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Freitag, 16. August 2024

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 80

   Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen. Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.

Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


Alte Hausnummer 80
 beim Malterer


STA Kötzting Luftaufnahmen 

Detail aus Bayernatlas.de

Dies ist eines der Kötztinger Häuser, über das und über dessen Bewohner sich nur sehr, sehr wenig in den Archiven erhalten hat, und es daher notwendig ist, von dem wenigen Gesicherten ausgehend zu versuchen, noch ein wenig weiter rückwärts zu suchen.

Die gesicherte Ausgangsbasis ist die Bürgerrechtsaufnahme von 1819 des Georg Malterers, der mit 2 1/2 Gulden in den Marktrechnungen erscheint.
In den Umschreibeheft von 1811-1839 findet sich auch ein Besitzwechsel, als ein Georg Malterer das/ein "Huttererhaus" erworben hatte und das nun, ab 1821, dann steuerpflichtig geworden war..
Somit ist der nächste Schritt beim Rentamt Kötzting nachzusehen, wer denn im Jahre 1811 dieses Haus besessen hatte und siehe da, - damals gab es noch nicht die später gültigen Hausnummern - in der Liste wurden mit Bleistift die späteren Hausnummern hinzugefügt und dort springen diese Randnotizen von 79 gleich auf 82. Die Hausnummer 81 - Wiesmühle - war schon Seiten vorher beim Kollmaieranwesen abgehandelt worden.
Es scheint sich also um einen Neubau - errichtet nach dem Jahre 1811  - zu handeln.
Also dann weiter zum ersten Grundsteuerkataster von 1840, in dem üblicherweise die Vorbesitzer namentlich aufgeführt sind. 
Dort heißt es, dass er am 1.8.1820 das Haus um 225 Gulden von Josef Gulder gekauft hatte.
Damit - vor allem mit der Heranziehung als ein steuerpflichtiges Haus durch das Kgl. Rentamt Kötzting -  kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass das Haus im Jahre 1811 noch nicht existiert hatte, jedoch in den Jahren vor 1820 dann auf der grünen Wiese neu erbaut worden war.
Als es dann im Laufe klar geworden war, dass das Gebäude verkauft und Haus bewohnt wurde, führte dieses sogleich zu einer Einstufung als Herdstätte und zu einer steuerlichen Einstufung durch das Rentamt (=Finanzamt).


Josef Gulder


Die einzigen Nachweise für einen Josef Gulder isind Geburtseinträge eines Hutmachers Josef Gulder und seiner Frau, einer Simman Kunigunde aus Amberg. Josef Gulder wechselte danach auf das Haus mit der Nummer 82, das spätere (nach dem Marktbrand von 1867) Spitalgebäude, welches auch das einzige Anwesen in Kötzting ist, in welchem der Räuber Michael Heigl zumindest ein Weniges an Diebesgut fand, das ihm zum Mitnehmen wert war. 



Georg Malterer und Barbara Pfeffer


Wie eingangs erwähnt, findet sich der vermutlich frischgebackene Häusler Georg Malterer in den Kötztinger Marktrechnungen unter der Rubrik "Einnahm an Feuerlösch-Requisiten - Concurrenz-Geldern"
Marktrechnung Kötzting von 1819
"Georg Malterer Häußler 2 fl 30 Kreuzer"

Im Jahre 1821 geht es dann weiter mit der Reaktion der Steuerbehörede.
StA Landshut Rentamt Kötztng B 28 Umschreibeheft
"Nr. 165 Vermög allergnädigster Ratifikation vom 12. Juni 1821 ist das bisher Steuerfrey gebliebene Huttererheusl (das Wort bezieht sich vermutlich auf den "Hutmacher=Hutterer" Gulder, von dem Malter das Haus erworben hatte) des Georg Malterer in Kötzting neu besteuert woden, kommt demnach das Haus Steuercapital in Zugang mit..."

