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Freitag, 25. Februar 2022

Kötztinger Häuserchronik - beim Lebzelter

    Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.

Alte Hausnummer 38
beim Lebzelter


Ausschnitt aus Bayernatlas.de von 1831

Wie bei vielen anderen Kötztinger Marktlehen, ist eine - nur unvollständig erstellte - Häuserliste aus dem Jahre 1651 der sichere Ausgangspunkt, von dem aus versucht werden kann, noch den einen oder anderen Vorbesitzer herauszufinden.

Georg Denscherz und Barbara


Im Jahre 1651 war "Herr Georg Tenscherz" der Besitzer des Hauses im Kötztinger Rossmarkt.
Nun ist ausgerechnet der Name "Den(k)scherz" im Kötzting des frühen 17. Jahrhunderts äußerst weit verbreitet.
Von 1637 bis 1662 finden wir einen Georg Denscherz als Innerer Rat und Kammerer in den Kötztinger Rechnungsbüchern. Das grundsätzliche Problem ist die in der damaligen Zeit sehr lockere Benutzung der zumeist zwei Vornamen; zum Beispiel Hans Georg und Anna Barbara.
StA Landshut Markt Kötzting Marktrechnung von 1637 Georg Tenscherz als Innerer Rat


StA Landshut Markt Kötzting Marktrechnung von 1662 Georg Tenscherz als Innerer Rat



Es findet sich in derselben Zeit ein Hans Denscherz, genannt Kammerer, und verheiratet mit einer Anna, dann wieder mit einer Barbara in den Kötztinger Geburtsmatrikeln, dasselbe gilt für einen Georg Denscherz.
Um ein Beispiel zu geben: Am 23.1.1644 wird ein Mädchen, Anna Maria Denscherz, getauft und deren Eltern werden mit Hans Denscherz, Bürger und Kammerer, und Barbara angegeben.
Im fraglichen Zeitraum war aber nur ein Georg Denscherz Kammerer!
Dieses (Beweis-) Problem setzt sich natürlich dann in der nächsten Generation fort, wenn der Vater bei der Hochzeit abwechselnd als Georg oder Hans bezeichnet wird.
Zwei Jahre vorher, am 26.5.1642, ist eine ähnliche Taufe eines Mädchens mit dem Vornamen Elisabeth, nur hier heißt der Vater, als Bürger und Kammerer bezeichnet, Georg Denscherz. 
Bei den Sterbematrikeln findet sich Georg Denscherz, als Kammerer, mit einem Sterbedatum vom 16.4.1670. Seine Frau Barbara war bereits 6 Jahre vorher, am 13.9.1664 verstorben.
Auch wenn einzelne Denscherz-Mitglieder bis weit zurück ins 16. Jahrhundert in Kötzting belegbar sind, so ist deren verwandtschaftlicher Zusammenhang für mich nicht belegbar, weshalb ich hier erst mit Georg Denscherz und seiner Frau Barbara beginne.
In den Kötztinger Pfarrmatrikeln (Band 1) befindet sich eine "Seelenbeschreibung" der Pfarrkinder, die in drei Schritten zwischen 1638 und 1657/58 zusammengestellt ist.
Auch hier finden sich einige "Denkscherz"-Familien. gleichzeitig.


Georg Tenscherz [mit dem handschriftlichen Vermerk: hat erst 1658 geheiratet] und ux(oris=Ehefrau) Anna

Anna Denscherzin vid.(ua =Witwe) Georg fil(ius =Sohn) [mit dem späteren Vermerk S.1, verweist wohl auf den obigen Eintrag] Ursula filia (=Tochter) Lorenz infans (=Kind)

Georg Tenscherz  Barbara ux. f(iliäe =Töchter) Caecillia 23 und Elisabeth 17 Jahre alt.
Vermutlich 

Albrecht Denscherz  Magdalena ux. Christoph infans
Von ihm wissen wir, dass er ein Bäcker gewesen ist.

Georg Denscherz  Barbara ux
Regina filia, Barbara, Elisabetha, Ceacilia, Wolf infans
(also noch Kinder)
Da diese "Pfarrkinderliste" nachweislich mindestens zu drei verschiedenen Zeiten erstellt/ergänzt worden ist, dürfte der Eintrag des letzten "Georg mit Barbara" der Anfangsstand von 1637 und der, zwei Einträge weiter oben, der, derselben Familie im Jahre 1658, gewesen sein. Manche der  "nur" als Kinder bezeichneten Söhne und Töchter waren wohl mittlerweile verstorben.
Aus den beiden Jahren 1670 und 1672 ist eine Rechnungsreihe des Klosters Rott überliefert, die die jeweiligen Abgaben auflistet.
Der Vergleich der beiden Listen ermöglicht einen guten Beleg für den Besitzübergang - in Verbindung mit den Heiratsmatrikeln.

HSta München Landshuter Abgabe KL Rott R 2 1670
Adam Schöz  (Hausnummer 37)
Georg Tenscherz (Hausnummer 38)
Herr Ander Billich von Zaglmann Haus (Hausnummer 39)

2 Jahre später heißt es dann:
HSta München Landshuter Abgabe KL Rott R 2 1672
Adam Schözens Erben  (Hausnummer 37)
Georg Kolbmers Preumaister  (Hausnummer 38)
Herr Ander Billich vom Zaglmann Haus (Hausnummer 39)

Hier der dazu gehörige Hochzeitseintrag:

PfA Kötzting Band 1 Seite 214 vom 18.2.1664


Am selben Tag haben in der Pfarrkirche geheiratet, Georg Khollmair, ehelicher Sohn des Paulus Khollmaiers und seiner Ehefrau Magdalena von Honighof und seine Braut Walburga Tenscherz, eheliche Tochter des Herrn Kammerers Georg Denscherz und seiner verstorbenen Frau Anna(!)  aus Kötzting. Die Trauzeugen waren Wolf Scharrer und Johannes Wachter. Getraut wurden die beiden vom Pater Thomas Stifler.
Wir haben also die Besitzerfolge von Georg Denscherz bis zu seinem Schwiegersohn Georg Kollmaier.
Nach diesem Nachweis und damit der Sicehrheit, auf der richtigen Spur der Hausbesitzer zu sein, nun zurück zum Vater, Georg Denscherz,  und was von ihm in den Akten zu finden ist.

StA Landshut Rechnung Markt Kötzting von 1637
"Geörg Denscherz von ainem Ime verlassenen und zue der Wuhn gehörigen Äckherl bey der Hublwisen Gultt bezalt 15 Kreuzer"
Im Drauffolgenden Jahr findet sich folgender - äußerst seltener Fall - in den Spitalrechnungen, ein gewaltiger Schuldennachlass:
StA Kötzting Spitalrechnung von 1638

"Georgen Denscherz ist auf sein bey churfürstl. hochlobl. Regierung STraubing und beschechen undtertheniges Suppliciern an den bey ihm gelegenen 460 fl Hauptcapitall durch Cammerer Inn- und Äussern Raths, in Ansehung seines grossen Verderbens 160 fl nachgelassen und hernach von hochermelter Regierung vermög gnädigen Befekches ratifiziert worden, so aldo in Abgang oder Augab geseht würdet, id est 160 fl."
Die oberste Aufsichtsbehörde über das Spitalsvermögen hat also zugestimmt, dass die Grundschuld für Georg Denscherz entscheidend reduziert werden durfte, was natürlich für die Spitalrechnung eine entsprechende Ausgabe bedeutete, um wieder eine ausgeglichene Rechnungslegung vorstellen zu können.
Einschub:
Was ist hier der Hintergrund?
Im November 1633 war der Markt durch den Angriff der "schwedischen Truppen" fast vollständig in Schutt und Asche gelegt worden. Die auf den Anwesen lastenden Grundschulden waren damit aber nicht automatisch ebenfalls verschwunden, sondern mussten bedient werden. Um überhaupt wieder auf die Füße zu kommen, war es im Interesse des Marktmagistrats, diese drückenden Schuldenlasten zu vermindern - auch wenn's bei den Stiftungen natürlich weh tat, denn diese lebten fast ausschließlich von den Zinseinnahmen der ausgegebenen Kapitalien - um langsam die Häuser wieder aufbauen zu können.
Einschub Ende

Bereits im Folgejahr kassierte der Rentmeister bei seinem Umritt die ihm wohl allzu einfach scheinende Lösung dieser Schuldenproblematik und zwang das Spital dazu, die 160 Gulden wieder als Einnahme
zu setzen. Bei der Reduzierung der Grundschuld für Georg Denscherz war es aber geblieben, wie man in den Folgejahren sehen kann.
StA Kötzting Spitalrechnung von 1645
Grundschuldeintrag für Georg Tenscherz, Rathsbürger alhier zu Khözting in Höhe von 300 fl.

Im Jahre 1661 heißt es in der Auflistung der Grundschulden:
"Herr Georg Tenscherz des Ihnneren Rhats Cammerer hat behendig 300 fl Capitall hierumben deshalb sein behausung am Roßmarkht sambt den darzue gehörig halben Markhtlehensgrundten verschriben. Zalt den Zinß auf Peter und Paulli   15 fl."

In der Kötztinger Marktrechnung von 1647 steht Georg Denscherz mit einer Zahlung an den Markt - das sogenannte Kesselgeld fürs Bierbrauen im Kommunbrauhaus - von 22 Kreuzern und 4 Heller für 1
"Anderhalben Preu Pier"
StA Landshut Marktrechnung von 1647 die "Kösslgelt" Einnahme-
Im selben Jahr lag der Obristleutnant Yettinger mit seinem Quartiermeister Georg Welly und  seinen Soldaten, vom 2.3. bis zum 26. September  im Quartier in Kötzting und verursachte Kosten über Kosten für den eh schon darniederliegenden Markt.
Während Yettinger mit seinen Truppen  mehr als 450 Gulden an Nahrung, Getränken und Futter für die Pferde verbrauchte, ging es dem Quartiermeister Welly wohl mehr um seinen Geldbeutel:
StA Landshut Marktrechnung von 1647 Ausgaben für den Quartiermeister Welly

"Dann so hat Er (Welly) vom Cammerer Denscherzen mit Ihme verrechnetes Seviß gelt eingenommen   5 fl 30 xr
Nitweniger hat Quarttiermaister den 6. Jully von abgemelten Denscherzen empfangen 1 fl 45 xr
."

Für den  "Wuhnacker", den Georg Denscherz 1637 noch um 15 Kreuzer - siehe weiter oben - hatte pachten können, musste er 10 Jahre später bereits 30 Kreuzer an Jahrespacht bezahlen.
Nun kommen wir zeitlich in den Bereich, in dem wir idR von Adam Türrigls Marktlehensauflistung profitieren können. Leider ist seine Zusammenstellung gerade bei diesem Haus nur fragmentarisch.
Zumindest aber sind wir durch Türrigls Zusammenstellung in der Lage, durch die Benennung der Nachbarn das Denscherzsche Anwesen eindeutig in seiner Lage bestimmen zu können.

"Herr Georg Tenscherz hat ain Behausung am Roßmarkht, zwischen Anderen Lehners burger und Schreiners: dann Anna Weilendt Hannsen Zaglmanns gewesten Marktschreibers seel hünderlassene Wittib, heusern ligent, darzue gehört ain halb Marktlehen mit nachvolgenten Grundt und Poden"
Leider folgen auf diesen Anfang nur 1 1/2 leere Seiten, bevor Türrigl mit der benachbarten Witwe Zaglmann dann wieder deutlich mehr an Grund und Boden protokolliert.
Offensichtlich laufen seine Geschäfte als Gastwirt ganz gut, denn im Jahre 1650 steht er in der Kesselgeldliste gleich mit drei "Biersuden". 
Im Jahre 1651 leistet er sich mit Hans Schreiner - ähnlich wie bei den "Denscherzen" und "Pachmayrs" in Kötzting, ist dieser Name zu dieser Zeit keiner Person eindeutig zuzuordnen - eine Beschimpfung, die in eine Schlägerei ausartete, und beide vor den Landrichter führte.
.
StA Straubing Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1651
"Georg Tenscherz des Innern: hat nächtlicher Zeit am Haimbgehen, als er bei Hannsen Schreiners des Eüßern Rhats, Haus vorbei ganngen, ainen trunckh: und annebens ainen geschafften Zohrn gehabt, erst gemelten Schreiners Haus ain Hexenhaus genennt, welches Ihme Schreiner gleich asobald zu ohren khommen, derselbe aus dem Haus geloffen, und dem Tennscherzen mit ainem Stockhen tractiert, auch annebens ainen Hundsschlager tituliert, die"


haben sich zwar hernach mitainander güetlich verglichen, auch sy beede gerichtlich bekhennt, das sye vonainander nichts unrechts zusagen wissen, und was vorybergangen, allain aus gehebten Zohrn geschehen; daß ist innen aber, als Rhatsverwohnten, geburents verwisen, der Tennscherz umb 1 und der Schreiner per 2 Pfund Pfennige gewandelt worden thuet in MÜnz:
3 fl 25 kr 5 H.
"
Georg Denscherz baut offensichtlich auch seine Landwirtschaft aus, weil er ab dem Jahre 1660 bereits zwei, ursprünglich zur Wuhn gehörende, Äcker pachtet und im selben Jahr vom Spitals 26 "Schidt" an Roggen und Haferstroh ankauft.
StA Kötzting Spitalrechnung von 1660

[An] Herrn Georgen Tennscherzen verkaufft 26 Schidt Rockhen und Habern stro darfür empfangen 34 Kreuzer"
Wie weiter oben bereits erwähnt, ist der Bürger und Kammerer Georg Denscherz am 16.4.1670 verstorben.
In den Spitalrechnungen steht am Ende des bekannten Grundschuldeintrags über 300 Gulden der Zusatz: "iezt dessen Sohn Wolf Tenscherz..."
Außer, dass in der Seelenbeschreibung einmal ein Wolf Denscherz unter den Kindern eines Georg Denscherz auftaucht, kommt dieser Wolfgang weder früher noch später in einem Akt vor. 


