Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.
Alte Hausnummer 50
beim Melber
später: beim Scheijsslschreiner
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Ausschnitt aus dem Plan der Uraufnahme von bayernatlas.de |
Riederer Albrecht und Anna Maria
Bei diesem Haus haben wir zunächst nur einen ersten gesicherten Besitzernachweis zwischen den Jahren 1705 und 1738, als wir einen Albrecht Rieder auf dem Haus nachweisen können.
Sein Hausverkauf im Jahre 1738 ist unser Ausgangspunkt:
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StA Landshut Markt Kötzting P13 |
"Kauf Übergabs Beschreibung
pr 120 fl
Albrecht Riedrer Burger und Häusler alhir zu Közting, selbst gegenwertig und Anna maria dessen Eheweib, so aber aus erheblichen Ursachen nit erscheinen können sondern statt ihrer Johann Löchl verbürgerter Schneider M: daselbst mit Vollmachtiger Qualt abgeordert. Bekhennen und verkhauffen in Craft diss wie Kauf ybergab Rechtens auch diss orths sitt: und gewohnheit ist, nemblich ain zeithero ruhig ingehabtes Heusl zwischen des sogenannten Gaberl Girgls, und der Eiwöckhischen Wittib (Hausnummer 51) Heusl gelegen, dem erbahren Josef Gussterer als bereits aufgenommenen Burger und Anna dessen Eheweib umb, und per 120 Rechtspactierte Kaufsybergabssumme.....
60 Gulden der Kaufssumme hatte der neue Besitzer gleich bezahlt, die Restsumme soll er in Jahresraten von 10 Gulden begleichen. Gleichzeitig "seien die Erkhauffer schuldig und gehalten sein, dennen alten Leuthen die Lebens lengliche Hörberg uf der Stuben zuerstatten. Actum den 28ten April ao 1738.
Die Bürgerlisten, die aus den Jahrzehnten vorher vorliegen, bieten bei den Häuslern keine Struktur, die einen Beweis für einen Vorbesitzer liefern könnten."
Nun gilt es, weitere Belege aus dem Leben unseres Albrecht Rieders zu finden:
Der erste Nachweis für Albrecht Rieder stammt aus dem Jahre 1705, als er bei einer Schlägerei verletzt wurde.
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StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1705 |
"Mit ainem Fluderwiden solche Schlöl zuzefiefen warvon am Kopf peillen ervolgt.
Martin Hofmann des Rhats und Burger alhir zu Közting hat Albrechten Rieder alda mit ainer Fluder Widen solche Schlög angethann, warvon Rieder am Kopf Peillen yberkhommen, sich aber mit dem widerumben verglichen: und die Uncosten alleinig abzeführen ybernommen, warbey mann es zwar bewendten lassen, iedoch den Hofmann gestrafft per 1/2 Pfund Pfennige macht 34 xr 2 H."
Noch einen Nachweis für Albrecht Rieder gibt es, im Zusammenhang mit dem Spanischen Erbfolgekrieg.

StA Kötzting Marktrechnung von 1707
"Mit denen von alhier weckhmarchiert Moscowitischen Truppen hat Albrecht Rieder bis nacher Haybichel nachts Zeit yber 2 starckhe Meill gehen, und denn Pothenlohn bezalt werden miessen 30 xr"
In der den Zeitraum zwischen 1727 und 1737 abdeckenden Liste der Kirchentracht findet sich der Häusler Albrecht Rieder.
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HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4 1727-1737 |
Im Jahre 1696 findet sich eine Bürgeraufnahme eines Albrecht Riederer mit dem Beruf eines Tagwerchers, der 4 fl für das Kötztinger Bürgerrecht bezahlt. Die Tatsache, dass er überhaupt das Kötztinger Bürgerrecht hatte kaufen können, ist für sich selbst bereits ein Beleg, dass er sich auch ein Anwesen hat erwerben können. Ohne Grundbesitz gab es in Kötzting kein Bürgerrecht.
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StA Kötzting Marktrechnung von 1696 |
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StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1699 |
"So haben sich Marthin Billich und Albrecht Riederer beede Burger alhir weegen ainer mitainander gehaltenen schlechten Raufferey, warunder Billich dem Riederer einen pluetigen Rüzer im Angesicht versezt, verglichen, und die uncossten miteinander abzustatten ybernomben, Bei welchen man sye dan ebenmessig gelassen, iedoch armueth halber miteinander per 1/2 Pfund Pfennige Straff angesehen ist 34 xr 2 H."
Erneut im Jahre 1706 taucht Albrecht Riederer in den Marktrechnungen auf, als er 1 Gulden Lohn dafür bekommt, dass er 4 Tage lang aushalf, die Wege und Stege Kötztings auszubessern.
Im Jahre 1739, er hat mittlerweile sein Haus bereits verkauft und wohnt dort nur noch in der Herberge,
konnte er sich mit dem Melbeln, also dem Abwiegen und Verkauf von Mehl, noch einen kleinen Zuverdienst sichern. Allerdings musste er dafür an den Markt eine Abgabe entrichten.
Einschub
In Wikipedia steht über den Melbler nur ein einziger kurzer Satz: "Melbler, auch Melber, war ein zünftig organisierter Verkäufer von Mehl, welcher teilweise auch Produzent war. Regional verkaufte er auch andere Waren. Eine Frau wurde als Melblerin bezeichnet"
Einschub Ende
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StA Kötzting von 1739 "Andres Kopp und Albrecht Rieder raichen ab dem Melblen als ieder 1 fl 30 xr zesammen aber 3 fl" |
Josef Gusterer und Maria Anna
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StA Kötzting Marktrechnung von 1733 |
Einen Heiratseintrag gibt es nicht, weder in Kötzting noch in Blaibach, lediglich die Geburt eines Sohnes Wolfgang findet sich im Jahre 1741 in den Kötztinger Taufmatrikeln. Dieser Wolfgang wird allerdings bereits im frühen Kindesalter, 1743, versterben.
Allerdings ist ein Mauerer Michael Guster in Blaibach mit vielen Kindern vertreten.
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PfA Kötzting Matrikel Band 4 Seite 183 |
Im Jahre 1744 bestätigt der Magistrat dem Mauerer Josef Gusterer - vermutlich zähneknirschend - die von "oben" erteilte Erlaubnis, schwarzes Brot zu backen.
