtarchiv Kötzting (Panzerschrank des Bürgermeisters), 1. Abteilung, II. Charakter der Ortsbürger und geselliges Leben,

2. Der den Pfingstritt zu Pferd begleitende „geistliche Offiziator" überreicht nach der Heimkehr einem Bürgerssohn als Auszeichnung das „Tugendkränzchen" (Filigranarbeit mit bunten Steinen), siehe dazu: K. B. Krämer, Der Bittgang der Hufe, in: Landkreis Kötzting, Straubing 1964, S. 332-342; K. H. 
Krämer, Der Kötztinger Pfingstritt, in: Kötzting 1085-1985 Regensburg 1985, S. 209-213.

3 Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg, Pfarrei Kötzting, Pfingstritt, Schr. d. Pfarrprovisors Maurer
vom 27.7.1859.

4 Pfarrarchiv Kötzting (PfAK), Pfingst-Ritt zu Kötzting, Nr. 45, Schr, vom 29.5.1865, Antwort a tergo.
5 Wie Anm. 4, Schr. vom 11., 12. und 13.5.1866
6 Wie Anm. 4, Schr. des Magistrats vom 7.4.1869
7 Wie Anm. 4, Briefentwurf von Pfarrer Lehner vom 8.4.1869
8 Wie Anm. 4, Schr. des bischöfl. Ordinariats vom 10.4.1869
9 Wie Anm. 4, Briefentwurf des Ordinariats vom 18.4.1869
10 Wie Anm. 4, Briefentwurf an Bischof Ignatius von Senestrey vom 13.8.1869.
11 Wie Anm. 1, 26.1.1870
12 K. Hausberger, Geschichte des Bistums Regensburg II, Vom Barock bis zur Gegenwart, Regensburg, 1989, S. 171-179. K. Bilmeyer/H. Tüchle, Kirchengeschichte, III. Band, Paderborn 1959, S. 391-394.
13 Wie Anm. 12, Hausberger, S. 178
14 Wie Anm. 12, Hausberger, S. 179-185
15 K. Hausberger/B. Hubensteiner, Bayerische Kirchengeschichte, München 1985, S. 324-330. 
J. Brenninkmeyer, Ignaz von Döllinger ein getreuer Sohn?, in: Bayernkurier vom 13.1.1990
16 Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Minn 46 111, freundl. Mitteilung von Archivoberrat Dr.
Lauchs vom 20.9.1990
17 PFAK, Altkatholizismus. Adresse-Beerdigungen-Firmung, Nr. 36
18 Stadtarchiv Kötzting, XVIII/2, Sitzungsprotokolle 1861-1876.
19 Wie Anm. 1, 22. und 23.9.1871.
20 Wie Anm. 17.
21 Wie Anm. 19.

22 Regenstein gehörte mit Weißenregen bis 1922 zur Pfarrei Blaibach.
23 Wie Anm. 17, Schr. vom 18.1.1872.

24 Wie Anm. 17, Schr. vom 23.5.1871
25 Wie Anm. 17, Schr. des Pfarrers vom 25.5.1871, Antwort a tergo vom 29.5.1871.
26 Wie Anm. 17, Gedankengang der Anrede des Hochw. Hr. B. Ignatius v. S. Regensburg zu Kötzting am 5. Juli 1871.
27 Wie Anm. 1, 19.12.1871.
28 Wie Anm. 27.

 
 
Ludwig Baumann berichtete danach noch von den aufsehenerregenden Umständen von Carl von Paurs Beerdigung, die aber bereits im Blogbeitrag über Carl von Paur selber aufgearbeitet sind.

Nicht nur die beschämenden Umstände bei Carl von Paurs Beerdigung fanden ihren Weg in die Presse, sondern vor allem die überraschend starke Bildung einer Altkatholischen gemeinde und nachfolgend der Prozess mit dem Kötztinger Bürgermeister verursachten ein Rauschen im Blätterwald der damals sehr parteiischen Presselandschaft.
Nach einem einleitenden Bericht über manche vorhergehenden Angriffe auf den Regensburger Bischof - Stichwort Schwandorfer Rede - unterstellt der Autor in obigen Beitrag, dass die Gegenseite nur darauf warten würde, um Bischof v. Senstrey weiter zu bedrängen und so kommt der Autor auf den Kötztinger Fall zu sprechen.


Interessant ist hier, dass der Autor die für den Bischof so verhängnisvolle Rede von einem "fortschrittlichen Schullehrer" mitstenografieren ließ, während nach Ludwig Baumann das Stenogramm, welches im Pfarrarchiv liegt, vom damaligen Pfarrer Jäger angefertigt wurde.


Am 21.10.1871 erfolgte der Freispruch vor dem LG in Kötzting. Am 9.12.1871 dann die erste Verurteilung durch die nächst höhere Instanz in Straubing und, nachdem der Anwalt des Bischofs sogar vor den obersten bayerischen Gerichtshof gegangen war, erging von dort die endgültige Abweisung am 12.1.1872
In der Urteilsbegründung wird noch einmal die, im Text non Ludwig Baumann bereits in Teilen vorgestellte Rede des Bischofs, aufgeführt und danach die konsequente Schlussfolgerung gezogen, dass der Kötztinger Bürgermeister sich mit Recht in seiner Ehre hatte angegriffen gefühlt.
Auszug aus der Urteilsbegründung
Natürlich hatte der Regensburger Bischof seine Katholiken hinter sich und so erging ein Anufruf an die "Diöcesanen" zu einer Kreuzersammlung, um Strafe und Kosten dem Bischof zu ersetzen, was, nachdem die 
Hier noch die Liste der Zeugen beim ersten Prozess vor dem Landgericht Kötzting, mit vielen bekannten Namen.

Im Bayerischen Volksblatt - eindeutig auf Seiten des Regensburger Bischofs - , welches in Stadtamhof erschien, werden sogar Teile der einzelnen Zeugenaussagen kolportiert und dies ist eine Quelle, von der wir die in Kötzting besonders gerne erzählte Geschichte erfahren: 
Bayerisches Volksblatt Nr 290 von 1871

Hier also die Quelle, die uns den "Nebenskandal" überliefert, dass am sicherlich hoch geschmückten Ortseingang Kötztings - der Herr Bischof kam von Lam herunter - ein Schnupftabaktuch hing, unter dem Herr v. Senestrey durchkutschieren musste.

