Pfingsten in Kötzting - mit Ausnahme des Pfingstrittes - ist ohne die Begleitung durch die Pfingsttucher nicht mehr vorstellbar. Anders als der Kult um den Pfingstl selber, der in Kötzting erst ab dem Jahre 1927 belegbar ist, wird der Brauch des Pfingsttuschens in Kötzting wohl schon viel länger praktiziert, auch wenn auch hier der neugegründete Kötztinger Trachtenverein wohl die Keimzelle zumindest der Weiterführung dieses alten Brauches gewesen ist.
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DIA-Repro 71104 Die Kötztinger Trachtler, Pfingstreiter und Pfingsttuscher auf "Tournee" vermutlich 1936. Rechts wohl Michl Traurig sen. |
Schaut man sich in den veröffentlichten Schriften der Volks- und Heimatkunde unter dem Stichwort Peitschenknallen genauer um, so wird es im ganzen mitteleuropäischen Raum als ein Mittel angesehen, mit dem früher der Winter vertrieben und der Frühling begrüßt werden sollte. Insbesondere von den deutschen Mittelgebirgen bis in den Alpenraum ist dieser Brauch flächendeckend anzutreffen, auch wenn sich die Art und die Größe der verwendeten Peitschen sehr unterscheidet bzw. unterschied.
In manchen Quellen ist auch das Vertreiben von bösen Geistern und/oder von Wölfen als ein zusätzlicher der Grund für das Knallen mit den Peitschen angeführt.
Von Konrad Krämer - dem Ostmarkonkel - haben wir eine Zusammenstellung ausgestorbener Berufe und darunter befindet sich auch eine Beschreibung über das Leben und Wirken der "Waldhirten".
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StA Kötzting Manuskript von Conrad Krämer |
Die "Goißln" der Kötztinger Männer - früher Mitglieder des Trachtenvereins und heutzutage unter dem Dach des Burschen- und Wanderervereins - sind im Vergleich zu den in anderen Landstrichen gebräuchlichen Peitschen besonders große - respektive - lange Exemplare.
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Sammlung Christa Bauer: Der Kötztinger Trachtenverein auf dem Marktplatz, wohl schon nach 1933, da einige Männer - links von der Trachtengruppe - bereits Uniformen tragen, die ich den Nationalsozialisten zuordnen würde. Interessant ist hier die runde Hofeinfahrt beim Mühlbauer - Osl - und die Geschäftsfassade des Sattlers Rebstöck, heute ein Wohnhaus Marktstraß0e 30. |
Belegbar sind die "Tuscher" in unserem Raum eigentlich mit der Gründung und Konsolidierung des Kötztinger Trachtenvereins zu Ende der Zwanziger ( genauer am 20.3.1927) und Anfang der Dreißiger Jahre. Zusammen mit dem Pfingstl, dem Kötztinger Wasservogel, gehörten die Pfingsttuscher zum festen Repertoire der Kötztinger Trachtler, mit denen sie im Jahre 1936 regelrecht auf Tournee gegangen waren. Überliefert sind große Auftritte beim "Kongress für Freizeit und Erholung in Hamburg und bei den Olympischen Spielen in Berlin. Bei der Eröffnung des Berliner Olympiastadions standen die Kötztinger Pfingsttuscher dann sogar mitten im großen Rund und führten der Welt ihr Können vor.
Eugen Hubrich - Kötztinger Ehrenbürger seit dem Jahre 1953 - war Mitte der Dreißiger Jahre Schriftleiter und Autor beim Organ des Bayerischen Waldvereins, der Zeitschrift " Der Bayerwald", die es heut noch gibt und Teil der Gruppe, die nach Norddeutschland fuhr. Er beschreibt bereits die Abfahrt auf dem Kötztinger Bahnhof in einer für ihn typischen und sehr überschwänglichen Art und Weise.
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Eugen Hubrich in "Der Bayerwald" September/Oktober 1936 |
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Leider ist die Druckgrafik in den Dreißiger Jahren nicht besonders gewesen..... |
Nach einem für unser heutiges Verständnis nur schwer erträglichen "Jubelbericht" über den Auftritt der Kötztinger auf dem Kongress berichtet Hubrich vom Festzug in Hamburg und auch dies in einer sehr stark national überhöhten Art und Weise:
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Sammlung Christa Bauer Trachtengruppe der Bayerischen Ostmark mit Franz Zitzelsberger als "Taferlbub" |
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Weiter gings mit der ganzen " Mannschaft" nach Berlin:
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Arbeitskreis Heimatforschung DIA- Repro 71106 die Kötztinger Pfingsttuscher als Teil der Trachtengruppe aus der "Bayerischen Ostmark", wie unsere Heimat im Dritten Reich bezeichnet wurde. Das Bild wurde wohl einen Tag vor der Eröffnung aufgenommen, als die Kötztinger Trachtler "zur Probe ihres großen Auftrittes" ins leere Olympiastadion geführt worden waren. |
Das Bild mit Conrad Krämer und seiner "Truppe" in Berlin unter den Linden haben wir auch in unserer Sammlung im Archiv.
