Translate

Freitag, 3. Februar 2023

Kötztinger Häuserchronik - Beim Dietlbeck

  Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


alte Hausnummer 52

beim Dietl Beck

Detail aus der Uraufnahme von 1831


Balthasar Engl und Maria Magdalena


Wie bei der "Entstehung" des Nachbarhauses bereits beschrieben, bildeten die später getrennten Häuser mit den alten Hausnummern 51 und 52 bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts eine Einheit, insofern als nur das spätere Haus 52 existierte und der Besitzer - Balthasar Engl - einen Anbau später als eigenständiges Haus verkaufte und damit begründete.
Ob an dieser Stelle - das gesamte Häuserviertel ist im November 1633 komplett abgebrannt - möglicherweise ein Vorläuferbau gestanden hatte und der Gerichtsprokurator Engl für seinen Anbau nur eine langjährige Baulücke ausgenutzt hatte, ist unbekannt, aber manches spricht dafür, da der Markt Kötzting damals sehr eng bebaut gewesen war.

StA Kötzting Marktrechnung von 1698
Als der "churfürstliche Gerichtsprokurator H: Balthasar Engl" im Jahre 1698 nach Kötzting kam erwarb er um den Betrag von 3 1/2 Gulden den sogenannten "Beysitz", ein minderes Bürgerrecht. Das bedeutet, dass er zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Besitz eines Kötztinger Anwesens gewesen ist. 1699 dann konnte er durch eine Zahlung von weiteren 3 Gulden das richtige Bürgerrecht erwerben und das ist dann auch erst der Nachweis für einen Haus- und Grundbesitz im Markt Kötzting.
StA Kötzting Spitalrechnung von 1701 Grundschuldeintragung für Balthasar Engl

Im Jahre 1700 leihen sich Balthasar Engl und dessen Frau Maria 100 Gulden vom Kötztinger Spital, und dort wird nun auch die Lage des Hauses beschrieben, Sie leihen sich "auf ihre aigenthemblich inhabente Burgers Behausung, an des Veith Immerls Heusl stossent"
Im Jahre 1702 teilte er sein Haus und verkaufte den kleinen Anbau an Capar Pichelmeier und dessen Frau, denen er bei dieser Gelegenheit auch gleich die Grundschuld seines Hauses mitgab.
Am 29.11.1706 verkauften die beiden auch ihr bis dahin noch selbst bewohntes Haus, an  Maria Magdalena König, die Frau eines Landleutnants, um 187 Gulden. Balthasar Engl selber und seine Frau wechseln von dem kleinen Haus im unteren Markt hinauf an den Marktplatz und in den großen Voglhof (alte Hausnummer 9) 
Einschub
Weil die Reihenfolge in den Steuerlisten idR die Reihenfolge der Häuser in der Wriklichkeit gut abbildeten, kann man vom folgenden Eintrag davon ausgehen, dass einer der beiden "Listennachbarn" des Veith Immerls auch in Wirklichkeit sein Nachbar gewesen ist.
HStA München GL Fasc. 1829_62 von  1688 
"Glastrager 2 xr
Veith Immerl
Hans Hecht"

Der Betrag von 2 Kreuzern entsprach der Abgabe für ein Haus.


König Maria Magdalena



Die neue Kötztinger Hausbesitzerin, Maria Magdalena König, ist eine geborene Billich und bereits seit dem 8.6.1683 mit dem damaligen Reiter Georg König von der Kompagnie des Jakob Bentler verheiratet.
.
PfA Kötzting Band 2 Seite 162
Es haben den Bund der Ehe geschlossen Georg König Reiter in der Kompanie des Herrn Jakob Bentler mit Magdalena Billich, Tochter des verstorbenen Andreas Billich. Als Zeugen fungierten Michael Strigl und Johann Billich  "et pluribus alijs", was ich mit "und viel andere" übersetzen würde.
Durch ihre Abstammung von der Billichfamilie, erhielten die Beiden als Heiratsgut bzw. Erbe das Marktlehen in der Mitte des Marktes, die alte Nummer 39, - Achtler bzw. Pfeffer - , das sie im Jahre 1705 dann an den Metzger Andreas Pirzer verkauften.
Am 26.11.1706 quittierten der- nunmehrige "Rittmeister des Latherischen Curassierregiments"  - Hans Georg König und seine "Anfrau" Magdalena dem Käufer, dass dieser seine Kaufsumme vollständig bezahlt habe, und bereits 3 Tage später, wie oben erwähnt, erwirbt die Ehefrau Maria Magdalena König dann das kleine Haus im unteren Markt.
Ich würde vermuten, dass der Herr des Hauses eher weniger in Kötzting anwesend war, und seiner Anfrau die Aufgaben, die sie mit einem großen Kötztinger Marktlehen verbunden waren, viel zu viel geworden waren. "Downsizing" war wohl ihr Gebot der Stunde.

StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1706
Kaufsbeschreibung per 187 fl sambt 3 fl Leykauf
H: Balthasar Engl keyl:
[kaiserlicher, wir befinden uns inmitten des Spanischen Erbfolgekriegs und Bayern war von den Österreichischen, kaiserlichen, Truppen besetzt] Gerichtsprocurator und burger alhir und Maria Magdalena dessen Hausfrau auf Beistandslaistung H. Jacoben Vischers des Rhats alda...."



.... der /titl/ Frauen Maria Magdalena Königin, so in Persohn nit erschinen, sondern selbe zuvertretten Ihren Vettern Hans Georgen Schwarzen mit ybernomben Gwealdt abgeordnet...."
Gleich nach dem Verkaufsbrief befindet sich in dem Band der Briefprotokolle eine außergewöhnliche Zusatzvereinbarung, hier der Beginn der Urkunde:.


Obrigkeitliche Anmörckhung

Nach beschriebnen Kauf des bedeithen Heusl hat der beqwaldte Hanns Georg Schwarz von obiger Frau Königin sich nomine derselben erclert und angebotten. Nemblich daß sye Fr: Königin ungehindert selbe ehedessen....
.... ain burgers KIndt gewest: aniezt aber mitls verheurathunmg Ihren Standt dahin verendert, daß sich selbe der burgerlichen Jurisdiction allerdings zuenteussern, iedannoch sich hiermit der burgerlichen Jurisdiction als ein Inhaberin dises ihres Heusls nit allein absolute in Persohn mit Begebung aller Exception underwürffig gemacht, sondern auch angebotten, nach billichen dingen alle anfallente burgerliche burthen und Ausgaben tragen wolle, und allen burcherlichen Gehorsamb zu erzaigen. Also dass man dahero diesen Verkauf von Obrigkeits wegen ratifiziert, welches sonst ausser dessen ausgeblieben were, in Beisein H: MArtin Hofmann des Rhats und Adnren Zissler beeden Burgern alda."

Durch ihre Ehe mit einem - mittlerweile höheren -  Offizier wäre sie grundsätzlich -wegen ihrer Standeserhöhung - nicht mehr unter die Zuständigkeit des Marktes als Gerichtsort gefallen. Nur durch ihre ausdrückliche Zustimmung, weiterhin ihre bürgerlichen Pflichten für den Markt zu erfüllen, hatte der Magistrat dem Kauf des Hauses zugestimmt.
Aus einer Schuldverschreibung des Jahres 1719 erhalten wir dann noch eine zusätzliche Information: Die Frau Rittmeisterin ist mittlerweile verwitwet, hat aber ausreichend Barvermögen, um Geld gegen Zinsen zu verleihen.
StA Landshut Markt Kötzting P 8


"Schuldverschreibung
Herr Martin Joseph Hueber suspendierter Cammerer alhi, und Anna Maria dessen Hausfrau auf Anweisung und Beistandslaistung Augustin Fischers Burger und Wundtarzten alda, Bekhennen in Craft diss daß sye zu Ihrer unentpehrlichen hausnotturfft von der Wohledl gestrengen Frauen Maria Magdalena Königin verwittibten Rittmaisterin der Orth.....
.120 Gulden aufgenommen haben.
Offensichtlich hatte die Witwe das Geld vorher den beiden auf guten Glauben hin geliehen, denn in der Schuldverschreibung heißt es, dass bereits 15 Gulden an Schuldzinsen aufgelaufen wären. Nun mussten sich die Gläubiger schriftlich erklären, dass sie ihr ganzes Vermögen als Sicherheit hinterlegen würden.
Im Folgejahr findet sich eine weitere Kreditvergabe der Frau Rittmeisterin, diesmal vergibt sie - gegen eine weitere Schuldverschreibung - 100 Gulden an den Bürger und Äußeren Rat Jakob Fischer und dessen Frau Anna.

HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott B2 1727-1736

Kirchentrachtliste: "Fr. Magdalena Königin von Zandhofacker - Flax - Kirchentracht"

Im Dezember des Jahres 1734 verstarb Frau Magdalena König und das Haus der Verstorbenen ging an ihre "Base", die ehemalige Kammerersgattin Frau Anna Maria Schwarz.

PfA Kötzting Band 18 Seite 68
"In diesem Monat (Dezember) wurde - mit allen Sakramenten versehen - die Witwe, die ehrenwerte Frau Magdalena König, begraben."
Bereits am 20.5.1733 hatte der Kötztinger Marktschreiber Johann Christoph Magerer Anna Katharina Schwarz geheiratet, die Tochter der obigen Erbin.


Magerer Johann Christoph und Anna Katharina Schwarz



Anna Maria Schwarz, als die neue Besitzerin des kleinen Hauses in der Marktstraße, verkauft nun "das von der Basen Maria Magdalena Königin per Testament anererbte Häusl" an den Gerichtsprokurator und Tochtermann Johann Christoph Wagerer um 200 Gulden.

"Am 20. dieses (Mai) Monats haben den Bund der Ehe geschlossen, der hervorragende (spectabilis) Herr Johann Christoph Magerer, churfürstlicher Landgerichtsprokurator (electoralis dicastorius hic loci procurator), ehelicher Sohn des Andreas Magerer, Bauern und Hopfenhändlers aus Blaibach, und Margaretha dessen Ehefrau, die beide noch am Leben waren, und die tugendsame Jungfrau Anna Katharina Schwarz eheliche Tochter des verstorbenen Rats Johann Georg Schwarz und seiner noch lebenden Ehefrau Anna Maria. Die Trauzeugen waren der Mesner Johann Georg Arent und der Schneider und Bürger Johann Obermayr."
Am 24.11.1738 liehen sich die neuen Hausbesitzer 30 Gulden vom Kötztinger Spital, wobei der junge Bierbrauer Samuel Luckner den Beistand für die Ehefrau macht.
In den unruhigen Zeiten des Österreichischen Erbfolgekrieges wird der Prokurator Magerer als Brandsteuereinnehmer verpflichtet und lässt sich in den Marktrechnungen nachweisen.
StA Kötzting Marktrechnung 1742 Seite 28

"Herr Veith Anton Zadler, Marktschreiber zu Neukürchen und Herrn Johann Christoph Magerer, Ghrts: Prokuratorn zu Közting, deputirten Prandtsteur Einnembern ersagten Ghrts Közting, zu Viechtach, ist crafft Scheins 365 fl Contibutions und 36 fl 30xr zöhlgelt, in allem aso gehändigt worden 401 fl 30 xr."

