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Dienstag, 2. August 2022

Friedhof Kötzting - Ende gut - Alles gut

Gleich am Anfang die gute Nachricht:  sämtliche Grabtafeln/Grabsteine, die beim Einsturz der Friedhofmauer an Kötztings Altem Friedhof als erhaltenswert eingestuft worden waren sind nicht nur erhalten, sondern wurden zum Teil auch liebevoll restauriert. 
Dieser Bestand an - für die Geschichte Kötztings-  so außerordentlichen Grabdenkmäler ist nun dokumentiert und inventarisiert und kann dann bei der anstehenden Erneuerung und Umwidmung des historischen - er hat noch keinen Namen - "Landschaftsparks Alter Friedhof" Kötzting an prominenter Stelle präsentiert werden.

Hier der link zur Vorgeschichte: ein-neuer-Fund-aus-Kotztings-Geschichte.

Die Nachfrage bei all den Menschen, die bei der Sicherung des Schuttkegels und der weiteren einsturzgefährdeten Mauerteile damals beteiligt gewesen waren, brachte zunächst nur ein paar Hinweise auf die Sicherstellung, Restaurierung und den Verbleib der Grabplatten, die sich dann aber als gesichert herausstellten.

Dank Frau Rabl Dachs haben wir nun sogar eine Bilderreihe der gesäuberten und restaurierten Grabdenkmäler.

Hier nun in lockerer Reihenfolge die Grabplatten, die auf den DIAs nur unscharf zu erkennen waren.
Den Anfang macht die hölzerne Gedenktafel, die die Sudetendeutsche Landsmannschaft im Jahre 1950 an einer Gartenmauer im oberen Teil des Friedhofes hatte anbringen lassen und die bereits Jahre vorher in das alte Leichenschauhaus tranferriert worden war.

Hier die Rückwand des Leichenschauhauses mit dem Fresko des "Auferstandenen" des Kötztinger Künstlers August Philipp Henneberger
Hier nun das - restaurierte -Epitaph der Stadtamhoferin Maria Euphrosina Luckner, der
ersten Frau unseres berühmten Kammerers Wolfgang Samuel Luckner, das älteren Bruders
des in Cham so hoch geschätzten Graf Luckners.




IN liebevoller Detailarbeit wurde die Graplatte von der Fa. Hofmann restauriert.



Hier der zwischenzeitliche Aufbewahrungsort bis zum Abbruch des Leichenschauhauses


Auch die Grabplatte der beiden Sperlhammer Familien Lindner und Richter erinnern an Menschen, die für die Geschichte Kötztings wichtig waren. Von Johann Lindner stammen die wesentlichen Eisenteile des Kötztinger Marienbrunnens 

Es wurden aber auch noch weitere Grabsteine gesichert, die auf den DIA-Aufnahmen des Architekturbüros gar nicht genau zu erkennen waren.

Das Gasthaus Lemberger - später Mühlbauer/Godl - lag in der
unteren Marktstraße.

Wie sehr müssen sich die werdenden Eltern auf ihr Kind gefreut haben, wenn
sie für ihr totgeborenes Kind solch eine Grabplatte hatten anfertigen lassen.

Von der Aufstellung der oben bereits erwähnten Gedenktafel an die Vertreibung der Sudetendeutschen haben wir eine Bilderserie von Josef Barth sen.
Hier der Link von der Veranstaltung.







Es befinden sich noch ein paar weitere Grabplatten im Kötztinger Bauhof aber auch das Eiserne Tor, das abgerissen werden musste, liegt sicher dort verwahrt.
Hier liegen die Teile des früheren Haupteinganges und warten auf ihre Auferstehung.


.Auch der Gedenkstein für einen unserer berühmtesten Mitbürger, des Landrichters und Bezirksamtmannes Carl von Paur liegt kopfüber auf einer Palette im Bauhof und wartet auf seinen endgültigen Aufstellungsort. Natürlich haben wir von diesem Stein auch viel bessere Aufnahmen, aber für diesen Beitrag über die gelagerten Gedenksteine ist diese Aufnahme aussagekräftiger.


DIESE Familie Pongratz betrieb viele Jahre Kötztings Wirtshaus
am Bahnhof, heutzutage Kollmaier.

Die Weigolds wohnten im 20ten Jahrhundert am Ende der Metzstraße, siehe der Beitrag
über die frühere Fleischbank.



Dienstag, 26. Juli 2022

AC- Kötzting Geschicklichkeitsrennen Pfingsten 1970

   Es geht weiter mit Bildern aus der Zeitungsredaktion der Kötztinger Umschau, welche alle über eine private Sammlung von Frau Renate Serwuschok dem Arbeitskreis Heimatforschung übereignet wurden und nun im Stadtarchiv Kötzting verwahrt werden.

Vieles aus dem Bestand, den wir von Frau Serwuschok ins Stadtarchiv übernehmen durften, befindet sich in großen, nach Monaten sortierten, Briefumschlägen.  Manche/viele der Negativstreifen sind aber unsortiert,  haben aber einen kleinen beschrifteten Zettel anhängen, mit den Anweisungen für den Setzer in der Druckerei, oder sind, thematisch sortiert, in vielen Leitzordnern aufgehoben. wie auch in diesem Falle.  