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StA Kötzting Verhörsprotokoll 1739 ff |
Josephen Gusterer Burger und Heisler alhier zu Közting ansonsten dessen Handtirung ain Maurer zu Közting, ist auf das sub hodierno ybergeben gehorsamest anlangen, und bitten, in Ansechung dessen miserablen Handt, warunnent er seiner Profession nit mehr vorstehen kan, sondern auch weollen derselbe in der
Die Kötztinger Bäcker buken allesamt zuhause auf ihren Anwesen, hatten allerdings dort keine Verkaufsstelle, sondern mussten ihre Produkte im markteigenen Brothaus zum Verkauf anbieten, der vom Brothüter betrieben wurde. Derselbe nun übernahm auch das Abwiegen von Speisesalz.
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StA Marktrechnung von 1747 Seite 9 |
Kurz besagter Joseph Gusterer als nunmahliger Brodthietter ent(richt)....
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StA Kötzting Marktrechnung 1752 beigelegt |
Weillen dise Brodtschuldt H: Cammerer Fischer nit verrechnet, als hat Gusterer solche beim gnädigen(?) Marckht zesuchen
Sigl. dem 15. Marty ao 1746"
Was ich endts unterschribner uf Anbefelchung des H: Cammerer Fischers alhir vor underschidliches Prodt habe abgeben miessen.
Erstlich zu dennen Franzosen 115 Portionen iede a 4 xr 7 fl 40 xr
Vor die Knecht 26 Port 1 fl 44 xr
Vor die Ländtlerpaurn uf zweymahlen 22 Port 2 fl 12 xr
Dennen Muschgdirn so aus Böhamb gezogen 35 Port 2 fl 20 xr
Vor den Gemainen Marckht alda 110 Port 7 fl 20 xr
In das Saxgottische Lager nachher Playbach 30 Port 2 fl 16 xr
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Druckmiller Cammerer"
Im Jahr 1752 jedenfalls, in welchem Rechnungsbuch nun die Auflistung beiliegt, war Druckmüller der Amtskammerer.
Josef Gusterer, immer noch als Mauerer bezeichnet, verstirbt am 28.4.1757.
Das Haus wird an den Schwiegersohn Johannes Mossmüller verkauft, der zuvor die Tochter des Hauses Barbara Gusterer geheiratet hatte.
Josef Gusterers Witwe überlebt ihren Mann um fast 10 Jahre und verstirbt erst am 24.4.1766.
Johannes Moosmüller und Barbara Gusterer
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PfA Kötzting Band 14 Seite 162 |
Am 16. desselben Monats haben den Bund zur Ehe geschlossen der ehrenwerte Jüngling Johann, ehelicher Sohn Bürgers und Bäckers aus Ruhmannsfelden Franz Moosmüller und seiner Frau Christina, die beide noch am Leben sind, und die tugendsame Jungfrau Barbara, eheliche Tochter des verstorbenen Bürgers und Mauerers Josef Gusterer und seiner noch lebenden Ehefrau Anna. Die Trauzeugen waren der Bäcker Johann Georg Dreger und der "aserum nundinator" Michael Kollmaier, beide Bürger. Die Trauung vollzog Pater Ullrich."
Ein "nundinator" ist ein Krämer, Kaufmann und "aser" wird als Holzgestell, Ranzen, Tornister übersetzt. Ich würde den Michael Kollmaier also als wandernden Landhändler mit einer Kraxen bezeichnen..
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StA Kötzting Spitalrechnung von 1758 |
Porgen: Hannß Georg Rääbl und Johann Gulder, beede burger derorthen
Zum ersten Male bei diesem Hause lassen sich sowohl der Heiratseintrag als auch nachfolgende Kinder in den Pfarrmatrikeln finden. Insgesamt 9 Kinder wird das Paar zwischen 1758 und 1775 bekommen, von denen vier bereits als Kinder und Jugendliche versterben.
Moosmüller wurde von einem anderen Krämer - Schützmeier - angezeigt, der sich auf neue Gesetze berief.
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StA Kötzting Marktrechnung von 1759 |
Joseph Weiss burgerlicher Bierschenk derohrten hat die Barbara Mossmüllerin Melberin alhir, umb willen selbe hin: und wider aussgesprengt, Als ab er Weiss vermelt, das Hütterer Ihme sein zuverlust gangenes Schweinl aufgefangen, gestochen und geessen haben solle, welches aber der Wahrheit keines Weges gewesen, weillen er dergleichen von Hutterer weder geredet noch gedenckt, ordentlich Clagen wollen. Es haben sich aber beede Thaill dahin Güttlich verglichen, daß sye solches von ihr selbsten und ohne Grund ausgesprengt, folgsam dises mit Vorbehalt aller Ehren zuruck nemmen, und bekhennen wolle, daß sye sowohl von Weissen. als Hütterer nichts als alls Libß und Guttes, sodann ehrliches zusagen wisse. Dahero ist solcher Vergleich zwar obrigkeitlich beangordnet, und die Aussprengung
Die Käufer hatten die Hypotheken zu übernehmen, die verbleibende Restsumme von 240 Gulden jedoch ging "zu Obrigkeits Händen", um die Verteilung unter "die vorhanden Mossmüllerischen Creditoren zu gewährleisten".
Moosmüller Johann gegen Wolfgang Samuel LucknerDavid gegen Goliath
Der Besitzer links, Georg Schrank, war 1826 mit einer Enkelin des Samuel Luckner verheiratet, die Parzinger wohnten immer noch in dem kleinen Haus in der Gasse und die Wuhn, in der damals Johannes Moosmüller lebte, war mittleierweile an Anton Magg verkauft worden.
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StA Kötzting AA V Stadelbau Johann Hofbauer |
" Es ist alhier eine Behausung, welche sich die Wuhn nennet, sonst aber zur gemeinen Marckt Kammer gehörig, in welches der Lobliche Magistrat einige Herbergs Leut gegen Verreichung des Herbergszinses aufnihmet. In dieser sogenannten Wohn Behausung befinde ich mich Endts untrthenigst gesezter samt Weib und 5 Kindern gegen Verreichung jährlich 6 fl Herbergsgelt bereits in die 3 Jahr....
