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Donnerstag, 5. Juni 2025

Die Pfingst(l)tuscher

Pfingsten in Kötzting - mit Ausnahme des Pfingstrittes - ist ohne die Begleitung durch die Pfingsttucher nicht mehr vorstellbar. Anders als der Kult um den Pfingstl selber, der in Kötzting erst ab dem Jahre 1927 belegbar ist, wird der Brauch des Pfingsttuschens in Kötzting wohl schon viel länger praktiziert, auch wenn auch hier der neugegründete Kötztinger Trachtenverein wohl die Keimzelle zumindest der Weiterführung dieses alten Brauches gewesen ist.

DIA-Repro 71104 Die Kötztinger Trachtler, Pfingstreiter und Pfingsttuscher auf "Tournee" vermutlich 1936. Rechts wohl Michl Traurig sen.

 Schaut man sich in den veröffentlichten Schriften der Volks- und Heimatkunde unter dem Stichwort Peitschenknallen genauer um, so wird es im ganzen mitteleuropäischen Raum als ein Mittel angesehen, mit dem früher der Winter vertrieben und der Frühling begrüßt werden sollte. Insbesondere von den deutschen Mittelgebirgen bis in den Alpenraum ist dieser Brauch flächendeckend anzutreffen, auch wenn sich die Art und die Größe der verwendeten Peitschen sehr unterscheidet bzw. unterschied.

In manchen Quellen ist auch das Vertreiben von bösen Geistern und/oder von Wölfen als ein zusätzlicher der Grund für das Knallen mit den Peitschen angeführt.
Von Konrad Krämer - dem Ostmarkonkel - haben wir eine Zusammenstellung ausgestorbener Berufe und darunter befindet sich auch eine Beschreibung über das Leben und Wirken der "Waldhirten".


StA Kötzting Manuskript von Conrad Krämer

Die "Goißln" der Kötztinger Männer - früher Mitglieder des Trachtenvereins und heutzutage unter dem Dach des Burschen- und Wanderervereins - sind im Vergleich zu den in anderen Landstrichen gebräuchlichen Peitschen besonders große - respektive - lange Exemplare. 

 

Sammlung Christa Bauer: Der Kötztinger Trachtenverein auf dem Marktplatz, wohl schon nach 1933, da einige Männer - links von der Trachtengruppe - bereits Uniformen tragen, die ich den Nationalsozialisten zuordnen würde. Interessant ist hier die runde Hofeinfahrt beim Mühlbauer - Osl - und die Geschäftsfassade des Sattlers Rebstöck, heute ein Wohnhaus Marktstraß0e 30.

Belegbar sind die "Tuscher" in unserem Raum eigentlich mit der Gründung und Konsolidierung des Kötztinger Trachtenvereins zu Ende der Zwanziger ( genauer am 20.3.1927) und Anfang der Dreißiger Jahre. Zusammen mit dem Pfingstl, dem Kötztinger Wasservogel, gehörten die Pfingsttuscher zum festen Repertoire der Kötztinger Trachtler, mit denen sie im Jahre 1936 regelrecht auf Tournee gegangen waren. Überliefert sind große Auftritte beim "Kongress für Freizeit und Erholung in Hamburg und bei den Olympischen Spielen in BerlinBei der Eröffnung des Berliner Olympiastadions standen die Kötztinger Pfingsttuscher dann sogar mitten im großen Rund und führten der Welt ihr Können vor.

Eugen Hubrich - Kötztinger Ehrenbürger seit dem Jahre 1953 - war Mitte der Dreißiger Jahre Schriftleiter und Autor beim Organ des Bayerischen Waldvereins, der Zeitschrift " Der Bayerwald", die es heut noch gibt und Teil der Gruppe, die nach Norddeutschland fuhr. Er beschreibt bereits die Abfahrt auf dem Kötztinger Bahnhof in einer für ihn typischen und sehr überschwänglichen Art und Weise.

Eugen Hubrich in "Der Bayerwald"  September/Oktober 1936 

Leider ist die Druckgrafik in den Dreißiger Jahren nicht besonders gewesen.....