Kollmaier Georg und Anna Küfner



Wie oben bei der Suche nach dem ersten nachweisbaren Besitzer dieses Anwesens bereits beschrieben, hatte Walburga, eine Tochter des Georg Denscherz,  einen Bräumeister aus Horriglhof(?) am 18.2.1664 geheiratet.
Mit Datum vom 5.12.1664 findet sich in den Kötztinger Geburtsmatrikeln die Taufe eines Mädchens.
Vater Georg Kollmeier --- Mutter Walburga  --- Taufpatin Maria Cramer

PfA Kötzting Band 1 Seite 504 vom 13.12.1664

Nur acht Tage später, am 13.12.1664 heißt es in den Sterbematrikeln Kötztings, dass "Walburga Khollmairin" begraben wurde.
Am 25.10.1666 heiratete der Bräumeister und Witwer Georg Kollmaier Anna Küfner aus Kötzting.
Als dann im Jahre 1670 sein früherer Schwiegervater starb und sein Schwager das Anwesen offensichtlich nicht behalten wollte oder konnte, - Georg Kollmaier hatte sicherlich das Heiratsgut seiner ersten Frau noch auf dem Hause liegen - übernahm nun Georg Kollmaier das Haus im Kötztinger Rossmarkt.
Den 25 Octbris Georgius Khollmair Viduus Preumaister alhir cum Anna Khueferin, Niclas Khuefer und Veronica uxoris eius, piae memoriae, filie legitima in ecclesia közting ......
Die beiden Trauzeugen waren Andreas Billich und der Lehrer Michael Graskopf

StA Kötzting Spitalrechnung von 1680
Hauptsach 300 fl
Georg Kholbmer churfürstl: und gemainen Markhts Preumaister und Anna sein Hausfrau haben in Erkhauffung der Georg Tenscherzischen Behausung auch 300 fl Capitall ybernommen, hierumben Sye dan mit ebenmessig weiblichen Verzicht, crafft der underm dato 10. Jenner 1674 von handten gegebenen Schuldtobligation nit allain angezogene Behausung und darzue gehörige halbe Marktlehens Gründt, sondern auch ihr dermallen bewandtes Heisl verschrieben, zallen dem Zinß auf Peter et Paulli 15 fl."
Das hier am Ende der Schuldverschreibung erwähnte zusätzliche "Heißl" hat die alte Nummer 55 und ist das spätere Schuhhaus Schödlbauer.
Derselbe Eintrag in den Kötztinger Spialrechnungen läßt sich noch zuverlässig bis 1683 finden..... 1685 aber nicht mehr und der Rechnungsband von 1684 existiert nicht. Zusätzlich befinden wir uns leider mit dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts in einer Zeit, aus der wir keine Briefprotokolle besitzen.
Der Besitzwechsel - inkl. der Schuldentilgung beim Spital, was durchaus außergewöhnlich ist - muss dann wohl im Jahre 1684 stattgefunden haben.
Hier haben wir in der Häuserchronik nun eine Lücke, die wohl kaum wird geschlossen werden können, außer ein glücklicher Zufall, an ganz unerwarteter Stelle, hilft dann unserer Wissenslücke auf die Sprünge. 
Den nächsten Besitzer kennen wir aus den damals üblichen Beschreibungen von Grundstücksnachbarn. 
Bei einem Hausverkauf des einen Nachbarn - Anton Cramer - heißt es in der Situationsbeschreibung, dass dessen Haus - Hausnummer 37 -  an des Hans Hofmannsche Haus anstoßen würde. 
Und auch 1705, beim Verkauf des anderen Nachbaranwesens - Hausummer 39 - heißt dessen Nachbar ebenfalls  Hans Hofmann, mit dem Zusatz: "Des Rats."

Hans Hofmann und  Maria Lucia Türrigl



Auch hier muss ich den Faden vom Ende her aufdröseln.
Gegen Ende seines Lebens macht Hans Hofmann ein ausführliches Testament, in welchem seine Erben genau benannt sind, unter anderem seine beiden verheirateten Töchter, an manchen Stellen nur die "Löchlin ufm Graben und die Wurmin" genannt. Aus einem anderen Dokument kennen wir ihre Vornamen: Maria Anna Löchel und Maria Regina Wurmb. Dieser Namenszusatz "Maria Regina" scheint ein Schreibfehler gewesen zu sein.
Durchsucht man die Kötztinger Heiratsmatrikel, so lassen sich beide Frauen finden.
Am 18.5.1693 heiratete Maria Anna, Tochter des Johann Hofmann und seiner Frau Maria, den Schuster Johann Löchel und am 19.8.1709 dann Anna Rosina Hofmann den Weber Balthasar Wurmb.
Drei Kinder wird das Paar Wurm-Hofmann bekommen und in allen drei Einträgen ist die Mutter als "Rosina" angegeben.
Mit diesen Angaben von den zwei Töchtern kann man nun die Details der Eltern heraussuchen und - der seltene Vorname "Lucia" ist hier eine weitere  Hilfe - findet sich unterm 27.7.1667 folgender Hochzeitseintrag:

PfA Kötzting Band 1 Seite 228

"Am 27. (Juli) wurden in der Pfarrkirche ehelich verbunden Johann Hofmann, ehelicher Sohn des Paulus Hofmann und seiner Frau Margaretha und Maria Lucia Tyrriglin, die eheliche Tochter des churfürstlichen Breu- und Gegenschreibers und Kloster Rottischen Probstei- Verwalters Adam Tyrrigl und seiner Frau Maria. Die Trauzeugen waren Andreas Billich und Wolfgang Scharrer."

In den Kötztinger Taufmatrikeln finden sich 11 Kinder des Paares, auch eine Anna Rosina, jedoch keine Maria Regina. Ich vermute, dass die Namensvergabe in einer Quittung fehlerhaft war, denn die Kombination Wurm-Hofmann kommt in Kötzting ansonsten kein einziges weiteres mal vor.
Bei manchen der Kinder wird Hans Hofmann, neben seiner Mitgliedschaft im Äußeren Rat, auch Bürger und Schneider genannt.
Vieles, sehr vieles findet sich von dem Schneider und Mitglied im Äußeren Rat Hans Hofmann in den Akten, aber es hat den Anschein, als ob sein Hauptanwesen in der Marktstraße gewesen war.
Hofmann und Kollmaier nachtragen
Am 8. Januar 1712 diktiert Hans Hofmann ein mehrseitiges Testament, das er in den Kötztinger Briefprotokollen einbinden lässt. Darin führt er in 17 einzelnen Kapiteln genauesten auf, welche Summen wozu verwendet werden sollten und ebenfalls, welche Grundstücke zu verkaufen wären, um mit dem Erlös dann seine Forderungen erfüllen zu können. Fünf Tage später, am 13.1.1712 verstirbt der Bürger, Senator und Schneider Johann Hofmann.

Hans Georg Passt und Rosina Klara



Am 6.10.1712 jedenfalls übergeben die Hans Hofmannschen Erben das Marktlehen samt einer Kuh, wenige Hausfahrnis, Zinn und einem, kupfernen Waschkessel an die Schwester Rosina Klara Hofmann.

StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1712
Übergabevertrag der Hans Hofmannschen Erben an die Schwester Rosina Klara 



Im Frühjahr des Folgejahrs, am 27.2.1719 heiratet der Bürger und Schneider Johann Georg Passt Rosina Klara Hofmann und wird somit der neue Hausbesitzer.

StA Kötzting Marktrechnung 1713

"Einnamb an Bürgerrecht
Rhatsprotokoll fol. 34
Hanns Georg Passt Schneider ist für ainen burger zeig Rhatsprotokoll fol. 34 angenomben und von selben zum Burgerrecht erlegt worden. per 10 Gulden.
"

Schon 5 Jahre später verkaufen die beiden die "Bürger- und Marktlehensbehausung zwischen Anton Cramer und Andern Puerzers Häusern liegend" am 15.4.1717 um 425 Gulden an den Further Bürgerssohn Simon Albrecht Fuhrmann.
Der Grund für diesen schnellen Weiterverkauf sehe ich in den finanziellen Verpflichtungen, die Passt und seine Frau den anderen Hofmannschen Erben gegenüber zu erfüllen hatten, denn sofort nach dem Weiterverkauf stellen die anderen Hofmannschen Erben Hans Georg Passt eine Quittung aus, dass er seine Schulden beglichen habe. In dieser Auflistung der Erben steht nun der falsche Vorname für Balthasar Wurms Ehefrau.
"Hans Hofmann gewester des äusseren Rats Erben :

Maria Anna Löchlin Bürgerin Kötzting
Catharina Barbara ledig
Maria Regina Wurmbin Bürgerin Kötzting
Hans Jakob und Hans Adam Hofmann Schneider und Bürger in Wien"


Simon Albrecht Fuhrmann und Maria


Im Jahre 1718 schließt der - mittlerweile - Kötztinger Bürger Simon Albrecht Fuhrmann einen Heiratsvertrag mit der Regener Müllerstochter Maria Hofmann und übergibt ihr als Gegengabe für ihre Mitgift das Marktlehen. Ich vermute mal, dass die vielen Ansprüche, die die Erben des Hans Hofmann  aus dem Testament ableiteten, das große Problem für alle bisherigen nachfolgenden Besitzer gewesen ist.
Auch Fuhrmann Albrecht muss liefern und leiht sich im Jahre 1719 100 Gulden vom Kötztinger Bierbräu Hans Adam König, ausdrücklich "zu Bezahlung denen alhiesigen Hans Hofmannischen Kindern schuldigen Hauskaufschilling.
Dem in Wien arbeitenden Schneider und Hofmann-Sohn muss er fast 78 Gulden und der im Kötztinger Spital als Pfiemdterin lebenden Barbara Hofmann 45 Gulden bezahlen.
Am 27.8.1721 verpachtet der Bürger und Bäcker Albrecht Fuhrmann "sein Bürger und Marktlehen im Rossmarkt , sambt dem kleinen Aeckerl bei der Ziegelhuetten und dem dortigen Garten, ausgenommen das claine Hausstibl sambt dem Cämmerl, wo er sein  Hausgrädl khann underbringen und verwahrlich halten" um 36 Gulden an den Kötztinger Leutnant Johann Martin Gründl.
Gleichzeitig leiht er sich von dem "Landleutnant Martin Gründl" 115 Gulden, für die er ihm sein Marktlehen widerlegt; und endlich erhält er am 9.1.1723 von der Witwe Maria Anna Löchl, die stellvertretend für ihre Geschwister zeichnet, eine abschließende Quittung über die Bezahlung des Gesamtbetrages von 425 Gulden.
Seine Schwester hatte 1714, vier Jahre vor seiner Heirat im Jahre 1718,  den Kötztinger Bäcker Hans Haselsteiner geheiratet und nun leiht er sich auch noch von seinem Schwager 100 Gulden.
Die nächste Schuldverschreibung folgt 1724, 50 Gulden leiht er sich vom Gotteshaus in Prackenbach; sein Bäckerkollege Sebastian Jauckher macht einen Bürgen für ihn.
Im selben Jahr, am 22.September 1724, verstirbt seine Frau, die Bäckerin Anna Maria Fuhrmann und knapp 2 Jahre später wiederverheiratet er sich. Am 3.6.1726 heiratet der Witwer und Bäcker Albert Fuhrmann die Hemauer Baumeisterstochter Magdalena Grürn.
PfA Kötzting Band 14 Seite 34


"Am 3. desselben Monats schlossen den Bund der Ehe der ehrenwerte Witwer Albert Fuhrmann, Bürger und Bäcker hier mit seiner Braut Magdalena, des ehrenwerten Braumeisters Wolfgang Grüen aus Hemau und Viktoria seiner Ehefrau.
Die Trauzeugen waren Johann Georg Haselsteiner und Johann Gennel Bürger und Seifensieder in Furth."

Zu seinen Geldsorgen passt, dass er im Jahre 1731 wegen unzulässigen nächtlichen Spielens 1/2 Tag in den bürgerlichen Arrest gesteckt wurde.
StA Kötzting Marktrechnung von 1731
Josef Müller Fluderknecht und Albrecht Fuhrmann Weisspöckh auch beede Burger der orthen, seint weegen Inzulessig spatt nächtlichen Spillens in tutu pauportatis (wegen Unvermögenheit) nebst ernstlichen Verweis in obigen Arrest condemiert worden 1/2 Tag lang.
In einer Abgabentabelle des Klosters Rott, die den Zeitraum von 1727-1736 abdeckt, sehen wir den Bäcker Albrecht Fuhrmann mit seinen Naturalabgaben.


HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4 
"Albrecht Fuhrmann, Böckh"


Am 15. April 1739 war es dann soweit, Simon Albrecht Fuhrmann war gestorben und seine Witwe verkaufte das Marktlehen samt der Bäckersgerechtigkeit und dem im Gruberacker angebauten Winterkorn - bei anliegenden 220 Gulden an Schulden - an den Müller Michael Erber aus Grub um 572 Gulden.