Zum heutigen Thema haben wir eine ganze Bilderserie, die uns - mit vielen bekannten Personen - "zurückbeamt" ins Jahr 1970. Viel Spaß mit den Bildern.

Das Schiedsgericht - ich denke die meisten Personen sind den älteren Kötztingern gekannt




 


Das Zuschauerinteressa war jedenfalls sehr groß









 



Freitag, 22. Juli 2022

Michael Heigl eine Dokumentation Teil 2 die Heigls in Beckendorf

Heigl Michael wurde wohl aufgrund der Tatsache, dass er bzw. seine Eltern das Beckendorfer Heimatrecht besaßen, auch immer als lediger Inwohnersohn von Beckendorf bezeichnet, obwohl er nachweislich in Ramsried auf die Welt gekommen war. Nachdem noch einige seiner nachfolgenden Geschwister ebenfalls als Geburtsort Ramsried angegeben hatten, steht auch zu vermuten, dass er seine Kindheit ebenfalls dort verbracht hatte.
Später jedoch ist er, wie auch seine Brüder und seine erste Geliebte, eher im Raume Beckendorf-Arndorf-Reitenstein zu verorten, weshalb es auch immer schon ein - durchaus umstrittenes - Thema gewesen ist, wo denn die "Heigls" - zwischendrin und am Ende vielleicht dauerhaft - in Beckendorf dann gewohnt haben könnten.

Zuerst jedoch ein Hinweis auf die Teile der Dokumentation, die bereits veröffentlicht sind:

Zum Einstieg:  ein Bild und seine Geschichte: das Laumerhaus von Gotzendorf
Teil 1 der Dokumentation: Der Familienverband des Michael Heigl

Beckendorf aus der Ansicht von Kreuzberg aus aufgenommen. Da die Beckendorfer Dorfkapelle selbst auf diese Entfernung so aussieht, wie sie im Jahre 1949 eingeweiht worden ist, vermute ich, dass diese Aufnahme aus den 50er Jahren stammt.
Der begleitende Zeitungsartikel allerdings bringt den Vorläuferbau mit einer kleinen Geschichte mit unserem Michael Heigl in Verbindung, die aber selbst als Anekdote nicht haltbar ist.  

Auf dem historischen Plan der Uraufnahme - entstanden um 1831 - auf welchem jede Hütte und jeder Backofen eingezeichnet ist, die in der weiten Dorfflur gestanden hatten, findet sich keine Spur eines wie auch immer gearteten sakralen Gebäudes.

Detail aus Bayernatlas.de hier Beckendorf

Die Häuser mit den Nummern 1-3 sind hier abgeschnitten, diese befinden sich bereits auf der Anhöhe Richtung Kreuzberg, sind aber deutlich erkennbar erst im Aufbau.


Wo wohnte Michael Heigl?


Nach den kleinen Aktennotizen, die noch in der Zeit vor seiner Flucht behördlicherseits angelegt worden waren, kann man eines durchaus annehmen, dass er seine Kinder- und Jugendzeit in Beckendorf verbracht hatte. Wo aber haben er bzw. er und seine Eltern dann gewohnt?

Einschränkend muss ich natürlich vorausschicken, dass Inleute häufig nicht einmal innerhalb ein und derselben Gemeinde an einem Platz geblieben sind. Aber es gibt erstens nicht viele Anwesen in Beckendorf, die groß genug gewesen wären, dass auf einem dieser zusätzlich noch eine ganze Familie hätte unterkommen können und es gibt darüber hinaus auch noch Hinweise und Gerüchte, die die Zeiten überdauert haben und die es auf ihren Wahrheitsgehalt abzuklopfen gilt. 

1. Er soll auf dem Kreuzberg gewohnt haben.

Faktencheck: Gleich zu Beginn des 19. Jahrhunderts wird Bayern vermessen und die erste richtige Karte Bayerns wird um das Jahr 1830 erstellt, in der jedes, aber auch wirklich jedes Gebäude – Stall – Stallung – Stadel, ja selbst jeder Backofen eingezeichnet ist. Auf dem Kreuzberg ist nur der eine Bauernhof (im Urkataster mit der Nummer 1 vorgetragen). Bei diesem Anwesen ist  nachweislich kein Inhaus vorhanden.
Dann gibt’s noch die Anwesen 2 und 3, die zumindest auf der Anhöhe in Richtung Kreuzberg liegen. Bei der Nummer 3 ist erwähnt, dass es erst 1809 erbaut ist und bei beiden Anwesen ist noch im Plan von 1830 zu ersehen, dass die Häuser erst im Entstehen sind. 

Detail aus Bayernatlas.de hier Beckendorf Richtung Kreuzberg, mit dem kleinen Anwesen mit
der Nummer 1 und den Neubauten der Nummer 2 und 3.

Welche mögliche Erklärung gibt es für diese "Verortung"?

