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Donnerstag, 26. Mai 2022

Kötztinger Häuserchronik das Voithenleitnerhaus



 Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.

Alte Hausnummer 43

beim Fabrici - Windorfer - Häfner - Voithenleitner


Foto Sammlung Voithenleitner-Frank





Detail aus der Uraufnahme von 1831 aus Bayernatlas.de

Es geht bei der Suche nach dem ersten belegbaren Besitzer mitten hinein in den "Billich-Clan", dessen Familienmitglieder nach dem Dreißigjährigen Krieg auf vielen Häusern in Kötzting nachweisbar sind, was bei den immer gleichen Vornamen, die damals vergeben worden sind, die Beweisführung sehr erschwert.
In der Beschreibung des Nachbaranwesens - mit dem zu meinem Leidwesen die einigermaßen detailgetreue Besitzbeschreibung durch den damaligen Probsteiverwalter Türrigl endet - wird auch dieses Haus erwähnt, weil die Besitztümer damals durch die Benennung der Nachbarn festgelegt wurden.
HStA München Landshuter Abgabe B1 von ca. 1655

Adam Türrigl führte in seiner Besitzbeschreibung ausschließlich die Kötztinger Marktlehner auf. Kamen zwischen diesen Anwesen Häuser zu liegen, so erwähnte er diese nur, um sie als Nachbarn heranzuziehen und damit die Marktlehen zu lokalisieren.
So auch in diesem Falle. Dieses später so große Anwesen war nach dem Dreißigjährigen Krieg nur ein Haus. Der Besitzer genoss also keines der umfangreichen Rechte, die die Marktlehner besaßen.
Als den ersten Besitzer kennen wir also den oben angeführten Marktmüller Georg Billich.

Georg Billich


Nachdem die Häuser Kötztings in diesem Bereich des Marktes vollständig im November 1633 den Flammen zum Opfer gefallen waren und einige Häuser in der Nachbarschaft zu diesem Zeitpunkt noch als reine Brandstätten bezeichnet werden, wissen wir von diesem Haus, dass es zumindest bereits bewohnbar gewesen ist, da einige Bewohner im Jahre 1651 für ihren Frevel abgestraft wurden..
StA Landshut Markt Kötzting Marktrechnung von 1651
"Die Fendrichin, welche in der Billischen Behausung negst dem Rathaus an der Herberg gewesen, umb das sie an unser lieben Frauen Liechtmessen Tag nach gehaltenem Gottsdienst Garn aufgehengt. gewandelt per 1 fl 8 kr 3 1/2 H. "  Eine  saftige Strafe, da war eine gepflegte Wirtshausrauferei mit Beschimpfung deutlich billiger.
Ein Georg Billich - als Marktmüller bezeichnet - findet sich bereits im Jahre 1590 in den Akten infolge einer Rauferei im Hause Billich. Dabei handelt es sich sicherlich mindestens um den Vater unseres gesuchten GB.
1632 - und damit sollten wir bei dem "richtigen" Georg Billich, Marktmüller aus Kötzting, sein findet sich in den Pfleggerichtsrechnungen ein außergewöhnlich umfangreicher Eintrag über eine Schlägerei.

StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1632

"Georg Pillich Marckhtmüller alhir, ist von Hannsen Lärnpecher Müllers zu Camerau clagt worden, daß er ihme in sein behausung gebracht, als er aber haimb und zur "
"hündern Thier hinauß gehen wollen, hat ine Püllich aufgehalten und sein weib einen redo verlognen Mann schelm und dieb iniurirt welche er retorniertz und ein redo hurn gehaissen. Darauf Püllich mit einem bei sich gehebten Waidtner an das Hiern zwenn Hieb: an den Linckhen Fueß zween: vorn auf dem Kopf ain grosse wundten versezt, und als er ihme entweichen wollen, er ihme erst wider ein schaden hinden am Kopf bethann, daraus der Arzt etliche Painer genommen, hingegen Pillich in seiner Antwortt vorgeben daß sie beede bei dem Pölsterl alhie gezecht und als er haimb gehen wollen: Lärnbecher ihme nit vort lassen wollen, und als er sich"



"Im Flöz auf ein Truechen gesezt hab er ihne in die Stuben mit Gewalt getragen, hernach am Haimbgehen ernannter Lärnpecher bei der Pruckhen und Figur stehent geblieben, Püllich von ihme Urlaub genommen und ihme umb ain Trunckh an die Markchtmüll gebracht, ein weil mit seinem Weib getanzt, hinach haimbgehen wollen, im Flöz dem Lärnbecher ains gebracht, welcher aber nit Beschaidt gethann, sondern gleich nider geschlagen und auf ihm geknieet. Dahero er sich mit seinem Waidtner als ein underligenter salvirt. Als sie aber voneinander khommen sey Lärnpecher erst im Marckht"


"yber die hohen Stetten abgefallen und davon erst theils Schaden bekhommen, dieweiln dann ermelter Pillich der Beschedtigung nit allerdings in Abredt sein mögen, als ist dem ernanten Püllich abschiedlichen auferladen worden, daß er dem Lärnpecher füer seine empfangenen Schäden neben Abrichtung des Arzten 60 fl Paargelt zuestellen: und Straff (:wie dann Lärnpecher auch umb sovil gewandlet: und in der Kastenabts Rechnung eingefierth worden:) erlegen soll
1 fl 30 xr"

Einschub
Neben der sehr detaillierten Schilderung der Rauferei der beiden Müller ist hier eine Kleinigkeit interessant. Schlägereien - vor allem mit Waffen und wenn sie blutig ausgingen - durfte der Kötztinger Magistrat nicht verhandeln. Dies musste der Landrichter machen und die Geldstrafe wurde in der Pfleggerichtsrechnung als Einnahme verbucht. Der Chamerauer Müller - ja mit einer Teilschuld  und daher ebenfalls mit einer Geldstrafe belegt -  war als Chamerauer Bürger dem Kötztinger Kastenamt untertan und musste folglich seine Strafe in dieser Kasse abliefern. 
Das Kastenamt, normalerweise eine reine Domänenverwaltung und zuständig für die Verrechnung und Lagerung der Naturalabgaben, war im Kötztinger Raum gleichzeitig auch Grundherr für einige genau bezeichnete Gebiete im Landgericht Kötzting. Die Bewohner von Chamerau und die Orte hinter dem Hohenbogen - früher auch die "Kastenamterer" bezeichnet - fanden ihren Richter, ihr Notariat und ihr Finanzamt im Kötztinger Kastenamt. Auch wenn diese Funktion von derselben Person - schon seit Anfang des 17. Jahrhunderts geschah dies in Personalunion durch den Landrichter - ausgeführt wurde, so wurde doch eine separate Rechnungsbuchreihe geführt.
Einschub Ende

In den Kastenamtsrechnungen von 1632 findet sich derselbe Vorgang in einer etwas anderen, viel kürzeren, Variante.
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Kastenamtsrechnung von 1632

"Einnamb an Straffen von Gerichtswändln
Hanns Lärnpecher zu Camerau ist umb daß er bei dem Pölsterl gezecht und dem marckhtmüller Georgen Püllich den Weeg verstanden, hinach in seiner Behausung die glöser zerprochen und mit ihme Müller einen Rauffhandl angefangen, auch des Müllers Weib ein redo Hurn gehaissen gestrafft worden per 1 fl 30 kr"
In den Kötztinger Kirchenrechnungen finden wir Georg Billich mit einer Grundschuldaufnahme von 37 Gulden, die er im Jahre 1637 getätigt hat. 
PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1638

Auch 1646 und 1652 lässt sich dieser Eintrag finden; 1652 aber bereits mit dem Zusatz "seel". Georg Billich muss also zwischen 1646 und 1652 verstorben sein.
Der Kammerer Georg Billich wird bereits in den Kirchenrechnungen von 1650 als Lehensträger für Gehstorf und den "3. Teil Zehent im Markt" bezeichnet mit dem Hinweis, dass er verstorben ist.
Im Kötztinger Status animarum findet sich die Familie Billich, die offensichtlich - vermutlich weil am Ortsrand und am Fluss gelegen - vom Großbrand weniger betroffen gewesen war.

PfA Kötzting Matrikel Band 1 
"Georg Pillich und seine Ehefrau Margaretha und dem Kind Georg" ca. um 1636
Georg Billich mit der Magd Barbara und einer 1 jährigen Tochter Magdalena" ca. um 1656
damit also bereits der Sohn des obigen. Deutlich hier auch zu erkennen die verschiedenen Handschriften.

Am 2.9.1641 findet sich ein Heiratseintrag eines GB, Ratsherren und Witwers in Kötzting, mit einer Anna Prantl aus Danna (Tanna) in Böhmen.
Ein Sterbeeintrag für Georg Billich ist nicht zu finden, was in den turbulenten Zeiten gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges und des Beginns der Matrikelaufzeichnungen nicht verwundert.
Im Jahre 1656 heiratet sein Sohn Georg - als Sohn des Marktmüllers und Kammerers GB und seiner Frau Margaretha bezeichnet - die Katharina Lärnbecher, Tochter des Georg(!) Lärnbecher, Müllers aus Gmünd, also nicht des obigen Raufgegners.

Hier endet zunächst unser Wissen über die Besitzer dieses Hauses im 18. Jahrhundert, da die Briefprotokollreihen erst mit dem Jahre 1700 einsetzen und die Steuerlisten der Jahrzehnte, die dazwischen liegen, explizit nur die Marktlehen auflisten. Es geht hier also nur mit der Methode, den nächsten gesicherten Besitzer herauszufinden und von diesem aus rückwärts zu suchen.
Gesichert ist, dass im Jahre 1706 Johann Franz Lischintin - denn von diesem wissen wir, dass er  Besitzer des Hauses gewesen ist - Anna Maria Türank, Tochter des Kramhändlers Johann Türanck geheiratet  und das Anwesen des Schwiegervaters übernommen hatte. 
Das hilft ein schönes Stück weiter, denn über die Türancks - italienische Händler -  lässt sich einiges in den Archiven finden.

Johann Türanck und Raith Barbara

Hier zuerst die Abstammung des Johann Türranck. 
Johann Türanck und seine Frau Magdalena - die Eltern des obigen Johann Türranck - werden in Kötzting für mehrere Generationen eine Art Händlerdynastie gründen. Mit ihren ersten beiden Kindstaufen  - im Jahre 1655 ein Andreas und  im Jahre 1659 die Taufe eines weiteren Sohnes mit Namen Johann - tauchen Hans Türanck und seine Frau Magdalena zum ersten Male in Kötzting auf. 
PfA Kötzting Band 1 vom 29.5.1659

"Dem 29. ist dem H. Hansen de dirag und seiner Hausfr: Magdalena von Khözting ein Khindt namens Joannes taufft worden. Dessen Gevatter Andre Billich Cammerer alhir"
Bei einem seiner nächsten Kinder -Lorenz, geboren am 4.1.1667 - wird Hans Türranck dann als "mercator und cives" bezeichnet, also als Händler und Bürger.

Wie in dem oben angesprochenen Beitrag bereits angedeutet, ist es möglich, dass Hans Türranck bei seinem Start in Kötzting zuerst den Rathausladen gemietet hatte. In diesem Verfahren bezeichnet ihn der Magistrat bereits im Jahre 1664 als Mitbürger und schrieb in dem Begleitschreiben, dass  er der einzige Krämer im Markte sei. Spätestens aber mit der Geburt des Lorenz, als er als Bürger bezeichnet wurde, musste er bereits ein Anwesen in Kötzting besessen haben.
Am 21.7.1670 verstarb Hans Türranck - wellischer genannt, Aus den Verhandlungen vor dem Magistrat, die seine Witwe verursachte, wissen wir, dass er auf dem Hause mit der späteren Hausnummer 135 gelebt, gearbeitet UND sich ein beträchtliches Vermögen angehäuft hatte. Das Haus mit der Nummer 135 ist die heutige Veitsapotheke am Marktplatz.
Bei der Häuserchronik dieses Hauses wird der ganze Erbschafts- und Vormundschaftsstreit im Detail vorgestellt werden, Hier nur der entscheidende Vorgang, als die Witwe Türranck eine saftige Strafe bezahlen musste, weil sie bei der Inventur fast 4000 Gulden in Bargeld nicht angegeben hatte und damit ihren Kindern das väterliche Erbteil vorenthalten hatte.
"Magdalene Türranck, Wittig hat nach Ableben ihres Mans Hannsen Tiranken seel bey der den 19. 
Aug anno 1670  vorgenommenen Inventur an Parschaft 3475 fl vorenthalten , auch muetmasslich wan nit des abgeleibten Brueder Valenthin Tirank hiervon Wissenschaft gehabt , gar nit angezeigt hette.
Deswegen sye dan und sonderlich dass hiervon die Kinder 4 Jahre Ihren gebuerente portiones (welche eines Theils in sicher orth und mit nuzen uf Interesse hetten angelegt werden khoennen) enthraten miessen , punetriert worden." Die Strafe betrug fast 39 Gulden wohl um die 4-5 Tausend Euros.
Magdalena Türranck hatte sich nach dem Tode ihres Mannes erneut verheiratet und der neue Ehemann war nicht sehr glücklich darüber, dass die "geheime" Barschaft aufgedeckt und nun unter amtliche Kuratell gestellt worden war. Im Jahre 1675 äußerte er sich dann empört und beleidigend gegenüber den bestellten Vormündern und erhielt danach seine Strafe zugeteilt: "Hans Greimuth, Bürger, hat nicht nur gegen Andreas Billich des Inneren und Hans Pichel Aeusseren Rats, beede Buerger und Vormuender ueber die Kinder des Hans Tieranck, sondern  auch gegen Hans Raith, Marktschreiber, diese Formel ausgegeben, dass wan er Amtmeister waere, selbige henkhen lassen wolle.   Schmach ex officio aufgehoben", was ihn 2 1/2 Gulden kostete, auch dies keine kleine Strafe damals.
Nachdem dieses Erbe nun gesichert und den Kindern zugeschrieben werden konnte, hatten diese auf jeden Fall genügend Kapital, um sich nach Erreichen der Volljährigkeit ein eigenes Anwesen kaufen zu können.
Bei einer Steuerliste aus dem Jahre 1686 finden wir  bereits das "Tyrankhische Haus".
HStA München GL_Fasz_1829_62 Liste der Kirchentracht

Damit sind wir nun endgültig und gesichert bei Johann Türanck und seiner Frau Barbara Raith, die er am 12.2.1680 geheiratet hatte.

PfA Kötzting Band 2 Seite 151
"12. In unserer Pfarrkirchen ist copuliert worden der ehrenzichtige Jüngling Johannes Tirankh, Hansen Tirankhen gewesten Burger und Handelsman seeligen alhir, Magdalena seiner Hausfrauen ehelicher Sohn, mit der ehrentugenreichen Frauen Barbara Raidin des ehrenvesten und vornemmen Herrn Johann Raid, churfrtl. Preugegen- und Marktschreiber auch einer lobl. Landschafts Aufschlagseinnemmer hinderlassne Wittib. Testes Herr Johann Püchel und Hans Greimuth Burger alhir. P(ater) Emmeramus"
Hans Greymuth, der zweite Trauzeuge, war der Stiefvater des Bräutigams.
Zwei Kinder bekam das Paar, Anna Maria, geboren am 3.6.1681, und Anna Barbara, geboren am 27.2.1684. 
Es war damals üblich, im Rahmen des Fronleichnamsfestes bei verschiedenen Umzügen mit Böllern zu schießen. 7 1/2 Pfund Schwarzpulver wurden dabei verballert, für die Hans Türanck ganze 3 Gulden erhielt. Es steht zu vermuten, dass der Kramhändler das Schwarzpulver in seinem Haus inmitten des Marktes aufbewahrte. Erst im Nachgang des Marktbrandes von 1867 wurden die Kötztinger Handelshäuser dazu verpflichtet ihre Pulvervorräte außerhalb des Marktes aufzubewahren. Wenn ich mich nicht irre, gab es bis zu meiner Kindheit noch einen Schuppen der Fa. Haas in der Auwiese zu diesem Zwecke.
Der Zeitpunkt, ab dem wir Hans Türanck und seine Familie auf diesem Haus nachweisen können dürfte ab dem Jahre 1685 gewesen sein, weil sich aus dem folgenden Jahr folgender Hinweis in den Marktrechnungen finden lässt.
StA Kötzting Marktrechnung von 1686 Seite 23

Ausgab auf Zöhrungen, Rittgelter und Verehrung (Verehrung ist ein anderes Wort für kleine Bestechungen)
Nachdeme alhiesiger H: Pfarrer die nechts am Pfarrhof ligent gewest Hanns Türankische Behausung an sich gekhaufft, und alle gegen dem Pfarrhof verhandtene Fenster vermauern lassen wollen, solcher Khauf aber in Villeweg dem gemainen marckht praejudizierlich geschienen, als hat man Hannsen Pölstern und Wolfen Peringer derentwillen mit dem Bedeutten zu ihme H: Pfarrer abgeordnet, daß aus vill bedenckhlichen Ursachen solcher Khauf nit ratifiziert werden khönne, damals den haben sie beede verzöhrt  15 xr."
Das Haus, um das es hier geht, kann aufgrund der Lagebeschreibung nur die spätere Metzgerei Schoierer gewesen sein. Von diesem Gebäude ist auch bekannt, dass es eine kleine Fluchttür hin bzw. heraus aus dem Pfarrhof gegeben hat. 

Foto Pongratz: Im heutigen Voithenleitner-Haus gibt es noch viele Zeugnisse aus der alten Zeit und dank des Bewusstseins vieler folgender Besitzergenerationen mit dem Anwesen ein ganz besonderes Juwel zu besitzen, ist ein Gang durch dieses Gebäude eine Wanderung durch alte Zeiten. 

Diese Eisentüre im Hausgang zu ebener Erde enthält die Jahreszahl "1700" und stammt daher direkt aus dem Besitz von Hans Türanck und seiner Frau Barbara.
Foto Michaela Frank. Hier die eisenbeschlagene Tür im Zusammenhang im Flur. Den farbigen 
Mustern, und Ornamenten, die hier an den Wänden zu sehen sein, wird eine eigener Blogbeitrag  gewidmet werden.

Wie weit verbreitet die Familie Türranck damals in Kötzting gewesen war, kann man an einer Schuldverschreibung aus dem Jahre 1700 erkennen. Darin verleihen die beiden Vormünder über die Lorenz Türanckschen Kinder, Hans und Andreas Türanck, 106 Gulden aus deren Vermögen. Als Zeuge dieses Vertrages firmierte dann noch ein Peter Dürranck, des Rats zu Eschlkam.
StA Kötzting Marktrechnung von 1700 Seite 14

Hanns Greimueth (der Stiefvater) und Hans Dieranckh beede Burger und Crambhandler alhir haben sich in causa Hundsf(ott) herausfordern, und Schelmbengeschmaiß Verscheldtung verglichen und aso sye beede neben enrstlichen verweis per 1/2 Pfund Pfennige punctiert worden. Lauth verhörsprotokoll fol 41 zu 34 xr 2 H:"
Im Jahre 1705 kam es im Nachbaranwesen zu einem Besitzerwechsel. Hans Georg Billich verkaufte sein Anwesen, gelegen  zwischen Michael Hofmann und Hanns Türankh, an Hans Georg Schwarz und dessen Frau Anna Maria, einer geborenen Billich. Bereits Jahre zuvor hatte HG Billich den Garten hinter seinem Hause für 40 Gulden an Hans Türanck verkauft. Gegen diesen Verkauf - obwohl verbrieft und bereits ein Jahr vergangen war - protestierte nun der neue Marktlehensbesitzer HG Schwarz mit Erfolg, weil seine Frau 2. Grades mit dem ursprünglichen Verkäufer verwandt war und daher Rechte geltend machen konnte. Hans Türanck musste das Gartengrundstück wieder abgeben.
Nun aber war es Zeit für einen Generationswechsel. Am 18.8.1706 verkauften "Johann Türank, Bürger und Krambhandler alhir und Anna Barbara" "das eine zeitlang ingehabte Bürgershäusl sambt den dabei  vorhandenen Crambladen , Gartten hinderm Haus Stadl neben dem  Acker und Wissfloeckh gegen den Reidenstainer Weg oberhalb Hans  Kriegers und Hans Georgen Seiderers Aeckhern liegend " um 600 Gulden an Johann Franz Lischcutin, seinen zukünftigen Schwiegersohn.
Bereits zwei Tage vorher hatten die beiden einen Heiratsvertrag abgeschlossen, beim dem 200 Gulden als Heiratsgut vom Verkaufspreis abgerechnet werden sollten. Vom Kaufpreis mussten auch der  zweiten Tochter Anna Barbara bis zu ihrer möglichen Verheiratung 200 Gulden gut geschrieben bleiben, die jedoch nicht verzinst werden mussten.  
Was den Kramhandel anbelangte, so war vereinbart, dass, solange Hans Türanck am Leben war und es ihm beliebe, sie sich "Uncosten, Gwün, Nuz, Gefahr und Schadten" gemeinsam teilen würden, er also weiterhin Handel treiben könne. Der Warenbestand solle geschätzt werden und der Käufer diesen im Laufe der Zeit abzahlen. Für Kost und Logie war vereinbart, dass "bey Ybernember der H: Ybergeber sambt der Frau yber dem disch zugehen Cost und trunckh zenemben befuegt." Die Familie Türanckh solle also bei der jungen Familie Liscutin ganz einfach zusammenarbeiten und auch versorgt werden.
Türranck Anna Barbara, Händlerin genannt, stirbt am 29.4.1710, von Hans Türanck findet sich leider kein Sterbeeintrag.


Johann Franz Liscutin und Anna Maria Türanck




Am 27.9.1706 gaben die beiden Brautleute ihr Eheversprechen vor dem Priester ab.

PfA Kötzting Band 3 
"Ein Versprechen auf eine zukünftige Ehe gaben ab, der ehrenwerte Jüngling Johann Franziskus, ehelicher Sohn des Johann Leonhard Liscutin (bereits verstorben) aus Althamm und Barbara seiner Ehefrau und die ledige Anna Maria, Tochter des Johann Dürrank und seiner

"Ehefrau Barbara (beide noch am Leben und Bürger in Kötzting) Die Zeugen waren Johann Georg Schwarz, Bürger, und Johann Düranck, der Vater der Braut.
Im selben Jahr noch konnte Franz Liscutin das Kötztinger Bürgerrecht erwerben. 9 1/2 Gulden musste er dafür hinlegen.
MR von 1706
"Franz Liscutin Burgerrecht erlegt 9 fl 30 xr"

Der im Übergabevertrag so gutmütig beschriebene Familienfrieden hielt offensichtlich nicht sehr lange, denn bereits in den Marktrechnungen von 1706 findet sich folgender Familienstreit.

StA Kötzting Marktrechnung von 1706
"Anna Barbara Diranckhin burger und Crammerin alhir, und derselben 2 Töchter Anna Maria und Anna Barbara umb sye in Ihrer behausung den Franzen Liscutin nachtszeit gewalthethig angegriffen den ich ander gehebten Ring abnehmen wollen, ainen redo Schelmben verscholten und nachdeme das Messer im Laib umzukehren betrohte neben ernstlichen Verweis per 3 Pfund Pfennige gestrafft worden, inhalt Rhats Verhörs protocoll fol tuett 3 fl 25 xr 5 H:"
Bei den Einquartierungen im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges konnte Hans Türanck noch nachträglich seine Aufwendungen geltend machen. Hier sein nachträglicher Nachlass in der Marktrechnung von 1707: "Gleichfalls hat Hanns Düranckh alhir umb er des H: Capians Damprecht Khnecht 5 teg in der Verpflegung gehebt an seiner Michaeli Steuer solche Verpflegung widerumben abgezogen , weillen andere burger Ihrer verpflegten Soldaten halber vom 2.Jenner bis 20.dyss ieder mit 6 x des tags bezahlt worden , aber düranckh umd das gedlt uff Ihme abgängig hievor nichts gehebt"
Auch im Jahre 1708 wird noch Hans Türanck noch als der Hausbesitzer genannt: "Wie man den sogenannten Rhatsstadl zusamb geworffen ist dem Hansen Düranken Bürgern alhier an seinem neben dem Schupfen stehenten garten Zaunstatt schaden beschechen derentwillen dann dene zu ainer Ergögnung die schargarttengilt nachgelassen worden.
Aus dem Jahre 1711 gibt es einen seltsamen Eintrag unter Rubrik der Ausgaben des Marktes: 
StA Kötzting Marktrechnung von 1711

"dem Hauptmann ufm Zandt hat man yber den von der hechstloblich Regierung Straubing ausgewürckht allergdisten bevelch umb Franz Liscutinn burger und Crambhandler alhir, bey selben 
ausgenombene Strümpf umbezahlter gelassen  und er Liscutin aus dem destalb alhier gestandtenen arrest entwichen behalt Scheins No 60 mitls des des diesfahls getroffenen vergleichs bezahlen 
miessen  30 Gulden."
Diesen kryptischen Text verstehe ich so, dass Franz Liscutin Schulden hatte, wegen deren er vom Magistrat in Arrest gehalten wurde. Nachdem Franz Liscutin aber fliehen konnte, musste der Markt - nach einem Vergleich und auf Befehl der Regierung in Straubing - für einen Teil des Verlustes aufkommen.
Wie auch immer, JF Liscutin taucht in den Archivalien nicht mehr auf und im Jahre 1717 wird seine Frau Anna Maria als Witwe bezeichnet, als sie versuchte, das Anwesen - die Ehe war zumindest laut den Einträgen in den Kötztinger Geburtsmatrikeln - kinderlos geblieben - an ihre Schwester Anna Barbara, nun eine verwitwete Mez und nun wiederverheiratete Billich, zu verkaufen.  Es ging um "das Bürgershaus sambt dem Krambladen sambt der dazugehörigen Gerechtigkeit", genauer, um das " nach Hintritt ihres Vaters Hansen Türankch gewesten Bürgern und  Kramhandlers alda käuflich übernommene Bürgershaus, item den sogenannt  Scharrischen hinder solchen Haus stehenten Gartten so in  aigenstükh ... freie Wohnung in der undern stuben und den Crambladen auf 2 Jahre" . Der Kaufpreis sollte derselbe sein, den sie und ihr verstorbener Mann auch bezahlt hatten, nämlich 600 Gulden.
Zu diesem Zeitpunkt war die Witwe bereits hochschwanger, zwei Monate später wurde sie von einer Tochter, Maria Ursula, entbunden.
PfA Kötzting Band 3 vom 28.8.1717


Am 28. desselben Monats wurde Maria Ursula, die uneheliche Tochter der Anna Maria Luscutinin /: nach dem Tode ihres Ehemannes Johann Luscutin, Kötztinger Bürgers und Händler, der - nur teilweise lesbar - 1714 verstorben ist. Nach den Angaben der Mutter ist der Vater Johann Franz Dominicus aus Fereti in Italien stammend. Die Taufpatin war Ursula Dimpflin, Bürgerin in Kötzting.
Diese Schwangerschaft und das Wissen darum, nun alleine ein Kind aufziehen zu müssen, war vermutlich ausschlaggebend für den Wunsch, das Handelshaus zu verkaufen. Es sollte jedoch nicht sein, denn ihre Schwester konnte den gesamten Kaufpreis nicht aufbringen und so wurde der Verkauf, nach wiederholter Aufforderung, endlich zu bezahlen, am 24.2.1718 rückgängig gemacht.  