Hans Georg Lorenz und Margaretha Erber




Der Grubermüller Erber war aber nur der Strohmann für diesen Häuserkauf. Eigentlich erwarb er das Anwesen für seine Tochter Margaretha, die in einem Heiratsvertrag am 10.10.1741 ihrem Ehemann, dem Halbbauerssohn und Mühlknecht Hans Georg Lorenz aus Hundszell, ihr Marktlehen - die Albrechtsche Behausung genannt - für dessen Mitgift von 100 Gulden widerlegt.
Johann Michael Erber, der Vater verkauft nun am 24.1.1741, fast zwei Jahre nachdem er selber das Marktlehen erworben hatte, an den Schwiegersohn um 550 Gulden.
Am selben Tag hatte Hans Georg Lorenz auch das Kötztinger Bürgerrecht erworben, für das er fast 10 Gulden zu zahlen hatte.

PfA Kötzting Band 14 Seite 94

"Am 7. desselben Monats [Februar 1741] schlossen den Bund der Ehe der ehrenwerte Jüngling Johann Georg ehelicher Sohn des Hundszeller Bauern Johann Lorenz - bereits verstorben - und seiner Ehefrau Barbara mit der mädchenhaften Margaretha, ehelicher Tochter des Bürgers und früheren Müllers Michael Erber und seiner Ehefrau Katharina.
Die Trauzeugen waren der Hohenwarther Bauer Johann Lemberger und der Kötztinger Müller und Bürger Stephan Irlbacher.
Wie manche andere Kötztinger auch, lieh sich Hans Georg Lorenz sein nötiges Kapital sogar von der Kapelle in Grafenwiesen. Am 9.11.1747 unterschrieb er seinen Schuldschein über 40 Gulden.
Später ließ Hans Georg Lorenz sich offensichtlich als "Brothüter" im Brothaus anstellen, denn als solcher wurde er bei einer Verhandlung wegen einer Rauferei bezeichnet.. 
Einschub
Die Kötztinger Bäcker buken zwar zuhause, der Verkauf allerdings musste im Brothaus erfolgen - zu der Zeit ein Raum im Rathaus - wo alle Bäcker ihre Ware anlieferten, die dann vom Brothüter verkauft wurde. Gleichzeitig war es hier möglich, vom dazu bestimmten Mitglied des Äußeren Rats die Lebensmittelkontrolle durchzuführen, die im Wesentlichen eine Gewichtskontrolle gewesen war und regelmäßig zu Bäckerstrafen führte.
Einschub Ende
Marktrechnung Kötzting 1755:
StA Kötzting Marktrechnung von 1755
"Hans Georg Rääbl leediger Burgers Sohn alda und Hannß Georg Lorenz Brodthütter alhier, seint weeg aines mitainander gehabt gemainsammen Handtgeräuffs wobey Lorenz ain blaues Aug yberkhommen dem Rääbl aber das Hemmath zerrissen worden, und vorgangenen Veregleich des Lorenz das blaue Aug schwindten, Raabel entgegen vor das zerrissene Hemmath nichts begehren wollen, nebst ... ernstlichen Verweiß und Auftrag, daß sye mit ainander im zukonftige Frid und Nachbarlich leben sollen 






Der Magistrat Kötztings beschwerte sich 1755 über das Pfleggericht, weil dieses eine Kötztinger Bürgerin wegen einer Verfehlung in der Pfarrkirche verurteilt hatten.


StA Kötzting AA IV /35 B1 Umrittsprotokoll von 1755
Der Magistrat Kötztings beschwerte sich über das Pfleggericht, weil dieses eine Kötztinger Bürgerin wegen einer Verfehlung in der Pfarrkirche verurteilt hatte.
"Weitters Margaretha Lorenzin daselbst da selbe in einen Kürchenstuehl den Zötl abgerissen, wo doch das Pfleggcht. inn Unserer burgerlichen Pfarrgotteshaus yber unser auch burgerliche Persohnen nit die mindeste iurisdiction gaudiert."
Margaretha Lorenz hatte also eine Markierung an einem Kirchenstuhl entfernt und war vom Pfleggericht dafür bestraft worden.
Im Jahr drauf, 1756, hatte sich der Brothüter Hans Georg Lorenz auch um den "Job" des Salzausmessers beworben und findet sich daher damit auf der Eingabenseite der Marktrechnung.

StA Kötzting Marktrechnung von 1756

"Hanns Georg Lorenz dermahliger Brodthüettern ist vermög Rhatsprotokolls feol: - das Salzausmässeln für gegenwerttiges Jahr weitters verwilliget worden, welcher aber sich weegen der gegen ehevorigen Zeiten umb ein merckhlichen abgenommenen Salz Scheiben, und also bey diser Handlung ziehent schlechten Nuzen willen hoeher nit als auf 2 fl treiben lassen, die er auch erlegt hat, id est 2 Gulden."

Im Jahre 1761 wird er beim "Alleinehüten" erwischt.
Die Kötztinger Bürger mussten ihre Tiere in einer Gemeindeherde auf genau festgelegte Flächen zum Weidegang austreiben. Selbst auf den eigenen Grundstücken - natürlich erst recht nicht auf fremden - durften die jeweiligen Tierhalter ihre eigenen Tiere nicht grasen lassen. Dies zu ahnden gabs in Kötzting einen eigenen Pfändtstall im oberen, dem Chamauer, Tor und einen eigens dazu angestellten Flurwächter und Pfändter.
StA Kötzting Marktrechnung von 1756
"Johann Georgen Lorenz Burgers alhir und Mathiassen Reithmayr Stüffter aum Frischen Hauß alda .2. Gaiß und 1 Kiz seint in dess Michaeln Paur burgers derorthen Krautt gegangen, welche von dem aufgestölt verpflichten Pfendter Andree Obermayr betretten, und ordentlich gepfändt worden. Vomentwill wurden beede mit gemessener Interdiction ab dem Stuck per 1 folglichen in allem umb 3 Schilling punctiret, und Ihnen darbey bedeuttet, daß sye sich gleichwohlen mit dem Paurn ratione dess Schadens, wann ainiger 

Geschechen, und er desshalben etwas praetendiret, zuvergleichen haben, wie dann auch ihm der Regress gegen den Huetter bevorgesetz worden, wann er deren vorgeben gemess ihnen solche Gaiß und Kiz nit ordentlich nachher Hauß getrieben: sondern vor der Herdt zuruckh gelassen haben solle. Id est Straff ad 3 Schilling, bringen in Münz 0 Gulden 25 Kr 5 H:"

Einschub
Wie damals üblich, wurde die Strafe in Pfund oder Schilling Regensburger Pfennige ausgesprochen, einer Währung , die es damals bereits nicht mehr gab, die man aber exakt in die damals gültige Währung umrechnen konnte. Dieses geschah mit dem Ausdruck:" bringen in Münz" gefolgt von der dann umgerechneten Menge an Gulden, Kreuzer und Heller.
Einschub Ende.
Zwei Jahre später steht dann wieder mal seine Frau vor dem Magistrat und muss sich rechtfertigen, was ihr nicht gelang und weswegen sie dann Strafe zahlen musste.
StA Kötzting Marktrechnung von 1764
"Hienachst disen ist von Margaretha Lorenzin burgerin alhir der Catharina Haslstainerin burgerliche Weißböckhin alda bezichtigt worden, daß sye ihr Krautt ausgeblenckhert habe - was immer ausblenkern damals auch bedeutete - , was aber Lorenzin nit probieren können - = sie konnte es nicht beweisen -, der Ursach willen Lorenzin ain solches Verwisen und sye neben abstattung dess Gerichtscosten mit ex officio aufgehobner Inzicht gewandlet worden ad 2 Schilling Pfennig machen 17 Kreuzer und 1 Heller."


Ein missglückter Grundstücksverkauf:

Im Jahre 1768 kommt es zu einem interessanten Grundstücksverkauf, welcher nicht nur besondere Auflagen für dieses Grundstück belegt, sondern auch noch zeigt, dass manchmal in Kötzting ganz besondere Regeln galten beim Kauf und Verkauf von Grundstücken.

Josef Viertl, - Hausnummer 138 - ein bürgerlicher Lebzelter,  und seine Frau Anna Maria verkauften dem Johann Georg Lorenz  am 27.10.1768 "die zweimähdige Scheiblwiese  zwischen Johann Michael Loder und Joseph Hagers Wiesen entlegen",  das Wasser zur Wässerung stammte vom Linken Seugen"
Laut Ratsprotokoll vom 22.05.1660 (!)  hat "der Besitzer die Wässerung vom Erchtag nach 12 Uhr bis Pfinztag umb 6 Uhr Vormittag Wüntter  und Sommerszeit zufängen, dagegen aber  wegen  vorkommenten Beschwerden der verhandene  Graben sowohl Wüntter als Sommerszeiten auf Kosten der  Eigenthumern bey Straf proportionaliter so bey paulich Würden zu  halten ist, damit die gemaine Marcktstrasse ausser beschädigung  bleibt."
200 Gulden  beträgt der Kaufpreis. Der "Linke Seukhen Brunnen"  liegt marktauswärts links der Straße und die Scheiblwiese aber auf der anderen Seite (ungefähr dort, wo heutzutage das BRK Altersheim liegt). Der Brunnen ist heutzutage nur noch als Kanaldeckel erkennbar unter- bzw. hinterhalb des Gasthauses Januel.
Die Wiese galt wegen der Wässerungsmöglichkeit als "zweimahdig", das heißt der Besitzer durfte sich auch den zweiten Schnitt als Ernte aus der Fläche holen, danach stand  die Fläche wieder der Allgemeinheit zur Beweidung zur Verfügung. Bei "einmahdigen" Wiesen konnte der Besitzer sich nur die Heuernte oder das erste frische Gras holen.
Nun wechselte also die Wiese, auf der auch noch 50 Gulden Grundschuld bei der Kötztinger Bruderschaft lagen, für 200 Gulden den Besitzer und dieser Verkauf wurde auch am 27.10.1768 in den Briefprotokollen beurkundet.
Beurkundung hin oder her, in Kötzting galten im Hintergrund andere Regeln. Hier war es möglich, dass ein Verwandter des Verkäufers Einspruch erhob und selber Ansprüche stellte; allerdings musste er denselben Kaufpreis aufbringen. So geschah es auch hier, nur 6 Wochen nach dem Verkauf.
Anna Maria Fischer, die Ehefrau des Schreiners Egidius Fischers -alte Hausnummer 2 - belegt, dass sie "dritten Grades" mit den Viertls verwandt ist und bietet ebenfalls 200 Gulden, weshalb Lorenz Hans Georg die Scheiblwiese wieder abgeben muss.

Auch wenn der Wiesenverkauf missglückte, nun kommt es zu einem Tausch von Anwesen.
Am 3. Januar 1769 vertauschen der Bürger und Fluderer Georg Lorenz und seine Frau Margaretha, das  "am 14.Jänner 1741 durch Kaufsübergabe eingethane Bürgerliche Marktlehen in der  Schörgengassen zwischen Franz Härtl und Theresia  Räblin Häusern  entlegen , exclusiv der darauf gelegenen Bäckengerechtigkeit,  als welche die Lorenzischen Eheleuthe sich vorbehalten und auf  das eingetauschte Viertlsche Haus transferieren wollen" mit dem Haus des Lebzelters Johann(?) Josef Viertl und dessen Frau Anna Maria. (alte Hausnummer 138)
Im Jahre 1772, Georg Lorenz ist mittlerweile verstorben, heißt es in einer Schuldenaufstellung für den Magistrat: AA XI 1: "Georg Lorenz Fluderer und Marktlehner von Kötzting:  1772 bereits verstorben, Frau und 6 Kinder zurückgelassen, immense Schulden. Anwesen 1769 durch Tausch erworben. Sein Anwesen wird nun zwangsverkauft, um die vielen Gläubiger zu befriedigen.
1570 Gulden erbrachte der Zwangsverkauf des nunmehrigen Hauses für die Gläubiger der Witwe Margaretha und die 6 Kinder:
Anna Maria, 20
Katharina, 17
Franziska, 15
Anna, 14
Blasius, 13
und Hans Georg, 11 Jahre alt.
Das aber gehört der Häuserchronik des Hauses mit der alten Hausnummer 138 an und soll hier nicht weiter verfolgt werden. 
Nun also kommt der spätere Hausname "beim Lebzelter" auf das Anwesen.

Einschub

Der Lebzelter

Lt. Geschichte der Lebzelterei lt . Wikipedia:

Im Mittelalter wurde Lebkuchen hauptsächlich in Klöstern und Herrschaftshäusern erzeugt. In den an Bedeutung gewinnenden Städten und Märkten übernahmen die Lebzelter diese Aufgabe, wozu sie sich auch in eigenen Zünften organisierten.

Da Honig der wichtigste Bestandteil des Lebkuchens war, beschäftigten sich die Lebzelter in der frühen Neuzeit auch mit dem Handel und der Verarbeitung von Honig. Sie kauften Honig und Bienenwachs bei Bauern auf oder ließen von diesen gegen Lohn ihre eigenen Bienenstöcke impen (= betreuen). Voraussetzung für das Entstehen der Lebzelterei war hinsichtlich der Honiggewinnung der Übergang von der Zeidlerei (Honigsammeln von Wildbienen) zur bäuerlichen Imkerei.

Lebzelter hatten das Recht, Met zu sieden und an Schankgasthäuser zu verkaufen, Lebkuchen zu backen sowie Kerzen zu gießen oder zu ziehen. Lebkuchen und Kerzen wurden auch in eigenen Ladengeschäften verkauft, einige Lebzelter verfügten auch über ein eigenes Schankrecht

Die Lebzelterei war aufgrund des damals noch hohen Handelswertes des Honigs ein einträgliches Gewerbe: Ein Traunsteiner Lebzelter hatte mit einem Inventar von 50 Pfund Honig, einem Eimer Met, „etlichen Stücken Wachs“ und einer mit Lebkuchen gefüllten Truhe ein gutes Auskommen. Nach zeitgenössischen Quellen stellten im Jahr 1667 21 Pfund Honig einen Wert von sechs Spanferkeln dar.