Nach einem für unser heutiges Verständnis nur schwer erträglichen "Jubelbericht" über den Auftritt der Kötztinger auf dem Kongress berichtet Hubrich vom Festzug in Hamburg und auch dies in einer sehr stark  national überhöhten Art und Weise:


 
Sammlung Christa Bauer Trachtengruppe der Bayerischen Ostmark mit Franz Zitzelsberger als "Taferlbub"
l

Weiter gings mit der ganzen " Mannschaft" nach Berlin:


Arbeitskreis Heimatforschung DIA- Repro 71106 die Kötztinger Pfingsttuscher als Teil der
Trachtengruppe aus der "Bayerischen Ostmark", wie unsere Heimat im Dritten Reich bezeichnet wurde.
Das Bild wurde wohl einen Tag vor der Eröffnung aufgenommen, als die Kötztinger Trachtler "zur Probe ihres großen Auftrittes" ins leere Olympiastadion geführt worden waren.

Das Bild mit Conrad Krämer und seiner "Truppe" in Berlin unter den Linden haben wir auch in unserer Sammlung im Archiv.

Sammlung Christa Bauer: Kötztinger Trachtler "Unter den Linden" in Berlin im Sommer 1936
Auch in der Bayerischen Ostmark - dem Organ der NSDAP für Ostbayern erschien ein Bericht über diesen Auftritt.
 

Ein schönes Detail ist, dass der "Kunstmaler" v. Zaborsky - nach dem Kriege errichtete er zusammen mit seiner 2. Frau Grete, die Töpferei in Hinterleckern -, der Conrad Krämer bereits von seinen Feldforschumgen in unserem Raum als Volkskundler kannte, die Kötztinger in Berlin in Empfang genommen hatte.


Ein weiteres Bild gibt es noch in unserer Sammlung, das die Zugehörigkeit der Pfingsttuscher zum Trachtenverein zeigt.
DIA-Repro 1679 >>>>>> recht im Hintergrund die Pfingsttuscher.

Schaut man nun auf die sehr ausführliche Berichterstattung über das darauffolgende Pfingstfest - 1937 Pfingstbrautpaar Wolfgang Brunnhofer und Fischer Paula - so findet sich kein Wort über eine wie auch immer geartete Beteiligung der Pfingsttuscher. Im Gegenteil am Pfingstdienstag - also am zweiten Tag  der Pfingsthochzeit hielt der Trachtenverein ein eigenes " Pfingstkränzchen" beim "Leboid" ab.
Dasselbe Bild im drauffolgenden Jahr; Pfingsttraditionen und die Pfingsttuscher - obwohl von Hubrich ausdrücklich so bezeichnet - waren nicht - noch nicht - miteinander verbunden.

Ganz anders nach dem Kriege, wobei sie abwechselnd als "Pfingstltuscher" oder auch als "Pfingsttuscher" betitelt wurden.

Im Jahre 1949 erfahren wir zum ersten Male, dass dieser Brauch bei uns zunächst von den Bewohnern der Dörfer Reitenstein und Arndorf ausgeübt wurde. Hier zur Erinnerung die namentliche Erwähnung bem Auftritt 1936 in Berlin des "Pielmeier Sepp von Reitenstein" siehe weiter oben.
KU 1949-5




KU vom August 1955

KU vom August 1957 


Und weiter geht`s mit dem Wechselspiel:
KU 1932-3 IM Jahre 1962 sind es die Pfingstltuscher, die in Straubing als Teil der Waldlerbuam auftreten.
Im Jahr drauf firmieren sie dann wieder als die Pfingsttuscher der Waldlerbuam.


Aus dem Frühjahr 1977 haben wir nun eine Bilderserie, die die "Nachwuchsarbeit" des Kötztinger Trachtenvereins dokumentiert, bei der Sperl Poidl versucht, seinen Mannen die richtige Technik beizubringen.
In dem Beitrag - für den die Bilderserie geschossen wurde - kommen wahlweise erneut die beiden Begriffe vor, werden allerdings eher thematisch dem Pfingstl zugeordnet als dem sonstigen Pfingstgeschehen. 

Die Fotos und der dazugehörige Artikel stammen von Frau Renate Serwuschok:
Der Meister: Sperl Poidl, 70 Jahre alt, und seine Lehrlinge, Reininger Siegfried, Kreitmeier Karl, Mühlbauer Arndorf
Das Endstück macht die "Musik" 






IMmer wieder wird das letzte "Schnürl" erneuert

So steht der Meister

Und so hat der Lehrling - mit Recht - Angst um seine Unversehrtheit





KU vom April 1977
Zu diesem Zeitpunkt gehörten die Pfingsttuscher schön lange Jahre zu den Kötztinger Umzügen an Pfingsten. Im Zeitungsbericht über das Pfingstfest 1977 sind sie zumindest beim Bierzelteinzug als das "Vorauskommando" aufgelistet.