Mit Datum des  27.Januars 1825 findet sich in den Kötztinger Pfarrmatrikeln ein Heiratseintrag eines Johann Georg Multerer - Witwer einer Katharina Hollmaier - mit der Barbara Pfeffer aus Haibühl.
An Heiligabend des Vorjahrs hatten die beiden bereits einen Heiratsvertrag über 438 Gulden abgeschlossen



LGäO Kötzting Briefprotokolle 1824-1825
Deckblatt des Heiratsvertrages

LGäO Kötzting Briefprotokolle 1824-1825
Unterschriftenteil des  Heiratsvertrages
Mit der Unterschrift des Georg Malterer, und den Handzeichen der Barbara Pfeiffer und deren Beistand des Georg Mühlbauer aus Wölkersdorf.


Der Kötztinger Bürgermeist4er Magg bestätigt in einem beiliegenden Schreiben die Verlobung der beiden.
"Der Magistrat des kgl. Marktes Kötzting bezeugt hiermit ortspolizeilich, daß Georg Malterer verwittibter bürgerlicher Häußlbesitzer zu Kötzting sich mit Barbara Pfeiffer Inwohnerstochter v. Haibühl zuvor in Ehr verlobt habe
und angewiesen wird, sich wegen der Sponsalien-Aufnahme bey dem kgl Landgericht dahier gehörig zu melden
Actum den 24. Dez. 1824
Magg Bürgermeister.
"

Aus dem 1840 erstellten ersten Grundsteuerkataster erfahren wir mehr über das kleine Haus:

StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5038 von 1840
Hausnummer 80 in Kötzting  Georg Malterer
Ein Leerhaus
Gebäude
Wohnhaus mit Stall und Schupfe, dann Hofraum
Garten
zwey Gras= und Baumgarten beim Haus."

Auch der Besitzantritt ist hier vermerkt:
"Lt Brief vom 8. August 1820 von Joseph Gulder um 325 fl erkauft."

Durch den im drauffolgenden Jahr erstellten Mieterkataster erfahren wir mehr über den Zuschnitt und den Zustand des Hauses und seiner Bewohner:
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5045

"1.) Georg Malterer, Taglöhner
/Hauseigenthümer:/
1. Hauptgebäude
I 1 Wohnzimmer und 1 Kammr, dann die Stallung.
II 1 Kammer, und die Hälfte des Hausbodens unterm Dach
Georg Malter

2.) Theres Schneider
Inwohnerin /:Mieterin:/
I 1 Wohnzimmer, und einen Antheil am Hausboden
Hz. + der Theres Schneider

3.) Otto Musinan, Landgerichtsschreiber  /:Miether:/
II 1 Wohnzimmer


4.) Georg Malterer Eigenthümer 
2. Nebengebäude
1 Schuppen
Georg Malter"

Im Jahre 1835 erscheint Georg Malterer noch ein einziges Mal mit der Abgabe von 8 Kreuzern an die Marktkasse für die an alle Bürger verteilten Strohhofgründe und danach kommt nur noch eine Vergleichsverhandlung über Erbstreitigkeiten nach seinem Tode.
"3. März 1848:  Vergleich: Wolfgang Malterer Bäck und Gütler von Grafenwiesen tritt auf das erfolgte Ableben seines Bruders Georg Malterer Häusler von hier, gegen dessen Witwe, Barbara Malterer dahier, auf den Grund des Ehevertrages v. 24. Dezember 1824 wegen Bezahlung einer Rückfallsforderung klagbar auf und vereinigen sich die Teile auf obrigkeitliches Zureden dahin, dass 
die Rückfallssumme bei dem kinderlosen Vorableben des Georg Multerer vergleichsmässig auf 190 fl, resp. über Abzug eines Guthabens bestehend in 10 fl,   auf 180 fl festgesetzt wird.  Die Witwe macht sich  sich unter dem Beistand des Sebstian Überreiters verbindlich, dieses Rückfallsgeld von 180 fl 
an den nächsten  Intestat Anverwandten  ihres verlebten Ehemannes bei ihrer demnächstiger  Verehelichung bar zu bezahlen. Auf diese Weise scheint die Verlassenschaft des Georg Multerer erledigt." 
Dem Vergleichsprotokoll liegt auch ein separates Schreiben des Kötztinger Pfarrers henneberger bei:

"Ex officio
Malterer Georg, verheuratheter Häusler von Grafenwiesen, ist 60 Jahr alt am 25. Dezember 1847 gestorben, unterm 28. desselben dahier nach christlich katholischen Ritus beerdigt worden. Er hinterließ keine Kinder; aber eine Wittwe Barbara geb: Pfeiffer.
Das einzige von Vater und Mutter Seite lebende Geschwister desselben ist Wolfgang Malterer, verheuratheter Häusler und Bäcker in Grafenwiesen, mit dem Erblasser gleichehelicher Sohn des Wolfgang Malterer, Häuslers in Grafenwiesen und dr Theresia geb. Lemberger, geboren den 7ten Jänner 1790. 
Sonst sind weiter keine näheren Verwandten des Defunkten mehr vorhanden.
Dieses bestätigt Kötzting am 14. Mai 1848.
Katholisches Pfarramt Kötzting
Franz Xaver Henneberger
Pfarrer."

In den Vergleichsverhandlungen war es ja bereits am Rande erwähnt, die Witwe Barbara Malterer konnte sich neu verheiraten, allerdings, um die Suche nicht zu einfach zu machen, tat sie dies unter ihrem Mädchennamen Barbara Pfeifer. Die Vergleichsverhandlung endete mit dem beiderseitigen Einverständnis im März und die Heirat fand dann bereits im Mai statt.
Der neue Mann an ihrer Seite war der Gutendorfer Inwohnersohn Georg Artmann.

Georg Artmann und Barbara Malterer


Die Erlaubnis zur Ansäßigmachung wurde damals in Kötzting streng geregelt und im Jahre 1848 wurde im Protokoll der Magistratssitzung ausdrücklich festgehalten, dass das Vermögen der Frischverheirateten 500 Gulden betrug, weshalb einer Erlaubnis nichts im Wege stand.
Nichts desto trotz musste der Kötztinger Neubürger im selben Jahr noch seine Gebühren für das Kötztinger Bürgerrecht bezahlen.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5047 von 1860

Haus=Nummer 80 in Kötzting
Georg Artmann und dessen Ehefrau Katharina (dieser Fehler wurde später einfach weiterprotokolliert)
Ein Leerhaus
Wohnhaus mit Stall und Schupfe, dann Hofraum
zwei Gras- und Baumgarten beim Haus 


Aus dem Jahre 1863 ist ein Antrag Georg Artmanns beim Magistrat bekannt, in dem er vorschlägt, den "Feldweg bei der Färberwalch herzurichten". Die Färberwalch ist eine der kleinen Wasserwerke, die kurz unterhalb seines Anwesens am Regen errichtet waren. 
Am 12.6.1870 starb in Kötzting die Häuslerin Barbara Artmann an Altersschwäche und das "kgl. Amtsgericht Kötzting" eröffnete ein Nachlassverfahren.
StA Landshut Rep 166N712 Schachtel 14 Nr. 65

"Barbara Artmann - 81 1/2 Jahre - Häuserswittib (stimmt nicht, der Ehemann lebte noch viele Jahre, allerdings war sie eine Witwe ihres ersten Mannes) - verehelicht - am 12.6.1870 abends 6 Uhr - in ihrem Wohnhause HsNr 80 über der Regenbrücke."
Auch wenn das Kötztinger Bürgerspital zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 2 Jahre dem Hause gegenüber lag, so war der Name "Spitalplatz" damals noch nicht geläufig und die Ansammlung an Anwesen wurden alle in ihrer Lage mit dem Ausdruck: "über der Regenbrücke" beschrieben.
Da die einen Ehevertrag abgeschlossen hatten, wurde Georg zum Universalerben bestimmt, auch wenn und weil von den ursprünglichen verwandten seiner in Haibühl geborenen Ehefrau nur noch weit verstreute und wenige Nachkommen aus dritter Generation lebten.
Das Verhandlungsergebnis unterzeichnete der Mauerer Georg Artmann mit zwei Kreuzen.