Im 19. Jahrhundert wurde der Lebzelterei durch mehrere Veränderungen allmählich die wirtschaftliche Grundlage entzogen: Staatliche Gewerbeordnungen lösten die alten Zunftregeln ab, durch Einsatz billigen Rübenzucker machten die aufkommenden Zuckerbäckereien den Lebzeltern Konkurrenz, Bienenwachs wurde durch Paraffin substituiert, Bier löste Most und Met als beliebtes Getränk ab, und die Bauern gingen zur Vermarktung des Honigs in eigener Regie über.

KÖZ 1958-7 Auch hier wird auf die Lebzelterei Bezug genommen.


1912, als sein Sohn Franz der Kötztinger Pfingstbräutigam wurde, lud der Vater die Kötztinger Bürger zu einer Methpartie in sein Café ein:
Kötztinger Anzeiger von Ende April 1912

Einschub Ende







Viertl Franz Joseph und Anna Maria

PfA Kötzting Band 14 von 1758

"Am 10. [April 1758] schlossen den Bund der Ehe der ehrenwerte Jüngling Franz Josef Viertl, ehelicher Sohn des Deggendorfer Bürgers und Zuckerbäckers Stephan Viertl und seiner Ehefrau Elisabeth - beide bereits verstorben - mit der tugendsamen Jungfrau Anna Maria, eheliche Tochter des hiesigen - bereits verstorbenen - Bürgers Martin Pachmayr"
"und Caecilia, seiner ihn überlebenden Ehefrau. Die Zeugen waren Johann Georg Silberbauer, Schuster, und Jakob Amberger, Fuhrunternehmer, und beide Kötztinger Bürger.
Die Trauung vollzog Pater Bernhard.
"
Viertls Schwiegervater war schon lange verstorben und dessen Witwe Cäcilia hatte sich mit Georg Schuder wiederverheiratet, der nun nach der Heirat sein Marktlehen - Hausnummer 138 - an seine Stieftochter und deren Mann übergibt.
Gut 11 Jahre später erfolgte dann der oben bereits beschriebene Tausch der Anwesen. 
Ich komme noch einmal auf den oben beschriebenen und missglückten Grundstücksverkauf zurück.
Mit Datum des 26.10.1768 - also eigentlich zeitgleich mit dem Wiesenverkauf - findet sich in den Kötztinger Briefprotokollen eine interessante Quittung für Franz
StA Landshut Markt Kötzting BP von 1768
"Quittung per 135 fl 45 xr
Georg Samuel Klette, Corporal unter dem, Ch: Lobl: Graf Piochaviezischen (?) Frey Batallon zu Fuß selbst gegenwerttig. Bekent himit auf die edirte Attestation, proprie legitimation noe: Franz Jacoben Viertl, nunmahligen Husarn under belobter Frey Batallon, von Fraz Josephen Viertl burgerlichen Lebzeltern alhir und Anna Maria dessen Eheweib ienige 135 fl 45 xr welche sye Viertlische Eheleit deren Bruedern und resp Schwagern gedachten Franz Jacoben Viertl als ein Vorlehen und Interesse debitierend waren, und inhalt Rhat und Verhörsprotokoll de dato 26. September huijus anni zu bezallen geschaft worden."
Offensichtlich war bei der Einheirat des Josef Viertl in das Schuder/Pachmayrsche Haus und seiner Mitgift auch ein Erbteil des Bruders im Spiel gewesen, welches nun dieser mit Zins und Zinseszins  einforderte. 200 Gulden erbrachte die Wiese nominell, da aber auch noch 50 Gulden Schulden darauf lasteten, ging die Restsumme von 150 Gulden, dann fast komplett an den Bruder.
Nun aber weiter im neuen Hause in der Schergengasse.
Im Jahre 1771 herrschte in Bayern eine schreckliche Hungersnot durch massive Ernteausfälle. Der Lebzelter Viertl und seine Frau erhöhen ihre Schulden "bey dermahlig Über grossen Getraid Theuerungs Zeit, zu deren unentböhrlichen Nothdurft von Herrn Franzen Seiderer dess Rhats und bürgerlichen Weisböckhens" weitere 40 Gulden.

Nun kam von unerwarteter Seite dann doch auch noch einmal Geld in die Kasse. Der Bruder seiner Frau, Benedikt Pachmayr, war kinderlos verstorben,  und sein Erbe von 140 Gulden wird auf die ihn beerbenden drei Schwestern aufgeteilt, allerdings mit dem Zusatz, dass sie eine Kaution stellen müssten, für den Fall, dass "bis jetzt unbekannte Kinder des Pachmayr Benedikt auftauchen sollten." Dafür verschreibt er dann "seine Pierschenk, Fluder und Schwarzbrodpachen und Lebzeltersgerechtigkeit"
Im Jahre 1785 stellt der Kötztinger Lebzelter Josef Viertl bei der Hauptlade der Lebzelter in Straubing den Autrag als Aufnahme als Meister, was von dieser verweigert wurde. Im Akt im Stadtarchiv (AA X-8) findet sich noch ein Gesuch an die Regierung  - Carl Theodor - diese Aufnahme doch noch zu genehmigen.
Die Hauptlade in Straubing fordert einen Befehl von Seiten der Regierung, um Viertl die Meisterschaft anzuerkennen, allerdings ebenfalls vorausgesetzt, die Lebzelter in Cham, Viechtach und Neukirchen würden dem nicht widersprechen.
StA Kötzting AA X-8
"Hauptlaad eines ehrsamen Handwerchs
der Lebzelter in der churf: Haupt: und Regierungs Stad Straubing
Johann Aloys Borgawitz des Innern Raths und b.T. Handserchs Commissarius
Georg Martin Kirckart Lebzelter dermallen als Vorgeher"
 

1791: in diesem Jahr kommt es zum nächsten Besitzwechsel, aber gleichzeitig wird Josef Viertl als "Junior" in den Äußeren Rat aufgenommen.
StA Kötzting MR von 1791 Besoldungsliste

"Und Josef Viertl des Äußern Raths Junior"

HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B5 von 1777-1800
Auch in der Tabelle über die Abgabe der "Kirchentracht" findet sich der Besitzübergang. Die Tabelle umfasst den Zeitraum von 1777 bis 1800 und der ursprüngliche Steuerschuldner Josef ist durchgestrichen und durch Georg ersetzt worden.

Viertl Johann Georg und Walburga


Am 23.12.1791 übergeben Josef und Anna Maria Viertl- nun schon Resignierter des Rats genannt -  das "vermoeg Tauschbriefs vom 3.1.1769 sogenannte Lorenzische Bürger- und Marktlehen zwischen Wolfgang Härtls Leinewebers und Wolfgang Weihrauch Fleischhackers beide B+M Häeusern in der Schoergengassen entlegen" an den noch unverheirateten Sohn Johann Georg.
Schon gut eine Woche nach der Übergabe, am 2. Januar 1792, verstirbt Josef Viertl im Alter von 62 Jahren. Seine Witwe überlebt ihn um gut 8 Jahre und verstirbt erst am 1.3.1800 mit 78 Jahren.
Folgende Grundschulden sind bei der Besitzübergabe zu berücksichtigen: bei der Kirche Kötzting 300 fl und bei der Kapelle in Grafenwiesen 40 fl.
Bei dieser Besitzübergabe um 2400 Gulden wird auch ein Familienbogen aufgelistet:
Joseph Viertl o-o  Anna Maria 
Kinder :
Johann Georg nimmt das Haus#
Franziska, 34
Ursula, 26
Elisabetha, 24
Martin, 22
Florian, 17 alt und 
Maria Anna o-o Kaspar Kasparowsky

Einen Gulden Exerziergulden und noch einmal einen Aufnahmegulden muss Johann Georg in die Marktkasse zahlen. Eine Bürgerrechtsgebühr - normalerweise viel höher, ist u.U. für ihn als Bürgerssohn damals noch nicht verpflichtend gewesen. Die Bürgeraufnahmegebühr und der Exerziergulden ist offensichtlich eine überregionale "Steuer", wie man aus der Überschrift dieser Einnahmerubrik erkennen kann:


StA Kötzting Marktrechnung von 1791
"Einnamb an churfürstlicher Burgeraufnahmstäxen und Exerceirgulden"

"Und Johann Georg Viertl burgerlicher Lebzelter Exercier Gulden "

Zuerst jedoch musste Johann Georg heiraten.
Am 18.11.1794 ehelichte er die Kötztinger Zimmermeisterstochter Walburga Obermaier.
PfA Kötzting Band 15 Seite 62 18.11.1794

" Am selben Tag [18.11.1794] wurden, nach dreifacher Verkündigung, von mir, Pater Heirich Roesch, Pfarrvikar, in der Pfarrkirche ehelich verbunden, der ehrenwerte Jüngling Georg, ehelicher Sohn des ehrenwerten Bürgers,  Zuckerbäckers und diesortigen Rats, Herrn Josef Viertl und seiner Ehefrau Anna Maria - dessen Vater der diesortige Wirt Marin Pachmayr gewesen war - mit  der Jungfrau Walburga, ehelichen Tochter des ehrenwerten Kötztinger Bürgers und Zimmermeisters Georg Obermayr und dessen Ehefrau Walburga - deren Vater Jakob Peker, Schreiner in Furth gewesen war -.
Die Trauzeugen waren der Zeltendorfer Halbbauer Georg Millbauer und der bürgerliche Wirt Josef Decker."
  
Auch diese Ehe ist mit vielen Kindern gesegnet: 9 Kinder dieses Paares lassen sich in den Kötztinger Geburtsmatrikeln nachweisen.
Viel findet sich ansonsten nicht in diesen Jahren über Georg Viertl. 
1795 ist der Lebzelter Georg Viertl Trauzeuge bei der Heirat Obermayer-Greiner
1797 ist der Lebzelter Georg Viertl Trauzeuge bei der Heirat Fischer-Viertl Elisabeth, eine andere Schwester.
1800 steht er im Zehentregister des Klosters Rott
1801 steht er mit der "alten" Hausnummer 35 in der Quartierliste des Graf Morassischen Feldbataillons
AA I/19
1802 mit der alten Hausnummer 35 im Register der Gruberhofgründe  AA IV/1
1802 Trauzeuge bei der Hochzeit Pachmayr-Dengscherz
1809 steht Georg Viertl als Lebzelter und Wirt im Kötztinger Gewerbekataster.

Im Urkataster - hier weicht die Hausnummerierung um 3 Nummern von der späteren ab, weil einige spätere Grundstücksnummern noch nicht vergeben waren (Veitskirche, später Hausnummer 7, und Amtshaus. später die Hausnummer 35,  weil in Staats- bzw. Kirchenbesitz und daher nicht steuerlich relevant, und das Hastreiteranwesen, später die Hausnummer 34, gab es schlichtweg noch nicht)
Im Urkataster des Rentamtes Kötztings ist somit die Nummer 35 relevant und dieses Anwesen - gelegen zwischen Kirschbauer und Weihrauch - gehörte 1810 Georg Viertl.

StA Landshut Rentamt Kötzting Rep 300 B 27


Besitz: a: das gemauerte Haus mit hölzernen Stall und Stadel, b: dann einen kleinen Garten.
Das Ackerl auf dem Sturmgraben



Josef Viertl und Anna Maria Schreil



StA Landshut Rentamt Kötzting Rep 300 B 28

"Georg Viertl Lebzelter in Kötzting hat dessen Bürgeranwesen derorten an seinen Sohn Joseph Viertl um 2850 Gulden übergeben, ohne Änderung"
Im Grundsteuerkataster von 1840 heißt dann der Besitzer des Hauses mit der Nummer 38 Josef Viertl und es ist vermerkt, dass er sein Anwesen am 1.4.1822 vom Vater Georg Viertl erhalten habe zum Preise von 2850 Gulden.
StA Landshut LGäO Kötzting Briefprotokolle 1821-1822

Deckblatt des Übergabevertrages von Georg auf Josef Viertl. "Verkauft wird das ludwigene Anwesen mit vorhandener Fahrnuß und Zugehör ohne Ausnahme, mit Bierbräu= Melber und Lebzeltergerechtigkeit, dann dem Rechte schwarzes Brod zum Verkaufe zum Backen, nebst den sowohl zur Ausübung des Gastungs= und Lebzeltergewerbes, das auch der Melberey vorhandenen sämtlichen Geräthschaften und Zurichtungen, endlich ein Bette an ihren eheleiblichen Sohn Joseph Viertl um die rechtlich abgeschloßne Summe pro zwei Tausend achthundert fünfzig Gulden."
Zwei Schwestern Katharina, 21 Jahre alt, und Walburga, 17 Jahre alt, werden jeweils 450 Gulden als Heiratsgut gutgeschrieben. 
Die Übergeber dürfen so lange sie wollten auf dem Anwesen verbleiben und "forthausen", auch wenn der übergebende Vater bereits als "kränklich" beschrieben wird.
Josef Viertl verpflichtet sich weiterhin, bei der Verheiratung seiner Schwestern das herkömmliche Morgenmahl mit Bier und Brot zu bestreiten.
Es folgt ein Austragsbrief, in dem sich die Übergeber das "vorhandene Seitenstübchen nembst Kammer, das obere Bädl, die untere Holzschupfe, die Hälfte des Heubothens und zur den Fall, wenn sie hierin nicht verbleiben wollen oder konnten, jährlich zehn sechs Gulden Herbergszins...."
Als nächstes folgt ein Heiratsbrief mit einer Mitgift von 600 und 100 Gulden. Seine Braut, vertreten durch ihren eigenen Vater, verspricht nicht nur 600 Gulden in Bargeld, sondern auch "ein Bette sambst gewöhnlichen standesmässigen Kammerwagen" zuzubringen. Weiters hat sie von Anton Schwarz noch 100 Gulden zu bekommen, so dass sie ihrem Mann 700 Gulden Heiratsgut "zu bringen im Stande sei"
StA Landshut LGäO Kötzting Briefprotokolle 1821-1822 Detail des Heiratsvertrages