Der "Heigl Christ", Christoph Gruber, der Sohn des Michael Heigl und seiner ersten Geliebten Marianne Gruber, wurde mehr als eine Generation später in einer Hütte auf dem Kreuzberg aufgegriffen, was nicht nur damals wegen der Begleitumstände für einige Aufregung sorgte, sondern, eben Jahrzehnte später - möglicherweise -  der eine "Heigl Christ" mit dem anderen "Heigl Michael", zumindest was den Wohnort betraf, in einen Topf geworfen wurde.  
Im Staatsarchiv Landshut unter den Akten des Bezirksamtes/Landratsamtes Kötzting steht auf dem Aktendeckel mit der Nummer 2906 ganz groß: „Sittenpolizei“.  Darin wird unter anderem vom Kötztinger Pfarrer bitterlich geklagt,  dass die Zahl der unehelichen Geburten immer höher ansteige und es nicht nur die „leichtfertigen jungen Leute“ seien, sondern durchaus auch die Witwen aus dem Bürgerstand und dass sogar "uneheliche Geburten von verheirateten Weibern, deren Männer im Zuchthause oder anderwerts sich befinden, vorkommen“

StA Landshut Rep 164-8 Nr. 2906
Gleichzeitig legt er aber den Finger in die Wunde, die vermutlich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts für manche der Zustände ursächlich war: "Eine ganz besonders traurige Erfahrung heutzutage ist aber, daß viele ganz junge Eheleute eigenmächtig sich trauen, ohne eine geistliche, vielleicht auch ohne eine weltliche Behörde zu fragen, und dann sicher auf verderbliche Abwege gerathen
Hochachtungsvoll J. Exler Pf
[arrer]"


Im selben Akt  wird davon gesprochen, dass die sogenannte Kollerhütte auf dem Kreuzberg wegen Baufälligkeit im Jahre 1888 versperrt werden solle. Der Kötztinger Wachtmeister Georg Kerscher protokolliert auf demselben Blatt, wen alle er am 29. Oktober dort angetroffen hatte: eine illustre Truppe mit Heigl-Verbindung:

Franziska Brunner, Tochter der im Zuchthaus sich befindlichen Eheleute Martin und Therese Brunner, 19 Jahre alt.
Anna Vogl, 15 Jahre alt, Tochter der im Zuchthaus befindlichen Eheleute Georg und Creszenz Vogl von Arndorf
Franziska Vogl, 20 Jahre alt, ledige Tochter des im Zuchthaus büßenden Inwohners und Binders Josef Vogl vulgo Fendlsporn, von Arndorf
Theres Vogl, 38 Jahre alt, Ehefrau des nach Amerika geflüchteten Zuchthaussträflings Josef Vogl genannt Kemm von Arndorf.



"5. Christoph Gruber, genannt Heigl Christl, 49 Jahre alt, verheirateter Binder und Inwohner von der Gemeinde Arndorf und von seiner Ehefrau Katharina getrennt lebend."

Ludwig Hagl, 20 Jahre alt, Sohn der Malerseheleute Josef und Theres Hagl von Kötzting
Anton Hohenleitner, 25 Jahre alt, lediger Müller- und Sagknecht von Oberegling BZA München II

Franziska Vogl brachte in der Kollerhütte 8 Tage zuvor ihr Kind von Ludwig Hagl auf die Welt. Diese beiden und auch Heigl Christ mit seiner Freundin Therese Vogl bekommen alle eine Anzeige wegen Konkubinats. Möglicherweise sind diese verdächtigen Bewohner mit Heiglbezug in der Kollerhütte auf dem Kreuzberg der Grund, weshalb dort oben das Wohnhaus der Heigl verortet wurde. Therese Vogl sollte aus Arndorf ausgewiesen werden – was aber dann rechtlich nicht möglich gewesen war. Für den Heigl Christ, als gewalttätig bekannt, wird eine längere Zuchthausstrafe angestrebt, allerdings muss zuerst die Frage seiner minderjährigen Kinder geklärt werden, welche bei ihm wohnten.


Einschub
Das Thema der unehelichen Geburten im Zusammenhang mit der zunehmenden Anzahl an Inwohnern wird bei der Erklärung der Ursachen der steigenden Kriminalität zu dieser Zeit noch eine eigene Rolle spielen. Das Thema der viel zu vielen Inleute im Kötztinger Raum und deren Auswirkungen wird uns noch oft begleiten.
Einschub Ende

2. Er soll im Hutterhaus gewohnt haben.

 
Das ist nun eine delikate Aufgabe. Viele Beckendorfer benannten das letzte Haus in Beckendorf auf der rechten Seite vor Beginn der Beckendorfer Höhe als das „Heiglhaus“.. Diese Aussage hat schon mal zu einer hitzigen Gegendarstellung in der Kötztinger Zeitung geführt, weil die Besitzer des Hauses sich dagegen verwahrten, das ihrige als das des Räubers Heigl bezeichnet zu bekommen.
Frau Maria Stephanie, eine geborene Hutter aus Beckendorf schrieb an die Kötztinger Zeitung, die dann am 9.9.1969 eine Art Gegendarstellung veröffentlichte, weil die Besitzerin darauf bestand, dass festgehalten wurde, dass der Geburtsort des Heigls der Kreuzberg gewesen sei und eben nicht das Hutteranwesen. 