Artmann Georg selber lebte noch weitere 12 Jahre und verstarb im Alter von 85 Jahren an "Leibsschaden" am 3.6.1882 und auch über seinen Nachlass  wurde ein Verfahren eröffnet, das sich im Staatsarchiv Landshut finden lässt.

 
StA Landshut Rep 166N/12 Schachtel 25 Nr. 52

"Georg Artmann - 84 Jahre - Privatier - Wittwer - am 2. Juni 1882 vorm. 3 1/2 Uhr
Ein Testament liegt beim k. Herrn Notar in Kötzting
Vide Obsignationsprotokoll:
Der Rücklass befindet sich in Handen seiner Haushälterin Maria Geiger"

Hier die Auflistung des Rücklasses, vorgenommen durch Mitglieder des Kötztinger Marktmagistrats und später Teil des Nachlassverfahrens:


Kötzting den 2. Juni 1882 - also noch am Tage seines Ablebens(!)

Protokoll
aufgenommen über die Versiegelung des Rücklasses des heute verstorbenen Privatiers Georg Artmann:
Nachdem Maria Geiger heute Anzeige über das Ableben des Privatiers Georg Artman erstattete, verfügte man sich in die Wohnung des letzteren und nahm die Obsignatur in folgender Weise vor:
In der Behausung fand man
a) im Wohnzimmer 
1 hölz. Tisch
2 hölz. Stühle
1 hölz. Bank
1 Rahm(en) mit Porzell. Teller, Gläser, 4 Zinnteller
2 Kochgeschirr als 2 Pfannen Tafelbilder
3 Schwarzwälderuhren
1 Bett vollständig samt Bettlaken




"1 Kästchen Werkzeug

b) im Hausflez
1 Speisekasten

c) über der Stiege
1 Kleiderkasten enthaltend gute Kleidungsstücke des verlebten
/:Dieser Kasten wurde vorschriftsmäßig versiegelt und der Schlüssel abgenommen, welcher auf der Magistratskanzlei aufbewahrt wird.
1 leere Komode
1 Schreibpult enthaltend Schriftstücke.
Dasselbe wurde ebenfalls versiegelt, der Schlüssel abgenommen und auf der Magistratskanzlei hinterlegt.
2 Betten, 2 Kleiderkasten, angeblich Eigenthum der Maria Geiger
1 Mehltruhe, detto
2 leere Truhen
1 Kuh angeblich Eigenthum 
"der Haushälterin. Schließlich wurde protokolliert, dass sich baares Geld nicht vorfand
Magistrat Kötzting Mühlbauer.
"

Als seine hinterlassenen Verwandten wurde festgehalten ein "Peter Artmann, Häusler in Kieslau und die ledige Maria Artmann aus Gutendorf."
Bereits am 6.2.1873 hatte Georg Artmann den damaligen Kötztinger Notar zu sich rufen lassen, um sein Testament aufsetzen zu lassen. Als Testamentszeugen fungierten Ignaz Hamberger, ein brauender Bürger Kötztings, und der Hoferner Bauer und Arndorfer Bürgermeister Franz Wühr.
Als seine Universalerbin setzte er die "ledige großjährige Müllerstochter Anna Maria Geiger von Kaitersbach" ein. Weiter erklärt er, dass sie - und das wird auch seine weitere Auflage an sie - ihn bereits seit "Lichtmessen des Jahres 1860" dies erfülle und dies nun "bis an mein Lebensende in gesunden und kranken Tagen zu warten und zu pflegen, ohne daß sie hierfür einen Lohn erhält
Nach seinem Tode solle diese nun an seine Geschwister Peter und Maria Artmann ein Legat von jeweils 300 Gulden ausbezahlen.
Beide Bedachte akzeptieren die Bestimmungen und Anna Maria Geiger schätzt den gesamtbesitz, bestehend aus dem Hause und einer landwirtschaftlichen Fläche beim Haus über 2.58 Tagwerk auf insgesamt 2571 Mark.
Unterschriftenliste der Nachlassvereinbarung:


Annamaria Geiger -   Hdz + des Peter Artmann -   Franz Graßl und Michl Vogl als Zeugen


Anna Maria Geiger



Die Besitzverhältnisse des kleinen Hauses gestalten sich ab nun sehr turbulent.


Im Umschreibeheft des Grundsteuerkatasters ab dem Jahre 1860 heißen diese nacheinander:

"Artmann Georg und dessen Ehefrau Katharina(?) (Niemand ist unfehlbar)
Artmann Georg
nun
Geiger Anna Maria
nun
Klimmer Andreas, Geiger Michl, Leitl Josef, Leitl Xaver, Herre Walburga, Rabenbauer Franziska
nun 
Leitl Xaver
nun 
Schwarz Josef"



Um das ganze noch ein wenig komplizierter zu machen, wird im Jahre 1885 in der Legende des Lageplans für bei einem Bauantrag des Nachbarn, des Weißgerbers Gerstl, die Besitzerin des Hauses als eine Maria Artmann angegeben, die selber aber nie in der Liste des Grundbuchamtes auftaucht.

StA Landshut Rep 162-4 Bauplan Nr. 3154
Unter der Nummer 9 - ganz rechts oben - heißt es in der Legende "dto (=Wohnhaus) der Maria Artmann."

Klimmer Andreas 



Bei der Durchsicht der obigen Namensliste - einer vermutlichen Erbengemeinschaft - steht zu vermuten,  - da die meisten aus Grub und Umgebung stammen - dass es sich dabei um Erben der Anna Maria Geiger handelte. 

Klimmer Andreas jedenfalls, die Nummer 1 auf der Liste der nachfolgenden Erbengemeinschaft - und gebürtig aus Arndorf -  verstarb im Jahre 1903 im Alter von gut 93 Jahren auf dem Hause mit der Nummer 80 und vermachte sein, von ihm selbst beziffertes, Vermögen in Höhe von 10.000 Mark seinen Geschwistern und deren Nachkommen.
Seine Bürgerrechtsaufnahme passt mit dem Jahre 1894 sehr gut in diesen zeitlichen Rahmen. Der Miteigentümer Leitl Xaver könnte mit der namensgleichen Person aus Grub identisch sein, von dem es einen Bauplan für ein Haus in Grub gibt.


Schwarz Josef und Wittmann Franziska


In einem Akt der Kötztinger Heimatberechtigten findet sich -  mit Anlagedatum von 1902 - ein Josef Schwarz - ein Name, der in den damaligen Kötztinger Bürgerlisten sehr häufig vorkommt - aus Zeltendorf, ein Müller und Säger und geboren am 27.1.1866, als Besitzer des Hauses mit der Nummer 80.
Mit dieser Information können wir auch seine Hochzeit und seine Ehefrau festmachen, da am 7.8.1900 der aus Zeltendorf stammende Josef Schwarz - Sohn des Joseph und seiner Frau, einer Ellmann Therese aus Haiberg - die Untervierauer Söldnerstochter Franziska Wittmann geheiratet hatte.
Aus dem Jahre 1908 stammt ein Bauantrag des neuen Hausbesitzers.