Am 7. August 1821 heiratete der Lebzeltersohn Joseph Viertl die Kötztinger Marktlehnertochter Anna Maria Schreil dann auch kirchlich.
Fast 100 Jahre später kam es in den 1930er Jahren zu einem großen Festzug, in dessen Verlauf auch ein großer Kammerwagen die früheren Hochzeitsbräuche zeigen sollte. Die Bilder dieser Wägen wurden zufällig genau vor dem Liebl/Viertlschen Anwesen aufgenommen.
DIA REPRO 425 Kammerwagen und Ausstattung der Hochzeitswägen. Da Herr Markus Frauenreuther, München, Teile der Möbel als Besitz seines Großvaters erkennt - die sich selbst heutzutage noch in Besitz eines entfernten Familienzweiges befinden - , kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass dies die Wägen mit der Ausstattung der Braut bei der Hochzeit im Jahre 1921 gewesen ist.  
Im Hintergrund die Häuser mit den Nummern 37-39 Kirschbauer - Liebl/Viertl - Pfeffer
Einschub Markus Frauenreuther
Neben dem Hochzeitspaar Michael Liebl (1895 - 1966) und Franziska Mühlbauer (1899 - 1993) vor dem erster Fuhrwerk dahinter der Kopf des Franz Liebl, (1888 - 1976), daneben der kleine Mann mit Frau und zwei Mädchen vermutlich der (laut Familienüberlieferung nicht sehr hochgewachsene) Schwager des Bräutigams Josef Roßkopf (1884 - 1954) und dessen Frau Therese geb. Liebl (1882 - 1958) sowie deren Töchter Anna verh. Knoll (1910 - 2007) und Maria verh. Meindl (1916 - 2014); den in Sibirien verstorbenen Sohn Josef Roßkopf (1912 - 1943) vermisse ich.
Einschub Ende

Johann Georg, der Vater, starb am 30. März 1822 im Alter von 60 Jahren und 6 Monaten an einer "Magenkrankheit"
Nun lebte die Witwe Walburga im Haus mit dem jungen Ehepaar und es gab Ärger.
Im Kötztinger Beschlussbuch des Magistrats von 1822-1823 stellt sich dies so  dar.

AA XVIII Beschlussbuch von 1822
"Viertl Lebzelters Beschwerde wider seine Mutter wegen polizeilichen Diebstählen.
Wird dem Antrag des Bruders der Lebzelterin, solche in ihrer Wohnung einzusperren - angenommen
"
Möglicherweise steht der Bauantrag Viertls, ein zusätzliches Zimmer zu errichten, im selben Zusammenhang, auf jeden Fall stellte er diesen Bauantrag nur kurze Zeit nach seiner Beschwerde über das Benehmen seiner Mutter.


AA XVIII Beschlussbuch von 1822
"Gesuch des Jos. Viertl wegen Bewilligung zum Bau eines Zimmers.
Die Bewilligung zum Baue eines Zimmers nach Plan ertheilt. Unterschriftenliste der Magistratsmitglieder
"

Im Jahre 1830 möchte er einen weiteren Bau errichten, einen Neubau in seinem Obstgarten, was dem Nachbarn Silberbauer aber nicht gefällt. AA XI/99
Die beiden Anlieger Jakob Silberbauer, Marktlehner, und Wolfgang Ludwig, Lederer, bringen folgendes vor: Viertl habe schon ein Haus und sein Sommerkeller nähme Schaden, alle anderen möglicherweise Betroffenen waren nicht erschienen, weswegen Sachverständige befragt werden sollen. Jedoch Obermaier gibt kein Gutachten ab, weil er mit Viertl verwandt ist und geht. Viertl will nun ein Stück weiter nach links (von der Grenze weg) rücken, damit gibt sich Ludwig dann zufrieden und der Neubau wird genehmigt.

Detail aus Bayernatlas.de von 1831. Auf dieser Teilfläche möchte Josef Viertl im Jahre
1830 ein Gartenhaus erstellen. Im Plan sind einige liebenswerte Details zu erkennen.
StA Kötzting AA XII-99 an der Wurmhöhe entlang sollte der Neubau errichtet werden.
Hier die Ansicht des Gartenhauses mit den Dachluken, die der
ganzen Hausfront ein menschliches Gesicht geben und wie Augen aussehen.



Auch der "Garten des Denscherz" ist mit liebevoller Sorgfalt eingezeihnet.

1834 versucht Viertl sein Kommunbraurecht an den Inwohner Anton Fischer zu verkaufen, aber der Magistrat lehnt ab, da der "Besitz eines solchen Rechts nicht an einen Nichteingesessenen übergeben" werden kann. .
Im selben Jahr streitet die Witwe Walburga Viertl um ihre Herberge, ihre Schwiegertochter Anna Maria ließe sie nicht mehr ins Haus.
Am 8.10.1836 stirbt die Leibthümerin Walburga Viertl im Alter von 70 Jahren an Altersschwäche und wird am 10.10. dann begraben.
Der Sohn, Josef Viertl stirbt schon im jungen Alter von 43 Jahren am 19.10.1840 an Lungenverhärtung.
Aus dieser Zeit gibt es eine genaue Beschreibung des Hauses im neu erstellten Mieterkataster des Marktes Kötzting von 1842:
StA Landshut Grundsteuerkataster 5045

"Maria Viertl Lebzelterswitwe /: Hauseigenthümerin:/
1. Hauptgebäude:
Unter der Erde 1 Keller und 1 Gewölbe
I:  1 Wohnzimmer, 2 Kammern und 1 Werkstätte
II: 1 Wohnzimmer und Boden unterm Dach
2. Nebengebäude:
Stallung 
3. Nebengebäude:
Eine Scheune mit Dreschtenne

Kötzting den 21. Jänner 1842
Maria Viertl"

Die junge Witwe hat in den Folgejahren einiges an Rechtsstreitigkeiten, genauer Vergleichsverhandlungen,  auszustehen:

29. Juli 1844:  "Der bräuende Bürger Jakob Silberbauer von Kötzting stellt gegen die Lebzelterwitwe Anna Maria Viertl deshalb Klage, weil diese Letztere sich erlaubt hat in seinen eigentümlichen Stadll ein Deichselrecht geltend zu machen , wodurch sie ihm die zwischen ihrem Stadl angebrachte hölzerne Wand schon beschädigt hat. Anna Maria Viertl will das angegebene Deichselrecht behaupten und als Subsität ansprechen und bittet Klage und Ausfertigung zur Verfolgung der Rechte. "

Einschub Wikipedia:

Deichselrecht war im deutschen Rechtswesen ein Gesetz, womit der Besitzer einer Kutsche das Recht bekam, die Deichsel bei an der Grundstücksgrenze gelegenen Schuppen oder Scheunen durch eine in der Wand angebrachte Öffnung, das Deichselloch, auf des Nachbars Grundstück oder Garten reichen zu lassen. Dafür hatte der Belastete gewöhnlich das Recht, an der Wand des jenseitigen Gebäudes unter dem Schutz der Bedachung seine Räder, Leitern und andere Gerätschaften aufzustellen oder aufzuhängen und ins Trockene zu bringen.

Einschub Ende



25. Juni 1846: Jakob Silberbauer brauender Bürger zu Kötzting belangt die Anna Maria Viertl Lebzelterwitwe von hier deshalb, dass sie dem Ersteren das von dem Fleischbankgraben mittels eines neu angelegten Grabens auffange, dieses Giesswasser in ihren Hausgarten ableite und solches dem Kläger Jakob Silberbauer entziehe. Er stellt deshalb die Bitte, die Maria Viertl anzuweisen, diesen Neufang zu cassieren indem sie hierauf kein Recht oder eine Servitur behaupten könne. Die Beklagte erinnert, dass sie durch den erwähnten Graben ihr Odlwasser in ihren Hausgarten ableite und hierzu berechtigt sei und sie könne sich zur Einfüllung des Grabens nicht verstehen". Keine Einigung. 

24. Februar 1848:  "Anna Maria Viertl Lebzelterswitwe von Kötzting tritt gegen Franziska Vest brauende Bürgerin von da wegen einer Forderung für abgegebenes Wachs im Betrag von 29 fl 7 ½ kr klagbar auf. Die Beklagte  bekennt nur 9 Pfund Wachs im Werte von 11 fl 12 kr abgenommen zu haben, jedoch von der Klägerin eine Forderung von 16 fl 12 kr zu machen habe, und trifft daher die Beklagte noch hieraus 5 fl. "Keine Einigung. 


Ohne Jahresangabe: Klage des Carl Diermeier ledigen Kaminkehrerssohn von Kötzting gegen die Lebzelterin Anna Maria Viertl von Kötzting und ihren Sohn Josef Viertl wegen ihrer verletzenden Nachrede, gemäß welcher Diermeier schon vor ungefähr 2 Jahren in Lederdorn silberne Knöpfe von einer Weste abgeschnitten haben soll. Das konnte im Vorstande nur so wieder hergestellt werden, daß die Beklagte es auf dem Markt von einigen ihr unbekannten Burschen sage gehört habe. Sie selbst aber hierüber keine Überzeugung habe, und solches nicht behaupten könne. Indessen habe es aber auch der Mühlgeselle Wolfgang Weiß von Kötzting bei Gelegenheit eines Disputs im Wirtshaus ebenfalls behauptet, was Veranlassung gab, auch den Weiß zu berufen, welcher erklärt, daß er dieses  von dem Bürgerssohn Josef Barth von Kötzting K gehört habe und nichts weiteres behaupten könne. 
Diermeier kann diese Inzicht nicht gleichgültig aufnehmen und bittet um Schutz seiner  bürgerlichen Ehre, da er sich einer solchen Schuld nicht bewußt ist.
In dieser Hinsicht man nun sowohl der Anna Viertl als ihren Sohn Josef und auch dem Wolfgang Weiß die polizeiliche Weisung erteilt bei Vermeidung von 10 Gulden Geldstrafe, aber nach Befund der Sache mit geschärften Arrest von drei Tagen, gegen den Diermeier mit derlei übler Nachrede und Inzichten künftig  Einhalt zu tun, und wird dem Diermeier hiermit vor der Hand seine bürgerliche Ehre von Amtswegen zugestellt  Josef Barth erhält den Verweis künftig seine Zunge mehr im Zaume  zu halten, als daß man sich veranlaßt sähe, ihn zu einer Strafe von 3 Tagen verschärften Arrest zu bestrafen.
 



Johann Liebl und Katharina Viertl



Am 13.2.1846 erhält der Sohn Josef das Kötztinger Bürgerrecht, nachdem er das elterliche Anwesen übernommen hatte, und bezahlt dafür 32 Gulden. Da die 32 Gulden in den Kötztinger Marktrechnungen als Einnahme erscheinen, muss er die Summe wohl bezahlt und das Bürgerrecht bekommen haben, jedoch hat die Witwe das Anwesen nachweislich 2 Jahre später an die Tochter Katharina und deren Ehemann Johann Liebl übergeben.
.
StA Landshut Grundsteuerkataster Br 5041 Umschreibeheft 1841-1863

"den 17. November 1848: die Josef Viertlsche Witwe Anna Maria HsNr 38 von Kötzting übergibt an ihre Tochter Katharina Viertl und deren angehenden Ehemann Johann Liebl v.d. das Anwesen Lit A-D per 10 Tagw 68 dz Kat fol 147-151 ohne Änderung um die Summe von 4200 fl.
Unterschriften:
Johann Liebl
Katharina Viertl
Maria Viertl.
10 Tage später, am 27.11.1848 heirateten die beiden dann auch kirchlich.
Anna Viertl, Austragsbürgerin genannt, verstirbt im Alter von 69 Jahren am 2.1.1870 an Krebsleiden.
Auch Johann Liebl, der junge Lebzelter, muss sich einer Vergleichsverhandlung stellen 
5. August 1851: "Georg Denkscherz Schuhmacher zu Kötzting klagt gegen seinen Nachbarn den Lebzelter Johann Liebl von da weil der Letztere den an  seinen, an Klägers Baumgarten anstossenden Gartengrund die Bretterumzäunung entfernt hat wodurch des Klägers Garten schutzlos geworden ist.  Nach Lokalaugenschein einigen sich beide Parteien. Beide Teile umgeben ihren besitzenden Garten mit einem Bretterzaun und zwar in der Art, dass sie das früher zwischen den Gärten als Wasserableitungsgraben liegengebliebene Gasserl in einer Breite von 3 Schuch wieder liegenlassen wollen, damit das Giesswasser unbeschadet der beiden Teile abfliessen  kann. "
Im selben Jahr st3rengt seine Frau ebenfalls eine Verhandlung an:
25. Juli 1851: "Die Lebzelterehefrau  Katharina  Liebl dahier beschwert sich gegen die beiden Schuhmacherstöchter Johanna und Anna Neumeier dahier wegen erlittener Beschimpfungen und bittet 
diese Personen ruhig zu stellen. Bei der heutigen Verhandlung ergibt sich, dass beide Parteien sich bei der fraglichen Gelegenheit beleidigender Ausdrücke bedient haben und ermahnt beide Seiten zu mehr nachbarlicher Rücksicht. "
 
Im Jahre 1862 beantragt  der Lebzelter Johann Liebl eine personale Konzession- (Bisher war die Lebzelterkonzession ja als sogenanntes "reales" Recht auf dem Anwesen gelegen).
StA Kötzting XVIII Beschlussbuch von 1861-1862

Gesuch des Lebzelters Johann Liebl von hier um Gewerbeerweiterung roe. (=rantione) um Verleihung einer persönlichen Conditorei Conzession.
Wird auf erstatteten mündlichen Vortrag einstimmig beschlossen, es sei dieses Gesuch zu genehmigen.
Unterschriften: Kollmaier
Schödlbauer
Klinger
Holzapfel
Wensauer
Lucas

Diese Unterschriftenliste umfasst viele bekannte Namen, die bis weit herein ins 20. Jahrhundert Kötztings Geschicke leiteten.