... Kammerer Luckner allein ist entgegen, der zu seiner bedürftigen Arbeitt einen Wagner hat und disen hat er meine Wohnung zugesagt, das ich auf Georgi schon ausziehen solle, dagegen mit Weib und 5 Kindern nicht weis, wo an noch aus, hinentgegen will der ganze Magistrat nicht geschehen lassen, das ein schlagender und hauender Professionist in diese Behausung ziehen solle, weillen solche durch das Schlagen und Hauen ruinös gemacht wurde, es hat auch dr Kammerer Luckner keine andere Ursach mich aus der Wohnung zuthun, als weillen meine ältere Tochter von einem Burgerssohn bedauerlich zu Fall gekommen ist, welches aber durch derley Verstossung nicht mehr zu ändern und derentwegen nicht auch ich samt Weib und übrigen Kindern zu strafen seyn werde, die Tochter aber hat ihre Straf schon ausgestanden, wie sie es verdient hat, dagegen bin ich schon ein alter Burger und habe selbsten eine Burgers Behausung samt der Melblersgerechtigkeit innen gehabt, um welches ich durch zufällige unglick gekommen, der Wagner aber ist nur ein Beysizer, mithin wird bey einer zur Marcktskammer gehörenden Behausung ein Bürger mehrers recht haben gegen Verrechnung des Zünses als ein beysizer."
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"Unterthänigst gehorsamster Johann Mpsmüller burgerlicher Inwohner zu Kötzting" |
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Anschreiben und Rückantwort an und von der Regierung Straubing |
Unterthänigst gehorsamstes Anlangen und Bitten
Rückantwort:
Denen von Kötzting mit Dupl: Einschluß zu befehlen, daß sie bey vorgeschriebener Beschaffenheit dem begehren statt thun, im widrigen aber sub ter 30 Tagen bey 3 Pfund Straff Brht. erstatten und den Empfang unter nämlichen Compelle bescheinen sollen den 2. Xber 1783"
Dem durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Herrn Karl Theodor, Pfalzgrafen eey Rhein. herzog in Ob: und Nidern Bajern, des heyl. Römisch: Reichs Erztuchsess und Churfürsten zu Jülich, Cleve und Berg, Herzogen, Landgrafen zu Leuchtenberg, Fürsten zu Mörß, Marquisen zu Bergen-Op Zoom, Grafen zu Veldenz, Sponheim, der Mark und Ravendberg, Herrn zu Ravenstein. Meinen Genedigisten Churfürsten und Herrn, Herrn
Straubing zur hochloblichen Regierung:
Wie in vielen seiner Prozesse und Anwaltsschreiben argumentierte Luckner zunächst formal:
Ist bei mir Luckner eben in ao 1781 amtierender Kammerer vorkommen, das die älter-Moßmüllerische Tochter mit Georgen Parzinger Salliter Sohn alhir verdächtigen Umgang pflege, worüber in Abwesenheit des Vatters, deren Mutter herrufen lassen und ihr ein solches vorgestellt, mit der communication, sye Mosmüllerische Eheleit bey solcher Sündhafften Beschaffenheit nit längers mehr in dieser Hörberg zu gedulten, mit dem weittern sonderbaren Auftrag, das ihrige Tochter in anderweitige Dienste von hier abweck zu Abschneidung aller bösen Gelegenheit sich begeben solle Statt deme die Schuldige folge zu leisten Sye Moßmüllerin mit all bösen Mund ihrige Tochter auf das äusserste beschöniget, worauf dann endlich die Schwängerung gar erfolget. wie dann 2do (secundo = zweitens)
Luckner war bereits seit Jahren im Clinch mit der Familie Parzinger wegen deren "Salitergewerbes".
Die Saliter waren in Bayern besonders geschützt, weil sie das für die Herstellung des Schwarzpulvers notwendige Salpetersalz herstellten. Dafür sammelten sie Ausblühungen an den Mauerfundamenten - durften sogar per Dekret im Inneren von Wohnungen den Fußboden aufreißen, um an die Mauern zu gelangen. Das Auskochen dieser Ausblühungen und anderer Rohstoffe zur Herstellung des Nitratsalzes war allerdings durchaus eine feuergefährliche Angelegenheit und die Parzingers wohnten Wand an Wand mit Luckners Braustätte. Daher hatte Luckner bereits angeboten, diese Familie an den Ortsrand auszusiedeln, allerdings vergeblich. Dies erklärt vlt auch einiges am Verhalten Luckners bei den Familien Moosmüller und Perzinger
Es ist schon interessant, dass es dem damaligen Kammerer (=Bürgermeister) möglich gewesen war, einen missliebigen Bürgerssohn einfach "ins Militär" zu stecken.
4to "Gibt der neu eingestifte Wolfgang Breu statt 6: des iahrs richtige 8: fl und unterhaltet noch dazu dem Offen nebst der Stuben......
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Unterthänigist-gehorsabster
Samuel Luckhner derzeit
Ambtskammerer mp (manu propria =mit eigener Hand)
"Ich - hier spricht der Berichterstatter der Regierung - wäre also der mindesten Meinung dem Magistrat anzubefelchen, selber hätte den Moosmüller als einen alten verunglückten Bürger in der Wohnung Wuhn zu belassen" usw.
NB (=Nota Bene) Diser Befelch ist von dem Vicekammerer zu eröffnen und zu publicieren. Sodann in die Erfüllung zu bringen."
2. Dem Moosmüller aber " sei zu bedeuten, daß er seine Tochter ohne weiteres auf Lichtmessen oder lengstens bis Georgi in einen ehrlichen Dienst fortschaffen, efort zu ferner bessern Lebenswandl anmahnen solle"
Luckners Bericht hat nicht nur einseitig seine Sicht der Dinge dargelegt, sondern ist an einigen Stellen in seiner Wortwahl - trotz der allerhöflichsten An- und Abrede - alles andere als unterwürfig, sondern einfach nur belehrend und arrogant. Nachdem Straubing bereits seit Jahrzehnten Ärger mit Luckner hat, ihn auch bereits darauf hingewiesen hatte, er möge sich in amtlichen Schreiben eines besseren Tones bedienen, fällt es Straubing hier leicht, den selbstherrlichen Kötztinger einzubremsen.
Einschub Ende
Mit demselben Datum geht auch ein Schreiben an das Landgericht mit dem Auftrag, "daß weillen vorkommt, daß der von dem gnädig Graf Wahlischen Infanterie Regiment meineydig desertirte Parzinger, Salitersohn daselbst, in der Stihle sich bey seiner Mutter wie auch bei demMosmihler alda sich aufhalte, selbige ahso gleichwohölen genaue Amtsspech bestehlen und selben auf Attrapiren Handfest machen lassen wolle."