Abweichend vom Wissenstand  im Jahre 1969 kennen wir mittlerweile den Geburtsort Michael Heigls, nämlich Ramsried. Dass es nicht der von Frau Hutter angegebene Kreuzberg gewesen sein kann, glauben wir auch zu wissen, und das Hutter-Anwesen darf es nicht gewesen sein, was also nun?

3. Und es war vielleicht doch EIN Hutteranwesen..... 

.....nur eben nicht das in der Zeitung abgebildete, sondern genau gegenüber. 

Manchmal hilft mir wirklich der Zufall in den anderen Archiven und natürlich habe ich für diese Dokumentation auch versucht, Nebenwege zu gehen, um indirekt zum Zuge zu kommen. Und wieder sind es die Akten des Bezirksamtes/Landratsamtes Kötzting. Diesmal geht es um die Straßenkreuzung der abknickenden Straße nach Grafenwiesen. Mitten dort, wo jetzt eine breite Straße abbiegt, war bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts ein bis zum Boden aus Holz errichtetes Inhaus gestanden, das zu diesem Zeitpunkt noch der Familie Hutter gehört hatte. Die Straße nach Grafenwiesen sollte nicht nur breiter gebaut werden, sondern auch das Abbiegen sollte geschmeidiger und dem steigenden KFZ-Verkehr angepasst werden. Diesem Vorhaben stand das Holzhaus im Wege. Was aber zunächst die Sache erleichterte, war die Tatsache,  dass es in einem äußerst baufälligen Zustand war. Dieses wiederum führte dazu, dass das Bezirksamt Kötzting im Juni 1933 zuerst einmal das Haus kurzerhand abreißen ließ. Und wie es der Zufall so wollte, waren der Zwangsverkauf und der Abbruch strittig, weshalb für den Akt eine Bilderserie beigelegt wurde, die zur Rechtfertigung des Abrisses dienen sollte.

StA Landshut  Rep 164-8 Nr. 3532 von 1932-37 Beckendorf 
Beschriftung: Bild links: von Kötzting
Bild mitte: Pfeil nach links Grafenwiesen
Bild rechts: nach Hohenwarth

Aus den dreißiger Jahren haben wir einen Schriftwechsel um die Entschädigungszahlung von Seiten des Straßen- und Flussbauamtes Deggendorf.  Franz Hutter, der Besitzer schickte eine Petition an die Führerkanzlei in Berlin – eine damals durchaus geläufige Methode, gleich ganz oben anzuklopfen –, welche die Angelegenheit an den NSDAP-Gau in Bayreuth delegierte.   
In einem weiteren Schreiben an das Kötztinger Bezirksamt bezeichnete Hutter zwar selber das Haus als baufällig, jedoch hatte er die Absicht gehabt, selbiges wieder zu reparieren.

StA Landshut  Rep 164-8 Nr. 3532 von 1932-37 Beckendorf 
"An das Bezirksamt Kötzting
Abruch meines Hauses Nummer 5 in Beckendorf.
Mir wurde im Juni 1933 in Beckendorf Gemeinde Arndorf mein Haus No 5 infolge Baufälligkeit auf Veranlaßung des Bezirks Kötzting zwangsweise abgebrochen.
..."
Hutter beschrieb das Objekt in seinem handschriftlichen Bittgesuch als für ihn unverzichtbar und meinte, er habe bereits seit Jahren einen Reparaturplan eingereicht, der ihm aber nicht genehmigt worden war. Das Haus habe als Schuppen für seine landwirtschaftlichen Geräte gedient und es hätte sich innerhalb des Hauses ein guter Brunnen, ein fester Keller und eine Schmiedewerkstatt für seinen Sohn befunden. 3000 Reichsmark würde er für eine angemessene Entschädigung halten.

StA Landshut  Rep 164-8 Nr. 3532 von 1932-37 Beckendorf 

StA Landshut  Rep 164-8 Nr. 3532 von 1932-37 Beckendorf 

Dem Akt, in dem Franz Hutter als ein sehr „robuster“ Charakter dargestellt wird, ist auch zum besseren Verständnis ein Lageplan beigefügt, der das abgerissene Haus als das „INHAUS des Hutter“ bezeichnet und das in den 50er Jahren fälschlicherweise als das Heiglhaus bezeichnete Gebäude als das Anwesen des Hutter.

Stellungnahme des Windisch an das BZA


Der Kötztinger Bautechniker Windisch beschrieb in seinem Schreiben an das Bezirksamt, dass die Abbrucharbeiten wohl unter Polizeischutz vorgenommen werden mussten.

StA Landshut  Rep 164-8 Nr. 3532 von 1932-37 Beckendorf 
Blick von der Grafenwiesener Seite her auf das Hutter-Inhaus. Im Hintergrund das Hutter-Haus, das wohl von manchen Beckendorfern in den 60er Jahren fälschlicherweise als das Heigl-Haus bezeichnet worden war.