In den Marktrechnungen von 1864 erhält der Lebzelter Johann Liebl fast 10 Gulden für " 6 weiße Wachskerzen zur Trauerfeier seiner Majestät Königs Maximilians II" 
Was ihren Eltern 1834 nicht gelungen war, konnten nun die Lieblschen Eheleute für einen sehr viel höheren Verkaufspreis erreichen, den Verkauf ihress Kommunbraurechtes.
AA XII-38: 1854: Der Bürgermeister Schrank Michael hat für 360 fl von Liebl Johann und Katharina, Lebzelter, das Kommunbraurecht und Tafernrecht erkauft und bittet um Bewilligung, die er auch erhielt. 
Aus dem Jahre 1872, genauer vom 9. Mai ,  haben wir im Stadtarchiv eine genaue Beschreibung wo beim damaligen Kirta die einzelnen Marktstände positioniert wurden und was die Fieranten anboten.
Mehrere - 5 -  Lebzelter aus Neukirchen und Viechtach bestückten auch den Kötztinger Kirta. 
StA Kötzting AA IX-59 
"Liebl Lebzeltner Kötzting Deckerhaus Eck"
Dort, wo heutzutage der Eingang des Modehauses Frey ist, stand also damals bei Kirta der Kötztinger Lebzelter und bot seine Waren an. 
und noch an einem anderen Standort war er präsent:

"Liebl Johann Lebzelter Kötzting Deschermeier Eck"
Der "Deschermeier" war das Haus, das wir heutzutage unter dem Hausnamen "beim Achtler", also das Wirtshaus Pfeffer an der Ecke Schirnstraße Marktstraße kennen.
Von und über Katharine Liebl habe ich von Alfred Silberbauer aus Rimbach ein ganz besonderes Dokument erhalten, da dieser die Kötztinger Feuerwehrakten verstichwortet hat.


Kötzting, 26. März 1908
Gendarmerie-Brigade Kötzting
an
Bez. Amt Kötzting
Betreff: Zimmerbrand

Am 25. März cur, nachm. gegen 1 h machte sich die 81 Jahre alte Ausnahmskonditorwitwe Katharina Liebl von Kötzting daran, nach einem von ihr verlorenen bzw. abgängigen Handschuh in ihrem über der einer Stiege befindlichen Wohnzimmer zu suchen, hierbei dieselbe mit einem Kerzenlichte unter das im Zimmer befindliche Sopha geleuchtet hat.
Daß hiebei das Sopha in Brand geraten ist, hatte die Liebl nicht gleich angenommen und als sie zu löschen begann, konnte sie dem Feuer nicht mehr Einhalt (gebie)ten.
Durch den hiedurch entstandenen Brandgeruch wurde der Konditor Franz Liebl und dessen gleichnamiger Sohn aufmerksam., eilten über die Stiege hinauf und es gelang ihnen das Feuer sofort zu löschen.
 
"Das Sopha zum Werte von 50 M ist bis zur Unbrauchbarkeit verbrannt.
Dem Herrn I. Staatsanwalt am k. Landgerichte Straubing wurde hierüber ausführlich Anzeige erstattet.
Josef Obermaier Gendarm"

Franz Liebl und Theresa Karl

Wenige Jahre vor seiner Verheiratung und der danach folgenden Besitzübertragung war Franz Liebl der Kötztinger Pfingstbräutigam, von dem wir noch dazu auch bereits eine Bild besitzen.

StA Kötzting AA XVIII Beschlussbuch von 1870

"Vertheilung des herkömmlichen Sittenpreises bei Gelegenheit des Pfingstrittes im Markte Kötzting:
Als preiswürdig wegen Zuerkennung des Sittenpreises werden dem k. Pfarramt in Vorschlag gebracht:
1. Franz Xaver Liebl Lenzelterssohn
2. Josef Stauber Wagnerssohn
3. Anton Diermeier Kaminkehrerssohn
"

Jahre später konnte Franz Xaver Liebl heiraten und den elterlichen Betrieb übernehmen.
Am 15.9.1879 heiratete Franz Xaver Liebl, Sohn des Johann und der Katharina, die Hauser Gütlerstochter Theresia Karl. und am 3. Dezember desselben Jahres übernahmen beide auch das Anwesen. 
DIA-Repro 534 Sammlung Frauenreuther
Franz Xaver Liebl und Therese, geborene Karl, aus Haus



Acht Kinder bekam das Paar:
Anna, * 4.7.1880, heiratete am 3.6.1819 Josef Amberger von Grub

DIA-Repro 533 um 1900 Sammlung Frauenreuther
Anna Amberger, geborene Liebl





Theresia, * 3.3.1882, heiratete am 16.10.1909 in Kötzting den Rentamtsgehilfen Josef Rosskopf
Maria, * 18.10.1883, + 21.11.1883
Karl, 30.1.1885
Franz Xaver, 27.4.1888, heiratete am 11.5.1925 die Kötztingerin Kreszenz - Zenta - Kuchler
 
DIA-Repro 293 o, 1905 Franz Xaver Liebl
Notariatssekretär März 1927


Maria, * 12.8.1890
Michael, * 1.1.1895
Josef, * 5.5.1898 und + 22.10.1898








DIA-Repro 434 Bild von Frau Hilde Frauenreuther
"Fam. Liebl Lebzelter 
Obere Reihe Anna Liebl 4.7.1880 - 30.1.1954, Franz Xaver Liebl 1888 bis 1976,  Karl Liebl 30.1.1885 bis 9.11. 1951, Therese Liebl 3.3.1882 bis 9.11.1958,
vordere Reihe Therese Liebl Lebzeltersgattin 10.1.1853 bis 1926, Michl Liebl, Lebzelter II 1.1.1895 bis 26.4.1966, Franz Xaver Liebl 12.8.1849 bis 1926  Lebzelter I,  Maria Liebl 12.8.1890 bis 28.9.1922
Dieses Elternpaar musste wenige Jahre vor der Entstehung dieses Familienbildes miterleben, wie ihr gesamtes Hab und Gut zusammen mit ihrem Anwesen im Marktbrand von Juli 1891 in Schutt und Asche gelegt wurde.
Noch im selben Jahr wurde der Neubau geplant und weitgehend wieder aufgeführt.
StA Landshut Baupläne LK Kötzting 164-8 von 1891



Ansicht von der Straße


DIA Repro 423 Sammlung Frauenreuther
Hausfront zur Schirnstraße

Im großen Jubiläumsjahr - 1912 - findet sich erneut ein Mitglied des Lebzelterhauses bei den Pfingstfeierlichkeiten.

Die Bilder, die wir von dem Pfingstbrautpaar aus dem Jahre 1912 haben, muten so modern an, dass man es fast nicht glauben kann, dass dies bereits 110 Jahre her ist.


DIA Repro 435 Maria Liebl und Franz Liebl

DIA-Repro 430 Sammlung Frauenreuther.
Kranzlübergabe am Bleichanger an den Pfingstbräutigam Franz Liebl 1912.
Man beachte den großen "Triumphbogen" im Hintergrund.





KA vom Mai 1912

DIA-Repro 435 Pfingstbrautpaar von 1912 mit Brautführern
v.l. Siegmund Kammermeier - Maria Liebl - Franz Liebl - Josef Kasparovsky



Im April 1968 erschien anlässlich seines 80ten Geburtstages in der Umschau folgende Würdigung:
Kötztinger Umschau April 1968.
Der Setzer machte aus einer Bankierstochter eine Rangierstochter.

In dieser Würdigung des Jubilars steckt aber auch noch eine weiter Information, das Ehepaar Franz und Kreszenz Liebl war kinderlos geblieben, während sein Bruder Michael Liebl mehrere Kinder hatte, und so nahm das in der Bahnhofsstraße wohnende Ehepaar kurzerhand eine der Nichten, Hilde Liebl, an Kindesstatt an.
DIA-Repro Sammlung Frauenreuther Photo Hamsa
links Franz Liebl


Im Jahre 1912 feierte der Kötztinger Burschenverein sein 70jähriges Gründungsjubiläum und wählte dazu den Lembergerkeller in der Holzapfelstraße. Franlz Liebl ist unverkennbar in der zweiten reihe von oben der dritte von links.




Nach den freudigen Pfingsttagen und den Feiern stand für die Männer der Familie Liebl dann zunächst der Erste Weltkrieg an.
Karl Liebl, geboren am 30.1.1885, zu Kriegsbeginn bereits ein Viktualienhändler in Viechtach, verheiratet mit Maria, einer geborenen Häusler, und Vater von mindestens 7 Kindern galt als "nichtgedienter Reservist" und wurde vom 4.8. - 2.9.1914 als Armierungsarbeiter eingesetzt.

DIA-Repro 302 Karl Liebl


Ancestry.com: 31421_BH20606-00053  
Stammrolle des Königreichs Bayern für Karl Liebl

s
StA Kötzting 024 Familienbögen Buchstabe "L"

Karl Liebl hatte offensichtlich noch jahrelang das Kötztinger Heimatrecht besessen, da er und auch noch seine 4 Kinder im Familienbogen des Marktes Kötzting aufgelistet sind.



Franz Liebl, geboren 1888 wird in einem der Stammrolleneinträge so beschrieben:
"Größe 172
Gestalt: schlank
Kinn: ger(ade)
Nase: ger(ade)
Mund: gerade
Haar: dunkel
Schn. Bart: dunkel
Besondere Kennzeichen 0"

 
DIA-Repro 282 Ansichtskarte gelaufen 1915 Infanterist Franz Liebl





Im Sommer 1917 wurde er zunächst zurückgestellt und unterschrieb, dass er über seine Versorgungsansprüche aufgeklärt worden war.
Unterschrift Franz Liebl

Michael Liebl, geboren am 1. Januar 1895
War seit dem 6.3.1915 beim Militär. Seine Führung wird als "sehr gut" beschrieben, allerdings steht bei ihm eine Disziplinarstrafe in der Stammrolle, eigentlich ein Kuriosum:
Ancestry.com 31433_bh05982-00130 
Stammrolle des Königreichs Bayern für Michael Liebl
"Disziplinarstrafen:
1 maliges Aufstellen im feldmarschmäßigen Anzug, weil er beim Exerzieren ohne Befehl seinen Rockkragen geöffnet hat.
"
Verwundung:


27.3.18 an der Sommne verwundet Granatweichteilverletzung rechter Fußrücken
5.4.18-9.4.18 Festungshilfslazarett Station a Ulm a.D.
10.4.18-6.x.18 Festungslazarett III Heimklinik Ulm a.D.
Bei ihm findet sich eine Auflistung seiner Fronteinsätze vom 14.4.1916 bis zu seiner Verwundung
DIA-Repro 297 Michael Liebl 





Diese reichten von den Stellungskämpfen in Lothringen, über Arras und Verdun 1917 bis zu den Kämpfen an der Somme im Frühjahr 1918.
Er wurde mit dem Militär-Verdienst-Kreuz III. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet und wurde im Laufe der Jahre bis zum Unteroffizier befördert.
DIA-Repro 298 Michael Liebl




Nach dem Ende des Krieges wurde er am 8.1.1919 nach Kötzting entlassen und das Zivilleben konnte wieder beginnen.
Es dauerte gar nicht lange und so heiratete am 23.8.1921 der Konditor Michael Liebl,  Sohn des Franz und der Therese Liebl, Lebzelterseheleute, seine Braut Franziska Mühlbauer, eine Söldnerstochter aus Gehstorf. Die Trauzeugen waren der Viechtacher Konditor Karl Liebl und der Notariatsassistent von Parsberg Franz Liebl, beide Brüder des Bräutigams.

Michael Liebl und Franziska Mühlbauer

DIA-Repro 539 Hochzeitspaar Liebl wohl 23.8.1921



DIA Repro 424 Sammlung Frauenreuther
Hausfront zur Schirnstraße: Mitte das Ehepaar Liebl. Schön zu sehen die alte Hausnummer - 38 -



DIA-Repro 13 Ehepaar Liebl mit den Töchtern Franziska, Irma und Maria


Auch von der Rückseite des Anwesens existiert ein Photo aus der Sammlung Frauenreuther, das sich sehr gut mit den Details aus dem Bauplan von 1891 in Deckung bringen lässt.