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StA Kötzting Marktrechnung von 1801 "Der Johann Moosmüllerisch Inwohners Wittwe die obere Wohnung gegen Erlag der pactirten Stifft ad 6 Gulden." |
Grassl Anton und Dorothea Millner
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StA Kötzting Marktrechnung von 1769 |
Als sie mit demselben Datum einen Heiratsvertrag abschließen, wird dort festgehalten, dass sie beide bereits vor 8 Jahren geheiratet hatten und Dorothea 1 Kuh und 12 Gulden mit in die Ehe gebracht hatte. Das nun gekaufte Haus hatten sie sich beide gemeinsam erspart.
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Blaibach Matrikelband 6, fast nicht zu entziffern, aber eindeutig Hochzeit eines Grassl Anton im Jahre 1761 mit einer Dorothea. |
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PfA Kötzting Pfarrei Blaibach Matrikelband 3 |
"29 9ber Antonio Gräsl des Rählhoff solutus molitor in Gmündt, et Dorothea Millerin de Weisenregen. testes Josephi Schisl lidimagister et Georg Miller alimentarius pater sponsae."
Wie bereits seine Vorbesitzer verdient auch Anton Grassl sein Geld in Kötzting mit dem Melblen und bezahlt dafür die übliche Gebühr an die Marktkasse.
Allzu lange bleiben die beiden nicht auf dem Haus. Bereits am 15.4.1780 kommt es zum nächsten Verkauf, wenn auch der Besitz zunächst in der Familie verbleibt. Georg Grässl, der Bruder aus Bächlern im Gericht Viechtach, erwirbt das kleine Haus um 430 Gulden.
Georg Grassl
Auch Georg Grassl muss nun seine 10 Gulden an den Markt bezahlen, um das Kötztinger Bürgerrecht zu erhalten.
Grassl Anton wird nun Müller in Eigenblut, taucht aber in den Marktrechnungen des Jahres 1787 mit einer kleinen Einzahlung in Höhe von 8 Kreuzern und 4 Heller auf, "zur Erhaltung seines Bürgerrechts"
Gerade einmal 2 Jahre verbleibt Georg Grassl, auch er wird Melber genannt, auf dem Haus, bevor er es an den Müllersohn von der Sagmühle Josef Robl um 500 Gulden weiter veräußert. Immer noch gehören zu dem Anwesen die 100 Gulden Schulden bei der Kirche, das Wurzgärtl auf dem Färberanger und ein kleiner Acker vom Strohhof in Grub.
Josef Robl und Anna Görgenhuber
Gleich zwei Tage später feierten die neuen Hausbesitzer auch Hochzeit.
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PfA Kötzting Band 15 Seite 10 |
Die Treuzeugen waren der Schneider Johann Michel und der Häusler Anton Pirzl."
Die Geschichte der Töpfer/Häfnerfamilie Görgenhuber ist bereits in dieser Häuserchronik bearbeitet worden.
Im Jahre 1807 findet er sich dann mit einer weiteren Abgabe von 1fl 36 xr für das Salzausmesseln.
Zur Wahl standen der Bürgermeister (nun heißt er auch in Kötzting so, der Begriff des Kammerers ist Geschichte), die Räte und der Ausschuss. Listen gab es keine, sondern jeder Wähler konnte seine Wunschpersonen für die jeweiligen Posten frei einsetzen.
Hier nun der Wahlzettel unseres Josef Robl. Natürlich waren nur die Bürger und Männer wahlberechtigt. Inwohner, Beisitzer, egal ob Männer oder Frauen, waren nicht wahlberechtigt.
Josef Gerstl Weisgerber
Zur Ratsfreund
Adam Hollmayr Nro 60
Kraus Nro 63
Josef Amberger Nro 106
Lorenz Milbauer Nro 59
Josef Decker Nro 80
Mathias Pfeffer Nro 85
Ist des Schreibens unkundig
macht dieses Zeichen
Anschließend wurden die einzelnen Wahlzettel ausgewertet und in eine Liste übertragen.
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StA Landshut Rentamt Kötzting B 27 |
Das gemauerte Haus mit Stallerl und dann
einem kleinen Gärtl"
Johann Kraus und Therese Robl
Die Übernehmer haben aber nur 1200 Gulden zu bezahlen, "weil die übergebende Mutter von der dermal vorhandenen Baarschaft einige Erbtheile zu bezahlen übernimmt und bereits schon einige bezahlet hat."
2. Folgende Heiratgüter werden quittiert:
600 Gulden ebenfalls die Tochter /Schwester Anna Maria nun verheiratete Pertenhamer, deren Mann Josef ein Mitterschreiber am LG Kötzting war.
3. 1200 Gulden bleiben den beiden noch ledigen Töchtern Margaretha und Josepha zu einem Zinssatz von 3 Prozent gutgeschrieben.
4. Reserviert sich die Übergeberin zur lebenslangen Herberge "das Nebenstübel im Haus und wenn sie wegen übler Behandlung in selben nicht verbleiben könnte oder wollte, so müßten ihr jährlich 8 fl Herbergszins verabreicht werden."
Das "obrigkeitliche Handgelübd" wurde abgestattet, und unterschrieben hat diese Urkunde der damalige Landrichter von Pechmann, dem wir Kötztinger die Wiedereinführung des Pfingstrittes verdanken.
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StA Landshut LGäO Kötzting Briefprotokolle 1819-1820 "und das obrigkeitliche Handgelübg abgestattet wurde act: den 18ten October 1819 Pechmann" |
Johann Kraus hatte Theresia, die Tochter des verlebten Robl Joseph geheiratet, welcher eine Melberkonzession hatte. Die Kötztinger Bäcker haben nichts dagegen und so wird die Konzession erteilt. Wenige Jahre später, 1828, sucht er auch um die Verleihung einer Fragnerkonzession nach, die ihm ebenfalls erteilt wird.
Gleich als neuer Hausbesitzer plant Johann Kraus einen Stadelbau und stellt am 10.6.1820 beim Magistrat einen Bauantrag. Den Baugrund hatte er kurz zuvor dem Küfner Dirnberger abgekauft und dieser sei nahe des Gartens des Hutmachers Gulder.
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StA Kötzting AA XI 68 von 1820 |
Auch die Gemeindebevollmächtigten mussten dem Bauvorhaben zustimmen, was sie auch einstimmig taten und mit ihren Unterschriften bestätigten. Dieses Gremium - praktisch eine zweite Kammer - mit seinen Mitgliedern ist regelrecht ein "Who-is-Who" der damaligen Kötztinger Bürgergesellschaft.