Das ist das "Nadelöhr" durch das der Bischof kutschieren musste und über dem
an einem zaunstecken das Kollmaiersche Schnupftabaktuch flatterte- hoffentlich unbenutzt.



Die Aussagen der Belastungszeugen wurden in diesem Bericht nach Kräften lächerlich gemacht.

Bayerisches Volksblatt Nr 290 von 1871

Am Ende eines Prozessberichtes über mehrere Seiten hinweg steht dann noch der folgende Schlußsatz:

Bayerisches Volksblatt Nr 290 von 1871

Der Deggendorfer Donaubote - auch auf Seiten des Bischofs - kopierte den Beitrag der Kollegen aus Regensburg ziemlich wortgleich.


Natürlich berichteten die Deggendorfer dann auch von der in Straubing stattfindenden Berufungsinstanz, wobei sie sich hier wegen des negativen Ausgangs nicht mehr so hämisch gegen die Aussagen der Juristen ausdrücken konnten.
Am Ende ihres Beitrags schrieben sie dann noch:
Deggendorfer Donaubote
Im Bericht über die Berufungsverhandlung in Straubing wird besonders herausgestellt, dass oder ob aufgerufene Zeugen gesehen hätten, dass der Bürgermeister Kollmaier den Tränen nahe gewesen war oder nicht.


Das Regensburger Tagblatt - nun eher ein Organ dass nicht unbedingt für den Bischof sprach, berichtete von der Anrufung des Obersten Gerichtshofes.


Regensburger Tagblatt

 Für Bürgermeister Kollmaier war die Angelegenheit nach seinem Sieg in oberster Instanz erledigt, nicht jedoch für den Lederer Gerhard Lukas, der zusammen mit seinem Bruder in Kötzting in der aufgeheizten Stimmung innerhalb der Bevölkerung im Wirtshaus des "Weiß auf der Höh" eine Schlägerei verursachten, die am Ende fast sogar zu einer Gefängnisstrafe des Bruders, - einem kgl. beamten in Neunburg vorm Wald - geführt hätte, wenn nicht ein entscheidender Zeuge die Schuld auf sich genommen hätte. 
Genauer ist dies nachzulesen im Beitrag über das "Lukasanwesen"

Der Prozesse des Kötztinger Bürgermeisters mit dem Regensburger Bischof  wurde von vielen Presseorganen verfolgt, weil es den Zahn der Zeit traf, in der die Politik mit Argusaugen auf die sogenannten "Ultramontanen" blickte. (Siehe der Kirchenkampf zuerst in Preußen und nun auch im Deutschen Reich).
So finden sich umfangreiche Artikel auch in der ausländischen Presse, die bei Weitem nicht so starke Partei für den Herrn Bischof ergriffen, wie z.B. in der Linzer Tagespost, im Österreichischen Journal, im Salzburger Volksblatt, der Wiener Abendpost,  im Prager Tagblatt, der Wiener Neuen Presse, Die Presse aus Wien und im Salzburger Volksblatt.

Im August 1960 schrieb die Kötztinger Zeitung in ihrer Rubrik "Kötzting im 19. Jahrhundert" von diesen schwierigen Jahren innerhalb der Kötztinger Bürgerschaft.



Der Prozess - auch wenn der Magistrat damals mehrheitlich in Händen der "Altkatholiken" gewesen war - hatte Christoph Kollmaier in seinem Amt als Bürgermeister nicht geschadet, im weiterhin mehrheitlich katholischen Markt Kötzting verblieb er bis 1781 ihr Bürgermeister. 
Kötzting selber hatte jedenfalls bei der einschlägigen Presse sein Fett weg, die sich nicht genug über die "famosen Männer" Kötztings lustig machen konnte
Zum Abschluss noch ein Spottartikel über den Kaminkehrer Diermaier und den Bürgermeister Kollmaier in der Extrabeilage des Deggendorfer Donauboten:

Deggendorfer Donauboten:
 
Deggendorfer Donauboten:



  Christoph Kollmaier als Bauherr


Im Jahre 1881 entsteht das kleine Gebäude direkt am Regenfluss gelegen. Da durch den Großbrand seines Anwesens im Jahre 1856 ziemlich sicher ein kompletter Neubau notwendig geworden war, findet sich in den vorhandenen Bauplänen - die gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Bestand des ehemaligen Landkreises Kötzting auftauchen - kein Bauakt für dieses Haus.
Christophs Baupläne, die sich um das zwischenzeitlich erworbene Nebengrundstück und dann vor allem in den neuen Gebäuden beim Kötztinger Bahnhof drehen, werden bei diesen Häusern abgehandelt.
Hier bei seinem "Haupthaus" findet sich nur der Akt über ein Wasch- und Backhaus.

StA Landshut Rep 162-8  Sch. 21 Nr.  3114 Kollmaier Christoph Waschhaus Backofen 1881"
"Plan 
über Wiedererbauung eines Wasch- und Backhauses
 mit Wiederverwendung der alten Ziegeldachung für Herrn
Christoph Kollmaier b. Gastgeber und Lederermeister
zu Kötzting"






Einige Jahre später ging es um die Erhöhung des Nebengebäudes und auch hier hat sich ein Plan erhalten, auch wenn dieser - vergleicht man den Plan und die Bilder aus den 60er Jahren - wohl nicht ausgeführt wurde.







DIA-Repro 1034

Christoph Kollmaier und die Eisenbahn


Ähnlich wie die oben bereits geschilderte Episode des Christoph Kollmaier mit dem Schnupftabaktuch ist auch der Widerstand des Kötztinger Lederers gegen den Zusammenschluss der beiden Bahnlinien Lam-Kötzting mit Cham Kötzting legendär.
Verbürgt ist auch der oft und gern erzählte Ausspruch, sein Besitzanspruch ginge hinunter in die Erde so tief bis "hinunter in die Hölle" und so hoch hinauf "bis in den Himmel".
Es gibt jedoch naheliegende Gründe weshalb Christoph Kollmaier sich mit allen Mitteln dagegen wehrte, dass ein Brückenbau die beiden Bahnlinien verbinden würde.
Zunächst jedoch der zeitliche Ablauf:
Ab 1885 geplant, erhielt im Jahre 1892 Kötzting endlich seinen lange ersehnten Anschluss an die weite Welt und seinen Bahnhof.  In einem nächsten Schritt versammelten sich am 10.3.1889 in der Post in Lam - in erster Linie Lamer Fabrikanten - Interessenten, um das Projekt einer Lokalbahn Lam-Kötzting und den Zusammenschluss mit dem bayerischen Eisenbahnnetz zu verwirklichen. 
Es folgten viele Zwangsenteignungen entlang der Strecke und im Oktober 1891 konnten dann die ersten Lokomotiven und Waggons bestellt werden.
In den Protokollbüchern der Lokalbahn ist nur ganz lapidar von einem widerspenstigen Kötztinger Landwirt die Rede, der den Zusammenschluss der beiden Strecken zu verhindern suchte.