StA Landshut Rep 162-8 Schachtel 23 Nr. 3451
Als sein Nachbar unterschrieb der Weißgerber Josef Gerstl und den Plan zeichnete der Kötztinger Maurermeister Franz Kirschbauer.
Das Bauvorhaben lief unter dem Titel: Bau eines Stalles mit 2 Zimmern.
 






Sechs Jahre später ging es um den Neubau eines Stadels und die Behörden machten ihm einen gehörigen Strich durch seine Rechnung, zumindest seine erster Bauantrag wurde wegen der Hochwassersituation schlichtweg abgelehnt. Erst eine Beurteilung durch die zuständigen Behörden machten dann den Weg frei.
StA Landshut Rep 162-8 Schachtel 23 Nr. 3451


Feststellung der Hochwasserlinie





Bei diesem zweiten Bau hatte Schwarz Josef jedoch die Grenze seines Grundstücks überschritten und war mit dem Stadel zum Teil auf öffentlichen Grund geraten.
Der Markt schreibt, er hätte die "Müllerpointödung" überbaut, Nach Verhandlungen mit dem Markt verkauft dieser die Teilfläche im Jahre 1920.
StA Kötzting 912/45




Im Umschreibeheft ab 1910 finden sich als Nachfolger zunächst die Umschreibung auf Josef und Franziska und später dann die Franziska Schwarz als Alleinbesitzerin.




Aus der Sammlung von Frau Traudl Gerstl stammt das Bild, das zwei der Gerstltöchter vor dem Anwesen Schwarz zeigt.

Als seine unterhalb des Regenflusses wohnende "Witwe Gerstl" einen Neubau errichten wollte , schrieb Josef Schwarz an die Baubehörde, worauf diese sofort reagierten.



"An das Straßen- und Flußbauamt Deggendorf

Kötzting , den 16. Januar 1921
Meine Nachbarin die Witwe Gerstl in Kötzting beabsichtigt in nächster Zeit ihren Garten zwichen dem Regenfluß und der Ortsstraße in Kötzting einen Wohnhaus Neubau aufzuführen, ohne daß mir bis heute der Bauplan zur Einsicht vorgelegt worden ist.
Ich mache darauf aufmerksam, daß bei Hochwasser des Regenflusses sowie bei Eisgängen das Wasser in der Regel dort über die Ufer tritt und dann eine Stauung des Wassers und damit eine nicht absehbarer Schaden....
"meines Anwesens zu befürchten steht, wenn nicht das neue Haus entsprechend weit zurückgebaut wird, um dem Wasser damit den ungehindert6en Lauf zu lassen.
Ich wäre in gegebenem Falle dann genötigt, meine Schadensersatzansprüche gerichtlich geltend zu machen und setze daher das Straßen & Flußbauamt, als jedenfalls bei dem Neubau gesetzlich interessiert hiermit gefälligst behufs weiterer Behandlungmaßnahmen in Kenntnis und sehe befriedigender Erledigung entgegen.
In aller Hochachtung Josef Schwarz No. 80"






2 Tage später notierte die Deggendorfer Behörde am Rande des Schreibens:
"An die Ortspolizeibehörde Kötzting
Zum Bericht, ob Gerstl bereits Baugesuch eingereicht hat, hieraus ist nichts bekannt. Eine etwaige eigenmächtige Bauführung ist sofort einzustellen. Zugleich ist ihr zu eröffnen, daß vor Bau- und Wasserpolizeilicher Genehmigung unter keinen Umständen mit dem Bau begonnen werden darf."

Diese nachbarlichen und wasserpolizeilichen Hürden konnten anscheinend überwunden werden, denn am Spitalplatz entstand nun das dritte gemauerte Gebäude, das das Weißgerberensemble vervollständigte.

Von Frau Traudl Gerstl habe ich im Rahmen eines längeren Gesprächs auch ein paar Details über die damalige Nachbarsfamilie Schwarz erfahren können.

Einige Antworten auf meine Frage nach den nachbarlichen Verhältnissen:  

Ja, de is hinterhoi dro g´wen, hot zwoa Keij g´hot. 