In der Uraufnahme im Liquidationsprotokoll ist dieses Gebäude noch dem Anwesen Nummer 5 zugeordnet. Es wurde wohl später praktisch über die Straße hinweg verkauft.
Auch wenn der letzte Beweis fehlt, und angesichts der großen Mobilität im Nahbereich, die die Inwohnerfamilie Heigl an den Tag gelegt hatte, um ihrem Broterwerb nachzugehen war es vermutlich auch später nicht der „Dauerwohnsitz“ gewesen/geblieben. Es spricht jedoch in meinen Augen manches dafür, dass Michael Heigl mit seinen Eltern und Geschwistern (auch) in diesem Hause gelebt hat.
Nun können wir also das Geburtshaus - einigermaßen sicher - und das Wohnhaus in seiner Kindheit - möglicherweise - verorten. Zum Zeitpunkt der Geburt seines ersten Kindes war er noch als Inwohnersohn aus Beckendorf angegeben. Bereits beim zweiten Kind wird er als ein „Inwohnersohn, derzeit in Reitenstein“ beschrieben. Aber Michael Heigl und seine Kinder (zumindest die mit der Marianne Gruber) sind ist ein anderes Kapitel.
StA Landshut  Rep 164-8 Nr. 3532 von 1932-37 Beckendorf 

Am Ende noch einmal eine Zusammenstellung der bereits erschienenen Beiträge, die sich mit Michael Heigl befassen:

Mittwoch, 20. Juli 2022

Ein Bild und seine Geschichte - die spektakuläre Thenrieder Bürgermeisterwahl

In den 60er Jahren veröffentlichte die Kötztinger Umschau unter der Rubrik - die sich heutzutage niemand mehr so zu nennen trauen würde - : "Unsere Alten im Landkreis" immer wieder Interviews mit bekannten Persönlichkeiten aus dem Landkreis, fortschrittlichen Alters. 
Diese Zeitzeugen konnten dann von ganz besonderen Ereignissen berichten und eines dieser, auch überregional bekannt/berüchtigt gewordenen Vorkommnisse, war das gewaltsame Eindringen einiger Thenrieder Wähler ins dortige Wahllokal - nach erfolgter Auszählung - und das Vernichten der Wahlunterlagen, um ein unerwünschtes Ergebnis zu annullieren.
13 Thenrieder wurden verhaftet und landeten vor Gericht in Straubing, die meisten wurden zu einer Gefängnisstrafe auf Bewährung, zwei Männer aber auch tatsächlich zu einem Gefängnisaufenthalt verdonnert.
Die Haft bzw. Untersuchungshaft schildert einer der Beteiligten Jahrzehnte später noch als ganz passabel.


KU vom September 1968
Auch der spätere Ortspfleger Franz Hollmeier erinnert sich an das Spektakel, mehr allerdings noch an das Erlebnis des ersten Autos, das durch Thenried fuhr.


Einer der - zumindest laut Johannes Linke - Hauptantreiber des Aufstandes soll der Fischer Karl - vulgo Balsen Karl - gewesen sein, dem die KU in ihrer Rubrik auch einen Platz einräumte.







Hier die Zusammenfassung der Ereignisse aus den Akten im Staatsarchiv Landshut von Frau Renate Silberbauer, veröffentlicht in der Kötztinger Zeitung im Jahre 2009 und auch in den Gelben Bänden.
KÖZ vom 14.3.2009 von Frau Renate Silberbauer

Natürlich war das Geschehen - und vor allem die Verhandlung in Straubing - ein Thema in der Presse, die sogar die einzelnen Zeugenaussagen veröffentlichte.
Die zwei in den 60er Jahren als "Unsere Alten in Stadt und Land" vorgestellten Männer, finden sich  auch in den beiden Zeitungsberichten vom Januar 1930.
KÖZ vom 29.1.1930

 Interessant ist hier die Zeugenaussage des Karl Fischer, alias Balsen Karl.




KÖZ vom 30.1.1930




Johannes Linke verarbeitete dieses Geschehen über ganze 10 Seiten hinweg in seinem Buch "Ein Jahr rollt übers Gebirg", verlegt allerdings den Ort der Handlung nach Rimbach.
Linke, ein begnadeter und wortmächtiger Analyst und Beobachter der Menschen und deren Sitten und Gebräuche unserer engeren Heimat, kann bei der Beschreibung des Sturm auf das Wahllokal und der Vernichtung der Unterlagen erzählerisch aus dem Vollen schöpfen.
Für diejenigen, denen dieses Buch neu und unbekannt ist: Johannes Linke  - in den letzten Wintermonaten des Zweiten Weltkrieges an der Ostfront verschollen - wohnte, aus Sachsen stammend, als Wahlbayer in Lichtenegg und veröffentlichte - häufig zusammen mit seiner Frau, die eine sehr gute Fotografin gewesen war - einige betextete Bildbände, Gedichte und eben auch Romane.
Johannes Linke
Frau Käte Linke
   


In diesem Roman -" Ein Jahr rollt übers Gebirg" -  stellte er eine Reihe von Ereignissen, die er in seinem Nahbereich vermutlich selbst miterlebt oder eben am Wirtshaustisch erzählt bekommen hatte, in Form eines Jahreszyklus zusammen. Viele - eigentlich fast alle - seiner Personen- und Ortsnamen sind verschlüsselt. Es ließen sich jedoch in der Vergangenheit die Wichtigsten  dieser Verschlüsselungen auflösen und den richtigen Personen und Orten zuweisen. Vor allem Herrn Silberbauer aus Rimbach hat von einigen dieser - manchmal sehr derben - Anekdoten den wahren, manchmal aber auch traurigen, Wahrheitskern herausfinden können. Sein Vorfahr, ebenso wie er selber mit dem Namen "Gwasch" bekannt, ist im Buch sogar mit diesem "Hausnamen" unverschlüsselt verewigt.