Dieser "hartnäckige Kötztinger Landwirt" ist unser Christoph Kollmaier, der die zum Anlauf der Eisenbahnbrücke notwendigen Grundstücke nicht hergeben wollte, weshalb nach Fertigstellung der Eisenbahnbrücke und der bereits erfolgten Anlieferung der Lokomotiven, diese über eine Behelfsbrücke
über den Regenfluss gezogen werden mussten, bevor sie beim Bahnhof Zellertal dann endlich auf ihre Gleise gehoben werden konnten, um nach Lam abzudampfen.
Von diesem "Spektakel" gibt es einige Aufnahmen:
Eine Lokomotive auf Landausflug: Sammlung Mieleithner-Vogl

KÖZ vom August 1968
Wie man hier erkennen kann, wurde nicht der Brückenbau durch CK blockiert, sondern der weitere Verlauf des Schienenstrangs. 
Detail aus Bayernatlas.de: rot die projektierte Bahnlinie und blau das Sperrgrundstück des
Christoph Kollmaier

Christoph Kollmaier war sich sehr wohl bewusst, dass es bei einem Endbahnhof Zellertal und einem Endbahnhof Kötzting es viel Arbeit für Fuhrleute gegeben hätte und er zusammen mit dem Dregerkeller die einzigen Wirtshäuser weit und breit gewesen wäre.
Auf dieser Karte sind - bei einer Antragstellung des Holzhändlers Dattler - die beiden vorherigen Gaststätten im Spitalbereich eingezeichnet, oben Kollmaier und unten der Dregerkeller. 
Rechts Mitte sollte das Wirtshaus Dattler (heute Stefans Cafe), das natürlich sehr viel näher am Bahnhof Zellertal zu legen kam, in dessen Nähe sich viele auswärtige Holzhändler Flächen gesichert hatten um Schnittware zu lagern.
Foto Josef Boch: Pfingsten 1941 Einritt, im Hintergrund die Holzstapel dbeim Bahnhof Zellertal

Der Bahnhof Zellertal.
Als Dattler sein Konzessionsgesuch stellte, kam es sofort zu Einsprüchen der benachbarten Gasthäuser, eben vom Pächter des Dregerkellers und von Christoph Kollmaier, der auch die Verbindung der beiden Bahnen verhindern wollte, vermutlich auch weil Zellertal als Durchgangsbahnhof für ihn viel weniger wert wäre, als als Kopfbahnhof. In diesem Plan ist auch schön zu sehen, dass es damals die jetzige Umgehungs-bzw. Verbindungsstraße zwischen der Schullererkreuzung und dem Pfingstreiterkreisverkehr noch nicht gab. Dreger argumentierte, dass die vielen Fuhrmänner, die täglich das Holz zu den Lagerplätzen beim Bahnhof Zellertal anlieferten, den WEITEN Weg zu den anderen Wirtshäusern scheuen würden und ein Recht hätten, sich in kurzer Entfernung in einem Gasthaus erholen zu können. Ein Urteil nach der Augenscheinnahme schmetterte Dattlers Ansinnen ab, die Gutachter kamen zum Schluss, dass die anderen Gasthäuser denn dann doch nicht zu weit entfernt lägen.
Wenige Jahre später aber erhielt der Holzhändler Dattler die Konzession, ein Wirtshaus zu eröffnen, trotz des Widerstands der in diesem Bereich etablierten Wirte.
Im Oktober 1892 kam es zu einer großen Verhandlung, bei der alle Einsprüche der Grundeigentümer gegen die Enteignungen einzeln verhandelt wurden.
Xaver Windorfer, der Besitzer der Hammermühle, Georg Mühlbauer und Christoph Kollmaier waren die drei Grundstücksbesitzer, die sich zur Wehr setzten.
Kollmaiers Anwalt zweifelte, dass die Lokalbahn ein Unternehmen " der Art sei, die das Zwangsenteignungsgesetz beinhalte", er zweifelte also am Nutzen für die Allgemeinheit, die solch eine Enteignung zwingend vorschreiben würde.
Wäre die Trasse bei "Kammmacherhäusel" verbeigeführt worden, wären die Kosten für die Brücke viel geringer gewesen. Darüber hinaus plane Kollmaier eine weitere Ausbeutung seiner Lehmgrundstücke und die Errichtung einer Ziegelei.

Am 20.10.1892 erging dann der Bescheid und alle Einwände wurden verworfen.

Bescheid der Regierung vom Oktober 1892, in der eindeutig entschieden wurde, dass - neben vielen anderen -  auch Christoph Kollmaier seine - im Urteil benannten - Grundstücke abzutreten habe.
 Christoph Kollmaier gab sich jedoch nicht geschlagen und versuchte noch im Nachhinein die Lokalbahn AG zu stellen.








Am 9.August 1893 jedenfalls stellte CK über seinen Straubinger Anwalt Müller aus Straubing Klage gegen die Aktiengesellschaft Lokalbahn Lam-Kötzting. Der Streitwert wurde auf 3000 Mark festgelegt.
Klageschrift Christoph Kollmaiers:
StA Landshut Rep 165 Nr. 8032 

"An das k. Amtsgericht Kötzting
Klage
des Justizratts k. Advokaten
Müller in Straubing
für
Kollmaier Christoph
Lederermeister in Kötzting, Kläger vertreten durch den Unterfertigten
gegen Actiengesellschaft
Lokalbahn Lam-Kötzting
vertreten durch den Vorstand Glasfabrikanten Constantin Willmann in Lambach
anwaltrschaftlich vertreten.""
Briefkopf der "Aktiengesellschaft Localbahn Lam-Kötzting" im Zusammenhang mit einer Kautionsstellung beim Bau der Kötztinger Einsenbahnbrücke.