Lange blieb diese Tradition bei dem Trachtenverein jedoch nicht mehr lebendig. Wohl aus Mangel an entsprechenden Nachwuchskräften - eigentlich ähnlich wie auch bei der Aufrichtung des Kötztinger Maibaums - teilten sich dann ab Anfang der Achtziger Jahre die Mitglieder des Kötztinger Burschen- und des Trachtenvereins, diese schwere Aufgabe, bevor dann Jahre später es nur noch der Burschenverein war, der als stetes Vorauskommando bei den verschiedensten Umzügen und Veranstaltungen "tuschte". Für diesen "zweiten" Teil der Geschichte der "Pfingsttuscher" wollen wir uns aber noch Zeit lassen, da es vor allem auch in diesem Jahr in Furth im Wald bei der Landesgartenausstellung ganz besondere Auftritte der Kötztinger Pfingsttuscher geben wird.





Kötztinger Umschau vom 24-5-2025



Sonntag, 25. Mai 2025

Pfingsten 1955

Der Pfingstritt im Jahre 1955 
ein Bilderbogen


Pfingstritt - Brautzug - Burschenzug

An dieser Stelle - gleich zu Anfang - ein sehr großes "Danke Schön" an Frau Kretschmer, die mir ihr ganzes Bildermaterial für das Jahr 1955 zur Digitalisierung und zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt hat. Es sind meisterliche Aufnahmen, die sich von ihrem Mann - Herr Werner Kretschmer - erhalten haben.

Wie immer, sollte jemand noch die eine oder andere Person erkennen, v.a. auf den Umzügen des Burschenvereins oder bei den Zuschauern, gerne Meldung an mich, im Impressum steht meine Emailanschrift..


In ihrer Pfingstbeilage übernimmt die Kötztinger Zeitung eine Erzählung des langjährigen Pfingstreiters, des Pfarrer Späth.

 




Und dann wird es Pfingstmontag 1955, der Ausritt 



Die Rittspitze in der Marktstraße noch mit der "Dregerterrasse", an der in meiner Kindheit beim Kirta immer ein Mann ohne Beine mit einer Ziehharmonika spielte und um Geld bat.
Im Hintergrund das Anwesen Dr. Angerer mit der Astronomiekuppel und einem Verkaufsstand. In der Bildmitte auf einem Schimmel der Pfingstbräutigam Hans Mühlbauer.

Hier etwas weiter, der Geistliche Offiziator Friedrich Hackl und neben ihm der Pfingstmesner Rudolf Graßl. Hinter ihm dann der Pfingstbräutigam mit seinen beiden Begleitern. V.l. Otto Irlbeck - Hans (John, weil er später in die USA auswanderte) Mühlbauer und Barth Schorsch. Dahinter und damit vor seinem Elternhaus mit der Marktfahne der Pfingstbräutigam des Vorjahres, mein Schwiegervater Max Schrödel.



Max Schrödel mit der Marktfahne

Georg Vogl, der Kreuzträger auf dem Weg ins Zellertal

Wieser Heinrich von Riedersfurth mit der Fahne und dem Pfingstrock des Franz Zitzelsberger, Grubmüllner. 

Der Pfingstbräutigam Hans Mühlbauer beim Ersten Evangelium mit einem etwas unruhigen Pferd, möglicherweise störte es sich an den Fransen über den Augen. 

Bürgermeister Hans Kroher und Spitze Franz




v.l. Amberger(Spitzi)  Franz, Traurig Michael sen., Traurig Wack oder Stutz.
Interesant ist hier, dass auch schon damals einige Pferde geführt wurden, jedoch nicht von kurzbehosten Mädchen sondern von anzugtragenden Herren, vermutlich die Besitzer der Pferde


Hier erkenne ich niemanden, jedoch es ist sehr schön die überwachsene Mauer des damaligen Landratsamtes (heute Rathaus der Stadt Bad Kötzting) zu erkennen.