Im Nachgang zum Österreichischen Erbfolgekrieg wurden die Restsummen, die der Markt ausgelegt hatte nun abschließend auf seine Bürger verteilt und in der "Anlagsrepartion von 1749" finden sich sämtliche besitzende Bürger Kötztings, so auch Christoph Magerer.
StA Kötzting AA IV 1
"Johann Christoph Magerer ab dessen Heusl       2 fl"




Im Jahre 1745 findet sich eine besondere Urkunde in den Kötztinger Briefprotokollen, eine Lehensrevers.
"Lehens Revers über das Dorf Hofern, sambt dessen Grundt und Podten, auch Holzwachs.

Von gedachten Cammerer und Räthen alda, würdet hiermit und crafft diss lehen Reversbriefs bekhennt, das auf Ableiben H: Andreen Paur gewesten des Räths seel daselbst gestandtnen lehenstrager über ... das zum lobl: Closter Rott lehenreichentes dorf Hofern mit allen darzue gehörigen Grundt und Podten, auch Holzwax, heünt dato zu ainem Neuen Lechentrager H: Johann Christoph Magerer chftl. Pflegghrts Proc: und Burger derorthen, vor ainen Lehentrager gestölt worden."  

Der Originallehenbrief des Klosters Rott aus dem Jahre 1745 ist zwar nicht mehr erhalten, aber es gibt im Hauptstaatsarchiv in München eine Zusammenstellung der Lehenbriefe aus dem Zeitraum 1758 bis 1802.
Einschub Lehen
Das Dorf Hofern war dem Kloster Rott lehenpflichtig; das bedeutete, dass ein Teil der Ernte der Bauern dieses Dorfes und vor allem Abgaben an den Lehensherren, hier das Kloster Rott, bezahlt werden mussten. Dieses Einsammeln von Steuern und Abgaben war mit einem nicht geringen Aufwand verbunden und das Ergebnis konnte sich von Jahr zu Jahr unterscheiden. Für den Lehensgeber bedeutete es eine sicherere Einnahmequelle, diese Einnahme gegen eine feste Geldsumme zu vergeben. Der Lehensnehmer trug nun das finanzielle Risiko und den Aufwand, obwohl es anscheinend eine gewinnbringende Investition gewesen war, die von wohlhabenden Bürgern gerne gewählt wurde.
Einschub Ende.
In der oben bereits beschriebenen Lehensauflistung des Kloster Rotts findet sich zunächst jedoch eine Überraschung. Gleich der erste Eintrag in diesem Buch betrifft den Lehensvertrag des Herrn Magerer und eine Strafandrohung für den Markt Kötzting. Dieser hatte nämlich den oben ausgefertigten Lehenbrief des Prokurators Magerer einfach - ohne sich die Zustimmung des Klosters einzuholen, in einer anderen Schuldensache als Sicherheit hinterlegt.
 
HStA München Landshuter Abgabe KL Rott Lehenprotokolle 1758-1802

Ich musste den Text selber in Ruhe erst mehrmals lesen, um mir sicher zu sein, dass der Markt und nicht der Lehenträger Magerer hier der Beschuldigte war:
"Gemainer Markt Kötzting
Nachdem wiederholter Markt Kötzting, das aus dem Dorf Hofern samt dem Zugehör, Holzwachs und Gründten habende Lehen, worüber dermahlen Herr Christoph Magerer Chr. Ghrts Prokurator und Burger dießorts für einen Lehentrager bestellt, ohne Vorwissen und Consens der Lehenherrschaft; nämlich dem Lobl. Kloster Rott an die Moraschische Erben von Straubing wegen einer gewissen Geltschuld allschon ao 1742 versetzt hat..
..."
Das Kloster hätte nun "alle Fug und Macht" gehabt, den Markt Kötzting zu verklagen "oder einen Lehenfall zur Straf anzusetzen".  Auf Bitten und wegen der großen Schuldenlast des Marktes habe sich der regierende Herr Herr Prälat entschlossen, den Markt dessen eigenmächtiges Handeln zu verweisen und sicherzustellen, dass dieses in der Zukunft nicht mehr vorkommen würde. Nach dem Tode des vorherigen Prälaten, des Abtes Korbinian, wird das Lehen an die Kötztinger nun vom neu gewählten Prälaten, dem Herrn Benedikt, aufs neue verliehen. Das "Hauptlehenreich" wird durch die Urkunde vom 15.7.1758 erneut auf 30 Gulden festgelegt.
Darüber hinaus bekommen die Kötztinger noch eine Zusatznote mitgeteilt:
 

NB (Nota bene) Kammerer und Rath erindert, das nur die fructus der Lehen Unterthannen pro quantitate debiti verhypothecieret, nicht aber die unterthannen ausgepflicht worden....."
Als Sicherheit des Lehennehmers stehen nur die Feldfrüchte der Untertanen als Sicherheit zur Verfügung, zu mehr können die Untertanen nicht herangezogen werden.
Blickt man in den "Historischen Atlas" des Landgerichts Kötzting, so erscheinen die vier Halbbauernhöfe Hoferns als dem Markt Kötzting abgabepflichtig.

Historischer Atlas von Bayern, Band Landgericht Kötzting 


Das Kloster Rott hatte also das Dorf von Hofern offensichtlich bereits vor Urzeiten an den Markt Kötzting als den Hauptlehennehmer übergeben und dieser reichte diese Einnahmequelle aus oben angesprochenen Gründen an die Privatperson Magerer weiter.
Es ist so ein wenig die Methode: Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dache.
Dieses Lehensystem stellte für den Lehengeber eine sichere Einnahmequelle dar und verlagerte mögliche Risiken - aber auch Chancen - auf die Seite des Lehennehmers.
Am 17.8.1778 wird der Lehensbrief nach dem Tode des vorherigen Lehensherren, des Abts Benedikt, nun vom neuen Prälaten, dem Herrn Gregor, neu ausgestellt.
In der Liste der Äbte des Klosters Rott finden wir genau diese Reihung, die sich auch in den Lehensbriefen ausdrückt
Corbinian Graetz, 1726–175
Benedikt II. Lutz von Lutzkirchen, 1757–1776
Gregor Mack, 1776–1801

 Abt Benedikt, der Mann, der das Kloster wegen seiner luxuriösen Umbaumaßnahmen der Klosterkirche an den Rand des Bankrotts geführt hatte - dies übrigens zu einem nicht geringen Teil durch eine Kapitalaufnahme, die die Pfarrei Kötzting zu schultern hatte- , wurde vom Kötztinger Prior Gregor Mack ersetzt. 
Gregor Mack war zunächst der langjährige Gegenspieler des Kötztinger Kammerers Wolfgang Samuel Luckner und später als Abt auch der Mann, der das Kloster Rott gerade noch vor dem Konkurs retten konnte.
Um das Kapital abzuschließen: In den Briefprotokollen findet sich später die Weitergabe des Lehensrevers über das Dorf Hofern von Johann Christoph Magerer weiter an den Kötztinger Schreiner Jakob Trum unterm 15.10.1782.


Lorenz Stoiber und Maria Anna Magerer



Am 17.11.1773 verkauft der Witwer - freiresignierter Gerichts- und Marktsprokurator, dan Verwalter der Hofmärchen Stächesried, Hochenwarth und Kolmstein und Burger alhier - Johann Christoph Magerer das Haus an seine Tochter Maria Anna, nun die Ehefrau des Gerichts- und Marktprokurators Lorenz Stoiber um 350 Gulden. Jedes Jahr wird er von seinen Nachfolgern 25 Gulden an Herbergszins ausbezahlt bekommen. Gleichzeitig wünscht der Übergeber sein "Ehepötz, nebst der Pöttstatt und denen Fürhängen, 2 Überzügen, 4 Paar Leylacher, 12 zünnene Däller, 6 deto Schüßln, 1 derley Weyprunn Kösterl, 2 Salz Pixl, 2 Leichter, 1 Nachtgeschirr, 2 beschlagne Krieg, 4 Pfannen, 1 Kasten, 1 Spiegl, 1 deto Bilod, 1 Kanape, 6 Sesseln, 2 Davinetl, die Einrichtung in obern Stüberl und alles nötige Kuglgeschirr" zu sich nehmen zu dürfen, das nach seinem Tode, so noch vorhanden, auf seine beiden Kinder aufgeteilt werden solle.
Sein Sohn, Cajetan Magerer wird in einem umfangreichen Verkaufsbrief ebenfalls abgefunden.
Im selben Jahr erhält Lorenz Stoiber das Kötztinger Bürgerrecht und muss dafür 10 Gulden bezahlen.
PfA Kötzting Band 14 Seite 194

Schon Jahre zuvor, am 12.6.1769,  hatte Lorenz Stoiber die Kötztinger Bürgerstochter geheiratet.
"Es heben den Bund zur Ehe geschlossen der herausragende (Spectabilis) Anwärter für das hiesige Amt des churfürstlichen Gerichtsprokurators Lorenz Stoiber Sohn des kunstsinnigen  (artificiosus)  Chorregenten Jakob Stoiber aus Frontenhausen - bereits verstorben - und seiner Ehefrau Maria, die noch am Leben ist, mit der Maria Anna, eheliche Tochter des herausragenden Herrn Christoph Magerer, Richters in Stachesried, Hochenwarth und Kolbnstain und frei resignierter Prokurator diesorts und seiner Ehefrau Anna, die beide noch am Leben sind.
Die Trauzeugen waren der Marktschreiber Cajetan Magerer und der Kaufmann Johann Baptist Fabrici. Die Trauung vollzog Pater Gregor."


Direkt nach diesem Hausverkauf wird in den Kötztinger Briefprotokollen die zweite Ehe des Johann Christoph Magerer protokolliert. Er wollte offensichtlich vorher alles Finanzielle regeln und heiratete, nachdem er seinen Kötztinger Besitz verkauft hatte, die "Sagschneiderstochter" Anna Maria Erber von der "Multersaag". Aus dieser Multer- oder Erbersäge wird ein halbes Jahrhundert später dann der Sperlhammer bei Kötzting werden.
Der frischgebackene wiederverheiratete Ehemann "gibt ihr ihrer jungfräulichen Ehren halber den üblichen Dritten Pfennig, das sind 100 Gulden".  Dieser Drittpfennig, also das Drittel des Heiratsgutes,  ist als eine sogenannte Morgengabe zu verstehen.
Dreihundert Gulden bringt die Braut als Heiratsgut mit. Diese 300 Gulden gibt auch der Hochzeiter als ihre Sicherheit dazu und legt zusätzlich noch die vorhin angesprochenen 100 Gulden als den "Drittelpfennig" oben drauf.

HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B3 1777-1800

In der Kirchentrachtliste des Klosters Rott lässt sich in dem Zeitraum der "Procurator Lorenz Stoyber" belegen.
In den Jahren gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als die Kötztinger Bürgerschaft sich über mehrere grundsätzliche Entscheidungen in jeweils zwei Lager aufspaltete, gehörte er 1774, anders als seine nahen Verwandten, zu den Ablehnern der Aufteilung der Reitensteiner Gründe und war beim großen Thema des Brückenbaus - 1790 -  auf der Seite der Befürworter.