Wenige Jahre nach der Übernahme des Hauses wurde er von seiner Schwiegermutter wegen ausstehender Leibthumszahlungen verklagt. Nachdem die Sachlage eindeutig ist, vergleicht JK sich mit der Witwe Anna Robl und man einigt sich auf eine Ratenzahlung der ausstehenden Gelder.
Lit A: Das Haus mit realer Melbergerechtigkeit
Einschub
Die bedeutete: nicht eine Person hatte diese (personale) Melbergerechtigkeit, sondern der jeweilige Besitzer konnte mit dem Erwerb des Hauses die Reale Gerechtigkeit, die auf dem Hause ruhte, nutzen. Diese konnte auch nicht ohne weiteres übertragen werden. Ähnlich war es in Kötzting mit den realen Brau- und Tavernrechten. Auch diese stand den Marktlehnern nur solange zu, wie sie auch in Besitz eines Marktlehens waren.
Einschub Ende
Wohnhaus und Stall unter einem Dache, dann Hofraum
Stall und Dunglage
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StA Landshut Grundsteuerkataster 5045 |
1. Hauptgebäude
Erdgeschoss: 1 Wohnzimmer und 1 Laden
I. Stock Wohnzimmer und Boden unterm Dach
2. Nebengebäude
3. Nebengebäude
1 Scheuer mit Dreschtenne
4. Nebengebäude
1 Holzschupfe
Johann Kraus und Therese Feiertag
Die junge Witwe stand nun mit einem eigenen Baby und zwei angeheirateten Kindern da und entschied sich wohl daher schnell, einen neuen Ehemann zu finden.
Dies glückte, und so heirateten am 27.6.1855 der aus Gotzendorf stammenden Vogl Josef, nun bereits Bürger in Kötzting, und die Witwe Therese Grassl.
Josef Vogl und Therese Grassl
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StA Landshut Grundsteuerkataster 5047 |
Joseph Vogl
Lit A: das Haus mit realer Melbergerechtigkeit
Laut Vertrag vom 16ten Juli 1855 durch Ehelichung der Theresia Kraus zum Miteigenthum, und auf Ableben derselben zum Alleineigenthum erhalten."
Ein Blick in die Sterbematrikel der Pfarrei Kötzting zeigt uns, dass die junge Melbersgattin Therese Vogl am 26.5.1861 mit gerade mal 31 Jahren an der Lungensucht verstorben ist. Vorher hatte sie in dieser Ehe noch einmal 4 Kindern das Leben geschenkt und erst Anfang Dezember 1860 war sie zum letzten Male Mutter geworden.
Nun stand der junge Vater wiederum mit einer Kinderschar da und war auf der Suche nach einer neuen Partnerin.
Am 19.2.1862 heiratete der Melbler Josef Vogl, Sohn des Gotzendorfer Bauern Josef und seiner Frau Anna, die Moosbacher Witwe Walburga Achatz, eine geborene Bauerstochter Fischer aus Lichtenegg.
Josef Vogl und Walburga Achatz
Josef Vogl erklärt hierauf: Ich gestehe zu, dass ich diese Forderung schulde, jedoch nach Brief von 15. Oktober 1852 sind die Alimentenreichnisse gemeinschaftlich abzutragen. Ich habe diese Reichnisse jahrelang alleine bezahlt und muss schon berechtigt sein hiervon die Hälfte in Abzug zu bringen. Das treffende Recht will ich sodann bis in 8 Tagen berichtigen. Die Kläger sind einverstanden.
250 Gulden an die Pfarrkirche für vier Quatembermessen für sich, ihren verstorbenen Ehemann und den verstorbenen Bruder Josef Feiertag, gewesten Schenk im Kloster Metten.
Jedes der drei Vogl-Kinder, Anna, Monika und Josef, erhält 100 Gulden
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StA Landshut rep166N/12 Schachtel 1 testamente der Therese Kraus |
1700 Gulden, die sie dem Marktmüllerpaar Amberger geliehen hatte
100 Gulden habe sie an Bargeld zuhause
12 Gulden 30 xr beziehe sie im Vierteljahr vom Kramer Josef Loibl - im Vorgriff, das ist einer der nächsten Hausbesitzer)
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Hier das Originaltestamet der Melberswitwe Therese Kraus, geborene Feiertag |
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Mit diesem Amtssiegel des Kötztinger Notars war das Testament verschlossen |
Als ihre Universalerbin setzte sie die ledige Marktschreiberstochter Therese Grassl ein.
In diesem ersten Testament möchte sie noch wöchentlich eine Messe lesen lassen, aber auch die Kinder erster Ehe des Melbers Josef Vogl werden berücksichtigt
Als sie dann im Jahre 1889 tatsächlich verstirbt, findet sich in ihrem Akt ein drittes, noch neueres Testament.
In ihrem Nachlassakt nach ihrem Tode, am 12.8.1889, sie gesundete also offensichtlich und lebte noch lange nach ihrer ersten Testamentserweiterung, wird auch ersichtlich, was unter dem "Decker=Stifthaus" zu verstehen war. Es ist das Haus mit der alten Nummer 66, heute bekannt als der Oberberger-Metzger, war damals in Besitz des Familienverbandes Decker und offensichtlich auch vermietet.
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StA Landshut Nachlassakten Rep 166N-12 Schachtel 32 von 1889 Nr. 65 Kraus Therese Melberswitwe |
Kötzting HsNr. 66"
Nun wird nur mehr die ledige Therese Grassl bedacht, die sie allerdings bis an ihr Lebensende "warten und pflegen" solle. Es sei auch der Erbin überlassen, ob und wie sie ihre Stiefschwester an den zu erbenden Kleidungsstücken beteiligen würde oder wolle.
Die früheren Testamente erkläre sie hiermit für aufgehoben. Auch diese Testamensabänderung als ihren "Letzten Willen" überlebte die Melberswitwe noch um ganze 9 Jahre,
Wie bei vielen anderen Anwesen Kötztings geht es auch auf diesem Hause sehr turbulent zu in dem Jahrzehnt vor 1870.
Mit Datum des 9.1.1898 finden sich Franziska Wiesmeier als Besitzerin - durch Kauf - und ein Jahr später am 13.12.1899 heißt der neue Besitzerin Barbara Fredl, deren Mann, Franz Xaver, ein Bäcker ist und aus Reisbach stammt, während sie, eine geborene Graßl aus Bärndorf ist.
Amberger Georg und Möckl Aloisa
Bei seiner Hochzeit am 15.1.1865 wird er, der Sohn des Kötztinger Marktmüllers Amberger und seiner Frau Anna Maria, als Melber bezeichnet. Er heiratet Aloisia Möckl, eine Gerichtsdienerstochter aus Schönberg. Der Melber Georg Amberger stirbt ebenfalls bereits in sehr jungen Jahren mit 31 Jahren am 14.10.1865 an der Lungensucht und seine junge Witwe behält das Anwesen noch eine kleine Weile.
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Stadtarchiv AA X 26 vom Dezember 1864 |
Alabasterwaren, Asche, Backstein, Beinschwärze, Berlinger Blau und rot, Besen aus Reisern, Bettfedern, Bleistifte, Bleiweiß, Buchdruckerschwärze, Cement, Cichorie. Cigarren, Darmsaiten, Essig, ungefärbter Leinenfaden, Federschwamm, Feuersteine, Geflechte aus Haar, Weiden, Schilf, Rohr, Bast, Stroh und dgl. Glanzruß, Griffel, ungemahlener Gips, Gipsfiguren, Hadern, Harz, Hefe, Holzwaren als Schachteln, Wannen, Mulden, Backtröge, Rechen und Schaufeln, Gabeln und andere zum oekonomischen Gebrauch dienende Waren, Holzteller, Holzschuhe, Spielwaren ausd Holz, Holzwerkzeuge, Peitschenstiele, Stöcke, Reifen, Sattelbäume, Fourmiere, Schindelspäne, Leisten, Goldrahmen, Kacheln, Kaffeesurrogate, Kalk, Kartoffelmehl, Sage und Stärke, Knochenmehl und andere künstliche Düngemittel, Kohle, Lampendochte mit Ausnahme Baumwollene, Lampenruß, Leim, Leinöl, Leinwand, Moosbürsten, Mühlsteine, Nähfäden, Papier, Pech, Rauchtabak, Rothstift, Schiefertafel, Schleifsteine, Schnitzarbeiten aus Holz, Knochen oder Bein, einschlüssig der sogenannten Ammergauer und Berchtesgadener Waaren, Schnupftabak, Schreibfedern, Senf, Speise- und Baumöl, geschliffene und geschnittene Steine, Steingut, Tinte und Tintenpulver, Unschlittlichter, Wagenschmiere, Waschblau, Wetzstein, Wichs- und Wurzelbürsten, Ziegel, Zinkweiß, Zünder, Zündhölzchen
Josef Leibl und Kreszenz Neuhierl
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(StA Landshut Rep 164-8 Nr. 4791 Konzessionen |
Protokoll
Mir wurde das Brandtweinausschenken untersagt, angeblich wegen Mangel einer Conzession.
Hingegen protestiere ich, weil es ein altes auf meinem Hause ruhendes Recht ist, daß dort selbst geistige Getränke ausgeschenkt werden dürfen.
Schon vor mehreren Jahren sollte der Vorbesitzerin Louise Amberger dieses Recht entzogen werden, doch hat sich die Berechtigung herausgestellt. Beim Rentamt soll es eingetragen sein, als altes Bischofsrecht."
Um den Fall zu klären, werden auch bei den noch lebenden Vorbesitzern nachgefragt und damit erfahren wir noch ein Stückchen mehr, was so bei einem Melber verkauft und gemacht wurde.
"Protokoll
Frl Theres Groß(?) erklärt Namnes ihrer Mutter Melberswittwe Theres Kraus, welche vor ca. 25 Jahren das Leiblsche Anwesen besaß:
Auf diesem Anwesen wurde damals nur Mehl u. Schmalz und dergleichen getrieben nicht aber auch mit Schnaps.
Der Ehemann der Kraus trank gerne Schnaps und ging deshalb zu Weiß und um dieses abzustallen, kaufte die Theres Kraus für ihren Mann immer eine Maß Schnaps holen(?) und wenn dann gerade ein bekannter kam, erhielt er auch ein Gläschen.
So bürgerte sich das Schnapsschenken auf diesem Anwesen ein.
Eine Conzession wurde nie erworben.
Theres Groß(?)
"Frau Louisa Amberger, Fragnerswittwe erklärt. Ich besaß mit meinem 1865 verstorbenen Ehemann das Leiblsche Anwesen von 1864-1869 und hatten wir es vom Melber Vogl erkauft.
Bei unserem Einzuge wurde schon Schnaps geschenkt und schenkten wir denselben unbeanstandet fort. Eine Conzession erwarben wir nicht.
Drei erwachsene Kinder waren vorhanden, von denen die Therese ebenfalls in München arbeitete, als Köchin in der Lindwurmstraße.
Der Sohn Johann war "Metzger und Schenkkellner in Kötzting" und die andere Tochter war in Nürnberg verheiratet.
Die beiden noch minderjährigen Kinder waren Mathilde, eine Wäscherin in Kötzting, und Hubert, ein Metzger und ebenfalls in München.
Herr Josef Loibl wird Jahre später dann noch einmal ein klein wenig in die Geschichte des Hauses eingreifen.
Franziska Wiesmeier
Ich bin gesonnen, diese Branntweinschenke auf dem erworbenen Anwesen weiterzutreiben und stelle die Bitte um persönliche Konzession hirzu.
Ich bin geboren am 18. Januar 1868 in Arndorf, als Tochter der Hausbesitzerseheleute Franz und Franziska Wiesmaier, geb. Kuchler, ersterer in Arndorf verstorben, letztere bei mir in Kötzting wohnhaft.
Unterschrift: Frzka. Wiesmeier
Zusatz: Ist wieder weiter verkauft worden."
Fredl Barbara, geborene Graßl
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StA Kötzting 024 Familienbögen Buchstabe "F" |
Ihre Mutter wiederum stammte aus Blossersberg und der Vater aus Oberkreuzberg AG Grafenau.
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Unterschrift: Franz Xaver Fredl |
Fredl ist einmal bestraft, und zwar vom Amtsgerichte Dingolfing unterm 17. Februar 1896 wegen (Entwendung lies) Felddiebstahl zu 5 M Geldbuße, ev. 1 Tag Haft.
Magistrat Kötzting
Drunkenpolz."
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StA Kötzting 024 Familienbögen Buchstabe "F" |
Auf gesch. Zuschrift vom 28. v. Mts sei Ihnen mitgeteilt, daß Fredl ein vermögen nicht besitzt; Anwesen, Bäckerei und alles Zubehör ist im Alleinbesitz der Ehefrau desselben:
Kötzting, 3.Okt. 1903 Magistrats Liebl"
Als der Hausbesitzer nun in Türkheim weilte, um sich kurieren zu lassen, nutzte Fredl die Gelegenheit und reiste ab.
Kreitmair bittet nun
1. den Magistrat herauszufinden, warum Fredl nicht zahlen wolle,
3. würde er den Vorstand bitten, Herrn Fredl vorzuladen, um den richtigen "Aufschluß" zu erhalten.
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Hochachtungsvoll Sylvester Kreitmair Villabesitzer Wörrishofen |
Im Vorgriff auf das folgende Kapitel kann man sehen, dass von den ursprünglich vorhandenen zwei schmalen Gassen durch den Neubau nun bereits eine unterbrochen werden wird.
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Rep 162-8 Sch. 22 Nr. 3374 Fredl Huber Hofbauer Wensauer 1903 |
a: Bauplatz der jetzigen Stallung mit überbautem hölzernen Bodenraum.
d: Wohnhaus des Michael Huber
e: Wohnhaus des Georg Bachl
f: Magistratsgebäude
i: Wohnhaus des Ludwig Hofbauer
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Vergleicht man die Frontzeichnung mit dem Ölgemälde am Bloganfang, dann kann man nun bereits eine Ähnlichkeit sehen. |
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Offensichtlich wurde Fredl mit seinem Bauvorhaben etwas eingebremst, was die Abänderung seiner gewünschten neuen Baulinie anbelangt. |
Der Nachbarschafts-Grenzstreit mit JB Wensauer
Dies ging nun Johann Baptist Wensauer zu weit, er erklärt, es sei ihm nicht darum gegangen, die Fredls zu bestrafen, sondern er wolle nur sich und sein Haus vor Schaden bewahren, da durch die "Lagerung von Pferde- und Schweinemist, der mit Odel durchtränkt ist" sein Haus geschädigt würde, indem "abgesehen vom Gestank der besonders bei Regenwetter ablaufende Odel in die Mauer dringt", weil sein "Haus so 1- 1 1/2 m tief in der Erde steckt".
Dieses Gässchen sei seit Menschengedenken frei gewesen und es wurde auch auf stetige Reinlichkeit geachtet. Als Fredl 1898 das Haus gekauft hatte, hatte er seine Düngerstätte in dem Gässchen zwischen ihm und dem Huberschen Haus (Hausnummer 51), welches Fredl nach einigen Jahren aber überbaut hatte und nun, nachdem er sich neu Vieh angeschafft hatte nutzte er das untere Gässchen zu seiner Mistablage.
Das Gitter an dem Gässchen ist seinerzeit von den Besitzern, seinem verstorbenen Vater und dem nunmehr in München wohnhaften Leibl angebracht worden, allerdings "lediglich aus dem Grunde, um Verunreinigungen des Gässchens seitens der Kinder vorzubeugen. Das Gitter war noch niemals versperrt, sondern wird nur von einer Kinder nicht erreichbaren Vorrichtung zugehalten, so daß im Bedarfsfalle bei Brandfällen u.s.w., der Durchgang sofort benutzt werden kann.
Der Magistrat beschloss, da diese Gasse auch im Interesse der Nachbarschaft sei, diese nun zu befragen und zu einer Stellungnahme aufzufordern.
Der Bäcker Fredl geht aber einen Schritt weiter und beginnt eine Mauer zu errichten, zunächst nur durch loses Aufschlichten von Mauersteinen.
Nun fordert auch Wensauer eine Bestrafung seines Nachbarn und fordert eine Augenscheinnahme durch Sachverständige, vor allem um Schaden von seiner Mauer abzuwenden.
Sechs Tage nach dem Anwaltsschreiben Wenauers kontern die Fredls und behaupten, der Abort des Wensauer würde sich teilweise auf deren Grund befinden. Sie fordern ihn auf, diesen zu entfernen, da sie vor hätten, dort eine Mauer zu errichten.
Nun treffen sich die Besitzer der Häuser 50,53 und 54, also Wensauer, Futscher und Krämer, und stellen fest, dass Fredl das Gässchen an seiner unteren Seite vermauert hätte, so dass der Durchgang zwischen den vier Häusern nicht mehr offen sei.
Dieses Gässchen sei seit Jahrhunderten wegen der öffentlichen Sicherheit offen gewesen und diente zum allgemeinen Durchgang. Jeder der vier Hausbesitzer habe bzw. hatte einen Ausgang in dieses Gässchen hinein.
Nachdem die Bäckerseheleute Fredl aber ab dem Jahre 1909 als die neuen Besitzer auf dem Haus Nummer 72 jenseits der Brücke auftauchen, hat sich das Problem wohl auf diese Weise einfach erledigt.
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Foto Pongratz Grablege Franz Xaver Fredl im Alten Firedhof |
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StA Landshut Grundsteuerkataster 5058 Mieterfassion 1911-1936 |
1. Josef Dachs Bäckermeister Parterre 1 Zimmer 1 Küche Keller,Laden, Backstube
3. Barbara Koller Inwohnerin 1 Stock 2 Zimmer
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StA Landshut Grundsteuerkataster 5055 |
Nach Barbara Fredl kommt die Schreinerfamilie Brunhofer, bei der in der Erbfolge die Tochter, nun eine verheiratete Kolbeck, das Haus erbt und es dann an in der Nachkriegszeit an die Nachbarsfamilie Schödlbauer verkauft.
Brunhofer Wolfgang und Rosina Mauerer
Rosa Kolbeck, die mit Anton Kolbeck verheiratete Tochter Wolfgang Brunhofers, hatte erst im November 1951 das in der Rathausgasse gelegene Haus von ihrem Vater, dem Schreinermeister Wolfgang Brunhofer - genannt Scheijsslschreiner - erhalten. Offensichtlich in einer Art von Ringtausch verkaufte Rosa Kolbeck das Elternhaus an die Frau Schödlbauer (Textil-Schödlbauer) und erwarb zeitgleich das Eckhaus (alte Hausnummer 46) in der Rathausgasse. Auch in der Karteikarte der ältesten vorhandenen Einwohnermeldedatei der Stadt Kötzting ist gut zu erkennen, wie die Bewohner/Besitzer die Straßenseite gewechselt hatten.
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Stadtverwaltung Bad Kötzting Einwohnermeldeamt
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Arbeitskreis Heimatforschung Rathausgasse 3 |
Am 5. Mai 1906 hatte der Kötztinger Schreiner, Sohn des Schreiners Martin Brunhofer und seiner Frau Anna, einer geborenen Kirschbauer, Rosina Mauerer aus Siegersdorf geheiratet. Zwischen 1911 und 1924 bekamen die beiden 9 Kinder, von denen Rosa Brunhofer die Älteste gewesen war.
Nach einem weiteren Mädchen, Anna, kam dann der erste Sohn, Wolfgang, der spätere Pfingstbräutigam des Jahres 1937.
KA vom 5.5.1906 |
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Arbeitskreis Repro-3411 Familie Brunhofer/Schejssl v.l. Rosa Brunhofer (Kolbeck), Eltern Brunhofer, Wolfgang Brunhofer Pfingstbräutigam 1937, ? . |
Von Wolfgang Brunhofer senior lassen sich umfangreiche Aufzeichnungen im Militärarchiv in Ingolstadt finden, die durch die der Mormonen in den USA - wegen deren religiöser Einstellung zu Familienforschung - digitalisiert wurden und gegen eine monatliche Gebühr online im Internet abrufbar sind.
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Ancestry.com militaria |
Wolfgang ist 1,69 m groß, hat eine schlanke Gestalt, ein ovales Kinn und eine große nase und Mund. Seine Haare sind blond und er trägt einen Schnurbart. Als besonderes Kennzeichen ist eine "Narbe a.r. Goldfinger" erwähnt.
Er wurde mit dem Militärverdienstkreuz III. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet und in seinem Kriegstagebuch sind eine ganze Reihe von Einsätzen verzeichnet, die seine Einsatzorte gut nachvollziehen lassen.
Durch den Kriegseintritt Rumäniens und dem mittlerweile äußerst prekären Zustand der K.und K. Österreichischen Armee musste die Deutsche Oberste Heeresleitung reagieren und verlagerte erneut seine Truppen.
Bereits am 28. 8. hatte der deutsche General August von Mackensen den Oberbefehl über die bulgarischen, deutschen, österreichischen und teilweise die osmanischen Truppen übernommen, die zusammen die Heeresgruppe Mackensen bildeten. Am 23.10.1916 begann Mackensen seine Zentraloffensive, was sich mit der obigen Eintragung bei WB gut in Deckung zu bringen lässt.
2 bayerische Divisionen waren unter General von Falkenhayn mit von der Partie.

Zimmerer) gut g'falln, weil dort der Hof dabei war. Und daweil, so hat er g'sagt, ist der Krieg ausbrochen. Der Wensauer vorn, das wo heute der Textil-Schödlbauer ist, hat allerweil g'sagt: "Franz, nimm doch mein Haus, wennst kimmst!" D'Liese (Schwester) ham's dann firma (Firmung) lass'n und alle Tag' ist der Wensauer zu uns rüberkommen, so wie der Schejßl-Schreiner alle Tag'zum Dietl-Back
(Meidinger/Marktstraße 14) vorkommen ist, mit seinem Schnupftabak. Das war so:
Der Schejßt hat herhinten (Haus gegenüber vom Ladeneingang Zimmerer) an Schnupftabak auf d'Hand affedo, is fire aufs Eck ganger, hat lange Zeit g'schaut, was sich so alles tut; dann erst ist er zum Dietl-Bäck runtergangen und bei denen in der Stub'n drin hot er erst g'schnupft. Der Meidinger Max (Vater vom jetzigen Besitzer Max Meidinger) hat ja beim Schejßl-Schreiner g'lernt. Gebacken haben nur seine
Eltern damals - aber nur Semmeln, Weckl und a Brot. Der Max heute ist zwar wieder Bäcker, aber selber backen tut der auch nicht mehr. Der Schejßl-Schreiner und der Mutscherl-Mauerer (Josef Breu, Gehstorf) haben das beste Zeugnis g'habt von der ganzen Schul' damals. Zufalligerweis hat mein Vater vom Kirschner - der hat Altpapier, Alteisen und Boiner (Tierknochen) g'handelt und das alles, hat er
hintennaus (zur Gehringstraße hinaus) gelagert - ein altes Schulheft von 1893 bekommen, in dem das stand. In das Heft hat der Vater immer die alten Geldscheine hineingelegt ,und durch das haben wir eine Geldsammlung von alten Scheinen, bis zu einer Billion, daheim gehabt.
Der Schejßl-schreiner hat sich seine Maschinen alle selber g'macht. Der alte Meidinger Max (Dietl-Bäck) hat bei ihm als Schreiner g'lernt; dann der Letzte war der Stockatschouster Hans von Lederdorn. Alle ham's was g'lernt vorn Schejßl-Schreiner, weil der hat wos kinna und jeder hot g'sagt: "Sapparalot! Trotz seiner selberg'machten Hobelmaschinen und so weiter".
Pfingsten im Hause Brunhofer
Durch Ihren gestrigen Telefonanruf ließen sie mir mitteilen, daß ich als Pfingstbräutigam ausersehen bin. Ich bin sehr erfreut über diese Anerkennung. Leider kann ich diese Anerkennung nicht annehmen, wegen meiner derzeitigen Dienstpflicht. Ich bitte Sie daher mich bis zum nächsten Pfingstfest zurückzustehlen, da die Zeit schon zu kurz und auch nicht so lange Urlaub bekomme wie ichs da benötigen könnte,
Heil Hitler
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Verpflichtungserklärung des Pfingstbräutigams. |
Auch der Burschenverein traf mit seinem Aufruf zu Zucht und Ordnung den Ton der Zeit.
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Kötztinger Anzeiger |
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Arbeitskreis Heimatforschung DIA-Repro 1399 hier mit dem Brunhofer-Haus in seiner größten Ausdehnung |
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Foto Josef Barth : Weite aus dem fernst mussten sich die Bewohner in der Rathausgasse lehnen, um die "Goisslschnalzer" beim Spiel von der Pfingstrittehr zu bewundern. |
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Foto Josef Barth ca. 1947, also zu dem Zeitpunkt, als die Schreinerei Brunnhofer noch in Betrieb war. |
Brunhofers sind in Grafenwiesen nachgewiesen, nur leider fehlt in den Kötztinger Pfarrakten der Heiratseintrag von Wolfgang Brunhofers Eltern Martin Brunhofer und Anna Kirschbauer.
Es gibt jedoch einen Hinweis, und das ist der Hausname: Scheisslschreiner für Brunhofer in Kötzting und einen - geschrieben - Schössl für eine Familie Brunhofer in Grafenwiesen.
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Hier das Haus Brunnhofer (Schössl) |
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Hier mit dem ochsengezogenen Zugschlitten ebenfalls beschriftet mit Brunnhofer(Schössl) |