Wie oben geschrieben wurde das Mädchen Maria Ursula im August 1717 geboren. Die Mühlen der Behörden mahlten langsam, denn erst im Rechnungsbuch von 1722 findet sich ein Eintrag mit der Witwe Liscutin und einem "Materialisten" aus Padua in Italien in den Pfleggerichtsrechnungen und zwar in den Leichtfertigkeitsstrafen. 

StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1722


."Weitters hat man Maria Anna Liscutinin Verwittibt burger und Crambhändlerin alhir, das sye ihren Vorgeben nach von Johann Franz Dominicusius ledigstandts: und Materialisten von Padua aus Welschlandt in der Redo: Leichtfertigkeit aines Kindts geschwangert worden, denen generalien gemess, weillen nit zusamben heurathen, und der Thetter ich dise r orthen nit mehr betretten lassen, gebisst per 2 Pfund oder 2 fl 17 xr 2 H:..... dan Sye 5 teg in der Geigen bey Haus"
Nicht nur, dass Witwe dann doch noch schwanger geworden war, das Kind, Maria Ursula, hatte auch überlebt, was in den damaligen Zeiten und unter den Umständen durchaus selten gewesen war.


Johann Georg Schuder und Anna Maria Liscutin



Im Jahre 1722 heiratete die Witwe und junge Mutter Anna Maria Liscutin den Kötztinger Neubürger Hans Georg Schuder. In ihrem Heiratsvertrag wurden der Tochter Maria Ursula  200 Gulden fest zugesichert.
 
PfA Kötzting Band 14 Seite 11

Am 30. Juni haben geheiratet Johann Georg Schuder, entlassener Bayerischer Reiter und ehelicher Sohn des Niederhausener Gutsverwalters Johann Schuderer und dessen Frau Ursula und seine Braut Frau Anna Maria Liscotinin der Witwe des Johann Franz Liscotin eines Kötztinger Bürgers und Händlers". Der danach folgende lateinische Text ist etwas unklar, verweist aber darauf, dass er wohl als Soldat gefallen ist und dass darüber ein authentisches Testat vorläge.
Die Trauzeugen waren der Kötztinger Schmied und Bürger Georg Peyerl und der Bürger und Metzger Andreas Pirzer. Pater Innozenz hatte die Trauung vollzogen.


HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B4 von 1727-1736
Im Steuerbüchlein des Klosters Rott finden wir "Hans Georg Schuder Crambhändler" über die ganzen 10 Jahre verteilt mit seinen Naturalabgaben an das Kloster Rott.
Im Jahre 1728 findet sich Georg Schuder in einem Streit mit seinem Händlerkollegen vor dem Landgericht ein und wird verurteilt.

StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1728
"Georg Schuder burger und Crambhändler alhier zu Közting hat Friederichen Loderer auch Burger und Crambhandler der orthen lffters ainen Deserteur verscholten, mithin deme vor ainen unehrlichen Mann und S:V.: Schelmen im Ruef zubringen gesuecht. Vonentwillen mann ihme Schuderer weillen ersagter Loder durch durch aine von dem gewest Schwedischen Obristleutnant Franz Josef von Furthnern beigebrachten Attestation das Contrarium gezaigt, neben ey officio ufgehebten Iniurii gestraffz worden per 1 Pfund Pfennige tuett 1 fl 8 xr 4 H:"
Beleidigungen im Handwerkerbereich - auch Krämer hatten eine Berufsehre - mussten vor dem Pfleggericht verhandelt werden und nicht vor dem Magistrat.
Im Österreichischen Erbfolgekrieg stellte Baron de la Trenck ultimativ Forderungen an den Markt Kötzting, denen dieser - mit dem Wissen über die Abfackelung der Stadt Cham im Hinterkopf - natürlich schnell versuchte nachzukommen, und verfügte eine allgemeine Anleihe für seine Bürger.
4 Gulden und 15 Kreuzer entfielen auf Hans Georg Schuder.

StA Kötzting Marktrechnung 1743

"Aus Clagen Hans Georgen Schuder und Antoni Schneider Rathausladenstiffter...
...beede Crambhandler alda, ist Wolfen Vogl Brodthieter daselbst aufgetragen worden, daß derselbe sein aigenmechtiges Saiffen und Körzen verkauffen in dem Brodthaus bey 5 Pfund Straff underlassen und damit solches würclhlich abgeschafft sein solle. Weillen Vogl aber ihme bey 2 Pfundt Straff dictirte Verbott nit underlassen, als hat man deme nebst ernstlichen verweiß lauth Rhats Protokoll under 4. 8ber ao: diss in die dictirte Straff condemniern wollen. Auf lestgemelten Vogl gehorsambliches Bitten nun seint ihme bemelte 2 Pfund Straff gnädiglich nachgelassen worden dahero anzesezen ist NIHIL
" (=Nichts)
Am 17.9.1746 übergibt Hans Georg Schuder, Bürger des Rats genannt, die Bürgersbehausung mit Krambgerechtigkeit, samt aller im Laden vorhandenen Waren, Betten, Leinwand und S:V: Vieh an seine Stieftochter Ursula Dominicus um 790 Gulden. Der Scharrergarten, von dem jährlich 30 Kreuzer an die Marktkasse abzuführen sind, und eine Wiese bei Reitenstein werden besonders aufgeführt.150 Gulden Grundschuld bei der Pfarrkirche Kötzting sind auch noch zu übernehmen.

Franz Ganzine und Ursula Dominicus


Zwei Wochen danach heiratet die junge Hausbesitzerin. Sie bleibt Italien treu und findet in dem italienischen Händler Franz Ganzine aus Glanz ihren Ehemann.

PfA Kötzting Band 14 Seite 121
"October. Am 3. desselben Monats schlossen den Bund der Ehe der Herr Franz Ganzine, Kötztinger Bürger und Händler, ehelicher Sohn des Nicolaus Ganzine aus Glanz in Italien und Luzia dessen Ehefrau mit der mädchenhaften Jungfrau Ursula Dominicus. uneheliche Tochter des ledigen Johann Franz Dominicus aus Venetien in Italien und der Witwe Anna Maria Luskatini. Die Trauzeugen waren der Weißgerber Herr Josef Sämmer und Johann Georg Schütterer, beide Bürger und Räte dieses Ortes"
StA Kötzting MR von 1746
11 1/2 Gulden kostete Franz Ganzine - Italiener in Glanz gebürtig - das Kötztinger Bürgerrecht, das er am 17. 7bris 1746 erhielt, ein Betrag, der zusätzlich die Anschaffung eines "Feuereimer" enthielt. 
320 Gulden bringt Franz Ganzine mit in die Ehe
Im Jahre 1749 erstellte der Markt eine Repartionsliste  - also eine Umlageliste - für seine Bürger über noch vorhandene Restbeträge aus dem Österreichischen Erbfolgekrieg, die gleichzeitig auch eine Bürgerliste darstellt.
StA Kötzting AA IV 1
"Franz Ganzine Cramer Söldtner und dessen aigene Stuckh  8" (Gulden)
 Interessant, dass das Anwesen - früher immer als Haus bezeichnet - hier als Sölde bezeichnet wird; für Kötztinger Verhältnisse ein Quantensprung.

Er muss viele Hypotheken übernehmen, die seine Vorgänger auf das Anwesen aufgenommen haben, so hat er unter anderem 150 Gulden bei der Pfarrkirche erneut zu versichern, weitere 150 Gulden beim Spital Kötzting. Um einigermaßen über die Runden zu kommen, trennt sich Franz Ganzine von einem Grundstück, das im Reitensteiner Bereich liegt, "einem Agger neben dem Wießfleckl so an des Herrn von Görrings Paint stoßt, dann an Franz Seiderers und Luckhners Agger anstosst". Für 295 Gulden verkauft er diesen Acker an den Marktmüller Johann Stephan Irlbacher. Offensichtlich war dies aber noch nicht ausreichend. Franz Ganzine musste sich gegen Beleidigungen wehren und verklagte daher Barbara Schitzmayer, die ihn „auf öffentlicher Gasse als Schuldenmacher intituliert habe“.[

StA Kötzting Marktrechnung von 1757 Seite 58
"Umb das Barbara Schitzmayrin burgerliche Fragnerin aölda dam Franz Ganzine burgerlichen Crambhandlern und Ursula dessen Eheweib der beschechen gerichtlichen Clag gemess auf offentlicher Gassen ainnen Schuldenmacher intituliert, entgegen dessen Eheweib und zwar in der Kürchen angetastet, das sye statt ihrer schönen Hauben Tragung selbe verkauffen un darmit...
,,,deren Gläubiger contentiren solle, hat dieselbe weegen solch selbst eingestandener Cerschädndungen, welche ex officio aufgehebt worden, mit geschärffter interdiction und auftrag das sye fürohin deren bekannt böses Mauhl besser in zaumb halten solle zur Geldt buesß 2 Schilling Pfennige erlegen miesen dessen entwürfft 17 xr 1 H;:"

Das "bekannt böse Maul" der Schizmayerin sprach aber vermutlich tatsächlich nur das aus, was in Kötzting bekannt war.
Aus dem Jahre 1760 stammt eine Planskizze für einen Abwasserstreit, in dem auch dieses Haus eingezeichnet ist, mit einem interessanten Hausnamen, unter dem das Haus damals wohl bekannt war: "Wellischer", also "Italiener"

StA 

Viel Zeit war dem Ehepaar Ganzine aber nicht vergönnt, am 13.4.1761 bereits verstarb Ursula Ganzine gerade mal 45 Jahre alt. Ihr Mann überlebte sie um 15 Jahre, er starb erst am 9.2.1776.
Vorher jedoch, am 29.6.1764, verkaufte der Bürger und Kramhandler Franz Ganzine die am 17.9.1746 erheiratete "Bürgersbehausung mit Kramb: und Fragnereigerechtigkeit" an den Handelsmann Johann Baptista Fabrizi aus Glazenta in Italien.... die Italien-Connection funktionierte offensichtlich weiterhin.



Johann Baptista Fabrici und Maria Anna Beer

Wappenbild auf seinem Epitaph



In all den Jahren wurde bei dem Anwesen auch ein Scharrersches oder später Schwarzisches Wurzgärtl erwähnt, für welches im Jahr 30 Kreuzer an den Markt zu zahlen seien/waren. Solche eine Einnahme taucht aber in den Rechnungsbüchern des Marktes nicht auf.
Mit JB Fabrici kommt nun eine Person ins Spiel, die das Geschick dieses Hauses weit über seinen Tod hinaus bestimmen wird.
Doch erst der Reihe nach.

StA Kötzting MR von 1764

"Laut Protokoll fol 55 Johann Baptist Fabricius von Glanzetta aus den Venetianischen Gebüett gebierttig, welcher Franz Ganzine burger und Crambhandlern alda dessen Cramb: und Fragnerey gerechtigkeitsbehausung aberkauft und mit Exercierung der hierauf hergebrachten Handlung sich zu ernöhren comediert worden. mit beybringung eines Lidernnen Feur: oder Wasser Eimers ufs Rhathaus zur Burgerrechts gebiehr abtragen. Das also fehrner auszuwerffen kommet wie vor        16 fl."
Bereits drei Jahre später, am 3.2.1767, quittiert Franz Ganzine den Erhalt des Kaufpreises in Höhe von 1400 Gulden.
Im Jahr zuvor, am 17.7.1766, schloss er mit der Stadtamhofer Seifensiederstochter Maria Anna Beer einen Heiratsvertrag, die ihm 900 Gulden als Heiratsgut mit in die Ehe brachte.
Fünf Kinder wird das Paar bekommen, doch keines sollte überleben.
Cajetan Josef                 geboren am 4.3.1767     verstorben am 9.3.1767     5 Tage alt
Johann Baptist Anton    geboren am 7.6.1772     verstorben am 29.8.1772   2 1/2 Monate alt
Franziska Magdalena    geboren am 18.10.1773 verstorben am 22.10.1773  4 Tage alt
Aloys Fabian                 geboren am 25.1.1775   verstorben am 25.1.1775    Totgeburt
Maria Klara                   geboren am 27.5.1781  verstorben am  5.6.1781     12 Tage alt

Da Johann Fabrici und seine Frau eine zentrale Rolle in der Entwicklung dieses Hauses spielen, ist dies einfacher nachzuvollziehen, wenn deren Einflüsse und Wirkungen in Einzelfälle zerlegt werden.


Der Familienverband der "Stadtamhofer" in Kötzting

Johann Fabrici hatte 1766 Anna Maria Beer, eine Seifensiedertochter aus Stadtamhof geheiratet und konnte "Grenzstadt Stadt am Hof" am 15.11.1771 350 Gulden vom Verkauf der Beerschen Seifensiedersgerechtigkeit quittieren.

Einschub
Die Stadt Regensburg war damals eine freie Reichsstadt und nicht Teil des Kurfürstentums Bayern.
Aus diesem Grunde stellte Stadtamhof auch eine Grenzstadt dar. Die Grenze verlief am Fuße der Steinernen Brücke. (Pedepontis der lateinische Name für Stadtamhof beschrieb genau diese Lage : "am Fuß der Brücke". Die früheren Zollgebäude kann man noch gut am Stadtamhofer Brückenkopf erkennen.
Einschub Ende


Offensichtlich zog es die ganze Großfamilie Beer nach Kötzting.
Anna Marias Schwester, Maria Franziska Beer, hatte am 24.10.1767 den Kötztinger Marktschreiber Georg Cajetan Magerer geheiratet und ihr Bruder, Franz Anton Beer, wie er bei seinem ersten Kind genannt wurde, bzw. Franz Josef Beer bei seinem zweiten und den folgenden, hatte sich zusammen mit seiner Stadtamhofer Frau Ursula, einer Schmiedetochter, ebenfalls in Kötzting sesshaft gemacht.
Magerer Georg Kajetan besaß- bzw. stammte aus dem -  das Haus mit der alten Nummer 52.
Dessen Vater der Gerichtsprokurator Johann Christoph Magerer hatte das Haus bei seiner zweiten Verehelichung an seine Tochter und deren Ehemann Lorenz Stoiber verkauft. Der Sohn Cajetan lässt sich in Kötzting nicht als Hausbesitzer nachweisen. Möglicherweise wohnte er mit seiner Familie auch bereits im Hause der fabricis, was die große Nähe der Fabricis zur Tochter Franziska auch erklären könnte
Josef Beer und seine Frau Ursula (später wurde er nur noch mit seinem zweiten Vornamen geschrieben)
hatten sich zuerst im oberen Markt eingekauft, tauschten dann allerdings mit Johann Adam Decker und bewohnten ab 1778 ein Haus in der Rathausgasse, die alte Hausnummer 47.


8 Kinder bekamen die Beers, von denen man wohl aufgrund der fehlenden Einträge in den Kötztinger Sterbematrikeln annehmen kann, dass sie alle die Kindheit überlebten, und auch die Magerers hatten einen reichen Kindersegen. 7 Geburten sind bei ihnen verzeichnet, denen nur 3 Sterbefälle gegenüber stehen. 
Die junge Marktschreiberin Maria Franziska verstarb bereits mit 36 Jahren am 22.12.1780. Kurz zuvor hatte sie ihr letzte Kind, Maria Franziska, auf die Welt gebracht.
Ihre Tante, in der direkten Nachbarschaft - oder uU sogar im selben Hause - wohnend, Maria Anna Fabrici, hatte den kleinen Wurm gleich nach der Geburt zu sich aufgenommen. Wir wissen dies, weil in der Besitzübertragung im Jahre 1808 steht, dass sie das Kind ihrer Schwester gleich nach der Geburt "zur Erziehung an Kindes Statt" angenommen hatten und sie nun - 1808 - zu ihrer Erbin machte. 
Im Vorgriff auf den nächsten Hausbesitzer - Windorfer Josef - sollen hier noch die nächsten Verbindungen zur Familie Beer dargestellt werden.
Josef Windorfer heiratete in erster Ehe diese von den Fabricis adoptierte Tochter der Maria Franziska Beer, verheiratete Magerer.
Beer (Franz) Josef und seine Frau Ursula hatten eine Tochter Maria, die den Straubinger Bürgerssohn Franz Xaver Witzelsberger heiratete.
Diese Maria Wetzelsberger und Maria Franziska Magerer waren also Cousinen.
Die Tochter - eine Maria Anna Wetzelsberger - wurde  nach dem frühen Tode seiner Frau die zweite Ehefrau des Josef Windorfer. Zum leichteren Verständnis der verschlungenen Familienbande hier die grafische Auflösung der Zusammenhänge.


Das war aber noch nicht alles, was es an Verbindungen zwischen Kötzting und Stadtamhof damals gegeben hatte. Hier die Ergebnisse bei der Suche nach den Eltern und den vorherigen Heiraten in der Regensburger Dompfarrei:
Es galt also zuerst einmal die Geburten von Beer Josef, Maria Anna und Maria Franziska und möglicherweise von Schwarz Maria Ursula in Stadtamhof zu finden.
Im Heiratsvertrag zwischen Johann Fabrici und Beer Anna Maria am 17.7.1766 in Kötzting wird ihr Vater als Franz Beer, Seifensieder aus Stadtamhof genannt, welcher seiner Tochter 900 fl. Heiratsgut mitgibt. Stadt am Hof gehörte zu dieser Zeit zur Dompfarrei Regensburg und die Suche nach den Geburten brachte folgende Ergebnisse:
Ein Franz Beer, factor saponum, Seifenhersteller aus Stadtamhof bei Regensburg  verheiratet mit einer Maria Anna, hatte in  Stadt am Hof  in den  auf 1741 folgenden Jahren mehrere Kinder.
28.11.1741 Franziskus Josef
23.04.1743  Anna Maria   
16.04.1747 Franz Josef 

Bei der Anna Maria dürfte es sich um das Mädchen  handeln, welches sich später mit JB Fabrici verheiratete und deren Geschwister dann ebenfalls nach Kötzting zogen. Auch der Beruf des Vaters als Seifensieder passt dazu,  schließlich arbeitete auch Beer Josef  in Kötzting als Seifensieder. Nachdem es zur damaligen Zeit üblich war, bei Doppelnamen den zweiten Namen als Rufnamen zu verwenden, finden wir sicherlich in einem der beiden Franz Josef Beer Geburten unseren späteren Kötztinger Bürger Josef Beer.
1747 findet sich in den Stadtamhofer Geburtsmatrikeln auch der Eintrag für die Geburt einer Schwarz Maria Ursula, Tochter des Stadt am Hofer Senators und Schmiedes Moyses Schwarz, verheiratet mit Katharina, ob es sich um die spätere Frau des Beer Josef handelt, kann nicht mit Sicherheit angegeben werde. 
Es gibt aber noch einen  weiteren Hinweis auf die Verbindung Stadtamhof und Kötzting. Beim Durchblättern der Heiratsmatrikel der sehr umfangreichen Dompfarrei in Regensburg fiel mit eine Heirat in der Kirche St. Ullrich auf. Es heiratete Franziskus Fabianus Fabrici, Sohn des verstorbenen Händlers Johann Maria Fabrici aus Gehncodo(?) und seiner Frau Maria Magdalena  seine Braut Maria Clara Mötzl, überlebende Tochter des Stadtamhofer Rats, Brauers und Bürgers Johann Christopherus Mötzl und seiner ebenfalls verstorbenen Frau Anna Maria. 
Es kann also durchaus sein, dass JB Fabrici, nachdem er das Anwesen in Kötzting gekauft hatte, bei seinem Verwandten in Stadtamhf seine spätere Frau kennengelernt hatte, die danach zu ihm nach Kötzting zog. Dieses oben angeführte Fabriscische Handelshaus in Stadtamhof wird später in Kötzting noch eine Rolle spielen, bei der Aufstellung einer Warenbestandsliste.

 









Der Bürger und Geschäftsmann JB Fabrici

Im Jahre 1764 war JBF Kötztinger Bürger geworden, wurde er bereits 1769 als Mitglied des Rats bezeichnet.
StA Kötzting MR von 1769: Ausschnitt aus der Besoldungsliste des Äußeren Rats: "Johann Baptist Fabrici junior". Er war also neu in den Magistrat gekommen.
Nachdem die damaligen Wahlen ohne Wahllisten durchgeführt wurden und die wahlberechtigten Bürger  (nur die männlichen Besitzer der Marktlehen, Sölden oder Häuser) dabei die gewünschten Namen für den Inneren und Äußeren Rat aufschreiben konnten, ist dieser Aufstieg JBFs in den Magistrat auch ein Vertrauensbeweis für den Neubürger.
Schon seit Mitte der 1750er Jahre herrschte in Kötzting der fast allmächtige Kammerer Wolfgang Samuel Luckner, der mit seinen Ideen Kötzting ohne Zweifel in vielerlei Hinsicht verbesserte. Widerstand war er jedoch nicht gewohnt und, wer gegen ihn sich positionierte, musste mit großem Gegendruck rechnen. 
Auf zwei Feldern standen sich JB Fabrici und Samuel Luckner im Stritt gegenüber.
Der Umbau und die Erweiterung des Rathauses und der Kampf um die Reitensteiner Anteile.

Der Umbau und die Erweiterung des Rathauses


Im Markt Kötzting hatte noch nie eine Marktschreiberwohnung existiert. Die letzten drei Marktschreiber, Keser und die beiden Schreyer, Johann Baptist und Benno, Vater und Sohn, waren alle drei - neben ihrer Position als juristisch gebildete Marktschreiber - auch noch Marktlehner gewesen und damit brau- und schankberechtigte Vollbürger Kötztings. Gewohnt und gearbeitet hatten alle drei in dem Haus mit der alten Hausnummer 19, jetzt das Haus Marktstraße 28, die ehemalige Dampfbäckerei Pongratz am Marktplatz. Wie zu der Zeit üblich, erledigten sie ihre Schreibarbeiten meistenteils zuhause, wo sie auch die entsprechenden Schriftstücke aufbewahrten.
Bei einem Marktdiener, also dem markteigenen Gendarm, wurde nach dessen Tod bei der anschließend durchgeführten Inventarisierung vom Kammerer Luckner in dessen Haus tatsächlich eine „auf Pirament geschriebene und von höchstselb: Landesherrschaft Maximilian Emanuel unterschriebene Confirmation der Märktischen Freyheiten gefunden“. Dieser original Freiheitsbrief des Kurfürsten, der die Geschäfts- und Rechtsgrundlage des Marktes Kötzting bildete und nun bei einer Inventarisierung rein zufällig gefunden worden war, brachte Luckner auf die Idee nicht nur eine Registratur (solch eine "Registratur" entspricht einem heutigen Archiv) zu erbauen, sondern auch gleich eine Marktschreiberwohnung im Rathaus mit zu errichten. „Dies wäre umso wichtiger“, schrieb er, „als der alte Backofen des Marktdieners genau unter dem Rathausgang lag und deshalb tägliche Feuersgefahr bestand“.
Er hatte das Projekt im Rat vorgestellt und nach dessen Zustimmung mit Straubing verhandelt; damals wie heute mussten kommunale Bauten von „oben“ im Detail genehmigt werden.
Er selbst machte den Bauleiter und ließ das Rathaus nach seinen Plänen und Wünschen umbauen und erweitern. (Bei der Erstellung der Häuserchronik für das alte Rathaus wird dieser Umbau detailliert dargestellt werden.
Was hier für den Erweiterungsbau und den späteren Streit nur wichtig ist, ist der neue seitliche Anbau für die Registratur und das Schreibzimmergewölbe.
Luckner setzte auf das Ganze dann noch einen kleinen gemauerten 
Turm, mit Uhr und Glocke. Dies alles beschrieb er ganz selbstverständlich in den Marktrechnungen in der „Ich“Form, weil er persönlich sich als Bauherr und Auftraggeber fühlte.  So führte er weiter aus: „Diesen Bau bin ich immer beygewohnt und hab deswegen mit denen Bauhandwerksleuthen vielen Verdruß gehabt, weill diese Leute bey Gebäuden die Städt, Märkt oder Stiftungen angehen, nicht arbeiten, wohl aber ihren Lohn rechtschaffen haben wollen, ist allso ein zeitlicher Bauherr mit seiner Gegenwart immer nöthig, hierzu hab ich fast alles Fuhrwerk und zwar für ein Paquatell verrichtet.“
StA Landshut Regierung Straubing Nr. 4703 
Als Luckner das Rathaus erweiterte und - eigentlich ist dies das erste Archiv des Marktes Kötzting - eine eigene Registratur(1) und eine Schreibstube(2) im ersten Stock und die dazugehörige Marktschreiberwohnung im Erdgeschoss erbauen ließ, bekam er keinen Widerspruch vom angrenzenden Handelsmann Fabrici, dem er dadurch auf beiden Stockwerken die Fenster seiner Wohnung (3) zumauerte. 
Dankenswerter Weise durfte ich bereits vor Jahren - im Zusammenhang mit der Veröffentlichung über den Kammerer Luckner in den Gelben Bänden - die immer noch frei sichtbaren Fensterbögen im Frankschen Wohnzimmer fotografieren. Als im Jahr 2021 dann auch der Stoff- und Schneiderladen Pledl renoviert wurde, kamen auch im Erdgeschoss unter dem Putz alte Fensteröffnungen zutage.
Foto Michaela Frank: Südwand Erdgeschoss Voithenleitner. Schön auch zu sehen, dass die alten Häuser Kötztings - dieses ist ja von keinem der letzten 4 Marktbrände betroffen gewesen - im Erdgeschoss mit rauen Steinen und nicht mit Ziegelsteinen gemauert worden waren.

Foto Michaela Frank: Südwand Erdgeschoss Voithenleitner.

Foto Pongratz Dies ist der Anbau mit Erdgeschoss und erstem Stock, der damals im ersten Stock Kötztings erstes Archiv beherbergte.



Aufnahme Michaela Frank: Man erkennt, wie hier viele Generationen an Bewohnern sich die eine oder andere Fenster- und Nischenmöglichkeit erschaffen und wieder korrigiert haben. Dies ist die Südseite des Voithenleitner-Hauses im ersten Stock. Diese Fenster oder Öffnungen wurden durch den Neubau der Registratur von Seiten des Rathauses verdeckt und zugemauert.

Aufnahme Michaela Frank

Aufnahme Michaela Frank Solchen historischen Befunden auch konservatorisch gerecht zu werden, ist eine große Herausforderung, die aber von den jetzigen Besitzern mit Herzensblut angegangen wird.  Das Ergebnis spricht für sich. 


Foto Pongratz, Auf der Innenseite im ersten Stock kann man die alten Fensternischen aus der Zeit JB Fabricis noch gut erkennen. Das Bild mit der Kirchenburgansicht stammt von Herrn Robert Voithenleitner.