Am 18.5.1806 verstarb im Alter von 67 Jahren der Prokurator Lorenz Stoiber und bereits seit aus dem Jahre 1805 stammt eine Pflegschaftsaufstellung über seine Schuldenlast. (AA XI-28) mit dem Versuch einer Schuldenrevision.
Stoiber Lorenz, königlicher Landgerichtsprokurator, dann Marktprokurator zu Kötzting:
Seine Verlassenschaftsakten von 1806 beinhalten auch eine Inventarliste. Er war außerdem  auch noch Hofmarkverwalter von Hohenwarth, Kolmstein und Bayrisch Eisenstein. Seine Schwester, Maria Susanna Hinterholzerin, eine bürgerliche Weißbäckerin zu Frontenhausen, und sein Bruder, Edmund Stoiber, treten die Erbschaft an. Es ist kein Testament vorhanden. Die Schuldenliste ist lang und übersteigt sogar den Verkaufserlös des Hauses, das um 1200 Gulden einen neuen Besitzer findet. Lorenz Stoiber hatte jahrelang keinerlei Zinsen gezahlt, weshalb sich seine Geschwister nun erbost über seinen Lebenswandel zeigen.

 Fabrici Maria Anna


Am 2.6.1806 unterschreibt die Weißbäckerin Maria Susanna Hinterholzerin aus Frontenhausen - auch im Namen ihres Bruders Lorenz - die Verkaufsurkunde. Die neue Besitzer sind die Nachbarskaufleute Johann Baptist Fabrici und dessen Frau Maria Anna. Um Häuser- und Rustikalsteuerkataster  von 1811 ist aber nur Maria Anna Fabrici als Besitzerin eingetragen.
StA Landshut Rentamt Kötzting B 27
" Markt Kötzting Nro 50 Maria Anna Fabrici - HsNr 52-
a: das gemauerte Haus
b: mit einem kleinen Gartl
"
Bei diesem kleinen Wurzgarten ist im Verkaufsbrief noch vermerkt: "in dem kleinen Wurzgärtl befindet sich ein Comunbrunnen welcher  auf gemeinschaftliche Kösten des Erblassers Stoibers, des  Wundarzt Windorfer und das Marktschreibers Steinbrechers verricht  worden ist."

Für Maria Anna Fabrici war dieser Hauskauf vermutlich eine günstige Gelegenheit, Geld anzulegen.
In der Häuserchronik für das heute sogenannte Voithenleitnerhaus kann man eine ausführliche Vermögensverteilung im Testament des Fabricischen Ehepaares nachlesen. Hier nur der Teil, der für dieses Haus relevant ist.
StA Landshut Rep 166N/12 Maria Anna Fabrici 


Endlich vermache ich das sogenannte Stoiber-Haus Nro: 50 dem kleinen Mädchen der Josef Windorferischen Eheleute Namens Maria Anna Windorfer als ein Taufpathe als eine ferners Eigenthum.
Dieses ist der Inhalt meines Testaments.
Ich stelle daher an das königlich baierische Landgericht Kötzting meine unterthänig gehorsambste bitte, sich, da ich nicht im Stande bin, in meine Wohnung zu verfügen, und ein förmlich gerichtliches Testament nach obigen Inhalt gnädigst aufzunehmen......
Kötzting den 16. Augustus 1813 ...... Maria Anna Fabrizin verwittibte Kaufmannin in Kötzting 
"

Die persönlichen Siegelabdrücke des Johann Baptist und der Maria Anna Fabrici unter ihrem gemeinsamen Testament.

Anstelle der kleinen Maria Anna Windorfer finden wir jedoch nur ihren Vater, Josef Windorfer, in den Akten.
Weder in den Kötztinger Sterbe- noch in den Hochzeitsmatrikeln lässt sich ein Eintrag für eine Maria Anna Windorfer finden, so dass anzunehmen ist, dass sie verzogen ist und das Anwesen an ihren Vater übertragen hat oder hatte.

Josef Windorfer

Nur Josef Windorfer, also der Vater der von Maria Anna Fabrici in deren obigen Testament begünstigten Maria Anna Windorfer, taucht beim Weiterverkauf des Hauses als Besitzer auf. Seine Tochter ist, außer im Testament, in keinem Dokument erwähnt. Da Josef Windorfer mit seinen Unternehmungen und Besitztümern - Voithenleitnerhaus, Hammermühle, späteres Irlbeckanwesen im oberen Markt - bereits umfangreich vorgestellt wurde, bzw. bei Bearbeitung der anderen Anwesen noch umfangreich vorgestellt werden wird, kann sein Besitztitel auf diesem - für ihn - unbedeutenden Haus vernachlässigt werden.
Hier muss ausdrücklich noch erwähnt werden, dass Josef Windorfers Vater, der Chirurg und Bader Georg Windorfer, das Haus mit der alten Hausnummer 100 - das obere Bad, später Anwesen   Oexler/Kellner - besessen und auf diesem Hause eine Badersgerechtigkeit gehabt hatte.  
 Am 1. Oktober 1817 hatte der Chirurg Georg Windorfer sein Anwesen - Hausnummer 100 - mitsamt der Badersgerechtsame an den kgl. Advokaten Müller verkauft, mit der Maßgabe, dass der Badersgeselle Johann Robl Zeit seines Lebens dieses Badersrecht nutzen können solle. Nach dem Ableben des Baders Robl sollte diese Badersgerechtigkeit wieder an des Anwesen zurückfallen.
Allerdings folgte das Landgericht schon im Jahre 1817 nicht dem Wunsche des Verkäufers und legte – zuerst auch in der Revision und anschließend sogar durch die höchste Instanz bestätigt – fest, dass Advokat Müller das Badersrecht nicht akquirieren könne, denn schon 1811 sei festgelegt worden, dass kein Ehehaftbad an jemand anderes als an einen Bader oder Chirurgen veräußert werden könnte. Damit konnte auch Advokat Müller die Badersgerechtsame, obwohl er mittlerweile Besitzer des Anwesens geworden war, nicht als ein reales Recht für sich behaupten. 
Unter diesem Dilemma hatte vermutlich auch der Pächter und Bader Johann Robl zu leiden. Die Lösung für Johann Robl war dann, das Kötztinger Bürgerecht - 1821 - zu erwerben und anschließend, nach dem Kauf des Hauses Nummer 52, sein Badergewerbe auf dieses Haus zu transferieren.
Zusätzlich heißt es im Akt AA II 18: "14. Januar 1822:  Robl Johann erhielt von Chirurg Windorfer Georg die personelle Baderkonzession und erhielt Bürgerrecht."



Johann Robl und Franziska Brunnbauer


Im Urkataster des Jahres 1841 finden wir bei diesem Anwesen - ganz anders als beim Häuser- und Rustikalsteuerkataster von 1811, wo keinerlei Grundstücke beim Haus gewesen waren -  eine umfangreiche Liste an Grundstücken, die Johann Robl inzwischen offensichtlich in seinen Besitz gebracht hatte.
StA Landshut Grundsteuerkataster 5028
Hausnummer 52 in Kötzting Beym Bader Johann Robel 

Wohnhaus und Stall unter einem Dache, dann Schupferl und Gräd
Dunglage beym Pfeffer Schneider
Gemeinderecht:
zu ganzem Nutzabtheil an den noch unverteilten Gemeindebesitzungen


Laut Brief vom 9. Jänner 1823 von Joseph Windorfer um 950 erkauft.

walzender Raidensteiner Gemeindetheil vom Jahr 1804
das Raitensteineräckerl Theil Nr. 124 

"Mit Brief vom 21.August 1829 von Josef Viertl zu Kötzting um 43 fl erkauft."
Walzende Grundstücke (Dieses waren Grundstücke, die einzeln besteuert wurden, im Gegensatz zu Flächen, die fest, als sogenannte Pertinentien , zu einem Anwesen gehörten und dessen Status als Marktlehen, Sölde oder Haus mitbedingten.)
212 Stadl auf der Landrichter Wiese
1016 Acker auf der Platte
(Plan Nr. 1016 laut Brief vom 22. Mai 1828 von Johann Werner um 150 fl erkauft)
548 Wiese auf der Hütwöhr
(Plan Nr. 548 laut Brief vom 9. Juni 1820 von georg Rabl um 100fl und die überbaute Fläche von PlanNr. 212 vor ungefähr 20 Jahren vom kgl. Landrichter Bechmann um 25 fl erkauft und den Stadl darauf neu erbaut, laut gerichtlicher Verbriefung vom 23. September 1840) 



Äcker:
901 bei der Sagmühl am Galgenberg
901 1/2 das Gemeindeackerl am Galgenberg.
Wiesen
901 a bei der Sagmühle
921 1/6 Gemeindeflecken am Galgenberg
5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_2_1-01

Hier die "Entschlüsselung" der Plannummern in einem Übersichtsplan des Vermessungsamtes Cham.
Das Flurstück "Hütwöhr" entspricht dem Kötztinger Flussbad bis zur Errichtung des Hallen- und Freibades. Robls Wiese war somit die Liegewiese im Freibad entlang des Schwimmerbeckens.
Die aufgestückelten und sicherlich wenig ertragreichen Wiesenflecken bei der "Sagmühle" (Heutzutage die Brauerei Lindner)  lagen auf dem heutigen Böschungsbereich zwischen der Hofzufahrt Lindner und der Staatsstraße, also ein Böschungsgelände, während sich die nach oben anschließende Wiese - heutzutage das Bierdepot - noch in Besitz des Marktes befand.

Bleibt zum Schluss noch der Stadel auf der Landrichterwiese, Plannummer 212 und sein Misthaufen vor der Hausfront seines Nachbarn.

Vermessungsamt Cham 5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_Beilage_M2500_1_1-01



Einschub Paint bzw. Plannummer 212:
60 Jahre nach der Erstellung des obigen Vermessungsplanes bekommt Kötzting Besuch vom Mater des damaligen Geodäten und dieser zeichnet ein Bild dieser Ecke Kötztings, eben genau dieser Ansammlung von Schupfen und Städeln in der Paint.
Mathias Heilmeier

Einschub Ende
Bereits am 24.6.1818, also kurz nach dem Einstieg in Kötzting als Bader - allerdings auf dem Hause Nummer 100 -, hatte Johann Robl, Bader und Sohn des Johann und der Anna Greil, Franziska Brunnbauer aus Regen geheiratet und zusammen mit seiner Frau bekamen die beiden 9 Kinder zwischen 1819 und 1833, von denen mindestens 5 bereits im Kindesalter verstarben.