Die angeklagte Gegenpartei war vertreten in Person des Lamer Glasfabrikanten Willmann und dem Chamer Rechtsanwalt Dr. Schmidbauer.
Am 20.10.1893 erging das Urteil, die Klage Kollmaiers wurde abgewiesen.
Vermessungsamt Cham: 5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_2_1-01


CK wollte erreichen, dass die Bahn einen Weg zwischen den Plannummern 566 1/3 und einem benachbarten Grundstück herstellt. Die Beklagten berufen sich jedoch auf das obige Urteil der Regierung von Niederbayern vom 20.10.1892 in der der Lokalbahn auferlegt worden war, einen Weg südlich der Bahnlinie auf PlNr 573 hin zum fraglichen Grundstück des Klägers zu errichten.
Lt Kollmaier hätte sich die Bahn jedoch verpflichtet "ihm von seiner Plannummer 566 1/3, die durch den Bahnbau von der Verbindung mit der Straße abgeschnitten, eine Fahrt durch den Baumgarten des Bierbrauers Dreger herzustellen.... Dieser Verpflichtung sei die Lokalbahn nicht nachgekommen und "sei die Plannummer 566 1/3 durch den Bahnbau und den auf beiden Seiten mit lebenden Zeunen umgebenen Baumgarten des Dreger auch jetzt noch von der Straße abgeschnitten."
In der Verhandlung weist die Beklagte Seite im wesentlichen darauf hin, dass sie CK nach dem Urteil der Regierung für verpflichtet erachteten, dass er  " zum Zwecke der Erbauung der Lokalbahn Lam-Kötzting nach Maßgabe der vorgelegten Pläne und gegen vorgängige volle Entschädigung der von der genannten Gesellschaft benötigten Flächen unter anderem auch aus PlNr. 566 1/3 an die genannte Aktiengesellschaft abzutreten."

Und so ergeht folgendes Urteil:

"Endurteil
I. Die Klage vom 9. pr. 15. August des Lederermeisters Christof Kollmaier in Kötzting wird abgewiesen.
II. Kläger hat sämmtliche Kosten des Streites zu tragen."

Christoph Kollmaier geht in Revision und am 30.5.1895 kommt es zur nächsten Verhandlung, diesmal vor der "Civilkammer des k. Landgerichts Straubing"
Endurteil: 
"Die Berufung des Klägers gegen das Urtheil des k. Amtsgerichtes Kötzting vom 23.Oktober 1893 wird als unbegründet zurückgewiesen und hat Kläger auch die Kosten der zweiten Instanz zu tragen."



Es war für uns im Archiv vor Jahren eine große Überraschung, als ein renommiertes Straubinger Anwaltsbüro sein eigenes Archiv entstaubte und sich von den ganz, ganz alten Fällen trennte.
So bekamen wir eines Tages ein Couvert voll Briefen seines damaligen Rechtsanwaltes Müller an den  Herrn Christoph Kollmaier und einige dieser Briefe betreffen auch den Streitfall mit der Lokalbahn.
Es geht daraus nichts hervor, was wir nicht bereits wüssten, mit einer Ausnahme, dass CK offensichtlich auch seinen Sohn Karl in den Streitfall hineingezogen hatte.
StA Kötzting 325-3

Straubing, 7. August 1893
Werther Herr Kollmaier!
Um in der Angelegenheit Ihres Herrn Sohnes betr. "Unbefugtes Überschreiten des Bahngleises" ja sicher zu gehen, habe ich für Ihren Herrn Sohn auch noch schriftlich gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt. Um nun nichts zu versäumen, ersuche ich Sie mir sofort die Ladung...
.

"Zur Hauptverhandlung die Ihr Herr Sohn nunmehr erhalten wird, zukommen zu lassen. Außerdem mir das Ihnen übergebene Vollmachtsexemplar mit der Unterschrift Ihres Herrn Sohnes versehen, baldigst zu übersenden.
Mit Hochachtung grüßt Sie Ihr ergebener Anwalt Müller
."

Der oben erwähnte Strafbefehl, dürfe sich in dem folgenden - leider leeren - Umschlag befunden haben:

 

 
Den wahren und genauen Hintergrund für Kollmaiers Widerstand kennen wir nicht. Im nur bruchstückhaft erhalten gebliebenen Schriftverkehr aus des Anwalts Müller, geht es neben vielen Terminsachen auch ein paar inhaltliche Hinweise auf Bewässerungsrechte und Ablagerungen auf dem strittigen Grundstück. Es gibt jedoch noch einen zusätzlichen Hinweis auf ein mögliches Motiv seines  grundsätzlichen Widerstandes  gegen den Bahnschluss bzw. gegen die Lokabahn überhaupt. In einem Verfahren geht es um seinen Versuch für sein 1898 neuerbautes Gasthaus am Bahnhof ein Braurecht zu transferieren. Mittlerweile  -1892- hatte er nämlich das neben seinem Anwesen gelegene Haus mit Kommunbraurecht (= alte Hausnummer 72) erworben und groß ausgebaut; und um dessen Braurecht ging es dabei. 
 Sta Landshut Rep 162-8  Sch. 22 Nr.  3239 Kollmaier Christoph Hausnummer 72, das Nebengebäude

Lageplan des Bauaktes für Hanr 72




Trotz der mittlerweile bereits viele Jahrzehnte währenden Gewerbefreiheit in Bayern, war es in Kötzting immer noch ein Unding, solch ein radiziertes - also fest mit einem Anwesen verwurzeltes - Recht von einem haus auf ein anderes umzuschreiben, weshalb Kollmaier unterschreiben musste, dass er diese Gastwirtschaft zunächst nicht ausüben darf und dass er sein Gesuch an das Bezirksamt zu stellen habe.

StA Landshut Rep 164/8 Nr. 899
".... bis zur Verbescheidung dieses Gesuchs die Wirtschaft in seinem neuerbauten Hause an der Bahnhofstraße dahier bei Vermeidung von Strafeinschreitung und polizeilicher Verhinderung der Fortsetzung des Wirtschaftsbetriebs nicht ausüben darf.
Lt Unterschrift
Ch Kollmaier"
In seiner Erwiderung und Begründung seines Antrags beim Bezirksamt finden wir möglichweise den Grund für seine Abneigung gegen den Bahnbau. 