Foto Pongratz: Die schwere Holzdecke, sicherlich noch aus der Zeit Fabricis oder Windorfer herrührend, war bis vor wenigen Jahren unter einer Tapetenschicht versteckt gewesen und hat noch ihre Originalfarbkonservierung, vermutlich durch Ochsenblut.
 
Foto Pongratz Ich bin mir sicher, dass über diese schweren Dielen auch die Windorfers und möglicherweise bereits die Fabricis gegangen sind.


Nun zurück zum historischen Streit über Fenster und Licht.
JBF hatte sich also vom damaligen Kammerer Luckner - er war ja der Bauherr - ohne zu murren seine Fenster nach Süden zumauern lassen.
Jahrzehnte später, Fabricis Handelshaus florierte, brauchte er mehr Platz und so packte er auf einem Rückgebäude noch ein Stockwerk drauf und kam damit einem der drei Fenster der Marktregistratur ZU NAHE.
Nun finden wir hier ein schönes Beispiel für das lateinische Sprichwort: "Quod licet Iovi non licet bovi".... Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen (noch lange ) nicht erlaubt.
Luckner durfte also sämtliche Fenster Fabricis zumauern, aber als KBF ein Fenster schattierte, ließ ihm Luckner den Bau einstellen und beauftragte zwei Gutachter.
Wie einleitend beim Kapitel der Fabricis bereits geschrieben, gab es zwei große Problemfelder, in denen sich Fabrici und Luckner auf unterschiedlichen Seiten fanden.
Der später dargestellte Streit um die sogenannten Reitensteiner Anteile war zu diesem Zeitpunkt bereits in seiner heißen Phase, aber Fabrici war einer der wenigen Anteilseigner, der die, von Luckner verursachte, finanzielle Durststrecke der Anteilseigner ohne Einbußen durchstehen konnte. Nichts desto trotz stand er in Luckners Meinung wohl im "feindlichen" Lager und, wenn Luckner eine Chance für einen Prozess sah, dann führte er ihn.
Ein anderes Detail des obigen Plans - der sowieso nicht für Luckners Rathausumbau, sondern für den Prozess um Fabricis Neubau erstellt worden war - zeigt genau auf, um was es hier im Einzelnen überhaupt ging.
StA Landshut Regierung Straubing Nr. 4703 
Der quadratische Bau, noch heute im Voithenleitnerensemble mit seiner Turmstruktur zu erkennen, war eine ehemalige Stallung (3), die Fabrici nun als Lagergewölbe nutzen und auch den ersten Stock als Lagerraum hinzugewinnen wollte. (Text: ehemalige Stahlung oder dermallig Fabrisisches Neupau oder Handlungsgwelb). Um das Fenster der Registratur (2) eben nicht zu verbauen, ließ Fabrizi die Mauer im ersten Stock(1) aussetzen und schuf eine Art von Lichtschacht. (Text: Absezung oder Zwischenraum).
Bei der Gerichtsposse ging es um die mögliche Abdunkelung des dritten Fensters(2) in der Registratur.
Foto Michaela Frank: Der turmartige Anbau ist heute noch deutlich erkennbar. Links seitlich davon 
kann man ein wenig die Seitenfenster des Anbaues am alten Rathaus erkennen.
Nachdem der Streit vor der Regierung in Straubing ausgetragen wurde, musste eine Lageskizze erstellt werden, um dem Richter in Straubing die Situation auch zu verdeutlichen. Aus diesem Plan/Skizze stammen die beiden Detailzeichnungen, die bereits weiter oben angeführt sind. Hier nun zuerst die große Gesamtdarstellung.


StA Landshut Regierung Straubing A 4703
Zwei sachverständige Gutachter schickte die Regierung nach Kötzting und ließ deren Aussagen am 4.10.1782 protokollieren.
Vorher jedoch mussten die beiden Sachverständigen im Rathaus vor den beiden Streitparteien einen Eid ablegen.


....wurden die zwei Werkverständigen des Meyneids erinnrt und legten selbe in Beysein der Partheyen by angezundtenen Liecht und vorgestellten Crucifix den körperlichen Eyd ab, sie waurden damit ermahnt alles genau zubesichtigen was mann von Commissionswegen ihnen wurde vorweisen lassen....."
Anschließend schritten die beiden Handwerksmeister zur Besichtigung:



Paulus Haltmayer, herzoglicher Maurermeister aus Straubing stellte fest, dass er beim Fabrici anstelle einer früheren Stallung nun ein kleines Handlungsgewölbe vorgefunden habe.
 
Foto Pongratz Hier das Erdgeschoss des strittigen Gebäudes. Der Stallzugang erfolgte seitlich vom Hofraum aus. Im 20. Jahrhundert war der Fußboden und der davor liegende Garten ca. um 80 cm aufgefüllt worden.  Dies erklärt auch die - heutzutage - niedrige Lage des Eingangs und des seitlichen Fensters.

Auch auf der dem Gebäude zugewandten Seite des Anbaus kann man einen Zugang erkennen.


Haltmayr konstatierte, dass Fabrici in dem Gewölbe vor allem seine "trockene Ware" aufbewahre, weil der Boden mit "breitten Garten Steinen gepflastert" sei. Er könne nicht erkennen, wie dieses Gewölbe zu einer Werk-oder Feuerstätte würde genutzt werden können.
 
Daher weht möglicherweise der Wind. Der Markt achtete eifersüchtig darauf, dass niemand ein neues Hauswesen (definiert durch eine Herdstätte) ohne Erlaubnis begründen würde. Als der Landrichter dem Torwächter (heute Commerz- früher Schmidtbank) erlaubte, in seinem "Objekt" einen Ofen einzubauen, bekam er großen Ärger mit dem Magistrat - auch damals in Person des Kammerers Luckner -, weil diese eine eigenmächtige und übergriffige Handlung darstellen würde. Der Wärter musste weiterhin frieren.
Hier ging es aber auch noch um eine zusätzliche Fragestellung. Sowohl der Neubau als auch die Registratur grenzten beide an den hölzernen Rathausstadel, der sowohl vom Marktschreiber als auch vom Marktdiener als Lager ge/benutzt wurde. Würde nun Fabrici in seinem Neubau eine Feuerstelle betreiben, so wäre dies eine erhöhte Feuersgefahr über den hölzernen Stadl hinüber dann auch für das Rathaus selber.

Er beschreibt auch, dass Fabrici im oberen Stock mit seiner Mauer um 2 Schuh und 3 Zoll einen Schacht ausgesetzt hatte, "so daß gleichwohl noch einige Liechte in das quaestionierte Registraturfenster fahlen kann. Nochmehr aber Liecht geben könte wann die Fabrizisch ungebutzte Mauer verbuzt und abgeweisset werden sollte."
Auch im ersten Stock führt der Straubinger Mauerermeister auf, dass keine Spur einer "Herd- oder Feuerstatt" zu erkennen sei und dass die Versicherung des Fabrici glaubhaft sei, dass auch dieser Raum ausschließlich der Aufbewahrung der trockenen Ware dienen solle. 
Nun ging er in das Nachbarhaus, eben die Rathausregistratur.
Dort fand er - dem Plan gemäß - noch zwei Fenster vor, 2 Schuh 10 Zoll (also ca. 80 cm ) breit und 5 Schuh (also 150 cm) hoch........"wordurch genuegsame Liechte durch die 2 ohnstrittige Fenster sich in der Registratur verbreitet, sohin das strittige entrathen werden könte."
Die weitere Besichtigung der Fabricischen Räume erbrachte laut Haltmayer das eindeutige Ergebnis, dass Fabrici zu wenig Lagermöglichkeiten hatte und seine "Gewölbe" alle vollständig gefüllt waren. Auf den Hinweis des Magistrats (=Luckner!), es gäbe da noch ein verstecktes Gewölbe im Stadl, brachte diese Nachforschung "wegen seiner Engfängigkeit nur einen Platz zur Aufbehaltung des Kräutlwerchs oder Kraut und Rueben" zu Tage.
Drei weitere kleine Keller fanden sich noch im Fabricischen Haus "so aneinander und in der Tiefe nacheinander gingen" In dem ersten wurde die Milch so anders zue Kuchl nothwendiges in dem 2. Baumoel und Össig dann in dem dritten Wein in Fässern und Butter aufbehalten.
Haltmayer kommt zu dem Ergebnis, dass Fabrici den Neubau "zu seiner Nothwendigkeit, und gar keiner ander Ursach halber errichtet habe, durch welchen der Marktsregistratur zu Kötzting einiger Schade nicht zuegehen könte."
StA Landshut Regierung Straubing A 4703
Unterschrift und Siegel des Paulus Haltmayr kurfürstlicher Maurermeister zu Straubing

Nun kam der zweite Sachverständige, Josef Ehrlacher herzoglicher Zimmermeister zu Straubing, und gab seine Sichtweise zu Protokoll. Auch er beschrieb den Bau und konstatierte die fehlende Möglichkeit, dort eine Feuerstätte zu betreiben. Von ihm erfahren wir, dass der Dachstuhl zwar bereits abgebunden, aber noch nicht gehoben sei.  Der Zimmermann stellte nüchtern fest: "Wann dieses Fabrizische obere Stöckl mit keiner Feuerstadt versehen werden sollte, wie Fabrizi auch seiner Sage nach nicht gesinnt were, so wißte Gezeug nicht, woher diser Neubau der Marktsregistratur oder desselben Stadl gefährlich seyn solle."  Auch er meinte - ähnlich wie der Maurermeister - dass eher der Rathausstadel wegen seines Holz-, Heu- und Strohinhalts eine Gefahr für die beiden Angrenzer darstellen würde als umgekehrt.
Er rät dem Magistrat sogar dsa Fenster ganz zu vermauern und einen Registraturkasten davorzustellen, was eine mögliche Feuersgefahr sogar noch weiter verringern würde und der Fabrici nicht extra einen Schacht anfertigen müsste.
Der Geschäftsraum des Fabrici wäre nur 18 auf 18 Schuh groß, - 5.5 mal 5.5 Meter -  auf drei Seiten mit Stellagen vollgestellt und hätte mittig auch noch eine "Handlungstafel". Diese "Engfängigkeit" hätte Fabrici bewogen, zwei kleine schmale Gewölbe anzulegen, von denen eines nur als Gang zu betrachten sei und "in dem 2. hinwieder befandte sich der Toback bewahret."
Auch der Zimmermann musste sich auf die Suche nach einem angeblich zusätzlich vorhandnen Gewölbe machen und fand "ein kleines gewölbtes Loch vor, welches deponent zum gebrauch der Erdäpfel oder der Rueben und des Krauts widmen wollte, obschon Fabrizi in diesem Loch einiges an Unschlicht und Kertzen nebst 2 Laibl Khäss, ein weniges Waschgeschirr oder leeren 2 Küsten aufbehalten hatte.
Sein Befund ist: "Deponent haltet dafür, dass dem fabrici 2 gescheide Gewölber würden anständiger seyn als all diese Winckl"
StA Landshut Regierung Straubing A 4703
Unterschrift und Siegel Josef Erlacher churfürstlicher Zimmermaister und Purger zu Straubing
Kurfürstliches Pfleg: und Commissionsgericht Kam




Der Pflegskommissar vom Landgericht Cham fasst die beiden Gutachten zusammen und urteilt zum Teil mit beißender Ironie:  wenn von den drei Fenstern im Archiv nur noch zwei große übrigbleiben würden, „diese beiden geben eben die nemblichen Lichte, welche der dritte beytragen sollte und ein Registratör mag durch solche oder wegen solcher 2 Fenster eben soviell sehen und arbeithen was ein anderer mit 2 Augen zu übersehen im Stande ist, denn eben wie die Natur 3 Augen an einem Kopfe für überflüssig gehalten und das dritte nur beschwerlich seye würde so scheinte das bey gegenwärtigem Augenschein das 3te Fenster der Marktsregistratur überflüssig, unnutz und den Absichten einer Registratur nicht angemessen zu sein, da man dieses Fenster für ein Lustsalettl anständiger als für eine Registratur [wäre]
Die Ausführung der Chamer Pflegskommission, warum ein Archivar - hier Registratör genannt -  der eh nur 2 Augen hätte, auch kein dritten Fenster benötigen würde.....

Solch ein drittes Fenster sei im Übrigen unnötig, denn es mache den Registrator distrakt, ausschweiffig oder vorwitzig zu werden eines anderen Hofgeräth zu begutzen.
Ingleichen könnte der Nachbar die Begierde bekommen, die Registratur selbst durch solches Fenster zu belauschen, Scripturen zu distrahieren oder was sonst gefährliches anzustellen, da sonderbars  ohnvorsichtiger weiße derley Fenster wurde offengelassen werden.“
Alle an dem Ortstermin und Gutachten Beteiligten - außer natürlich Luckner und seine Anhänger- also die Kommission und die beiden Sachverständigen kommen eindeutig zu dem Ergebnis, dass Fabricis Bau keinerlei Beeinträchtigungen für das Rathaus mit sich bringen würde.
Zusammenfassend kommt er zum Schluss, dass die Sachverständigen meinen, der Neubau wäre kein überflüssiges, sondern ein höchst notwendiges Bauwerk. Am 14.10. wurde ans Gericht nach Straubing berichtet.
Nach Vorlage dieses Protokolls kommt die Regierung in Straubing ganz schnell zu einem Entschluss und, da Gefahr im Verzug sei, - es war ja bereits Ende Oktober - wurde dem Magistrat bei Androhung von 12 Reichstalern Strafe verboten, den Bau weiter zu behindern.
Dieser Spruch bedeutete einen vollständigen Sieg Fabricis und ließ Samuel Luckner nicht die Spur einer Chance, bei irgendeiner Kleinigkeit oder Verfahrenslücke noch einmal nachzufassen. In Straubing war Luckner ob seiner Tricksereien bei Prozessen eh bekannt (vermutlich eher berüchtigt.)
Was bei der Ortsbegehung ganz deutlich herauskommt, ist, dass im Hause Fabrici gerne hier ein kleines Kellerloch und dort ein kleiner Lagerraum geschaffen wurde, um für unterschiedliche Waren unterschiedliche Aufbewahrungsorte zu schaffen. Solche "Gewölbe" - dieses Wort steht nicht für einen Kellerraum, sondern wohl für jeden abgetrennten Lagerraum, egal ob unter- oder überirdisch. Entscheidend war vermutlich die Art der Bauweise, um sich von einem Schuppen abzugrenzen. RIEPL führt als Erklärung für Gewölbe sogar den Begriff Kaufladen an - konnten natürlich nicht offen stehen sondern mussten abgeschlossen werden.
Im heutigen Voithenleitnerhaus finden sich nicht nur noch viele Beispiele solcher historischer Türen, sondern auch noch manche Hinweise auf frühere Zugänge zu solchen "Gewölben", hier ein paar Beispiele.
Dank des Umsicht der jetzigen Besitzer und v.a. des Herrn Robert Voithenleitner, eines in Kötzting leider verkannten Künstlers, haben sich viele dieser Zeugnisse erhalten. Die bunte Fassung und die Ornamente an den Wänden sind Zeugnisse und Ausdruck eines ganz besonderen Verhältnisses zwischen Herrn Robert Voithenleitner und der jungen Familie, die Ende der Neunziger Jahre zu ihm ins Haus eingezogen war und deren Ergebnisse in einem zweiten Teil dieser Häuserchronik vorgestellt werden.
Der Titel Thema dieses zweiten Teils wird sein:

Die fabelhafte Welt des Robert Voithenleitner

Foto Pongratz Alte Zu- und Abgänge im Bereich der früheren Hausdurchfahrt. Auch hier muss man davon ausgehen, dass das alte Fußbodenniveau angehoben worden ist im Laufe der Jahrhunderte.

Sammlung Voithenleitner-Frank:  Eiserne "Gewölbe"türe



Sammlung Voithenleitner-Frank:  Eiserne "Gewölbe"türe



Foto Pongratz: Eiserne "Gewölbe"türe
Die hier protokollierte Ortsbesichtigung war eigentlich bereits für den 25. September angesetzt gewesen, wie aus den Kötztinger Marktrechnungen zu erkennen ist, jedoch war der Magistrat an diesem Tag unabkömmlich, weil bereits eine andere Gerichtskommission sich angekündigt hatte, um im Falle der Reitensteiner Waldung (siehe das nächste Kapitel) einen Ortstermin wahrzunehmen. 
Kötzting blieb nichts anderes übrig, als einen Boten nach Cham zu senden und um eine Verschiebung zu bitten.

Der Kampf um die Reitensteiner Anteile.



Das viel größter Konfliktpotential für JB Fabrici hatte seine Teilhabe an dem Aufkauf der sogenannten Reitensteiner Anteile.

Dieser Coup, den einige Kötztinger Marktlehner - unter aktiver Beteiligung der Regierung in Straubing - da in Abwesenheit und gegen den ausdrücklichen Willen  des damaligen Kammerers Luckner landeten, zerriss die Kötztinger Bürgerschaft und brachte Streit, Ärger und finanzielle Totalverluste für viele Beteiligte. Die einzigen, die von der ganzen Geschichte profitieren, waren die Gerichte. 
Der ganze Vorgang - einschließlich der Schläge, die Wolfgang Samuel Luckner in seinem eigenen Wohnzimmer erdulden musste - ist bereits Thema mehrerer Blogbeiträge gewesen, in denen man Teilaspekte gut nachlesen kann.
Natürlich waren auch die Reitensteiner Bauern von dem "Deal" betroffen, die allerdings zumeist sogar Nutzen aus den jahrelangen Prozessserien ziehen konnten, weil sie schlichtweg Behauptungen und Forderungen aufstellten, die damals nur schwer zu widerlegen waren.
Hier der Beitrag zum Streit zwischen Reitenstein und den Kötztinger Anteilseignern mit einer tollen Karte der Waldaufteilung auf dem Kaitersberg.
Darüber hinaus gab es den Einfluss und die Agitationen, die von Wolfgang Samuel Luckner ausgingen, die ebenfalls in dem Blogbeitrag im Zusammenhang mit der der Schilderaktion dargestellt sind.
Und dann noch abschließend der Mann, der durch einige "spezielle" Artikel in seinem Testament diese fatale Entwicklung überhaupt erst möglich gemacht hatte: der Freiherr Johann Bartholomaeus von Gehring, nach welchem die Kötztinger später die Gehrigstraße benannten.  Wie sehr der damalige Magistrat in Prozesse verwickelt war, kann man gut in den Marktrechnungen erkennen. 
Die meisten der Kötztinger Anteilseigner hatten sich den Ankauf dieser Reitensteiner Anteile nur durch eigene Kreditaufnahme leisten können, Schuldzinsen, die sie jetzt bedienen mussten, ohne von ihrem Neubesitz einen wie auch immer gearteten Nutzen ziehen zu können.
Luckner überzog diese Gruppe immer wieder mit Prozessen und war sogar der Tippgeber - und über die Marktkasse, obwohl ihm dies von der Regierung verboten worden war manchmal sogar der Geldgeber - für die Prozesse, die die Reitensteiner gegen die Anteilseigner anstrengten.
Da sich diese Prozessserie und der Streit über einige Jahrzehnte hinzog, war es nur natürlich, dass einige Beteiligte in der Zwischenzeit sogar verstarben, was dem Magistrat - gleichbedeutend mit Luckner, dessen Parteigänger die Mehrheit im Rat hielten - die Möglichkeit gab, solche Anteile zu erwerben, und somit sogar direkt Einfluss auf die Aktivitäten der Anteilseigner nehmen konnte. 
Bereits im Jahre 1783 (-1785) versuchte Fabrici den sogenannten "Fischerischen Anteil" zu erwerben. Die Witwe Fischer wollte den Anteil an den Magistrat verkaufen, Fabrici geht dagegen vor mit dem Argument , der verstorbene Ehemann Fischer hätte ihm den Anteil schon vor Jahren zugesagt. Der Magistrat wiederum widerspricht dieser Aussage, Fabrici hätte den Anteil nur verstiftet bekommen und
nicht verkauft. Am Ende zog dieses Mal Fabrici den Kürzeren und Luckner konnte sich den ersten Anteil für den Markt sichern. Jedoch so lange der Streit andauerte, bestand Fabrici auf sein Nutzungsrecht, für das er nun 20 Gulden an die Marktkasse abführen musste, mit einem interessanten Zusatz..
StA Kötzting MR von 1784 Seite 33

"Und von dem - an Johann Baptist Fabrici burgerlichen Kramern zu Közting, verstifft Kammer Fischerischen Antheill hat selber das pactirte Stüftgeld anheur zum lezten mal entrichtet mit 20 fl."
 
Ein schneller Blick in die Rechnung des drauffolgenden Jahres zeigt, wie mächtig damals der Kammerer Luckner gewesen war. In dem Moment, als Fabricis Stiftsvertrag beendet war, verlieh er das Grundstück - eigentlich ein Anteil der Kötztinger Marktlehner und Anteilseigner  - an drei Reitensteiner Häusler.

StA Kötzting MR von 1785 Seite 33

"Und Verstiftung des Fischerischen Antheil zu Raittenstein an Franz Schreiner Simon Schuhnagl und Michaeln Radlinger alle 3 Häusler derorten macht dies pactirte Stiftgeld excls des Holzes 25 fl."
Zumindest hat Luckner dabei eine Einnahmenssteigerung für die Marktkasse herausgeholt, den Reitensteinern aber dabei freie Hand für die Holznutzung/abschwendung gelassen.

Fabrici war vermutlich einer der wenigen, der solche finanziellen Verluste verschmerzen konnte. Die Partei der Anteilseigner - solange Wolfgang Samuel Luckner lebte - war dabei aber eindeutig auf der Verliererstraße, was für JBF sicherlich auch eine neue Erfahrung gewesen war, denn ansonsten kommen von ihm eher Erfolgsgeschichten.
So als kleine "Rache" an dem übermächtigen WS Luckner konnte  JB Fabrici nach dem Tode des früheren Kammerers vom Markt ein Grundstück pachten, "worauf ehehin der Kammerer Lucknerische Stadel zunächst der Schrankischen Bräustatt stand".
1790. Luckner war bereits als Kammerer zurückgetreten und die Mehrheiten im Magistrat begannen zu kippen, kam es in Kötzting erneut zu einer großen Abstimmung, die die Bürgerschaft spaltete, es ging um den Brückenbau über den Regen und Fabrici war in der Partei, die diesen befürworteten.
Vor allem die Regenanlieger lehnten diesen Bau ab, weil sie durch diesen Bau befürchteten, durch einen dadurch erzwungenen geringeren Durchfluss stärkeren Hochwasserereignissen ausgesetzt zu werden.
Nach vielen Streitigkeiten wurde der Bau der Brücke(n) dann doch durchgesetzt.
Aus den Akten ist zu ersehen, dass Fuhrwerke, die vorher nach Viechtach fahren wollten, eine ganze Strecke im Fluss entlang hatten fahren müssen.
63 Kötztinger Bürger, darunter JB Fabrici, unterschrieben den Aufruf, die Brücke zu bauen.

Das Handelshaus Fabrici

Schon kurz nach seiner Übernahme, Heirat und dem Erhalt des Heiratsgutes seiner Frau, nahm er im Jahre 1776 zusätzlich 1000 (!) Gulden bei der St. Egidius Kirche in Zenching auf.
StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll Band 38
Schuld und Porgschafts Brif zum Wrd(würdig) Scti Aegidi filial Gotts Hauß Zenching per 1000 fl.

Diese Kreditsumme hat natürlich auch ihren Niederschlag in den Zenchinger Kirchenrechnungen, wobei schon auffallend ist, dass dort alle anderen Kreditsummen sich zwischen 17 und 200 Gulden bewegen.
PfA Rimbach Kirchenrechnung Zenching von 1784

" 1000.- Herr Johann Baptist Fabricy burgerlicher Handelsmann zu Kötzting und Maria Anna deßen Ehewirthin haben gemäß Schuld: und Borgschafts Brief dd: (de dato)  4 8bris 1776 1000 f entlehnt zinns hievon 50 fl."
Aus dem Zehentregister des Klosters Rott kann man gut erkennen, dass der Handelsmann JBF in den Jahren 1777 bis 1800 nur sehr wenig Naturalabgaben zu leisten hatte, was darauf hindeutet, dass er damals sehr wenig an landwirtschaftlichem Grundbesitz besaß. Zum Vergleich der Abgaben, der direkt unter ihm stehende Joseph Andreas Weiß (Weiß auf der Höh), ein Marktlehner, mit entsprechend größerem Grundbesitz und Naturalabgaben
HStA München Landshuter Abgabe KL Rott B 5 1777-1800


Ein Ausdruck seines bürgerlichen Verständnisses und seiner finanziellen Möglichkeiten kann man auch an einigen Kleinigkeiten erkennen. Im Hause Voithenleitner befindet sich ein Steintrog - heute als Blumentrog genutzt - der die Initialen J.B.F. 1794 an der Seite trägt.
 
Aufnahme Michaela Frank

Aufnahme Michaela Frank Im Garten befindet sich noch heute ein bearbeiteter Leistenstein. Hier liegt er wegen des Dekors auf dem Kopf. Seine Inschrift besagt: XDCCL IBF, also 1750 Johann Baptist Fabrici. Nachdem der Stein also bei seiner Originalverwendung umgekehrt benutzt wurde und die Verzierung damit nach unten zeigen würde, war dieser Leistenstein vermutlich/möglicherweise ein Quersturz eines Fensters oder einer schmalen Türe.

 
Aufnahme Michaela Frank Hier das Detail der Verzierung



Vor der St. Anna Kapelle im Kirchhof befindet sich eine Marienfigur auf einer Säule, die ebenfalls diese Initialen   "17 - IBF - 74" trägt.
In dem Buch über die Kunstdenkmäler im BZA Kötzting aus dem Jahre 1920 wird über diese Figur berichtet:

Vom alten Dregerkeller - nun die Straßenmeisterei in der Pfingstreiterstraße - ist die Figur später in den
Kirchhof umgesiedelt worden.