Im Jahre 1834 kommt es zu einem Streit zwischen JR und seinem unterhalb liegenden Nachbarn, dem Riemer Futscher. Es geht - und dies ist in so ziemlich jedem der 6 Häuser in diesem Häuserblock im Laufe der Jahre zu entdecken - um einen Streit um Licht und eine Überbauung der kleinen Gässchen.
Die Quelle sind die Akten der Vergleichsverhandlungen, die es nur in einem begrenzten Zeitraum Mitte des 19. Jahrhunderts in Kötzting gegeben hatte.
"Johann Robl Bürger und Baader von Kötzting wollte seinem Nachbarn Franz Futscher ìRiemer von Kötzting  aus der Ursache klagen weil Letzterer sein Haus erhöhet und Ersterer auf des Robls Hausseite errichtet, dadurch ihm also der Nachteil in der Folge entstehen könnte, daß Robl seiner Zeit sein Haus wegen des Lichtes des Futschers nicht erhöhen durfte. Folgender Vergleich kam zustande: Robl steht 
von seiner Klage ab. Futscher macht sich erheischig und ausdrücklich verbindlich zu keiner Zeit eine Beschwerde zu erheben wenn Robl sein Haus erhöhen wird wodurch dem Futscher seine Fenster wieder verbaut werden." 
Aus dem Jahre 1837 kennen wir erneut einen Versuch des Kötztinger Marktrates, die offensichtlich unhaltbaren Zustände auf den Straßen zu verbessern. Alle Bürger, die straßenseitig einen Düngerhaufen unterhielten, wurden aufgefordert - und mussten dies auch mit ihrer Unterschrift bestätigen, dass die Missstände abgestellt würden.
StA Kötzting AA XIII-18

"Hat seine Düngelage mit einer ordentlichen Planke zu versehen, dieselbe gehörig immer zu unterhalten, und bei der frequenten Lage derselben als auf offnen Marcktsplatze die Passage nicht noch mehr zu verengen, bey Straffe von 1 fl 30 xr"


22. Johann Robel, Bader bey gleichen Verhältnissen, gleicher Auftrag
23. Johann Stoiber, Both, auf solche Art
Unterschriften Stoiber und Robel"


Im Jahre 1840 kommt es erneut zu einer Klarstellung über den Erwerb der Baderskonzession. 
Johann Robl hatte seit 1817 von Windorfer die Ausübung als Bader übernommen auf Lebenszeit.
Solange Windorfer Georg lebte, hatte er 10 fl dafür bezahlt. Sein Sohn Joseph Windorfer ist Handelsmann, legt keinen Wert darauf und bestätigt nach Vorladung die Tatsache.
 Aus demselben Jahr stammt ein Mieterkataster, das uns einen genaueren Einblick in die Struktur des kleinen Hauses ermöglicht.

"1. Johann Robl, Bader /:Hauseigenthümer:/ 
1. Hauptgebäude
Unter der Erde: 1 Keller und 1 Stallung(!)
I. 2 Wohnzimmer und 1 Kammer und 1 Küche
II. Boden unterm Dach
(eigenhändige Unterschrift) Johann Robel

2. Josef Utz, Rentamtsschreiber /: Mieter:/
II. Ein Wohnzimmer
Unterschrift: Joseph Utz

2. Nebengebäude

3. Johann Robl, Eigenthümer
eine Holtschupfe

3. Nebengebäude
PlNro 212 Eine Scheune mit Dreschtenne
Unterschrift Johann Robel"

Es hat den Anschein, dass in dem kleinen Anbau in Richtung der heutigen Müllerstraße sich damals ein Zugang zu einem kleinen Stall befand, der dann selber wiederum - aus der Frontansicht des Hauses von der Marktstraße aus gesehen - als unterirdisch bzw. als im Keller gelegen angesehen wurde.

Wie sehr auch um -  für uns heutzutage unbedeutende -  Materialien gestritten wurde, zeigt eine Vergleichsverhandlung aus dem Jahre 1846.
"22. Oktober 1846: Johann Robel Bader und Bürger zu Kötzting bringt gegen den Bürger Johann Freimuth dahier vor, dass der Letztere ihm einen aus dem Gruberbache ausgehobenen Schlamm in Anschlage zu 3 fl entzogen habe und bittet den Beklagten zum Ersatze anzuhalten. 
Johann Freimuth erinnert, dass das fraglich Koth von seiner Fahrtnahme gewonnen wurde, die er in fahrbaren Stand zu unterhalten habe, und er könne sich einer Beschädigung dieser Fahrt nicht gefallen lassen."  Es geht hier also um eine mögliche Vorenthaltung von Straßendreck und Schlamm, den der Bader Johann Robl offensichtlich gerne für sich in Anspruch genommen hätte.

Der Bader Johann Robl verstarb im Alter von 65 Jahren - Bader und Magistratsrat genannt - am 6.10.1860 an Lungenvereiterung; seine Witwe Franziska Robl, von der kein Sterbeeintrag - jedoch ein kleiner Nachlassakt im Staatsarchiv in Landshut existiert - muss ebenfalls im Oktober 1860 verstorben sein. In ihrem Nachlassakt findet sich - und dies ist außergewöhnlich . sogar eine Aufstellung ihrer Beerdigungskosten und eine Behandlungsliste.
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 9 Nr. 487 Franziska Robl Baderswitwe

Kostenverzeichnis resp Zusammenstellung
sämtl. Ausgaben für die seel. Frau Robl aus Kötzting
Vortrag
1. Medikamenter Rechnung von Herrn Kreuthahn
2. Gänge und Klistier 20mal der Hebamme
3. Ärztliche Deserviten Rechnung
4. Für die Begräbnis an Hr. Pfarrer
5.  Für die Begräbnis an Herrn Meßner
6.  Für die Begräbnis an Herrn Chorregent
7. Für die geleistete Kirchenmusik an Thürmer
8. an Todten-Gräner und Träger der Leiche
9. die Todtentruhe samt Kreuz
10. Für den Organisten nebst SIngstimme
11. Für das Todtenweib
12 Für den Orgelzieher und Stabträger
"13. "Für Chirorgens=Dienste
14. Für die Pflege für 38 Tage a 1fl 12 xr
15. An besonderen Ausgaben für den Todfall
Summe 112,12

NB: Im Bezug auf den Grabstein /:Wandplatte:/ kann bemerkt werden, daß zu einem billigen Preis von einigen zwanzig Gulden in Regen ein ganz schöner Stein für die verstorbene gefertigt werden kann.
Ranzinger
geprüfter Grabsteingraveur"

Interessant ist sicherlich auch die Medikamentenliste, die der Regener Apotheker L. Kreuthahn in Rechnung gestellt hatte.
Weil sowohl von einer Grabplatte in Regen die Rede war und auch die Medikamentenliste von einem Regener Apotheker stammt, steht zu vermuten, dass die Baderswitwe Robl ihre letzten Lebensjahre in Regen verbracht hatte, was wiederum erklären könnte, weshalb ihr Tod nicht in den Kötztinger Matrikeln auftaucht und auch ihr Nachlassakt sehr dürftig ist und keine Todesanzeige enthält.

"Regen den 22. Oktober 1860
1. Medikamenten Rechnung von L. Krauthahn Apotheker
für Madame Robl aus Kötzting
September
13. Pulver 12xr am 15. repetiert
Einreibung 21xr am 17.,18. u 19. repetiert
15. Ricinusöl in Rhabarbertinktur
19. Ricinusöl, Opiumtinktur und Melissengeist
21. Einreibung 24 xr am 23. repetiert
22. Tropfen
23. Tropfen
24. Mixtur 24xr am 25. und 26. repetiert
25. Saft und Sauerhonig
27. Mixtur 21 xr am 28. repetiert
30. Mixtur
Oktober
1. Emulsion 27xr am 3. repetiert
2. Salbe
3. Melissengeist
Mixtur 39xr Weingeist 6 xr
4. Emulsion 33xr am 9. und 12. repetiert
Pulver
9. Chamillen und Bärlappsamen
12. Salbe
Mixtur 24xr am 14. repetiert
15. Mixtur 24xr am 19. org. Pulver 15 xr"




Auch die Regener Hebamme Euphrosina Brandl stellte eine Rechnung für ihre Leistungen zusammen.
Conto
Über die vorgenohmenen Glistiern bei der Frau Robl bürgerl. Cirurgens Wittwe von Kötzting. Für Gäng, dahin und Glistriern zwanzig Glistiern pe3r a 12 xr Summe 4 fl
Regen am 23. Oktober 1860 
Euphrosina Brandl Hebam"

Johann Robl und Anna Liebl 

Die Situation der Bader-Robl Familie ist kompliziert, da offensichtlich nicht alle Kinder in Kötzting geboren wurden.
Am 21.7.1851 erhält der angehende Bader Josef(!) Robl das Kötztinger Bürgerrecht und im selben Jahr stellt er ein Gesuch um die "Wiederverteilung der Konzession des Vaters". Josef Robl, der "ledige Bader und Hausbesitzer" verstirbt jedoch im jungen Alter von gerade mal 25 Jahren an Lungensucht und nun versucht sein Bruder, Johann Robl und ebenfalls ein Bader, in Kötzting Fuß zu fassen.
Johann Robl ist der Sohn des ehemaligen Baders gleichen Namens. Er ist  Bader in Langenerling b Stadtamhof und möchte die Stelle seines verstorbenen Bruders Josef Robl übertragen bekommen. Die Baderswitwe Franziska Costa protestiert heftig, auch in Schreiben an die Regierung, zwei Bader an einem Ort würden nichts zu verdienen haben. Ihr Sohn habe inzwischen Approbation erhalten und sie habe noch viele unversorgte Kinder. Trotz aller Proteste wird die Bitte des Robl Johann genehmigt.
Nun konnte also Johann Robl am 7.11.1853 sowohl das väterliche Haus als auch dessen Badergewerbe übernehmen und musste dafür 1800 Gulden bezahlen. 
StA Landshut Grundsteuerkataster Umschreibeheft 1840-1860

"angemeldet den 7.Nov. 1853
Johann Robl HsN 52 von Kötzting übergibt an seinen Sohn Johann Robl ad Lit. A das Haus und aus Lit. C PlNr. 212 den Stadelauf der Landrichterwiese ohne Änderung um 1800 fl Unterschrift Joh. Robel"
Mit der Erkenntnis, dass Johann Robl vorher in Langenerling gearbeitet hatte, ist auch zu erklären, weshalb weder eine Heirat  noch frühere Kinder in Kötzting dokumentiert sind. 
Mit der Geburt des ersten Kindes in Kötzting - drei Kinder des Paares sind in Kötzting dokumentiert - kennen wir den Namen seiner Frau und deren Herkunft: Anna Liebl ist eine Kötztinger Schneiderstochter.
Im Folgekataster aus dem Jahre 1860 findet wir Details über das Anwesen.
Zum im Jahre 1853 Gesamtbesitz waren mittlerweile noch einige Grundstücke hinzugekommen, andere aber anscheinend veräußert worden.:
PlNr 898 das Leibthumackerl (am 22.2.1853 von Franz Vogl um 140 fl  erkauft.)
PlNr. 871 der Galgenbergtheil (am 17.7.1855 von Peter Schaffner um 200 fl gekauft)
PlNr. 899 1/3 Sägewiese (am 21.5.1856 von Franz Vogl um 85 fl gekauft)
PlNr. 843 am Galgenberg
PlNr. 849 a am Galgenberg
PlNr. 849b am Galgenberg
PlNr. 850a am Galgenberg
PlNr. 850b am Galgenberg (alle am 10.7.1857 von Kaspar Weiß um 1208 fl erkauft)
PlNr. 742 Arndorfer, auch Strohhofacker (am 2.6.1857 von Karl Diermeier erkauft um 130 fl)