" Ich stelle nun an Kgl Bezirksamt Kötzting die Transferierung des Tafern- und Kommunbraurechts von meinem Anwesen HsNr 72 auf mein neu erbautes Anwesen an der Bahnhofstraße hochgeneigtest genehmigen zu wollen.
Es hat dieses Gesuch seine guten Gründe.
Früher als die Lokalbahn Kötzting Lam noch nicht ging, "

".... war mein Wirtschaftsgeschäft auf meinem Anwesen HsNr 72 in Folge der Blöcher=Bretter=und anderen Holztrifften ein sehr frequentes.
Durch die Erbauung der Lokalbahn ist, nachdem das meiste Holz mit der Bahn transportiert wird, das Tafern- und Comunbraurecht auf HsNr 72 beinahe gegenstandlos geworden.
Um nicht all zu großen Schaden erleiden zu müssen, habe ich mir die Kosten auferlegt auf meinem schon vor mehreren Jahren an der Bahnhofstraße erworbenen Bauplatz ein neues Gebäude aufzuführen um dahin die Wirtschaft verlegen zu können, weil dieser Platz zur Zeit der frequenteste im ganzen Markte sein dürfte."

StA Landshut Rep 162-8  Sch. 22 Nr.  3295  Kollmaier Christoph Erbauung eines Gasthofes 1898

Den Bauakt für den Neubau in der Bahnhofstraße unterschrieben Christoph Kollmaier und Karl Kollmaier, also Vater und Sohn.

Am 30.11.1898 erhielt CK vom Bezirksamt die Genehmigung zum Transfer.  Dieses windet sich aber wie eine Schlange um eine eindeutige Erklärung herum, wie solch ein radiziertes Recht, das eigentlich per definitionem übertragbar ist, mit der neuen Gewerbeordnung in Einklang zu bringen wäre, die keinerlei solche Beschränkungen vorsieht.
Das entscheidende Gewicht, das die Waagschale zugunsten einer Genehmigung veränderte, war die Antwort auf die Frage, ob an der neuen Stelle eine Notwendigkeit für eine Gastwirtschaft bestünde und diese Frage wurde sowohl vom BZA als auch vom Magistrat eindeutig bejaht. 
Nachdem er nun seine Genehmigung erhalten hatte, ist der nachfolgende Akt angefüllt mit Genehmigungsverfahren für die jeweiligen Wirtschaftspächter, die alle belegen mussten, einen guten Leumund zu haben und auch nur geringe Einträge im Strafregister haben durften.
Einer der Bewerber war ein Michael Vogl aus Traidersdorf, ein Vorfahre der Kötztinger Familie Vogl (Vogl Max, Vogl Musch, Zilk Olli)  und auch ein Verwandter des Robert Vogel, dem Sheriff aus Traidersdorf.


1898 kam es zur nächsten Übergabe. Karl Kollmaier, der Sohn des Christoph, wird der neue Besitzer des umfangreichen Bestands an Häusern und Grundstücken - und wohl begann dann auch, angeschoben durch seinen Vater und dadurch, dass dieser mit der Eisenbahn seinen Frieden geschlossen hatte, die beiden großen Gebäude in der heutigen Bahnhofstraße zu erbauen und zu erweitern. 
Christoph Kollmaier, der Vater, war mit seinem Widerstand gegen den Brückenbau und damit der Verbindung der Eisenbahnlinie Cham-Kötzting mit der Lokalbahnstrecke Lam-Kötzting gescheitert.
Letztendlich aber verdanken wir ihm die Tatsache, dass Kötzting nun 2 Bahnhöfe besitzt, den in Zellertal und den Hauptbahnhof Kötzting.
 

Kötztinger Anzeiger von 1906

 

Kollmaier Karl und Maria Amberger

Von dieser Generation der Kollmaier-Familie ist nur wenig bekannt und das wenige bezieht sich vor allem auf den sogenannten Kollmaier-Keller mit angeschlossenem Schießstand in der Jahnstraße und stammt ausschließlich aus dem Kötztinger Anzeiger.
Im Sommer 1904 wurde das Kötztinger Kommunebrauhaus in eine Genossenschaft umgewandelt und eine der vier Geschäftsführer wurde Karl Kollmaier.



KA vom 27.3.1904 da das Bahnhoflokal verpachtet war, handelt es sich hier um die Gaststätte bei der Oberbergerbrücke.
Nur im Kötztinger Anzeiger gibt es die eine oder andere Fundstelle, manche sogar sehr traurige.
Mit Datum des 24.8.1906 findet sich ein Selbstmord eines Angestellten des Karl Kollmaier, der wohl aus Sorge nach einem Unfall sich das Leben nahm.
KA vom 24.8.1906


Im Mai 1905 entschied sich der Magistrat sich dazu, die Viehmärkte wieder einzuführen und veröffentlichte eine Marktordnung.
Vier "Einfuhrstellen" sollte es im Markt geben. Beim Januel, beim Kuglmeier, in der Bahnhofstraße und beim Kollmaier sollten die Tiere nach tierärztlicher Untersuchung einen Stempel auf den Rücken bekommen.
Die neue Marktordnung des Marktes Kötzting



Am 15.1.1915 wurde Kollmaier Karl zusammen mit Johann Lukas, Johann Kroher und Herre Michael ins Gemeindekollegium gewählt.
Im Juni 1921 ereignete sich ein fürchterlicher Unfall mit einem Treibriemen im Kollmaierstadel am Spitalplatz, der einem kleinen Schulmädchen das Leben kostete.
KA vom 15.6.1921


Der Bereich des Spitalplatzes wurde auch schon mal als Volksfestplatz genutzt.

Foto Josef Barth


Am 24.1.1927 fand im Hause Kollmaier eine Generalsversammlung des Fischereibezirksvereins statt, bei dem auch eine neue Vorstandschaft gewählt wurde.



Karl Kollmaier und Brandl Ottilie


An Pfingsten 1924 war Karl Kollmaier der Brautführer - zusammen mit Franz Winter - für das Brautpaar Paul Gerstl und Anna Schmidt.
DIA Repro 736 
v.l. Karl Kollmaier - Anna Schmidt - Paul Gerstl - Franz Winter





Karl Kollmaier, der Sohn, heiratete am 6.11.1924 die Lamer Mühlbesitzertochter Ottilie Brandl und übernahm den Gesamtbesitz. Karl Kollmaier, der Vater,  verstarb hochgeachtet am 16.11. 1933.

