Also Repertorium Amtsgericht Kötzting und dort findet sich ein Gerichtsverfahren eines Andreas Amberger, der sein Braurecht einklagen will. 1819?? hä
Was ist da los, 1819, also in der "guten alten Zeit", hatte man in Kötzting entweder das Braurecht auf dem Haus, oder man hatte es nicht, das Gericht konnte da normalerweise nicht helfen, also Akte bestellen und nachschauen was da wohl los war :
Deckel aufgemacht und was liegt da vor mir:
ein kleines, altes Buch, in der Mitte ausgeklappt, damit es im Akt nicht zu dick aufträgt, und daher sind es zuerst nur Zahlenreihen, die sichtbar werden. Erst als ich die erste Seite in dem Buch aufgeschlagen hatte wird sichtbar was das für eine kleine Besonderheit ist, die als Beilage für den oben angesprochenen Prozess notwendig, ja ausschlaggebend ist.
Anlags - SteurTax und
Züns Bichel
Jakoben Straubinger Markt=
lehner und Schuhmachern
alhir zu Közting angehörig
de anno 1775
Hr
131
Auch die Hausnummer 131 hilft uns nicht weiter, erst im Text wird klar um welches Anwesen in Kötzting es sich handelt:
Es sind einige Kaufverträge angeführt:
Xaver Auzinger, verheiratet mit der Anna, geb. Stoiber, verkaufen ihr Bürgeranwesen außer dem obern Tor, das sie von Jakob Straubinger gekauft haben an Andreas Amberger. 1819
Dann die alten Kaufverträge und Heiratsbriefe : Helene Pichelmayer schließt 1727 einen Heiratsbrief mit Johann Heinrich Straubinger und vermacht dabei ihr Marktlehen (sic)
Johann Heinrich Straubinger, Innerer Rat und Schuhmacher in Kötzting, übergibt sein Marktlehen 1774 seinem Sohn Jakob, zwischen Wilhelm Fink und Balthasar Kalb Häusern liegend.
Mit diesen 3 Angaben ist das Haus leicht zu lokalisieren:
1. vor dem oberen Tor
2. Marktlehen
3. gelegen zwischen zwei anderen Häusern.
Ausschnitt aus der Uraufnahme Kötzting von 1831 entnommen aus dem Buch Kötzting 1085-1985 Situation vor dem alten Friedhof |
Was ist nun das Besondere an dem kleinen Buch:
Der Schuster und Marktlehner Jakob Straubinger hat in mehreren Abteilungen dieses Büchleins alle seine Steuern, Abgaben, Versicherungen und Zinszahlungen für seine "Hypothek" aufgelistet.
Und weil man diese Steuern und Abgaben damals eben nicht einfach überweisen konnte, sondern sein Geld persönlich mit solch einem Büchlein überbracht hat und sich die Bezahlung bestätigen hat lassen, sind in dem Buch, wie in einer Zeitreise alle Vorgänge protokolliert UND unterschrieben.
als St(euer) Service - Herdstat
Anlag und auch dergleichen:
den 12. Juny ao 1775 zahlt
das Service mit --- 36 xr (=Kreutzer)
Luckner mp (=manus propria = mit eigener Hand)
dem 16. 9bris(=Novembris) zahlt das Herdstatt
gelt mit ......25 xr
Luckner mp
ao 1776
zahlt das Herdstatt
gelt mit 25 xr
Servis 36 xr
Vischer
Samuel Luckner, der bekannte Kötztinger Kammerer, hat also hier mit eigener Unterschrift die Steuern des Jakob Straubinger eingenommen und quittiert.