Aus dem Jahre 1856 findet sich ein Bauakt für einen Abzugskanal vom Roblschen Wohnhaus hinunter zum Regenfluss. Es hat den Anschein. als ob sich der Bader mit seinen Ankäufen etwas überhoben hätte, denn mit Datum des 26.6.1860 taucht Johann Robl in einer Vergleichsverhandlung auf, bei der der Nachbar Schulden bei ihm eintreiben möchte.
"26. Juni 1860: Johann Stoiber Bote hat gegen Johann Robl wegen einer Forderung von 228 fl Klage gestellt. Heute kam Vergleich dahin zustande, dass Stoiber einen an Robl verkauften Wagen in  Anschlag zu 115 fl  wieder zurücknimmt und dass der Rest von 113 fl in Vierteljahres Raten von Georgi beginnend zurück bezahlt wird. "
Nach dem oben bereits ausführlich beschriebenen Nachlassverfahren der Baderswitwe Franzsika Robl, kommt es in einem eigenen Nachlassverfahren vor dem Kötztinger Landgericht zu einer Verteilung der Besitztümer.
StA Landshut Grundsteuerkataster Umschreibeheft 1840-1860
"Angemeldet den 2.Mai 1861
 In Folge Erbschaftszeugnisses des königlichen Landgerichts Kötzting vom 18. März 1861 geht der Grundbesitz der verlebten Baderswittwe Franziska Robl bes. Nro 1/19 in Kötzting Cat. Seite 45b........inclusive des Besitzes in der Steuergemeinde Arndorf im Werthanschlage zu 1316 fl auf die beiden minderjährigen Baderskinder Josef und Johann Robl eigenthümlich über. Zur Anerkennung gegenwärtiger Verhandlung unterzeichnet der Vormund Schwarz"
Diese beiden "minderjährigen Baderskinder" sind die Kinder Johann Robls mit Anna Liebl und die Enkel der Erblasserin.
Der Vater der beiden Kinder, Johann Robl, muss bereits verstorben sein, denn sonst hätten die beiden Buben keinen Vormund erhalten UND es hätte keine Hochzeit der jungen Baderswitwe Anna Robl, der geborenen Liebl und Schneiderstochter aus Kötzting geben können.
Am 12.2.1862 kommt es zu einer Zertrümmerung des Anwesens und zu einem teilweisen Zwangsverkauf.
StA Landshut Grundsteuerkataster Umschreibeheft 1840-1860

"angemeldet den 12. Feb. 1862
Auf Ableben des Robl Johann HsNr 52 von Kötzting wurde dessen Besitzthum zur Befriedigung dessen Gläubiger auf intreventierlichen Wege verkauft und sind folgende Käufer aufgetreten und erkauften:
1. Robl Anna, Baderswittwe v. Kötzting
Lit: A
PlN 182 Wohnhaus
PlN 186 1/3 Dunglage und Gemeinderecht um 4000 fl....
Die anderen Grundstücke wurden an Johann Dimpfl, Höchstetter Augustin, Michael Trunkenpolz, Gerhard Lukas, Schröder Franz, Müller Franz, Sturm Paul, Huber Josef und Liebl Johann verkauft.
Auch die Grundstücke, die bereits an die unter Vormundschaft stehenden Baderskinder überschrieben worden waren, wurden nun versteigert.
Am Ende des sehr umfangreichen Eintrags finden sich auch sämtliche Unterschriften, darunter auch die der jungen Baderswitwe Anna Robl.




Bereits 10 Tage nach Beurkundung der Zertrümmerung heiratete die junge Witwe Anna Robl erneut und musste dabei nicht einmal ihren Namen ändern. Der neue Ehegatte war Mathias Robl, von Beruf ebenfalls ein Bader und stammte von den Zimmermanns-Eheleuten Robl aus Kötzting ab.

Anna Robl und Mathias Robl


Bereits am Neujahrstag des Folgejahres  - 1.1.1863 - konnte das Kind der beiden auf den Namen Mathias getauft werden und nur gut ein Jahr später - 29.3.1864 - kam dann auch die Tochter Maria auf die Welt.
Das kleine Mädchen wurde nur 11 Monate alt und starb am 7.2.1865; nur ein Monat später verstarb auch die junge Frau am 4.3.1865 an Wassersucht.



Robl Mathias und Braun Barbara


Der verwitwete Bader heiratete dann ein Jahr nach dem Tode seiner Frau die Bogener Seifensiedertochter Barbara Braun, mit der er noch einmal 2 Kinder bekam. Interessant bei den beiden Kindern zweiter Ehe, getauft auf die Vornamen Albert Heinrich und Eleonora Barbara, ist die Taufpatin; es war die Ehefrau Eleonora des Herrn von Sperl auf Sperlhammer. Auch Mathias, der Sohn aus erster Ehe, starb kurz danach als Kleinkind mit 5 Jahren.
Albert Heinrich verstarb im Alter von 6 Wochen, 
War es bei seinem Vorbesitzer - Johann Robl - der Misthaufen auf dem Marktplatz, der aktenkundig geworden war, so ist es nun seine Toilette, wegen der er aufgefordert wurde, sie ordnungsgemäß zu errichten bzw. zu reparieren. (AA XVIII von 1865)

In den Jahren nach 1865 wird es sehr turbulent, was die Besitzerfolge angeht und dies passiert in einem solchen Ausmaß, dass die jeweiligen kurzzeitigen Besitzer des Hauses für die weitere Entwicklung des Anwesens eher unwichtig sind.
Zur Verdeutlichung hier die Zusammenfassung im Umschreibeheft des Grundsteuerkatasters.

Es folgen also nacheinander nach dem Robl Johann Junior, seine Witwe Anna (offensichtlich wurde ihr zweiter Ehemann Mathias nicht im Grundbuch eingetragen, weil die beiden Kinder erster Ehe Johann und Josef vorgetragen wurden)
danach folgten die Namen - teilweise drunter und drüber geschrieben-
Georg Irrgang
Dreger Andreas und Maria
Witwe Maria Dreger
Liebl Wolfgang und Maria
Liebl Wolfgang
Liebl Catharina
Liebl Franziska
Andreas Dietl, Bäcker

Dieses kurzfristige Kaufen und gleich wieder Veräußern findet sich in den Jahren ab 1865 bei vielen Kötztinger Häusern und erst gegen Ende des Jahrhunderts kehrt wieder Ruhe ein auf dem Kötztinger Immobilienmarkt. Hier ist es der "Dietlbeck", der Bäcker Andreas Dietl, der nicht nur einen neuen Hausnamen begründete sondern eben auch die Besitzverhältnisse des Hauses in ruhigeres Fahrwasser brachte.

Einschub
Wie gings weiter mit den Robl-Buben?
Zunächst jedoch das weitere Verbleiben der beiden Baderskinder Josef und Johann Robl.
Das ursprünglich väterliche Erbe der beiden löste sich dann in den nachfolgenden Nachlassverfahren buchstäblich in Luft auf und beide suchten ihr Fortkommen in anderen Städten. Zunächst jedoch genossen die beiden, da sie in Kötzting als Kinder Kötztinger Bürgersleute geboren waren, das Kötztinger Heimatrecht.
Robl Josef war mittlerweile Bader in Passau und stellte von dort auch beim Magistrat einen Heimatantrag und wurde daher am 1.12.1898 vom Magistrat Kötzting aus demselben entlassen.

StA Kötzting 024 Buchstabe "R" für Robl Joseph

Viel mehr haben wir von seinem Bruder Johann im Stadtarchiv. Dieser Bruder ergriff den Beruf eines Kupferschmieds und wollte seine neues Leben in München aufbauen, weshalb er dort eine Aufnahmegebühr zu zahlen hatte und deshalb an den Magistrat Kötzting schrieb und darum bat, seine dort einbezahlte Bürgerrechtsgebühr wiederum herausbezahlt zu bekommen.


StA Kötzting 024 Buchstabe "R" für Robl Joseph

"München den 12. Oktober 1890

Hochleblicher Magistratsrat Kötzting
Betreff:
Bittgesuch des Kupferschmiedgehilfen
 Joh. Robl an den
Magistratsrat Kötzting
Unterzeichneter erlaubt sich den Magistrat in Kenntnis zu setzen, daß sich derselbe das Heimat= und Bürgerrecht der Haupt= und Residenzstadt München erworben hat. Der Gesuchsteller notirt seine Eingabe dadurch und bittet zugleich, daß ihm das Magistrat Kötzting die Aufnahms=Gebühr, die er bei seiner Verehelichung entrichtete, retour zu bezahlen; derselbe ist seint 1882 verheiratet und besitzt 4 Kinder. Nochmals um Genehmigung seines Gesuchs bittend zeichnet sich achtungsvoll Johann Robl,"
114 Mark kostete im Jahre 1890 das Münchener Bürgerrecht


In einem, dem Akt beiliegenden handschriftlichen Schreiben- nun an den Bürgermeister -  erklärt der Kupferschmied seine prekäre Lage genauer. In diesem Brief führt er auch Details an, die uns die Sicherheit geben, dass es sich bei ihm um den "richtigen" Johann Robl handelt.
"München den 12. Oktober 1890
Sehr Geehrter Herr Bürgermeister!
Bitte vor allem um Entschuldigung dass ich Sie mit einigen belästige, ich habe nämlich durch meinen Vetter Liebl den Magistrat ersuchen lassen, mir meine Heiratsgebühr von 40 Mark retour zu bezahlen, weil ich mir in München das Heimatbürgerrecht erworben habe. Ich möchte Ihnen nun den Grund angeben warum ich dieß that. Vor einigen Jahren nämlich bin ich vom Dache geflügt und habe mir die rechte Hand gebrochen . Seit dieser Zeit kann ich in meinen Geschäft keine schwere Arbeit mehr thun."
"und bin also in meinem verdienst beeinträchtigt, mir lag nun daran mit meinen 4 Kindern der Gemeinde nicht zur Last zu fallen, deßhalb habe ich mir das Geld geborkt um mich hier einzukaufen, und der Hoffnung bin, daß mir der Magistrat mein geld wieder zurück giebt, ich bitte Sie also Herr Bürgermeister mir in dieser Sache behilflich zu sein und bin Ihnen gewiß dankbar ich kann daß für meine Kinder nothwendig brauchen. Herrn Marktschreiber möchte ich bemerken, daß mein Stiefvatter Mathias Robl(!) sowie Karl Scheuzenhammer ihre Aufnahmsgebühr raus bezahlt wurde. Den Josef Saurer sein Vatter hatt eine Magistratische Stellung das ist was anders. Gerther(?) Herr"
"Bürgermeister ich werde dieße Woche ein Gesuch an den Magistrat richten bitte Sie also nochmals mir behilflich zu sein.
Achtungsvoll Grüßend
ihr ergebener
Johann Robl Baderssohn"

Sein doppeltes Gesuch und seine Hinweise auf ähnlich gelagerte Fälle halfen ihm aber nichts. Sein Antrag wurde im Magistrat behandelt und kurz und knapp abgelehnt.