KA vom November 1933

Bericht über die Beerdigung vom November 1933



Christoph Kollmaier, der Vater, hatte sich gegenüber dem Magistrat und dem Bezirksamt durchgesetzt und sich sehr lange erfolgreich dagegen wehren können, dass das alte Familiengrab der Kollmaiers im (damals) alten Friedhof rund um die Pfarrkirche aufgelassen werden musste. Allerdings war er der letzte seines Stammes, der dann dort unten begraben werden durfte; seinen Kindern wurde dies verwehrt und dies ist der Grund, weshalb die Familie Kollmaier, obwohl eine der ältesten Familien in Kötzting, im nunmehrigen alten Friedhof ihre Grablege nicht unter denen den alteingesessenen Bürger Kötztings im unteren Teil hat, sondern erst oben in der zweiten Friedhofserweiterung eine Grablege errichten konnte.
Nach dem Tode Karl Kollmaiers lag das Augenmerk der Wirtefamilie mehr auf den beiden vorhandenen Gasthäusern an der Oberbergerbrücke (damals Kollmaierbrücke genannt) und beim Bahnhof und so trennten sich die Erben vom Kellergebäude und veräußerten dieses an die Familie Liebl Ferdinands.

Aus dem Jahre 1936 gibt es einen Aufruf des damaligen Burschenvereinsvorstandes Hans Costa an seine Burschen, sich bei der der Kneipwirtin Frau Ottilie Kollmaier zu deren Namenstag sich einzufinden.
KA Anzeiger vom 11.12.1936


Im Dritten Reich ließ sich Karl Kollmaier überzeugen, in den Gemeinderat einzutreten um dort die, wie er aussagt, bürgerlichen Kräfte zu stärken.
Die in seiner Erklärung bei seinem Spruchkammerverfahren im Jahre 1946 angeführten Details über die Gäste in seinem Wirtshaus stimmen vollständig mit den berichten überein, die bei uns innerhalb der Familie erzählt wurden.
Hier Karl Kollmaier im Wortlaut:
StA Landshut Spruchkammer Kötzting Nr. 1093

Karl Kollmaier wagte im Jahre 1941 einen verhängnisvollen Schritt, er trennte sich von den meisten seiner Kötztinger Besitztümer - den Bahnhofsbereich behielt er als Einziges noch in seinem Besitz - und verlagerte seinen Lebensmittelpunkt in das nahe Sudetengebiet, indem er das Gut Girglhof kaufte.

Hana Kubikova - im Internet als Local Guide bezeichnet -  hat bei Google-Earth eine kleine Geschichte des Girglhofes bei Markt Eisensteins veröffentlicht:

Der Girglhof (Jiříks Hof) war einer der ältesten und zugleich größten Železnoru-Höfe, der in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstand. Das Land wurde gerodet und der weitläufige Bauernhof von Michael Schreiner im Jahr 1686 erbaut. Der Name Girglhof stammt wahrscheinlich vom Vornamen Jiří (das war der Vorname von Schreiners drei Söhnen). Der Teufelssee, der damals Firglsee hieß, grenzte damals zur Hälfte an den Hof. Zum Anwesen gehörte auch die Kapelle St. Antonius von Padua. Im Jahr 1877 brannte der hölzerne Girglhof ab (angeblich durch einen Funken einer Lokomotive von einem nahegelegenen Gleis erfasst) und an seiner Stelle wurde ein Backsteinbauernhof errichtet. Der Girglhof fungierte auch als Gasthof und Restaurant und erfreute sich bei Touristen großer Beliebtheit, sowohl wegen seiner Lage an der Straße zum Teufelssee und zum Schwarzen See, aber auch wegen seiner Hausmannskost und seinem Pilsner Bier. Das Anwesen befand sich mehrere hundert Jahre lang im Besitz der Familie, das Gut wurde 1939 verkauft, der neue deutsche Besitzer wurde jedoch nach dem Krieg entfernt. Nach der Verstaatlichung befand sich in dem Gebäude ein Kuhstall der Genossenschaft und das Gut gehörte dem Staatsgut Dešenice. Heute befinden sich das Wohnhaus und die angrenzende Kapelle in einem desolaten Zustand. Das Anwesen ist in Privatbesitz.


Foto Hana Kubikova , local guide






Was hier die kurze Episode des "deutschen" Besitzers angeht, wird diese Site auch von Karl Kollmaier erwähnt.


Aus dem Jahre 1941 hat sich eine ganz besondere Postkarte erhalten, die der neue Gutsbesitzer, Karl Kollmaier, an seinen früheren Nachbarn, den Färber, Johann Lukas, geschickt hatte.
 
Hier die "ultimative" Postkarte an den Landwirt Johann Lukas:
"Girglhof den 27.8.41
Warum hast du kein Fleisch geschickt? Brauche dasselbe sehr notwendig da ich immer Handwerksleute habe, und nicht aufzutreiben ist, nächste Woche habe ich wieder 4, 1 Zimmermann, 1 Mauerer und 2 Holzarbeiter. Schau daß du noch etwas herbringst, sonst kannst du was erleben.
Gruß Karl."


Bei diesem "Deal" hatte mein Großvater eine gewisse Rolle als Geldgeber gespielt und vermutlich nur aus diesem "Grunde" verblieb/oder kam eine Milchkanne des Girglhofes in den Besitz der Bäckerei Pongratz und verblieb dort, bzw. wurde be- und benutzt, bis die Bäckerei Anfang der 90er Jahre ihren Betrieb einstellte und befindet sich nun bei meiner in die USA ausgewanderten Schwester Christine.

Als Karl Kollmaier dann nach der Niederlage Deutschlands aus der Tschechischen Republik vertrieben wurde, konnte er beim Bahnhof einen Neustart beginnen und wenige Jahre später war "der Kollmaier" nicht mehr am Spitalplatz und die Kollmaierbrücke war zur Oberbergerbrücke geworden.
Foto Ehemann Siegfried: Nun der neue "Kollmaier" am Bahnhof vor 1950

Foto Ehemann Siegfried

Foto Ehemann Siegfried

Hier die Sterbebilder für Karl Kollmaier und seinen Sohn Josef Kollmaier. Josef Kollmaier ist nur mehr mit dem Haus in der Bahnhofstraße in Verbindung zu bringen. Karl Kollmaier wurde im Jahre 1980 für seine siebzigste Teilnahme am Pfingstritt ausgezeichnet.
Seine Rittteilnehmerkarteikarte spricht Bände.... und belegt nachträglich, wie wichtig es war, eine genauere Kontrolle der tatsächlichen Rittteilnahmen einzuführen.