Aufnahme Pongratz Marienstatue in der Kirchenburg
Foto Pongratz




Foto Pongratz Hier der neue Standort in der Kirchenburg vor der St. Anna Kapelle.


s
Hier einige Beispiele aus Fabricis Handelsgeschäften zunächst mit der Marktkammer.
StA Kötzting MR von 1782

"N:ro 84 Johann Baptist Fabrici, burgerlicher Handelsmann alhir wurde für das den burgerlichen Schüzen am Corporis Christi Tag abgegebene Pulfer 5 fl vermög Scheins bonifiziert 5 fl
N:ro 85 Dann für das zu Einschmirbung der Rhathaus Thurm Uhr abgegebene Baumöl teste Scheins  30 Kreuzer
vor 100 Oblathen gleich fertten  50 Kreuzer"
Ein weiteres - anderes - Beispiel findet sich gleich im nächsten Jahr.
MR 1783
Fuer eine Eyserne Röhrn in des Marktschreibers Rathhausoffen ist Johann Baptist Fabrici, Kramern, ab 11 Pfund Eisenplech a´12 1/2 xr und Josephen Müller Spänglern allhier macherlohn 1 fl in allem also teste Scheins bezalt worden 3 fl 17 x: 3 12 H:

Manche unscheinbaren Einträge in den Kötztinger Rechnungsbüchern erzählen aber gleichzeitig  auch kleine Geschichten, vor allem wenn die "große Geschichte" ihre Auswirkungen vor Ort im Kleinen zeigt: Im Jahre 1796 war die Kötztinger Gegend, wir sind im Krieg gegen Napoleon, durch kaiserliche Ausreißer unsicher geworden und so lieferte Fabrici zur Unterhaltung eines „Nachtlichtes auf dem obern Thor 1 Pfund Leinöhl“ und der Markt verstärkte die üblichen 2 Mann Nachtwachen für 12 Tage lang noch einmal um 2 weitere Wächter.
1838 - beide Fabricis waren schon lange verstorben, aber in den Marktrechnungen wurden trotzdem noch einzelne Posten auf denn Namen Fabrici ausgestellt - hieß es, dass dieser 24 Kreuzer erhalten habe "für die Beleuchtung des Platzes am Rathaus an Weihnachten und Neujahrstag für 3/4 Pfund Baumöl"
In den Rechnungen der Hofmark Runding aus dem Jahre 1782 findet sich ein Beleg für "2 Pfund Eisendraht für das Schloss Runding" (StA Regensburg HvO Oberpfalz O I 80)

Im Jahre 1806 stand in Kötzting eine Magistratswahl an. Es war vermutlich die erste Wahl, nachdem der Markt Kötzting in seiner Wertigkeit herabgestuft worden und das Amt des Kammerers mit seinen 8 Räten abgeschafft und dafür ein Bürgermeister mit 4 Räten und einem parallelen Bürgerausschuss eingeführt worden war.  Auch welchem Grunde auch immer  sind die Wahlunterlagen, einschließlich der persönlichen, handschriftlichen Wahlzettel DIESER Wahl, im Staatsarchiv aufgehoben worden.
Die Wahlen waren damals alles andere als geheim und es wurden auch vorher keine Wahllisten aufgestellt. Jeder Wahlberechtigte schrieb seine Wunschkandidaten für das Amt des Bürgermeister, den Rat und den Bürgerausschuss auf einen kleinen Zettel. Diese einzelnen Wahlscheine wurden anschließend in eine Liste aller Wahlberechtigten übertragen.

StA Landshut LGäO Kötzting Nr. 793 Magistratswahlen von 1806  

JBF wollte als Bürgermeister Peter Kraus, als Räte die Bürger Heinrich Leszkier, Anton Mack, Christian Obermayer und Wenzl Bauer haben. Für den Ausschuss wählte er Josef Henneberger, Josef Schedlbauer, Lorenz Mühlbauer und Karl Reinhold.
Hier der persönliche Wahlschein des Johann Baptist Fabrici No: 40





Auch wenn "die Fabricis" offensichtlich schnell namensgebend für das ganze Handelshaus standen, so ist trotzdem seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts dieses von der Familie der Windorfer zu trennen, ein Verhältnis, welches sich schrittweise aufgebaut hatte.
In einem Schenkungsvertrag vom 28.8.1808 finden wir eine Übergabe durch das Ehepaar Fabrici:
"Bei dem Mangel ehelicher Kinder einerseits und anderseits bei  einem bereits eingetrettenen hochen Alter und ganz freiwillig...." übergeben wir "unser bürgerliches Anwesen -- unserer Baasen der Franziska  Mager... welche wir gleich nach ihrer Geburt zur Erziehung an  Kindesstatt angenommen haben , nun zu ihrer endlichen Versorgung  Schenkungsweis...die Bürgersbehausung sub Nr 40
behalten wird die Behausung Nr 50
Die Handlung soll noch eine Zeit gemeinsam weitergeführt werden.
Einschub
Das Haus, das hier behandelt wird, bekam im Grundsteuerkataster ab 1840 die Hausnummer 42. Im Jahre 1808 war die Nummerierung noch um 2 Ziffern geringer, weil zwei Immobilien in Staatsbesitz - die Veitskirche und das Amtshaus - damals noch keine eigenen Katasternummern bekommen hatten.
Das Haus, welches die Fabricis zunächst noch behalten wollten, war die spätere Nummer 52, also das heutige Meidinger-Anwesen. 
Einschub Ende

Die Geschäfte in dem Handelshaus wollten die beiden Generationen von nun an gemeinsam betreiben. Natürlich musste das überlassene Vermögen einen Wert bekommen, da davon j auch die Gebühren für die Beurkundungen abhingen. Auf stolze 8000 Gulden wurde das überlassene Vermögen amtlicherseits geschätzt. 
Zuletzt noch die persönlichen Daten der beiden: Johann Baptist Fabrici starb am 29.12.1809 im Alter von 86 Jahren an Entkräftung. Seine Frau, Anna Maria Fabrici, lebte noch 9 Jahre länger und verstarb erst am 20.11.1818. Von ihr findet sich ein außergewöhnlich umfangreicher Nachlassakt im Staatsarchiv Landshut.


Josef Windorfer und Franziska Magerer


Ziemlich zeitgleich mit seinem Rückzug als Politiker und bald danach auch dem Tode Wolfgang Samuel Luckners begann der Aufstieg der Windorfer-Dynastie, zuerst noch im Gegensatz und gegen manchen Widerstand der Familie Schrank (=Luckners Erben). Bald jedoch verbanden sich die beiden Familien zuerst als Pfingstbräutigam mit Braut und danach kam es auch zu einer echten Heirat,  
All das begann mit Franziska Magerer die, wie oben bereits aufgeführt, das jüngste Kind der Marktschreiberfamilie Magerer gewesen war. Ihre Mutter war kurz nach bei ihrer Geburt gestorben und danach war sie von ihrer Tante an Kindesstatt angenommen worden.
Mit Datum des 22.8.1807 entbindet Franziska Magerer einen Sohn und der Vater wird als der Handelsmann Josef Windorfer angegeben, also eine uneheliche Geburt.
Josef Windorfers Familie, sein Vater war der frühere Kammerer und Bader Johann Georg Windorfer, wohnte auf dem Kellneranwesen, alte Hausnummer 100. 

Unterschrift und Siegel:  Johann Georg Windorfer Ambtskammerer



Dieser Schwebezustand zwischen den beiden jungen Leuten dauerte nicht lange, denn  unter dem Datum des 4.9.1808 findet sich der Heiratseintrag des Handelsmanns Josef Windorfer, Sohn des Kötztinger Baders Johann Georg Windorfer und der Anna Margaretha Halser, mit Franziska Magerer.
JB Fabrici kaufte am 2.6.1806 das Eckhaus an der Marktstraße, - eigentlich das "richtige"  Elternhaus von Franziska Magerer (alte Hausnummer 52) - und behielt es somit in Familienbesitz.
Wie oben bereits angeführt, behielten sich die Fabricis nach der Hausübergabe dieses kleine Eckhaus als ihren Altersruhesitz.   
Nun aber zuerst zu den Regularien des Übergabevertrages:
StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1808
"Schenkungs Contracte per 8000 fl Anschlag
Ich Johann Baptist Fabrici burger und Handelsmann in dem königlich bayerischen Markte Koezting, und ich Anna dessen Ehewürthin beede und letzte unter beystandschaft des königlichen Land: und Marckhtsgerichtsprocurators Herrn Franz Xaver Müller vor Gericht zugegen.
"
Geschenkt werden soll
die bürgerliche Behausung sub Nro: 40 mit allen Nebengebäuden
die hierauf ruhende Reali haftende Kram- und Fragnerey Gerechtigkeit
der Hausgarten 
der Reitensteiner Hoffgebäu Antheil mit Felder, Wiesen, Schwarzholz und Birkenberg
der beygekauffte grundzinsige Antheil von den Hofgebäu zu Grueb
die Weiherwiese zu Grafenwiesen
der Gemeindeteil im Kroit
die Antheille von dem zur Bertheillung gekommenen Märktischen Watzlhof
sämtlicher Viehstand, die gesamte Baumannsfahrnuß, dann 2 einschläfrige Ehebetten mit allem Zugehör, und 4 Dienstbotenbetten und einige Hausmobilien

Vorbehalten wird von den Übergebern:

sammentliche Baarschaft und aktive Forderungen
gesamtes Sylber und andere Praetiosen
das vollständige Waarenlager in allen seinen Theillen
die Burgersbehausung Nro: 50 mit dem darbei befindlichen kleinen Wurzgärtl
das Gruber Ackerl unweit des Grillers und ein Wiesl zunächst dem Gruber Gangsteig


Die Handlung solle gemeinsam betrieben werden, weshalb die Übergeber auch im Vertrag bestimmten, "das auch künftig die "Handlungsfirma Johann Baptist Fabrici in Kötzting" beybehalten werden müssen. Noch viele Jahre nach dem Tode der beiden Fabricis wird dem alten Firmennamen die Treue gehalten. Im Jahre 1847 stellt Johann Baptist Marin, geboren in Mieli/Udine, einen Antrag auf das Kötztinger Heimatrecht mit der Begründung, dass er "seit 49 Jahren bei Fa Fabrici und dem Nachfolger Windorfer als Handlungskomis beschäftigt gewesen war. Seinem Gesuch um Heimatrecht wird entsprochen", heißt es nüchtern in dem Protokollband.

Sollten die beiden die Handlung vollständig abgeben, so wären die jährlichen Abgaben - auch wenn einer der beiden versterben solle:
Jährlich 600 Gulden in Geld
12 Klafter hartes Holz im Jahr
täglich 2 Köpfl süsse Milch und der Genuss des kleinen Kellers in der Behausung Nro: 40

Im Anschluss wird ein Heiratsvertrag unterschrieben, bei dem der Hochzeiter seiner wohlhabenden Braut 2000 Gulden an Heiratsgut mitzubringen verspricht. 
JBF erhält ein prachtvolles Epitaph mit seinem Wappen, welches man noch in der Kötztinger St. Anna Kapelle bewundern kann. Selbst auf dieser Gedenkplatte wird seinen 7 so früh verstorbenen eigenen Kindern gedacht.
Foto Pongratz: Epitaph für Johann Baptist Fabrici in der St. Anna Kapelle




StA Landshut Rentamt Kötzting Rep 300 B27 
Rustikalsteuerkataster Hausnummer 40 Josef Windorfer ein gemauertes Haus mit Stallung und Schupfe

Im Februar 1811, gut ein Jahr nachdem JBF verstorben ist, wird nun das Handelshaus und seine Waren endgültig alleine in die Windorfer Hände übergeben.
Zuerst findet sich in den Briefprotokollen eine Heiratsvertrag: Lorenzo Dezoani, Buchhalter bei der Fabricischen Handlung heiratet die Kötztinger Inwohnerstochter Barbara Stoiber. Für seine 200 Gulden Heiratsgut verspricht sie ihm, da sie kein Vermögen in die Ehe einbringen konnte, "alle eheliche Treue und Liebe". Das Legat im Fabricischen Testament von 400 Gulden erleichterte es  ihm vermutlich, die Kötztinger Heirats- die Niederlassungsgenehmigung zu erhalten. 
Es folgt ein äußerst umfangreiches INVENTARIO des Fabricischen Warenbestandes.
Briefprotokolle LGäO Kötzting Nr. 925 von 1810/1811

"Inventario oder Vielmehr Waaren-Schätzung und Extradierung des Waaren-Laagers des Herrn Johann Baptista Fabrici seel. Frau Wittib, an Herrn Joseph durch Herrn Peter Anton Dibell. geschehen an 17. Jully 1810"
Was nun in dem offiziellen Briefprotokollband (dies entspricht ab 1860 einer notariellen Beurkundung) folgt, sind unglaubliche 30 engbeschriebene Seiten mit dem kompletten Fabricischen Warenbestand.
StA Landshut Briefprotokolle LGäO Kötzting Nr. 925

Hier der Anfang der Liste mit den unterschiedlichsten Farben der Tuchballen.
So verkaufte er (in der Liste in dieser kunterbunten Reihenfolge aufgeführt und vermutlich auch in dieser Aneinanderfolge in den "Lagergewölben" einsortiert) ein Großsortiment an Papieren, Strümpfen, Hauben, 4 Seiten voll mit den verschiedensten Stoffqualitäten, vom Hosensackstoff bis zum feinsten Manchester und Seide.
Nun kamen die Knöpfe, Schnallen und Bänder, gefolgt von Spitzen und erneut 15 Seiten gefüllt mit den unterschiedlichsten  Tüchern und Stoffen. 
Nun folgte die "Hartware"

Diese "Hartware" reichte von den Schnürbändern und Leonische Schürhaken über Eisendraht und 50 Pfund Pulver zu Gewürzen und Pappendeckel.
Anschließend folgten Zwetschgen und die unterschiedlichsten Tabake (Varinas Knaster),  Käse , Gewürzöle. .
Auch an Chemikalien sollte es nicht mangeln in Kötzting, 85 Pfund Schwefel, 100 Pfund Kupferwasser (vermutlich gelöstes Kupfervitriol), Baumöl, Terpentin.
Nun kam ein ganzes Panoptikum an Farben ("rothe Bodenmayser Farbe"), Chemikalien und Gewürzen, zwischendrin bei den Messern und den hölzernen Löffeln tauchten dann noch 50 Pfund Blei und roter  Schwefel auf.
Am Ende summierte sich der Fabricische Lagerbestand auf 16767 Gulden. Nimmt man den Gulden ungefähr mit 100 Euro an, so kann man erkennen, welcher Kapitalstock im Hause Fabrici vorhanden im Warenlager gewesen war.
Beide Parteien siegelten und unterschrieben das Dokument eigenhändig.



"Maria Anna Fabrici und dessen Anwald Procurator Müller" auf der einen und Joseph und Franziska Windorfer auf der anderen Seite.
Diese Lagerbestandliste ist nur das Beiwerk zu dem sich anschließenden Vertragswerk in welchem erneut Verbindungen nach StadtamHof sichtbar werden.
Der "Handlungs=Commiss" Peter Anton Dibell stammte von der "Fabian Fabrizischen Handlung zu StadtamHof"
In dem neuen Übergabevertrag werden die Windorferschen Eheleute mit Datum des 17.7.1810 alleinige Besitzer auch des Warenbestandes und vergüten diesen mit den errechneten 16754 Gulden.
4100 Gulden machen die Legate aus, die die Fabricischen Eheleute in ihrem Testament vermacht hatten und die teileweise auch bereits erfüllt worden sind.
1000 Gulden Grundschuld bei der Kirche Zenching werden von der Windorfer Seite übernommen.
1500 Gulden stammten vom Vater, Johann Georg Windorfer, die aber auch bereits zurückgezahlt worden waren.
Die übrige Summ über gut 10000 Gulden sollten danach in jährlichen 500 Gulden-Raten abbezahlt werden. Es ist ausdrücklich festgehalten, dass die Warenliste mit einem Siegel des Pfleggerichts versehen, der Übergabeurkunde beigeheftet werden müsse.
Bereits im Jahr drauf, am 23. November 1811 quittiert Maria Anna Fabrici - wegen Unpässlichkeit lässt sie sich von dem Fabricischen Buchhalter Lorenz Dezoani vertreten - den Erhalt der ersten Rate über 1500 Gulden.

Nun also zuerst zur jungen Händlersfamilie Windorfer

Der neue Handelsmann Josef Windorfer und seine Frau Maria Franziska bekamen im Ehestand noch 3 weitere Kinder, wobei  die junge Mutter am 18.05.1817 an den Folgen der letzten Geburt  mit 34 Jahren verstirbt.

Kinder der Beiden:
Johann Baptist                   * 22.08.1807        Patin Anna Maria Fabrici illegitim
Maria Anna                        * 16.08.1812        Patin Fabrici Anna Maria
Heinrich Wilhelm              * 06.04.1814        Patin Fabrici Anna Maria
Wilhelm Josef                     * 13.04.1817        Patin Fabrici Anna Maria

Nach dem Tode seiner ersten Frau war es angesichts deren außergewöhnlich engen Verbindung zu seinen Schwiegermutter sicherlich von Vorteil, dass seine nun folgende Ehefrau  - und ich greife hier dem späteren Untersuchungsergebnis kurz vor - ebenfalls aus dem engen Verwandtenumfeld der Frau Fabricis stammte. Nichts desto trotz galt es vor einer neuen Verheiratung das mütterliche Erbe der Kinder aus der ersten Ehe vertraglich zu sichern.
Das (Fabricische) Anwesen solle den Kindern erster Ehe vorbehalten bleiben und, sollte Josef Windorfer vor seiner Frau sterben, so würde dieser "25 Hausjahre" zugesichert, nach deren Ablauf sie das Haus an die Kinder erster Ehe zu übergeben habe.
Nach dieser vertraglichen Erbfolgeregelung schloss Josef Windorfer einen Heiratsvertrag mit seiner zweiten Frau Maria Anna Wetzelsberger, die ihm 2000 Gulden als Mitgift zusicherte. 
Beide Eheleute versprechen sich die Heirat unter der Voraussetzung einer "eingeholten Dispensation von der geistlichen Behörde wegen obwaltender Schwägerschaft"

Josef Windorfer und Anna Wetzelsberger




Ein halbes Jahr später bereits,  am Neujahrstag 1818,  heiratete der Handelsmann und Witwer Joseph Windorfer seine zweite Frau, Maria Anna Wetzelsberger, Tochter des Fischers und Händlers Franz Xaver Wetzelsberger aus Straubing und seiner Frau Beer Maria Anna. Als Trauzeugen fungierten die beiden Väter, Johann Georg Windorfer und Franz Xaver Wetzelsberger. Auffällig ist hier zunächst, dass auch bei dieser Verbindung der Familienname Beer vorkommt.

 Kinder der Beiden:

                                               Geboren                 gestorben
Joseph                                  18.03.1819           29.03.1819   Pate Wetzelsberger F.X.
Joseph Xaver                       04.05.1820                                Pate Windorfer Georg
Margarethe Anna                08.10.1822                                Pate Windorfer Georg
Maria Franziska                 28.09.1824                                 Pate Windorfer Georg
Josepha                                26.02.1827                                 Pate Windorfer Georg
Georg Wilhelm                    16.07.1828           20.07.1828    Pate Windorfer Georg
Franz Xaver                         17.07.1830                                 Pate Windorfer Georg
Theres Anna                         06.03.1836           08.04.1836    Pate  Theres  von Schatte

 Jetzt also auch noch eine Verbindung von Kötzting nach Straubing, eine Richtung, die später noch einmal sehr wichtig werden sollte für die weitere Familienentwicklung, und erneut der Familienname Beer. Nun galt es zuerst einmal die Herkunft der Familie Wetzelsberger zu klären und in der Pfarrei St. Jakob in Straubing fand sich die überraschende Lösung:

Im Jahre 1750 heirateten in Straubing Georg Witzelsperger, Sohn des verstorbenen Gallus Vitsberger, Bürgers und Taglöhners aus Vilshofen und seiner Frau Magdalena, die Witwe Therese des Straubinger Bürgers und Fischers Johann Ellerbeck. Nach dem Tode seiner Frau heiratete  Georg Witzelsberger erneut, diesmal Johanna Adlich aus Wien. Die beiden hatten nachweislich des Registers eine Reihe von  Kindern, von denen der am 3.11.1775 geborene Franz Xaver für uns von Bedeutung ist.

Am 20.10.1799 nun heiratete Franz Xaver Witzelsberger, selber bereits verbürgerter Fischer und Sohn des verstorbenen verbürgerten Fischers Georg Witzelsberger und seiner überlebenden Frau Johanna aus Wien, seine Braut: die jungfräuliche Maria Beer, Tochter des verstorbenen Kötztinger Bürgers und Seifensieders in Kötzting und seiner überlebenden Frau Ursula, einer geborenen Schwarz aus Pedeponti.[=Stadtamhof] Also hier bildet sich langsam ein Familiengeflecht heraus, das fast nur noch grafisch dargestellt werden kann. Deshalb hier nun erneut die Tafel für die Zusammenhänge dieser Familien.


Ganz grob kann man sagen, dass Josef Windorfer in zweiter Ehe eine Tochter der Cousine seiner ersten Frau geheiratet hatte. Ziemlich genau dasselbe hatte auch 40 Jahre vorher WS Luckner bei seiner dritten Ehe gemacht, auch dessen dritte Frau war die Nichte seiner zweiten.
Es war damals durchaus üblich, dass ein Witwer eine nahe Verwandte seiner Frau heiratete, in diesem Fall brauchte er auch nicht die übliche Trauerwartezeit einzuhalten. Also auch hier erneut  der Zirkelschluss: Stadt am Hof – Kötzting – Straubing und wieder zurück.

Für uns in Kötzting ist wichtig, dass Maria Anna Johanna, die spätere zweite Frau Josef Windorfers, am 15.8.1800 geboren wurde. (Geburtsmatrikel St. Jakob in Straubing Fiche 266 Seite 14)  Sie hatte im Übrigen eine sehr interessante Taufpatin: Maria Anna, die Ehefrau des Straubinger Französischlehrers (lingua Galli magistri). Was für uns weiterhin bedeutend ist, ist die Tatsache, dass wir von Anna Wetzelsberger, verheiratete Windorfer, ein Ölgemälde kennen, welches sich im Depot des Straubinger Stadtmuseums befindet. In diesem ältesten erhaltenen Kötztinger Portraitbild sehen wir einer selbstbewussten Kötztinger Bürgerin ins Angesicht, die zwar aus Straubing stammte, aber selber wieder Kötztinger Wurzeln hatte und welches nun über 200 Jahre alt die Zeiten überdauert hat. 

Gäubodenmuseum Straubing: Anna Windorfer, geborene Witzensberger aus Straubing aus der
Sammlung Ludsteck
Frau Maria Anna Fabrici musste den Tod ihrer geliebten Adoptivtochter Franziska im Wochenbett am 18.5.1817 noch miterleben, bevor sie selber am 20.11.1818 verstarb.
Bei dem Vermögen, das sie besaß und über das sie testamentarische Verfügungen erließ,  war es kein Wunder, dass es im Staatsarchiv darüber einen umfangreichen Akt gibt mit zwei ganz besonderen Schriftstücken.


Der Verlassenschaftsakt Maria Anna Fabrici

StA Landshut Rep 166N/12 Maria Anna Fabrici 

Hier der Kopfteil des gemeinsamen Testamens von JB Fabrici und seiner Frau

In dem Testament, erstellt am 22.11.1807, haben neben den Beteiligten auch noch 7(!) Kötztinger Bürger als erbetene Zeugen unterschrieben und gesiegelt. 
Das Besondere an diesem Schriftstück ist erstens , dass es das Original-Testament ist und, dass die einzelnen Legate, die im Übergabevertrag nur mit einer Gesamtsumme aufgeführt sind, nun einzeln aufgegliedert werden., 
Durch diese Legate werden die Verbindungen der beiden Familienverbände Fabrici und Beer sowohl nach Stadtamhof als auch nach Straubing deutlich.
Die eigenhändigen Unterschriften der Vertragsbeteiligten "Johann Batt(ist)a Fabrici burgerlicher Handlsman Testament - Maria Anna Fabricin gebohrene Berin - dessen erbethener Beyständer Xav: Müller Prokurator von Kötzting"

Der Siegelabdruck des IBF - Iohann Battista Fabrici

Die Universalerbin der beiden war ihre Adoptivtochter Franziska Magerer, nun verehelichte Windorfer.
Die ausgesetzten Legate betrafen innerhalb der Familie zunächst drei Gruppen.
Erstens der uneheliche Sohn von Franziska und Josef Windorfer
Zweitens die Töchter des verstorbenen Johann Fabrici, Sohn des Fabian Fabrici, Handelsmannes in Stadtamhof und Bruder des JBF.
Drittens die Kinder - zumeist Töchter und erst teilweise verheiratet - des Josef und des Andreas Beer , beide Brüders der Maria Anna Fabrici.
Interessant an dieser Liste sind einige Details.
Lorenzo Decoani, der bereits seit 39 Jahren im Hause Fabrici gearbeitet hatte, erhielt ein Legat von 400 Gulden, welches ihm auf seine alten Tage noch eine Einheirat in Kötzting ermöglichte. Der Ladendiener Johann Baptista Marin aus Italien erhält für seine Liebe und Treue 150 Gulden geschrieben.
Die bereits verheirateten Kinder des Josef Beer aus Stadtamhof, die auch weiterhin in enger Beziehung zur Kernfamilie Fabrizi-Beer standen, waren:
Anna Witzelsberger, Fischerin in Straubing
Ursula Mang, Leinwandhändlerin in Kötzting
Theresia Leszkier, Goldarbeiterin in Kötzting
Katharina Dirnberger, Küfnerin in Kötzting
50 Gulden sollten unter die Kötztinger "Hausarmen" verteilt werden.
Es sind enorme Summen, die hier vergeben werden und es ist schon auffällig, dass das Ehepaar die sonst so häufig und gerne vermachten "Jahresmessen zu ihrem Seelenheil" gerade nicht zur Auflage gemacht haben.
Drei Jahre später verstirbt der Ehemann und am 16.August 1813 verfasst die Witwe nun ihr Folgetestament, in dem sie die Legate des gemeinsamen Testaments noch einmal enorm erhöht.
Während die Kinder ihres Bruders vorher noch mit Summen zwischen 50 und 200 Gulden erwähnt waren, erhielten diese nun durchgehend 800 Gulden zugewiesen.
StA Landshut Rep 166N/12 Maria Anna Fabrici 

"II. denen 9 Kindern meines leiblich ehelich erzeugten Bruders Josef Beer gewesten Seifensieder in Stadtamhof vermache ich einem jeden ein Legat von 800 fl.
Zu den oben angeführten Kötztinger Bürgersfrauen und Abkömmlingen des Josef Beer war in der Zwischenzeit auch noch eine Viktoria Pfeffer, Schneiderin in Kötzting, hinzugekommen.
Seitenweise protokolliert die Witwe Fabrici bis zu ihrem Tode, wem sie noch zu Lebzeiten bereits jährliche Summen aus diesem Legat hatte zukommen lassen.
Das letzte Legat und die abschließende Bitte an das Landgericht Kötzting
Da die persönliche Handschrift Josef Windorfers bekannt und sehr markant ist, kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass Maria Annas Schwiegersohn diese Eingabe - sicherlich nach ihrem Diktat - an das Pfleggericht geschrieben hatte.