Hier nun ein Auszug aus seiner - literarischen - Version des Aufruhrs, als es nach der Ergebnisbekanntgabe dann sehr schnell ernst wurde. In dem Transkript sind die im Original verwendeten Kunstnamen der Ortschaften bereits "entschlüsselt" .

........Da muss ein Betrug dabei sein! Anders ist das gar nicht möglich!“
Wie der Hauptlehrer merkte, dass er seine amtliche Kundmachung auf diese Weise nicht zu Ende bringen konnte, denn er war ja noch gar nicht damit fertig, sah er sich nach Hilfe um, aber er fand keinen, der ihm vertrauenswürdig erschien, und so zog er sich denn zunächst zur Tür, und von da aus ins Wahllokal zurück.
Die Rimbacher Dörfler hielten das für ein Zeichen seines schlechten Gewissens und fingen nun erst recht an, zu toben und zu schelten. Überdies hatte der Lärm, der über das ganze Dorf hinhallte, die abtrünnigen Musikanten und die ortsbekannten Aufwiegler und Lärmbrüder aus der Kastanie herübergelockt, und noch ehe sie recht begriffen hatten, worum es sich eigentlich handle, mischten sie sich mit ihren Mäulern und Fäusten in den Streit. Nur mit Mühe drängte der Wirt unter dem Beistand des alten Schmiedes und einiger ehrenfester Männer die erhitzten Burschen von den Einödern ab, auf die sie sich in ihrer Wut gestürzt hatten.
„Zerreißt denest das ganze Wahlgeraffel!“ schrie Balsen Karl, der sich in dem Getöse wohlfühlte wie ein Vogel in der freien Luft. „Werft es auf den Mist! Hernach habens nichts in der Hand, und die Wahl ist ungültig!“
„Recht hat er, der Karl!“ schimpfte Berzl Johann. „Verbrennen sollt man den ganzen Dreck, daß er aus der Welt geschafft wär!“
Der alte Nickelbauer verschaffte sich Gehör.
„Manner!“ rief er, „führts nicht solche Reden. Wenn enk einer anzeigt, könnt ihr eingesperrt werden für enkere Sprüch, enkere saudummen!“
„Was, Schmatz!“ hetzte der Bladerer Girgl. „Eine solche Wahl lassen wir uns einmal nicht gefallen. Wir schaffen uns selber ein Recht.“
Aschenbrenner Franz kreischte: „Schauts nicht so lang! Ziehts die Wahlpapierdeln, die gestunkenen, überdüber!“
Schon begann eine Horde gegen die Tür zu drängen.
„Einen Rimbacher wollen wir! Einen Rimbacher!“
Der Schafbauer rief über die erregte Gesellschaft hin: „Manner, schauts auf! Laßts die rotzigen Buben nicht Herr werden!“
„Gehts zurück, Bürscheln!“ drohte der alte Martin Hans. „Gebts eine Ruh!“
Aber es war zu spät zum Ruhestiften. Schon polterten einige Halbwüchsige die Stiege hinunter.

Balsen Karl spuckte sich in die Hände und rieb sie schmunzelnd:
„Das gibt eine Hetz! Bou! Das gibt eine Hetz!“
Lachend und grölend schoben die Lüsternsten; andere ließen sich halbwillig fortzerren, endlich kam die ganze Menge in Fluss, und nur ein paar Alte setzten dem Geschiebe ernstlichen Widerstand entgegen.
„Manner!“ rief der alte Bürgermeister beschwörend, „hörts auf! Das tut kein gut!“ Aber im allgemeinen Aufruhr wurde seine Warnung verweht. Einzig die Männer aus den Weilern und Einöden, die für den Goverhöll gestimmt hatten, blieben oben im Saale.
„Gegen eine Herd wilde Büffel kann ein Gescheiter nichts ausrichten“, sagte der Hastreiter von Thürnhofen. „Warten wir’s halt ab, wie's ausgeht.“
Aber auch die jüngeren Einöder hielten es nicht oben aus. Ihre Neugier trieb sie in das Getümmel.
Unten pochte schon der Aschenbrenner Franz mit seinen Zimmermannsfäusten an die verschlossene Wirtsstubentür und schrie: „Sperrts auf!“ Die Tür blieb versperrt. Von drinnen rief jemand etwas heraus, aber bei dem Getöse konnte kein Mensch ein Wort verstehen. Schon pochten zehn Fäuste bedrohlich an das Holz.
Der Wirt zwängte sich mühsam durch die Menge. In seinen geröteten Augen saß die Angst. „Männer“, sagte er flehentlich, „seids gescheit! Drückts mir meine Tür nicht zusammen!“
Wahrscheinlich hatte kein einziger ernstlich im Sinne, die Stubentür aufzubrechen, aber die sechs oder sieben jungen Leute, die mit den Schultern an dem Türrahmen lehnten, konnten den Druck der hundert Männer nicht aufhalten, splitternd gab das Föhrenholz nach, und krachend flog eine Füllung in die Stube.
Jetzt konnten sie nimmer zurück. jetzt waren sie alle vom Zerstörungstaumel gepackt. Durch das aufgebrochene Türfenster sahen sie, wie drin am langen Tische der Hauptlehrer ratlos vor den Akten stand, während die beiden Beisitzer, Gregori Toni vom Dorfe und der Stadelbauer von den Einöden, an die Öffnung stürzten und mit heftigen Armbewegungen die Andrängenden zurückzuhalten suchten.
Aber das musste vergeblich bleiben. Knatternd barst die ganze Tür, Friese und Füllungen stürzten auseinanderfallend in den Schenkraum, und unter Geheul quoll die Sturzflut den Vordersten nach. Die beiden Böhmischmüllnerbuben wurden von dem plötzlichen Schub zu Boden geworfen, und nur mit Mühe konnten sie ihre Glieder vor den Stiefeln der Nachdrängenden retten. Der Stadelbauer zischte dem Brunner Karl, der mit herausfordernder Gebärde zuvorderst stand, eine Maulschelle ins Gesicht, packte den Berzl Johann bei den Schultern und suchte ihn zurückzustoßen. Aber die Masse der Neugierigen, die auch etwas sehen wollten, schob die Ersten immer weiter vor.


„So nehmt’s halt einen Verstand an!“ sagte Gregori Toni und machte ein Gesicht, in dem sich Abscheu und Behagen seltsam vermischten.
„Nichts ist’s!“ schrie Lenzen Toni, „Gebts die lumperten Papierdel her!“
„Meine Herren!“ stammelte der Hauptlehrer mit weinerlicher Stimme und spreizte seine Finger über die Schriftstücke, „meine Herren, das sind amtliche Akten!“
„Gewesen!“ schrie Aschenbrenner Franz und schleuderte das Hauptbuch gegen das Fenster, daß es die vereiste Scheibe zerschlug und auf den Hof hinausklatschte.
Der Hauptlehrer war aschgrau geworden und zitterte an allen Gliedern.
Draußen ging ein vielstimmiges Jubelgeschrei an. Im Augenblicke war das Buch zerfledert, und die einzelnen Blätter wurden über die Straße, auf den Misthaufen, in die Odelgrube, über den Hof zerstreut.
Die amtlichen Wahlakten!“ klagte der Hauptlehrer.
„Wir scheißen auf deine amtlichen Wahlakten!“ brüllte Balsen Karl, riß einen Stoß Papiere vom Tische, warf sie auf die Diele, knöpfte seinen Hosenlatz auf und hockte sich darüber.
Ein ungeheures Beifallsgelächter brach los. In der allgemeinen Begeisterung wurden die vereinzelten Warner und Tadler überschrien. Um den aufsteigenden Gestank zu vertilgen, fasste der Lenzen Toni ein Dutzend Stimmzettel aus der Mappe und zündete sie an, daß der Rauch beizend durch die Stube drang.
Von der Küche her, wo die Wirtin mit ihren drei ältesten Töchtern durch den Türspalt lugte, erscholl ein verzweifeltes Kreischen.
„Zuerst stoßen sie uns Türen und Fenster ein, die Hammel, hernach sauen sie uns die Stube voll, die Bärner - und jetzt kendeln sie uns das Haus an! Jegers Mari!“
Die zwei Wahlbeistände gingen mit erhobenen Fäusten auf die Störenfriede los. Einige Burschen hatten sich Wahlzettel zu einem Fidibus zusammengedreht und setzten damit ihre Tabakspfeife in Brand.
„Hörts auf mit Lichteln!“ riefen etliche Besonnene von hinten.
Wie es nichts mehr von den Wahlakten zu vernichten gab, wichen die Burschen und Männer langsam aus der verwüsteten Wirtsstube zurück.
„Das wird etwas geben! Das wird etwas geben! Mein Gott!“ jammerte der Hauptlehrer hilflos vor sich hin.
Der Nickelbauer, der, in die Masse eingekeilt, mehrfach versucht hatte, seine Dörfler zur Vernunft zu bringen, zwängte sich jetzt mit ein paar älteren Männern, die das Treiben nicht billigten, in den Wahlraum.
„Panduren, unnatürliche!“ rief er und drängte die Burschen hinaus, „meints denn, ös könnts mit dem ganzen Gefetz eppes bezwecken? Eingesperrt werdet ihr!“
Der Hauptlehrer hatte endlich, da er sich von nüchternen, ehrengeachteten Männern umgeben sah, seine Haltung wiedergefunden. Er schaute mit ergrimmten Blicken um sich.
„Und überhaupt“, ereiferte er sich, „ist das alles ja ein Unsinn, weil ja die Wahl noch gar nicht gültig gewesen wäre!“
„Noch gar nicht gültig?“ rief der alte Benno Hans und griff sich in seinen langen weißen Bart.
„Freilich war sie noch nicht gültig!“ wetterte der Hauptlehrer. "Es muss doch für einen Bewerber eine vollständige Mehrheit da sein. Dazu hätte es noch eine Stichwahl gebraucht.“
Der alte Bürgermeister geriet in Wut.
„Du bist denest ein rechter Aff, Herr Hauptlehrer!“ schrie er. „Warum hast denn das hernach nicht gleich gesagt? Ha?“
Der hagere Schulmeister duckte sich und sah die Dorfalten schief an.
„Immer wieder hab ich’s versucht! Natürlich hab ich’s ihnen sagen wollen! Aber sie haben mich ja überhaupt nicht reden lassen“
„Man hält’s nicht für möglich“, sagte der Franzenbauer geringschätzig, „was es für Leut auf der Welt gibt, und im voraus bei den Schullehrern.“
Der Wirt kam hinzu und besah sich grinsend das Trümmerfeld.
„Was soll es nun werden?“
„Wir müssen sofort eine Anzeige erstatten!“ schimpfte der Nickelbauer. „Nichts anders bleibt uns nicht übrig! Spann gleich dein Roß an, Wirt, und zieh den Schlitten aus der Schupfe! Du fahrst mit mir und mit dem Herrn Hauptlehrer direkt nach dem Markt aufs Gericht. Sonst wird die Viecherei noch ärger.“
Als sie nach einer halben Stunde zu dritt unter Schellengeläut abfuhren, war das Wirtshaus von Wählern und Trinkern geräumt. Einzelne Trupps standen lachend oder scheltend vor den Hütten. Vom Kastanihause herüber erscholl die schrille, unausgeglichene Musik der Bader Kapelle und das Lärmen der Zecher.
„Das ist, wie ich mich auskenne, ist das Landfriedensbruch!“ schimpfte der alte Bürgermeister vor sich hin. „Das wird eppes werden! Bou, das wird eppes werden!“
Bis zur Wöhrmühle hin lagen überall Blätter und Fetzen der Wahlakten auf der Dorfgasse verstreut.