Beim Ersten Evangelium, damals noch ein kleines Feldkreuz

Die Gebrüder Sperl - Schorsch und Poidl - an den Fanfaren

Otto Irlbeck und Barth Schorsch - im Hintergrund Franz Oexler

Eine tolle Aufnahme: die Gebrüder Sperl - Schorsch und Poidl - an den Fanfaren

In Bärndorf: v.l. Ludwig Wolfgang - Max Schrödel - Franz Oexler

Josef Schödlbauer, Senior und Junior

 
Die Hufeisentür in Steinbühl, früher die Haupteingangstüre in die Kirche Steinbühl

Es geht zurück, der Einritt:

Von Bärndorf zum Zweiten Evangelium auf staubiger Landstraße, eine Teerdecke war noch Jahrzehnte entfernt.





Der Einritt in der Gehringstraße

 
Die Honoratioren bei der Ansprache des Geistlichen Offiziators.



Pfingstbraut überreicht ihrem Bräutigam das Spitzentuch für die Kranzlübergabe

Kranzlübergabe: Hans Mühlbauer und Friedrich Hackl, der Kooperator

Marianne Haushofer und Kroher Traudl, die Braut von 1954. Rechts daneben der damalige städtische Kämmerer Fritz Graßl.
 
Beim Warten auf dem Marktplatz: Spitzi Franz und Bgm Hans Kroher


Der Abschluss des Pfingstrittes:

Der Pfingstbräutigam des Vorjahres Max Schrödel mit der Marktfahne und seinen beiden Begleitern, dem Pfingstbräutigam Wolfgang Ludwig (1949) und Franz Oexler (1945).




Der Abschluss des Rittes in der Kirchenburg. Die Honoratioren kommen zurück. In der Mitte Stadtpüfarrer Dietl.

Der Bräutigam, mittlerweile umgezogen und in Frack, Zylinder und mit Degen und Zitrone bewaffnet erreichen die Kirchenburg, reiten um die Kirche herum und stellen sich dem Pressefoto.

v.l. Otto Irlbeck - Hans Mühlbauer . Barth Schorsch


Der Stadtpfarrer Dietl, Kooperator Haltrich(?) und Hans Mühlbauer

Damit endet der religiöse Teil unserer Pfingsttradition und der weltliche beginnt.



Der Blick aus dem Laden der Metzgerei Haushofer - heute "die alte Metzgerei" - hinaus auf die Wartenden Menschen

Die Burschen kommen und daneben ein Auto schöner als das andere

 

Die Pfingstbraut in weiß - Pfingstmonteg 

kennt jemand diese Mädchen?








Der Brautzug in der Bahnhofstraße - im HIntergrund die frühere Bäckerei Irlbeck - v.l. Otto Irlbeck - Marianne Haushofer - Hans Mühlbauer - Barth Schorsch



Auch Kötztings Straßen - hier der Platz vor dem Alten Friedhof - war noch eine staubbedeckte Landstraße



 

Der Pfingstdienstag: Burschen- und Brautzug


Marianne Haushofer am zweiten Tag in Farbe















Links Pongratz Georg(Konsum) und Liebl Karl (Lieblbeck)

Mitte Kirschbauer Franz(?), links an der Trommel Heigl Theo, rechts Traurig Stutz



Im Hintergrund das alte Kreissparkassengebäude

Viele bekannte Gesichter bei den Burschen



Nach Abschluss dieser Riesenbilderserie dann noch die entsprechenden Presseberichte und was es sonst noch so rund herum um den Pfingstritt zu berichten gab. Der Kinderfestzug wird wegen der ebenfalls vielen Bilder, die ich von Frau Kretschmer erhalten habe, ein eigener Bildbeitrag werden.
Fangen wir an mit der Pfingstbeilage der Kötztinger Umschau und deren Werbeanzeigen, die uns einen Blick zurück gestatten auf die vielen Handwerksbetriebe, die es damals noch in Kötzting gegeben hatte.
Der Festwirt des Jahres 1955 war Xaver Ritzenberger und das Festzelt stellte die Brauerei Brandl Gosserdorf.






 









Vermutlich von KB Krämer stammen die Bilder in der Kötztinger Zeitung. Interessant ist, dass die Firma Lekkebusch aus München, die ihre Filmaufnahmen über den Bayerischen Wald im Vorjahr wegen des katastrophalen Wetters abgebrochen hatte, in diesem Jahr hochzufrieden mit den Aufnahmen war.
Aber auch das gab es, im Nachgang des Pfingstrittes.