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Sammlung Christa Bauer: Kötztinger Trachtler "Unter den Linden" in Berlin im Sommer 1936 |
Auch in der Bayerischen Ostmark - dem Organ der NSDAP für Ostbayern erschien ein Bericht über diesen Auftritt.
Ein schönes Detail ist, dass der "Kunstmaler" v. Zaborsky - nach dem Kriege errichtete er zusammen mit seiner 2. Frau Grete, die Töpferei in Hinterleckern -, der Conrad Krämer bereits von seinen Feldforschumgen in unserem Raum als Volkskundler kannte, die Kötztinger in Berlin in Empfang genommen hatte.
Ein weiteres Bild gibt es noch in unserer Sammlung, das die Zugehörigkeit der Pfingsttuscher zum Trachtenverein zeigt.
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DIA-Repro 1679 >>>>>> recht im Hintergrund die Pfingsttuscher.
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Schaut man nun auf die sehr ausführliche Berichterstattung über das darauffolgende Pfingstfest - 1937 Pfingstbrautpaar Wolfgang Brunnhofer und Fischer Paula - so findet sich kein Wort über eine wie auch immer geartete Beteiligung der Pfingsttuscher. Im Gegenteil am Pfingstdienstag - also am zweiten Tag der Pfingsthochzeit hielt der Trachtenverein ein eigenes " Pfingstkränzchen" beim "Leboid" ab.
Dasselbe Bild im drauffolgenden Jahr; Pfingsttraditionen und die Pfingsttuscher - obwohl von Hubrich ausdrücklich so bezeichnet - waren nicht - noch nicht - miteinander verbunden.
Ganz anders nach dem Kriege, wobei sie abwechselnd als "Pfingstltuscher" oder auch als "Pfingsttuscher" betitelt wurden.
Im Jahre 1949 erfahren wir zum ersten Male, dass dieser Brauch bei uns zunächst von den Bewohnern der Dörfer Reitenstein und Arndorf ausgeübt wurde. Hier zur Erinnerung die namentliche Erwähnung bem Auftritt 1936 in Berlin des "Pielmeier Sepp von Reitenstein" siehe weiter oben.
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KU 1949-5 |
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KU vom August 1955 |
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KU vom August 1957 |
Und weiter geht`s mit dem Wechselspiel:
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KU 1932-3 IM Jahre 1962 sind es die Pfingstltuscher, die in Straubing als Teil der Waldlerbuam auftreten. |
Im Jahr drauf firmieren sie dann wieder als die Pfingsttuscher der Waldlerbuam.
Aus dem Frühjahr 1977 haben wir nun eine Bilderserie, die die "Nachwuchsarbeit" des Kötztinger Trachtenvereins dokumentiert, bei der Sperl Poidl versucht, seinen Mannen die richtige Technik beizubringen.
In dem Beitrag - für den die Bilderserie geschossen wurde - kommen wahlweise erneut die beiden Begriffe vor, werden allerdings eher thematisch dem Pfingstl zugeordnet als dem sonstigen Pfingstgeschehen.
Die Fotos und der dazugehörige Artikel stammen von Frau Renate Serwuschok:
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Der Meister: Sperl Poidl, 70 Jahre alt, und seine Lehrlinge, Reininger Siegfried, Kreitmeier Karl, Mühlbauer Arndorf |
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Das Endstück macht die "Musik" |
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IMmer wieder wird das letzte "Schnürl" erneuert |
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So steht der Meister |
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Und so hat der Lehrling - mit Recht - Angst um seine Unversehrtheit |
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KU vom April 1977 |
Zu diesem Zeitpunkt gehörten die Pfingsttuscher schön lange Jahre zu den Kötztinger Umzügen an Pfingsten. Im Zeitungsbericht über das Pfingstfest 1977 sind sie zumindest beim Bierzelteinzug als das "Vorauskommando" aufgelistet.
Lange blieb diese Tradition bei dem Trachtenverein jedoch nicht mehr lebendig. Wohl aus Mangel an entsprechenden Nachwuchskräften - eigentlich ähnlich wie auch bei der Aufrichtung des Kötztinger Maibaums - teilten sich dann ab Anfang der Achtziger Jahre die Mitglieder des Kötztinger Burschen- und des Trachtenvereins, diese schwere Aufgabe, bevor dann Jahre später es nur noch der Burschenverein war, der als stetes Vorauskommando bei den verschiedensten Umzügen und Veranstaltungen "tuschte". Für diesen "zweiten" Teil der Geschichte der "Pfingsttuscher" wollen wir uns aber noch Zeit lassen, da es vor allem auch in diesem Jahr in Furth im Wald bei der Landesgartenausstellung ganz besondere Auftritte der Kötztinger Pfingsttuscher geben wird.
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Kötztinger Umschau vom 24-5-2025 |