I woas net vo wos de g´lebt ham, blos vo dem wos im Goatn drin g´hot ham und vo dene zwoa Keij. De ham... freijas is ja allgemeina so g´wen.

und den Umständen des Einspruches gegen den Bau

Ja natürlich, weil sie ja a nouat dro g`wen is am Reng. Des war a beijse, d´Mare net, d´Schwarz Mare net, owa ihra Muatta. Holts Hei mit da Kou: "Aber Mare heit is doch des Hei de is o no greij“. „Mei Kuah de mogs so resch.“ 






Aus der Sammlung KB Krämer: Detail der Luftaufnahme Spitalplatz

In der alten Einwohnermeldekartei Kötztings heißt es unter seinem Namen, dass er am 9.1.1928 nach Chamerau verzogen sei.

Montag, 12. August 2024

Der Martiniritt in Warzenried

   In der Bildersammlung des Stadtarchives befinden sich viele Beispiele von damals tagesaktuellen Veranstaltungen oder Berichten über Handel und Gewerbe, die uns einen kleinen "Blick zurück" erlauben; zurück auf Menschen, die schon lange verstorben sind oder Orte und Plätze, die es ebenfalls schon lange nicht mehr gibt. Mit dieser Reihe an Blogbeiträgen soll diese Erinnerungskultur ermöglicht werden; eine Erinnerung an ein Kötzting mit viel Handel, Handwerk, Vereinsleben und Gasthäusern, mit Jahrtagen,  Bällen, und vor allem mit Menschen.

Vom November 1976 haben wir eine kleine Bilderserie über eine religiöse Rittveranstaltung mit einem anschließendem Pferderennen.

Der Martiniritt in Warzenried


Der Artikel und damit sicherlich auch die Bilder dieser Traditionsveranstaltung stammen von einem Reporter mit dem Kürzel "kto". = Otto Wiener
Pfarrer Prambs, der diesen Martiniritt eingeführt hatte an der Seite des Kaplans Fürst.





Der Zeitungsbericht über den Martiniritt.

Am selben Tag fand in Warzenried auch ein Pferderennen statt, das, liest man im Artikel zwischen den Zeilen, anscheinend sogar auf eine längere Geschichte zurückblicken kann als der Martiniritt.



Leider sind die Zeitungen, die wir aus dieser Zeit im Archiv haben, sehr fest am Rücken gebunden, weshalb manche der Artikel sich ohne einen Schaden zuzufügen sich nur ungenügend kopieren lassen. 
Trotzdem hier der dazugehörige Artikel - ebenfalls von einem "kto" (Otto Wiener) mit der Siegerliste.




Dienstag, 6. August 2024

Erinnerungen an Altkötzting - Teil 43 Lehrer als Rettungsschwimmer

In der Bildersammlung des Stadtarchives befinden sich viele Beispiele von damals tagesaktuellen Veranstaltungen oder Berichten über Handel und Gewerbe, die uns einen kleinen "Blick zurück" erlauben; zurück auf Menschen, die schon lange verstorben sind oder Orte und Plätze, die es ebenfalls schon lange nicht mehr gibt. Mit dieser Reihe an Blogbeiträgen soll diese Erinnerungskultur ermöglicht werden; eine Erinnerung an ein Kötzting mit viel Handel, Handwerk, Vereinsleben und Gasthäusern, mit Jahrtagen,  Bällen, und vor allem mit Menschen.

Mit dem neuen Hallenbad und dem Schwimmbecken ergaben sich natürlich auch neue Möglichkeiten, den Schülern das Schwimmen beizubringen und dazu war es unter Anderem auch nötig, den Grundschullehrern das Know-How der Wasserrettung beizubringen. Hier ein Bildbericht vom Lehrgang im Kötztinger Hallenbad. Der Bericht und die Bilder stammten von herrn Kühn.

Fortbildung der Lehrer im Hallenbad