DIA-Repro 426 Hinterhofansicht Anwesen Liebl. Die ältere, hagere Dame links, könnte Frau Therese
Liebl, geborene Karl sein und das Mädchen die erstgeborene Tochter Maria. (geb. 1922)

Es gibt aber auch "romantischere" Ansichten des Lebzelterhauses:
In den 50er Jahren malte Walter Demme eine Ansicht der Schirnstraße mit einem Zustand, wie ich ihn aus meiner eigenen Kindheit noch gut in Erinnerung habe 


DIA-Repro 545 Original in Besitz Familie Frauenreuther. Maler: Walter Demme

Vier Mädchen bekam das Paar, zuerst Maria, 1922, und Franziska, 1926.
Im Jahre 1929 kam dann er heißersehnte Stammhalter, Franz Seraphin, genannt Franzerl, auf die Welt, der aber leider schon im Kindesalter sehr früh verstarb. Am Ende waren es dann noch die Zwillinge Hilde und Irma, die das "Viermäderlhaus" komplettierten..

DIA Repro 10  Aufnahme ca. 1932 im Hintergrund Gasthaus Wieser Girgl in der
Schirnstraße und Haus Heigl-Schlosser, 
v.l. Liebl Franzerl, geb. 1928, starb kurz nach dieser Aufnahme,
Mitte Mühlbauer Hans (John), rechts Thurn Josef. 



Photo Josef Barth sen. ca. 1943 die Liebl-Zwillinge Hilde und Irma Liebl

Photo Josef Barth sen. ca. 1943 die Hilde Liebl, im Jahre 1953 dann die Pfingstbraut
an der Seite von Otto Gerstl. und später verheiratete Frauenreuther, der wir die
allermeisten Bilder in diesem Blogbeitrag verdanken.

DIA-Repro 2242 Hochzeit Alois Rosenhammer
mit Brautjungfer, sitzend, Maria Liebl(Lebzelter) verheiratete Piendl.
links neben der Braut ihre  Schwester.
Vorne dran die Liebl-Zwillinge Irma und Hilde
Noch aus den Vierziger Jahren stammen die Bilder aus der Lieblschen Landwirtschaft:
Frau Liebl mit dem Ochsengespann


Der Lebzelter Michael Liebl und seine Frau Franziska.

Einschub
Wie man an dem Guglhupf und an der (halbabgeschnittenen) Werbefahne erkennen kann, in der Auslage erkennen kann, war dies der Zugang zum Verkaufsladen und ich selber wurde an manchen Sonntagen mit einer offenen Schüssel zum Lebzelter geschickt, um Vanilleeis zu holen, solange bis wir selber JOPA-Eis bekamen und dann am Sonntag eben ein  Steckerl-Eis (das runde um 10 Pfg.) aus der eigenen Gefriertruhe bekamen.
Einschub Ende
Die Auslage beim Lebzelter war uU ein beliebter Hintergrund für Photos, weil wir von derselben Situation noch von anderer Seite Bilder kennen.
s
Bild Sammlung Kirschbauer-Steger Bilder der Nachbarin vor der Lebzelterauslage.
Offensichtlich konnte man bei Liebls auch Flaschenwein kaufen.

DIA Repro 1982 von 1952 Hier genießen einige Jüngmänner aus der Nachbarschaft die Nachmittagssonne vor dem Lebzelterhaus V.l. Wolf Horst, Wagerer Franz und Strutz Peter..


Möglicherweise von dieser Bank, oder besser im Zusammenhang mit dieser Bank, gibt es eine nette Erzählung, die Georg Rauscher in seinem Buch " a Kirm voller G´schichten" veröffentlicht hat.
Der Noppl

Er wohnte bei Liebl (Lebzelter), und war an sich ein stiller Mann, der Frieden und Ruhe liebte und an warmen Tagen gerne sich an einem stillen Plätzchen sonnte. Da saß er dann schweigsam und zufrieden und blinzelte in die Sonne. Trotzdem fand auch hier die Unvernunft der Kinder an dem Manne etwas zu spötteln und wenn es nur der Umstand war, daß der Alte, auf seinen Stock gestützt, etwas mühsam sich durch die Straßen schleppte und gerne vor sich hinbrummelte, wie es eben alte Leute gerne tun, die ihre Gedanken laut werden lassen und mit
sich selber sprechen.
Wenn dem Noppl die Schar der Kinder zu groß und ihr Spottgeschrei gar zu laut wurde, konnte er sehr ungemütlich werden. Er drohte mit seinem Stock und schimpfte fürchterlich. Da seine Worte aber undeutlich und manchmal verdreht heraus kamen, erreichte er das Gegenteil von dem, was er wollte und die Bande brüllte noch lauter. 
Einmal war der Alte bei seiner nachmittäglichen Siesta eingeschlafen. Da traute sich ein vorwitziger Bengel, den eisgrauen Seehundsschnurrbart des Schlafenden mit Mist einzureiben. Als der Noppl wach geworden war, roch er natürlich den infernalischen Gestank und entfernte
sich so rasch als es ihm möglich war von dem Ruheplatze.
Aber merkwürdigerweise nahm er den penetranten Geruch auf seinem ganzen Nachhauseweg wahr und er wurde fuchsteufelswild.
Zu Hause angekommen schimpfte er: „I woaß net, wos dös is dö ganze Welt'n stinkt nach 
S.•-dreck!"
Erst als man ihm den Bart abwusch, roch er nichts mehr. Aber sein Ausspruch wurde zum geflügelten Wort.
Im Jahre 1952 wurde in Kötzting zum zweiten Mal nach dem Kriege ein Marktgemeinderat gewählt und nach der ersten Arbeitssitzung wurde Michael Liebl, wie bereits in der Wahlperiode zuvor, zum zweiten Bürgermeister gewählt.
KÖZ1952-4








Photo Rabl-Dachs: Eingang zum Café Liebl 





Der Zugang zum Café lag am westlichen Gebäudeeck, das Hoftor war entfernt worden und das Hauseck angeschrägt. Dort war dann die Haustür für das Café Liebl.
Es gibt wenige Innenaufnahmen von Kötztinger Gasthäusern, auch hier findet sich nur ein einziges Bild
einer Gästegruppe.
DIA-Repro 16 Im Cafe Liebl.
Sepp Graßl, 2. von rechts oben  Tochter Pleier (Englmeier) mittlere Reihe von links Rabl Michl, Frau Liebl, Konrad Krämer Zahnarzt, Bergbauer Rosa, Bergbauer Hans (Bader) ?, Herr Liebl Lebzelter

Noch in den 50er Jahren diente das Cafe auch für Tansstunden.
KÖZ vom November 1957



Bei der Fahnenweihe der FFW Kötzting standen die beiden Schwestern als Fahnenjungfrauen in der ersten Reihe
Bild Chronik der FFW Kötzting
Wie bei Zwillingen häufig der Fall, links und rechts der Fahnenmutter und - für mich - schwer zu unterscheiden, links Hildegard, die etwas kleinere,  und  rechts Irmgard Liebl


Bild Chronik der FFW Kötzting



Bild Chronik der FFW Kötzting

Von dieser Veranstaltung haben wir im Archiv auch einen kurzen Film von Siegfried Ehemann.... auch wenn die Sequenz nur 10 Sekunden lang ist....


Festzug zum Bierzelt auf dem Jahnplatz.

Im selben Jahr - 1951 - feierte auch der Kötztinger Burschenverein seine Fahnenweihe und erneut sagten die Lebzelterzwillinge als Fahnenjungfrauen zu. Die Fahnenmutter war in diesem Falle Ottilie Kollmaier.

Sammlung Herholz Frank Hilde und Irma Liebl mit Ottilie Kollmaier
Sammlung Herholz Frank Irma Lenk geb. Liebl

Auch von den Geburtstagsgästen beim 90. Geburtstag ihrer Mutter haben sich einige Bilder erhalten.

Bild Rabl-Dachs: vermutlich Ehrung vom Waldverein (Simstich)

Bild Rabl-Dachs: Bgm Karl Seidl, Hilde Frauenreuther, Franziska Liebl

Bild Rabl-Dachs: Frau Franziska Liebl, geborene Mühlbauer


Während Michael das Café betrieb, der Bruder Karl sich nach Viechtach verheiratete, blieb Franz Xaver in Kötzting. Die Familienbande blieben aber weiterhin so eng, dass auch die Geschichte der zweiten Strangs der Liebl-Familie eigentlich zum Lebzelterhaus in der Schirnstraße gehört.

Franz Xaver Liebl und Kreszenz Kuchler


PfA Kötzting Band 42 vom 11.5.1925

Am 11.5.1925 hatte Franz Xaver Liebl, damals bereits Notariatsobersekretär, die, am 2.3.1897 in Kötzting geborene, Privatierstochter Kreszenz Kuchler geheiratet.
Ihre Eltern waren der Privatier Franz Kuchler und die Wirtstochter Maria Drexler aus Niederndorf.
Kreszenz Kuchler war zwar in Kötzting geboren, ihre Eltern aber wohl erst kurz zuvor hierher zugezogen. Bei deren Heirat am 23.7.1884 hieß es:
Der Bärndorfer Bauer Franz Xaver Kuchl(er), Sohn des Niederndorfer Bauern Nikolaus Kuchl und seiner Frau Anna Maria, einer geborenen Hacker aus Hetzelsried, heiratete die Niederdorfer Wirtstochter Monika(!) Drechsler, deren Eltern Paulus und Anna- einer geborenen Altmann aus Stadling - gewesen waren.
Auch beim Geburtseintrag  der Kreszenz Kuchler ist der Vorname der Mutter mit Monika und nicht als Maria eingetragen.
Im Stadtarchiv Kötzting gibt es einen sehr großen Bestand an Familienbögen, bei denen streng unterschieden wird zwischen Bewohnern Kötztings die dessen Heimatrecht genießen, und anderen, die dieses in ihrer Herkunftsgemeinde zu suchen hatten.
Von Franz Kuchler gibt es zwei davon, eines bevor und eines nachdem er das Kötztinger Heimatrecht bekommen hatte.
StA Kötzting 024 Familienbögen Buchstabe "K"
"Kuchler Franz Privatier wohnhaft in Kötzting bei Hausnummer 110 a und geboren in Niederndorf am 12.8.1850
Drechlser Monika, seine Ehefrau, geboren am 26.10.1856 - gestorben
Kuchler Creszenz, die Tochter, geboren am 2.3.1897"


Der Sterbeeintrag der Monika Kuchler war nur sehr schwer zu finden, aber wer suchet.... der findet.

PfA Kötzting Band 45 Register
"Kuchler Monika Privatiere Kötzting 40 J 12. März" Zur Erinnerung, die Geburt der Tochter war 10 Tage vorher.
PfA Kötzting Band 43 Sterbematrikel
"Kuchler Monika - Privatiersfrau - Kötzting - verh(eiratet) - Schw(ere) Geburt - [verstorben] 12. März - [Beerdigt] 14. März - "



Heimatschein des Franz Kuchler von seiner Heimatgemeinde Traidersdorf vom 24.6.1896, in dem bestätigt wird, dass er bereits in Kötzting wohnhaft sei, aber noch sein Heimatrecht in Traidersdorf habe.




Am 29.12.1903 war es dann soweit:
"Schreiben an die Gemeindever(waltung) Traidersdorf
Dem bisher jenseits beheimatete Privatier Franz Kuchler dahier wurde mit Magistratsbeschluß vom 10. ds. Monats das Bürgerrecht mit Heimatrecht in hies(iger) Gemeinde verliehen, was Ihnen hiermit zur Kenntnis diene
K. 29.XII. 03 Mag. Liebl
"

Am 30.7.1907 finden sich Franz und Monika Kuchler im Grundsteuerkataster als Besitzer des Kötztinger Anwesens mit der Hausnummer 110.
Die Kuchlers hatten das Haus Ende des 19. Jahrhundert von Bartholomeus Barth gekauft, der selber sich im Jahre 1840 vom Markt die Erlaubnis - natürlich gegen eine Bodenzinsabgabe - erhalten hatte, an dieser Stelle ein Gebäude zu errichten.
Vermessungsamt Cham 5168-2100-LiquiP_Bad_Koetzting_Beilage_M2500_1_1-01

StA Landshut Rentamt Kötzting B28 Umschreibeheft von 1811-1840
" den 25 September 1840 hat die Markhtgemeinde in Kötzting den an Bartholomä Barth daselbst im vorigen Jahre gegen einen jährlichen Bodenzins von 12 xr abgetrettenen Platz zu Erbauung eines Wohnhauses darauf demselben gerichtlich zuschreiben lassen. PNr. 996 1/2 wovon die Besteuerung seinerzeit eintretten wird"



Unter den Bildern, die Frau Frauenreuther unserem Arbeitskreis zum Digitalisieren überlassen hatte, befindet sich auch eines von einem Bauernhof in Niederndorf, das sie als das Kuchlersche Bauernhaus bezeichnet hatte.
 
DIA-Repro 429 Sammlung Frauenreuther Bauernhaus Kuchler in Niederndorf


DIA-Repro 421 Bahnhofstraße 16  Haus  Franz Liebl und Kreszenz Kuchler, nun Frauenreuther

DIA-Repro 422 Bahnhofstraße 16  Haus  Franz Liebl und Kreszenz Kuchler, nun Frauenreuther
Bild ca. 1911
Wie oben bereits bei Franz Liebl beschrieben, blieb das Paar kinderlos und nahm eine ihrer Nichten - Hilde Liebl - an Kindes statt an.


Bild Rabl-Dachs 2014
Wie eng das innerfamiliäre Band zwischen diesen beiden Liebl-Linien war, geht auch aus einem autobiographischen Bericht hervor, den ich von Herrn Markus Frauenreuther, der die von seinem in Genf lebenden Vetter Gerhard Liebl (1928 - 2001) erarbeitete, umfangreiche, z. T. weltweite Liebl-Genealogie pflegt und fortführt, erhalten habe.”
Wie es aufgrund der damaligen Gesetzeslage gar nicht anders möglich war, konnte Hildegart Liebl erst mit Erreichen ihrer Volljährigkeit (damals erst mit 21 Jahren) von Franz und Kreszenz Liebl adoptiert werden.