 
 


Eduard Meimer und Rosina Mühlbauer



Es ist gut möglich, dass Karl Kollmaier bereits im Jahre 1941 sich den Girglhof gesichert hatte, die katastermäßige Trennung und Umschreibung des Gebäudekomplexes am Spitalplatz und damit der Verkauf an Eduard Meimer wurde jedoch erst im Frühjahr 1942 protokolliert.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5054

Schon bald nach der Übernahme reichte Eduard Meimer einen Umbauplan ein.
StA Landshut Rep 164-8 Meimer Konzession

 Was auf dem Plan, der erst in abgeänderter Form die Zustimmung gefunden hatte, für mich so besonders ist, ist der mit großen Platten gepflasterte und breite Hausflur, eher eine Zufahrt in den Hofraum. Dies ist deswegen für mich so speziell, weil wir ein Bild besitzen, das genau in diesem Hausflur geschossen wurde.

 
Foto Kretschmer: einfach ein tolles Bild heraus aus dem Hausflur des Hauses Meimer.
Gemacht wurde dieses Bild, als 1959 die Tochter des Hauses, Frau Gerdi Meimer, die Kötztinger Pfingstbraut geworden war.

Und dann gab es da auch noch die Brüterei Meimer:

Kötztinger Umschau vom März 1978




Pfingsten im Hause Meimer


Pfingsten 1959 


 

Theo Heigl, der junge Schlosser, konnte Gerda Meimer als seine Pfingstbraut gewinnen.

DIA-Repro 2275 Pfingstkranzl von 1959



Frau Marianne Kretschmer hat mir ihr Fotoarchiv geöffnet, um einige tolle Bilder aus dem Jahre 1959 hier noch anzufügen.
Foto Kretschmer; Gerdi Meimer

Foto Kretschmer: Gerdi Meimer


Foto Kretschmer: Die Gäste im Hause Meimer mit dem Ehepaar Meimer im Hintergrund.
Links am Tisch der Bürgermeister Hans Kroher und rechts der Stadtpfarrer Josef Augustin

Hier einige Bilder von der Bewirtung beim Pfingstbräutigam Theo Heigl mit vielen bekannten Gesichtern.

Foto Kretschmer

Foto Kretschmer

Foto Kretschmer

Foto Kretschmer

 
Foto Kretschmer: auch wenn´s nur schwer zu erkennen ist, auch die Brauteltern tanzten bei der Bewirtung des Pfingstbräutigams auf der Straße

Dann gings ab zur Braut und das Interesse der Kötztinger war wie immer sehr groß.

Foto Kretschmer: einfach ein tolles Bild heraus aus dem Hausflur des Hauses Meimer

Foto Kretschmer: der Blick aus dem Fenster

Foto Kretschmer: Die Spannung steigt und auf dem Torbogen kann man immer noch die
Inschrift: "Christoph Kollmaier" erkennen

Und dann ging es los mit dem Burschen- und B rautzug,


Haymo Richter - Gerda Meimer- Theo Heigl - Hans Leitermann
Damals begann wohl auch die Zeit der "Krönchen" auf den Frisuren der Pfingstbräute.

Foto verm. Kretschmer: v.l. Haymo Richter - Gerda Meimer - Theo Heigl - Hans Leitermann

Im Jahre 1984 wurden die vier Akteure anlässlich ihres 25jährigen Jubiläums  geehrt.


KU SW049 vl. Haymo Richter - Gerda Meimer- Theo Heigl - Hans Leitermann


 
Eintrag im Kötztinger Ehrenbuch. Repro KB Krämer






 









Brautzug auf der Oberbergerbrücke Pfingstmontag 1969
v.l. Gerhard Kirschbauer - Anneliese Bielmeier - Manfred Meimer - Breu Leo


Brautzug in der Bahnhofstraße
v.l. Gerhard Kirschbauer - Anneliese Bielmeier - Manfred Meimer - Breu Leo


Hier noch ein paar Beispiele aus der Presse über das Pfingstbrautpaar 1969:
Viele dieser Aufnahmen wurden von äußerst starr gebundenen Monatsausgaben abgibildet, weshalb es - ohne eine mögliche Schädigung zu verursachen - nicht möglich war, die Seiten richtig plan zu drücken.










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Das manchmal mühsame Leben am Wasser


Alle Regenanrainer hatten regelmäßig mit Hochwasser und seinen Folgen zu kämpfen, mal mehr und mal weniger, aber in manchen Jahren kam es knüppeldick, so zum Beispiel 1954 und 2002.
DIA-Repro 643 vom Hochwasser 1954

Repro Rabl-Dachs



Von diesem Hochwasser gibt es sogar eine 3 minütige Filmsequenz von Siegfried Ehemann und in der Jahreschronik von 1954 wird diese Hochwasserkatastrophe ausführlich behandelt.



Das nächste - richtige -  Hochwasser war dann Mitte der sechziger Jahre:
Sammlung Illfordbüchse 2 : Hochwasser

Ein weiteres Mal ca. 1979/1980
Sammlung Serwuschok


Sammlung Serwuschok

Foto Rabl-Dachs 


Und dann natürlich das verheerende Hochwasser 2002, bei dem die Flutwelle vom Oberlauf des Regens her den Kötztinger Hochwasserschutz aushebelte und den gesamten Flussbereich von hinten her aufrollte. Laut der Aussage von Manfred Meimer - einem Augenzeugen und Leidensgenossen sowohl des Hochwassers von 54 als auch von 02 - stand das Wasser 2002 sogar einige Zentimeter höher im Meimerschen Hausgang als 1954.

Auch von diesem Hochwasserereignis haben wir einige Bilder.

Foto Rabl-Dachs Hochwasser 2002
"Manfred Meimer, wohl eher die Gelegenheit nutzend, um direkt von seiner Haustüre weg Kanu fahren zu können und daneben die Wasserwacht bei einem Einsatz.
Schaut man sich dieses Detail genau an, so kann man erkennen, dass die Flutwelle, die Kötzting von "hinten" überspült hatte, nun im  - durch die Hochwasserschutzmauern abgesperrten  und eigentlich zu schützenden  - Binnenraum stand und der Wasserpegel im Flussbett offensichtlich bereits wesentlich niedriger war. Die zum Schutz vorgesehenen Bauten verhinderten hier also ein schnelles Abfließen des Hochwassers.