Am andern Vormittage fuhren zwei Lastkraftwagen durchs Dort. Sie waren mit schwer bewaffneten Landespolizisten stark besetzt, die mit schussbereiten Pistolen in die meisten Häuser eindrangen und die Hauptschuldigen abführten. Siebenundzwanzig Rimbacher wurden aufgeladen, und von Thenried herüber holten sie den Balserer.

Anfangs hing über dem verängstigten Dorfe eine ungewohnte Stille. Kein Mensch sprach ein lautes Wort, und sogar die Weiber verkniffen sich ihre Scheltgelüste. Nur die Schulbuben der Oberklasse liefen neugierig und begeistert über das große Ereignis den langsam die Dorfgasse daher rollenden Wagen nach. Aber wie sich die beiden Autos immer mehr mit Häftlingen füllten, brach der unverwüstliche Lebensübermut, der sich eine Weile verkrochen hatte, wieder durch.
Als alle verladen waren und die Wagen zur Abfahrt nach Straubing bereit standen, kam der Berzl Gang mit seinem unbändigen Bombardon angekeucht, und der Saurerbub folgte ihm mit dem Horn. Auf dem Dorfplatz vor den zwei Linden, wo sich alles, was nur laufen konnte, angesammelt hatte, stellten sich die beiden Bläser auf und schmetterten einen Tusch.
„Hoch! Hoch! Hoch!“ schrien die Unverdächtigen, und die armen Sünder schwenkten von den Wagen herunter die Kappen und schrien mit: „Hoch! Hoch! Hoch!“, während die Landjäger nicht wussten, ob sie schelten oder lachen sollten.

Die beiden Lastkarren ratterten an. „Jetzt geht’s dahin mit uns!“ riefen die Burschen und Männer herab. Die Buben rannten nebenher und warfen Schneeballen hinterdrein.
Über das Stampfen der Motore brüllte Balsen Karl: „Singen wir noch eins zum Abschied!“
Und mit großem Stimmaufwand, siegesfreudig, sangen die achtundzwanzig Friedensstörer, während sie dem Untersuchungsgefängnis entgegenfuhren:
„Der Waldler vertraut halt auf Gott!
Drum leidt er aa selten a Not!“

Hier ein Beispiel für die "Entschlüsselung dieses Romans". Franz Loeschke, Winfried Neppl und Kurt Kühlmeier haben sich die Arbeit gemacht, einige Personen aus dem Roman zu dechiffrieren und echten Menschen zuzuordnen.  Der - im Text öfters genannte - Balsen Karl, dem im Buch jeder Schabernack und Streich angedichtet worden ist, war im richtigen Leben der Thenrieder Karl Fischer.  




Hier noch einmal zum Abschluss die Würdigung des Balsen Karls zu seinem 75. Geburtstag in der Kötztinger Umschau.
KU vom November 1960

Vielen Dank an Herrn Silberbauer, Rimbach, von dem ich viele Hinweise und Dokumente von und über Johannes Linke bekommen habe.