1776 war dann der Kammerer Fischer an der Reihe
1782 unterschrieb der Kammerer Schweitzer
1783 für Service und Herdstatt erneut Luckner
1784 war Luckners Freund und langjähriger Vicekammerer Kollmaier an der Reihe zu unterschreiben. Kollmaier und Luckner wohnten zu dieser Zeit bereits im Gschwandhof (heutzutage TCM Klinik) Luckner ebenerdig und Kollmaier im ersten Stock. In etwa zu dieser Zeit bezog Samuel Luckner, anlässlich solch eines Zahlungstermins, kräftig Prügel von vier Kötztinger Bürgersfrauen, die sich bei Ihm für seine Politik im Zusammenhang mit der Hofmark Reitenstein rächen wollten. Näheres kann in den sogenannten "Gelben Bänder", Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham nachgelesen werden, in welchen Luckners Zeit als Kammerer in Kötzting dargestellt wird.
auf der rechten Seite dann wieder Kollmaier, der die Herdstättenanlage kassiert.
die nächsten beiden Einträge quittiert wieder Luckner eigenhändig und am Ende sind dann noch ein paar Sondersteuern aufgeführt:
zalt letztes Ziel Herdstattgelt mit 25 xr
dan die 2te Landsteuer 45 xr
Marktsteuer 45 xr
Grubergilt 38 1/2 xr
Die Herdstättenabgabe musste genau dafür bezahlt werden, was im Wort vorkommt, für eine Herdstätte, also ein beheizbares Anwesen, das einen Ofen hatte. Für solche Listen führte der Staat Herdstättenbeschreibungen.
Die Landsteuer erhielt der Staat.
Die Marktsteuer der Markt Kötzting
Die Grubergilt ist ein Sonderfall: Ende 17tes Jahrhundert wurde ein großes landwirtschaftliches Anwesen in Grub, das der Grundherrschaft des Klosters Rott unterstand, mit Erlaubnis des Klosters und der Regierung zertrümmert ( solch ein Fall ist sehr selten vorgekommen) und die Grundstücke wurden anteilig und gleichmäßig auf die Kötztinger Bürger verteilt, die ab diesem Zeitpunkt immer Steuern für ihr Anwesen UND für ihre Gruber Anteile zu bezahlen hatten. Die Bürger Kötztings litten in all den Jahrhunderten immer unter viel zu wenig Grund und Boden um ihre Landwirtschaft auskömmlich betreiben zu können.
1806, die Zeiten haben sich geändert, Luckner ist schon lange tot (+1794), Bayern ist ein Königreich und im Krieg und die modernen Zeiten haben sich auch in den Steuerlisten bemerkbar gemacht.
1806 zahlt 4 Steuern mit 3 fl(=Gulden)
Herdstättgeld 25 xr
Service 36 xr
Grubergült 38 xr 2 he
Wäzlhof 2 fl 10 xr
Brandkoncurrenz 47 xr 2 he
Unterschrift: Loderer
Bürgermeister (er hieß nun auch so wie in anderen Märkten) Loderer war der Besitzer des sogenannten Voglhofes, es ist das Anwesen zwischen den Anwesen Traurig am Marktplatz und dem Gasthaus Januel, Hausname Christianschneider.
zahlt ferner 1 1/2 Kriegssteuer mit 1 fl 7 xr 2 h Loderer
Nun aber die Lösung des Rätsels, was hat das Buch bei diesem Prozess zu tun:
Der Schuhmacher Straubinger hatte offensichtlich das Brau- und Schankrecht, das ihm als Marktlehner zustand, nicht oder am Ende nicht mehr ausgeübt und ebenso wenig seine Besitznachfolger Auzinger. Als nun der neue Besitzer Amberger Andreas, 1819, als der neue Marktlehner brauen lassen wollte, verweigerten ihm dies die anderen Kötztinger Marktlehner mit der Behauptung, sein Anwesen wäre nie ein solches gewesen. Mit diesem Steuerbuch und mit den Verkaufsurkunden konnte er aber das Gegenteil beweisen und so zukünftig als unzweifelhafter Marktlehner im Kommunbrauhaus Bier brauen und auch in seinem Haus ausschenken lassen. Ob er dies auch tatsächlich gemacht hat geht aus den Prozessakten natürlich nicht hervor.
Alle Dokumente und Bilder entstammen dem Akt
StA Landshut mit der Signatur: Amtsgericht Kötzting 6845
1783 für Service und Herdstatt erneut Luckner
1784 war Luckners Freund und langjähriger Vicekammerer Kollmaier an der Reihe zu unterschreiben. Kollmaier und Luckner wohnten zu dieser Zeit bereits im Gschwandhof (heutzutage TCM Klinik) Luckner ebenerdig und Kollmaier im ersten Stock. In etwa zu dieser Zeit bezog Samuel Luckner, anlässlich solch eines Zahlungstermins, kräftig Prügel von vier Kötztinger Bürgersfrauen, die sich bei Ihm für seine Politik im Zusammenhang mit der Hofmark Reitenstein rächen wollten. Näheres kann in den sogenannten "Gelben Bänder", Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham nachgelesen werden, in welchen Luckners Zeit als Kammerer in Kötzting dargestellt wird.
auf der rechten Seite dann wieder Kollmaier, der die Herdstättenanlage kassiert.
die nächsten beiden Einträge quittiert wieder Luckner eigenhändig und am Ende sind dann noch ein paar Sondersteuern aufgeführt:
zalt letztes Ziel Herdstattgelt mit 25 xr
dan die 2te Landsteuer 45 xr
Marktsteuer 45 xr
Grubergilt 38 1/2 xr
Die Herdstättenabgabe musste genau dafür bezahlt werden, was im Wort vorkommt, für eine Herdstätte, also ein beheizbares Anwesen, das einen Ofen hatte. Für solche Listen führte der Staat Herdstättenbeschreibungen.
Die Landsteuer erhielt der Staat.
Die Marktsteuer der Markt Kötzting
Die Grubergilt ist ein Sonderfall: Ende 17tes Jahrhundert wurde ein großes landwirtschaftliches Anwesen in Grub, das der Grundherrschaft des Klosters Rott unterstand, mit Erlaubnis des Klosters und der Regierung zertrümmert ( solch ein Fall ist sehr selten vorgekommen) und die Grundstücke wurden anteilig und gleichmäßig auf die Kötztinger Bürger verteilt, die ab diesem Zeitpunkt immer Steuern für ihr Anwesen UND für ihre Gruber Anteile zu bezahlen hatten. Die Bürger Kötztings litten in all den Jahrhunderten immer unter viel zu wenig Grund und Boden um ihre Landwirtschaft auskömmlich betreiben zu können.
1806, die Zeiten haben sich geändert, Luckner ist schon lange tot (+1794), Bayern ist ein Königreich und im Krieg und die modernen Zeiten haben sich auch in den Steuerlisten bemerkbar gemacht.
1806 zahlt 4 Steuern mit 3 fl(=Gulden)
Herdstättgeld 25 xr
Service 36 xr
Grubergült 38 xr 2 he
Wäzlhof 2 fl 10 xr
Brandkoncurrenz 47 xr 2 he
Unterschrift: Loderer
Bürgermeister (er hieß nun auch so wie in anderen Märkten) Loderer war der Besitzer des sogenannten Voglhofes, es ist das Anwesen zwischen den Anwesen Traurig am Marktplatz und dem Gasthaus Januel, Hausname Christianschneider.
zahlt ferner 1 1/2 Kriegssteuer mit 1 fl 7 xr 2 h Loderer
Nun aber die Lösung des Rätsels, was hat das Buch bei diesem Prozess zu tun:
Der Schuhmacher Straubinger hatte offensichtlich das Brau- und Schankrecht, das ihm als Marktlehner zustand, nicht oder am Ende nicht mehr ausgeübt und ebenso wenig seine Besitznachfolger Auzinger. Als nun der neue Besitzer Amberger Andreas, 1819, als der neue Marktlehner brauen lassen wollte, verweigerten ihm dies die anderen Kötztinger Marktlehner mit der Behauptung, sein Anwesen wäre nie ein solches gewesen. Mit diesem Steuerbuch und mit den Verkaufsurkunden konnte er aber das Gegenteil beweisen und so zukünftig als unzweifelhafter Marktlehner im Kommunbrauhaus Bier brauen und auch in seinem Haus ausschenken lassen. Ob er dies auch tatsächlich gemacht hat geht aus den Prozessakten natürlich nicht hervor.
Alle Dokumente und Bilder entstammen dem Akt
StA Landshut mit der Signatur: Amtsgericht Kötzting 6845