Zum Vergleich, hier Josef Windorfers Unterschrift unter einer seiner Eingaben mit dem Zusatz mp, also eigenhändig unterschrieben.
Unterthänig gehorsamster
Joseph Windorfer Handelsmann von Kötzting mp

Nun weiter im Text des Testaments:
 " Endlich vermache ich das sogenannte Stoiber-Haus Nro: 50 dem kleinen Mädchen der Josef Windorferischen Eheleute Namens Maria Anna Windorfer als ein Taufpathe als eine ferners Eigenthum.
Dieses ist der Inhalt meines Testaments.
Ich stelle daher an das königlich baierische Landgericht Kötzting meine unterthänig gehorsambste bitte, sich, da ich nicht im Stande bin, in meine Wouhnung zu verfügen, und ein förmlich gerichtliches Testament nach obigen Inhalt gnädigst aufzunehmen......
Kötzting den 16. Augustus 1813 ...... Maria Anna Fabrizin verwittibte Kaufmannin in Kötzting
"


Die Zeit des Josef Windorfer und Anna Maria Wetzelsdorfer

Aus dem Jahre 1809 - noch zu Lebzeiten des JBF-  kennen wir zwei Eingaben, aus denen ersichtlich ist, mit welch harten Bandagen in Kötzting damals um einzelne Handelsprodukte gerungen wurde. Windorfer und Fabrici wollten offensichtlich auch in den Weinhandel einsteigen und kamen damit der Familie Schrank in die Quere. Georg Schrank, sich selber als bürgerlicher Bierbräu und Weinwirth bezeichnend, protestierte gegen dieses Vorhaben und beschreibt sehr schön die Situation im Markte Kötzting zu Anfang des 19. Jahrhunderts. "Der Markt Kötzting ist bekanntlich ein unbedeutender markt, worin der größere Theil aus unbemittelten bürgern besteht, welche ja an das Weintrinken nicht denken dürfen, und das an Sonn- und Feiertagen dahin kommende Land= oder Waldvolk trinkt auch nichts anderes als Bier: es ist daher leicht abzunehmen, daß in einem solchen ort die Consumtion von Wein äusserst unbeträchtlich und selten ist. Ohngeacht dessen will sich doch ein gewisser Kramer Fabrici in Kötzting in meine Gewerb teilen...."
Er stellte bei der Regierung des Unterdonaukreises den Antrag - da das LG Kötzting auf seine Vorstellungen nicht reagiert hatte - dieses Weinausschenken dem Fabrici, "der nicht einmal ein Zahl=Patent zur Weinschenke besitzt", auf der Stelle zu verbieten.
Schrank legt noch einmal schriftlich nach, weil mittlerweile sogar der "Rathauskrämer" Paul Groß angefangen hatte, Wein zu verkaufen. Sein Hauptargument, mit dem Schrank dann auch durchkommt, ist es, dass er jährlich 100 Gulden an Zollgebühren zu zahlen habe und so verbietet die Regierung - zu der Zeit in Passau angesiedelt - den beiden Händlern den Weinverschleiß bei Androhung von 20 Reichstalern Konventionalstrafe. (Generalkommissariat des 1. Regenkreises A 234 Windorfer Weinkonzession 1809)
Zeitgleich versuchte Windorfer sich eine personale Konzession auf den Eisenhandel zu sichern.(Generalkommissariat des 1. Regenkreises A 494 Eisenhandelskonzession Windorfer 1809)
Über sich und sein Geschäft schreibt er dabei in dem Antrag: "Ich besitze zwar ein Geschäft mit kurzen und langen Waaren, von diesen allein könnte ich wahrlich meine und meiner Familie Existenz nicht behaupten weil diese sehr unbedeutend wird, wohl aber wird sehr viel Eisen Verleit geben, und diese Verleitgebung bringt mir Vorteil."

Auch dieser Vorstoß bleibt aber nicht unbeantwortet. Diesmal ist es der Nagelschmied Magg - in der Wuhn -, welcher schriftlich dagegen vorgeht, und auch diesmal sind es beide Krämer, also Windorfer und Groß, die ihr Sortiment ausweiten wollten.
Magg möchte vor allem verhindern, dass unter die Eisenkonzession auch die Nägel fallen würden, und wünscht auch in diesem Falle ein strafbewehrtes Verbot solch eines Handels, denn " er sei noch mit 6 Kindern und noch einigen Schulden beladen."
Diesmal kommen aber die Krämer durch und der Nagelschmied wird mit seinem Protest abgewiesen.

Bereits im Jahre 1813 kommt es zu einer weiteren wichtigen Erwerbung. Den Rathausstadel, bei Fabricis Streit mit Luckner wegen der potentiellen Feuergefahr in den Akten erwähnt, kann Fabrici gegen seinen außerhalb des Marktes neu erbauten Stadel tauschen und kann nun seinen Besitz am Gebäude arrondisieren und sicherlich auch die Brandgefahr verringern. (AA V29). Groß Paul, der Pächter des Rathausladens. protestiert zwar, kann aber den Verkauf schlussendlich doch nicht verhindern.

Im Jahr 1815 stellt Josef Windorfer ein "Gesuch wegen Abzahpfung des Brunnenwassers beim Rathaus und Einleitung in seine Hausstallungen". Er bekommt die Erlaubnis widerruflich und auf eigene Kosten. 18 kr Unterhalt sind jährlich an die Kommune zu bezahlen für den Wasserbezug.
Allerdings musste Windorfer den Weg über München machen, da die Kötztinger grundsätzlich sehr hartleibig waren, was eine Abgabe von Wasser an Privat anging.
Im Hauptstaatsarchiv in München findet sich ein Akt aus dem Innenministerium, das Windorfer angerufen hatte.

Den Herren in München beschrieb er seine Situation:
HStA München  MInn_55622 Wasserleitungsgesuch Windorfer 1816

Seit unfürdenklichen Jahren wurde von dem Chorbrunnen, der sehr nahe an meiner Wohnung steht, das Wasser in mein Haus, und von da in meinem Viehstall zur Viechtränke getragen.
Dieses Wassertragen ist aiserst lästig, vom Chorbrunnen muß das Wasser durch mein Haus, dann erst durch meinen ganzen Hof in Stall getragen werden, in welchen Stall sich immer 12 bis 13 Stück Vieches befinden."

Er beschreibt den Nutzen, den er durch die Wasserleitung bekäme, und beschreibt weiter die Situation, bzw. den Schaden , den er durch die momentane Lage erleiden würde. 

"Das Wasser in befraglichen Chorbrunnen bringt mir jährlich sehr vielen Schaden, der Chorbrunnen ist 2 Schuhe von meinem Hause blos entfernt, im Sommer und Winter geht das Wasser wegen der Menge desselben stets über, das übergangene Wasser bringt in meinen Keller, und dieser wird durch die beständige Näße beynahe unbrauchbar, wo ich doch als Handelsmann den Keller so nothwendig brauche. Weiters werden die Wasserröhren bald neu eingemacht, bald reparirt, das Pflaster muß jederzeit aufgerissen werden, ich habe also stets das unangenehme, daß längst meines ganzen Hause die Gruben offen zu haben, oder daß ich solche, wdnn ich sie wieder verpflastert haben will, selbst zupflastern lassen dürfe." 
München genehmigt die Wasserentnahme und Kötzting übernimmt danach die Regularien 1 zu 1.

Aus dem Jahre 1826 findet sich ein trauriges Kuriosum in den Kötztinger Akten. Die Hundetollwut war ausgebrochen und der nachweislich infizierte Hund des Bürgers Dirnberger hatte einige Kötztinger Hunde "abgerauft". Nun erging der Auftrag an den Wasenmeister/Fallmeister Schillinger, eine ganze Reihe von Hunden "zur verwahr und unverzüglichen Tödtung zu übernehmen"

StA Kötzting AA IX 70

1. den Hund des Bürgermeisters Windorfer
2. die Hunde des Ander Ring Fischl und Spitzl
3. den Hund des Glasers Fischer Pudl
4. den Hund des Marktdiener Glas  Frigo
5. den Hund des Stifters Obermaier


In den Folgejahren finden sich viele wirtschaftliche Aktivitäten Josef Windorfers in den Akten, jedoch finden diese zumeist auf anderen Anwesen statt. Das später sogenannte Windorferanwesen im oberen Markt (heutzutage Steuerbüro Kern) wird zum Zentrum einer Essigproduktion, sogar den Versuch, dort eine Weißbierbrauerei zu etablieren, unternimmt er. Beim Essig konnte er sich gegen Widerstände durchsetzen, bei der Brauerei scheiterte er, die Zeit war noch nicht reif für Privatbrauereien.

Er kaufte die Hammermühle (1829) und wurde zum Hammerschmiedbesitzer. Die Errichtung des Eisenwerks auf der Harras (1846) war danach nur der folgerichtige nächste Schritt.
In den Jahren von 1825 bis 1828 war er auch zum Kötztinger Bürgermeister gewählt worden und war ab dem Jahre 1830 sogar Mitglied in der Standesversammlung, einem frühen Vorläufer des Bayerischen Landtags.
Wahlen 1831

Wieviel der Geschäftsmann Josef Windorfer im Laufe der Jahre an Grundstücken diesem Hause hinzugekauft hatte - hierbei sind seine Erwerbungen von anderen Häusern gar nicht berücksichtigt, da diese andere Katasternummern besitzen -, zeigt sein Auszug des Grundsteuerkatasters von 1840 und das war noch lange nicht das Ende seiner Zukäufe.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5037-1

"Hausnummer 43 in Kötzting Joseph Windorfer, Kaufmann
Das Haus mit realer Handlungs- und Fragnersgerechtigkeit
Gebäude
Wohnhaus, Stallung und Heuladen, dann Holzschupfe alles aneinander, Gewölbe, Backofen und Hofraum.
Der Stadl auf der Landrichterwiese.  Plannummer 213
Hofraum, die Einfuhr Plannummer 214

Die Wiese hatte er von Herrn von Pechmann um 70 Gulden erkauft und darauf den Stadel neu erbaut.
Plannummer 23 des Aschenbrennerstadel 1826 durch Tausch von Baltasar Mühlbauer erworben
Plannummer 78 1/2 den ehemaligen Stadl zum Rathaus, nur Stallungen
Plannummer 80 den Wurzgarten beim Haus
Plannummer 851 2 Galgenbergteile beim Griller
Plannummer 861 Galgenbergteil vom Harvoll
Plannummer 906 Galgenbergteil vom Amberger
Plannummer 915 Galgenbergteil vom Färber
Plannummer 917 Galgenbergteil vom Schnitzbauer
Plannummer 1116 a im Kroit
Plannummer 432 Landrichter auch Hütwöhracker 1833 von Herrn von Schatte erworben
Plannummer 978 Landrichterwiese mit dem Wässerungsrechte durch den Kanal, welcher vom Besitzer dann vom HsNr 98 und 132 auf gemeinschaftliche Kosten zu erhalten ist. 1833 von Wolfgang Henneberger erworben
Für diese Wässerung ist eine ellenlange Beschreibung über die Art des Wassers und die zeitlichen Beschränkungen im Kataster eingeführt.
Plannummer 978 1/4 3 Wieserl auf der Pfarrwiese
Plannummer 912 der vordere Marktschreibertheil am Galgenberg
Plannummer 916 der hintere desgleichen
Plannummer 995 Wiese beim Amtshaus ebenfalls mit einem Wässerungsrecht
Plannummer 988 1/2 die Ausfahrt vom Stadl
Plannummer 994 Haus- und Fußweg beim Amtshaus neben Plannummer 995

Fast zeitgleich mit dem Grundsteuerkataster veranlasste der Staat auch die Erstellung eines Mieterkatasters. Am 22.1.1842 wurde das Windorferhaus begutachtet.

 


StA Landshut Grundstuerkataster Nr. 5045 Mieterkataster

Joseph Windorfer Handelsmann und Realitätenbesitzer /:Hauseignthümer:/

1. Hauptgebäude
unter der Erde 1 Keller
I. Ebene 1 Wohnzimmer, 1 Küche, 1 Verkaufsgewölbe und 1 Comptoir
II. 5 Wohnzimmer
III. 1 Kleines Zimmer und der Boden unterm Dach
Das Gebäude war damals also noch um ein Stockwerk niedriger.

2. Nebengebäude

I     1 Gewölbe
II    1 Gewölbe
III   1 Zimmer mit Boden unterm Dach

3. Nebengebäude

1 Speise und Vorratskammer

4. Nebengebäude

Waren=Magazin, enthaltend zwey Gewölbe und einen Boden

5. Nebengebäude
2 Stallungen mit daraufbefindlichen Futterboden

6. Nebengebäude
1 Kühestallung, Holzschupfe und hieraufbefindlicher Boden

7. Nebengebäude
1 Backofen

8. Nebengebäude
1 Gartenglashaus

9. Nebengebäude
Eine Scheune an der Straße nach Eschlkam mit Dreschtenne und Wagenremise

10 Nebengebäude
Eine Scheune mit Dreschtenne neben der Frohnfeste 

1 Backofen
Aus dem Jahre 1846 gibt es einen Schriftverkehr für ein Umbauvorhaben. Offensichtlich wird in diesem Jahr erst das 2. Stockwerk errichtet, weil in dem Brief statische Veränderungen für dieses Vorhaben angemahnt bzw. vorgeschrieben werden. Die Baubehörde äußert auch den Wunsch, bei dieser Gelegenheit auch "auf die Verbesserung der Hausansicht bedacht zu nehmen."
Nach einem sehr erfolgreichen Leben als Familienvater und Geschäftsmann stirbt  Josef Windorfer am 6.4.1855 als "Landtagsabgeordneter und Kaufmann" mit 68 Jahren an Entkräftung infolge von Gichtmetastasen, seine Frau Anna stirbt am 16.04.1871 mit 70 Jahren, Kaufmannswitwe genannt, an Schlagfluss.

Von beiden Personen finden sich Nachlassakten im Staatsarchiv

Am 29. März 1855, eine Woche vor seinem Tode, erlässt Josef Windorfer, nachmittags um 4 Uhr im Schlafzimmer im oberen Stockwerk, krank und im Bette liegend,  im Beisein des königlichen Landrichters Carl von Paur eine "letztwillige Anordnung" über die Verteilung seines Vermögens.
Er stellt fest, dass von den 8 Kindern aus erster und zweiter Ehe nur noch 3 Töchter unversorgt geblieben wären.
Versorgt sind aus 1. Ehe
1. Johann Baptist Handelsmann in Straubing
2. Heinrich Apotheker früher in Abbach zZ in Straubing
3. Anna verehelichte Seibert Gerichtsarztgattin in Dingolfing
aus 2. Ehe
1. Josef Hammergutbesitzer von Harras
2. Xaver Hammermeister dahier
Die unversorgten Kinder sind Margaretha, Franziska und Josepha.
Es ist ihm wichtig festzuhalten, dass jedes der "versorgten" Kinder bereits ein Vermögen von 5000 Gulden bekommen hat.  
Die 8 Kinder und seine Frau sollen sich somit in 9 gleiche Teile das Vermögen aufteilen, jedoch mit dem Zusatz, dass die bereits versorgten Kinder sich ihren ausbezahlten Anteil anrechnen lassen müssten.
Die kompletten Hauseinrichtung gehöre nun seiner Frau und den drei ledigen Töchtern.
Interessant sind weiterhin die Summen, die seiner Frau - vor der allgemeinen Aufteilung - als eingebrachtes  Eigentum sichergestellt würden.
1200 Gulden hatte ihr Schwiegervater - Georg Windorfer - zum Ankauf des Landrichteräckerls geschenkt.
250 Stück bayerische Taler hatte sie von Frau Fabrici als Brautgeschenk erhalten.
100 Stück bayerische Taler bekam sie von ihrem Bräutigam Josef Windorfer als "Nadelgeld"
Den großen Wagen /:Chasee:/, den Windorfer in München gekauft hatte
Den Paradeschlitten und das einspännige Wagerl von Dingolfing.

Anschließend wurde Frau Maria Anna Windorfer, geborene Witzelsberger, über die Einzelheiten des Vertrags informiert - sie war also beim Diktat gar nicht anwesend gewesen -, worauf sie erklärte, dieses Testament in allen Teilen, die sie beträfen, anerkennen zu wollen.
Hier die abschließende Seite des Testaments mit allen Unterschriften:
StA Landshut Rep 166N-12 Sch. 12 Nr. 667
Die fast zarte Unterschrift Josef Windorfers hat nun keine Ähnlichkeit mehr mit der raumgreifenden Handschrift zu seinen Lebzeiten. Auch Anna Windorfer unterschreibt und gibt ihre Einverständniserklärung damit ab.  Carl von Paur bekräftigt dieses Testament mit Unterschrift und seinem Amtssiegel.

Am 18. Mai 1855, also wenige Wochen nach seinem Tode, kam es zur amtlichen Testamentseröffnung.
Carl von Paur selber holte dieses "aus dem gerichtlichen Depositorium heraus, zeigte dasselbe den Comparenten verschlossen vor, welche das Siegel als unverletzt recognisieren, öffnete hieraus dasselbe in deren Gegenwart und publizierte ihnen hierauf durch Vorlesen desselben"
Hier die Unterschriftenliste der Beteiligten bei der Testamentseröffnung. 
Bei der Testamentseröffnung waren nur die "Kötztinger Windorfer-Teile" anwesend gewesen, die anderen Familienmitglieder wurden vom Gericht über die Inhalte informiert.


Am 16. April 1871 verstirbt die Witwe Maria Anna Windorfer und auch sie hatte natürlich noch viel an Erbe zu verteilen.
StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 15 Nr. 37 Windorfer Anna

Mittlerweile gab es im Markt Kötzting für Todesanzeigen bereits einen amtlichen Vordruck.

Todesanzeige für die Witwe Anna Windorfer
Auch hier waren es zuerst die Kötztinger Familienmitglieder, die beim Protokoll anwesend gewesen waren und die unterschrieben hatten.
Unterschriftliste; Anna Seiberth, Josefine, Josef, Fanny und Xaver Windorfer
Margaretha Windorfer, beim Todes des Vaters noch unverheiratet, stand nun als Margaretha Ludsteck, Kaufmannsgattin in Straubing, auf der Verteilerliste.
Das Landgericht Kötzting verschickte an alle Beteiligte das Protokoll der Vermögensverteilung und bestand darauf, diesen Empfang mit Datum und Unterschrift zu bestätigen.
Circular
Den kehrseits bezeichneten Erbsinteressenten wird abschriftlich des heute gefertigten und der Frau Franziska Windorfer zugeschlossenen Erbschaftszeugnis zur Wissenschaft und Wahrung ihrer Rechte zugeschlossen  Kötzting den 26. Juni 1871
Königl. Landgericht Kötzting

Hier die Empfangsbestätigungen der potentiell Erbberechtigten

Bevor hier nun die nächste Besitzergeneration - respektive Erbengemeinschaft - vorgestellt wird, nun zuerst ein ureigenes Kötztinger Thema.

Pfingsten im Hause Windorfer

Joseph Xaver                   geboren am  04.05.1820 Pfingstbräutigam 1841       
Margarethe Anna            geboren am  08.10.1822 Pfingstbraut 1839     17 Jahre alt
    
Josepha                             geboren am  26.02.1827  Pfingstbraut 1847     20 Jahre alt 
Maria Franziska              geboren am  28.09.1824 Pfingstbraut 1848      25 Jahre alt                              

  
1912, anlässlich der 500 Jahrfeier unseres Pfingstrittes, wurde versucht, eine Liste der Pfingstbrautpaare seit der Wiedereinführung des Pfingstrittes im Jahre 1821 zusammenzustellen. In dieser Auflistung finden sich einige Mitglieder der Windorferfamilie, sowohl als Pfingstbräutigam wie auch als  Pfingstbraut. Den Anfang machte 1839 Anna Margaretha Windorfer, die mit 17 Jahren die Pfingstbraut Mittermayer Leonhards, des Schlossgärtners - vulgo Schlossgärtner Hardl -  wurde. Von Anna Margaretha haben wir ein Bild, das sie als reife Frau in Straubing zeigt.

Foto von Anna Ludsteck geb. Windorfer  Gäubodenmuseum Straubing Dep. Nr. 6
Windorfer Margareths Anna als Altersbild, die Kötztinger Pfingstbraut des Jahres 1839


 
Hier der Pfingstbräutigam Leonhard Mittermeier, genannt "Schlossgärtnerhardl", der, da er ledig
geblieben war, zum Jubiläum erneut mit einem Tugendkränzchen ausgezeichnet wurde.
Bild Repro aus der Mehlerchronik von 1900

Familie Ludsteck aus Straubing mit der jungen Mutter Margaretha Anna, geborene Windorfer
Sammlungsbestand Ludsteck Gäuboden Museum Straubing


 

Mit diesem Paar kommen wir zeitlich langsam in eine Epoche, in der bei einigen Pfingstakteuren  auch Fotos  überliefert sind. Speziell vom Leonhard Mittermeier, dem Schlossgärtner Hardl, gibt es ein Altersbild, das ein kleines verhutzeltes Männlein zeigt. Anders seine Pfingstbraut, die in Straubing ein großbürgerliches Leben führen konnte. 

Schon zwei Jahre später, 1841,  wird Josef Windorfer der Pfingstbräutigam sein und zu seiner Pfingstbraut erwählte er sich Therese Schrank, zum Zeitpunkt der Pfingsthochzeit gerade erst knapp 11 Jahre alt. Ein kleines Mädchen also, welches  er 12 Jahre später in Blaibach tatsächlich heiraten wird. Gleichzeitig mit dieser "Zusammenarbeit" der Eltern bei den Pfingstfeierlichkeiten werden damit wohl auch die Streitigkeiten zwischen  den beiden Familien beendet worden sein. Noch Jahre zuvor versuchten die Schranks ja die wirtschaftlichen Expansionsversuche Windorfers durch Gerichtsbeschluss zu behindern.  
Anders als vor dem Verbot des Pfingstrittes kümmert sich, nun,  nach der Wiedereinführung des Rittes 1821, auch der Kötztinger Magistrat um Details und greift ein in die Abwicklung des Pfingstfestes. So ist im Rechnungsband des Marktes Kötzting von 1841 eingetragen, dass der „Bürgerssohn Josef Windorfer von hier, welcher mit dem Ehrenkranz beschenkt wurde, als Beitrag zur Bestreitung der Kosten des Pfingstfestes“  - laut Schein, es muss ja alles seine Ordnung haben – 10 Gulden von der Marktkasse erhalten hatte.

1847 Der Pfingstbräutigam hieß Silberbauer Josef, der, wie üblich, in der direkten Nachbarschaft seine Braut suchte und zwei Häuser bergabwärts in der Marktstraße seine Pfingstbraut Windorfer Josefine (später nur als Peppi erwähnt) fand.
 Schon im Jahr drauf, 1848, war ihre ältere Schwester Fanni (kurz für Franziska) Windorfer die Pfingstbraut des Goldarbeitersohns Leßzkeur Josef, auch hier fast der direkte Nachbar und noch dazu auch noch der Cousin.

Was ich bereits bei den Fabricis angemerkt habe und was mir im Vergleich zu vielen anderen Testamenten aufgefallen war, ist das völlige Fehlen einer religiösen/sakralen/sozialen Komponente bei den vielen Legaten, die diese "Unternehmerfamilie" ansetzte.
Als es im Jahre 1875 wegen einer grassierenden Viehseuche im Zellertal zu einer kurzfristigen Umorganisation den Pfingstrittes kommen musste - das Ziel der Wallfahrt war nicht die Kirche in Steinbühl sondern die Kapelle in Schönbuchen -, erwies sich der Kötztinger Pfarrer dieser Idee gegenüber offensichtlich etwas hartleibig und so kam es im Magistrat zu einer Kampfabstimmung.
Sollte der Pfarrer diesen Beschluss - nach Schönbuchen zu reiten - wiederholt ablehnen, so plädierte ein Teil des Marktgremiums - mit sechs Stimmen - dafür, den Ritt ganz ausfallen zu lassen.
Eine Minderheit jedoch von 4 Stimmen - darunter auch Xaver Windorfer - stimmte eindeutig dafür, den Ritt dann eben ohne die Geistlichkeit durchzuführen; das Tugendkränzchen solle in dem Falle halt durch ein Magistratsmitglied übergeben werden.

StA Kötzting AA XVIII Beschlussbücher vom 12.5. 1875
Bei dem Punkte ad 1 (= Umleitung nach Schönbuchen) war Stimmeneinhelligkeit. Zum Punkte ad 2 (=wenn der Pfarrer nicht will, fällt der Ritt aus) wurde ein weiterer Antrag gestellt, daß nämlich der Ritt auch ohne Betheiligung der Geistlichkeit abgehalten und die Vertheilung des Kränzchens durch ein Magistratsmitglied geschehen soll."
Ich vermute mal, dass dem Kötztinger Pfarrherrn dieses Minderheitsvotum ebenfalls mitgeteilt worden war. Schwierigkeiten hatte er ja bereits genügend durch die in Kötzting und auch im Magistrat sehr starke Stellung der sich nach dem Konzil in Rom gegründeten Altkatholiken.
Die Wallfahrtskapelle in Schönbuchen gehörte seit dem Jahre 1838 ja eh dem Markt Kötzting und dort wurden auch Altkatholische Gottesdienste abgehalten, was womöglich auch der Grund für die anfängliche Weigerung des Kötztinger Pfarrers gewesen war.
Nun, der Ritt im Jahr 1875 fand statt und zwar mit Beteiligung der Geistlichkeit.

Doch zurück zu der Hausgeschichte. Mit dem Tode von Maria Anna Windorfer endete abrupt auch die Geschichte der Windorfer auf diesem Anwesen.

Ich vermute, der Hauptgrund dafür, ist, dass das "Schmitzbauernhaus" am oberen Markt nach dem verheerenden Marktbrand von 1867 völlig neu erbaut wurde und mit seinem "italienischen Flair" des verglasten Arkadenganges nun eher den Bedürfnissen der beiden verbliebenen ledigen Windorfer Töchtern, Fanni und Fini, entsprach. Die Kötztinger Brüder waren ja mittlerweile alle erfolgreiche Geschäftsmänner, wohnten und arbeiteten auf anderen Anwesen, und so kam es halt dann zu einem Verkauf des - eigentlichen - Stammhauses. .
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5047
Im Umschreibeheft ab 1860 finden sich folgende Besitzer nacheinander eingetragen: Windorfer Johann Baptist, Heinrich und Seibert Anna waren die Besitzer im ersten Eintrag des Umschreibeheftes, gefolgt von den "Windorferschen Kindern I. und II. Ehe und der Witwe Maria Anna.
Danach sind Windorfer Franziska und 9 Miterben genannt.
Nun, 1871, folgen auf die Windorfer Erbengemeinschaft für kurze Zeit - und damit teilt auch dieses  Haus das Schicksal vieler anderen Kötztinger Anwesen, die in der Zeit mehrmals den Besitzer wechselten - zuerst am 1.Juni ein Josef Schwarzmeier und danach, noch mit demselben Tag ein Herr  Eduard Müller.  


Eduard Müller


Wir wissen nur sehr wenig über diesen Kaufmann. Im Jahre 1882 findet sich ein Bauplan über einen Umbau eines Rückgebäudes, bei dem ausdrücklich erwähnt ist, dass die "höchst feuergefährlichen Dachschindeln" durch ein Blechdach ersetzt werden.

StA Landshut Baupläne BZA/LRA Kötzting Baupläne Rep 162-8 Sch. 21 Nr. 3125





Vier Jahre später wurde das Gebäude noch einmal umgebaut und vor allem um ein zusätzliches Stockwerk erweitert. 



StA Landshut Baupläne BZA/LRA Kötzting Baupläne Rep 162-8 Sch. 21 Nr. 3125


 
Aufnahme Pongratz: Nebengebäude im Hof



Ähnlich wie beim Übergang von den Fabricis auf Windorfer musste auch beim folgenden Hausverkauf ein Warenverzeichnis angelegt werden.
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank  Verzeichnis der beim Hauskauf 1890 übernommenen Waren.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank Auszug aus der Inventurliste bei der Übernahme.
Hier Nahrungsmittel, Gewürze und Zigarren

Häfner Rudolf und Maria Greiner


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Rudolf Häfner war ein/der "Nachzügler" einer
sehr umfangreichen fränkischen großbürgerlichen Familie.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: 
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Hier zwei weitere Brüder von RH mit einem sehr selbstsicheren  Auftreten. Interessant ist hier neben der "Geste" des vorgestreckten Kinns auch der "Krawattenkoten" des rechten Bruders.

Mit Datum vom 13.5.1889 findet sich in den Kötztinger Heiratsmatrikeln der Hochzeitseintrag des Kaufmanns Rudolph Häfner aus Streitberg - Sohn des dortigen Wirtes Heinrich Häfner und seiner Frau Margaretha, einer geborenen Ströbl - mit der Hohenwarther Handelsmannstochter Maria Greiner.
Am 27.9.1890 wurde das Kauf zwar erst verbrieft, doch schon im Juni hatten die beiden einen Baumeister beauftragt, einen Plan auszuarbeiten und das Haupthaus vermutlich dann auch schnell  umzubauen zu können. Erst im Jahre 1894 findet sich Rudolf Häfner auf der Liste der Kötztinger Neubürger.
StA Landshut Rep 162-8 Sch. 22 Nr. 3202 

Bauplan von 1890

Mit dem Datum des Bauplanes vom Juni 1890 kann man davon ausgehen, dass die Ausführung noch im selben Jahr erfolgt ist oder kurz danach.
Aus der Sammlung Voithenleitner-Frank haben wir ein Bild bekommen, das noch den vorherigen Zustand zeigt, also das Bild des Hauses, wie es in der Zeit zwischen Windorfer und Müller ausgesehen hat.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank die Kötztinger Marktstraße vor/um 1890


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank Detail mit dem Marktbrunnen an der
Straßenkreuzung Schirnstraße/Marktstraße an der Stelle, an der nun die Fa. Roßmann ihren Eingang hat. Am Hause Müller/Häfner fehlt noch die moderne Ladenfrontverkleidung des Bauplans von 1890.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank Das neu renovierte Haus des Rudolf Häfner.
Aus den Fenstern im ersten Stock blicken Herr und Frau Häfner auf den Fotografen herab.
Das Bild ist vor 1904 entstanden, weil man den Marktbrunnen noch erkennen kann.

Noch vor der Jahrhundertwende wurde nicht nur die Vorderfront renoviert und ein repräsentativer Ladenumbau vorgenommen, sondern auch die Lagermöglichkeiten und der "Komfort" im Hause verbessert.
Es ging los 1892 mit einer Erweiterung des "sogenannten" Turms.
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Sehr schön zu sehen der große Gemüsegarten des Bauherren.
Das lange schmale Gebäude hinter dem Rathaus ist der bereits von Windorfer erworbene frühere Rathausstadel.
 
Foto Pongratz: Deutlich sichtbar der an das Häfner-Haus angelehnte Anbau (Archiv und Wohnung) und der turmartige Bau, dessen ersten Stock noch JB Fabrici errichtet hatte. Der Freisitz, rechts im Rathaushof, steht an der Stelle der früheren Holzlege.


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank



  1896 folgten noch  "moderne" Toilettenanlagen.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank 


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank 


Im selben Jahr folgte dann noch die Erweiterung der rückwärtigen Gebäudeteile
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank 
 
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank 

Auf der Marktstraßenseite wurde ein zweiter Laden eingebaut und auf die Durchfahrt von dieser Seite verzichtet. In diesem Laden eröffnete der Uhrmacher Kothbauer sein erstes Geschäft in Kötzting.
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank Bild nach 1904



 

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank  Bild um 1920 
Nun bereits ohne die zentrale Durchfahrt und dem linksseitigen Hauszugang.
Auf den älteren Hausansichten ist der Marktbrunnen vor dem Rathaus noch in Betrieb;  auf den zwei oberen scheint dieser bereits einem Blumenbeet - mit Vogelhäuschen auf einem der beiden - gewichen zu sein.
In den katholischen Kötztinger Geburtsmatrikeln sind 5 Geburten  - 4 Söhne und eine Tochter -vermerkt, bei denen der Vater ausdrücklich als "protestantisch" eingetragen ist.



Die Familie Häfner

 



Zeitgenössische Berichte über die Familie Häfner

mit Bildern der Sammlung Voithenleitner-Frank

Frau Paula Dittrich schrieb in ihrem zweiten Kötztinger Heimatbuch über die Familie  Häfner, die Kinder und vor Allem über den Garten. 




Hier die erwähnten Gladiolen im Häfnergarten:


Sammlung Voithenleitner-Frank : Häfner Gladiolen





Sammlung Voithenleitner-Frank, bei dem Herrn, der aus dem zweiten Stock herabblickt, sollte/dürfte es sich um den alten Herrn Gschaider handeln, der in der Geschichte der Frau Dittrich erwähnt ist.

Weiter finden sich lebhafte Kinder und spätere Studenten in der Schilderung von Paula Dittrich und von alledem haben sich Bilder erhalten.

Die Häfnerbuben (und die Schwester Marie):

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Marie Häfner


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Xaver und Rudolf Häfner




Sammlung Voithenleitner-Frank die Häfnerbuben mit ihrer Schwester im Hundewagerl




Die Studenten aus dem Hause Häfner:

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:  Die vier Häfnerbuben als "Studenten" mit Verwandten aus Falkenstein
 

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: 
Franz Xaver als Student und offensichtlich
in einer Studentenverbindung
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: 
Rudolf als Student und offensichtlich
ebenfalls in einer Studentenverbindung







Sammlung Voithenleitner-Frank die Häfnerbuben; ein schön arrangiertes Bild. Alle jungen Männer tragen Hut und Spazierstock und die Hemden haben einen "Vatermörderkragen". Die Krawatten haben nur einen "halben Schlag" und noch keinen "Windsorknoten"  und alle rauchen eine Zigarette.
Die zwei kleineren Brüder wurden auf einen Stein platziert, so dass alle vier eine ähnliche Größe hatten. Ich vermute, dass sie sich - von links nach rechts -  dem Alter entsprechend aufstellten.






Sammlung Voithenleitner-Frank Programmzettel eines Studentenabends

Die Gladiolen im Häfner-Garten

 



Bild Sammlung Voithenleitner-Frank  Herr und Frau Häfner mit den Kindern vor dem "Salettl" im Garten, um 1900. Bild Sammlung Voithenleitner-Frank 




Von den Häfners in Kötzting haben wir nicht nur diese kurze Episode aus dem Buch von Frau Dittrich, sondern auch Auszüge aus einem Interview, das Frau Rabl-Dachs 1997 mit Frau Wensauer geführt hatte, welche im Hause Häfner in die Lehre gegangen war. Persönliche Erinnerungen sind manchmal mit Vorsicht zu genießen, aber Frau Wensauer berichtet in dem sehr, sehr langen protokollierten Gespräch von so vielen - nachprüfbar korrekten - Einzelheiten, dass damit auch ihre eigenen Erfahrungen an Wert gewinnen.

Der Einstieg in den Fragenkomplex Häfner betraf eine mögliche Bekanntschaft mit der eigenen Tante von Frau Rabl-Dachs

Meine Tante Betty war auch beim Häfner. Können Sie sich noch an die erinnern?

"Mit der Bettl bin ich dort nicht mehr beieinander gewesen, aber mit ihrer Schwester, der Rabl Anne. Sie hat vorher beim Oexler gelernt und ist dann zum Häfner gekommen. Ich weiß sie deswegen noch so gut, weil wir uns immer beim Fischer-Peter einen Schoppen Bier und um 30 Pfennig eine Wurst gekauft haben zu der Brotzeit und darüber hat sich die ganz alte Häfnerin immer so entsetzt. Wie ich eingestellt worden bin hat's geheißen ich krieg einen Tee nachmittags zur Brotzeit. Den Zucker dazu und das Brot habe ich mir aber selber mitbringen müssen. Und wie dann d'Anne gekommen ist - die war s' Bier g'wohnt und d`Brotzeit. Weggegangen bin ich von dort nur wegen der ganz alten Häfnerin. Sie hat scheinbar in ihrer Jugend Kinderlähmung gehabt - sie hatte einen kürzeren Fuß - und hat einen Maschinenvertreter geheiratet. Das war ein hübscher, strammer Mensch damals. Die Häfnerin stammte aus Hohenwarth [
geborene Greiner Anmerkung des Chronisten] - Kolbeck in Hohenwarth - auch aus einem Geschäft raus. Sie hatte damals viel Geld und der Mann hat damals Geld gebraucht und hat die Häfnerin geheiratet. Das war so um 1885/1890. Er hat sie geheiratet, aber nicht nur wegen dem Geld. Er war ein sehr geachteter Mann, obwohl er evangelisch war. Die Häfners waren eine sehr religiöse Familie. Sie haben alle Tage vorm Mittagsessen gebetet. Er ist zu den Beerdigungen - auch in die Kirche vorher - gegangen; nur einmal im Jahr ist er am Karfreitag nach Cham gefahren. Aber sonst war er beliebt, bis dorthinaus; ein sehr beliebter Mann, ein sehr strammer Mann. Sie aber war ....... da hat sich keine halten können, weil sie alles beredet (drangeredet) hat. Ich geh' eines Tages in der Früh um sieben Uhr ins Geschäft, und habe mich in den zwei Spiegeln, die im Geschäft neben der Ladentür waren, angeschaut. Sie kommt vom Büro heraus und schimpft mich gleich a so 'zamm, weil ich in der Früh schon in den Spiegel hineinschau. 
[Einschub des Chronisten, Herr Rudolf Häfner und seine Frau hatten das komplette Anwesen (Notarsvertrag vom 2.8.1890) zum Preis von 23000 Mark gekauft, wobei der größere Teil dieser Summe aus Grundschulden und Anleihen bestand;  Zahlungsverpflichtungen also,  welche einfach überschrieben wurden. Nur ein Betrag von wenig mehr als 6500 Mark war in bar zu bezahlen.   Frau Maria Greiner brachte zwar ein Vermögen (Ehevertrag vom 25.4.1889) von insgesamt 6000 Mark mit in die Ehe, aber dieses bestand vollständig aus dem Warenvorrat ihres Hohenwarter Ladens und persönlichen Einrichtungsgegenständen.
Ich würde sagen, Rudolph Häfner hatte zwar eine wohlhabende Frau geheiratet, den Grundtenor der Aussage von Frau Wensauer finde ich so aber nicht bestätigt, außer die beiden wären in der Lage gewesen, in dem einen Jahr zwischen Heirat und Kauf des Hauses den Wert des Hohenwarther Warenlagers/Heiratsgutes zu monetarisieren.]



Dass Sie beim Häfner gelernt haben, obwohl Ihr zu Hause auch ein Geschäft gehabt habt?

"So groß war unser Geschäft nicht und deswegen habe ich beim Häfner gelernt. Fünf [ vier, 
Anmerkung des Chronisten] Söhne haben die gehabt. 
Sammlung Voithenleitner-Frank die (vier) Häfnerbuben




Die Frau Dittrich hat sie beschrieben in ihrem Buch; mir fallen sie jetzt namentlich nicht ein. Alle Söhne haben studiert und waren damals in Kötzting schon Fußballer. Das mit dem Fußball ist damals angegangen, bloß hat man dem Fußball die Bedeutung nicht gegeben, den er heute hat. Die jedenfalls sind damals schon zum Fußballspielen gegangen; vor allen der mittlere Sohn Josef, wie er noch nicht verheiratet war.  Der Josef und der Heinrich haben miteinander in Cham ein Textilgeschäft aufgemacht. Das hat aber gar nicht lange gedauert, bis sie nach München gezogen sind und dort ein Geschäft eröffnet haben. 
[Bei dieser Reihung der Söhne und deren beruflichem Fortkommen bin ich zumindest teilweise skeptisch Anmerkung des Chronisten]

Die Tochter hat das Geschäft in Kötzting gekriegt und hat dann den Voithenleitner geheiratet. Der kam aus aus der Nähe von Freising - aus Langenpreising glaube ich. Der war von den Söhnen ein "Zugebrachter", weil hier in Kötzting die Gelegenheit nicht gewesen ist - es waren keine Ämter und fast nix da - um für diese Tochter einen passenden Mann zu finden. Der Voithenleitner war aber schon ein feiner Mann. Ich kann mich noch gut erinnern, wie die geheiratet haben. Sie hatten damals eine Köchin, und wir mussten der beim Kochen helfen, weil die Hochzeitsfeier zu Hause war". 
Die alte Frau Häfner war eine sparsame Frau; jedes Spogatschnürl haben wir z'ammtun und aufheben müssen. Ich kann ihnen gar nicht sagen, wie da gespart worden ist! Und bei der Hochzeit, von der ich ihnen eben erzählt habe, ist sie in die Küche hereingekommen und hat nachgeschaut, ob das Essen schon fertig ist. Die Köchin hat gerade das Ofentürl aufgemacht, schiebt ein Brikett hinein und die alte Frau sieht das. "Um Gotteswillen", hat's g'sagt, "jetzt schürt die nochmal ein Brikett nach!" Die Köchin ist dabei so erschrocken; sie hat die Rein (Reindl) mit den Nudeln schon heraußen gehabt und die ist mit den Nudeln in die Holzkiste hineingefallen. Die Frau Häfner hat die Hände über den Kopf geschlagen und ist aus der Küche hinaus. Wir haben die Nudeln von der Holzkiste feinsäuberlich herausgeklaubt, haben sie kurz überschwemmt, abgesiehen und wieder sauber in die Rein hineingetan, haben nochmals Fett darauf getan und wieder aufgewärmt - das vergess ich in meinem Leben nicht!"

Was hat es denn damals als Hochzeitsessen gegeben?

"Einen Rinderbraten mit Nudeln. Die Suppe weiß ich nicht mehr. Dann weiß ich noch, wie der erste Sohn geboren worden ist, denn da war ich noch droben. Zwei Söhne hatten die Voithenleitners: Den Peter [Peter war der Vater, der Sohn hieß Paul 
Anmerkung des Chronisten]  - der ist gefallen - und den Robert, den jetzigen Besitzer.
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Maria und Rudolph Häfner

Das Geschäft vom Häfner war das erste (beste) Textilgeschäft am Platze und auch das Geschäft, das den besten Lohn bezahlte. Beim Liebl haben die Geiger Marl und die Fischer Katherl gelernt - beim Bankgeschäft Liebl, wo die Frau Dittrich abstammt, die haben ein schönes Textilgeschäft und die Bank gehabt - und die haben in der Lehrzeit kein Geld verdient. Ich hab' das erste Vierteljahr nichts gekriegt, im ersten Jahr hab' ich dann im Monat fünf Mark, im zweiten Jahr zehn Mark und im dritten Jahr im Monat 30 Mark gekriegt. Da sind mir alle neidig gewesen, weil ich so viel Geld gekriegt habe. Der Gartner hat auch ein Textilgeschäft gehabt. Zum Häfner sind aus dem Umkreis - mindestens bis in d'Lam hinauf und bis von Arnbruck außa - die Näherinnen gekommen, weil wir so viel Kurzwaren, Schnittwaren und Anzugstoffe geführt haben. Auf einer Seite waren die Herrensachen und auf der anderen Seite die Damensachen. Ich weiß noch, einmal ist eine Bäuerin aus Offersdorf gekommen und hat einen Stoff für ein Kleid zur Firmung gebraucht. Damals war das so üblich, daß man ein neues G'wand kriegt, wenn man ein Firmkind g'habt hat. Sie hat sich nichts gefunden und der Chef hat damals g'sagt: "Woartns, i lass eahna Muster schicka und na schick mas eahna hintere und sie können sich was aussuacha". Ihr war es so recht und wie die Muster gekommen sind, ist schon Zeit auf d'Firmung hin gewesen. Der Chef hat mich dann zu Fuß nach Offersdorf mit den Stoffmustern geschickt, weil er gemeint hat, daß ich mich dort gut auskenne, weil meine Mutter aus Rimbach stammte".
"Ein sehr gutes Geschäft hat der gehabt! Wie dann der Voithenleitner gekommen ist, hat der sich sogar ein bißchen auf Konfektion - auf Mäntel - umgestellt. Ich weiß gar nicht, warum das Geschäft eingegangen ist, ich war zu der Zeit nicht mehr in Kötzting".

Soweit der Ausschnitt - die Häfners betreffend - aus  einem sehr langen Interview mit Frau Wensauer - ihr Mann war Gottfried Wensauer, auch einer der vielen begnadeten Musiker Kötztings, dem wir viele Filme aus der Nachkriegszeit verdanken. Ihr Vater betrieb das kleine Lebensmittelgeschäft in der Herrenstraße - später Dullinger - zwischen der Stadtdrogerie Kretschmer und dem Schuhhaus Liebl.

Maria Häfner, die Schwester der vier Häfner-Buben

Sammlung Voithenleitner-Frank: JMarie Häfner und ihr Bruder Josef



5 Kinder hatten die Häfners und bisher wurde nur von den Buben berichtet, aber da war ja auch noch die Schwester Marie, die von ihren Brüdern sehr umsorgt wurde. Unzählige Briefe von der Front schickten die jungen Männer an ihr Schwesterlein und - die im Interview mit Frau Wensauer erwähnte auswärtige Suche der Brüder nach einem passenden Ehemann für die kleine Schwester fand tatsächlich so statt - waren auch um ihr eheliches Fortkommen besorgt.
Aus manchen Dokumenten/Objekten kann man eine sportlich aktive junge Frau mit durchaus auch einem künstlerischen Talent erkennen.
 
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Marie Häfner






Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Die Mutter Maria Häfner, geborene Greiner, mit
der Tochter Maria.

Schon als junges Mädchen begleitet sie ihren Vater offensichtlich auch auf Reisen.


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: 1906 beim Wagnertheater in Bayreuth.
Von links: Rudolf Häfner, Fritz Häfner und Georg Stein aus  Bayreuth und Karl Steinhauser aus München. Mit auf dem Kutschbock Mariele Häfner




Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:  Maria Häfner, später verheiratete Voithenleitner


 Maria tanzt gerne:

Ein besonderes Schmankerl aus der "Voithenleitnerschen Sammlung" ist eine kleine Schachtel mit Einladungs- und Tanzkarten der verschiedensten Kötztinger Vereine. Hier eine kleine Auswahl.

Die Tanzkarten der Frau Maria Häfner, später verheiratete Voithenleitner

 Lt. Wikipedia ist "eine Tanzkarte ist eine Karte, auf der die Besucherin eines formellen Tanzballs ihre Tanzpartner für die einzelnen Tänze des Abends eintragen kann."
Tanzkarten ordneten die Reihenfolge, in der die männlichen Tänzer ihre Tanzpartnerinnen auffordern konnten. Sie wurden oft lange vor dem Ball, manchmal auch während der Veranstaltung ausgefüllt.
Von Maria Häfner - also Robert Voithenleitners Mutter - gibt es eine ganze Serie solcher Tanzkarten aus dem Kötzting der 1920er Jahre.
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Ball der Kötztinger Einwohnerwehr
Die Namen Gschaider - Sperl - Leszkier - Ritzenberger - Liebl - Heigl - Kothbauer
Alles Namen, die in Kötzting noch heute einen Klang haben.



Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Beim Turnverein zum ersten Male die kategorischen Hinweise: "Links Tanzen verboten" und "Hospitieren untersagt" 

Einschub
Das "Linkstanzen" - auch wenns beim Wiener Opernball walzermäßig auch linksrum geht, aber dann auf Kommando - war hier wohl als unordentlich verpönt und unter dem "Hospitieren" verstand man das Abklatschen eines Tanzpaares, um den männlichen Tanzpartner auszutauschen. Beides war wohl eines bürgerlichen Balles in Kötzting unwürdig und eher auf dem "Lande" geläufig.
Einschub Ende





Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Hier ist der jüdisch-stämmige Kaufmann Hahn aus der Nachbarschaft ihr Tanzpartner beim Polka

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Bei der Einwohnerwehr waren auch "moderne Tänze" nicht gestattet und den "Zuwiderhandelnden" drohte die Verweisung aus dem Ballsaal.

Einschub
Hier lässt sich natürlich schon fragen, wie könnten Tanzpaare "moderne Tänze" tanzen, wenn die Kapelle diese gar nicht spielte. Vermutlich hatten die Veranstalter Angst, dass solche Musikstücke eingestochen würden und als Folge davon dann die ganze Veranstaltung "moralisch" und "undeutsch" aus dem Ruder laufen könnte.
Einschub Ende

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Beim Ball der Kötztinger Einwohnerwehr 1921 ist der direkte Nachbar, Kirschner, ebenfalls ein jüdischer Kaufmann, ihr Tanzpartner beim "Rheinländer". 
Beide jüdische Familien, die Hahns und die Kirschners, waren fester Bestandteil der Kötztinger
Bürgerschaft und in vielen Vereinen aktive Mitglieder.


Marie Häfner fährt Rad

Kötzting besaß einen Radvereins und auch Frau Maria Häfner war wohl eine Anhängerin des Radsports gewesen. Dazu benötigte man offensichtlich eine von der Gendarmerie ausgestellte Radkarte, also eine Art von Führerschein, um sich mit diesem Gerät auch verantwortungsvoll im Verkehr bewegen zu können/dürfen.
Aus dem Jahre 1916 und dem Besitz von Frau Maria Häfner nun dieses kleine Heftchen.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:







Marie turnt und fährt Ski:

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Jahre später - bereits verheiratet - erhielt sie vom
Nikolaus einen anerkennende "Urkunde" als Kötztings erste Skifahrerin und eifrige Turnerin.


Und nicht zu vergessen, Maria malt:

 
Foto Pongratz: Bild Maria Häfner, wohl eine nächtliche Bootsfahrt, ein Bild, das mir sehr gut gefällt
und auch im Hause Voithenleitner prominent aufgehängt ist. 






Doch weiter zu Rudolf Häfner und seiner Familie


Der Lichtenegger Bund, der ja eines seiner Stammlokal im Nachbarhause (Wagner-Gumbirl) hatte, nahm Rudolph Häfner unter dem Pseudonym "Ritter Georg Sturmfeder" in seine Reihen auf. Als solcher hatte er dann auch eine tragende (reitende) Rolle als Herold beim großen Festzug anlässlich des Landwirtschftschaftssfestes von 1905.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: 






Landwirtschaftliches Vereinsfest in Kötzting
20.-22. 08.1905

Über dieses Fest wurde ganz groß in den Zeitungen berichtet und in der Sammlung Voithenleitner-Frank befinden sich viele Bilder darüber, die auch die Beteiligung der Häfner-Familienmitglieder bezeugen.
Aus dem Besitz der Familie Rudolf Häfner haben wir eine unglaubliche Aufnahme bekommen, das Kötztinger Volksfest auf dem Jahnplatz - nicht an Pfingsten sondern im August 1905 im Rahmen dieses Landwirtschaftsfestes - und zentral in der Mitte des Bildes die Familie Häfner.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank Dieses Bild ist im Original so hochauflösend, dass ich einige Bildausschnitte hier besonders herausholen möchte.


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Herr Häfner Rudolf mit seiner Frau. Rechts im Hintergrund 
dann ein großes Bierzelt

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: links die Bierhalle der Gebrüder Decker, danach ein Fotostudio gefolgt von einer weiteren Festhalle und rechts hinten von einer Art Karussell. 


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: hinter der Personengruppe links zuerst das Karussell und danach ein geschmücktes Festpodium 

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: am rechten Bildrand steht ein Kinematograph, also
hier konnte man sich Filme anschauen.


Der Kötztinger Anzeiger berichtete:

Das Vereinsfest beginnt, auf denn, liebes Kötzting, ziehe dein schönstes Festgewand an, schmücke dich und begrüße alle, die in diesen Tagen zu uns kommen.
Zu dem aufgebauten herrlichen Portal und der Tribüne, zu Glückshafen und Schießstätte, zu den geräumigen Wirtsbuden sind nun noch allerlei Schaubuden in vorzüglicher Qualität getreten: ein Zaubertheater, der großartige Nürnberger Kinematograf, eine interessante Menagerie, die Schiffschaukel, dazu die hochinteressante schön ausgestaltete schwankende Weltkugel und Anderes – genug zum Schauen, zum Amüsieren. So also sah das Volksfest vor 100 Jahren aus. Darüber hinaus ist ein Kinderfestzug geplant, allein zum Tragen der Preisfahnen werden 40 „größere Knaben“ benötigt, begleitet von „20 weißgekleideten Mädchen“.
 Sonntag, 20. August, ein klarer Sonnentag und Kötzting wurde durch einen Weckruf, eine Tagesreveille, aufgeweckt. Vormittags zogen mit klingendem Spiel und geholt vom Kötztinger Turnverein all die auswärtigen Turner ein und mittags  stellte sich dann der große  Festzug auf.
Jeder der Festwägen hatte eine eigene Begleitung, was bei dem bergigen Terrain des Ortes sehr nötig war. Voraus ein strammer Herold, hoch zu Ross, darauf die bekannte Zugsentwicklung, eine Abteilung Feuerwehr, Preisfahnenträger, Tambourmajor, Tambours, Marktkapelle, Turner von auswärts und Festwagen des Turnvereins Kötzting (Huldigung an Vater Jahn), im Hintergrund eine knorrige Eiche, vorne übende Turner; auch der Turnverein „Ruhmannsfelden“ brachte einen schönen Turnerwagen.
Im nächsten Wagen die Vertretung des landwirtschaftlichen Bezirksausschusses; darauf der herrliche Festwagen der Marktgemeinde Neukirchen „die Jagd“ darstellend und allerlei Getiere, reizend gruppiert; unter einem Baumstock lag sogar ein lebender Fuchs; hoch oben saß ein balzender Auerhahn; ein Bild , das jeden Waidmann zu Herzen sprach.


 
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Festzug des Landwirtschaftlichen Vereinsfestes 1905, rechts das Eckgebäude ist der "Lemberger", in dessen Saal die Burschen im Fasching 1905 ihren Burschenball abgehalten hatten. Ein tolles Zeitdokument, dem Arbeitskreis übergeben von  Röhrl Fritz.

Auch wenn dieses Bild im zentralen Bereich etwas unscharf geworden ist, so kann man doch mit einem Bildausschnitt den zentralen Festwagen erkennen. Oskar von Zaborsky wurde in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg von Conrad Krämer d.A. gebeten, ein Gemälde von diesem Festwagen anzufertigen. Krämer war ja an diesem Zug beteiligt gewesen und konnte von Zaborsky eine genaue Beschreibung liefern. 
 


StA Kötzting: kolorierte Zeichnung von Oskar von Zaborsky nach den Angaben von Konrad Krämer
im Original ca. 70 cm lang.

In Festequipage folgten der Magistrat, Gemeindekollegium von Kötzting und das Lokal=Comitee, dem der vom Magistrate Kötzting gestellte Festwagen „Der Ludwigs=Turm“ nachfuhr. Wie freudig der Turm aus dem Waldesgrün herausgrüßte; auf dem obersten Sockel saßen ringsum den Turm 12 Gnomen munter und frisch in die Welt blickend, kleine Knaben von der St. Josephspflegeanstalt hier.
Die Gemeinde Traidersdorf zeigte einen mächtigen Baumstamm mit Pickel und Hacke unter dem Thema Waldpflege und Jagdleben. Oben der Auerhahn, in einer Höhle der Fuchs, auf dem Boden eine ganze Fichtenkultur und ächte stämmige Waldler als Holzknechte und Jäger.
Die Gemeinde Arndorf resp. der Ortsteil Kammern stellte das landwirtschaftliche Treiben dar, mit Bauernstube und Getreidetenne. Die Miltacher zeigten einen durch Blumenflor lieblich wirkenden Festwagen zum Thema „Gärtnerei“.
Nun folgte zuerst eine Musikkapelle und dann ein Prachtszene. Der Krieger und Veteranenverein stellte ein schaurig ehrfürchtiges Panorama zusammen: im Vordergrunde eine ergreifende Samariterdienstgruppe: verwundete Krieger, gepflegt von Schwestern- im Hintergrund, hochthronend die stattliche „Germania“ (Fräulein Elise Waldmann, die Pfingstbraut desselben Jahres); umgeben war der Wagen von gefangenen Kürassieren, General und sonstigen Kriegern zu Pferd; den Wagen begleiteten bayerische Infanteriesoldaten, die den Gefangenentransport übernommen hatten. Wem fielen nicht die heißen Augusttage von 1870 ein! Ein feierlicher Schauer ergriff alle, welche die Prachtgruppe zu sehen Gelegenheit hatten.
Als bewusst gesetzter Kontrast folgte ein fideler Schützenwagen mit der feschen Schützenliesl der Alt=Schützengesellschaft Eschlkam.
Herr Rudolf Häfner als Herold des Lichtenegger Festwagens
Bild aus der Sammlung Voithenleitner-Frank


















Den nächsten Prachtwagen führte Herr Häfner als Herold der Lichtenegger an. Der Wagen selbst stellte die Ruine Lichtenegg dar. Im Vordergrund war Frl. Fischer Else zu sehen, umgeben von drei Edelknaben in Prachtgewändern, begleitet von Rittern zu Pferd, Knappen und Lanzenträgern und als Abschluss folgte als passende Gruppe die Schützengesellschaft Kötzting verkleidet als alte Armbrustschützen.
Wenige Jahre zuvor hatte Kötzting einen Flottenverein erhalten, was im Fasching nicht wenigen anderen Vereinen Stoff zum Spott und Hohn gab, hier fanden sie sich mit drei Phantasiematrosen in Seidengewändern ein, 1 Matrose und 2 Matrosinnen. Hinter ihnen fuhr ein voll aufgetakeltes Segelschiff mit Namen , na wie heißt es wohl: „Kötzting“
Es lag auf blauen und grünen Wellentüchern; im Schiff standen und saßen 6 Blaujacken mit freier Brust, keck die Matrosenmütze auf dem Kopf, 6 Studenten, Söhne hiesiger Beamter und Bürger.
Den Schluss der Festwägen bildete die Huldigung der Gewerbe an die „Bavaria“. (Frl. Mathilde Hastreiter) gestellt vom katholischen Gesellenverein. Vertreter der einzelnen Gewerbe standen mit ihren Werkzeugen zu Füßen der Bavaria.
„Durch das Portal – altdeutsches Tor, eine herrliche plastische Täuschung, zog der Zug ein, gruppierte sich um die Festtribüne, auf deren erhöhtem Podium, reichlich mit Blumen umgeben, die Büste Sr Kgl. Hoh. unseres erhabenen Prinzregenten stand.
Bürgermeister Liebl begrüßte die Gäste und mit einem Hoch auf den Prinzregenten schloss die Begrüßungs- und Huldigungsrede, worauf von den Tausenden von Festteilnehmern die Königshymne gesungen wurde, ein Akt der schönsten und hellsten patriotischen Begeisterung, die so recht zeigte welch treue Bayern in unserem schönen Walde wohnen“.
Wie immer bei solchen patriotischen Feiern wurde ein Huldigungstelegramm an den Prinzregenten geschickt, damit dieser auch ganz bestimmt erfuhr, welch brave Bürger hier feierten und vor allem, weil man wusste, dass kurz nach dem Abschicken eine Antwort aus München zu erwarten war, die man erneut der feierlich gestimmten Festgemeinde dann vorlesen konnte.

Wirtshaus Wolfgang Stoiber, später Franz Graßl,
Bild: Arbeitskreis Heimatforschung
 Der Gastwirt Wolfgang Stoiber zeichnete für das Telegramm an seine Königliche Hoheit verantwortlich und erhielt von Schloss Linderhof die huldige Antwort, die die Festgemeinschaft dann wiederum gerührt zu Kenntnis nahm.
Seine königliche Hoheit der P r i n z=R e g e n t lassen den anlässlich des landwirtschaftlichen Lokalfestes in Kötzting versammelten Landwirten für die allerhöchst demselben in treuanhänglicher Gesinnung dargebrachte Huldigung bestens danken.
Für viertausend Teilnehmer waren Festzeichen hergerichtet, die aber bei weitem nicht reichten, so groß war der Sturm auf die Budenstadt
Heutzutage sind wir auf dem Volksfestplatz an ein zentrales Bierzelt gewöhnt. Damals wurden vier Wirtsbuden und je eine Wein- und Kaffeebude errichtet. Der „Lindnersche Kinematograph“ wurde allgemein als die beste Schaubude angesehen, wahrscheinlich waren zu diesem Zeitpunkt die ersten Stummfilme eine Sensation in Kötzting.

Der oben beschriebene Festzug war der Höhepunkt des ersten Tages, des Sonntags, der auf dem Festplatz sehr spät endete. Der Montag aber gehörte der Landwirtschaft. Morgens schon begann der Zutrieb der zumeist schönen Tiere und mit Eifer und unparteiischer Geschicklichkeit walteten die Preisrichter ihres Amtes.
Preise wurden vergeben:
für die auswärtigen Prachtwägen (nur 1. Preise)
für die Kötztinger Festwägen (Ehrendiplome)
für Leistungen bei der Durchführung des Festes (Ehrendiplome)
für landwirtschaftliche Produkte und Gartenerzeugnisse (Diplome)
für die Bezirkstierschau (Geldpreise mit Preisfahnen)
Und, meinte der Redakteur, abends wieder spät hinein, Oktoberfeststimmung – wir gingen auf „unsere Wiese“.
Die Kötztinger wollten faire Gastgeber sein und vergaben bei den Festwägen nur erste Preise, für die eigenen Wägen nur Diplome, hatten aber die Rechnung ohne die Neukirchener gemacht. Die Kötztinger mussten lesen, vermutlich im Hohenbogener Boten, dass die Steller des Wagens dadurch beleidigt worden wären, weil man sie mit den anderen Festwägen auf eine Stufe gestellt habe.
Bitte seid keine beleidigte Leberwurst!, meinte der Kötztinger Anzeiger.
Kötzting rechtfertigte sich, dass erstens jeder der Wägen etwas Besonderes dargestellt habe, der eine mehr im Originellen, der andere mehr im Ausputz, die Kötztinger Vereine sogar trotz der erheblichen Ausgaben ganz auf einen Geldpreis verzichtet hätten. Und noch dazu:
originell war der Neukirchener Wagen trotz seiner Schönheit nicht mehr, da Neukirchen beim letzten Vereinsfest auch einen „ähnlichen Jagdwagen in Neukirchen“ gestellt hatte. Andere Festwägen mit „von Hunden gezogenen Böhmerwägerl“ auf eine Stufe zu stellen, war billige, aber unfeine Pressleistung. „Von einer Zurücksetzung Neukirchens kann gewiss keine Rede sein, aber wir müssen ganz entschieden gegen den Ton der von Neukirchen in der Presse angeschlagen worden ist, Verwahrung einlegen“ So endete das große Fest also mit einem kleinen Misston, aber das Resümee fällt sehr positiv aus:


Sammlung Voithenleitner-Frank  Kinderfestzug im August 1905 um den Marktbrunnen herum, ein tolles Zeitdokument ebenfalls aus der Sammlung Voithenleitner-Frank, ebenso wie die folgenden Aufnahmen der Kinder. Herr Häfner geht zusammen mit zweien seiner Söhne als Kaiser Ludwig verkleidet gleich hinter der Musikkapelle






























Sammlung Voithenleitner-Frank


Am dritten Tag, dem Dienstag folgte nun der Kinderfestzug, „schon am Vormittag hindurch sprang und sang, haschte und klatschte die ganze junge Welt voller Ungeduld“.
Der "Pflastersteinkreis" rechts vorne im Bild markiert die Stelle, an der früher ein weiterer - der zweite einer ganzen Kette von Brunnenanlagen -  Marktbrunnen gestanden hatte. Im Zuge der Erbauung der Kötztinger Druckwasseranlage im Jahre 1904 herrschte eine Anschlusszwang. Um zu vermeiden, dass die Kötztinger Bürger sich gegen die Wasserabgabe sperrten, indem sie weiterhin Wasser kübelweise aus den Marktbrunnen heimtrugen, wurden die alten Brunnenanlagen kurzerhand entfernt.


Sammlung Voithenleitner-Frank Derselbe Kinderfestzug im unteren Markt, man beachte den Marktbrunnen - 1905 bereits ein Blumenbeet - vor dem alten Rathaus nun der Pfingstreiterbrunnen.
Auch der Brunnen oben beim Ring-Haus (nun Kaufhaus Frey) ist bereits rückgebaut.

Einschub
Auch bei diesem Bild gibt es ein schönes Detail am Rande. Auf der linken Marktstraßenseite wohnte und arbeitete seit Jahren eine jüdische Familie, die aus Böhmen zugewandert war, die Familie von Moritz Kirschner. Bei Hineinzoomen in das Bild sind mir die erwachsenen Personen aufgefallen, genauer gesagt deren Bekleidung.
 

Das Bild wurde 1905 aufgenommen, die Kirschners, die den Laden betreiben, sind 15 Jahre zuvor - die ersten Kinder sind noch in Böhmen geboren -  aus Modlin in Böhmen zugewandert. Das bayerische Heimatrecht haben sie alle erst mit dem Kauf des Gebäudes 1894 erhalten. Zu sehen ist also das Geschäft des Moritz Kirschner, einer der Buben ist der spätere Mentor, Gründer und Finanzier des 1.FC Kötzting, ein anderer ist Max Kirschner, der noch im Herbst 1914 am Anfang des Krieges für das Deutsche Reich im Krieg gefallen ist. Eines der Mädchen ist Ida Kirschner, die Frau des späteren Kötztinger Kreisbaumeisters Hermann Seiler, Ida Seiler. Zwei der anderen Mädchen sind in die USA ausgewandert. Eines der Mädchen hatte später, als verheiratete Freiwirth, zwei Buben, die den Naziterror überlebt haben und in England und den USA lebten.

Interessant ist die Personengruppe am oberen Ende der Eingangstreppe. Vor allem der bärtige Mann ganz oben scheint einen typisch jüdischen Hut zu tragen. Da ich mit Frau Anna Rosmus in den USA mehr oder weniger regelmäßig Kontakt habe, habe ich ihr gleich den Bildausschnitt zugesandt und um ihre Meinung gebeten, ob ich mit meiner Vermutung richtig läge. Frau Rosmus hat sich an ein paar Spezialisten für jüdische Kleidung in den USA gewandt und wenige Wochen später kam die Bestätigung:

"The dark hat may be a Shtreimel.  Basically, this is a hat worn by Hasidic men on special occasions.  It is traditionally made of fur.  That is my guess.  The other man may also have some type of Hasidic dress on.  I am sending you some pictures to look at comparisons.  Of course this is only my educated speculation."  
 
Da wir den Familienverband der Kirschners um die Jahrhundertwende genau kennen, war es wohl so, dass sich Besuch aus Böhmen angekündigt hatte, um das Kötztinger Spektakel zu bewundern. Die Mädchen und Buben, festtäglich gekleidet, waren sicherlich nicht in der Kötztinger - katholischen - Volksschule eingeschult und daher auch nicht Teilnehmer des Kötztinger Kinderfestzuges.
Dieser Bildausschnitt ist ein unbezahlbarer Beleg für die damaligen jüdischen Mitbürger, die sich hier sichtlich gefreut haben und den Festzug und die festlichen Tage in Kötzting sicherlich genossen haben.
Einschub Ende

182 Kinder folgten in vielen Gruppen und Bildern den Marktfahnenträgern. Dargestellt wurden Bilder aus dem Volksleben, vom Wirt über die Handwerker bis hin zum Rettich- und Krennweib.
Das sind alle Häfnerkinder der Reihe nach
Sammlung Voithenleitner-Frank

Andere Nationen kamen auch nicht zu kurz und sogar die vier Jahreszeiten wurden dargestellt. Ein Kinderschützenzug und das edle Burgfräulein von Lichtenegg mit Waldgeistern, Gnomen, Zwergen und Bergleuten bildeten den Abschluss.
Drei der in der Zeitung erwähnten Jahreszeiten wurden von den Schwestern Liebl (Bankgeschäft), Schwestern der später geborenen Frau Paula Dietrich dargestellt
Nach den Kinderfestzug war noch Fotoshooting im Häfner Garten….die zweite von links ist Maria Häfner, später Voithenleitner… die zwei Jungs sind ihre Brüder… das große Mädel und die ganz kleine sind unbekannt.  Sammlung Voithenleitner-Frank














































































Das Fest neigte sich dem Ende zu, „Alles noch voller Leben und Treiben auf „unserer Wiese“
Nun wurde endlich Nacht und das Brillantfeuerwerk abgebrannt, Nummer für Nummer wurde mit Beifall aufgenommen, besonders schön soll der Lichteffekt am Regen gewesen sein, und somit war ein würdiger Abschluss des Festes geschaffen worden, auch wenn in den vollbesetzten Buden noch lange weiter gefeiert worden war.
Wir haben ein schönes Fest gefeiert, dank allen denen , die mitgearbeitet haben. Nun aber schmiedet das Eisen, so lange es warm ist. Der Lokalverein werbe neue Mitglieder, verstärke sich, sammle einen Fond an, dass in kürzerer Folge wie bisher (etwa alle 3 Jahre) solche feste gefeiert werden können.“
6500 Personen wurden allein am Kötztinger Bahnhof an den drei Tagen gezählt.


Die "Häfnerbuben" im Ersten Weltkrieg



Alle vier jungen Männer der Familie Häfner mussten als Soldaten in den Krieg ziehen.


Rudolf Häfner - der Älteste und geboren am 6.6.1890 und in der Stammrolle als "Student der Mathematik und f. Turnen" eingetragen - kam noch im Herbst 1914 als Rekrut zum 10. bayerischen Infanterie-Regiment 
Xaver Häfner - geboren am 10.8.1891 und in der Stammrolle als Student der Politik oder Wirtschaftswissenschaft: stud. rer. pol. eingetragen - wurde ebenfalls noch im Spätherbst 1914 eingezogen und auch beim 10. bayerischen Infanterieregiment  (Ingolstadt) I - Ersatz Bataillon
Heinrich Häfner - geboren am 20.12.1994 und bei ihm stand in der Stammrolle als ziviler Beruf: Kaufmann in Regensburg - war ab dem 2. Januar 1915 Mitglied der "bayerischen Divisions-Funker-Abteilung 105.
Josef Häfner - geboren am 18.33.1896 und trotz seines jugendlichen Alters als Bankbeamter in Waldsassen bezeichnet - am zum Jahresende 1915 zum bayerischen Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 13 (in Pfaffenhofen an der Ilm)

Wir beginnen mit dem Eintrag in der Kriegsstammrolle Rudolf Häfners (Diese und die folgenden Auszüge aus den Kriegsstammrollen stammen aus dem Bayerischen Militärarchiv und wurden von dem amerikanischen Familienforschungsunternehmen (der Mormonen) digitalisiert und  - gegen Bezahlung - weltweit online zur Verfügung gestellt.
 




Ancestry.com für Häfner Rudolf geb. 6.6.1890 in Bad Kötzting


Sammlung Voithenleitner-Frank Rudolph Häfner 3. von links



















Aus der Liste seiner Einsatzorte geht hervor, dass er vor allem in Flandern eingesetzt war. Nicht ganz so umfangreich ist auch die Liste seiner Verwundungen.
 

"23.6.1916 Verwundet durch Grantsplitter an lk Hand, Arm, Schulter,Kopf ohne Knochenverletzung.
23.6.-7.8. Res. Laz. Cochem a.d. Mosel
10.6.1917 Granatsplitterverletzung im Gesicht, bei der Truppe
21.7.1917 durch Steinsplitter am r. Oberarm leicht verwundet, bei der Truppe"
Hier steht auch ein Entlassungsvermerk: "Anerkannt Regensburg 17.12.18  Häfner  Leutn.d.Res."
Im Mai/Juni 1915 wurde er schrittweise vom Gefreiten über den Unteroffizier zum Offiziersaspiranten befördert. Am 16.12.1916 erfolgte dann die Beförderung zum Leutnant der Reserve.
Erst gegen Ende des Krieges sind auch Erholungsurlaube eingetragen: zwischen dem 30.8.und 14.9.1917 Urlaub nach Kötzting und noch einmal im Winter und Sommer 1918, jeweils 2 Wochen.
Am 17.12.1918 wurde er nach Kötzting entlassen.
Sammlung Voithenleitner-Frank: Rudolf Häfners Kompanie
 
Sammlung Voithenleitner-Frank: 20.6.1917 Liebstes Schwesterl, Als eigenen Dank für diene Geburtstagswünsche, etwas verspätet zwar, dies Kärtchen. Es zeigt die 6. Kp in den 1. Tagen des Juni. Seitdem sind einige weniger geworden. Was treibst du denn immer? Kannst du schon schwimmen? ich tät auch furchtbar gern mal wieder mit. Recht herzliche Grüße Euch 3en dein bruder Rudl
Abs. Leutnant d. Res RHäfner 

Sammlung Voithenleitner-Frank: Rudolf Häfner links

Sammlung Voithenleitner-Frank: Ludwig Baumann hat mir bei der Übersetzung des Steno-Teils geholfen: Meine Lieben! Heute Päckchen No 11 und [?] gut erhalten. Besten Dank. Habe Rudy u. Seppl bereits geschrieben daß ich am 1. Juni in Urlaub fahre Herzlichen Gruß an Eltern u. Heiner  








Es geht weiter mit Xaver Häfner



Auch bei ihm ist eine Verwundung eingetragen.
"Am 28.1.1916 südl. Arras verw. A.G. r. Oberschenkel und linke Bauchseite
Kr. Laz. II Donai, sodann Vereinslaz. Buer (Westf)
Sammlung Voithenleitner-Frank: Xaver Häfner im Lazarett

Von Ende 1916 bis zum September 1917 wechselte er ununterbrochen zwischen verschiedenen Krankenhäusern und Einsätzen in Ersatzabteilungen, bevor er dann am 30.11.1917  mit einer monatlichen Rente von 52,50 Mark und einer Kriegszulage von 15.00 Mark entlassen wurde.

Auch er machte die Ausbildung zum Offizier durch und zwar war er vom 28.6.-21.8 1915 in einem Offiziers Ausbildungskurs (an anderer Stelle als Fahnenjunkerkurs bezeichnet) in Döberitz.
Einschub
Es ist für den Chronisten immer wieder interessant, wie es möglich sein kann, dass sich die Wege des eigenen Berliner und damit preußischen Großvaters mit denen von bayerischen Soldaten kreuzen können.
Mein Großvater - zusammen mit 4 anderen Offizierskollegen - war Deutschlands erster fliegender Soldat, der im Jahre 1911 in Döberitz seine ersten Flugversuche und sein Flugzeugführerexamen gemacht hatte.
Einschub Ende
In einer weiteren Anmerkung heißt es, dass Xaver Häfner Abiturient des königlich humanistisch alten Gymnasiums in Regensburg gewesen war.

Nun zum dritten Bruder, Heinrich Häfner.

Sammlung Voithenleitner-Frank:
Heinrich Häfner
Liebe Schwester
Im Anschluß an meinen heutigen Brief an die lb Eltern sendet dir die besten Grüße dein Bruder Heinrich.



Sammlung Voithenleitner-Frank: Häfner Heinrich Lazarett 4vl stehend  mit Gesichtsverband

Sammlung Voithenleitner-Frank: "12.11.16  Absender Infanterist H Häfner  Reservelazarett Augsburg B Georgschule. Station C Zimmer 18. Meine Lieben! Habe heute vormittags das Paket erhalten. Besten Dank für die Äpfel und sonstiges Hiermit unser Zimmer. Mir geht es gut. Viele Grüße euer Heiner




Auch bei ihm zuerst seine Verwundungen und seine Beförderungen.


12.9.16 Trommelverletzung durch Verschüttung bei Flers
19.9.16 Kriegslaz. Combrei
20.9.16 Laz. Wörrishofen
10.10.16 Res, Lat. Augsburg
19.10.-2.11.16 wg Verletzung am r. Fuß Kr. Laz. 3. Froy
28.5.17 Nervenschwäche 3 Tage revierkrank
25.6.17 amb. Behandlung Zahnstat: Gent
29.6.17 Zur Untersuchung Ohrenstation Gent
25.7.17 altes Ohrenleiden amb. Ortskr. Titthorn
9.11.17 Zahnstat. Maldeghem 
7.1.-9.1.18 Magenkr Rev. Paillencourt


Sammlung Voithenleitner-Frank: Heinrich Häfner 1.v.r. stehend
"Meine Lieben, heute Päckchen Nro. 11 und ? gut erhalten. Besten Dank. Habe Rudy und Seppl bereits geschrieben dass ich am 1. Jan in Urlaub fahre. Herzliche Grüße euer Heiner."

Seit dem 11.10.17 war er Gefreiter und ab dem 4.1.18 Unteroffizier.


 
Kämpfe bei Ypern, Halluch und Loos, Schlacht an der Somme, Stellungskämpfe vor Arras, Schlacht in Flandern, Angriffsschlacht bei Cambrai und am Ende noch Kämpfe in der Siegfriedstellung.
Bei dieser Auflistung der "teilgenommenen Schlachten" ist es ein Wunder, dass er dieses Schlachten nur mit ein paar kleineren Blessuren überlebt hat.


Am 3.12.18 wurde Heinrich Häfner vom Militär entlassen und bestätigte dies auch mit seiner Unterschrift.



























Abschließend dann noch  Josef Häfner


Sammlung Voithenleitner-Frank: Josef Häfner












Er hatte vermutlich das schwerste Los.
"12.11.1916 bei Boskek verwundet durch ? linken Unterarm, rechten Oberarm und Halsstreifschuß,
Kopfschuß in russischer Gefangenschaft"
Am 24.1.1919 nach Kötzting Marktplatz 43/0 entl.


Seine Schlachtenteilnahmen: 
Stellungskämpfe bei Roye-Noyon,  Gebirgskämpfe im Ojtozgebiet und Abwehrkämpfe im Syerggogebirge (die Ortsbezeichnungen könnten fehlerhaft übertragen sein).
Von 12.11.1916 bis 7.5.1918 in russischer Kriegsgefangenschaft
Ist über Versorgungsansprüche belehrt und erhebt solche vorerst nicht.
München 29.1.19  Josef Häfner

Sammlung Voithenleitner-Frank


Sammlung Voithenleitner-Frank
: Vermutlich auf Vermittlung des Internationalen Roten Kreuzes konnte Josef Häfner Kontakt mit seinen Angehörigen zuhause aufnehmen. Er selber war in Krasnojarsk in Sibirien in einem Gefangenenlager und schrieb an seine Schwester "Mariele" Häfner. Einige seiner Postkarten haben sich erhalten.
.


Sammlung Voithenleitner-Frank: Bereits am 4.11.1917 schrieb er aus Sibirien seine Weihnachtsgrüße an die Heimat.
Gesegnete Weihnacht
Liebes Schwesterlein! Am 1. ds erhielt ich Paket (No 6 am Karton gestempelt) mit Bettlaken, Schuhen, Zahnbürsten, Creme. Herzlichen Dank. Vor einigen Tagen erhielt ich Karte No 4, wofür euch danke. Ihr schreibt ja, wie es scheint, nur alle Monat. Mir geht es gut. Hoffentlich euch auch. Zur lb. Mamma Geburtstag nochmals meine Glückwünsche. Herzliche Grüße Dein Josef.


Krasnojarsk, 22.12.1917

Liebes Schwesterlein! Dein Kärtchen vom 21.7.17 habe ich am 3.10.17 beantwortet. Ich habe bis jetzt von Dir keine Karte mehr bekommen; hoffe aber stark in nächster Zeit wieder etwas zu erhalten. Vorgestern lb. Heinrichs Geburtstag nachträglich nochmals meine herzlichen Glückwünsche! Heute kommt die Nachricht vom endgültigen Abschluß des Waffenstillstandes. Hebt nur den Christbaum auf! Hoffentlich ist zu Hause alles gesund! Mir geht es soweit ganz gut. Die höchste Kälte war bis vor 2 Tage, 40 Grad Celsius. Es wird aber noch kälter. Da staunst De! Was ?!
Herzliche Grüße an die Eltern und Bruder, vor allem grüßt Dich herzlich Dein Bruder Josef"

Einschub
Die Oktoberrevolution (1917) brachte Wladimir I. Lenin und seine Anhänger an die Macht. Im Dezember 1917 schied Russland aus dem Krieg aus, schon vorher war es an der Front zu Verbrüderungsszenen zwischen Russen und Deutschen gekommen. (dhm.de)
Am 3.12.1917 begannen die Friedensverhandlungen zwischen dem deutschen Kaiserreich und der bolschewistischen Regierung, die dann, nach einer Sondervereinbarung der Deutschen mit den Ukrainern und einem erneuten Vormarsch  Deutschlands auf russisches Gebiet, zum Friedensvertrag von Brest-Litowsk Anfang März führte.
Einschub Ende

Krasnojarsk 26.12.17
Weihnachtsfest im Kreise froher Kameraden bei Kaffee und Zigarettenqualm, auch Musik fehlte nicht - na, ja! Was willst Du noch mehr! - ganz angenehm, den Umständen entsprechend verlebt.
Hoffentlich habt auch Ihr alle ds Fest in guter Gesundheit zugebracht.
Hoffentlich kommen von den Brüdern gute Nachrichten. Lb Xaver wird wohl zu Hause gewesen sein.....

Krasnojarsk, 8.1.1918
Liebes Schwesterlein! Ich habe von Dir seit der Karte im September nichts mehr gehört und erwarte allmählich wieder Nachricht sonst gibts Krach! Hoffentlich fehlt zu Hause und bei den Brüdern nichts. Mir gehts immer regelmäßig. Herzliche Grüße an Dich, die lb Eltern und Brüder (auch Liebls, bitte ich Dich grüße mir an Schneier(?) Paula) Dein Bruder Josef

Krasnojarsk  , 30.1.18
Liebes Schwesterlein! Zum kommenden Osterfest meine Glückwünsche
Dein Bruder Seppl in Sibirien
Hoffentlich ist alles gesund! Mir geht es gut.
Herzliche Grüße an alle, Josef



Krasnojarsk 6.3.1918
Liebstes Schwesterlein, Gestern erhielten wir die Nachricht vom Friedensschluß, was mich aber nicht sonderlich aufregen kann, da ich vorerst nicht recht dran glauben kann, denn das ist ungefähr das vierte Mal, daß uns Offizieren der Friedensschluß gemeldet wird. Wir veranstalteten eine kleine Feier in "dera Bareckn" herinnen, im übrigen geht alles den gewöhnlichen Gang. Hoffentlich alles gesund! Herzliche Grüße an Alle.



Hier noch einige Aufnahmen von der Familie Häfner und ihrem Umfeld



Sammlung Voithenleitner-Frank Frau Häfner mit der Tochter Marie






Auch aus dem Ladeninneren gibt es Bilder, die uns einen Blick in alte Zeiten ermöglichen.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Herr und Frau Häfner


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Robert Voithenleitner, der Enkel malte dieses Bild von
seinem Großvater, wie er überhaupt auch der Hauptsammler all der vielen Kleinigkeiten gewesen war, die von den "Häfners" die Zeiten überlebt haben. Als Beispiel sei hier auch ein kleines Kästchen benannt, das auf einer seiner Seiten das Abbild der Häfnerschen Verkaufstheke darstellt.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:
 

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank 

Im August 1936 verstarb der Kötztinger Kaufmann Rudolph Häfner und die Zeitungen brachten einen Nachruf und einen Bericht von seiner Beerdigung.


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank 

Kötztinger Anzeiger vom August 1936


Kötztinger Anzeiger vom August 1936

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Gruppenbild der engen Familienangehörigen nach der Beerdigung Rudolph Häfners im Garten.


Herrn Robert Voithenleitner, dem Enkel, - und in würdiger Nachfolge Frau Michaela Frank  -  ist es zu verdanken, dass sich aus der Zeit von Rudolf Häfner und seiner Familie viele Kleinigkeiten des täglichen Lebens sowohl vom großelterlichen Geschäft als auch von kulturellen und Vereinsleben Kötztings erhalten haben.
Auch im Inneren des Hauses finden sich noch einige "Geländemarken", die möglicherweise noch auf die Fabricis oder Windorfers - wie zum Beispiel die Fußböden und die Zimmerdecken - zurückgehen, aber auch von der Familie Häfner finden sich noch Spuren im/am Haus.

Foto Pongratz: Glasdekors 

Foto Pongratz: ein ganz besonderer Türbeschlag

Foto Pongratz: ein Schmiedeeisengitter im Treppenhaus
18- R(udolph) - H(äfner) - 93 


Ein ganz besonderes Schmuckstück ist eine - noch funktionstüchtige - Walzenspieluhr der Firma Heller aus Bern mit folgendem Repertoire:

Foto Pongratz: Danach konnte man vermutlich - mit 4 Brüdern - zuhause gut das Tanzen lernen

 
Foto Pongratz: die Spieluhr, ca. 60cm lang.

Weiter geht's mit zwei Haushaltsgegenständen aus dem 19. Jahrhundert.
 
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: eine Wäschemangel zum Trocknen



 
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Der historische Waschtrog, eine frühe Waschmaschine.
Darunter wurde ein offenes Feuer unterhalten und mit einem großen hölzernen "Löffel" umgerührt und gewalkt.



Eine Tüte des Kaufhauses Häfner



Bild Sammlung Voithenleitner-Frank  eine kleine Tüte



Bild Sammlung Voithenleitner-Frank Seite aus dem Barverkaufsblock

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Briefkopf des Geschäftspapiers

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Kopf einer Rechnung kurz nach der Jahrhundertwende




Maria Häfner, die Anfang der 1920er Jahre durch die Kötztinger Bälle tanzte und offensichtlich gerne Rad fuhr, fand in Peter Voithenleitner dann ihren Ehemann.

Peter Voithenleitner und Maria Häfner



Bild Sammlung Voithenleitner-Frank Die Großfamilie Häfner anlässlich der Hochzeit der Maria Häfner mit Peter Voithenleitner. In der Bildmitte hinten Herr Rudolph Häfner mit seiner Frau Maria.
Rechts neben dem Senior der Sohn Josef und vor ihm die Frau mit der Brosche, seine Frau Wally.


DIA Repro 3095 Brautpaar Voithenleitner


StA Landshut Grundsteuerkataster 5055 ab 1900


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Hier an dieser renovierungsbedürftigen Hausfron kann man
noch den Schriftzug "R. Häfner Nachf." erkennen.





Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Nach der Renovierung steht der Name Häfner nur noch über der Eingangstüre. 


Nach dem Tode des Rudolf Häfner wurde seine Witwe aufgrund der Erbfolge die neue Besitzerin. Nach deren Tod  wiederum wurde das Anwesen auf Maria Voithenleitner überschrieben.
Die junge Familie Voithenleitner hatte zwei Söhne, Paul, geboren 1926, und Robert, 1927.
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Maria Voithenleitner

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Robert und Paul Voithenleitner
 

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:  Hinten im eigenen Garten.
Der Kamin gehört zum Kommunbrauhaus





Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Robert und Paul Voithenleitner an Fronleichnam 1929



Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: v.l. Robert, Paul und Peter Voithenleitner


Sammlung Voithenleitner-Frank: Weihnachten im Hause Voithenleitner
Ob eine Trompete zu Weihnachten für 2 lebhafte Buben ein tolles Geschenk ist, wage ich im Sinne einer Hausgemeinschaft einmal zu bezweifeln...

Sammlung Voithenleitner-Frank: Weihnachten im Hause Voithenleitner





Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Die Familien Häfner und Voithenleitner
auf dem Jahnplatz vor 1930. Die Jahnhalle ist noch unverputzt.
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: das Auto der Voithenleitners
 

Frau Maria Voithenleitner war sowohl beim Kirchenchor als auch in der Theatergruppe aktiv und davon gibt es Bilder aus dem Arbeitskreis Heimatforschung.

Arbeitskreis DIA Repro 413 Theatergruppe  Obere Reihe von links: ?, Schuhmann Gretel, Weiß Maria, Forster Bobby, Frau Voithenleitner,?, Frau Lautenschlager.  vordere Reihe ?,?,Schmidl Käthe 
Kurz: Frau Voithenleitner ist die dritte Frau von rechts
Eine andere Aufnahme aus demselben Stück:
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Maria Voithenleitner erste von rechts. Der einzige Mann in dieser Aufführung war Herr Heigl - Schlossermeister.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Schwimm- und Kanuausflug am Zusammenfluss von Schwarzen und Weißen Regen. Frau Marie Voithenleitner in der Mitte mit dem schwarzen Badeanzug


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Fasching im Hause Voithenleitner, Maria hinten mit Akkordeon



Arbeitskreis DIA Repro 2663 Wanderergruppe
Ausflug  Liebl Hilde stehend von links Liebl Franz,  Mühlbauer Georg (Schuster), Herre Mich, vorne ?,?, Frau Herre, links mit dunkler Jacke Frau Gschaider, dahinter Frau Voithenleitner





Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Paul und Rudolph Voithenleitner

Peter Voithenleitner verstarb sehr jung am 30.7.1947. Sein ältester Sohn galt seit dem Januar 1945 als vermisst.
Auch aus späteren "Bauphasen" des Anwesens gibt es noch vereinzelt Bilder, hier die 60er/70er Jahre.
 
Foto Kretschmer: Das Geschäft Häfner. Fast noch interessanter in diesem Falle sind die unterschiedlichen Autos und die Parkmöglichkeiten in der Kötztinger Innenstadt damals.






Nachdem Maria Voithenleitner im September 1975 verstorben war, fiel das ganze Anwesen an den Sohn Robert, dessen Arbeitszimmer zentral im Hause von Frau Michaela Frank nicht nur in Ehren, sondern genau so belassen wird, wie es Herr Robert Voithenleitner zeitlebens gehalten hatte.
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Teilansicht des Büros von Robert Voithenleitner
mit einigen seiner unzähligen Bilder mit Kötztinger Motiven
Hier in diesem Büro hatte RH auch Kötztings erste Lichtpausmaschine stehen und damit für die Kötztinger Architekten gearbeitet.

Robert Voithenleitner


 Der Künstler und "Homo politicus"


Um sich dem Menschen und Künstler Robert Voithenleitner zu nähern, den ich, obwohl er erst im Jahre 2012 gestorben ist, leider nie kennenlernen durfte, möchte ich mit seinem Grabstein beginnen und dessen Symbolik und Aufschrift, die er selbst noch zu Lebzeiten sich so erwählt hatte.
Foto Rabl-Dachs


Foto Rabl-Dachs. Das Symbol für das Auge Gottes, welches Alles sieht.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Die Grablege für Herrn Robert Voithenleitner 1927-2012 
im Neuen Friedhof.

 
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Sterbebild 

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Sterbebild 

Es war vom Chronisten angedacht, seine Arbeiten als Künstler und als politisch handelnder Kötztinger Bürger separat vorzustellen. Diese beiden Bereiche lassen sich in diesem Falle jedoch nicht trennen, sondern bedingen häufig einander. Hier einige Beispiele, die dies verdeutlichen können und zeigen, wie sehr Robert Voithenleitner in seinen jungen und "mittleren" Jahren in Kötzting in der Öffentlichkeit präsent gewesen war..
Im Jahre 1968 erreichte Robert Voithenleitner die Altergrenze, die in der Satzung der JU vorgesehen war, und trat als Kreisvorsitzender dieser Jugendorganisation zurück. Der damalige MdB Stefan Dittrich würdigte die Leistung, die RV in den vier Jahren seiner Tätigkeit vollbracht hatte.

KU vom 11.3.1968

KU SW935: Hier Robert Voithenleitner - Mitte - zusammen mit dem damaligen Stadtrat Franz Graßl

Arbeitskreis Heimatforschung DIA-Repro Nr. 1468 Robert Voithenleitner in der zweiten Reihe mit dem dunklen Hemd.
"Männergesang- und Orchesterverein  Schindlmeier 1.Reihe v. links Richter Haymo, Krämer Georg, Stauber Heinrich, Dr. Stefan Dittrich, Franz Liebl, Fritz Weigl, Milczewski, Mittlere Reihe von .li. Costa Gust, Mannig Heinz, Gmach Sepp, Rascher Finanzamt, Mieleitner Josef, Voithenleitner Robert, dahinter Praller Poidl, ? . obere Reihe und davor  v. links Sperl Hans, ? , davor Strunz Peter, Mühlbauer Georg, Henneberger Sepp, ? , ? , Stelzl Erwin, Rabl Franz, Schindlmeier Wilhelm, Zeuner,  Stenger, Gmach Wolfgang     

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Bereits bei der Uraufführung des Spiels von der "Pfingstrittehr" von Eugen Hubrich war er, an der Seite von Frl R. Liebl der "Biedermeier"pfingstbräutigam von 1821.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Das Pfingstbrautpaar von 1821

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Der Ehrentrunk
Robert Voithenleitner und Frl. Liebl, später verheiratete Schubert

Als im Jahre 1972 mit der Gründung eines Kötztinger Fremdenverkehrsvereins auch ein neues Plakat und Prospekt geplant war, waren es die Kötztinger Grafiker und Künstler Graßl Christ, Philipp Henneberger und Robert Voithenleitner, die aufgefordert wurden, dafür Vorschläge einzureichen.

Eine meiner ersten Erinnerungen an einen richtige Protestbewegung Kötztinger Bürger gegen eine Entscheidung des Stadtrates handelte von der Industrieansiedlung der Fa. Winter in der unteren Auwiese. Es kam zu einer Unterschriftenaktion, deren Hauptakteure auch die beiden Künstler Robert Voithenleitner und Philipp Henneberger und - nach meiner Erinnerung -  Frau Schreiner vom Plattenweg standen
Worum ging es dabei? Im Zusammenhang mit den Diskussionen, Planungen und ersten Bauausführungen einer ersten Hochwasserfreilegung Kötztings fiel die Entscheidung, Teile der Auwiese für einen holzverarbeitenden Betrieb in eine Gewerbegebiet zu verwandeln.

Bild Arbeitskreis Heimatforschung: der damals sogenannte "Seidlsee" nach einem Hochwasserereignis.
in der Auwiese. 

Bild Arbeitskreis Heimatforschung: die Fundamente einer Industriehalle im Überschwemmungsgebiet.

Im Kötztinger Archiv finden sich immer wieder Schreiben von Robert Voithenleitner, in denen er Vorschläge macht, sich über Entwicklungen beschwert.
1979 schreibt er ein Exposee in Briefform an die Stadtverwaltung: "Vorschläge zur Stadtentwicklung und zur Neugestaltung der Innenstadt von Robert Voithenleitner"
1979 (StA 645/10), in einem Mischbestand über die Hochwasserfreilegung befindet sich das Fragment eines Beschwerdebriefes, der vermutlich von ihm stammt.
Im Jahre 1982 kommt es zu einem Schriftwechsel mit  dem damaligen Bezirkstagspräsidenten Alfred Spitzner. (StA Kötzting 610/24 Schreiben Robert Voithenleitner an Zweckverband wegen des Plafog Gutachtens und Erhalt der Naturlandschaft 1982 )
1983 schreibt er erneut an die Stadtverwaltung wegen der neu geplanten Umbaumaßnahmen im Zusammenhang mit der Auwiese und dem Großparkplatz.(StA 175/2)
Vielleicht hängt es mit einer gewissen, von ihm gefühlten Erfolglosigkeit seiner Bemühungen zusammen, vielleicht auch gepaart mit einer Verständnislosigkeit von Seiten mancher Kötztinger über sein Aufbegehren gegen empfundene Missstände in der Stadtentwicklung, auf jeden Fall zog sich Robert Voithenleitner im Alter zusehends aus der Öffentlichkeit zurück und seine Beschäftigung mit dem Kunsthandwerk, der Malerei und Design wurden nun wichtiger.
Dies äußerte sich auch in seiner beruflich/künstlerischen Fortbildung, die er offensichtlich bereits immer systematisch betrieb und dabei auch versuchte, die Physik mit einzubeziehen.


.Er war auch als Restaurator tätig und angesehen.

Foto Frau Marianne Kretschmer, Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: 

Am 4.8.1973 erschien in der Kötztinger Zeitung ein Bericht über den Restaurator Robert Voithenleitner
Das im Artikel dargestellte Werk: "Darstellung im Tempel" stammte aus der Pfarrkirche Haibühl und die Teilschritte der Restaurierung wurden von RV protokolliert.


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: 

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: 

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: 
Um sich - vorher - ein Bild der Gesamtzusammenhänge - angesichts der zerstörten Leinwand - machen zu können, fertigte er vorab eine Arbeitskopie an, die noch heute eine Zimmertüre in seinem  - original erhaltenen - Arbeitszimmer schmückt.


 
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:



Seine Freude, mit Farben umzugehen, und selbst Alltagsgegenstände und Gebäudeteile mit farbenfrohen Mustern zu versehen und Freiflächen, ja sogar Zimmerdecken, mit gerahmten Gemälden zu bedecken, geben den einzelnen Zimmerfluchten einen ganz besonderen Charme.
Wie oben bereits einmal kurz angedeutet, soll dieser spezielle Aspekt des kunstschaffenden Hausbesitzers Robert Voithenleitner Thema eines eigenen Blogbeitrages werden.
 
Kein Außenstehender ahnt, welche Farbenpracht sich im Inneren des Hauses verbirgt. 
Ganz besondere Räume hat Robert Voithenleitner in seinem Haus geschaffen und in vielen Fällen dadurch das Andenken an seine Vorfahren bewahrt. Diese spektakulären und gleichzeitig anheimelnden Räume des Hauses verdienen es, in einem separaten Beitrag gewürdigt und vorgestellt zu werden und nicht in der Fülle der geschichtlichen Darstellungen dieses Beitrags unterzugehen.
Der Titel Thema dieses zweiten Teils über den Künstler und Kunsthandwerker Robert Voithenleitner wird sein:

Die fabelhafte Welt des Robert Voithenleitner


Die Fassadengestaltung gibt jedoch einen kleinen Hinweis darauf und erzählt sogar eine kleine Geschichte.

Aufnahme Pongratz: 

Auch außen an der Vorderfront seine Hauses hat Robert Voithenleitner das "Auge Gottes" angebracht,, das wohl auf ihn - liegend über dem ersten Fenster - herabblickt.
Im zweiten Fenster scheint er die Freude in und an der Natur darzustellen, wobei der Laubbaum auch durchaus das Kötztinger Wappen darstellen könnte.
Das Motiv des dritten Fensters ähnelt den Darstellungen der "Patrona Bavariae", unter deren Schutzmantel sich alles und jeder flüchten bzw. sich sicher fühlen kann.
In der Leiste unter dem Fenstersims, finden sich die Namen und die dazugehörenden Nationalflaggen aller Gründungsorte der Douzelage - damals 12 Staaten der EU - angeführt und übergroß dargestellt von der Doppelraute Bayerns.
Das zentrale Fenster - und mit einem größeren Rahmen versehen - stellt den Heiland dar, mit den Symbolen des Guten Hirten, der Schöpfung und des Abendmahls.
Aufnahme Pongratz: Christus und der Pfingstritt




Auf der rechten Seite wird diese zentrale Figur flankiert von einer Kompaktdarstellung des Pfingstrittes und noch ein Fenster weiter finden wir unseren Pfingstl, den 1935 neu eingeführten Wasservogel.


Aufnahme Pongratz: Der Pfingstl


Die Fensterlaibungen sind innen mit einer Reihe von Pfingstreitern ausgestaltet, von denen einer sogar signiert ist.

Sammlung Voithenleitner-Frank



Und dann folgt das letzte Fenster, ganz rechts außen:


Aufnahme Pongratz: Der Goldesel oder Geldscheißer.


Vollkommen aus der Reihe, sowohl was die Thematik als auch die Form angeht - es gibt keinen Rahmen über der Darstellung - tanzt das letzte Fenster.
Es ist die Darstellung des Kötztinger Alten Rathauses, vor dem ein Goldesel das tut, wofür er seinen Namen erhalten hat, er scheißt Gold. Was ist hier passiert?
Hier schließt sich nun ein Kreis, der mit dem Streit Fabricis mit dem alten Luckner und den Archivfenstern seinen Anfang genommen hatte, nur dass es damals um Fenster ging und in dem Jahre 1982 um die dazugehörige Wand.
Als der damalige Kammerer Luckner das damalige Rathaus erweiterte, nutzte er die vorhandene Wand der Fabrizis und baute/lehnte an diese Wand seine neue Registratur und die Wohnung für den Marktschreiber.
Fast genau 200 Jahre später - der Landkreis Kötzting ist Geschichte und das Rathaus zieht um in das größere ehemalige Landratsamt. Das Alte Rathaus soll nun generalsaniert werden und, in der irrigen Meinung, die Wand in Richtung Voithenleitner gehöre zum Rathaus, wurde kräftig an der Mauer herumsaniert bis, ja bis man bei Herrn Voithenleitner im Wohnzimmer durchgebrochen war.


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Eh man sich versieht, hat man den Nachbarn bei sich im Wohnzimmer. Polaroidaufnahme von Robert Voithenleitner

 
Polaroidaufnahme von Robert Voithenleitner. Hier kann man die Bauweise der Mauer zwischen den beiden Häusern gut erkennen. Wie in allen "alten" Kötztinger Häusern wurde das Erdgeschoss mit Bruchsteinmauern errichtet. Ziegelsteine kamen dort nur zum Einsatz, wo in der Vergangenheit Fenster-oder Türöffnungen geschlossen werden mussten oder für die Stürze.



Beide Kötztinger Zeitungen berichteten damals über die Hintergründe des  "Protestfreskos"

KÖZ Sommer 1983

Bericht der Umschau
Die Sanierung des Rathauses geschah im Zusammenhang der gesamten Marktstraßensanierung und auf den Bildern, die die Bauarbeiten dokumentierten, - viele Stufenanlagen in Kötzting mussten Rampen weichen - kann man erkennen, dass die stilisierten Pfingstreiter bereits 1983/84 in den Fensternischen angebracht waren.
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:

Das Ende des Liedes - nach einer Vermessung - erbrachte die eindeutige Schuld von Seiten der Stadt Kötzting, die seither, wegen der Überbauung , auch einen jährlichen Grundzins an die Besitzer des Anwesens zu zahlen hat.
Es ist dies aber auch der Zeitraum, in dem RV, vermutlich aus Ärger über die Zumutungen beim Nachbarschaftsstreit mit der Stadtverwaltung, dem Rathausumbau und der Marktsanierung mitsamt den damit befassten Bauleitern und Architekten, zu einer grundsätzlich ablehnenden Haltung fand, die dann sowohl seine Selbstisolierung förderte als auch in einer eher skeptisch/misstrauischen Einstellung der Kötztinger ihm gegenüber resultierte.
 
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Ausschnitt aus der KÖZ vom Februar 1985
 
Die Stadt Kötzting und RV fanden einfach keinen Draht mehr zueinander und so mussten die Gerichte entscheiden, was natürlich auf beiden Seiten Wunden schlug und Narben hinterließ.
Aber es kam schließlich doch noch ganz anders, denn im Alter war es Robert Voithenleitner vergönnt, eine Gruppe junger Menschen aus dem Umfeld von Frau Michaela Frank - nicht nur als eine Stütze für sich und seine Arbeiten -  gewissermaßen "Geschwister im Geiste" in seinem Hause aufnehmen zu können,  was bald danach eine regelrechte Farbexplosion im Inneren des Hauses auslöste, aber einem eigenen Blogbeitrag vorbehalten bleibt.
Betritt man das Haus - auch nun 10 Jahre nach seinem Tod-. begegnet einem der Künstler und Mensch Robert Voithenleitner auf Schritt und Tritt auch dank der mühevollen Erhaltungsarbeit von Frau Michaela Frank, die mir bei Erstellung dieser Häuserchronik - und auch bereits an anderen Stellen - mit einer Unmenge an Bildern und Dokumenten geholfen hat, was aber gar nicht alles Platz in diesem Beitrag hat finden können. Vielen Dank dafür.
Hier nur noch abschließend ein kleines Beispiel für den Wechsel RV vom Dunkeln wieder zurück ins Licht.

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: 
Bild von Robert Voithenleitner, der Kötztinger Schulberg.
Von links, Bgm Karl Seidl, 2 Bauarbeiter, LR Girmindl und der Kötztinger Architekt Michael Serwuschok. Ursprünglich war das Bild in düsteren Farben gehalten, aber mit dem Einzug der jungen Leute in sein Haus und nach den Geburten der beiden Mädchen gab RV seinem Bild im Hausflur einen wärmeren Farbauftrag.




Signatur Voith-Enleitner  Robert V. 8/79      AD 1997 
Das Bild hatte er also 1981 geschaffen und 1997 dann übermalt

Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Hier die erste, etwas düstere Ausführung mit dem Titel des Künstlers: "Die Kommune baut"

2007 kam es dann zu einer Sanierung der Vorderfront, für die RV die Firma Wolf - Stoiber-Maler in der Metzstraße -  engagierte. 
Bild Sammlung Voithenleitner-Frank: Horst Wolf auf dem Baugerüst bei der Restaurierung der Douzelage-Orte.


Am 9.3.2012 ist Robert Voithenleitner dann verstorben und Alois Dachs würdigte ihn als Person und für seine Leistungen für Kötzting, so unbequem er möglicherweise für Manche war, in einem Nachruf
KU von 2012

Nun, am Ende des historischen Teils dieser Häuserchronik einfach ein schönes Bild:


Bild Sammlung Voithenleitner-Frank:

Hat man solch ein Fabeltier auf dem eigenen Kamin sitzen, dann steht dem Glück im Hause nichts im Wege.

Nachtrag und Ausblick

Eigentlich sollte hier der Beitrag beendet werden, jedoch kamen im April 2022 Mitglieder aus einigen Douzelage-Partnerstädten nach Kötzting um sich über das Thema Jugendarbeit und Zusammenarbeit der Generationen auszutauschen und in diesem Zusammenhang durfte ich die Gruppe zu einer Stadtführung mitnehmen.
Ganz am Ende dieser Themenführung - der Einfluss unseres Pfingstritts und des Burschenvereins auf den Zusammenhalt der Kötztinger Stadtgemeinde - landete ich am Pfingstreiterbrunnen und konnte danach, wie immer an dieser Stelle, auf die Douelage-Wappen an der Häuserfront verweisen.
Die "Chefin" der Douzelage, Frau Annigje Luns – Kruytbosch, wollte nicht nur ein Abschlussbild mit dem "Douzelagehaus" als Hintergrund haben, sondern machte angesichts eines Ladenleerstandes spontan den Vorschlag, ob es nicht möglich wäre, hier ein Douzelage-Museum einzurichten.

Im Vordergrund zentral, der Leiter der Kötztinger Gruppe Herr Julian Preindl und neben ihm
Frau Annigje Luns – Kruytbosch, President Meerssen.


Sonntag, 15. Mai 2022

Luftaufnahme von 1971 - das Kötztinger Bahnhofsareal

  Es gibt tatsächlich im Rathaus Kötzting noch "ungehobene" Schätze. Im Zusammenhang mit der energetischen Sanierung des Rathauses und der damit verbundenen Isolierung des Speicherfußbodens mussten einige Speicherzimmer - vermutlich zum ersten Mal seit Jahrzehnten - ausgeräumt werden und in einigen Schränken fanden sich eine Unmenge an DIA-Positiven und Bilderserien. 

Einige davon waren thematisch sortiert  und andere stellen einfach eine Mischung  aus Bildern von den unterschiedlichsten Veranstaltungen dar, die nun im Stadtarchiv digitalisiert werden und die ich, wenn die Bilder mir interessant erscheinen, hier immer wieder der Öffentlichkeit vorstellen werde.


Heute geht's los mit einer Luftaufnahmen aus dem Jahre 1971, die den Kötztinger Bahnhof, die "Platte" und die Auwiese zeigt.

Hier zuerst das erste Bild als ganzes.


StA Kötzting Bilderblöcke Luftaufnahmen Mossauer


Der Kötztinger Bahnhof mit seiner damaligen Güterhalle, dem Lokschuppen, der Verladerampe und den Materiallagern der Fa. Richter und der Baywa AG.
In der Auwiese gabs natürlich noch keinen Kurpark, aber auch die Errichtung des Firmengebäudes der Firma Winter lag noch in weiter Ferne. Mit der FA. Poiger hatten wir in Kötzting damals den ersten "Supermarkt" bekommen, der im "Kollmaierstall" seine Waren präsentierte.

Hier die "Platte" und die Häuser an der Himmelsleiter im Detail

Am oberen rechten Bildrand kann man noch die "Winterschule", die Kötztinger Landwirtschaftsschule erkennen.