 Die Kollmaierbrücke



Auch diese Brücke - gebaut als Ersatz für eine hölzerne Regenbrücke in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts - war ein Kötztinger Wahrzeichen und wurde später die "Oberbergerbrücke" genannt, weil die Kötztinger nach dem Verkauf des Anwesens den Begriff "Kollmaier" mit dem Bahnhof verbanden.
In den ersten Nachkriegsjahren war aber der Name "Kollmaierbrücke" für die Kötztinger noch ganz selbstverständlich.


KÖZ vom Februar 1954

Auch Mitte des 19. Jahrhunderts gab es bereits Überlegungen in Kötzting das Hochwasserproblem in den griff zu bekommen, weshalb vom Flussbauamt ein Plan des Kötztinger Überschwemmungsgebiets erstellt wurde. Darauf kann man schön die alte, leicht geschwungene Brücke beim Kollmeier erkennen und auch, siehe das nächste Foto von Josef Barth,  die Anwesen am Regen.
StA Landshut BezA-LRA Kötzting Nr. 3631_0001

 



Foto Josef Barth: ca 1950; der Kollmaier - nun Meimer - das Farberheusl und der Farber im Hintergrund - später Bielmeier




Im Bild oben links - schwach zu erkennen - Stromleitungen. Dies gibt uns einen Hinweis, dass die Arbeiten nicht vor 1902/3 passiert sein können, denn erst ab diesem Zeitraum lieferte die Fa. Staudinger elektrischen Strom in den Markt herein.

Während im oberen Bild die Brücke noch fast fabrikneu gewesen war, musste sie in den 80-90er Jahren im Zuge der Hochwasserfreilegung geopfert werden.
Die letzten Stunden der alten Brücke






Von dem Kollmaier-Meimer Anwesen haben wir in unserer Sammlung auch ein paar beeindruckende Luftaufnahmen, die die schiere Größe des Komplexes gut abbilden,

Sammlung Serwuschok, Luftaufnahmen


Sammlung Serwuschok, Luftaufnahmen hier der Blick in Richtung auf das Waschhaus/Backofen
 


Sammlung Krämerarchiv, Luftaufnahmen





Das "Cockpit"


Am Freitag den 23.7.1976 begann in Kötzting eine neue Zeitrechnung, das "Cockpit" öffnete und für viele - mittlerweile ältere Kötztinger - war diese Diskothek für viele Jahre eine zweite Heimat, die für sie im Laufe der Jahre so wichtig wurde, dass es in Kötzting sogar zu einer großen Demonstrationsveranstaltung kam, um eine drohende Schließung abzuwenden.  
Gabi Drexler - Cockpit-Gabi - war die Chefin und die Kötztinger nahmen die Neuerung sehr gerne an.



Im Lauf der Jahre wurde der Betrieb der Diskothek auf dem Spitalplatz immer problematischer, da Kötztings Nachtschwärmer und ihre Lust auf Vergnügen und Alkoholkonsum dem Ruhebedürfnis er Anwohner diametral gegenüberstand.
Bei einem der regelmäßigen Sicherheitsbespräche im Rathaus zwischen Vertretern der Stadt und der Kötztinger Polizeiinspektion am 11.4.1989

Diese Einschätzung der Kötztinger Polizeiinspektion war jedoch nur eine Momentaufnahme. Die Probleme häuften sich und l 

Die Beschwerden häuften sich, Auflagen wurden angeordnet, Parkplatzordner und Aufpasser wurden engagiert und trotzdem konnten die Probleme für die umliegenden Anlieger nicht beseitigt werden, so dass nach einem Verwaltungsakt des Landratsamtes im Oktober 1998 die Schließung der Diskothek angeordnet werden musste und Kötztings Jugend und ihre Unterstützer schäumten und riefen zu einer Demonstration gegen diese Entscheidung auf.

Die Familie Drexler zog sich zurück und Ernst Martin aus Miltach wurde der neue Betreiber und von diesem habe ich eine Anzahl an Zeitungsberichten erhalten, die die Zuspitzung der Lage deutlich machen.

Hier nun einige Artikel aus dem "pressearchiv" der "discothek cockpit"

KU 1998

 
Im April 1998 nach Renovierung neu eröffnet, stand das Cockpit im Oktober nach einer Auseinandersetzung von Juristen mit Verwaltungsbeamten im Landratsamt bereits wieder vor dem Aus.

KU 16:10:1998




Bayerwaldecho 21.10.1998
 


KU 29.10.1998

KÖZ 28.10.1998





KU vom 23.10.1998

KU vom 24.10.


KU vom 24.10.1998


Und dann gings an die Feinplanung: Der Kötztinger Bürgermeister Wolfgang Ludwig, Anton Staudinger als Kötztings Jugendbeauftragter, Stadtrat Wolfgang Kerscher, Johannes Zellner als JU-Vorsitzender im Landkreis Cham und Alois Breu aus Miltach waren  - unter anderen - auf der Rednerliste vorgesehen.
KU vom 28.10.1998

 

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Aufruf in der KÖZ am 31.10.1998





Dann kam der Tag der Tage:

MZ vom 2.11.1998

KU vom 2.11.1998

KU vom 2.11.1998

Noch hatten die Unterstützer der Diskothek die Hoffnung, dass sich alles zum Guten wenden würde und dies drückte auch der Kommentator der Umschau aus.

KÖZ vom 23.2.1999





Im Frühjahr 1999 erfolgte dann - nach einer weiteren - eigentlich endgültigen - Verwaltungsentscheidung aus Cham - eine resignierende Aussage des Pächterpaares Bauer/Martin.



Von Martin Ernst haben wir auch ein paar Schnappschüsse aus dem Inneren der Diskothek erhalten.
Foto Martin Ernst

Foto Martin Ernst

Foto Martin Ernst

Wie es der Zufall manchmal so will, erschien genau während der Erstellung dieses Beitrags eine ganzseitiger Bericht in der Kötztinger Zeitung über diese Großdemonstration und die letzten Tage des Cockpit. 
KÖZ vom 23.11.2023


Foto Rabl-Dachs:  "lost places"

Foto Rabl-Dachs:  "lost places"



Foto Pongratz: Hier drinnen war das Cockpit
 

Foto Pongratz:

Foto Pongratz: irgendwie sieht diese Straße/Weg etwas unvollständig aus, als wäre jemand
die Idee entfallen, wie man weitermachen könnte/könne

Foto Pongratz: