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Donnerstag, 4. April 2024

Kötztinger Häuserchronik - alte Hausnummer 70 beim Farber

    Das "alte Kötzting" bei der Uraufnahme bei der beginnenden Landvermessung hatte 159 Anwesen.

Der Geschichte dieser Bürgerhäuser und ihrer Bewohner nachzuspüren und sie zu dokumentieren, ist das Ziel dieser Häuserchronik.
Die Anfänge und die Entwicklung unserer Heimatstadt können von der Teilung der Urhöfe bis hin zur Auswahl als Landgerichtsort in einem einleitenden Blog nachgelesen werden.


alte Hausnummer 70

beim Farber

Luftaufnahmen Sammlung Serwuschok

Detail aus der Uraufnahme von 1831 aus Bayernatlas.de

Schöllinger Balthasar und Katharina



In der Besitzbeschreibung für seinen Arbeitgeber, dem Kloster Rott, erstellte der Kötztinger Probstrichter Adam Türrigl um das Jahr 1654 eine Liste der Kötztinger Marktlehner und Söldner. Die Kötztinger Häusler ließ er dabei vollkommen unberücksichtig, außer er benötigte den einen oder anderen "Haus"-Besitzer, um die Lage eines der Marktlehen eindeutig zu beschreiben.
Möglicherweise liegt der Grund auch darin, dass er bei den Marktlehen und Söldnern auch die dazugehörigen Grundstücke zu beschreiben hatte, die es ja per definitionem bei Häuslern gar nicht gab bzw. geben konnte.
Aus diesem Grunde können deren früheren Bewohner auch nicht über die zahlreich vorhandenen und viel älteren Steuerlisten nachgewiesen werden, weil auch diese die Häusler nie aufführten.

So finden wir unsern ersten Besitzer, den Färber Balthasar Schöllinger eigentlich auch nur, weil er für die genaue Lokalisierung des Marktlehners Andreas Österreichers notwendig gewesen war.
Dieses später sehr ansehnliche Anwesen ist vom Recht her nur als ein Haus anzusehen, auch wenn die Besitzer in späteren Jahrhunderten sich einen enormen Grundbesitz hinzukaufen konnten.

Im Jahre 1636 erhält Balthasar Schöllinger das Kötztinger Bürgerrecht und bezahlt dafür 4 Gulden.
StA Landshut Kötzting Marktrechnung von 1636
"Desgleichen vom Balthasarn Schöllinger Färber vor der Pruckhen für Bürgerrecht eingenommen

Aus dem Jahre 1648 gibt es einen kleinen Prozess zwischen den beiden Färbern Christoph Fischer und Balthasar Schöllinger, bei dem Schöllinger eigentlich als der Kläger aufgetreten und sein Färberkollege zu einer Strafe von 1 Gulden 8 Kreuzern und 4 Heller verdonnert worden war, weil er Balthasar Schöllinger als einen Dieb bezeichnet hatte.
Da jedoch beide vor dem Landrichter - Handwerkerangelegenheiten mussten vor dem Landrichter verhandelt werden - sturz betrunken aufgetaucht waren, mussten sie zusammen noch einmal dieselbe Summe als Strafe hinlegen.
StA Landshut Rentkastenamt Straubing Pfleggerichtsrechnung von 1648
"Christoph Vischer und Balthasar Schellinger beede Burger und Färber alhir zu Közting, seint volbezöchter für Gericht khommen, derowegen sie beede zuegleich gebüsst umb 1 fl 8 xr 4 H".

Ab dem Jahre 1638 sind insgesamt 8 Geburten verzeichnet, wobei nur bei einigen auch der Vorname der Mutter - Katharina - vermerkt ist. Gleich zweimal sind bei diesem Paar Zwillingsgeburten protokolliert.
Über die Sterblichkeit kann in diesen frühen Zeiten der Kötztinger Matrikel nichts ausgesagt werden, weil diese Matrikel in der Anfangszeit sehr lückenhaft nur geführt wurden.

Im Staus animarum der Kötztinger Pfarrkinder findet sich folgender Eintrag:

PfA Kötzting Band 1 Familienbogen Schöllinger um 1658

"Balthasar Schöllinger  ferber                         Chatarina ux(or = Ehefrau)
f:(ilius =Sohn) Balthasar 12 Jahr                    Ursula inf(ans =Kind)        
                                                                        Chatarina anc:(illa =Magd)
                                                                        Maria 20 Jahr
Da wir wissen, dass der Sohn Balthasar am 14.1.1645 geboren ist und eine Tochter Maria am 9.4.1638, passt dies zur Feststellung früherer Erforscher dieser Bürgerliste, dass die späteren Einträge (es sind drei unterschiedliche Handschriften in diesem Dokument vorhanden) alle um das Jahr 1658 herum eingetragen wurden.
Aus dem Jahre 1646 hat sich eine Bürgerliste erhalten, durch die die Regierung wissen wollte, wie viele wehrfähige Bürger in Kötzting zu finden waren und dort sind - 1646 - 81 Anwesen ausgeführt, dieses Mal sogar mit den Häuslern und am Ende der Liste sind sogar alle Inleute aufgeführt.
Man kann also gut erkennen, dass der Markt Kötzting nach der Brandkatastrophe vom November 1633 im Jahre 1646 erst langsam wieder im Aufbau begriffen war und manchen "Ortsteile", wie z.B. der Pfeffergraben, erst in späteren Jahrhunderten zum Neubaugebiet wurden, ehe 1840 die Zahl von 158 Anwesen erreicht wurde. Hier ein Auszug aus dieser Liste:
StA Landshut Regierung Straubing A 535
"Lista
Darinnen zuersehen wie starckh die Burgerschaft im Markht alhir zu Khözting, mit sambt den Ihenigen so den Rath besizen ist
".

In der Liste findet sich dann auch unser Balthasar Schöllinger

Im Jahre 1650 scheint Balthasar Schöllinger in der Kötztinger Bürgerschaft angekommen zu sein, da er sich einen eigenen Kirchenstuhl leisten konnte, sicherlich auch ein Statussymbol.
PfA Kötzting Kirchenrechnung von 1650

"Balthasar Schöllinger Schwarzfärber alhir zalt für ain Manßstuell 30 xr."

Im Jahre 1651 ist BS als Vormund der Kinder seines verstorbenen Nachbarn, des Schreiners Immerl eingesetzt.
Wie oben bereits angeführt, sind vor allem die Sterbematrikel Kötztings in der Anfangszeit der Matrikelführung sehr lückenhaft, so dass wir nicht mit Sicherheit sagen können, wann der Besitzübergang von dem Vater auf den Sohn, beide mit Namen Balthasar, erfolgt ist. Üblicherweise passierte dies mit der Verheiratung des Sohnes und dieses  Datum wiederum kennen wir.

Balthasar Schölling und Zilck Eva


PfA Kötzting Band 2 Seite 113


"February
Dem 18. dis ist Balthasar Schrollinger burger und Schwarfärber alhir zu Khezting, als des Erbarn Baltasaren Schrollingers Catharina seiner Ehehausfrau, ehelicher Sohn mit der Ehren tugendreichen Jungfrauen Zilckhin als des Ehrnvessten Herrn Petri Zickhers Hofmarchsrichtern zu Peilstain, Anna seiner Ehehaußfrauen eheliche Tochter, alhir in der Pfarrkürch Benediciert worden, in beysein der Zeugen, des Ehrnvesten und vornemmen Herrn J. Balthasar Wachter, Rottischer Probsteyveralter und Richtern zu Gravenwisen, und Miltach, wie auch verpflichter Ghrts Procurato alshir zu Khezting, und des Ernvesten Thomas Mayr Richter zu Sadlbogen.
P: Thomas Stiffler "

Der im Heiratseintrag genannte Richter in Peilstein, Peter Zilker, war zu dem Zeitpunkt auch bereits  Kötztinger Bürger und um 1700 herum sogar Kötztinger Kammerer. Er starb am 6.1.1703. Am 26.4.1700 hatte er, Bürger und Rat genannt, Caecilia Lärnbecher, die Witwe des Wolfgang Lärnbecher geheiratet und wohnte auf dem Haus mit der späteren alten Hausnummer 137, später Wolfgang Kolbeck - Schwarzanderl Gang - und heute ein Wohn- und Geschäftshaus an der Ecke Markplatz-Metzstraße..


In der Kirchentrachtliste der Pfarrei Kötzting aus dem Jahre 1688 steht Balthasar Schöllinger gleich neben seinem Nachbarn, dem Schreiner Wolf Immerl.
HStA München GL Fasc. 1829_62 Kirchentracht und Einkommenslisten des Pfarrers in Kötzting 1688

Aus dem Jahre 1691 gibt es einen längeren Prozessakt, den Balthasar Schöllinger gegen den Kammerer Märkl geführt hatte.
StA Landshut Regierung Straubing A 4394

Worum ging es dabei.
BS hatte am 22.9.1689 "ain Gärtl warinnen nur ain Äckherl in der Au genannt" von Amalia Zissler um 39 Gulden gekauft, nachdem diese ihr Grundstück bereits 3 Jahre zum Kauf angeboten hatte.
Er wollte dieses Grundstück kaufen, "um zum besseren Vortbringen von Weib, Kind, Hauswesen ain rdo Küeviech (Kuh) im Fueder der Milch halber erhalten mechte."
Nun war es aber so, dass in Kötzting die Marktlehner ein Vorkaufsrecht für sämtliche frei verkäufliche Grundstücke hatten und auf solch ein Vorkaufsrecht pochte nun der Kammerer Hans Märkl, der offensichtlich bei der ursprünglichen Verkaufsbeurkundung nicht zugegen gewesen war, sondern dies seinem Mitkammerer Denscherz überlassen hatte.
Er wisse zwar, so schrieb Schöllinger, dass "in den Märkhtlichen freyheiten würcklich versehen, das kein Ehrhaffter, welcher kein Marckhtlehens Inhaber ist, als wie ich bin, einigen Gartten behaupten: sondern yber kurz oder lang widerumben ainem Marckhtlehensinhaber auf iedes begehrn abthretten miesse." BS gibt also unumwunden zu, dass Märkl grundsätzlich im Recht sei, gibt jedoch zu bedenken, dass dieser ja 3 Jahre lang Zeit gehabt hätte, den Garten zu erwerberben, als dieser so lange Zeit zum Verkauf gestanden hatte. Als offensichtlich niemand das Grundstück hatte haben wollte, "habe ich halt bemeltes Gärtl an mich zuerkhauffen kein Scheuch noch bedenkchen getragen."

Nun also pochte der "Innere Rhats Cammerer" Hans Märkl genau auf diesen Punkt der Kötztinger Marktfreiheiten und klagte vor dem Magistrat, dass BS diesen Garten - natürlich gegen Erstattung des Kaufpreises und möglicherweise angefallener Unkosten - an ihn abzutreten habe.
BS widerholte seine Ansicht wegen der 3 Jahre, in denen der Garten bereits angeboten gewesen wäre, was jedoch Hans Märkl zu seiner Erwiderung veranlasste, solch eine Frist könne wohl die märktischen Freiheiten nicht aushebeln.

Für den Magistrat war die Angelegenheit klar,  die herausragende Stellung der Marktlehner in Kötzting könne nicht angetastet werden und urteilte:
"Bschaidt
Der Beclagte soll schuldig sein, vermög des de dato 22. Septmbris Anna 1689 geschlossenen Khauffscontracts, gegen paar erlag des Khauffschillings und billichmessig Außgelegten Uncosten, dem H: Cleger den einclagten Gartten abzutretten."
Dem Akt liegt auch eine Abschrift des ursprünglichen Verkaufsbriefes bei, in dem die Lage des Gartens genauer beschrieben ist und durch diese Lage wird auch zumindest erklärbar, warum Märkl den Garten selber an sich ziehen wollte.
Kopf der Verkaufsurkunde der "Amalia Zistlerin, Wittib alhi zu Khözting...."

Dort heißt es, sie - Amalia Zissler - verkaufe ihr "ain zeitlang ihnengehebt und genuztes Gärtl in der Au genannt, an H: Cammerer Märckhls gartten  und Frauen Riederin Wissen anstossent". Mit dem Erwerb des Gartens konnte nun Hans Märkl durch den direkt angrenzende Garten sein eigenes Grundstück einfach vergrößern.
BS wollte die Entscheidung des Magistrats aber nicht anerkennen und trug sein Anliegen bei der Regierung in Straubing vor, die zunächst einmal den Magistrat aufforderte, sich zum Sachverhalt zu äußern. 
Der Magistrats schrieb zurück, dass sie eigentlich davon ausgingen, dass " es selbstbestandnermassen gerichtlich bekannt" sei, dass in Kötzting " ausser der sogenannten Marckhtlehnersbehausunen, Grundt und Poden an sich zukhauffen, niemands befuegt sei" und solch ein Marktlehner jederzeit ein Einstandsrecht auf solch freiverkäufliche Grundstücke habe. Sie gaben durchaus zu, dass es in der Vergangenheit bereits vorgekommen sei, dass "Ehhafften und Heusler Grundt und Poden" gekauft und besessen hatten, dieses habe man aber nur aus "guetten Willen" manchmal gestattet.
BS - ebenfalls zu einer erneuten Stellungnahme aufgefordert - besteht darauf, bei seinem Kauf sich an alle Bestimmungen gehalten zu haben und das der Kauf schließlich vor dem Magistrat, in Beisein und in der Wohnung des damaligen Amtskammerers Denscherz beurkundet wurde, ein Kauf und eine Beurkundung, die er ja vorher auch angekündigt hatte. Nun aber - der Titel des amtierenden Kammerers wechselte im Halbjahresrhythmus innerhalb der vier Inneren Räte - würde der neue Amtskammerer auf sein Einstandsrecht bestehen, weil er selber in der Au ein Gartengrundstück besäße und dies, obwohl die Verkäuferin ihm - Märkl - das Gartengrundstück bereits vor Jahren angeboten hatte.

Jetzt geht´s ans Eingemachte und die Regierung möchte den Freiheitsbrief sehen, auf den allein sich die Kötztinger in ihrer Argumentation  berufen konnten und dieser Brief existierte halt nur in einer später ausgestellten Bestätigung der alten Rechte, da "under dem Schwedtischen Einfahl im Sechszehnhundertdrea und dressigisten Jahr ersagter Markht Khözting, und dessen Burgerschaft ganzes vermögen, sowohl als Haus und Hof, als auch Nahrnus und anderen Mobilien in prandt und eisserstes Verderben gerathen, Ihnen auch dabey mehrer ermelten Markhts briefliche Documenta, Freyheits und Confirmations Brief zu Grundt gangen". 
Nun also muss eine  Abschrift der Marktfreiheiten herhalten - diese wurde im Jahre 1652 auf Bitten der Kötztinger neu ausgestellt -  und eben diese reichen die Kötztinger in Straubing ein. 
Leider endet hier der Gerichtsakt. Dass in späteren Jahren bei der Übergabe des Anwesens dieser Garten nicht erwähnt wird - ein anderer schon, den er aber erst 1707 von seiner Stiefschwiegermutter hatte kaufen können -, steht zu vermuten, dass BS mit seinem Anliegen in Straubing scheiterte.

Der oben bereits kurz erwähnte Peter Zilcker, Vater der Eva Schöllinger und mittlerweile Bürger und sogar Kammerer Kötztings, war im Jahre 1703 verstorben und hatte in seinem Testament der Tochter ein Kapital über 60 Gulden vermacht, welches jedoch als Kredit bei Hans Georg Billich und dessen Frau Katharina angelegt war. Diese beiden unterschrieben nun vor dem Magistrat einen Schuldschein und gaben als Sicherheit ihre bürgerliche Behausung an.
Zilckhers Witwe Caecilia verkaufte ihrem (Stief-)Schwiegersohn " das Äckherl auf der Au an des Andre Dueranckens Wisengrundt gelegen"  um 30 Gulden. Dieser Grundstückserwerb blieb nun - möglicherweise traute sich niemand Einspruch zu erheben, weil es ja innerhalb einer Familie geblieben war - unbeanstandet und so kann BS langsam beginnen seinen Grundbesitz Stück für Stück zu erweitern.
StA Landshut markt Kötzting Briefprotokoll von 1707
"Khauffs Einschreibung Per 30 fl
Cecillia H: Peter Zülckhers gewesten Cammerers alhir seel nachgelasene Wittib, aus Anweisung und beystandts Leistung Anmdreen Koppens burgers alhier, bekhennt und...."


Schöllinger Hans und Lärnbecher Anna Maria


Am 7.10.1715 übergeben Balthasar und Eva Schöllinger ihre "die Färberwerckhstatt vor der Prucken nebst dem Regenfluss sambt vorhandener Köstl und Färber werchzeug" an den "lieben Sohn Hannsen Schöllinger, noch ledig und seines Handwerchs ein Färber.
Der Kaufpreis beträgt 400 Gulden.
StA Landshut Markt Kötzting Briefprotokoll von 1715

"Kauf Ybergabs Bschrey
bung per 400 fl
Balthasar Schöllinger Burger und Schwarzfärber und Eva dessen Hauswürthin alhir ybergeben uind verkhauffen, umb mehr ihres Nuzen, und der bessern Gelegenheit willen, wie ybergab Kauff Rechtens ist, auf obrigkeitlichen Consens...."
Bei der Übergabe wurde weiters verabredet, dass der Sohn sich vom Kaufpreis  zwar sein Heiratsgut abziehen könne -  jedoch erst vor seiner zukünftigen Verheiratung würde sein Vater ihm die Höhe dieses Heiratsgut benennen, vermutlich um einen korrekten Ausgleich für das zu erwartende Heiratsgut der zukünftigen Ehefrau bilden zu können - müsse aber an Georgi des Folgejahres mit der Abzahlung beginnen bzw. für die Summe eben dann Schuldzinsen bezahlen.
Sein jüngerer Bruder solle 10 Gulden erhalten und die drei "freieigenen" Grundstücke, der "Polgarthen, der Stainackher und der Garten auf der Au" sollten zunächst bei den Übergebern verbleiben, zumindest solange, bis sich der Sohn verheiraten würde.
Hans Schöllinger wartete nicht lange mit seiner Verheiratung, denn bereits gut ein Monat später heiratete er Anna Maria, die Tochter des Müllers Georg Lärnbecher.

PfA Kötzting Matrikel Band 3
"November
"Am 12. dieses Monats haben den Bund der Ehe geschlossen der ehrenwerte Jüngling Balthasar Johannes Schöllinger, Bürger und Färber und ehelicher Sohn des Bürgers und Färbers Balthasar Schöllinger und dessen Ehefrau Eva, mit seiner mädchenhaften Braut der Anna Maria, ehelichen Tochter des Kötztinger Bürgers und Müllers in Kötzting Georg Lärnbecher und seiner Frau Regina.
Als die Trauzeugen fungierten die Eltern des Brautpaares und die Trauung vollzog Pater Gregor."
Balthasar Schöllinger, der Vater, verstarb am 18.1.1723 und seine Witwe, Eva Schöllinger, am 7.10.1727.

 Einschub
Von Conrad Krämer d.A. - Ostmarkonkel - gibt es im Krämerarchiv ein Manuskript, in dem er sich mit früheren und nun zumeist ausgestorbenen Handwerksberufen beschäftigt, darunter natürlich auch eine Beschreibung des Berufsbildes des Färbers.
Wie zumeist beim Ostmarkonkel, beginnt er seine persönlichen Erinnerungen mit dem eigentlichen Thema zu vermischen, was aber seine Zusammenstellungen nichts desto trotz zu einer äußerst wertvollen Quelle machen.
Krämerarchiv K 100

Einschub Ende

Die Altenteiler, Balthasar und Eva Schöllinger, verbleiben jedoch trotz der geschriebenen lebenslangen Herberge nicht lange auf dem Anwesen. Am 7.2.1716 kaufen die beiden der Witwe Margaretha Stufler deren kleines Häuschen im Markt herinnen ab und bezahlen dafür 225 Gulden.


Trotz der Hemmnisse durch die herkömmlichen "Marktfreiheiten", welche die Marktlehner einseitig und massiv bevorzugten, gelang es der Familie Schöllinger über all die Generationen hinweg doch immer wieder sich hier und da ein freiwerdendes - bzw. zum Verkauf angebotenes - Grundstück zu kaufen.
Von Susanna Knaupp, der Witwe des Küfers Peter Knaupp, konnte Johann Schöllinger im Jahre 1718 um 26 Gulden den "Garten bei dem sogenannten Hammergarten" kaufen.
Als im Jahre 1727 dann mit Eva Schöllinger die letzte Angehörige der Elterngeneration verstorben war, kam es zu einer Verteilung der Vermögenswerte, die sich das damalige Übergeberehepaar noch ausbedungen hatte und dabei erfahren wir auch Details über die Kindergeneration.
Die Miterben aus der Schöllingerischen Erbmasse,
Josef Schöllinger, ein verbürgerter  Färber in Viechtach,
Jakob Schöllinger, ein Schulmeister zu Vogterreith,
Die beiden ledigen, jedoch erwachsenen Schwestern, Magdalena und Margareth und Georg Billich als Vormund für die drei noch vorhandenen minderjährigen Kinder, verkauften den restlichen Grundbesitz um 100 Gulden an den Bruder Johann Schöllinger.
Der Pohlgarten wurde dabei mit 50 Gulden, die Wiese auf der Au mit 30 und das Steinackerl mit 20 Gulden angesetzt.
Am 26.3.1761 stirbt eine "Jungfrau Anna Margaretha Schöllinger", die Mitglied im 3. Orden des Heiligen Franziskus gewesen war.

Wie sehr manchmal die Schreiber von Steuerlisten einfach die alten Vorgaben übernahmen, kann man gut an der Kirchentrachtliste von 1727-1736 erkennen, in der immer noch Eva Schöllingerin als die "Steuerpflichtige" vorgetragen ist.
HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott B 4

"Eva Schöllingerin
Flax 
Kirchentracht 2 xr " (= Abgabe für ein Haus)

In den Jahren ab 1723 wird Johann Schöllinger laufend auch als Kirchenprobst bei Schuldverschreibungen eingetragen.
Am 23.12.1735 kann Johann Balthasar Schöllinger sich den nächsten Grunderwerb sicher und dieses Mal kann er richtig zulangen.
400 Gulden gibt er aus für
den "Dampffeldtackher" und die "Scheibel Graymathwiesen, welche die Wasserung von des Lümckhenseigen Prun Wasserabfall, vom Sambstag ab 6 Uhr fruehe bis Sonntag umb zwölff Uhr befuegt ist."
Das sind nun endlich "richtige" Grundstücke und nicht nur eingezäunte Gärten, die er erwerben konnte.
Der Dampffeldacker war in etwas in dem Bereich des heutigen Dampfbachsees und auf der damaligen Scheibelwiese steht heute das BRK-Altenheim in der Hauserstraße.  Diese Grumethwiese, also eine zweimahdige Wiese, erzielte den zweiten Schnitt nur durch die Bewässerung, die in einer genauen Regelung vom Linkenseigenbrunnen erfolgte. An diesen damals so wichtigen Brunnen erinnert heute nur noch ein Schachtdeckel in einer Hofeinfahrt.
Foto 2023 Pongratz Hier in dieser Pflasterfläche liegt im Untergrund der frühere "Linkhe Seiken Brunnen".

Im Jahre 1742 - wir sind am Beginn des Österreichischen Erbfolgekrieges - drohte von der Trenck von Viechtach aus den Kötztingern mit einem ähnlichen Schicksal wie den Chamern und so beeilten sich die Kötztinger Bürger, den Forderungen nachzukommen. 
571 Gulden sollten die Kötztinger - für den Markt und den zum Markt gehörigen Gruberhof - "bei Vermeydung Feuer und Schwerdts zu Viechtach gewiss erlegen".
Die Marktkasse war leer und der einberufene Bürgerausschuss stellte fest, dass es sinnlos sei den Betrag über einen allgemeine Anlage (=Steuer) gleichmäßig von allen Bürgern zu erheben. So fiel der Beschluss, der Markt möge sich Bargeld von den Kötztinger Bürgern vorschießen lassen, die sich das leisten konnten und Hans Schöllinger konnte dem Markt 100 Gulden vorstrecken.
.  
StA Kötzting Marktrechnung von 1742
"Johan Balthasar Schöllinger Färbern ebenfahls   100 fl"
Im Jahre 1747 bittet JB Schöllinger beim Magistrat darum, "dass er auf seinen 2 Grainetwiesen am Gruberbach eine Walch auferbauen darf."
Wie hat man sich solch eine "Walch" vorzustellen. Aus einem anderen Bauantrag, aber ebenfalls für eine Walch oder Stampf am Gruberbach, haben wir einen kleinen Bauplan. So oder so ähnlich sollte auch der neue Schöllinger´sche Stampf ausgesehen haben.

Am 9.11.1747 stand der Färber vor dem Magistrat und derselbe bat den Unterlieger am Gruberbach, den Sagmüller Johann Adam Widman, um dessen Stellungnahme,  da Schöllinger das Wasser ja vom Gruberbach zu seiner Walch führen wollte. Widman erklärte, er habe keinerlei Bedenken dagegen und so durfte Schöllinger mit seinem Bau fortschreiten, jedoch nun mit dem Hinweis versehen, dass er das abgeleitete Wasser anschließend wieder dem Gruberbach zuzuführen hatte, so dass Widmann keinerlei Schaden erleiden würde.


Auf Instagramm habe ich vor langer Zeit dieses Filmchen auf Instagramm gefunden, Die Signatur war : >>>>https://www.instagram.com/reel/CvNc-WzoOH-/?igshid=NjFhOGMzYTE3ZQ==. Es zeigt einen Stampf in Rumänien und dient zur traditionellen Filzherstellung.
Solche kleinen Kraftwerke waren im Übrigen durchaus üblich in der Umgebung von Kötzting und waren idR. auch von den Lederern und Seilern betrieben worden. Die einen benötigten diese zur Herstellung der Lohe und die anderen benutzten den Stampf zur Pressung von Leinsamen.


Anton Schöllinger und Elisabeth Zissler

Im Jahre 1749 kam es zum nächsten Besitzwechsel. Das Färberanwesen blieb zwar in Familienbesitz, jedoch nicht in gerader Linie. Der "Vetter" Anton Schöllinger ein Bürgerssohn aus "Unterviechtach" (=Viechtach im Gegensatz zu Oberviechtach und siehe weiter oben bei der Erbverteilung ist ein Abkömmling des Balthasar Schöllinger genannt, Josef Schöllinger, Färber in Viechtach) bezahlt stolze 24 Gulden für das Kötztinger Bürgerrecht.
StA Kötzting Marktrechnung von 1749
"Und von Antoni Schöllinger färber: und Bürgers Sohn von Untern Viechtach gebürttig welcher dessen Vötters Johann Balthasarn Schöllinger Färberwerkstattgerechtigkeitsbehausung alhir ybernommen, ist lauth RhatsProtokholl underm dato 5. xber diss Jahrs zum Burgerrecht besambt eines nitminder zulifern habenten Feur Eimmers abgeführt worden. 24 fl."
1500 Gulden ist mittlerweile das Gesamtanwesen wert geworden und die Liste der dazu gehörigen Grundstücke kann sich sehen lassen.
der Lärnbechergarten am Puechberg
die Angerwiese zwischen der Spitalwiese und dem Stadel der Färberwerkstatt
die Wiese auf der Au zwischen Luckners und der Wiese des Schulmeisters
das Hammergärtl
der Acker in der Lehmgasse
(Die erst kürzlich erkauften Grundstücke beim Dampfbach und die Scheibelwiese sind offensichtlich nicht mit verkauft worden.)
Weiters sind aufgeführt:
"Das Getreide auf dem Hauskasten, 2 Zugpferde, 1 heuriges Füllen, 4 Milchkühe, nebst all verhandenem, Haus: und Paumannsfahrnuss, und allen Färbersgezeug, Köstl, so anders hievon nichts besondert noch ausgenommen, außer das vorhandene Zün, Kupfer, 3 zuegerichte Pöther, Leingewandt, Flaxc, garn, 1 Pferd und die aussere Schar Holz, wie nit weniger 1 Kasten, 1 mit eisen beschlagene Truchen, 1 Rais Trichel, 2 Sessel und 2 Mezen Waiz."
Der Käufer ist der "freundlich geliebte Vötter Antoni Schöllinger färber und BürgersSohn zu Unternviechtach noch ledig: doch genuegsamb vogtbahren Stadts, und seiner angehhenten Ehecons: Jungfrau Maria Barbara Loderin, dermahlen zu Nittenau unb und um 1500 fl."

Das mit der angehenden "Eheconsortin", der Anna Maria Loderer aus Nittenau, hatte sich wohl zerschlagen, denn am 23.11.1750 steht Ullrich Anton Schöllinger aus Kötzting - und gebürtig in Viechtach -, mit einer Rodinger Bäckerstochter namens Elisabeth Zissler vor dem Traualtar.
Drei Tage vorher hatten die beiden bereits einen Heiratsvertrag abgeschlossen durch den sie ihrem zukünftigen Mann versprach, 1000 Gulden an Heiratsgut mit in die Ehe zu bringen und er ihr dafür seine Färberwerkstattsgerechtigkeitsbehausung hinterlegte.
6 Jahre später lässt Anton Schöllinger sich bereits als Mitglied des Äußeren Rats nachweisen und als solcher pachtet er den Gruberbach und bezahlt dafür pro Jahr 2 Gulden in die Marktkasse.
StA Kötzting Marktrechnung von 1755
"Ullrich Antoni Schillinger dess äussern Rhats hat vermög Rhats Protokholl de dato 14ten July bis Endte Xbris ab 1/2 Jahr vom Gruber Pach : 2 fl"

1756 lässt er sich in der Rubrik der Feuerstrafen nachweisen:
StA Kötzting Marktrechnung von 1756

"Einnamb an Feuerstrafen
Bey Ulrich Anthoni Schillinger des äussern Rhats ist in seiner Werckstatt am Festo Sancti Joannis Nepomucery im Rauchfang dergestalten feur auskhommen, das solches zum Camin hinausgebrunnen, welches aber sogleich widerumben gedampfet wordten, Und ob zwar er Schillinger vorgegeben, das dises Feur durch die von dem Rauchfangkhörrer beschechen liederlicher Purificierung des Rauchfangs auskhommen seye; So wurde derselbe iedoch nebst ernstlichen verweis umb 1 Pfund Pfennige abgewandlet und dahin angewisen, daß er seinen Regress, was Schillinger ainem zu haben vermainet, bey ihme Rauchfgankhörrer suechen solle, umb so mehrers als das Schillinger wieterer Vorgeben nach die Camin ..... zu säubern der Rauchfangköhrer in Bestallung hat, id est 1 Pfung Pfge oder statt deren 1 fl 8 xr 4 H."

1760 steht Anton Schöllinger - nun zumeist als Schillinger bezeichnet - sowohl als Kläger als auch als Angeklagter vor dem Magistrat.
StA Kötzting Marktrechnung von 1760

"Ainen einen rredo Schelmen zu iniurueren.
Das Michael Frisch bürger und Rothgärber alhier Ulrich Anthoni Schillinger Schwärzfärnern derorthen ainen redo Schelmen iniuriert, welches Frisch auch nit contradiciert, hingegen vorgegeben, solches von darummen beschechen zusein, weillen Schillinger ihme Anfangs bezichtiget, er habe deme den Mertl von der Rünnen abweckh geschlagen, worauf Frischen die redo Schelb verschändtung in der Voreillenheit herausgebrochen, er wais aber von ihme nicht als alles liebs und guettes zusagen, mithin würdte Frisch nach anvor beschechen obrigkeitlich zu nichtsmachung der iniures mit Verweis pro maleto zu bezahlen verhalten 1/2 Pfund Pfge welches impertiert. 34 xr 2 H."

Am 3. Januar 1761 quittiert Johann Schillinger - auch er wird nunmehr mit "i" geschrieben - seinem Vetter Ullrich Anton Schillinger den Kaufpreis von 1500 Gulden vollständig erlegt zu haben. Interessant ist hier der Zusatz, dass der Bürger und geweste Schwarzfärber Johann Schillinger sich "dermahlen aber im Pfarrhof alhier zu Közting" sich befinde.
Auch der Färber Anton Schillinger hat Grund eine Quittung auszustellen. Er quittiert 1762 seinem Schwiegervater, dem Rodinger Bürgermeister und Weißbäcker Thomas Zissler, 1034 Gulden an Heiratsgut gutgemacht zu haben, von dem Teile allerdings noch als Hypotheken bei Einzelpersonen in Pösing und Roding gegen Verzinsung gebunden sind.

Beim Sterbeeintrag des Johann Schöllinger, am 31.5.1762 im Alter von 77 Jahren, ist vermerkt, dass dieser sogar 12 Jahre im Priorat gelebt hatte. Seine Ehefrau, Anna Maria, eine geborene Lärnbecher, war bereits am 8.8.1743 verstorben. 

Zur Erinnerung: der damalige Pfarrhof (und das Priorat) ist das heutige Kötztinger Rathaus, nicht die Kirchenburg, dort nämlich wohnte und arbeitete damals der Landrichter. Erst nach der Säkularisation zog ders Landrichter - ziemlich bald - in den komfortableren Pfarrhof um und vermietete Teile des leicht ruinösen Pflegerschlosses als Wohnsitz an den jeweiligen Pfarrer.

Dieses Domizil im Priorat war dann sogar einer der Beschwerdepunkt im Umrittsprotokoll von 1763.
Da das Priorat nicht dem Markt sondern dem Landrichter unterworfen gewesen war, hätte der Markt beim Tode des JS auch keine Inventarisierung vornehmen dürfen, sondern dies dem Pfleggericht überlassen müssen.
1780 wird die Kirchentreppe wieder einmal repariert und Anton Schillinger liefert Material zu diesem Bauwerk.
StA Kötzting Marktrechnung von 1780
"Ulrich Anthon Schöllinger Schwarzfärbers dissorts für die zu dem Stafelgländer herr gegebene 13 aichene kleine Saulen a 12 xr 2 fl 36 xr und für ain aichenes Stöckl 15 xr zusammen aso vermög ausgestelten Scheins 2 fl 51 xr."
 Am 7.10.1788 stirbt der Rat Anton Schöllinger im Alter von 63 Jahren; seine Witwe überlebt ihn noch um viele Jahre und stirbt hochbetagt mit 86 Jahren - als Leibthümerin bezeichnet - am 10.9.1814.

Zwei Jahre nach dem Tode des Vaters und mehr als 150 Jahre nach dem Auftauchen des ersten Mitglieds der Familie Schöllinger, endet im Jahre 1790 diese Namenslinie, auch wenn das Anwesen über eine Tochter des Hauses trotzdem in Familienbesitz bleibt.
Für die Jahre 1777-1800 existiert eine Kirchentrachtsteuerliste in Form einer Tabelle, ähnlich wie die von 1727-1736.
Vergleicht man die beiden Listen, so kann man gut erkennen, welchen Einfluss der Grundstückszuwachs, den die Familie Schöllinger über die Generationen hinweg erreichte, auf das Steuer(Zehent)aufkommen ausübte.
HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott B5 1777-1800
"Antoni Schöllinger Schwarzfärber Petrus Kraus"

Zum Vergleich noch einmal die Liste von 1727-1736.

HStA München Landshuter Abgabe Kl Rott B4 1727-1736

Johann Peter Kraus und Josepha Schöllinger


Am 3.8.1790 heiratete der Färbersohn J. Peter Kraus aus Mergentheim Maria Josepha Schöllinger.
Beim Übergabevertrag vom 13.6.1790 wurde auch die umfangreiche Familie der Schöllingers aufgeführt.
Im einzelnen bestand die aus der Erbmasse des Vaters zu berücksichtigende  Familie aus 
der Tochter Theresia, nun mit Johann Nepomuk Loderer verheiratet und die 4 noch unverheirateten Töchter. Maria Anna 26 Jahre,  Josepha 22 Jahre,  Johanna 19 Jahre und Elisabetha 17 Jahre alt.
Der Kaufpreis beträgt mittlerweile bereits 6000 Gulden und im Vertrag ist eine kleine Besonderheit vermerkt, mitverkauft wird ".. der nunmehr hervorderhalb dem Haus situierte GartenGrund  worauf das Valentin Kötterlische Maurermeistershäusel stand,  welchen Herr Erblasser dem 8.1.1772 erkaufte.


Eine Häuserchronik innerhalb einer Häuserchronik:


 
Dieses kleine Haus, für welches es keinen Sinn macht, einen eigenen Beitrag der Häuserchronik zu verfassen, lag zwischen dem Schöllingerschen Anwesen(Hanr 70) und dem kleinen Haus des Georg Trum.(Hanr 69). Anders gelagert ist dies beim Haus mit der alten Hausnummer 67, das zwar ebenfalls später (wieder) mit einem Nachbarhaus vereint wurde, aber in der Zwischenzeit des kurzen Eigenlebens eben eine eigene Hausnummer erhalten hatte, weil das "Eigenleben" dieses Hauses zufällig in dem Zeitraum stattgefunden hatte, als in Kötzting die Hausnummern verteilt wurden: Dieses Haus in der Nachbarschaft wurde  und daher auch in den Folgejahren immer in den Grundsteuerkatastern einzeln und eigenständig aufgeführt, auch noch nach der erneuten Vereinigung mit dem Nachbargebäude.
1782  jedenfalls hatte der Mauerermeister Valentin Kötterl das Leerhaus um 200 Gulden an Anton Schöllinger verkauft. Dieser  hatte zwar vom Magistrat den Auftrag erhalten, das Haus "wie es dermallen stehet, belassen, sohin keinesweegs einreißen oder aderswohin transferieren auch von disem all herkommliche Gaben und natural prostationen, gleich ainem anderen dergleichen Häusl alliählich Richtig abreichen" müsse.
Auch wenn Schöllinger das Haus zunächst einmal nicht abgerissen hatte, so hatte ihn doch niemand zwingen können, die Bausubstanz zu erhalten, und so ist es 8 Jahre später nur noch ein "GartenGrund  worauf das Valentin Kötterlische Maurermeistershäusel" gestanden hatte. 
Geht man in den Akten rückwärts von Verkauf zu Verkauf, so ergibt sich folgendes Bild
Schöllinger
Valentin Kötterl
Eva Greil
Josef und Eva Greil
Mathes Greil
Obertstainer Georg Wittwe
Oberstainer Georg

Oberstainer Georg und Raith Eva



Der erste nachgewiesene Besitzer ist also der Hirte Obersteiner Georg, der im Jahre 1673 das Kötztinger Bürgerrecht erhält und dafür 3 Gulden zu bezahlen hat.
StA Kötzting Marktrechnung von 1673
"Widerumben Georg Oberstainer Huetter 3 fl. "
 
Der aus Landsberg stammende Lehrersohn Georg Oberstainer hatte am 3.10.1672 die Kötztinger Bürgerstochter Eva Raith geheiratet und beide bekamen bis zum Jahre 1690 insgesamt 11 Kinder.
In der Kirchentrachtliste von 1688 finden wir natürlich auch Georg Oberstainer. Interessant ist hier zusätzlich, wie genau die Liste die Abfolge der Anwesen in der Wirklichkeit abbildete.
HStA München GL Fasc. 1829_62 Kirchentracht und Einkommenslisten des Pfarrers in Kötzting 1688 
Hans Passauer (=Hanr 71)
Georg Oberstainer (= Hanr 70a
Schrollinger Färber (Hanr 70)
Wolf Immerl (Hanr 69)
Am 4.2.1701 stirbt der Bürger Georg Obersteiner und noch im selben Jahr leiht sich seine Witwe vom Kötztinger Spital 15 Gulden, für die sie "das besitzende Häusl ufm Regen" vermacht.
Leider haben die Kötztinger Spitalrechnung genau ab diesem Jahre eine Lücke von 20 Jahren, so dass dieser Eintrag nicht kontrolliert werden kann.

Mathes Greill und Katharina Oberstainer


Am 13.11.1713 verkauft Georgs Witwe "das Bürgershäusl zwischen Baltasar Schöllinger Schwarzfärber und Wilhelm Imerls beiden Bürgern Häusern liegend" an den "Widtenpauerssohn" und gleichzeitig Schwiegersohn Greill Mathias und verlangt dafür 90 Gulden.
Am 22.11.1713 heiratet dann der Zimmermann Mathias Gräll die Maria Katharina Oberstainer.
Einschub
Das Widtum, also den Bauernhof des Kötztinger Pfarrers bewirtschaftete ein angestellter Bauer, eben der Widtenbauer, der selber aber nicht Kötztinger Bürger war. Das Kötztinger Widtum war bereits Thema eines eigenen Blogbeitrages und an Ort, an dem früher das Widtum gestanden hatte, wurde  zuerst das Kötztinger Gefängnis, später das Gesundheitsamt errichtet und ist nun eine Außenstelle des Chamer Finanzamtes.
Hier der link zum Beitrag über das Widtum.
Einschub Ende
StA Kötzting Marktrechnung von 1713 

"Mathes Greill alhiesiger lediger Widenhofs Bauerssohn, so die verwittibte Hueterin tochter geheurath, für ainen Burger aufgenomben und deswegen entricht.  6 fl."
Was bei der Witwe Greil wegen der fehlenden Rechnungsbände nicht möglich gewesen war, nun beim Schwiegersohn kann man die Zinszahlungen an das Kötztinger Spital nachvollziehen.
StA Kötzting Spitalrechnung von 1721

"Matheß Greill burger und Zimmermaister alhir und Catharina sein Eheweib haben derselben Schwigermutter Oberstainerin 15 fl Capital zubezallen ybernomben, welche selbe lauth 1717 jehriger rechnung fol 19 per vorher zethuen schuldtig gewest umd dise underm 11. Marty 1718 mit Verschreibung ihres erkhaufften burgers Heusl ufm Regen zugeniegen versichert. sohin davon zu Georgy Zins raichen 45 xr."
Aus dem Jahre 1730 haben wir Nachweise der Zimmermannsarbeit unseres Hausbesitzers.
4 Gulden und 51 Kreuzer erhält GM "von Machung aines Neuen Gschärs zum obern stainen Prunnkhar dan Ausbesserung der Regenpruckhen und Prechhauses. Item 2 Neuen Schlachten beim Rabenstög und Grueberbach mehr Aufrichtung der Waschpenckhen uf dem Regen und Helffung der Paumb herführen zu obigen 2 Schlachten.
14 Gulden erhält er für die "Verferttigung aines Neuen Prunnkhars beim Schloss" und weitere 9 Gulden für die Ausbesserungsarbeiten an der " Regenpruckhen und der Pruckh so zwischen des H. Schöllinger und Herrn Kollmayrs Heusern in die soganennte Färbergasse hinaus gehet, item das Prickhl bei denen Hüttheusern", auch "auf die Kalchgruben eine neue Tjier gemacht, die Pfoschen gesäumbt, dan das Tächel bei dem Rhathaus Crambladen und den Thurm ufm Rhathaus neu gedöckht, bei dem Ecklshof ainen neuen Gattern gemacht, die Jexen zur Stöhl fahren helfen und Scharrschindlen gemacht." 


Josef Greil und Eva Katharina Schweikl



Am 15.5.1747 übergibt die Witwe Eva Greill das "Haus ausserhalb der Prucken negst der Schoellinger Faerber und Trumbschreiner entlegen" um 80 Gulden an den Sohn und Zimmergesellen Josef Greil und wenige Monate später, am 13.10.1747, heiratete Wolfgang Josef Greill - Sohn des Mathes und der Katharina - die Müllerstochter von der Hausermühle, Anna Eva Schweikl. Schon vier Jahre vorher lässt sich der Zimmermann Josef G nachweisen: Im Österreichischen Erfolgekrieg steht er im Rechnungsbuch unter den Quartierlasten: 51 Kreuzer erhält er "von Pidung des Herrn Obristen Mandelli Pferdestall". Er hat also den Pferdestall abgedichtet, vermutlich den Boden.
In einem Heiratsvertrag aus dem Jahre 1751 sichert Anna Eva Greil ihrem Mann 150 Gulden als Heiratsgut zu, wofür er ihr das von der Mutter übernommene Haus sicherstellt.
Bereits am 28.11.1752 stirbt der "Bürger und Lignifaber" Joseph Gräll und nachdem am 6.2.1758 auch seine Witwe, Eva Gräll, verstorben war, veräußern die Erben das kleine Haus an den Mauerer Valentin Kötterl. 
Schaut man sich die Urkunde genauer an, so wird der Verkauf durch den Magistrat an den Chammünsterer Mauerpolier Valentin Kötterl erwirkt, weil der verstorbene Josef Greil, ein Zimmermann, in seinem Testament aus dem Jahre 1753 alle seine Geschwister berücksichtigte, so dass nach dem Tode seiner Witwe, Eva Greil, nun vom Magistrat der Verkauf eingeleitet wurde.
Seine Erben waren:
Hans Georg Schweikhl, der Müller auf der Hausermühle
Anna Maria Wensaurin, eine Halbbäurin zu Zeltendorf und 
Eva Barbara Rabenbäurin (vermutlich Reithmayrin ) Müllerin zu  Wising
 

Valentin Kötterl und Dirschedl Katharina

 
 Nur von einem Geburtseintrag vom 4.7.1760 kennen wir den Geburtsnamen seiner Frau, da die Beiden offensichtlich bereits verheiratet nach Kötzting gekommen waren. Der Bub, getauft auf den Namen Mathias Ullrich Valentin starb aber noch im selben Jahr.
Valentin hatte auch seinen Vater mit nach Kötzting genommen, denn beim Tode des Johann Jakob Ketterl am 15.7.1761 heißt es, dass er der Vater des Mauerermeisters gewesen sei.
1759 erhält Valentin Ketterl 1 Gulden für die "Herbeischaffung von 5 Pembsel" anlässlich der Renovierung der Marktdienerwohnung und der Registratur im Rathaus.
Stolze 221 Gulden verdiente (oder besser erhielt) er noch im selben Jahr beim Umbau des Rathauses. Im Einzelnen sind folgende Arbeiten aufgeführt, für die er insgesamt 18 Wochen arbeitete:
"Abbrechung des alten Gemäuers bei der Wohnung und Registratur - völlige Neuerbauung
neue hintere Mauer, um den Hof zu schliessen, neuer Pachofen, neue Schreibstube, angelegte Marktschreiberswohnung und Gewölbung der Hauptstiegen und zwei neue Mauern im alten Gewölb".
Der Hintergrund dieser Bauleistungen ist der Neubau das Rathauses, den der Kammerer Luckner angeordnet hatte und der auch dadurch notwendig geworden war, weil Luckner wollte, dass der Kötztinger Marktschreiber nicht mehr in seinem eigenen Hause sondern zukünftig im Rathause zu wohnen habe und dort auch ein eigenes Archiv/Registratur entstehen solle.
Viele weiter Bauleistungen des Mauerermeisters sind in den Marktrechnungen dokumentiert, die uns gleichzeitig einen guten Einblick darüber geben, was so alles in Kötzting gemacht werden musste.
Zunächst jedoch steht er vor dem Magistrat als Angeklagter.
StA Kötzting Marktrechnung von 1760
"Hiernegst disen wurde Vallentin Kötterl Bürger und Maurermaister alda, und Josef Peinkhofer lediger Pauerssohn von Hetzenberg der Hofmarch Plaibach, das sye Präntl Martin ledigen Bürgerssohn derohrten mit Fauststraichen überfahren, gewandelt, in erweisung ainige Satisfaction nit anherolanget worden per 2 Schilling Pfennige, ist 17 xr 1 H:"
Beim Rathausumbau, vor allem bei dem Bau des Rathausturmes im Folgejahr reichte er seine Materialliste ein und bekam für 5008(!) Ziegel, 300 Gogeissl(=halbe Ziegelsteine) und 13 Taschen gut 23 Gulden.
1762 dann kam bereits das erste Zurückweichen vor seinem wachsenden Nachbarn. Am 12.11.1762 verkaufte Valentin Kötterl seinem Nachbarn Ulrich Anton Schillinger "ainen Grund oder blaz von der bey ihren Häusl sich befindtendte Schupfen und Gärttl in der Braitte 3 und in der Länge 18 Schuech zu ainem Eingang in  dessen Gartten so zwischen Ihme Schillinger und denen Verkauffern  Häuslöckh (=Hauseck) hineingeht, welches Schillinger aber beiderseits  einzuschlagen und 3 Sauhlen aufzusetzen hat, wie dan auch an ienen  Orth das Thuerl aufzumachen.
Aus dem Jahre 1763 erfahren wir auch einige Details über den Pranger, der außen am Rathaus angebracht war.
Als man beim Abschluss des Rathausumbaues (eigentlich fast ein Neubau) auch die Fassade neu verputzen wollte, musste man zu diesem Zweck den dortigen Pranger abnehmen und hat dabei festgestellt, dass dieser "ohnehin ganz paufellig" gewesen war und neu gemacht werden musste. Für den neuen Pranger waren - dieser war offensichtlich von einem großen und schweren eisernen Gitter umgeben - zusätzlich zu dem Eisen, welches man nach dem Abbruch des alten Prangers noch benutzen konnte, zusätzlich noch 130 Pfund an Eisen notwendig.

Einschub
Wie kann man sich einen solchen Pranger, der mit einem großen und schweren Eisengitter versehen ist, denn vorstellen.
Auf der Suche nach einem Beispiel bin ich auf die Stadt Oschatz in Sachsen gestoßen.
Foto Jörg Blobelt der Pranger in Oschatz

Manche andere Pranger, mit einem ähnlichen Gitter sind auch auf einem erhöhten, gemauerten Sockel angebracht. So oder zumindest so ähnlich wurden auch in Kötzting die Delinquenten zur Strafe stundenweise zur Schau gestellt, eine starke Belastung für die persönliche Ehre des Einzelnen.
Einschub Ende
 
Beim Abbruch des alten Prangers hatten sich übrigens  "alle Maister vom Handwerch der Zimmerleuthe, Maurer und Schmiede sich einfündten müssen, ausser dessen weeder ain noch der ander solchen angegriffen hätte". Die Berührung solche eines unehrenhaften Bauwerks wäre gegen die Ehre eines Einzelnen gewesen, weshalb sie in Summe alle zusammen dieses Werk hatten verrichten müssen.
Beim Aufbau des neuen Prangers kam es zu derselben Anweisung, dass alle zusammen anzupacken hatten. Nur die Ummauerung und die Einbindung des Prangers an die Rathauswand war ohne Ehrverlust möglich und so war dies ein weiterer Auftrag an den Mauerer Ketterl, den Pranger einzubinden.
StA Kötzting Marktrechnung von 1763

" Vallentin Kötterl burgerlicher Maurermaister alda und seine 4 Gesöllen(!) haben mit einmachung dess Neuen Brangers ain ieder 4 Täg zuegebracht, und demnach dess Tags 21xr ist 1 fl. 45 xr der hierzue gebrauchte Tagwercher aber ab 1 Tag 12 xr in allem also ins Verdinnen gebracht nach Massgab Specification 1 fl 57 xr."
Unser Maurermeister war wohl bei vielen Arbeiten des Marktes Kötzting die erste Wahl, weil er 1765 bereits erneut bei größeren Bauarbeiten am Rathaus eingesetzt wurde.
"das Taschendach ufm Rathaus ausgepessert das Rats: und Markhtschreiberszimmer geweisst in der Registratur ein Loch, welches sich rechterhand ogib dem Kamin befündet aufgerissen und solches hinnach aufgemauert damit in Feindtzeiten des Markts beste Schriften in sicherem Verwahr und Aufenthalt gebracht werden können."
Ein Lob auf Wolfgang Samuel Luckner und seine weise Voraussicht, die uns ein solch reichhaltiges Archiv über die Zeiten hinweg zu sichern half.
Auch vom Pfleggericht wurde sein Fachwissen geschätzt. Als es im Jahre 1766 darum ging, den kurfürstlich Weißen Braukeller zu renovieren, gab er seine Kostenschätzung ab, die schlussendlich dazu führte, dass dieser Braukeller aufgegeben und an Privat verkauft wurde.
Ebenfalls für Pflasterarbeiten wurde der Maurermeister gebraucht: 1767 erhielt er fast 31 Gulden, weil er zusammen mit seinen Mitarbeitern "das gemain Marktpflaster von der Marktmühl bis zum Bader Fischer Eck durch das Wildwasser völlig unpassierlich gemacht worden, wieder hergestellt, das übrige ausgebessert."
Im Jahr drauf ging es erneut um den Wegebau. Wieder hat er mit seiner Mannschaft "das Prückerl bei der Färberwalch ausgebessert, zu dem Marktpflaster die erforderliche Menge Regenstein auswerffen
lassen, dann das Pflaster vom Baadbrunnen an bis zum Rathauskhar völlig neu machen, das übrige Marktpflaster hin und wieder auspessern."
Einschub
Das Kötzting Straßenpflaster bestand nicht, wie heutzutage, aus gebrochenen Granitsteinen sonder aus runden Flusskieseln, so wie man es noch heute vor seitlich neben der St. Veitskirche - beim Kircheneingang- erkennen kann, ein sehr ungenauer Belag mit vermutlich riesigen Fugen.
Einschub Ende
Und weiter gings mit den Bauarbeiten an den markteigenen Gebäuden:
1768: "Von dem gemainen Fleischpänk ist das obere Eck völlig herausgefallen und so auch der Stand zu beeden Seiten schadhaft und etwas eingefallen . Also hat gedachter Maurermeister und seine Gesellen nicht nur das Eck neu aufstellen sondern auch die Seitenwände und sämtliche Fleischpenckh nebst dem Schlaghaus verbessern und verbuzen auch ein Khar neu machen "
Im Jahre 1772 wechselte der Maurermaister Valentin Ketterl nach Cham und verkaufte das "das gekaufte Joseph Greillsche Lährhäusl vor der Brucken zwischen Georg Trumb und des Schöllingers Häusern entlegen, mit dem hinter dem Häusl situierten Wurzgärtl" an seinen Nachbarn den Schwarzfärber Anton Schöllinger um 200 Gulden.

Hier endet nun die Geschichte dieses Hauses. Nach wenigen Jahren war von dem Haus nichts mehr zu erkennen und der frühere Baugrund diente nun seinem Nachbarn als Gartengrundstück.

Jetzt als zurück zum Färberanwesen:  

Johann Peter Kraus und Josepha Schöllinger

Bei der grundsätzlichen Kapitalkraft des Schwiegervaters war es kein Wunder, dass dieser sich in der Gruppe derjenigen 16 Kötztinger Bürger befand, die sich als Privatpersonen die Grundstücke der zum Verkauf stehenden Hofmark Reitenstein aneignen wollten. In dem Blogbeitrag über den Herrn von Göhring und über den damaligen Kötztinger Kammerer Wolfgang Samuel Luckner, der diesen Deal übrigens nicht nur ablehnte, sondern 20 Jahre lang aktiv bekämpfte,  ist diese Geschichte bereits ausführlich dargestellt.
Mit dem Datum vom 16.6.1790 erhielten Josepha und Peter Kraus den Konsens des Magistrats für die Übertragung des Schölligner´schen Anteils an den Reitensteiner Gründen. Im Jahre 1790 endete auch Luckners politische Karriere und damit wurde das Leben der Reitensteiner Anteilseigner spürbar erleichtert, weil nun endlich auch Luckners "Gegenpartei"  mehr Gewicht im Magistrat bekam.
Zwei Tage vorher wurde der Heiratsvertrag des neuen Färberehepaars beurkundet, in welchem Peter Kraus eine Mitgift von 2100 Gulden protokollieren ließ.
Aus demselben Jahre erfahren wir auch ein weiteres Detail über die Kötztinger Straßenverhältnisse.
Das, was wir heute als die große Regenbrücke bezeichnen, war damals eine Ansammlung von kleinen Brücken, schlammigen Wöhrden und Querungen im Flussbett.
StA Landshut Rentkastenamt Straubing A 97 1790  
Offensichtlich besaßen die "alten" Schöllinger ein Grundstück, das dem Straßen/Brückenbau im Wege war, denn am 23.2.1790 wurde ein Wechsel protokolliert.
Elisabeth Schöllinger, Schönfärberin und Witwe genannt, "erhält als Ausgleich eine Fläche auf dem Schussanger", damit "die Strasse, die nach Viechtach führet und bisher mit mancher  Beschwärde auf eine lange Strecke durch den Weissen Regenfluß  passiert worden mußte", nun auf einer trockenen Streck über Land geführt werden könne. Dazu sollte "über den herinneren Arm des Ragens statt dem bisherigen Strang  eine Brücke" gebaut werden.
24 Gulden kostete Peter Kraus das Kötztinger Bürgerrecht und er musste mittlerweile zusätzlich 2 Gulden an Gerichtstax und 1 Exerziergulden bezahlen, bis seine "Einbürgerung" abgeschlossen war.
Im Jahre 1798 wurde PK in den Magistrat gewählt und im Jahre 1807 findet er sich mit einer Strafe von 1 Pfund Regensburger Pfennigen wegen Alleinehütens.
Einschub
Jeder Kötztinger Tierhalter war verpflichtet, seine Nutztiere zusammen mit der Gemeindeweide austreiben zu lassen. Selbst auf seinen eigenen abgeernteten Feldern durfte er seine eigenen Tieren nicht grasen lassen. Über das Ganze wachte ein Flurwächter - zumeist der Nachtwächter oder der Marktdiener - und im Chamauer Tor gab es dafür einen eigenen Pfänderstall, wo die Tiere eingestallt wurden, die beim "wilden Weiden" erwischt wurden.
Einschub Ende

Im Jahre 1806 fand in Kötzting eine Bürgermeister- und Magistratswahl statt, deren Wahlscheine - aus welchem Grund auch immer - sich im Staatsarchiv in Landshut erhalten haben.
LGäO Kötzting Br. 763 von 1806
"Peter Kraus
Nep.(omuk) Loderer (für den Bürgermeister)
Magistrat
Wenz. Bauer
Wolf. Aschenbrenner
Christ. Kollmer
Jos. Henneberger 
Ausschuss
Heinrich Leszkier
Lorenz Mühlbauer
Kalr reinhold
Ignatz Mair"

Sogar die einzelnen Wahlzettel haben sich erhalten, unter denen der von Peter Kraus eindeutig hervorsticht durch sein strukturiertes, tabellarisches Aussehen.
Wahlschein des Peter kraus mit der eigenhändigen Unterschrift.



Im Jahre 1811 veranlasste das Rentamt - also das damalige Finanzamt - die Erstellung des Häuser- und Rustikalsteuerkatasters und dort listen sich die Grundstücke des Färbermeisters bereits auf volle drei Seiten auf.
StA Landshut Rentamt Kötzting B27
Nro LXV (später wurde daraus die Hausnummer 70)
Peter Kraus  das gemauerte Haus mit Stallung und Stadel dann einem kleinen Gartl.
Nro LXI dessen Holzschupfe
Nro CLXXIII dessen Walk
das Langenackerl (spätere Plannummer 722)
das Krautgartenackerl
das Galgenackerl
das untere Galgenackerl
das Schwarzweiherackerl (spätere Plannummer 689)
das Fleckenackerl (spätere Plannummer 597)
das Arndorfer Ackerl (spätere Plannummer 682 1/3)L
das Bäckendorfer Ackerl (spätere Plannummer 633)
Noch ein Fleckenackerl (spätere Plannummer 597)


Den sogenannten Silberbauer Acker (spätere Plannummer 508)
das Laimackerl (spätere Plannummer 579)
der Pollergartenacker (spätere Plannummer 935)
die zweimähdige Angerwiese (spätere Plannummer 143)
die zweimähdige Walkwiese (spätere Plannummer 887)
die zweimähdige Auwiese (spätere Plannummer 1087)
Gemeindeantheil auf dem Galgenberg ao 1803 zu Acker cultiviert (spätere Plannummer 925)
Noch ein Gemeindsantheil auf dem Galgenberg ao 1803 eben zu Acker cultiviert (spätere Plannummer 915
Nutzantheil an den noch unvertheilten Gemeindegründen
die sogenannte Seiderwiese (spätere Plannummer 143)
der Rothanger Acker (spätere Plannummer 886)
von dem getheilten Strohhof bei grub 2 Ackerlen (spätere Plannummer 810 und 823)
das Rothangeracker (spätere Plannummer 881)
noch ein solches Rothangerackerl (spätere Plannummer 886 1/2)
die zweimähdige Hausgartenwiese (spätere Plannummer 143)
das aus den Pfleggründen zu Kötzting erkaufte kleine Galgenackerl (spätere Plannummer 722 1/2)
die aus den Spitalgründen zu Kötzting erkaufte Angerwiese (spätere Plannummer 143 1/2)

Es ist beeindruckend, welche Menge an Grundstücken sich hier mehrere Generationen an Handwerkern trotz der grundsätzlichen Einschränkungen als "Häusler" haben aneignen können.
Am 25.3.1816 verstarb der Schönfärber Peter Kraus im Alter von gerade mal 47 Jahren an "hitzigem Fieber" und wurde am 27.3. beerdigt.

Johann Kraus und Kollmaier Anna


Im Umschreibeheft, dem Nachfolgebuch des H+R Katasters, findet sich unter dem 14.1.1819:
StA Landshut Rentamt Kötzting B28

"Dem 14. Jänner 1819 hat auf Absterben des Peter Krauß Josepha Krauß in Kötzting dessen Bürger Anwesen alda an ihren Sohn Johann Kraus um 10400 fl übergeben, ohne Änderung."
Ein Monat später heiratete der neue Hausbesitzer Anna Kollmaier, die Tochter von Christoph Kollmaier und bezahlte sämtliche Gebühren für das Kötztinger Bürgerrecht. 
Josepha Kraus, die Übergeberin lebte als "Leibthümerin" noch einige Jahre länger als ihr Mann und starb erst am 21.10.1826 im Alter von 60 Jahren an Altersschwäche.

1820 versuchte  der Magistrat wieder einmal die Unsitte der Kötztinger Bürger abzustellen, mit manchen Bauwerken und ihren Dunganlagen einfach Gemeindegrund zu benutzen, und schrieb alle "Missetäter" auf. 

StA Kötzting AA IV 7
"Johann Krauß, Färber eigentlich seine Vorfahrn hat auf den Gemeindegrund sich eine Holzschupfe 24 Schritt lang 8 breit erbaut und eine Düngelage auf den Gemeindsgrund 8´lang, 8´breit zunächst seinem Hause errichten: Entbehrlich."
Im Jahre 1825 wurde Johann Kraus zum Magistratsrat gewählt, im Jahr drauf wurde er als 3. Magistratrat als zuständig für die Kötztinger Schneider bestimmt. 
Nachdem seine erste Ehefrau, Anna, am 24.2.1826, mit gerade mal 29 Jahren verstorben war, heirate der Witwer - noch im selben Jahr am 19.11.1826 - Gross Therese, die Tochter des Gastwirtes Josef Gross aus Traitsching.

Johann Kraus und Therese Groß

1835 erhielt JK er als "Mühlgraf" für die vorgenommene Mühlbeschau 24 Kreuzer.
An den Einträgen in den Kötztinger Marktrechnungen kann man gut erkennen, dass die Zukäufe an Grundstücken sogar weit über die im H+K Kataster beschriebenen Flächen hinausgingen, da für die Wald- und Feldgrundstücke in der Reitensteiner Feldflur und für einige Anteile am - früher markteigenen und nach 1803 aufgeteilten und verkauften Watzlhof - Watzlhofholz Grundstift an den Markt bezahlt werden mussten und in den Rechnungen als Einnahmen auftauchen.
Am 15.5.1836 verstarb bereits im jungen Alter von 38 Jahren der Färbermeister Johann Kraus an Brustwassersucht.
Die Färberin und nun Witwe, Theres Kraus, findet sich im Jahre 1840 in einer Verhandlung vor dem neugeschaffenen Vermittlungsamt. 
Der erste Vermittlungsversuch geht schief:
"Klage der Färberswitwe Theresia Krauß v K gegen Wolfgang Ludwig, Lederer v K wegen angeblichen Eigentumsrecht auf einen Backofen, konnte ein Vergleich nicht zustande gebracht werden." 
Nach einer Gegenklage der Nachbarin kommt es danach zu einer Einigung
"Klage der Anna Ludwig Lederin v K gegen Theres Krauß Färberswitwe v K wegen Eigentum und Benützung eines auf Gemeindegrund früher gemeinschaftlich erbauten Backofens hat sich in Begleitung  ihrer beiderseitigen Kinder-Vormünder, nämlich der Klägerin Josef Windorfer bürgerlicher Handelsmann und Balthasar Kollmaier Mühler an einer, dann für die Beklagte in der Person des 
bürgerlichen Handelsmann Decker v K : nachstehender Vergleich wurde erzielt:
1) Es gestattet die Klägerin der Beklagten die Benützung des bisher gemeinschaftlich benützten Backofen auf 6 Jahre. 
2) Nach Verfluß derselben Zeit leistet die Krausin und der Vormund Decker auf die weitere Benützung ausdrücklich Verzicht. 
3) Dagegen verpflichtet sich die Ludwigin mit Einwilligung ihrer Vormünder für ihre Kinder der Krausin die gemeinschaftlich zur Erbauung des fraglichen Backofens verwendeten Kosten per 20 fl 
zur Hälfte mit zehn Gulden im Laufe dieser bedungenen sechs Jahre zurückzuvergüten.
Der Vergleich wird genehmigt." 

Als nächstes kam 1840 die Erstellung des Grundsteuerkatasters, bei dem nun auch endlich die noch lange gültigen Hausnummern verteilt wurden.
Sta Landshut Grundsteuerkatster Nr. 5038

"Hausnummer 70 in Kötzting  beym Färber nun die Krausschen Kinder: Johann, Anna, Theres und Ignatz Kraus.
Das Haus mit zwei hierauf ruhenden realen Schwarzfärbergerechtigkeiten 
Gebäude:
Wohnhaus und Stall unter einem Dache, besonderer Stall, Stadl, Holzschupfn dann 2 Hofräume
Hofraum beym Stadl"
Einschub
Warum 2 Schönfärbergerechtigkeiten?
Im Jahre 1795 hatte Peter Kraus vom Schwarzfärber Anton Mack (alte Hausnummer 157) dessen Färbersgerechtigkeit um 900 Gulden erkauft und sich damit wohl einen Konkurrenten vom halse geschafft, nachdem er vorher vergeblich versucht hatte, dieses haus gleich ganz zu kaufen. Vergeblich, weil es von Seiten der der Mack´schen Verwandtschaft einen Einspruch gegeben hatte und der Verkauf deshalb rückgängig hatte gemacht werden.
Einschub Ende
Im Kommentar des Katasters steht auch, dass Johann Kraus bei seiner Wiederverehlichung - mit der Therese Groß - einen Ehevertrag geschlossen hatte, in dem er das Gesamtanwesen den Kindern erster Ehe verschrieb.
Es sollen hier nicht all die Einzelgrundstücke wiederholt werden, die sich nun in Besitz der Kinder befanden, auch wenn hier noch weitere Erwerbungen getätigt worden waren. Alleine in der Kötztinger Flur ließen sich die Teilflächen auf fast 36 Tagwerk zusammenzählen.
Im Mieterkataster aus dem Jahre 1842 erfahren wir mehr über das Innere des Anwesens.
StA Landshut Grundsteuerkataster Nr. 5045

"Theres Kraus Färberswitwe /: Hauseigenthümerin:/

1. Hauptgebäude
I 1 Wohnzimmer, 1 Küche, 1 Gewölb, 1 Laden, 1 Farbkammer, 1 Schür, 1 Werkstatt, 1 Kuppenkammer, 1 Druckkammer
II 3 Wohnzimmer und 1 Kammer, dann ein Trockenboden und 1 Futterboden

2, Nebengebäude
I eine Stallung
II Getreidekasten und Heuboden

3. Nebengebäude
Kuhstallung mit Boden

4 Nebengebäude
1 Holzschuppen

5 Nebengebäude
Eine Scheune mit Dreschtennen und Streuschuppen

Für obige Angaben bürgt Kötzting am 22. Jänner 1842 
Theresia Kraus
Zur Beglaubigung der Unterschrift Magistrat Kötzting
Lommer Bgmst."


Andreas Holzapfel und Therese Kraus


Die im Jahre 1823 geborene Therese Kraus - aus der ersten Ehe - war zum Zeitpunkt des Todes ihres Vaters noch zu jung und seine Witwe aus zweiter Ehe konnte sich wohl nicht erneut verheiraten und so dauerte es noch ein paar Jahre, bis Therese 21 Jahre als geworden war und 1844 den Kötztinger Marktlehner Andreas Holzapfel heiraten konnte.
Im Jahre 1854 wurde der Färber Ander Holzapfel in die Kötztinger Meisterrolle aufgenommen.
In den Jahren 1856 bis 1860 versucht der Markt die Straße von der Brücke bis zur Wiesmühle zu erhöhen, um die - unhaltbaren - Zustände wegen der schlammigen Straße zu überwinden. Der Straßenkörper soll erhöht werden und die Anlieger sollten bezahlen.
Blickt man auf die Hochwasserbilder der letzten Jahre, so kann man sich gut vorstellen, wie notwendig solch eine Maßnahme im 19. Jahrhundert gewesen ist.
Hier ein Bild von Nik Heinrich vom Hochwasser des Jahres 2002

Foto Nik Heinrich 2002
Es hat den Anschein, als ob es ursprünglich die Aufgabe der Anlieger gewesen war, die Straße in Stand zu halten, als dies nicht geschehen war, wurden die Arbeiten vom Magistrat veranlasst und nun entfielen auf den Anlieger Kollmaier 94 Gulden und auf Holzapfel gut 8 Gulden.

Fünf Kinder bekam das Färberehepaar, von denen drei bereits ganz kurz nach ihrer Geburt verstarben.
Am 19.7.1863 verstarb der Färbermeister Andreas Holzapfel; im Alter von gerade mal 53 Jahren hat ihn der "Schlag" getroffen.
Im Staatsarchiv in Landshut befindet sich ein eigener Nachlassakt für Andreas Holzapfel.
StA Landshut Rep 166N-12 Nachlassakten\Rep 166N-12 Schachtel 6 Nr. 234 Holzapfel Andreas

"Akt des Kgl Landgerichts Kötzting
1863
Verlassenschaft des Andreas Holzapfel Bürger und Magistratsrath
von Kötzting"
Im Akt findet sich auch der Original Heiratsvertrag der Beiden.

"Kötzting den 27. Juni 1844
II. Heirathsbrief per 1034 fl und Ausfertigung von 240 fl.
Andrae Holzapfel lediger Bürger von Kötzting , und Theres Kraus, ledige Bürgerstochter von da, letztere verbeiständert von Michael Drunkenpolz, bürgerlicher Hufschmied dahier, schließen....."

Josef Holzapfel und Katharina Brückl



Der am 19.11.1846 geborene Joseph Holzapfel sollte der Nachfolger werden, aber, ähnlich wie bei der vorherigen Übernahme, er war noch nicht volljährig und so musste die Witwe zuerst alleine weiterarbeiten, bis der Sohn 21 Jahre alt geworden war.
Am 1.5.1867 heiratete der Färber Josef Holzapfel - Sohn des Andreas und der Therese - die Bauerntochter Brückl Katharina aus Simpering.
10 Kinder bekamen die beiden zusammen, jedoch wirtschaftlich hatten sie Probleme, denn mit Datum des 1.7.1881 ist im Umschreibeheft des renovierten Katasters von 1861-1911 zu finden, dass das Anwesen an den Bodenmaiser Hofgutbesitzer Josef Pfeffer im Wege einer Versteigerung überschrieben wurde.
Aus der Erarbeitung der Häuserchronik des Nachbarhauses (Farberhäusl) ist bekannt, dass im Jahre 1883 die Kinder des Josef Holzapfel, Josef , Maria, Theres und Alois, gemeinsam als die Besitzer vorgetragen sind. Möglichweise/vermutlich hat der Erlös der Versteigerung des großen Holzapfelanwesens ausgereicht, um den Kindern das kleine Häuschen am regen als Lebensgrundlage zu sichern.

Laut dem Umschreibeheft des Grundsteuerkatasters blieb Josef Pfeffer nicht lange der Besitzer des Hauses, denn mit Datum des 19.6.1883 geht das Haus durch Kauf auf Balthasar Kollmaier, einem Mitglied der weitverzweigten Kollmaierfamilie in Kötzting, die damals bereits im Nachbargebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite ansässig war.
Mindestens seit dem Jahre 1638, also ca. 250 Jahre war das Färberanwesen durchgehend in besitz ein und derselben Familie Gewesen.

Kollmaier Balthasar

Balthasar Kollmaier war der ledig gebliebene Bruder unseres Kötztinger Bürgermeisters Christoph Kollmaier - das ist der mit dem Prozess gegen den Bischof Senestrey -, der bei der Dokumentation des Nachbarhauses eine große Rolle spielen wird. 
Gleich aus dem Jahre des Kaufes, 1883, gibt es dann einen Bauakt, als BK seine Stallung erneuerte.
  
StA Landshut Rep 162-8  Sch. 21 Nr.  3136 Kollmaier Balthasar 1883
"Plan
Über Umwandlung eines Legschindeldaches zu einem Ziegeldache und Untermauerung eines jetzt von Holz construierten Bodenraumes über dem Nebengebäude von Herrn Balthasar Kollmaier Hausbesitzer zu Kötzting"
"Erklärung
1 fragliches Nebengebäude über welchem die Dachung umgewandelt werden soll.
2 Wohnhaus des Bauherren
3 Gebäude welche abgebrochen werden
4 Grund des Bauherren
5 Stadel desselben
6 Wohn- und Nebengebäude des Christoph Kollmaier
7 sogenannte Färbergasse
8 Gemeindegrund"


12 Jahre nach dem Kauf und Umbau des Hauses verstarb Balthasar Kollmeier in seinem eigenen Haus.


StA Landshut Rep 166N-12 Schachtel 38 Nr. 89 von 1885 Hanr 70 Kollmaier Balthasar

"Balthasar Kollmeier
73 Jahre
Privatier und Hausbesitzer
ledig
Samstag den 16. November 1895 Nachmittags 8 Uhr
Kötzting HsNo 70"
Als seine Erben wurden seine Geschwister benannt:

"Geschwister
Christof Kollmeier Ledermeister und Communbrauer in Kötzting.
Sodann die Kinder einer verstrobenen Schwester, Franziska Kollmeier, später verehelichter Jungmann, die Kinder sind bei ihrem Vater, dem Pächter des Cafe´"Bavaria" in München."
Am 4.8.1890 bat BK den damaligen Kötztinger Notar Wimmer zu sich, um sein Testament aufsetzen zu lassen. BS war in einem Zimmer im ersten Stock, wo er seinen Bruder Christoph als seinen Erben einsetzen ließ, jedoch mit dem Zusatz einiger Legate für die Kinder seiner Schwester und für seine Haushälterin,  der Johanna Hofbauer aus Fessmannsdorf.
Nun, nach dem Tode des Balthasar ging das - vordere, das Anwesen blieb geteilt - Haus in den besitz des Bruders Christoph Kollmeier über.

Christoph Kollmeier und Katharina Groß




Hier ein Blick auf die beiden Häuser ca. Ende der 60er Jahre

Wie aus dem Umschreibeheft zu ersehen ist, geht das Anwesen nach dem Tode des Christoph Kollmaier zunächst an seine Witwe und später, 1906,  an den Sohn Karl Kollmaier über.
Nach Karl Kollmeier ging das Haus über in die Hände einer Frau Barbara Mühlbauer, die es selber wieder - 1943-  an ihre in Viechtach lebende Nichte, Frau Maria Hofmann, vererbte, die danach die Vermieterin für die in Kötzting bekannte Familie Bielmeier wurde.




Wohl zu diesem Zeitpunkt geschah dann auch eine Aufteilung des Anwesens, denn mit Datum aus dem Jahre 1909 erscheint im Umschreibeheft eine neue Hausnummer: 70 1/2 und die neuen Besitzer sind die Wagnersfamilie Xaver Wühr und Maria, eine geborene Eiser.

Das Anwesen wird aufgeteilt: 


Zeitgleich muss es auch eine Zertrümmerung des Anwesens gegeben haben, denn nun wird im renovierten Kataster eine neue Hausnummer eingeführt, die Hausnummer 70 1/2 und unter dieser sind ab der Zeit die Wagnerseheleute Wühr aufgeführt.
In unserer Sammlung haben wir eine tolle Aufnahme aus der Zeit kurz nach der Jahrhundertwende.

DIA-Repro 904  Wühr-Wagner Haus 1905 Spitalplatz um 1905, Schlossserwerkstatt und Handlung Franz Schwarz, später Wühr-Wagner, dann Petermichl




In einer Luftaufnahme aus den 50er Jahren kann man gut die beiden Anwesen (Hausnummer 70 und 70 1/2) auseinanderhalten.
Sammlung Serwuschok Luftaufnahme

IMG0663

In den 20er Jahren wurde der Bereich zwischen den beiden Anwesen 70 1/2 und 71(Kollmaier/Meimer) als der Kötztinger Volksfestplatz genutzt.
Foto Josef Barth


Kötztinger Anzeiger von 1921

Kötztinger Anzeiger von 1921

Das Leben am Wasser


Der Blick auf die sogenannte "Färbergasse" war zu allen Zeiten ein beliebtes Fotomotiv, ganz besonders aber bei Hochwasserereignissen, da man von einer sicheren Warte aus sich die Fluten ansehen konnte, und so haben wir eine Reihe "Überschwemmungsbildern" in unserer Sammlung.

DIA-Repro 643 vom Hochwasser 1954
KÖZ vom Februar 1970 






Foto Rabl-Dachs Hochwasser 1979 oder 1980 
In der Ladentüre Frau Bielmeier und ihr Mann auf der kleinen Mauer.



Foto Nik Heinrich vom Hochwasser 2002


Kötztings Verkehrsprobleme mit der Engstelle


Bis zum Abbruch der Oberbergerbrücke im Zusammenhang mit der Hochwasserfreilegung war die Engstelle Meimer/Bielmeier ein Nadelöhr in einer der Hauptzufahrtsstraßen Kötztings.
Schon im 19. Jahrhundert war Christoph Kollmeier aufgefordert worden, seine landwirtschaftlichen Fahrzeuge nicht in der Straße abzustellen. Im 20. Jahrhundert mit dem Auto- und vor allem Gegenverkehr











Pfingsten auf dem Färberhaus




Aus dem 19. Jahrhundert finden sich zwei Kinder der Familie Kraus, die in den Analen der Kötztinger Pfingstbrautpaare eingetragen sind.



Erst im Jahre 1969 geht es dann weiter mit der Pfingsttradition - auch wenn die Familie Bielmeier nur Mieter in diesem Hause am Regen gewesen waren - und dabei sind sogar die Kinder aus den direkt benachbarten Häusern die Hauptpersonen.





Brautzug auf der Oberbergerbrücke Pfingstmontag 1969
v.l. Gerhard Kirschbauer - Anneliese Bielmeier - Manfred Meimer - Breu Leo


Brautzug in der Bahnhofstraße
v.l. Gerhard Kirschbauer - Anneliese Bielmeier - Manfred Meimer - Breu Leo


Hier noch ein paar Beispiele aus der Presse über das Pfingstbrautpaar 1969:
Viele dieser Aufnahmen stammen von fest gebundenen Monatausgaben, weshalb es - ohne eine mögliche Schädigung zu verursachen - nicht möglich war, die Seiten richtig plan zu drücken.












Dienstag, 2. April 2024

Erinnerungen an Altkötzting - Teil 36 - der Graßlsaal

 In der Bildersammlung des Stadtarchives befinden sich viele Beispiele von damals tagesaktuellen Veranstaltungen oder Berichten über Handel und Gewerbe, die uns einen kleinen "Blick zurück" erlauben, zurück auf Menschen, die schon lange verstorben sind oder Orte und Plätze, die es ebenfalls schon lange nicht mehr gibt. Mit dieser Reihe an Blogbeiträgen soll diese Erinnerungskultur ermöglicht werden; eine Erinnerung an ein Kötzting mit viel Handel, Handwerk, Vereinsleben und Gasthäusern, mit Jahrtagen,  Bällen, und vor allem mit Menschen.



Der Bau des Graßlsaales

Vieles ist bereits an anderer Stelle über die Geschichte des Kinos in Kötzting - nachgewiesen ab 1914 im Hause Krämer -  an anderer Stelle - nicht zu Vergessen im Buch der Frau Dittrich - bereits geschrieben worden.
Hier geht es mir aber um das Kino im Graßl-Saal. Schon früh wurden die Filmvorführungen aus dem Hause Krämer in den oberen markt herauf verlegt, da es im Hause Krämer nur 50 Sitzplätze gegeben hatte. Nichts desto trotz lief der Kartenvorverkauf noch in meiner Kindheit im Hause Krämer, wozu man die enge und steile Holztreppe bis zu einem kleinen Tischchen hinaufgehen musste, wo Frau Krämer höchstpersönlich die Abrisskarten aushändigte.

In den zwanziger Jahren gab es sogar so etwas wie ein kleines Rennen um mit einem Multifunktionssaal in Kötzting. Fast zeitgleich kam es zu Bauanträgen für einen Hotel-Kino-Veranstaltungsgroßbau in der Bahnhofstraße und einen Kompletterneuerung des Graßlsaales. Zusätzlich stand auch noch die Errichtung der nunmehrigen Jahnhalle im Raume. Dieses zusammengenommen dürfte der Grund gewesen sein, dass sich der Prachtbau Herre Michaels dann noch zerschlagen hatte, denn während Herres Baupläne noch im Schaufenster der Firma Oexler zu sehen waren, konnte Franz Graßl seinen Saal bereits zum Pfingstfest 1924 eröffnen.
Auch wenn der Zugang in den 1955er Jahren dann erneut verändert wurde, so entspricht der Grundriss des Saales mit seiner Galerie genau den Verhältnissen, wie viele aus meiner Generation den Saal als Kinosaal in Erinnerung haben.
StA Landshut: Rep 162-8 Sch. 25 Nr. 3623 Graßl Franz Festsaal 1924




Das Detail mit dem Rückwärtigen Flaschenzug finde ich bemerkenswert.

Im Kötztinger Anzeiger heißt es im Vorbericht zum Pfingstfest 1924: "Dank der Unternehmungslust und trotz der riesigen finanziellen Opfer unseres Mitbürgers Herrn Franz Graßl ist es zustandegekommen, einen geräumigen 160 Quadratmeter faßenden Saal mit Gallerie herzustellen, der 8 Tage vor Pfingsten seiner Vollendung entgegensieht. Wirklich eine begrüßenswerte Idee und ein unbedingt notwendiges Bedürfnis dieses Saalbaues in unserem schönen markte Kötzting."

Es wird noch einige Zeit dauern, bis die Chronik dieses Hauses an die Reihe kommt, in der dann ausführlich auf diesen Saal eingegangen werden kann.
Hier nur die weitere Entwicklung: Im Dezember 1955 eröffnete das neue Kötztinger Lichtspielhaus und so kennen wir auch das Kötztinger Kino, dass aber dennoch auch weiterhin als Veranstaltungsort für Vorträge genutzt werden konnte.



Hier ein Vortrag im Graßlkino um die damaligen Kötztinger Jugendlichen auf Gefahren einer möglichen Rauschgiftbenutzung hinzuweisen.

Schaut man sich die hinteren Reihen genauer an, so kann man viele heutige Kötztinger Rentner entdecken.


Ende der 70er Jahre wurde aus dem Kinosaal dann Kötztings erste Diskothek. Die Familie Lang eröffnete dort das "BIG BEN".

Hier ein paar Beispiele aus der großen Anzahl der "Acts", die vor mehr als 40 Jahren  in der Marktstraße auftraten.
KU vom 28.1.1980 

KU vom November 1980 

KU vom 28.10.1981




Montag, 1. April 2024

Die historische Mühlenwanderung

Von Grafenwiesen bis zum Lindnerbräu
eine historische Wanderung

 
Nachdem der erste Versuch einer Vermischung der "Historischen Einkehr" mit einer Wanderung im Jahr 2023 sehr erfolgreich verlaufen ist, machen wir uns daran, dieses Format in mehrerlei Hinsicht noch ein wenig zu erweitern.

  • Wir werden am Samstag den 20. April 2024 um 16.00 Uhr  im Kötztinger Hauptbahnhof  in die Eisenbahn einsteigen und gemeinsam bis nach Grafenwiesen fahren.
    Für die Personen, die schon lange nicht mehr mit dem Zug gefahren sind, hier ein Hinweis:  Die Fahrkarten müssen im Zug erworben werden.  Natürlich können uns Teilnehmer auch direkt am Bahnhof in Grafenwiesen erwarten.
    Die Fahrtzeit sollte weniger als  Minuten dauern.
  • Die Abfahrt in Kötzting Hauptbahnhof (soviel Zeit muss schon sein) ist um 16.02 Uhr. Wer im Bahnhof Kötzting-Zellertal zusteigen möchte, hat halt dann weniger Zeit, um den Begrüßungstrunk zu genießen.....
  • In Grafenwiesen angekommen, beginnen wir eine Wanderung entlang des Weißen Regens, von Mühlenstandort zu Mühlenstandort.
  • Wir werden unterwegs an einer Brotzeitstation eine Pause einlegen.
  • Danach geht's weiter von Mühle zu Mühle, bis wir schlussendlich beim Lindner-Bräu, der früheren Herrensäge,  unser traditionelles "Einkehrmenue"  kredenzt bekommen.





So stilvoll wie es der Kötztinger Hauptlehrer Josef Bock im Jahre 1938 hier abgebildet hat, werden wir uns wohl nicht fortbewegen können, und auch bis zum Bahnhof Watzlsteg werden wir nicht fahren; trotzdem ist dieses Bild ein gutes Beispiel für unser Unterfangen.

Foto Josef Bock

Wir steigen also bereits am Bahnhof Grafenwiesen aus und beginnen von dort unsere Wanderung. Von diesem Bahnhof in Grafenwiesen, haben wir sogar aus der Feder von Mathias Heilmeier eine historische Zeichnung.

Grafenwiesen vom 29. Mai 1899 

Wir gehen längst durch den Grafenwiesener Park und können auf dem Wehr bei(m) Zittenhof den Weißen Regen zum ersten Male überqueren.
Foto Pongratz Zittenhof



Grafenwiesen mit Zittenhof um 1930
Diese kleine Siedlung - flussabwärts von Grafenweisen -  hat eine sehr lange Geschichte als eine kleine adelige Hofmark.  Ein früher Hofmarksherr Mooshammer aus Zittenhof steht in engem Zusammenhang mit dem Braurecht des heutigen Hotels zur Post. Spätere Besitzer hatten verwandtschaftliche Beziehungen zu den Schierlitz in Thenried.
Auf dem Weg weiter in Richtung Kötzting kommen wir an einem historischen Mühlenstandort vorbei, bei dem heute nichts mehr an eine Mühle erinnert: die Lutzengeiger-Mühle. 
Lutzengeigermühle

Die Katasternummer 18 1/2 verweist auf eine Abspaltung der Hausnummer 18 im Grundsteuerbereich von Voggendorf und damit ist auch bereits die Verbindung zur nächsten Mühle hergestellt.
An die Lutzengeigermühle erinnern nur noch die deutlich sichtbaren Werkskanäle.
Foto Pongratz Lutzengeigermühle



Es geht weiter auf der Straße in Richtung Fessmannsdorf. Die Fessmannsdorfer-Mühle - früher sehr lange Zeit in Besitz einer Familie Hofbauer - ist ein sehr alter Mühlenstandort und hat im Grundsteuerkataster von Voggendorf die Hausnummer 18. Der Namensgeber der vorherigen Mühle - Geiger - hatte eine Tochter des Fessmannsdorfer Müllers Hofbauer geheiratet.
Foto Pongratz März 2024: die Fessmannsdorfer Mühle





Die Familie der Hofbauer war eng mit Kötzting verbunden. Nicht nur, dass Mitglieder dieser Familie manchen Zeiten Kötztinger Bürger geworden und so von Zeit zu Zeit in den Kötztinger Wirtshäusern bei Raufereien aktenkundig geworden waren, auch bei der Entstehung des heutigen Lindnerbräus war Hofbauer mit im Spiel.
Plan des Paulus Hofmann, um einen neuen Mühlenstandort genehmigt zu bekommen ca. 1650


Als in Kötzting im Jahre 1741 die vom Markt unerwünschte und vom Sagmüller Paulus Hofmann gegen Widerstände durchgesetzte "Filialmühle" - historisch gelegen zwischen der Sagmühle und der Hammermühle - abgerissen wurde, erwarb Hofbauer das Baumaterial und erbaute damit die neue - später Lutzengeiger genannte - Mühle flussaufwärts seiner eigenen Sagmühle. .


Weiter gehts in Richtung der Fessmannsdorfer Häuser beim Herrenweiher, wo wir auf einem Wiesenweg - Grafenwiesener Kirchenweg - ein Stück Regenaufwärts gehen, um über das Stauwehr des Sperlhammer Kraftwerks den Regenfluss zu überqueren.
Foto Pongratz Stauwehr Sperlhammer




Der nächste Mühlenstandort ist die Multerer- oder Erbermühle, aus der dann ab 1830 der "Sperlhammer" entstanden ist, eines der ersten Eisenwerke im Bayerischen Wald.
Die Sperlhammer Sägemühle im Jahre 2012: Foto von Erich Stauber

Sammlung Stadt Bad Kötzting 

Sammlung Stadt Bad Kötzting 
Im Hause Sperlhammer werden wir eine kleine Brotzeit zu uns nehmen können, sozusagen die Vorspeise für unser späteres Abendmenue.
Foto Pongratz Sperlhammer

Nun geht es durch eine spektakulär grüne Auwiese zurück an den Regenfluss und beim "Gänskragen" wechseln wir wieder die Flussseite und sind dann bereits im "Marktgeding" der Stadt Bad Kötzting.
Es folgt der Hedwigsfall, eine Stauanlage, welche das Wasser sowohl für die Wiesmühle aufstaute als auch uns Kötztingern früher ein tolles Freibad ermöglichte. 
Krämerarchiv 1-112


Diese Mühle,  als "Wissing" oder "Wiesing"  bezeichnet, steht in den frühen Salbüchern des 14. Jahrhunderts als ein eigenständiger Ort neben dem Mart Kötzting. Die Besitzer dieser Wiesmühle waren später Marktlehner und Bürger des Marktes Kötzting. 

Foto Pongratz  Hutwöhr
 
Serwuschok Luftaufnahmen

In einem Salbuch/Steuerliste des Klosters Rott vom letzten Drittel das 14. Jahrhunderts wird noch zwischen den Mühlen (mola) des Marktes "Chotzting" und der in "Wising" unterschieden.

Im Markt Kötzting herinnen folg(t)e zuerst die Marktmühle, die dann ein Opfer der Kötztinger Hochwasserfreilegung wurde.

Foto Pongratz 

Danach schließt sich die Sagmühle an,  die wir hier in der Auflistung aber eigentlich auslassen müssten, da diese ihre Kraft nicht aus dem Regenfluss sondern vom Gruberbach erhält. 
 
Serwuschok Luftaufnahmen


Weiter geht die Wanderung zur Hammermühle, an deren - alten - Werkskanal wir bereits vorher vorbeigegangen sind.
Serwuschok Luftaufnahmen

 Das Ziel der Mühlenwanderung ist die frühere Kötztinger Herrensäge und spätere Sagmühle des Carl Lindner. Dieser bekam bereits im Jahre 1873 die Genehmigung, auf seinem Anwesen auch eine Brauerei zu errichten, der heutige Lindnerbräu.  

Zwischen der Hammermühle und der Sagmühle, - etwas oberhalb der Stelle, auf der man auf dem obigen Foto das "Lindnersche Saghäusl" erkennen kann  - befand sich noch der Vorläuferbau dieser Herrensäge, der - siehe oben bei der Fessmannsdorfer Mühle  - später abgerissen und vom Hofbauer aufgekauft wurde.
Beim Lindnerbräu werden wir uns dann wieder verwöhnen lassen und zwischen den einzelnen Gängen des "Einkehrmenues" gibt es dann vieles an historischen Bildern, Plänen und Geschichten zur Mühlengeschichte.

Also Termin vormerken: 20.April 2024

Die Anmeldung der Teilnehmer - es ist nur eine begrenzte Anzahl an Teilnehmern möglich - erfolgt wie immer über die Kötztinger Tourist-Info.