Auch den eigentlich tragischen Hintergrund dieser Entscheidung erklärt Herr Markus Frauenreuther:

Die Geschichte hat einen tragischen Hintergrund, nämlich den, dass der einzige Sohn von Michael Liebl und Franziska Liebl geb. Mühlbauer, Franz ("Franzerl"),  nicht 1932, sondern am 22. Juni 1933 an "Nasen-Diphterie" gestorben ist und der Lebzelter Michael Liebl einen männlichen Erben haben wollte, weshalb er, als der Sohn noch warm im Grab gelegen ist,  zur "Nachproduktion" geschritten ist und am 1. April 1934 die Zwillingstöchter Irmgard (Irma) und Hildegard (Hilde) Liebl (in dieser Reihenfolge) geboren wurden - also wieder kein Sohn!
Mein Großvater war sehr unglücklich über diesen Töchtersegen, während sein in kinderloser Ehe mit Kreszenz Kuchler verheirateter Bruder Franz Xaver sich an diesem Überangebot bedienen wollte und nachgefragt hat, ob er eines der Zwillinge haben könne. Mein Großvater Michael Liebl soll darauf mit tränenerstickter Stimme gesagt haben: "Olle zwoa konstas ham!" Franz Xaver Liebl suchte sich dabei das jüngere und kleinere der beiden Zwillinge, meine Mutter, heraus; sie war als Baby so klein, dass sie in einen Maßkrug gepasst habe, sagte Franz Liebl nach Auskunft meiner Mutter, die sozusagen bis zu ihrem 21 . Lebensjahr "illegal" bei ihren Pflegeeltern aufwuchs (streng genommen hätte Franz Liebl die Schulzeugnisse nicht als Erziehungsberechtigter unterschreiben dürfen!). Meine leibliche Großmutter Franziska Liebl geb. Mühlbauer (gest. 1993) habe ich gefragt, ob es ihr nicht schwergefallen sei, ein Kind herzugeben. Sie sagte in ihrer nüchternen Art zu mir, das sei für sie nur in Frage gekommen, weil das Kind, also meine Mutter Hildegard, weiterhin am Ort gewesen sei, so dass die beiden getrennten Zwillinge doch gemeinschaftlich bis zur Verehelichung 1959 bzw. 1960 aufwachsen konnten. Meiner Mutter erging es bei ihren Pflegelter ausgezeichnet, war sie doch dort das leicht verhätschelte "Einzelkind", während in der Schirnstraße bei den Lebzeltern der Ton etwas strenger war! Bald nachdem mit meiner Tante Irma verh. Lenk die letzte kostenlose Bedienung des Cafe Lebzelter abhanden gekommen war, stellten meine Großeltern den Betrieb ein!

....Das Anwesen in der Kötztinger Bahnhofstraße hat Franz Kuchler m. W. 1895 von der Tochter des Hauserbauers (1839) Bartholomäus Barth ("Zimmererbartl") erworben (genaueres müsste ich nachsehen), wobei seine Tochter Kreszenz Kuchler verh. Liebl trotzdem noch 1897 in Niederndorf geboren worden sein soll; dabei ist deren Mutter bei oder kurz nach der Geburt gestorben.

Wir haben aus dieser Zeit keinerlei überlieferte Bauakten, ABER im Staatsarchiv Landshut existiert ein dicker Band, in den im 19. Jahrhundert alle Bauvorhaben aufgelistet wurden, vermutlich um die Bauakten dann leichter finden zu können, die damals jahrgangsmäßig  - und nicht nach Plannummern - eingeordnet waren.
In diesem "Repertorium" findet sich Bartholomaeus Barth mit einem Bauantrag im Jahre 1846.

StA Landshut Rep 164/8 BZA/LRA Kötzting 3517 Bauvorhaben ab 1795

"428 Bart Bartlmä, von Kötzting do (=Baugesuch) 1 (1 Fascikel) Jahrgang 1846"

StA Kötzting AA XI 112 von 1839

Zumindest seine Bauabsicht ist im Stadtarchiv Kötzting zu finden.
"Protocoll gehalten am 13. Merz 1839
Da durch den Bau auf dem Feld des Heinrich Leszkier, des Bartel Bart, der gemeinde keinen Schaden zufügt, so haben die Gemeinde Bevollmächtigten dagegen nichts zu erinnern
Windorfer
"


.....Um 1910/12 hat er seine Zenzl ("Privatierstochter") in das Internat Kloster Seligenthal (Landshut) geschickt, wo wir noch die Quittungen für geleistete Zahlungen haben sowie einen Löffel und zwei Servietten mit der eingravierten bzw. gestickten Nummer "63" des Zöglings Zenzl. In der Gemarkung Traidersdorf hatte Franz Kuchler fünf Waldgrundstücke, die er sich behalten hat und die heute noch in Familienbesitz sind. 2005 hat mir meine Mutter Haus und Wald überschrieben, letzteren unter Vorbehalt des Nießbrauchs, so dass wir heute noch immer Waldbesitzer und Mitglieder der WBV sind! Franz Liebl hatte mit Kreszenz Kuchler somit eine gute Partei gemacht, denn außer seinem gesicherten Beamtenstatus als zuletzt Notariatsobersekretär war er nur wenig begütert, ist aber gerne - iure uxoris! - als Haus- und Waldbesitzer aufgetreten!

Ob rechtmäßig adoptiert oder nicht, egal, jedenfalls konnten Franz und Krezenz Liebl dann 1953 ihre "Tochter" an der Seite von Otto Gerstl als Pfingstbraut bewundern.


KB Krämer in der KÖZ vom Mai 1953


KÖZ 1953-5 Werbeanzeige in der Pfingstbeilage

KÖZ1953-5




Bild Lehrer Schwarz: Pfingstbraut in Weiß am Torplatz

Bild Lehrer Schwarz: v.l. Schwarz Sepp - Hilde Liebl - Otto Gerstl - Hans Schödlbauer

Bild Lehrer Schwarz. am Torplatz, im Hintergrund die Schreinerei Pongratz

Bild Lehrer Schwarz: v.l. Schwarz Sepp - Hilde Liebl - Otto Gerstl - Hans Schödlbauer

Im folgenden Jahr im Fasching eröffnete das Pfingstbrautpaar den Burschenball:

KÖZ vom Januar 1954





Der Pfingstbraut und ihrem Bräutigam ist/war ein langes Leben gegönnt und so konnten wir Kötztinger beide noch viele Male als Jubelpaar bestaunen.
s
Bild Rabl-Dachs: Pfingsten 2013
Das Jubelpaar von 1953 Hilde Frauenreuther und Otto Gerstl zusammen mit dem
von 1973 Dr.Hans-Wolfgang Dittrich und Anette Auzinger geb. Kühlmeyer.



Bild Rabl-Dachs: auch 2018 waren beie noch rüstig genug, um als 65jähriges Jubelpaar
sich in der Stadt feiern zu lassen.
Bild Rabl-Dachs: Pfingsten 2018 Pfingstbräute bei der Kranzlübergabe am Marktplatz und
mittendrin Frau Hilde Frauenreuther.
v.l. Klarissa Kollmaier, verheiratete Multerer, Frau Hilde Frauenreuther, Frau Elisabeth Haushofer, verheiratete Gietl.


Der heilige Johannes von Nepomik an der Blaibacher Straße



Was wäre die Geschichte des Hauses an der heutigen Bahnhofstraße ohne die Nepomukstatue am Straßenrand.
In einer Beilage der Kötztinger Umschau zum Bürgerfest 1990 beschreibt Frau Renate Serwuschok die Geschichte dieser Statue:


Aus dem Jahre 1832 kennen wir einen Bauakt im Stadtarchiv (AA XI-101) in dem der Bauherr Heinrich Leszkier, seines Zeichens Kötztinger Goldarbeiter, darum bittet, die Nepomukstatue wegen seines Bauvorhabens um 50 Schritte versetzen zu dürfen, was vom Magistrat auch genehmigt wurde.
StA Kötzting AA XI 101 
Plan für den Stadelbau des Heinrich Leszkier, mit der Bitte, die Statue verswetzen zu dürfen.
Der Magistrat hatte dem Vorhaben zugestimmt, auch wenn der Gemeindeausschuss sich dagegen ausgesprochen hatte. Fünf Jahre später, als ein anderer Kötztinger Bürger einen Antrag stellte, unterhalbe des Leszkierschen Grundstücks ebenfalls eine Stadel zu errichten, protestierte Leszkier und ließ in seinem Protokoll erkennen, dass und warum er von seinem Vorhaben, die Statue zu versetzen,  abgerückt war.

StA Kötzting AA V 44
"Leszkier selbst habe selbst rücksichtlich der Schupfenerrichtung von seinem Vorhaben [die Staue zu versetzen] wieder Verzicht geleistet, weil es nicht gerne gesehen, und als eine Bilderstürmerey gehalten wird."
Schon Jahre vorher wird der Kötztinger Maler Stoiber - noch nicht DER Stoibermaler sondern sein Verwandter, siehe Häuserchronik Amtshaus - "für die Erneuerung der Inschrift auf dem marmornen Stein" mit gut 2 1/2 Gulden bezahlt.
Auzinger Alois - vermutlich ein Tagwerker - erhält 14 Kreuzer "für die Planierung des Platzes wohin die Statur gestellt wurde"
So ganz makellos war die Statue offensichtlich nicht mehr, denn in der Marktrechnung von 1826 findet sich eine weitere Ausgabe von fast 3 Gulden "für die Anküttung des Armes welcher gebrochen war"
Ganze 13 1/2 Gulden bekam der Blaibacher Steinmetz Franz Achaz für "2 grosse im Viereck gehauene Stein als Postument" für die Statue.
Den nächsten Ausgabeposten für die Statue kann ich mir nur im Zusammenhang mit den obigen Planierungsarbeiten des Alois Auzinger erklären, dass eben Sand für die Standfestigkeit des Aufstellungsplatzes benötigt wurde: Ganze "4 Fuhren Sand zur Errichtung der Statue an der Blaibacher Strasse" musste Joseph Knott aus Gehstorf anliefern und erhielt dafür 1 Gulden 36 Kreuzer.
KU SW066 Säuberung Nepomukstatue
1979, gut 150 Jahre nach der Erneuerung der Schrift, war es erneut ein Mitarbeiter des "Stoibermalers", der eine Säuberung der Statue vornahm.
Einschub Markus Frauenreuther:
[Das Bild] zeigt den Maler Karl Stauber (1937 - 2013), Angestellten des „Stoibermalers” Horst Wolf, bei der seinerzeitigen Sanierung der Nepomukstatue. Herr Stauber war mir als sehr kinderfreundlicher Maler in Erinnerung, deshalb habe ich von der Kötztinger Zeitung seine Todesanzeige und seinen Nachruf aufgehoben (19. u. 20.7.2013). Die Nepomukstatue wurde samt Denkmalumfeld 2013/15 mit Unterstützung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege erneut fachgerecht saniert, was mit dem Denkmalschutzpreis des Landkeises Cham honoriert worden ist.

Einschub Ende



Serwuschok 704



Bild Sammlung Frauenreuther. Die Nepomukstatue mit erneuerter Fassung.

Bild Sammlung Frauenreuther: Die begleitende und erklärende Tafel.







Doch nun zurück zum Lebzelter in der Schirnstraße:


Ein Haus muss verschwinden

Kötzting wird eine autogerechte Stadt und Parkplätze sind eine rares Gut. Nachdem es für das leerstehende Haus keine vernünftige Nutzung mehr gegeben hatte, war es der reine Grund und Boden, der noch einen Mehrwert hatte für das Kaufhaus in der Innenstadt und so kam das Ende eines der alten Kötztinger Marktlehen in Form des Abrissbaggers.

Dank der umfangreichen Bilddokumentation von Kötztinger Häusern von Frau Rabl-Dachs haben wir auch noch einen Eindruck vom Lebzelter-Haus, kurz bevor dieses abgerissen wurde.

Bild Rabl-Dachs: an einem sonnigen Winternachmittag mit warmen Farben.

 



Bild Rabl-Dachs: der alte Eingang ins Café Liebl.

Bild Rabl-Dachs:die Straßenansicht


Hier nun ein paar Detailaufnahmen:
Bild Rabl-Dachs: Die Hofbeleuchtung

Bild Rabl-Dachs: ebenso wie das vordere Hauseck mit dem Eingang zum Cafe, wurde auch in der Hofeinfahrt die Hausecke gebrochen, wohl um die engen Kurven besser fahren zu können..


 

Bild Rabl-Dachs: Die Schirnstraße 10 gibts nicht mehr....

Bild Rabl-Dachs: Der Cafeeingang

Bild Rabl-Dachs:Auch ein kleines Kellergewölbe war nich vorhanden

Einschub Markus Freuenreuther
Das angeblich kleine Kellergewölbe war ziemlich groß und diente nach Auskunft meiner Mutter als Kühllager für die gesägten Eisstangen aus dem Regen. Ob das kleine Fenster hierzu zum Befüllen von der Schirnstraße seinen Zweck erfüllt hat. muß ich mit einem Fragezeichen versehen.
Einschub Ende


Bild Rabl-Dachs: derselbe Türstock wie oben, nur von Innen aufgenommen

Bild Rabl-Dachs: Vermutlich eine Kerzennische



Bild Rabl-Dachs: Zum Abschluss noch einmal das Liebl-Lebzelterhaus im Ensemble der Schirnstraße




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