"Es wird vom Gemeindekollegium einstimmig beschlossen, daß Johann Robl das bereits bezahlte Heimathgebühr von 40 Mark nicht mehr zurück bezahlt erhält.
Das Gemeindekollegium
Rötzer
Vorstand"

Einschub Ende


Andreas Dietl und Franziska Meidinger



Am 6.11.1880 hatte der Bäcker Andreas Dietl, Sohn des Heinrich Dietl und seiner Frau Katharina, einer geborenen Reitinger aus Hiltersried, die Kötztinger Arbeiterstochter Franziska Meidinger geheiratet.
Im Jahre 1883 reichte der Bäckermeister Andreas Dietl einen Bauplan ein, um seinen schadhaften Anbau zu erneuern.
StA Kötzting 521-1

"Plan
über die Wiederbauung einer schadhaften Holzremise für Andrä Dietl Bäckermeister in Kötzting. Dieselbe wird massiv gemauert und mit Blech gedeckt."
l
"Erklärung

a Bauplatz zur Wiederbauung
b Wohnhaus des Bauherren
c Wohnhaus des Ludwig Hofbauer
d Wohnhaus des Josef Roetzer
e Düngestätten
f Marktgassen"



Hier noch ein Baudetail des Anbaus, mit einem direkten Zugang zum Wohnhaus und der Unterschrift des Andreas Dietl.
Leider war dem neuen Kötztinger Bäckermeister kein langes Leben vergönnt, Im Alter von gerade mal 51 Jahren verstarb Andreas Dietl am 13.2.1887 in seinem Haus.
Von ihm befindet sich ein Nachlassakt im Staatsarchiv in Landshut.


Im Detail heißt es in der Todesanzeige:
"Zu II:
Wurde beim k. Notar Fischer dahier ein Ehevertrag abgeschlossen, wovon die Witwe eine Abschrift in Händen hat.
Zu III:
Der Verlebte war Eigenthümer des Hauses Nro 52 dahier sammt Bäckereinrichtung. Das Vermögen befindet sich in Handen der Wittwe und geschah zu dessen Sicherstellung vorläufig nichts.
Zu IV 1: (die Erben)
Franziska Dietl, geborene Meidinger, Ehefrau
Zu IV 2b (minderjährige Kinder)
Johann Dietl, 13 Jahre alt, geboren 8. April 1874."
Der Kötztinger Häusler Johann Nachreiner wird als Vormund für den Sohn vorgeschlagen.

Einschub.
Da die Ehe der beiden ja erst im Jahre 1880 geschlossen wurde, musste es sich bei Johann Dietl um einen uneheliches Kind gehandelt haben. Im Kötztinger Taufregister ist auch mit Datum des 8.4.1874 die Geburt eines Johann Meidinger eingetragen und als der Vater der Bäckergeselle Andreas Dietl. Die Taufpatin war die Schwester der jungen Mutter, Anna Meidinger.
Einschub Ende

In dem Protokoll des Nachlassverfahrens finden sich zumindest einige Details des Besitzübergangs.
Andreas Dietl hatte am 23.9.1880 das Haus von der Bäckersfrau Katharina Liebl um5743 Mark erworben. In dem im Jahre 1886 dann abgeschlossenen Ehevertrag wird der Ehefrau nicht nur bestätigt, dass sie Mobilien im Werte von 200 Mark in die Ehe eingebracht hatte, sondern auch, dass nach Abzug des Pflichtteils für mögliche Erben dem überlebenden Teil das restliche Vermögen zufallen solle.
Nachdem nur ein Sohn, Johann, aus dieser Ehe entsprang, wurde diesem sein Pflichtteil geschrieben und der Rest des Vermögens nun an die Witwe Franziska Dietl überschrieben.

Vorgelesen genehmigt unterschrieben
Franziska Dietl
Es ist dies einer der eher seltenen Fälle, dass auch ein Inventar den Nachlassakten beigelegt wurde und uns so einen guten Einblick in die damaligen Verhältnisse in der Bäckerei Dietl gibt.
Neben dem Notar waren bei dieser Aufnahme auch die Witwe, der amtlich bestellte Vormund des Kindes, Herr Heinrich Dietl, Bäckermeister in Cham, und die bräuenden Bürger Georg Dreger und Wolfgang Münch anwesend.
Neben der Auflistung der zum Haus gehörenden - und bekannten - Nebengrundstücke und -gebäude im ersten Teil wurden in einem folgenden "Fahrniss und Vorräthe" aufgelistet.


"Fahrniss und Vorräthe
Ein Tisch, zwei Bänke, 2 Stühle werth 4 M
ein alter Holzkoffer, werth 2 M
Kleider des Verlebten, werth 25 M
Bäckereieinrichtung , werth 20 M
"


"eine Spansäge, eine Hacke und ein Hackl, werth 2 M
ein alter Kasten, zwei alte Mehltruhen und zwei Mehlsiebe, werth 10 M
zwanzig leere Mehlsäcke, werth 12 M
Mehl, lies Mehlvorrath, werth 140 M
Brodvorrath, werth 10 M
9 Ster Holz werth 20 M
Kartoffeln , werth 4 M
Gesamtwerth sohin 250 M
Was sonst noch an häuslicher Einrichtung vorhanden ist, bezeichnet die Witwe als von ihr in die Ehe gebracht und spricht es somit als ihr Eigenthum an, welchen Anspruch der Vormund anerkennt..."
Ein interessantes Detail stammt dann aus der Auflistung der Passiva:
Es bestand noch eine offene Rechnung von der Firma H. Grünhut aus Cham für geliefertes Mehl über 393 Mark und auch die Kosten der Beerdigung wurden in die Auflistung der Schulden mit aufgenommen. Diese betrugen insgesamt 168 Mark.
Das obige "Inventarium" wurde anschließend von allen Teilnehmern unterschrieben und vom Notar versiegelt.

Auch für Fanny Dietl wurde ein eigener Familienstandsbogen angelegt. Da sie selber in Kötzting geboren wurde, besaßen sie und automatisch auch ihr Sohn Johann das Kötztinger Heimatrecht.

StA Kötzting 024 Familienbögen Buchstabe "D"


"Bäckermeisterswitwe Fanny Dietl
Geboren in Kötzting am 9.4.1851 
Eltern: Georg und Anna Meidinger, geborene Vöckl, Häuslerseheleute in Kötzting
"

Foto Christian Meidinger
Grabstein der Familie Dietl-Meidinger mit den Gravuren für Andreas Dietl - 1887 - seinem Bruder und
zweiten Ehemann der Franziska Dietl Adam Dietl, dem Sohn erster Ehe Hans Dietl - 1935 - und von Fanny Dietl - 1938.



Fanny Dietl und Adam Dietl




Im Februar 1887 war Andreas Dietl verstorben und gut ein Jahr später, am 16.4.1888, heiratete die Witwe Franziska Dietl den Bruder ihres Mannes, Adam Dietl, Bäcker aus Hiltersried.
In dem im Jahre 1890 angelegten Familienstandsbogen - und dessen Korrekturen - kann man gut die damalige Praxis der Vergabe des Heimatrechtes erkennen.
StA Kötzting 024 Familienbögen Buchstabe "D"
Der Marktschreiber hatte wohl voreilig den Namen des neuen Ehemannes eingesetzt. Als er den Fehler bemerkte, dass dieser das Kötztinger Heimatrecht ja gar nicht besaß, strich er ihn aus und ersetzte ihn durch seine Frau Fanny.
Adam Dietl hatte also in Kötzting eingeheiratet, hatte aber sein Heimatrecht immer noch in Hiltersried zu suchen.
Dem Akt liegt eine schöne Gewerbsauflistung der damaligen Kötztinger Bäcker und deren Leistungsfähigkeit bei, die deutlich zeigt, dass damals der "Dietlbeck" wohl Kötztings größte Bäckerei gewesen ist, auch wenn der Magistrat den Geschäftsbetrieb als "minimal" einstufte.
"Kötzting, den 28. März 1904
kgl Rentamt Kötzting 
an den
Marktmagistrat Kötzting
Betreff: Berufung gegen die Gewerbesteuerveranlagung per 1904/05
Die Bäckereigeschäftsinhaberin Franziska Dietl Hs.No 52 in Kötzting, welche für ihren Gewerbebetrieb pro 1904/05 nach Ta. Nr8 Kl. b mit 5 M N. A. wie in der Vorperiode und für 2 Geh-. mit 7 M 50 Pf betr. Anlage besteuert worden ist, hat gegen diese Besteuerung mit dem Antrage Berufung eingelegt, für die Norm Anl. die minderste Klasse mit 3 M anzusetzen, das der Geschäftsbetrieb gering sei und die Erträgnisse desselben nur zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts ausreichten.
Dieselbe hat geltend gemacht, daß die Beschäftigung von 2 Gehilfen neben einem Geschäftsführer "

"in ihrem Geschäfte keinen Schluß auf den Umfang ihres Geschäftsbetriebes zulässt da sie einen Gehilfen nur aus verwandtschaftlichen Rücksichten beschäftige und denselben nur mit 2 M pro Woche entlohne.
Ich stelle daher das Ansinnen, zu erheben und binnen 8 Tagen anher anzuzeigen, ob der in rede stehende Geschäftsbetrieb nach seinem Umfange die Festsetzung der N. An nach der mindesten Klasse mit 3 M thatsächlich rechtfertigt. Ich wähle diesen Weg, da sich voraussichtlich der Umfang des Betriebs auf Grund der jährlichen Erträgnisse mangels einer erforderlichen Aufschreibung nicht feststellen lassen wird.

F. Amm (vermutlich F. Amtmann)

.... mit dem Berichte, daß der Geschäftsbetrieb der Dietl amtsbekannt ein minimaler ist und die Festsetzung der Norm. Anl. in den niedersten Klasse rechtfertigt.
Kötzting, 29. März 1904
Magistrat Liebl"

Grundlage für diese "Einschätzung" des Geschäftsbetriebes - interessant, dass es keine andere Möglichkeit gab, Umsätze festzustellen - war der wöchentliche Mehlverbrauch.

" Bericht z. kgl Rentamte Kötzting
(das Rentamt ist das heutige Finanzamt und existierte bereits in der Bahnhofstraße. Ich bin mir sehr sicher, dass auf dem Türgewände der Eingangspforte oder im Wappen über dieser heute noch "kgl. Rentamt" steht)
Im Vollzuge jenseitigen Auftrags vom 28. v. Monats Nr. 2832 wird hiermit nach eingehender Recherche  folgendes Berichtet.
F. Dietl verbackt pro Woche im Durchschnitt 7 Ztr. Mehl
Die übrigen hies. Bäcker in der unten verzeichneten Reihenfolge:
Wenninger Alois                 3 Ztr. pro Woche
Irlbeck Josef                       4 
Hofmann Xaver                  2
Rauscher Johann                4
Silberbauer Michael           2
Mühlbauer Karl (Wirt)        5
Mühlbauer Karl (am Regen) 3 
Hinach dürfte sich die Einsteuerung im Verhältnisse zu den anderen nicht als zu hoch ergeben.
K. 9.IV. 09
Magistrat
Liebl


Fanny Dietl hatte mit ihrem ersten Mann ein Kind gehabt, Johann Dietl und dieser wurde auch der Nachfolger auf der Bäckerei, auch wenn es den Anschein hat, als ob Fanny Dietl noch lange die Eigentümerin des Anwesens gewesen war. In einem Mieterregister ab 1911 steht:

StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5058 Mieterfassion 1911-1936
1. Fanny Dietl Bäckerswitwe Parterre 1 Zimmer 1 Kammer Keller - Speicher - Remise
                                                1. Stock 2 Zimmer              
2. Franz Meidinger                 1. Stock 2 Zimmer 1 Kammer


Johann Dietl

Img: 9412:  Sammlung Voithenleitner Auf diesem Bild von 1905 von einem Festzug sieht man am Rande das kleine Haus an der Straßenkreuzung mit einem deutlich und weit überkragenden Dachvorsprung.


DIA Repro 1409 : Firmenschild:" Bäckerei von Johann Dietl" Der Eingang zum Laden Dietlbäck war bis Anfang der 50 er Jahr durch den Hausgang, auf dem kleinen Raum im Erdgeschoß waren neben dem Laden auch noch Wohnzimmer und Schlafzimmer.


DIA-Repro Christa Rabl Dachs. Eine stimmungsvolle Aufnahme des Pfingstrittes von 1929 mit dem
Dietlbeck als Hintergrund. Interessant sind auch die "Kirtaverkaufsstände" am linken unteren Bildrand.

Von Dietl Johann, dem Bäckermeister, der ledig geblieben war, kennen wir nur wenige Details.
Im Ingolstädter Militärarchiv finden sich folgende Einträge:
Landsturmmann Joh. Bapt. Dietl, katholisch aus Kötzting, Bezirksamt Kötzting.
Er ist ledig, sein Vater ist bereits verstorben und seine Mutter Franziska ist eine geborene Meidinger.
Johann war vom 2.11.-22.11.1919  im Feldlazarett wegen Brustkatarrh und wurde mehrfach gegen Typhus und Cholera geimpft

Am 12.12.1918 wurde er nach Kötzting aus dem Militärdienst entlassen, gekleidet in einen Marschanzug und mit insgesamt 65 Mark ans Geldmitteln versehen, was er mit seiner eigenen Unterschrift bestätigte.
Bei Kriegsbeginn war Johann ein "ungedienter Landsturmmann", der erst zu Mitte des Ersten Weltkriegs dann eingezogen wurde.



Vom Spätsommer 1916 bis zum Jahreswechsel war er an der Westfront eingesetzt, genauer in Lothringen. 10 Tage dauerte sein Wechsel vom Westen an die Ostfront, wo er dann vom 14.1. bis zum 5.12.1917 um Riga und an der Düna eingesetzt war.
In den anschließend folgenden Eintragungen kann man gut die Situation der deutschen Ostfront im Krieg mit Russland nachvollziehen, nachdem nach der Oktoberrevolution dort  die Herrschaftsstrukturen auf den Kopf gestellt worden waren.
6.-17.12.19 mittags Waffenruhe
17.12.17 mitt. 12,00 - 18.2.1918 mitt. 12,00 Waffenstillstand
18.2.18 mitt 12,00 - 4.3.18 Kämpfe zur Befreiung von Liv. und Estland
4.3.-11.10.18 Schutztrupp von Liv- und Estland als deutsche Polizeimacht
Sammlung Meidinger: Johann- Hans - Dietl






Aus dem Kriegsdienst entlassen, führte Johann Dietl offensichtlich eine geruhsames Leben als Kötztinger Bäckermeister, hinterließ in den Akten sonst keinerlei Spuren mehr und lässt sich erst mit einem Nachruf anlässlich seiner Beerdigung wieder in Dokumenten finden.
KA vom 8.10.1935

In dem Artikel finden wir auch den Hinweis, dass seine Mutter, Frau Fanny Dietl, zu diesem Zeitpunkt noch lebte.

DIA-Repro 624  ca. 1925 


Meidinger Max und Plötz Bertha

Fanny Dietl, einen geborene Meidinger, hatte ihre zwei Ehemänner um viele Jahrzehnte und auch ihren Sohn um ein paar Jahre überlebt. Am 16.7.1938 endete auch ihr Leben und am oberen Friedhof ist sie im Familiengrab begraben.
Foto Christian Meidinger

Kötztinger Anzeiger vom 18.7.1938



Am 9.9.1938 kam es dann - nach dem Tod von Frau Franziska Dietl - im Rahmen der Erbfolge zu einem Besitzwechsel. Max Meidinger wurde der neue "Dietlbeck", der wenige Jahre vorher Bertha Plötz, eine Söldnerstochter aus Zeltendorf, geheiratet hatte.



Hochzeitseintrag Meidinger Max mit Plötz Bertha

Max Meidinger war, wie auch in dem Heiratseintrag zu sehen, ein gelernter Schreiner und hatte, wie seine Zeugnisse ausweisen auch in den Jahren von 1935 bis 1956 - mit der Unterbrechung seines Kriegsdienstes im Zweiten Weltkrieg - als Schreiner tätig gewesen.
Sammlung Meidinger: Arbeitszeugnis für Max Meidinger von 1935-1949

Sammlung Meidinger: Arbeitszeugnis für Max Meidinger von 1953-1955

In einem Interview, dass Frau Christa Rabl dachs mit Franz Zimmerer geführt hatte, beschreibt dieser auch die engen nachbarlichen Verflechtungen in diesem Häuserviertel rund herum um das Kötztinger Rathaus und erwähnt auch mehrmals Max Meidinger. In dem gespräch geht es zunächst um die Suche der Familie Zimmerer nach einem geeigneten Haus, das zu kaufen gewesen wäre.
Ihm hätte damals schon das Lesszkeur-Haus (Goldschmied Lesszkeur/heute
Zimmerer) gut g'falln, weil dort der Hof dabei war. Und daweil, so hat er g'sagt, ist der Krieg ausbrochen. Der Wensauer vorn, das wo heute der Textil-Schödlbauer ist, hat allerweil g'sagt: "Franz, nimm doch mein Haus, wennst kimmst!" D'Liese (Schwester) ham's dann firma (Firmung) lass'n und alle Tag' ist der Wensauer zu uns rüberkommen, so wie der Schejßl-Schreiner alle Tag'zum Dietl-Back  vorkommen ist, mit seinem Schnupftabak.
Das war so:
Der Schejßt hat herhinten (Haus gegenüber vom Ladeneingang Zimmerer) an Schnupftabak auf d'Hand affedo, is fire aufs Eck ganger, hat lange Zeit g'schaut, was sich so alles tut; dann erst ist er zum Dietl-Bäck runtergangen und bei denen in der Stub'n drin hot er erst g'schnupft.
Der Meidinger Max (Vater vom jetzigen Besitzer Max Meidinger) hat ja beim Schejßl-Schreiner g'lernt. Gebacken haben nur seine Eltern damals - aber nur Semmeln, Weckl und a Brot.
Der Max heute ist zwar wieder Bäcker, aber selber backen tut der auch nicht mehr. Der Schejßl-Schreiner und der Mutscherl-Mauerer (Josef Breu, Gehstorf) haben das beste Zeugnis g'habt von der ganzen Schul' damals. Zufalligerweis hat mein Vater vom Kirschner - der hat Altpapier, Alteisen und Boiner (Tierknochen) g'handelt und das alles, hat er
hintennaus (zur Gehringstraße hinaus) gelagert - ein altes Schulheft von 1893 bekommen, in dem das stand. In das Heft hat der Vater immer die alten Geldscheine hineingelegt ,und durch das haben wir eine Geldsammlung von alten Scheinen, bis zu einer Billion, daheim gehabt.
Der Schejßl-schreiner hat sich seine Maschinen alle selber g'macht. Der alte Meidinger Max  hat bei ihm als Schreiner g'lernt; dann der Letzte war der Stockatschouster Hans von Lederdorn. Alle ham's was g'lernt vorn Schejßl-Schreiner, weil der hat wos kinna und jeder hot g'sagt: "Sapparalot! Trotz seiner selberg'machten Hobelmaschinen und so weiter".



Wie kam es nun zu diesem Erbfall, sehr einfach, Fanny Dietl war eine geborene Meidinger und ihr einziger Sohn war kinderlos vor ihr verstorben, so dass ihre Geschwister bzw. Geschwisterkinder als die nächsten Angehörigen zum Zuge kamen.
Wie sehr die "Meidingers" und "Dietl" bereits vorher verbunden waren, kann man auch gut an anderen Dokumenten erkennen.
Img_9715 aus den Dreißiger Jahren.

 Am 8.1.1918 verstarb im Alter von 47 Jahren der Bäcker Josef Meidinger.
Einschub
Möglicherweise handelte es sich bei Josef M. um den Verwandten, den Fanny Dietl im Schriftverkehr mit dem Rentamt als Erklärung herangezogen hatte, weshalb sie überhaupt zwei Bäckergehilfen angestellt hatte.
Als seine Erben erschienen im Nachlassverfahren die Bäckerswitwe Franziska Dietl und Anna Meidinger, eine ledige Haushälterin von Kötzting. 
Anna Meidinger war eine Schwester zu Fanny Dietl..
Als seine- Josefs -  Mutter wird eine Maria Meidinger, ebenfalls eine Schwester der Fanny Dietl angegeben, die Josef als unehelichen Sohn geboren hatte. 
In seinem handschriftlichen Testament wird die etwas komplizierte Familienstruktur aufgedröselt.

Testament

Ich Joseph Meidinger lediger volljähriger Bäcker in Kötzting, ernenne hiermit als erste Erbin meine Tante Franziska Dietl Bäckermeisterswitwe in Kötzting, und zwar deßhalb weil sie mich fast zeitlebens gleich ihren Kinde unterhalten und gepflegt hat. Franziska Dietl erhält also 800 M. Dann kommt die Anna Meidinger Tochter der verstorbenen Theres Meidinger, welche mir ebenfalls gute Dienste leistete. Anna Meidinger erhält 400 M wovon sie ihren beiden Geschwistern je 25 M zu zahlen hat, auch bekommt sie meinen Schrank Wäsche überhaupt alles was mein Eigentum ist. Franz Meidinger erhält 30 M. Josef Meidinger verstorben dessen Kinder erhalten mitsammen auch 30 M. Anna Hugl wird wahrscheinlich verzichten, sollte sie aber nicht verzichten, dan bekommt sie auch 30 M. Anna Zugschwerd in Lambsheim in der Rheinpfalz bekommt 20 M. Jetzt kommt die Leiche. Da verlang ich zwei hl. Ämter nebst den großen Geläute 250-300 M. dan für 300 M Messen, Kränze nebst den andern Zubehör um 25 M. Sollte nach der Beerdigung wen also alles bezahlt ist noch etwas übrig bleiben, dan hat also niemand einen Anspruch als meine Tante Franziska Dietl und Anna Meidinger, die können sichs gleich teilen.
Selbst geschrieben am 1. Januar 1918
Josef Meidinger Bäcker

Wenige Tage nach der Erstellung seines Testaments ist Josef Meidinger dann bereits verstorben, denn die Danksagung seiner Angehörigen nach der Beerdigung trägt das Datum des 12.1.1918






Die roten Pfeile stellen die direkten verwandtschaftlichen Beziehungen dar, die durch die drei Meidinger-Schwestern entstanden sind.
Der grüne Pfeil nimmt dann die Erbfolge vorweg, wie sie später von Fanny Dietl auf ihren Großneffen gegangen ist.

Von Anna Meidinger existiert ein beschriftetes Bild und, im Familienalbum gleich neben ihrem Bild ist das Foto eines Kleinkindes. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es sich bei dem Kleinkind um ihren Max handelt.
Sammlung Meidinger: Anna Meidinger
Sammlung Meidinger: Max Meidinger




Auch von Fanny Dietl gibt es ein Bild, bestätigt auch durch Frau Berta Oswald, die das Detail mit dem Kopftuch extra heraushob.


Sammlung Meidinger:  Fanny Dietl

Um die ganze Angelegenheit der Meidinger-Dietl Bäcker nicht zu einfach zu machen, gibt es auch noch einen Georg Meidinger, geboren am 31.5.1879, der im Jahre 1939 in die Handwerksrolle als Besitzer eines Bäckereibetriebes in der Kötztinger Hindenburgstraße eingetragen ist.



StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5055
Auch wenn der obige Georg Meidinger als der Besitzer eines "Bäckereibetriebes" mit Der Anschrift der Hindenburgstraße - zwischen März 1933 und Mai 1945 hieß die vorherige und heutige Marktstraße Hindenburgstraße -  in die Handwerksrolle eingetragen ist, der Hausbesitzer war, nach dem Tod der Fanny Dietl jedenfalls eindeutig Max Meidinger.
Der Hintergrund dieses "Rätsel" ist wohl, dass Georg Meidinger - lt. der Aussage von Frau Berta Oswald - ein Onkel für die Kinder und damit wohl ein Bruder des Max gewesen war, der ja von Beruf kein Bäcker war, sondern als ein Schreiner gearbeitet hatte. 

Einschub

Die im Testament noch weiter begünstigte Anna Zugschwerd sollte Josefs Schwester sein, da seine Mutter später in Rimbach den Bäcker Zugschwert geheiratet hatte. In Kötzting gab es aber noch weitere Meidinger-Zweige Karl Meidinger z.B. - Hausname Kittlmacher - , der an der Errichtung sowohl des ersten als auch des zweiten Kreuzes auf dem Kaitersberg beteiligt war, wohnte in der unteren Bahnhofstraße, stammte aber von der oberen Torstraße ab.
Einschub Ende

Nun also weiter mit Max und Berta Meidinger:

Fangen wir zunächst mit dem unverheirateten Max Meidinger an:
DIA-Repro 1411 Klub der ungeküssten Jünglinge von 1923:
von links Gmach Julius, Dattler oder Wirnshofer, Kuglmeier Johann, Hösl Hans,Winter Michl, ganz rechts Meidinger Max. Hinter den Pflanzen Zahorik Sepp.Aufnahme im Innenhof Gasthof Post.

DIA-Repro links Emmeram Stadler (später Metzgerei Graf) rechts Max Meidinger
 
DIA-Repro 1407 Max Meidinger im Jahre 1925


Zwei Kinder wird das Ehepaar bekommen, Berta und Max, der später den Betrieb fortsetzen wird.

DIA-Repro 1404 Meidinger Max mit Frau und Tochter Berti (verh. Oswald) um 1940

DIA-Repro 1410 dieselbe Personengruppe nur 15 Jahre später, Weihnachten 1955

s
Sammlung Meidinger: Berta Meidinger, die Mutter, und Berta und Max die Kinder


Sammlung Meidinger: Max Meidinger sen.

Im zweiten Weltkrieg musste Max Meidinger an die Front. Von seinem Wehrdienst hat sich sein Soldbuch zusammen mit seiner Bestätigung als amerikanischer Kriegsgefangener.
Sammlung Meidinger: Max Meidinger sen.







Sammlung Meidinger: Max Meidinger sen.

In diesem Begleitschein - abgestempelt mit einem Stempel, der noch aus dem Dritten Reich stammte, bei dem das Hakenkreuz  entfernt worden war - wird ein Lazarettaufenthalt bestätigt und seine Identität, als der Besitzer eben dieses Soldbuches - und Ausweises - festgestell.
Sammlung Meidinger: Max Meidinger sen.

Sein Entlassungsschein aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft am 27.10.1945




 Aus den Jahren der Nachkriegszeit haben wir eine Bilderserie aus den Kötztinger Straßen und auf einigen ist auch am Rande das Dietlbeckhaus. mit einem deutlich erkennbaren Dachgiebel, der sicherlich mit einem Aufzug versehen war.
Foto Josef Barth 56-14 

Auch auf einem Bild - vermutlich aus den 30er Jahren - ist dieser Lastengiebel noch gut zu erkennen.
Am Alten Rathaus kann man noch den Außentreppenaufgang erkennen. Dieser wurde 1938 beim Umbau des Rathauses ins Innere verlegt. Was der alte Mann am linken Bildrand macht und gleichzeitig die beiden Buben sehr interessiert, ist nicht zu erkennen, möglicherweise war es ein Scherenschleifer, der hier seine Dienste anbot.
Der Anbau beim Dietlbeck war jedenfalls noch schräg und mit einem Blechdach versehen.

Eine ganz tolle Zeichnung vom Haus gibt es von Walter Heisig aus dem Jahre 1946.

Einschub Walter Heisig
Im Jahre 1979 war Walter Heisig in Osnabrück verstorben, der als Flüchtling in der Nachkriegszeit in Kötzting lebte und arbeitete, und dem Kötzting sehr viel zu verdanken hat, wie im Zeitungsartikel detailliert beschrieben ist.

Walter Heisig + 1979

Einschub Ende

Auf der Zeichnung Walter Heisigs hat es den Anschein, als ob auf dem Vordach Wäsche zum Trocknen aufgehängt worden wäre.
Aus dem "Meidinger-Familienalbum" haben wir noch einige Bilder bekommen, die den Wandel des Hauses dokumentieren.
DIA-Repro 1405
Hier auf dem Bild ist ganz schwach zu erkennen, dass in dem - mittlerweile renovierten - Anbau eine Schaufenstersituation entstanden ist. Frau Penner, die später unten am Regen gegenüber der Marktmühle ihr Lebensmittelgeschäft betrieb (und später groß ausbaute), verkaufte hier unter anderem Zigaretten, Tabak aber auch Speiseeis. 

Einschub
Im Jahre 1932 verstarb dann die Mutter Anna Meidinger, deren Mutter ja eine Schwester zur Fanny Dietl gewesen war.
KÖZ vom Februar 1932. Ihr Name war "Dietlbäckernandl". Ihr Cousin, Johann Dietl, wurde "Dietlbäckerhans" gerufen.



Einschub Ende

Im Jahre 1974 feierte Max Meidinger seinen 70. Geburtstag und die Zeitung feierte den Jubilar. Leider ist das Bild, das der Reporter damals gemacht hatte, äußerst unscharf und verliert diese Restschärfe beim Druck in der Zeitung dann vollends.


Sammlung Meidinger: Max Meidinger







Sammlung Meidinger: Berta und Max Meidinger

Sammlung Meidinger: Beim Dietlbeck

 


Sammlung Meidinger:


s
Sammlung Meidinger: Geburtstagsfeier Max Meidinger






Max Meidinger jun und Maria Laumer



Zwei Kinder hatten die Meidingers, die ältere Tochter Berta, später verheiratete Oswald in Chamerau,  und den Sohn Max, der den elterlichen Betrieb später übernehmen sollte.

Sammlung Meidinger: Berta und Max Meidinger

Max Meidinger jun. verheiratete sich mit Maria Laumer aus Lobmannwies bei Michelsneukirchen und beide waren nun "der Dietlbeck" auch wenn Frau Berta Meidinger ebenfalls lange Jahre im Laden zu sehen war.
Sammlung Meidinger Frau berta Meidinger verh. Oswald


Auch aus dieser Zeit existieren einige Aufnahmen in unserer Sammlung.
Der weite Dachüberstand und der markante Giebel wurden entfernt und das Haus bekam eine ganz andere Farbe.




Hier noch einige Bilder aus der Sammlung Meidinger, die Max Meidinger jun. bei der Bäckerausbildung und bei Ausflügen mit den Kötztinger Naturfreunden zeigen.
Sammlung Meidinger: Die Bäckerlehrlinge

Sammlung Meidinger: In der Backstube

Sammlung Meidinger: 

Sammlung Meidinger: Max Meidinger, wie ihn wohl viele von uns
in Erinnerung haben

Sammlung Meidinger: Kötztinger Naturfreunde bei einem feuchtfröhlichen Ausflug zum Mathäser nach München. Max Meidinger vorne 2. von links.





Auch für die Verbindung der Familie Meidinger mit unserer Pfingsttradition finden sich in unserer Sammlung Nachweise.
Zunächst Max Meidinger als Pfingstreiter und danach der Sohn, Christian Meidinger, der im Jahre 2002 als Brautführer fungierte und 6 Jahre später, 2008, selber die Wahl als Kötztinger Pfingstbräutigam angenommen hatte.
DIA-Repro 3392 Max Meidinger jun.

Im Jahre 2002 war Christian meiding4er Brautführer bei Christan Mühlbauer

Foto Kretschmer: v.l.: Pfingsten 2002 Christian Mühlbauer, Simone Stoiber, Marion Mühlbauer und Christian Meidinger
Pfingsten 2008;
Foto Kretschmer; v.l. Florian Schedlbauer, Carolin Graßl, Christian Meidinger, Michael Kuchler

Foto Kretschmer: der Burschen- und Brautzug vor dem Elternhaus 2008

Und nun noch eher heran an die Gegenwart, das Haus des Dietlbecks im Jahre 2022 mit einem Hinweisschild auf den  "berühmt-berüchtigten"  Räuber Heigl am Hauseck.

Vor wenigen Jahren schlug die letzte Stunde für den Dietl-Beck in der Marktstraße. Max Meidinger und seine Frau gingen in den verdienten Ruhestand und kurze Zeit später wurde aus dem Dietl-Meidinger-Beck eine Verkaufsfiliale der Bäckerei Schifferl und damit eine der wenigen "Bäckereien", die es noch im Markt gibt.

Frau Christa Rabl-Dachs lichtete das Ehepaar an einem seiner letzten Öffnungstage ab.
Foto Rabl-Dachs

Foto Rabl-Dachs

Foto Rabl-Dachs




Foto Pongratz

Foto Pongratz: Die Hinweistafel zur Räuber-Heigl Höhle, geschaffen vom Drechsler Huber.

Und noch ein Kuriosum bzw. eine Ortsangabe:







Das "Landhaus Meidinger" hat nur indirekt - weil Verwandtschaft - mit dem Dietlbeck zu tun. Der andere Familienzweig mit einem Meidinger Franz, der im Burenkrieg eingesetzt gewesen war, dem Schlosser Karl Meidinger, Teilnehmer bei der Kreuzaufstellung und noch einem Hans Meidinger, der als Totengräber gearbeitet hatte wohnte und arbeitete im "Ebrach" vor dem oberen Tor und in der Gehringstraße. Das Landhaus Meidinger wiederum lag in der Bahnhofstraße in der Kurve nach der Zufahrt zu FC.Stadion.





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.